Der Bergdoktor 2133 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2133 E-Book

Andreas Kufsteiner

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Marlene Prantl horcht in sich hinein, kann sich jedoch keinen Reim auf das merkwürdige Kribbeln in ihren Beinen machen. Sie tut die Beschwerden ab. Bestimmt hat sie sich nachts nur verlegen. Schmerzen hat sie ja nicht, also kann es nicht so schlimm sein. Außerdem hat sie gar keine Zeit, um krank zu werden.
Neben ihrer Arbeit auf dem Hof ihrer Eltern kümmert sich Marlene um ihr Herzensprojekt: einen Gnadenhof für alte oder gebrechliche Pferde. Die warmherzige junge Bäuerin ist im ganzen Dorf beliebt. Da geschieht das Unerwartete: Von einem Ausritt im Bergwald kehrt sie nicht zurück!
Es gibt kein Lebenszeichen von ihr. Auch ihr Handy ist nicht erreichbar.Doch in Marlenes Terminkalender findet sich ein Hinweis auf ein Treffen zwischen ihr und einem unbekannten Mann!


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 126

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Die vermisste Schwester

Vorschau

Impressum

Die vermisste Schwester

Marlenes letzte Spur führt in den Bergwald

Von Andreas Kufsteiner

Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Marlene Prantl horcht in sich hinein, kann sich jedoch keinen Reim auf das merkwürdige Kribbeln in ihren Beinen machen. Sie tut die Beschwerden ab. Bestimmt hat sie sich nachts nur verlegen. Schmerzen hat sie ja nicht, also kann es nicht so schlimm sein. Außerdem hat sie gerade gar keine Zeit, um krank zu werden. Noch ist nicht alles vorbereitet für ihre Verlobungsfeier in wenigen Tagen.

Die warmherzige junge Bäuerin ist im ganzen Dorf beliebt. Da geschieht das Unerwartete: Von einem Ausritt im Bergwald kehrt sie nicht zurück!

Es gibt kein Lebenszeichen von ihr. Auch ihr Handy ist nicht erreichbar. Doch in Marlenes Terminkalender findet sich ein Hinweis auf ein Treffen zwischen ihr und einem unbekannten Mann!

»Diese Wolken gefallen mir gar net. Es wird ein Unwetter geben. Und das schon bald.« Marlene spähte prüfend in den Himmel. Noch schien die Sonne warm auf die grünen Berghänge herab, aber am Horizont schoben sich Wolkentürme näher, die in einem unheilvollen Violett zu leuchten schienen.

Marlene war in den Bergen aufgewachsen und wusste genau, dass das nichts Gutes zu bedeuten hatte. Sie beeilte sich daher, die Wäsche abzunehmen, die auf der Leine zwischen den Pflaumenbäumen im warmen Sommerwind flatterte und wunderbar frisch duftete, ehe die Sachen wieder nass wurden.

Flink löste sie Klammer um Klammer, faltete Hemden, Blusen und Schürzen und legte alles in ihren Weidenkorb.

»In ein paar Stunden wird ein Gewitter hier ordentlich krachen«, meinte sie dabei. »Meinst du net auch, Carli?«

Der flauschige Hofkater rollte sich auf der Gartenbank auf den Rücken und hielt seinen orangefarbenen Bauch in die Sonne. Dabei winkelte er die Vorderpfoten an und sah so lieb aus, dass Marlene nicht widerstehen konnte und ihm das Bäuchlein kraulte, ehe sie sich wieder ihrer Wäsche zuwandte.

Ein paar Hühner staksten über die Wiese und pickten nach Leckerbissen. Friedlich lag die Dorfstraße im Mittagslicht. Die meisten Urlauber waren in den höheren Regionen unterwegs, und die Bauern schafften auf ihren Wiesen, um das Heu vor dem nächsten Niederschlag einzubringen. Von fern war das Tuckern eines Traktors zu hören, das sich in das allgegenwärtige Summen und Brummen der Insekten auf der Wiese mischte.

Marlene wurde das Herz weit, als sie zu den schroffen Bergspitzen hinaufblickte. Die Zillertaler Berge waren ihre Heimat, und sie konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Hier in St. Christoph scharten sich blitzsaubere Bauernhöfe um eine weiße Kirche mit Zwiebelturm. So idyllisch, als hätte der Herrgott selbst die Gehöfte in seiner Hand gehalten und liebevoll zu beiden Seiten des munter plätschernden Mühlbachs verteilt.

Der Prantl-Hof befand sich am Westufer des Bachs, nur einen Steinwurf vom Schlössl entfernt, in dem Baron von Brauneck mit seiner Familie lebte. Das Schlössl wurde in jedem Reiseführer erwähnt, und so pilgerten Urlauber vorbei, um es zu bewundern und sich in dem weitläufigen Garten umzuschauen. Wer auf dem Weg am Prantl-Hof anhielt und um eine Erfrischung bat, wurde nie abgewiesen. Für diese Fälle hielt Marlenes Mutter stets einen Krug mit selbst gemachtem Apfelmost bereit.

»Servus, Marlene!« Der Postwagen stoppte am Straßenrand, und Germo Niederstätter stieg aus. Der hagere Briefträger brachte seit vielen Jahren die Post und hatte für jeden ein freundliches Wort. »Alleweil fleißig, was?«

»Du doch auch, Germo.«

»Muss ja.« Er zwinkerte und überreichte ihr einen Stapel Briefe. Dabei wurde ein Riss an seinem rechten Hemdsärmel sichtbar.

»Mei, was ist dir denn da passiert, Germo?«

»Ach, das war das Grauohr vom Huber-Bauern. Sein Esel schnappt gern zu, wenn man net aufpasst. Ich hab einen Plausch mit dem Huber gehalten, da hat sich das Viech angeschlichen und zugebissen.«

»Bist du verletzt?«

»Nur mein Hemd. Er wollt' es net freigeben, da hab ich gezerrt und geruckelt und ... Ratsch!« Germo zog die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen.

»Hast du ein bisserl Zeit? Dann näh' ich es dir rasch.«

»Ja, freilich, die Zeit nehm' ich mir. Es wär' schön, wenn du das reparieren könntest. Dann lauf' ich net für den Rest des Tages herum wie ein Landstreicher.«

»Dauert nur einen Augenblick. Setz dich kurz, ich bin gleich wieder da.« Marlene eilte kurz ins Haus, um ihr Nähzeug zu holen. Als sie zurück in den Garten kam, lehnte der Briefträger am Gartentisch und streifte sein Hemd ab. An seinen Armen sah man deutlich, wo die Sommerbräune endete und in blasse Haut überging.

»Ich hab gehört, der Matthias und du habt euch verlobt.« Germo reichte ihr sein Hemd. »Glückwunsch! Ich freu' mich sehr, dass ihr beschlossen habt, euer Leben gemeinsam zu verbringen.«

»Dank dir schön, Germo.« Versonnen blickte sie auf den schmalen, weißgoldenen Ring an ihrer Hand. Er war mit einem tiefblauen Lapislazuli besetzt. »Es fühlt sich noch ein bisserl unwirklich an, verlobt zu sein«, gestand sie.

»Daran gewöhnst du dich schneller, als du denkst. Wann ist denn der große Tag?«

»Im nächsten Frühling. Erst einmal planen seine Eltern für uns eine große Verlobungsfeier. Und danach steht unser erster gemeinsamer Urlaub an.«

»Ihr seid also bisher noch nie zusammen verreist?«

Marlene schüttelte den Kopf, ehe sie sich mit dem Hemd auf der Gartenbank niederließ, eine Nadel mit einem Faden bestückte und sich daranmachte, den Riss zu flicken.

»Wir haben schon Ausflüge gemacht, aber noch keine längere Reise. Matthias hat in der Firma seines Vaters alle Hände voll zu tun und ich hier auf dem Hof.«

»Freilich, da ist Zeit Mangelware. Wo soll's denn hingehen? Weit weg?«

»Sehr weit sogar! Zum Serengeti-Nationalpark. Wir träumen beide schon lange davon, die wunderbare Tierwelt zu erkunden. Gnus, Krokodile, Elefanten ...« Marlene stockte der Atem, als sie daran dachte, dass sie in weniger als vier Wochen mit ihrem Verlobten in der Weite der Savanne stehen, in Lodges übernachten und fremdartige Tiere sehen würde. »Manchmal macht es mir direkt Angst, weißt du.«

»Was denn?«

»Dass uns so viel Gutes geschieht. Ich bin so glücklich. Was, wenn es keinen Bestand hat?«

»Matthias und du harmoniert perfekt miteinander. Warum sollte es keinen Bestand haben? Ich bin mir sicher, ein schönes, langes Leben liegt vor euch. Und ich gönn' euch euer Glück von Herzen. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich ein bisserl neidisch bin. Afrika würd' ich mir auch einmal anschauen.« Ein Lächeln schwang in seiner Stimme mit. »Falls ihr also noch ein Platzerl im Koffer freihabt, dann komm' ich einfach mit.«

»Mei, das könnte ein bisserl eng werden. Mir fallen ständig neue Sachen ein, die ich mitnehmen muss. Matthias erinnert mich täglich daran, dass wir net unbegrenzt Fluggepäck mitnehmen dürfen.«

»Euch erwartet warmes, sonniges Klima. Mehr als Shorts und ein paar Tops brauchst du net.«

»So etwas ähnliches hat Matthias auch behauptet.« Marlene schmunzelte und setzte den letzten Stich. »Weißt du, was wirklich arg war? Die Impfungen. Einmal musste ich mich gleich danach ins Bett legen, weil mir so übel war.«

»Das glaub' ich. Mir wird schon flau, wenn ich eine Spritze sehe.« Germo spitzte die Lippen und stieß den Atem aus.

In diesem Augenblick bog ein weißer Transporter in die Straße ein und hielt unmittelbar hinter dem Postwagen an. »Eberhardter Bau« stand an der Ladefläche.

Matthias stieg aus und kam mit langen Schritten durch den Garten herüber. Er war mittelgroß, mit sommerlich gebräunter Haut und dunklen Haaren, die meist nach allen Seiten abstanden, weil er die Angewohnheit hatte, beim Nachdenken mit beiden Händen hindurchzufahren. Er schien direkt von einer Baustelle zu kommen, denn er hatte eine Latzhose zu einem karierten Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln an.

»Servus miteinand'«, grüßte er und blieb vor ihnen stehen. Sein Blick streifte die blanke Brust des Besuchers.

»Servus.« Germo nahm sein Hemd von Marlene entgegen und streifte es über. »Also, es ist net so, wie es vielleicht aussieht.«

»Es schaut so aus, als hätte meine Verlobte dein Hemd geflickt.«

»Dann ist es doch so, wie es aussieht.« Ein Schmunzeln huschte über das Gesicht des Postboten, als er die Knöpfe schloss und Marlene zunickte. »Besten Dank für deine Mühe.«

»Gern geschehen.«

»Dann bis morgen.« Damit stapfte Germo zu seinem Wagen, nahm hinter dem Lenkrad Platz und steuerte den nächsten Hof an.

Matthias wandte sich seiner Verlobten zu und gab ihr ein inniges Busserl, das ihr Herz zum Schmelzen brachte.

»Es tut so gut, dich zu sehen, Spatzerl«, raunte er.

»Finde ich auch. Hast du Hunger? Ich könnte uns rasch was herrichten.«

»Später gern, jetzt muss ich gleich wieder los. Hab einen Termin bei der Bank. Ich wollte dich nur rasch vorwarnen, dass sich die Zahl der Gäste bei unserer Verlobungsfeier erhöht hat.«

»Sag es net. Schon wieder?« Marlene blickte ihn ungläubig an. »Wenn deine Eltern schon das halbe Tal zu unserer Verlobung einladen, was soll das dann erst bei unserer Hochzeit werden?«

»Stört es dich, wenn so viele kommen?«

»Eigentlich net. Ich möchte nur net wissen, was das alles kosten wird.«

»Meine Eltern übernehmen die Kosten gern. Für meinen Vater ist es eine gute Gelegenheit, geschäftliche Kontakte zu knüpfen und aufzufrischen. Um ehrlich zu sein, behagt mir das net sonderlich. Es sollte unser Tag sein und net dem Geschäft dienen. Andererseits ist der Vater froh über die Gelegenheit.«

»Dann gönnen wir sie ihm. Mir macht es nix aus, wenn die Feier größer wird, solange ich dich hinterher für mich hab.«

»Das hast du. Mei, womit hab ich nur so ein Glück verdient, eine wunderbare Frau wie dich gefunden zu haben?« Matthias beugte sich wieder zu ihr und küsste sie.

Marlene schlang ihm die Arme um den Nacken und erwiderte seinen Kuss, aber in das glückselige Sehnen in ihrem Inneren mischte sich mit einem Mal eine andere – beunruhigende – Empfindung: ein seltsames Kribbeln in ihren Beinen!

Sie versteifte sich unwillkürlich.

Matthias schien es zu spüren, denn er löste sich von ihr und sah sie an.

»Alles in Ordnung, Spatzerl?«

Sie horchte in sich hinein. Nein. Nein, irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Es fühlte sich an, als würden Hunderte Ameisen an ihren Beinen krabbeln, aber als sie an sich hinunterblickte, war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Nur ihre blanken Beine, die mit rot lackierten Zehennägeln in Pantoletten steckten.

Sie konnte sich keinen Reim auf das merkwürdige Kribbeln in ihren Beinen machen, aber ... nun ja ... was sollte es schon groß sein? Bestimmt hatte sie sich in der Nacht nur verlegen. Schmerzen hatte sie schließlich keine, also konnte es auch nicht so schlimm sein.

Damit tat sie das seltsame Empfinden ab und nickte.

»Ja, es ist alles in Ordnung.«

»Gut.« Sein Aufatmen verriet, dass er sich Sorgen gemacht hatte.

»Möchtest du ein Glas Most, ehe du wieder fährst?«

»Gern.«

»Setz dich ruhig. Ich bin gleich wieder bei dir.« Marlene vernahm plötzlich das Trommeln von Pferdehufen, das rasch lauter wurde. Sie fuhr herum und riss die Augen auf. Ein schneeweißes Pferd stürmte über die Wiese den Hang herunter! Unter seinen wirbelnden Hufen wurden Gras und Erde aufgewühlt. Schaum flog von seinem Maul, und seine Augen waren panisch verdreht, sodass nur das Weiße zu sehen war. Wie erstarrt blickte sie dem Pferd entgegen, ohne zu realisieren, dass es geradewegs auf sie zu preschte.

Da gellte die Stimme ihres Verlobten in ihren Ohren. »Vorsicht, Marlene!«

***

»Marlene, aus dem Weg! Das Ungetüm trampelt dich nieder!« Matthias packte Marlenes Arm und versuchte, sie aus dem Weg des voranpreschenden Pferdes zu ziehen.

»Net!« Marlene löste sich von ihm und lief mit ausgebreiteten Armen los. Hinter sich hörte sie ihren Verlobten rufen, aber sie wusste, was sie tat, machte sich groß und bewegte ihre Arme ruhig auf und ab, um die Aufmerksamkeit des Tieres auf sich zu lenken – weg vom Grund seiner Panik.

Ihre Hoffnung, den Schimmel stoppen zu können, schien sich nicht zu erfüllen. Er wurde keinen Deut langsamer, kam näher und näher ... Marlene wich nicht zurück, blieb im Weg des Pferdes und rief: »Hooo, Großer, ho. Ganz ruhig. Ruhig.«

Der Schimmel hatte sie fast erreicht, blieb plötzlich stehen und stieg auf die Hinterhand. Die wirbelnden Hufe waren nicht mehr als eine Armlänge von ihrem Gesicht entfernt. Dann ließ er sich wieder fallen und trottete auf sie zu, rieb seine Nüstern an ihr, als wollte er Hallo sagen.

»So ist es gut. Bist ein Feiner, was? Ein Braver. Ja.« Marlene sprach weiter mit ihm, während sie ihn sanft streichelte. Er atmete schwer und kam nur langsam zur Ruhe.

»Jessas«, japste Matthias hinter ihr. »Ich hätt' fast einen Herzkasper bekommen.«

»Tut mir leid.« Sie blickte sich zu ihm um. »Ich konnte nur net zuschauen, wie er in sein Verderben läuft. Wäre er auf die Dorfstraße geraten und mit einem Auto oder einem Traktor zusammengestoßen ... net auszudenken!«

»Hast ja recht, aber das nächste Mal, wenn du dich einem durchgehenden Pferd in den Weg stellst, warn mich bitte vor.«

»Das kann ich net versprechen.« Marlene wandte sich dem Pferd zu und strich ihm über die Stirn. »Schon gut, mein Großer, schon gut.«

»Gut ist es net. Schau ...« Matthias deutete auf die Flanke des Pferdes. Dort zeichneten sich blutige Striemen ab!

»O nein.« Marlenes Kehle schnürte sich zu.

»Ich weiß, wem das Pferdl gehört.« Ihr Verlobter rieb sich das Kinn. »Dem Brunner-Friedhelm.«

Sie betrachtete den Schimmel und nickte versonnen.

»Da könntest du recht haben. Ich werd' zu ihm gehen und mit ihm reden. Irgendwie muss ich es schaffen, dass er sein Pferd nimmer schlägt.«

»Wie willst du das anstellen? Wenn er getrunken hat, ist er unberechenbar.«

»Mir wird hoffentlich etwas einfallen. Zuschauen werd' ich jedenfalls net.«

»Du hast ein gutes Herz.« Ihr Verlobter blickte sie innig über den Rücken des Schimmels an, der ungeduldig mit einem Huf im Gras scharrte. »Soll ich mitkommen?«

»Musst du net zu deinem Termin mit der Bank?«

»Muss ich, aber wenn du mich brauchst, verschieb' ich ihn.«

»Lass nur. Ich komm' schon zurecht.« Marlene fasste den Schimmel am Zügel.

»Bist du dir sicher? Es macht mir nix aus, weißt du, und mir ist net wohl dabei, dich allein zum Brunner zu schicken.«

»Ach was, mir wird er nix tun. Ich will nur mit ihm reden und komm' schon zurecht. Wir sehen uns nachher daheim.« Damit nickte Marlene ihm zu und machte sich auf den Weg zum Brunner-Hof.

***

Der Brunner-Hof befand sich am Waldrand, ein Stück weiter nördlich in den Schatten mächtiger Kiefern.

Unterwegs fühlten sich Marlenes Beine wackelig an. Als würde sie auf einem wabernden Untergrund laufen. Es war ... merkwürdig! Dazu wanderte das seltsame Kribbeln aus ihren Waden ihre Beine hinauf und breitete sich über ihr Gesäß in ihrem Rücken aus. Marlene kratzte sich, aber das half nicht. Mit einem leichten Kopfschütteln tat sie das befremdliche Gefühl ab und marschierte weiter.

Das emsige Schlagen eines Hammers wehte ihr schon entgegen, als sie sich ihrem Ziel näherte.

Friedhelm Brunner beugte sich über den Koppelzaun und trieb mit kräftigen Schlägen einen Pflock in die Erde. Schweiß rann ihm über das wettergegerbte Gesicht und zeichnete dunkle Flecken auf sein blaues Hemd. Ein grauer Bart wucherte um sein schmales Gesicht.

»Servus, Friedhelm«, sprach Marlene ihn an.

»Servus ...« Er fuhr herum, stockte und starrte zuerst sie und dann das Pferd neben ihr an. Ein finsterer Zug grub sich um seinen Mund ein, als wollte seine grimmige Miene dem wolkenverhangenen Himmel Konkurrenz machen. »Da ist der Satansbraten also. Hast du ihn eingefangen.«

»Ist er dir weggelaufen?«