Der Bergdoktor 2148 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2148 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Was für ein schöner Tag! Der Bergdoktor unternimmt mit seiner Familie einen Ausflug zum Kuckuckssee. Sie beobachten Murmeltiere und genießen das Picknick, das Zenzi mit viel Liebe und einigen Überraschungen für sie eingepackt hat. Mitten im schönsten Schmausen hört Martin Burger plötzlich das Weinen eines Kindes. Es ist ganz nah - und es reißt nicht ab!
Offenbar kommt niemand, um das Kleine zu trösten. Also geht er nachschauen und beobachtet erschüttert, wie eine Zweijährige allein herumstapft und um ein Haar ins Wasser fällt. Er kann das Unglück gerade noch verhindern. Ungläubig schaut er auf das Madel, das sich ganz bang an ihn klammert. Das ist doch die kleine Elli vom Wiesenhof! Was macht sie denn so allein hier heroben?
Dr. Burger macht sich auf die Suche und stößt wenig später auf Vroni Wiesner. Die junge Bäuerin wirkt aufgelöst und wehrt heftig ab, als er ihr das Kind geben will. Sie behauptet sogar steif und fest, das sei ein fremdes Kind. Dabei ist das ausgeschlossen!


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Inhalt

Cover

Dann wird für uns die Sonne scheinen

Vorschau

Impressum

Dann wird für uns die Sonne scheinen

Nach Jahren voller Leid gibt Dr. Burger ihnen neue Hoffnung

Von Andreas Kufsteiner

Was für ein schöner Tag! Der Bergdoktor unternimmt mit seiner Familie einen Ausflug zum Kuckuckssee. Sie beobachten Murmeltiere und genießen das Picknick, das Zenzi mit viel Liebe und einigen Überraschungen für sie eingepackt hat. Mitten im schönsten Schmausen hört Martin Burger plötzlich das Weinen eines Kindes. Es ist ganz nah – und es reißt nicht ab!

Offenbar kommt niemand, um das Kleine zu trösten. Also geht er nachschauen und beobachtet erschüttert, wie eine Zweijährige allein herumstapft und um ein Haar ins Wasser fällt. Er kann das Unglück gerade noch verhindern. Ungläubig schaut er auf das Madel, das sich ganz bang an ihn klammert. Das ist doch die kleine Elli vom Wiesenhof! Was macht sie denn so allein hier heroben?

Dr. Burger macht sich auf die Suche und stößt wenig später auf Vroni Wiesner. Die junge Bäuerin wirkt aufgelöst und wehrt heftig ab, als er ihr das Kind geben will. Sie behauptet sogar steif und fest, das sei ein fremdes Kind. Dabei ist das ausgeschlossen!

Hör auf. Hör doch bitte endlich auf!, flehte sie im Stillen.

Das Kreischen ihrer Tochter bohrte sich wie glühende Nadelspitzen in ihre Trommelfelle. Ellis Gesicht war beängstigend rot, und dicke Tränen kullerten ihre Wangen hinunter und tropften von ihrem Kinn. Sie ruderte mit den Fäustchen durch die Luft, als würde sie gegen einen unsichtbaren Gegner boxen.

»Bitte, hör auf zu weinen. Du bekommst heute Abend auch den Milchreis, den du so gern isst. Oder wir bauen dir eine Schaukel im Garten. Oder ...« In ihrer Verzweiflung war Vroni Wiesner zu allem bereit. »Wie wäre es mit einem eigenen Pony? Wenn du nur aufhörst zu weinen.«

Verzweifelt krallte Vroni die Finger an den Rand der Kinderwanne. Das Weinen ihrer Tochter verursachte ein dumpfes Pochen in ihrem Kopf.

Doch ihr Friedensangebot stieß auf taube Ohren. Elli brüllte weiter.

»Ist dir das Badewasser zu warm?« Alarmiert tauchte Vroni die Hand in das schaumige Nass. Nein, die Temperatur war in Ordnung. Es gab keinen ersichtlichen Grund, weshalb ihr Kind schrie wie am Spieß. »Die Leute werden noch glauben, du würdest hier gefoltert und net gebadet.«

Vroni plantschte im Wasser und tupfte ihrem Kind einen kleinen, nach Erdbeeren duftenden Klecks Schaum auf die Nasenspitze, um es zum Lachen zu bringen, aber Elli schrie weiter.

Mit ihren zwei Jahren war sie ein bezauberndes Madel. Sie hatte blonde Haare, die zu winzigen Zöpfchen gebunden waren, die wie zwei Antennen von ihrem Kopf abstanden. Ihre Augen waren so blau wie ein Bergsee an einem sonnigen Tag. Elli war unglaublich süß oder wäre es vielmehr gewesen, wenn sie nicht diesen Lärm veranstaltet hätte.

»Tut dir vielleicht etwas weh?«

Elli schüttelte sich wie ein nasser Welpe.

Vroni wusste sich keinen Rat mehr. Ihre Tochter hatte kein Fieber und zeigte auch sonst keinerlei Anzeichen einer Erkrankung, einmal abgesehen von ihrem Weinen. Sie hatte getrunken und vor dem Bad zwei Schokoladenkekse verdrückt. Es gab absolut keinen Grund für ihre Tränen.

Eigentlich. Und doch brüllte sie, seitdem sie im Wasser saß.

»Sonst badest du doch gern.« Vroni bemühte sich um einen ruhigen Tonfall, um ihre Tochter nicht noch mehr aufzuregen. »Was hast du denn nur?«

»Papa!«

»Soll der Papa dich baden?« Vroni biss sich auf die Lippe. »Möchtest du das?«

»Papa!« Verlangend streckte Elli eine Hand in die Luft.

»Er ist noch auf den Wiesen. Beim Heumachen.« Vroni hörte Schritte hinter sich. Stoff raschelte, als sich jemand der offenen Tür des Badezimmers näherte.

Eine rundliche Frau in einem fliederfarbenen Dirndl spähte herein.

»Ja, sagt mal, was ist denn das für ein Krach bei euch?«, fragte ihre Schwiegermutter.

Carolin Wiesner lebte mit ihrem Mann und zwei Katzen im Austragshäusel, seitdem sie den Hof an Valentin und Vroni übergeben hatten. Sie war eine Seele von Mensch und vergötterte ihre kleine Enkeltochter.

Vroni wischte sich mit ihrer schaumigen Hand über die Stirn.

»Elli badet.«

»Nein, wie herzig.« Carolin betrachtete Elli und schlug die Hände vor der Brust zusammen.

Herzig? Vroni krauste die Stirn. Hatte ihre Schwiegermutter einen Hörsturz erlitten?

Sie warf einen Blick in Vronis zerknautschtes Gesicht und lachte.

»Dieses Gebrüll kenne ich von Ellis Vater. Der war auch alleweil ungnädig, wenn er in die Wanne musste. Wasser war ihm net geheuer. Ich musste ihn immer mit Schwimmtieren ablenken.«

»Schwimmtiere?«

»Wir hatten damals einen richtigen Zoo. Badeenten und vieles mehr. Schau einmal nach, die Sachen müssten noch auf dem Dachboden lagern.« Ihre Schwiegermutter deutete nach oben. »Entschuldige, dass ich hier so reingeplatzt bin. Ich hab nur rasch ein paar Gläser selbst gemachte Ribiselkonfitüre vorbeigebracht. Sie stehen in der Küche.«

»Dank dir schön. Ich hab gestern Abend wieder Lavendelsäckchen genäht. Möchtest du welche mitnehmen?«

»Gern. Ich lege sie zwischen die Bettwäsche, dann duftet sie gut. Mein Franz behauptet, seitdem viel besser zu schlafen.«

»Das freut mich.« Vronis Stimme ging beinahe unter im Brüllen ihrer Tochter. Resignierend gab sie es auf und hob Elli aus der Wanne. Ein Badetuch mit Kapuze lag bereit. Damit sah Elli aus wie ein Wichtel. Kaum war sie gut eingehüllt, streckte sie die Ärmchen nach ihrer Großmutter aus. Vroni legte sie der älteren Frau in den Arm.

Sogleich kehrte Ruhe ein.

Vronis Wangen begannen zu brennen. Es war, als wüsste Elli genau, was in ihr vorging. Nein, net verrückt machen lassen, ermahnte sie sich. Niemand kann es wissen.

Ihre Schwiegermutter schien von ihren Gedanken nichts zu ahnen. Sie wiegte Elli und herzte sie.

»Mei, du duftest wie eine kleine Erdbeere.« Sie hob die Zweijährige hoch in die Luft und wirbelte sie herum.

Elli quietschte vor Vergnügen.

Warum brüllt sie bei mir immer nur?, fragte Vroni sich.

»Kann ich sie ein Weilchen mit zu uns nehmen?« Die Bäuerin drückte Elli an sich. »Ich will ihr ein Jäckchen für den Winter stricken. Dafür muss ich Maß nehmen. Sie wächst so schnell, dass die alten Maße längst nimmer stimmen.«

»Ja, natürlich. Nimm sie ruhig mit zu euch.« Vroni stockte. Hatte sie zu schnell eingewilligt? Nein, ihre Schwiegermutter wirkte völlig arglos und strahlte. Sie ahnte ja nicht ...

Vroni brachte den Gedanken nicht zu Ende, sondern verbannte ihn in den hintersten Winkel ihres Kopfes. Sie führten ein gutes Leben. Sie verstand sich gut mit ihren Schwiegereltern. Diese ließen Valentin und sie den Hof so führen, wie sie es für richtig hielten, und mischten sich höchst selten einmal ein.

Ihr Mann war nicht nur attraktiv, sondern auch warmherzig. Valentin arbeitete fleißig, um sich etwas mit ihr aufzubauen.

Auch ihre Heimat ließ kaum einen Wunsch offen. Sie lebten in einem kleinen Dorf im Zillertal, umgeben von hohen Bergen und grünen Almwiesen, dort, wo andere Urlaub machten. Auf dem Hof gab es reichlich Arbeit, aber das störte Vroni nicht.

Im Grunde war alles wunderbar. Doch die Idylle trog.

Schweigend sah Vroni zu, wie ihre Schwiegermutter Elli ein hübsches Kleidchen anzog und sie dann mit zum Austragshäusel nahm.

Elli strahlte. Vroni blickte ihnen nach und spürte, dass sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog. Noch vor zwei Jahren hatte sie nicht einmal geahnt, in welche Hölle sich ihr Leben nach der Geburt ihrer Tochter verwandeln würde.

Sie gab sich einen Ruck. All das Grübeln half nichts. Das Beste war es, wenn sie sich mit Arbeit ablenkte. Ellis Wutanfall hatte dazu geführt, dass das Bad überschwemmt war. Vroni nahm einen Lappen zur Hand und wischte das Wasser weg.

Als das geschafft war, drückte ihre Blase. Schon wieder! Der kurze Gang zur Toilette trieb ihr die Tränen in die Augen. Eine Blasenentzündung. Ihr Hausarzt hatte ihr an diesem Morgen ein Antibiotikum verschrieben, aber das wirkte noch nicht. Es fühlte sich an, als würde sie flüssiges Feuer ausscheiden.

Sie blieb eine Weile sitzen, weil der Druck gar nicht vergehen wollte.

Schließlich lenkte sie ihre Schritte in die Töpferwerkstatt, die sie sich im Anbau des Bauernhauses eingerichtet hatte. Hier verbrachte sie jede freie Minute, töpferte Kaffeebecher und bemalte sie liebevoll, um sie später zu verkaufen.

Ihre Produkte waren bei Einheimischen und Urlaubern gleichermaßen beliebt. Vroni bot sie auf einem selbst gezimmerten Regal im Garten an. Besonders begehrt waren die Becher mit Motiven aus der heimischen Tierwelt. Die entwarf sie selbst, wie die verspielten Murmeltiere oder die fröhlich springenden Gämsen.

In ihrem Skizzenbuch sammelte Vroni die neuen Motive. Seit einiger Zeit fanden sich darin jedoch kaum noch farbenfrohe Bilder. Das hatte auch seinen Grund.

Vroni schüttelte sich und machte sich daran, ein halbes Dutzend Becher zu bemalen, die sie am vergangenen Tag gebrannt hatte. Sie hielt noch den ersten Becher in der Hand, als Schritte hinter ihr knirschten und sie dann liebevoll umarmt wurde.

Valentin zog sie zu sich hoch und wirbelte sie herum. Er war einen Kopf größer als sie, hatte dunkelblonde Haare, die seine sommerlich gebräunte Haut betonten, und eine kräftige Statur, die verriet, dass er keine schwere Arbeit scheute. Auf seinem Hemd hafteten noch ein paar Heuhalme.

»Obacht, sonst kleckse ich dich mit Farbe voll«, warnte sie ihn.

»Das stört mich net.« Sein Lächeln grub sympathische Lachfältchen um seine Augen ein. Er zog sie näher an sich.

Vroni wurde ganz steif.

»Du bist verschwitzt.«

»Schuldig.« Er lächelte schief. »Kaum zu glauben, dass wir bereits September haben. Es ist so warm wie im Juli. Wo ist denn unsere Kleine?«

»Bei deiner Mutter.«

»Dann haben wir das Haus ganz für uns allein?« Ihr Mann berührte zärtlich ihre Wange. »Wir könnten zusammen duschen, wir beide, und danach ...« Seine Lippen suchten ihre. Er küsste sie liebevoll und strich ihr über den Rücken.

Vroni wusste genau, wohin das führen würde.

Sie wusste aber auch, dass das Antibiotikum, das sie gegen ihre schmerzende Blase einnahm, die Wirkung der Antibabypille herabsetzte. Nein, das ging nicht. Auf keinen Fall. Und was noch schlimmer war: Sie konnte es ihrem Mann nicht einmal sagen, weil er nicht die leiseste Ahnung hatte, dass sie wieder verhütete.

Valentin wollte gern noch ein zweites Kind. Auch ein drittes und viertes wäre ihm willkommen, während Vroni bei diesem Gedanken der kalte Schweiß ausbrach.

Sie musste ihn irgendwie ablenken, aber wie?

»Geht es dir net gut, Schatzerl?« Ihr Mann löste sich von ihr. »Du bist ja mit einem Mal ganz blass.«

»Ich glaube, ich hab mir den Magen verdorben«, flunkerte sie.

»Das tut mir leid. Dann verschieben wir das gemeinsame Duschen wohl besser. Warum legst du dich net ein bisserl hin und ruhst dich aus? Soll ich dir einen Kräutertee kochen?«

»Lass nur.« Das schlechte Gewissen setzte ihr zu. »Das vergeht schon wieder.«

»Vielleicht ist es gar net der Magen, sondern etwas anderes?« Valentin legte eine Hand auf ihren Bauch und sah sie mit einem warmen Leuchten in den Augen an.

Nun wurde es Vroni tatsächlich schlecht. Sie trat einen Schritt zurück.

»Ich gehe mal ein bisserl an die frische Luft. Dann wird es bestimmt besser.« Sie wirbelte herum und verließ die Werkstatt, als wäre sie auf der Flucht.

Draußen im Garten lehnte sie sich mit dem Rücken gegen den Apfelbaum und vergrub das Gesicht in den Händen.

Und wenn ihr Mann eines Tages hinter ihr Geheimnis kam? Das war ihre größte Angst. Wenn er es jemals herausfand, würde er sie bestimmt nicht mehr lieben, sondern mit Schimpf und Schande von seinem Hof jagen. Daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel.

»Er darf es net herausfinden«, flüsterte sie. »Niemals!«

***

Valentin stand unter der Dusche und seifte sich gründlich ein. Während der Spiegel beschlug und sich der würzige Duft von Zirbenholz und Wald im Badezimmer ausbreitete, wanderten die Gedanken des jungen Bauern zu seiner Frau.

Er fragte sich, was Vroni nur hatte. Irgendetwas beschäftigte sie. Das merkte er schon seit Längerem. Doch wenn er sie danach fragte, wich sie ihm aus. Aber warum? Sie müsste doch wissen, dass sie mit ihm über alles reden konnte und er alles für sie tun würde.

Es war angenehm, das heiße Wasser auf seinem Körper zu spüren. Es vertrieb die Verspannung aus seinen Muskeln, nicht aber die Sorgen aus seinen Gedanken.

Etwas trieb seine Frau um und ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Wurde ihr die Arbeit zu viel? Ein Wunder wäre das freilich nicht. Sie hatte alle Hände voll zu tun auf dem Hof. Dazu kamen noch Elli und die Töpferei.

Valentin drehte das Wasser ab, stieg aus der Dusche und griff nach dem Handtuch. Jetzt war er überzeugt davon, dass seine Frau überlastet war, sich aber nicht beklagen wollte. Stattdessen versuchte sie, alles zu schaffen, und wurde immer schmaler und stiller.

So ging das nicht weiter. Er war von früh bis spät im Stall und auf den Wiesen zugange. Dazu kamen seine Einsätze bei der Bergwacht zu den unterschiedlichsten Tages- und Nachtzeiten. Er konnte Vroni nicht entlasten.

Nachdenklich erwog er, sich aus der Bergwacht zurückzuziehen. Doch das brachte Valentin nicht über sich. Er war mit Leib und Seele Bergretter. Schon sein Vater, sein Großvater und dessen Vater waren dabei gewesen. Es ging ihm gegen die Ehre aufzugeben.

Valentin griff nach einem frischen Hemd und seiner Hose und zog sich an.

Dabei fiel sein Blick aus dem Fenster. Vroni stand unten im Garten und lehnte an einem Apfelbaum, als würde die Kraft nicht reichen, um allein zu stehen. Sie hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen. Es schnitt ihm ins Herz. Vroni, seine geliebte Frau, war unglücklich.

Nein, so ging es wirklich nicht mehr weiter. Valentin nahm sich vor, eine Aushilfe für den Hof einzustellen. Jemanden, der Vroni zur Hand ging. Wenigstens für den Rest des Sommers. Er würde jetzt auf der Stelle mit ihr darüber sprechen. Es ging nicht an, dass seine geliebte Vroni so traurig war.

Mit diesem Vorsatz knöpfte er sein Hemd zu und ging mit langen Schritten aus dem Haus. Als er sich zwischen den Marillen- und Apfelbäumen umsah, war von seiner Frau nichts mehr zu sehen.

»Vroni?« Er drehte sich einmal um die eigene Achse.

Nichts. Keine Spur mehr von seiner Frau. Er seufzte verhalten. Nun, dann würden sie eben beim Abendessen darüber ...

»Servus, Valentin!« Die helle Stimme seiner Schwägerin riss ihn aus seinen Gedanken. Sophie trat durch das Gartentor. Der Rock ihres roten Dirndls schwang um ihre Beine, und ein Hut mit Federn saß keck ein wenig schief auf ihrem Kopf. Sie hatte einen Rucksack aufgeschnallt und trug einen Stecken in der Hand, der verriet, dass sie soeben von ihrer Alm abgestiegen war.

Sophies Wangen waren gerötet und ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen. Wer sie so sah, wäre niemals darauf gekommen, dass sie vor einem Jahr noch auf der Schwelle des Todes gestanden hatte. Eine Krebserkrankung hatte an ihren Kräften gezehrt. Knapp war es gewesen, sehr knapp sogar, aber sie hatte die Krankheit besiegt und war wieder gesund.

Ihre Haare waren ihr im Verlauf der Behandlungen ausgefallen, inzwischen aber wieder nachgewachsen. Sophie trug sie kurz und fransig geschnitten, was ihr ausgesprochen gut stand.

Im Winter half sie auf dem Hof ihres Vaters mit, im Sommer bewirtschaftete sie die Alm, die zum Fankhauser-Hof gehörte.

»Grüß dich, Sopherl«, sagte Valentin. »Was führt dich denn zu uns ins Tal?«

»Ich bring euch Käse von meiner Alm. Dazu eine gute Kräuterbutter. Alles selbst gemacht.«

»Das hört sich gut an. Magst du einen Kaffee mit mir trinken?«