Der Stern von Mexiko - Patricia Matthews - E-Book
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Der Stern von Mexiko E-Book

Patricia Matthews

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Beschreibung

Eine Reise durch den Dschungel Südamerikas: Der exotische Liebesroman »Der Stern von Mexiko« von Patricia Matthews jetzt als eBook bei dotbooks. 1874, kurz nach den mexikanischen Bürgerkriegen: Auf den Spuren ihres verstorbenen Vaters, einem bekannten Archäologen, reist die junge Meredith Longley in das wilde Land in Südamerika, um dort den sagenumwobenen »Schatz der Sonne« zu finden. Aber wie soll eine Frau die Gefahren des Dschungels allein überstehen? Um einen Begleiter für die Expedition zu gewinnen, muss sie sich ausgerechnet mit dem draufgängerischen Abenteurer Cooper verbünden, dessen Überheblichkeit sie regelmäßig zur Weißglut treibt – und zu dem sie sich gegen ihren Willen doch hingezogen fühlt. Aber ist er wirklich nur zufällig an Merediths Seite geraten – oder hat Cooper gar eigene Gründe, nach dem »Tesoro del Sol« zu suchen? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der leidenschaftliche historische Liebesroman »Der Stern von Mexiko« von Patricia Matthews. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 378

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Über dieses Buch:

1874, kurz nach den mexikanischen Bürgerkriegen: Auf den Spuren ihres verstorbenen Vaters, einem bekannten Archäologen, reist die junge Meredith Longley in das wilde Land in Südamerika, um dort den sagenumwobenen »Schatz der Sonne« zu finden. Aber wie soll eine Frau die Gefahren des Dschungels allein überstehen? Um einen Begleiter für die Expedition zu gewinnen, muss sie sich ausgerechnet mit dem draufgängerischen Abenteurer Cooper verbünden, dessen Überheblichkeit sie regelmäßig zur Weißglut treibt – und zu dem sie sich gegen ihren Willen doch hingezogen fühlt. Aber ist er wirklich nur zufällig an Merediths Seite geraten – oder hat Cooper gar eigene Gründe, nach dem »Tesoro del Sol« zu suchen?

Über die Autorin:

Patricia Matthews (1927–2006) wurde in San Francisco geboren, studierte in Los Angeles und lebte später viele Jahre in Prescott, Arizona. Nach dem Scheitern ihrer ersten Ehe begann sie, sich intensiv dem Schreiben zu widmen – so lernte sie nicht nur ihren zweiten Ehemann, den Schriftsteller Clayton Matthews kennen, sondern legte auch den Grundstein zu einer internationalen Karriere. Patricia Matthews, die unter zahlreichen Pseudonymen veröffentlichte, schrieb zwischen 1959 und 2004 über 50 Bücher, vom Liebesroman bis zum Krimi. Für ihr Werk wurde sie mit dem »Reviewers Choice Award« und dem »Affaire de Coeur Silver Pen Readers Award« ausgezeichnet.

Bei dotbooks erschienen Patricia Matthews Romane »Wenn die Magnolien blühen«, »Der Wind in den Zypressen«, »Der Traum des wilden, weiten Landes«, »Das Lied der Mandelblüten«, »Der Himmel über Alaska«, »Die Brandung von Cape Cod«, »Der Duft von Hibiskusblüten«, »Die Jasmininsel«, »Wo die Anemonen blühen« und die »Virginia Love«-Saga mit den Einzelbänden »Der Traum von Malvern Hall« und »Das Vermächtnis von Malvern Hall«.

***

eBook-Neuausgabe Oktober 2021

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1979 unter dem Originaltitel »Love’s Magic Moment« bei Pyewacket, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 1981 unter dem Titel »Erregend klingt das Lied des Blutes« bei Heyne.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1979 by Pyewacket Corporation, New York

Copyright © 2020 Robert Thixton

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1981 Wilhelm Heyne Verlag, München

Copyright © der Neuausgabe 2021 dotbooks GmbH, München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Pinder Lane & Garon-Brooke Associates, Kontakt: [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Afonso de Tomas, Boiko Olga, Nellla

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)

ISBN 978-3-96655-603-3

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Liebe Leserin, lieber Leser, in diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

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Patricia Matthews

Der Stern von Mexiko

Roman

Aus dem Amerikanischen von Hans-Erich Stroehmer

dotbooks.

Kapitel 1

Die Hitze war erdrückend, und die Luftfeuchtigkeit legte sich wie ein dampfendes Tuch um den Körper. Man hatte das Gefühl, keinerlei Energie zu besitzen.

Meredith Longley lehnte sich in dem harten Ledersitz ihres Zugabteils zurück. Gleichgültig starrte sie durch das verschmutzte Fenster.

Das Rattern der Räder bildete eine monotone Begleitung zu ihren Gedanken. Mit jedem Geräusch entfernte sie sich weiter von ihrem Zuhause in Neu-England und drang weiter nach Mexiko vor, in ein gewagtes Unternehmen, das gewiß nicht leicht sein würde.

Im schwindenden Licht konnte sie durch das Fenster sehen, daß die dschungelähnliche Landschaft des östlichen Mexiko verschwand. Der Zug fuhr jetzt bergan, und je kurvenreicher die Strecke wurde, desto mehr verlangsamte er die Geschwindigkeit.

Draußen wurde es nun so dunkel, daß Meredith ihr eigenes Spiegelbild im Fenster sah: die schlanke Geistererscheinung eines Mädchens mit hochgetürmtem Haar. Ihre Augen wirkten nur wie dunkle Flecke. War sie eigentlich wirklich so häßlich?

Sie drehte den Docht der Öllampe auf dem Wandbrett neben ihr höher. Dann griff sie in ihre Handtasche und zog einen kleinen Spiegel hervor, um sich ihr Gesicht genauer zu betrachten.

Ja, das Gesicht war blaß; tiefe Schatten umgaben die braunen Augen. Das war verständlich. Sie waren in den vergangenen Wochen während der Krankheit ihres Vaters entstanden. Langsam würden sie nun wohl vergehen.

Meredith steckte den Spiegel schnell wieder fort, bevor sie die Tränen sehen konnte, die ihr in die Augen stiegen. Eigentlich war sie zornig auf sich selbst, weil sie bei dem Gedanken an Martin Longley stets tiefe Melancholie überkam. Konnte sie ihn denn niemals vergessen? Ständig hatte sie das Gefühl, er befände sich lebend neben ihr, und sie könnte Fragen stellen. Dann immer überkam es sie wie ein Schock, daß es ihn nicht mehr gab.

Jeder glaubte, er würde sie jetzt auf der archäologischen Expedition begleiten. Dieses Unternehmen hatte sie seit Monaten geplant und dabei gedacht, sie würden ihren Rivalen Heinrich Schliemann und seine Entdeckung von Troja, die erst vor drei Jahren, 1871, stattfand, übertrumpfen.

Merediths Fantasie hatte sich bei dem Gedanken an die Ruinenstadt im mexikanischen Dschungel entflammt. Hunderte von Jahren fand sie niemand, bis sie zufällig ein Mestize entdeckte. Um die alte Stadt wob sich die Legende, daß die spanischen Eroberer dort bereits den berühmten Schatz El Tesoro del Sol – den Schatz der Sonne – vermuteten.

Es sollte die berühmteste Ausgrabung ihres Vaters werden, mit der sein Name in die Geschichte eingehen mußte.

Als ob Papa so etwas gebraucht hätte, dachte Meredith. Überall war er bereits bekannt und genoß einen glänzenden Namen als Archäologe. Sein Platz an der Universität war gesichert; Studenten drängten sich in seine Vorlesungen. Meredith war darauf stolz, nicht nur seine Tochter sondern auch seine beste Studentin zu sein. Nun lebte Vater nicht mehr, und sie mußte die Reise ohne ihn unternehmen.

Nach dem Tode ihres Vaters hatte Meredith an diese Pläne gar nicht weiter gedacht. Dann jedoch wurde sie von ihrem Bruder Evan überzeugt, daß man es einfach zum Andenken ihres Vaters tun müßte. Wie konnte Meredith einen solchen Vorschlag ablehnen.

Die Longleys waren eine glückliche Familie gewesen, und beide Kinder nahmen lebhaften Anteil am Leben der Eltern. Allerdings war es Meredith, die das lebhafte Interesse der Eltern an der geschichtlichen Vergangenheit geerbt hatte.

Meredith war erst zwölf und ihr Bruder Evan zwanzig, als die Mutter an einer Lungenentzündung starb, und Meredith fühlte sich dafür verantwortlich, diese Stelle auszufüllen. Es ergab sich von selbst, daß Meredith den Platz ihrer Mutter einnahm und rechte Hand und Gehilfin ihres Vaters wurde.

Vor einem Monat nun war ihr Vater im Alter von zweiundsiebzig so plötzlich verstorben, daß sie es kaum fassen konnte. Um diese Zeit schlug Evan vor, sie sollten die Wünsche ihres Vaters erfüllen und die Stadt im Dschungel ausgraben. Nun also befanden sie sich hier in dem ratternden, unglaublich schmutzigen Zug auf der Reise nach Mexico City. Dort sollten sie Dr. Ricardo Villalobos, einen Professor der Geschichte an der Universität von Mexiko, treffen.

Merediths Vater und Dr. Villalobos waren seit einigen Jahren befreundet gewesen, und Dr. Longley zeigte große Achtung vor dem Wissen des jüngeren Mannes. In Mexiko war die Revolution immer noch nicht ganz beendet, und so hielten es die Longley-Geschwister für besser, ein Mitglied der Universität auf ihrer Expedition bei sich zu haben. Villalobos hatte ihnen auch bereits die erforderlichen Papiere und Genehmigungen für das Unternehmen beschafft …

Merediths Gedanken wurden durch ein lautes Rattern an der Tür ihres Abteils unterbrochen. Sie flog auf, und im flakkernden Licht der Gangbeleuchtung erschien der blonde Kopf ihres Bruders.

»Aber Meredith! Warum sitzt du hier immer noch herum? In wenigen Minuten werde ich mit Harris das Abendessen einnehmen. Willst du uns nicht Gesellschaft leisten?«

Meredith nickte. »Ich möchte mich nur vorher etwas frisch machen.«

»Na sicher!« Evan zog den Kopf zurück und schloß die Tür.

Stets verwunderten Meredith die Gefühle, die sie gegenüber ihrem Bruder empfand. Dabei verwirrte sie die Tatsache, daß sie sich nicht ganz sicher war, ob sie ihn wirklich mochte. Sehr eng befreundet waren sie nie gewesen; vielleicht lag das natürlich an dem Altersunterschied. Aber es mußte auch noch etwas anderes sein. Evan erschien stets so ernsthaft und geschäftig, daß es Meredith schwerfiel, sich mit ihrem Bruder zu verstehen. Sie benötigte lange Zeit, bis ihr klar wurde, daß er auch nicht den geringsten Sinn für Humor besaß. Wenn Meredith sich an ihre stets fröhlichen Eltern erinnerte, erschien ihr das schon seltsam. Auch womit Evan seinen Lebensunterhalt bestritt, konnte sie nicht genau ergründen. Ihr schien es so, als hätte er etwas mit Kapitalanlagen zu tun.

Nun jedoch ermahnte sich Meredith, daß sie mit ihm gemeinsam zu arbeiten hatte. Allerdings würde es niemals so ein gemeinsames Verhältnis wie mit ihrem Vater geben, dessen Wissen sie immer bewundert hatte. Über Evans Archäologie-Kenntnisse wußte Meredith überhaupt nichts.

Meredith beendet ihre kurze Toilette, begab sich auf den schmalen Gang hinaus und ging zum Speisewagen. Obwohl die Eisenbahnlinie von Vera Cruz nach Mexico City erst kürzlich erbaut worden war, befanden sich die Waggons des Zuges in einem völlig veralteten Zustand.

Evans Abteil war das vorletzte im Waggon. Meredith überlegte, ob sie im Vorübergehen an seine Tür klopfen sollte. So blieb sie plötzlich stehen und hob bereits die Hand, als sie jemand von hinten anlief. Fast wäre sie hingefallen. Aber schon fingen sie starke Arme auf, und sie spürte, wie sie gegen das Leinenjackett eines Mannes gedrückt wurde.

»Ich bitte um Entschuldigung, Madam«, sagte eine tiefe Stimme neben ihr. »Umwerfen wollte ich Sie wirklich nicht.«

Aufgeregt zuckte Meredith zurück. Sie verspürte den Duft von Tabak und Rum. Als sie nun aufblickte, sah sie ein breites sonnengebräuntes Gesicht, das in seiner Strenge fast ein wenig furchterregend war.

Nur zögernd zog der Mann seine Arme zurück und gab sie frei. Da durchfuhr der Zug eine Kurve, und sie wurde wieder gegen seine Brust geschleudert. Er lachte leicht, und Meredith empfand seine Selbstsicherheit eigentlich recht übertrieben.

Seine Augen waren strahlend blau, wie sie noch niemals welche gesehen hatte. Er trug einen weißen Leinenanzug, eine schmale schwarze Krawatte, einen weißen Pflanzerhut und halbhohe Cowboy-Stiefel.

Wieder lehnte sich Meredith zurück und tastete mit einer Hand nach ihrem Haar. Auch der Mann trat jetzt zur Seite. Seine Jacke öffnete sich, und Meredith sah in seinem Gürtel einen Revolver mit Perlmuttgriff. Nur mühsam unterdrückte sie ein erschrecktes Aufkeuchen. Sie wußte wohl, daß in diesem ständig von Revolutionen heimgesuchten Land Männer oft bewaffnet waren. Aber der Anblick eines Revolvers erschreckte sie doch. Dann bemerkte sie, wie der Mann sie bewundernd und kühn anstarrte.

»Na«, meinte er dann, »Sie sind ja wohl die hübscheste Lady, die mir seit langem in die Arme gefallen ist.« Seiner Sprache merkte man an, daß er aus Texas stammte.

Meredith verzog die Lippen. Das war ja wirklich ein unerträglicher Kerl. »Wenn ich mich recht entsinne, liefen Sie gegen mich, mein Herr! Und wenn Sie nun freundlicherweise weitergehen würden, käme ich ohne Schwierigkeiten weiter über den Gang, sobald Sie mir nicht mehr im Wege stehen.« Meredith wußte, daß ihr Ton scharf klang, aber seine Dünkelhaftigkeit verärgerte sie.

Er hob eine breite schwarze Augenbraue und lächelte höhnisch. »Natürlich haben Sie recht, Madam. Ich muß mich für meine Tolpatschigkeit entschuldigen.«

Meredith warf ihm mit halbgeschlossenen Lidern einen verärgerten Blick zu. Wollte er sie auch noch verspotten? Dieser unverschämte Mann!

Bevor Meredith noch eine passende Antwort fand, öffnete sich die Abteiltür neben der von Evan, und eine Frau in blaßgelbem Kleid erschien.

Beim Anblick des Mannes wurden ihre dunklen Augen groß. »Coop! Ich fragte mich schon, wo du wohl bleibst!«

»Gerade wollte ich dich holen, Rena.« Dabei warf er Meredith erneut einen Blick zu und grinste. »Aber ich stolperte über eine leichte Verzögerung. Oh … entschuldigen Sie meine schlechten Sitten, Madam. Diese liebliche Lady ist Rena Voltan, und ich heiße Cooper Mayo.«

»Ich bin Meredith Longley«, erklärte Meredith zurückhaltend und fragte sich gleichzeitig, warum sie diesem ungehobelten Burschen ihren Namen nannte. Dann betrachtete sie Rena Voltan. Die Frau hatte olivfarbene Haut, schimmernd blauschwarzes Haar und eine tadellose Figur. Neben der verführerischen Schönheit dieser Frau kam sich Meredith wie ein farbloses Aschenputtel vor.

Cooper Mayo legte seinen langen Arm um die Schultern der Frau und sagte: »Rena ist eine Hexe, müssen Sie wissen.«

»Und ich übe einen recht fatalen Zauber auf dich aus, Coop.«

»Unter einer besseren Verzauberung könnte sich überhaupt kein Mann befinden, meine Liebe.«

Meredith konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß niemals zuvor eine Frau solche Abneigung in ihr erregt hatte, wie diese Rena Voltan beim ersten Anblick.

Sehr kühl bemerkte Meredith: »Wenn Sie gestatten – man erwartet mich im Speisewagen.«

»Aber sicher doch, Miß Longley.« Cooper Mayo tippte mit der Hand an seinen breitrandigen Hut. Seine strahlend blauen Augen blickten sie wissend an. »Sie sind doch eine Miß? Ich bin davon überzeugt.«

Ohne Antwort raffte Meredith ihre Röcke zusammen, drehte sich herum und ging möglichst stolz zum Speisewagen davon. Sie spürte, wie ihr Gesicht glühte. Natürlich würden diese beiden sie beobachten und belustigt hinter ihr herlachen.

Der Speisewagen war etwa zu zwei Dritteln besetzt. Merediths Augen gewöhnten sich langsam an das helle Licht, und dann sah sie sich nach ihrem Bruder und Harris Browder um. Doch sie konnte die beiden nicht entdecken.

So trat sie zu dem Servierer heran, der inzwischen alle ihre Namen kannte.

»Haben Sie meinen Bruder gesehen?«

Der Mann schüttelte den Kopf. »No, Señorita. Er ist noch nicht gekommen. Soll ich Sie zu einem Platz bringen?«

Ihre Verwunderung wuchs. Warum war Evan nicht hier?

»Nun gut«, stimmte sie kurz zu.

Der Servierer geleitete Meredith zu ihrem üblichen Tisch und reichte ihr eine große Speisekarte. Was darauf stand, kannte sie längst auswendig, und sehr reizvoll war es auch nicht. Dennoch blickte sie gelangweilt darauf, um beschäftigt zu sein. Ihre Gedanken jedoch kreisten nur um Evan. Wo konnte er nur sein?

Jetzt öffnete sich die Tür des Speisewagens, und ein großer Mann namens Cooper Mayo trat herein. Die dunkle Frau hatte sich bei ihm eingehängt. Meredith blickte zwar schnell nach unten, aber sein Lächeln hatte sie doch noch bemerkt. Himmel, wie groß und wuchtig war dieser Mann! Wie gebannt starrte sie jetzt auf die Fliegenflecke der verschmutzten Speisekarte.

»Na, was sollen wir heute abend essen, Meredith? Ein ledernes Hühnchen oder das verbrannte Steak?«

Beim Klang von Harris Browders öliger Stimme fuhr Meredith zusammen und blickte auf. Browder war ein untersetzter kräftiger Mann mittleren Alters, der irgendwie abstoßend wirkte. Die Freundschaft zwischen Evan und Browder hatte Meredith noch nie verstanden.

»Wo ist denn Evan?« erkundigte sie sich.

Browder zuckte die Schultern. »Weiß ich nicht. Vor etwa einer halben Stunde klopfte er an meine Tür. Also müßte er längst hier sein.«

»Nun, er ist es nicht. Das sehen Sie ja.«

Browder setzte sich hin. »Sicher ist etwas dazwischengekommen. Ich würde mir keine Gedanken machen.« Er griff nach der Speisekarte. »Was nehmen Sie denn?«

»Ich habe keinen Hunger …« Eine Bewegung rechts fiel Meredith auf, und sie wandte sich etwas herum. Cooper Mayo und Rena Voltan saßen an dem Tisch ihnen gegenüber; nur der Mittelgang trennte sie. Jetzt lächelte Cooper ihr zu. Seine ungewöhnlich weißen Zähne blitzten auf.

Meredith wandte sich wieder zu Browder, aber der Gedanke, mit ihm allein hier zu sitzen, gefiel ihr gar nicht. »Ich schaue mal nach, was Evan aufhält. Sie können inzwischen schon bestellen.«

Schnell verließ sie den Speisewagen und vermied dabei jeden Blick auf Cooper Mayo. Der Gang ihres Eisenbahnwagens war leer. Lediglich der Schaffner Juan saß hinten auf einem Stuhl. Meredith klopfte an Evans Tür. Wieder kam keine Antwort. Als sie an der Türklinke rüttelte, stellte sie fest, daß abgeschlossen war.

»Juan?« rief sie. »Würden Sie bitte mal herkommen?«

Juan stand auf und schlurfte heran.

»Ja, Señorita Longley?« fragte er gleichgültig.

»Haben Sie meinen Bruder gesehen?«

»Er ging in sein Abteil und schloß die Tür – seitdem sah ich ihn nicht mehr.« Juan sprach recht gut Englisch.

»Sind Sie ganz sicher, daß er nicht herauskam?«

Juan schüttelte den Kopf. »Nein, Señorita, das tat er nicht. Ich beobachtete alles. Die einzigen Menschen auf dem Gang waren Sie, Señor Mayo und die Señorita Voltan.«

Meredith biß sich unschlüssig auf die Lippen. Schließlich sagte sie sehr bestimmt: »Würden Sie bitte die Tür öffnen.«

Aufgeregt blickte er sie an. »Aber vielleicht will Ihr Bruder nicht gestört werden?«

»Befände er sich im Abteil, dann würde er auf mein Klopfen antworten«, erwiderte Meredith ungeduldig. »Er könnte ja krank sein. Die Verantwortung übernehme ich, Juan. Öffnen Sie!«

Mit fatalistischem Schulterzucken nahm Juan einen Ring mit Schlüsseln von seinem Gürtel und öffnete die Tür. Dann trat er zur Seite.

Meredith betrat das Abteil und rief: »Evan?«

Dann blieb sie betroffen stehen. Das Abteil war tatsächlich leer. Der Vorhang über dem verschmutzten Fenster war hochgezogen. Meredith ging zum Fenster. Wenn aus irgendeinem unerklärlichen Grund jemand verschwinden wollte, war es durch diese Fensteröffnung durchaus möglich. Aber das Fenster war fest verschlossen; auf dem Bord darunter lag eine dichte unberührte Staubschicht.

Meredith stand fassungslos vor der unglaublichen Tatsache, daß Evan ohne jede Spur aus dem verschlossenen Abteil verschwunden war!

So trat sie wieder auf den Gang hinaus und hielt sich die Hand über den Mund, um einen verzweifelten Aufschrei zu unterdrücken. Sie bemerkte, daß sich Juan wieder auf seinen Stuhl am Ende des Waggons zurückgezogen hatte. Dort hockte er unbeweglich wie ein steinerner Aztekengott. Erst wollte Meredith ihm etwas zurufen, aber dann eilte sie doch in den Speisewagen zurück. Als sie sich zu Harris Browder setzte, blickte er auf und fragte: »Wo ist Evan?«

Meredith beugte sich über den Tisch und flüsterte:

»Er ist weg. Einfach verschwunden!«

Browder starrte sie an. »Verschwunden? Was reden Sie denn da, Meredith?« Seine Stimme wurde lauter. »Er kann doch nicht einfach verschwunden sein!«

»Aber er ist es«, versicherte sie ihm. »Seine Abteiltür war verschlossen. Da er auf mein Klopfen nicht antwortete, rief ich den Wagenschaffner. Juan bestätigte mir, daß Evan sein Abteil nicht verlassen hatte. Ich bestand darauf, daß Juan die Tür aufschloß. Evan war nicht da!«

Browder verzog sein Gesicht verächtlich. »Ach, diesen verdammten Mexikanern können Sie nicht trauen. Vermutlich war er eingedöst, und Evan verließ ungesehen sein Abteil. Dieser Bursche wollte nicht zugeben, daß er während der Arbeit eingeschlafen ist, weil er Angst vor der Entlassung hat.«

»Und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, daß hier etwas nicht stimmt.« Meredith fröstelte, und auf ihren Armen bildete sich eine Gänsehaut.

»Weibliche Intuition, was?« meinte Browder verächtlich.

»Nennen Sie es, wie Sie wollen«, entgegnete Meredith hitzig. »Aber wir müssen etwas unternehmen.«

»Und was schlagen Sie vor? Den ganzen Zug absuchen?«

»Ja! Das sollten wir.«

»Meredith, das ist eine völlig überfüllte Eisenbahn«, gab Browder zu bedenken. »Außerdem kann ja wohl Evan auf sich selbst achten.«

Meredith bemerkte, daß ihr Gespräch immer lauter wurde und beobachtete mit Entsetzen, daß die anderen bereits zu ihnen herüberblickten. Dann fiel ihr Blick auf den gegenüberliegenden Tisch. Cooper Mayo hatte sich vorgebeugt und ganz offensichtlich gelauscht. Die dunkelhäutige Frau an seinem Tisch lächelte amüsiert.

Nun sagte Cooper: »Es war einfach nicht zu überhören, Miß. Ist etwas mit Ihrem Bruder geschehen?«

»Kennen Sie denn Evan?«

»O ja, ich kenne ihn«, erwiderte er rätselhaft.

Wegen ihrer Sorge um Evan gab Meredith sofort alle Vorurteile gegen diesen Mann auf. »Wann sahen Sie ihn zuletzt?«

»Innerhalb der letzten Stunde nicht.« Cooper zuckte die Schultern. »Aber bevor wir beide uns auf dem Gang trafen, bemerkte ich, wie er sein Abteil betrat und die Tür hinter sich abschloß.«

»Dort war ich soeben. Die Tür war immer noch verschlossen, und der Wagenschaffner erklärte, daß Evan sein Abteil nicht verlassen hätte. Ich ließ es durch ihn öffnen – aber Evan war verschwunden!«

»Sich sozusagen in Luft aufgelöst, wie man das nennt?« Cooper verzog die Augenbrauen.

»Ja!« Meredith richtete sich auf. »Wollen Sie mich verspotten, Sir?«

»Keinesfalls, kleine Lady. Ich nehmen Sie sogar sehr ernst, und ich bin der Meinung, daß in diesem Fall etwas unternommen werden muß. Ich …« Er warf seine Serviette auf den Tisch und erhob sich. »Vermutlich sollte ich den Kondukteur mal wachrütteln, oder wer sonst für diesen elenden Zug verantwortlich ist. Er soll Waggon für Waggon durchsuchen …«

Meredith unterbrach ihn aufgeregt. »Das würde ich sehr begrüßen, Mr. Mayo …«

»Hören Sie mal zu, Bursche«, fuhr Browder dazwischen, »ich sehe nicht ein, warum Sie sich in diese Angelegenheit mischen!«

»So, so!« Coopers blaue Augen blickten ihn jetzt eiskalt an. »Wer sind Sie eigentlich, wenn Sie bei diesem Vorfall etwas zu sagen haben?«

»Ich bin Evans Mitarbeiter.«

Schnell stellte Meredith die beiden Männer einander vor. Die Hand reichten sie sich allerdings nicht. Cooper beachtete Browder überhaupt nicht, sondern er blickte Meredith an. »Sie haben zu entscheiden, Miß. Ihr Bruder ist verschwunden. Wünschen Sie, daß der Zug durchsucht wird?«

Meredith nickte. »O ja! Ganz bestimmt!«

Wieder mischte sich Browder in das Gespräch. »Halten Sie diese Entscheidung für klug, Meredith? Wir kennen den Kerl doch gar nicht …«

Meredith fuhr ihn an: »Halten Sie sich aus der Sache heraus, Harris! Es muß etwas geschehen, und Sie scheinen ja nur zu zögern!«

»Denken Sie vielleicht auch mal daran, daß Evan mit einer Sache beschäftigt sein könnte und nicht gefunden werden will?« entgegnete Browder mürrisch. »Sie kennen doch sein Temperament. Nehmen Sie mal an, er ist mit einer Frau unterwegs.«

»Vielleicht kenne ich meinen Bruder nicht so gut, wie Sie es annehmen«, meinte Meredith. »Aber jetzt habe ich ein unheimliches Gefühl. Irgend etwas ist mit ihm geschehen. Falls Sie ablehnen, etwas zu unternehmen, hören Sie damit auf, mich anzuschreien.«

Harris Browder versank in dumpfes Schweigen und starrte zum Fenster hinaus.

Nun blickte sie Cooper Mayo an. »Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie etwas unternähmen. Mit dem Kondukteur wollte ich auch schon reden, aber ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, daß man Frauen hier nicht ernst nimmt.«

Cooper tippte an seinen Hutrand. »Es wird mir ein Vergnügen sein, Miß.« Und schon schlenderte er den Mittelgang entlang.

Rena Voltan hielt ihn mit der Hand am Jackenärmel zurück. »Willst du mich hier allein und hilflos zurücklassen, Coop?« fragte sie beleidigt. »Irgendeinem Narren nachjagen?«

»Meine liebe Rena, du warst von dem Augenblick an, da dich deine Mutter in die Welt setzte, nicht hilflos.« Er lachte heiser. »Wenn du es wünschst, brauchst du nach meiner Überzeugung nur mit dem Finger zu winken, und irgend jemand sitzt an deiner Seite.«

Die Frau zog ihre Hand zurück und fauchte: »Sei ja vorsichtig mit deinen Worten mir gegenüber, Cooper Mayo!«

»Warum?« Seine breiten Schultern zuckten lässig. »Du könntest wieder jemanden in deinen Bann zwingen? Diesmal einen Teufel, Rena?«

»Ich könnte es wohl!«

»Na schön, das könnte ja recht interessant werden.« Mit sicheren Schritten ging Cooper über den Mittelgang davon. Er schreitet dahin, als ob ihm die ganze Erde gehört, dachte Meredith, aber das vergrößert nur seinen Charme.

Rena Voltan warf ihr einen unheilvollen Blick zu. Dabei wirkte sie grausam und fast teuflisch. Meredith hielt ihrem Blick stand, obwohl sie eine innerliche Kälte überkam.

Ein Kellner trat jetzt an ihren Tisch und verdeckte Meredith so vor dem Blick von Rena Voltan. »Señor, Señorita? Wollen Sie jetzt Ihr Essen bestellen?«

»Mir ist der Appetit vergangen«, brummte Harris Browder verärgert. »Falls Evan erscheint, Meredith, so sagen Sie ihm, daß ich mich in meinem Abteil befinde.« Er stand auf und verließ den Speisewagen.

Meredith bestellte sich ein Essen, das sie in Wirklichkeit gar nicht mochte. Seltsam fand sie Browders Verhalten. Das ganze Wesen dieses Mannes wirkte abstoßend. Außerdem hatte sie gehört, daß er hinter Dirnen her war und sich bei denen recht seltsam benehmen sollte. Angeblich war er bereits in eine Anzahl von Skandalen verwickelt, bei denen Frauen körperlich mißbraucht wurden. Nur um Haaresbreite war er jedesmal am Gefängnis vorbeigekommen.

Natürlich hatte Meredith mit Evan über diese Dinge gesprochen, als sie erfuhr, daß dieser Mann sie auf ihrer Expedition begleiten sollte.

Evan hatte nur gelacht. »Harris’ Liebesleben geht mich nichts an, liebe Schwester. Das sind seine privaten Dinge.«

»Was ich so hörte, kann man das nicht unbeachtet lassen«, hatte sie erwidert.

»Ja, ja, ich weiß. Wir redeten bereits darüber, und er versprach mir, sich zu benehmen.«

»Warum du dich mit ihm zusammengetan hast, ist mir unbegreiflich!«

Ihr Bruder hatte erwidert: »Weil er ein Talent besitzt, Geld zu machen. Jedes Geschäft mit ihm brachte mir hohen Verdienst.«

»Bist du eigentlich überzeugt, daß es sich um legale Geschäfte handelt?« Meredith erkannte sofort, daß diese Frage unklug war.

Evan hatte sie zornig angeblickt. »Willst du mich irgendwelcher verbrecherischen Handlungen beschuldigen, Meredith? Ich kann dich nur warnen. Das dürfte gefährlich sein.«

»Nein, natürlich nicht, Evan. Aber bist du sicher, daß sich Harris Browder auch so verhält?«

»Harris ist kein Schurke, falls du das andeuten wolltest. Und nun möchte ich nichts mehr darüber hören!«

Diese unerfreuliche Unterhaltung hatte nicht dazu beigetragen, Merediths Bedenken gegen Harris Browder zu zerstreuen. Eins hatte sie durch gelegentliche Fragen allerdings festgestellt – Browder wußte noch weniger über Archäologie als ihr Bruder Evan.

Jetzt im Speisewagen fragte sich Meredith, ob es bei Evan etwas gab, das sie nicht wissen durfte. War Evan einer Frau gegenüber verpflichtet?

Meredith wurde plötzlich erschreckend klar, daß sie über das Liebesleben ihres Bruders überhaupt nichts wußte – sofern er überhaupt eins hatte. Er pflegte niemals darüber zu sprechen.

Jetzt zuckte Meredith zusammen, denn Cooper Mayo kam zurück. Ein dicklicher Mann in der Uniform eines Kondukteurs folgte ihm. Langsam näherten die beiden sich ihr. Der Kondukteur hakte ständig etwas auf einem Blatt Papier in seiner Hand ab.

Meredith blickte über den Mittelgang und bemerkte, daß Rena Voltan verschwunden war. Cooper blinzelte ihr zu und sagte leise: »Der Zugführer beschäftigt sich mit dem Fall. Er hat eine Liste der Passagiere bei sich und hakt einen Namen nach dem anderen ab. Im ersten Waggon begannen wir, und nun geht es weiter bis zum letzten. Bis jetzt hatten wir noch kein Glück, Miß Longley. Sobald es etwas Neues gibt, komme ich wieder zu Ihnen. Natürlich auch wenn wir nichts entdecken.« Er lächelte ihr zu und folgte dem Zugschaffner.

Meredith seufzte leise auf und schob ihren Teller zur Seite. Dann blickte sie zum Fenster hinaus auf die ständig dunkler werdende Landschaft. Morgen würden sie Mexico City erreichen. Wurde Evan bis dahin nicht aufgefunden, was sollte sie dann Ricardo Villalobos sagen?

Und eins war eigentlich noch wichtiger. Was sollte dann aus der ganzen geplanten Expedition werden?

Eine Stunde später kehrte Cooper in den Speisewagen zurück. Alle Fahrgäste hatten bereits gegessen und sich zurückgezogen. Nur noch Meredith saß allein hier. Die Beleuchtung war kleiner gestellt, und die Kellner warteten geduldig darauf, daß sie endlich auch gehen würde.

Cooper glitt auf den Sessel ihr gegenüber und stellte eine Flasche auf den Tisch. »Brandy«, erklärte er. »Ich dachte, Sie könnten jetzt einen Schluck gebrauchen. Ich habe ihn jedenfalls verteufelt nötig.«

Er wandte sich um und winkte einem der Kellner zu. »Zwei saubere Gläser!« Bevor der Kellner widersprechen konnte, schob Cooper ihm einen Silberdollar zu.

Sofort lächelte der Mann. »Si, Señor Mayo. Sofort!«

Meredith konnte ihre Ungeduld nicht mehr zurückhalten und fragte: »Nun? Fanden Sie meinen Bruder, Mr. Mayo?«

Cooper schüttelte ernst den Kopf. »Leider nicht, Miß Longley. Keine noch so kleine Spur von ihm. Dem Kondukteur blieb ich ständig auf den Fersen. Wir untersuchten jeden Winkel. Ihr Bruder befindet sich nicht in diesem Zug. Hätte ich ihn nicht schon früher am Tag mit meinen eigenen Augen gesehen, müßte ich fast annehmen, er wäre niemals hier gewesen.« Er warf ihr einen Blick zu. »Wir untersuchten natürlich auch sein Abteil, und dadurch wurde alles nur noch geheimnisvoller. Wie er bei der verschlossenen Tür und mit Juan auf dem Gang verschwinden konnte, bleibt für mich völlig unbegreiflich.«

»Auch ich kann das nicht verstehen.« Meredith lehnte sich mutlos zurück. Sie blickte in die Nacht hinaus. »Was meinen Sie eigentlich mit ›Verschwinden‹? Das hört sich an, als ob es Evan freiwillig getan hat. Aber wie denn? Der Zug hielt nicht mehr an, seit ich Evan zuletzt gesehen habe.«

»Eine Möglichkeit gibt es noch.« Cooper hob die Hände und ließ sie wieder sinken. »Man warf ihn aus dem fahrenden Zug. Sie entschuldigen bitte meine Offenheit, Miß.«

Erschrocken blickte Meredith ihn an. »Wollen Sie damit sagen, daß man ihn absichtlich aus dem Zug schleuderte? Ihn umbrachte?«

Er zuckte die Schultern. »Unter den Umständen ist es eine Möglichkeit, die man bedenken muß.«

»Aber wer sollte dafür einen Grund haben?«

»Hat Ihr Bruder irgendwelche Feinde?«

»Sicher nicht!« Sie zögerte einen Augenblick und fuhr dann leise fort: »Ich muß allerdings zugeben, daß ich Evan so gut nun auch nicht kenne.«

»Die meisten Männer haben ein oder zwei Feinde.«

»Sie auch, Mr. Mayo?«

Er grinste träge. »Ich habe jede Menge Feinde, Miß. Ein Mann meines Berufs zieht diese förmlich an, wie mir scheint.«

»Und was für einen Beruf haben Sie?«

»Diese Frage ist ein wenig schwierig zu beantworten«, erklärte er großspurig. »Gewöhnlich nenne ich mich einen Soldaten des Glücks.«

Meredith wollte schon nach einer näheren Erklärung fragen, aber nun trat der Kellner mit den Gläsern heran. Cooper goß reichlich Brandy ein und schob ihr ein Glas zu. »Hier, Sie werden das bestimmt brauchen.«

»So starke Getränke nehme ich selten zu mir.«

»Na, ich schon. Sogar häufig.« Er lächelte leicht. »Nach den Ereignissen halte ich jedenfalls einen Schluck Brandy für angebracht.«

Meredith betrachtete mißtrauisch das Glas, nahm es aber dann doch in die Hand.

Cooper zog eine lange, dünne braune Zigarrre aus einem Lederetui. »Sie gestatten doch, daß ich rauche, Miß Longley?«

»Sie haben meine Erlaubnis, Sir.«

Cooper riß ein Zündholz an und setzte die Zigarre umständlich und sorgfältig in Brand, während Meredith aus dem Glas trank. Offenbar war der Schluck zu groß, denn sie mußte husten, und es verschlug ihr den Atem. Dann jedoch verspürte sie die beruhigende Wirkung.

Er betrachtete sie durch die leichten Rauchwölkchen und fragte plötzlich: »Was bedeutet das Verschwinden Ihres Bruders für Ihre Expedition?«

Erstaunt sah Meredith ihn an. »Woher wissen Sie etwas darüber?«

»Irgendwo hörte ich davon«, erwiderte er gleichgültig. »Wieso? Es ist doch schließlich kein Staatsgeheimnis – oder?«

»Nein, aber …« Meredith seufzte. »Soweit dachte ich über die Dinge noch nicht nach. In Wirklichkeit war es Evans Idee. Ich folgte ihm begeistert, denn Archäologie ist ja mein Gebiet. Ich wollte es ursprünglich zum Gedenken meines Papas tun – und zwar allein. Aber ohne Evan ging das schlecht. Er traf alle Vorbereitungen. Vielleicht muß ich es jetzt aufgeben.«

Cooper warf ihr einen rätselhaften Blick zu. »Die Suche nach El Hombre de Oro aufgeben? Mir erscheint dieser Versuch jede Anstrengung wert.«

»An Kunstwerken bin ich interessiert – nicht an Schätzen.«

Meredith schwieg einen Augenblick, weil sie erneut ein Frösteln überlief. »Woher wissen Sie überhaupt etwas über El Hombre de Oro? Das ist doch ein Geheimnis!«

»Na, ein so großes Geheimnis kann es wohl nicht sein, wenn ich davon weiß. Stimmt’s? Offen gestanden, weiß ich allerdings nur, daß dieser spanische Name ›Goldener Mann‹ bedeutet. Es soll sich um eine halbgroße männliche Gestalt handeln, die aus reinem Gold besteht und Edelsteine als Augen hat. Sie muß ja wohl einen Haufen Geld wert sein.«

»Es sind alles nur Gerüchte«, entgegnete Meredith. »Es gibt keine tatsächlichen Beweise für seine wirkliche Existenz.«

»Bei einer so wertvollen Sache genügen schon Gerüchte, um einen wahren Wettlauf danach zu veranlassen.«

Verärgert antwortete sie: »Dann ist also anzunehmen, daß auch Sie sich an diesem Wettlauf beteiligen?«

»Ganz sicher weiß ich das nicht«, meinte er lächelnd. »Verführerisch klingt es allerdings.«

»Nutzen aus der Entdeckung des ›Goldenen Mannes‹ kann niemand ziehen. Sollte er wirklich existieren, so hat die mexikanische Regierung das erste Anrecht darauf.«

»Na, davon bin ich nicht so überzeugt, Miß Longley.« Er hob vielsagend die Schultern. »Da gibt es schon Möglichkeiten.«

»Das wollen Sie also! Vorhin nannten Sie sich noch einen Soldaten des Glücks. Wie richtig! Sie sind ein Glücksritter!« Ein entsetzlicher Gedanke überkam sie plötzlich. »Es könnte ja sein, daß sogar Sie etwas mit Evans Verschwinden zu tun haben!«

Coopers blaue Augen wirkten jetzt eiskalt. »Ich gebe zu, daß ich ein Glücksritter sein mag, Miß. Aber ich bin kein Mörder! Ich möchte Sie bitten, Ihre Zunge im Zaum zu halten.«

Meredith sprang auf. »Ich will Ihnen mal was sagen, Mr. Mayo. Sobald ich bemerke, daß Sie unsere Ausgrabungen heimlich beobachten, werde ich sofort die mexikanischen Behörden informieren!«

Cooper lächelte zynisch. »Dann muß ich also genau darauf achten, daß Sie mich nicht sehen, Miß Longley.«

Kapitel 2

Cooper Mayo zog genüßlich an seiner Zigarre und beobachtete, wie Meredith Longley in starrer Haltung den Speisewagen verließ. Äußerlich wirkte er völlig gelassen, aber er machte sich dennoch Gedanken. Die goldene Statue hätte er ihr gegenüber lieber nicht erwähnen sollen.

Aber als er von der möglichen Existenz des Hombre de Oro gehört hatte – und zwar von Rena Voltan – packte ihn wieder die herrliche Erregung, die Jagd nach einem verbotenen Schatz zu beginnen.

Die Jagd und die mögliche Entdeckung dieses Goldschatzes, mochte er auch am Ende des Regenbogens liegen, übten einen unwiderstehlichen Zwang auf ihn aus.

Nur zweimal in seinem Leben hatte Coopers Jagd nach Schätzen einen wirklichen Erfolg gebracht. Einmal fand er eine versunkene spanische Galeone vor Key West in Florida. Dabei fiel ihm eine verrottete Truhe mit Schätzen in die Hand, die es ihm ermöglichten, ein ganzes Jahr luxuriös in New York zu leben. Der andere Fall war die Entdeckung einer verlassenen Goldmine in Arizona gewesen. Dabei allerdings befand er sich im Dienste eines anderen Mannes, und sein Anteil war so gering gewesen, daß er nunmehr entschlossen war, ihm dürfte das nicht nochmals widerfahren.

Natürlich gestand sich Cooper ehrlich gegen sich selbst ein, daß ihn nicht nur die Jagd nach Schätzen und die damit verbundenen Abenteuer reizten. Verdammt – er brauchte einfach Geld, denn seine Finanzen befanden sich in einem bösen Zustand. So verdingte er sich häufig gegen gute Bezahlung für Dinge, die sich gerade an der Grenze des Gesetzes entlangbewegten. Vermutlich war ihm das Schicksal bis jetzt gütig gestimmt gewesen, weil er noch niemals einen Konflikt mit den Behörden gehabt hatte. Vielleicht lag es auch daran, daß er meistens in Mexiko oder Südamerika nach Beschäftigung suchte.

Eigentlich beabsichtigte Cooper, nicht so schnell wieder nach Mexiko zurückzukehren, aber als er von Rena diese vertrauliche Mitteilung erhielt, konnte er dem Glanz eines möglichen Schatzes einfach nicht widerstehen. Und nun war er hier!

Von Rena hatte er erfahren, wo vermutlich der Platz der Ausgrabung liegen würde. Diese Gegend war ihm vertraut. Eigentlich hatte er gehofft, die geplante Expedition als bezahlter Schütze zu begleiten, denn dieser Teil Mexikos wimmelte von Banditen und Revolutionären. Daher hatte er auch Evan Longley wegen einer Beschäftigung angesprochen, aber der lehnte es sofort ab.

Jetzt, nach Evans geheimnisvollem Verschwinden, galt es für ihn, alles aufmerksam zu verfolgen. Allerdings hatte er gewiß keinen besonders guten ersten Eindruck auf Meredith Longley gemacht.

Cooper lachte leise vor sich hin, trank den restlichen Brandy aus und verschloß die Flasche. Dann erhob er sich. Es gab noch Möglichkeiten – irgendein Weg fand sich schließlich immer! Bei seinem abenteuerlichen Leben hatte Cooper es gelernt, sich in jeder Lage zurechtzufinden. Eine Expedition dieser Art mochte noch so gut geplant sein, unverhoffte Zwischenfälle traten immer auf. Es galt nur, die Gelegenheit abzuwarten und dann seine wertvollen Dienste anzubieten.

Cooper winkte dem dienernden Kellner zu und verließ den Speisewagen. In seinem Waggon blieb er einen Augenblick vor Rena Voltans Abteil stehen und überlegte sich, ob er sie wohl zur Beruhigung streicheln sollte. Außerdem packte ihn Neugier. Von Meredith Longley hatte er soeben erfahren, daß die Existenz von El Hombre de Oro – falls es ihn gab! – ein Geheimnis sein sollte. Jetzt fragte sich Cooper, woher wohl Rena davon etwas erfahren hatte.

Diese Rena war schon eine geheimnisvolle Frau. Cooper hatte sie in Galveston kennengelernt, und aus einem flüchtigen Abenteuer entwickelte sich eine wilde Affäre.

Er mußte lächeln, wenn er jetzt Rena und Meredith Longley miteinander verglich. Rena umgab eine fast fühlbare Sexualität, während Meredith einen ziemlich prüden Eindruck machte – eine sittenstrenge Dame aus Neu-England. Dennoch wirkte sie auf ihn wie eine bisher unentdeckte Schönheit. Das goldfarbene Haar müßte ihren Kopf wie Champagner umfließen, wenn sie es nicht so streng zurückgekämmt tragen würde. Merediths Figur war blendend und wäre noch schöner, wenn sie nicht diese züchtigen Kleider tragen würde. Natürlich nicht so gewagte Sachen wie Rena, dachte er.

War sie noch Jungfrau? Cooper war davon eigentlich fest überzeugt.

Er lächelte etwas verzerrt. Meredith hatte er zum erstenmal nur aus der Entfernung auf dem Schiff in Galveston gesehen; bis heute abend wußte er überhaupt nicht, wer sie war. Und nun nach einem knapp halbstündigen Gespräch stellte er schon Überlegungen an, wie er wohl in ihr Bett schlüpfen konnte!

Cooper mochte Frauen, und er erkannte ohne Eitelkeit, daß er auf sie stets attraktiv wirkte. Genug Eroberungen hatte er schon gemacht. In der Vergangenheit war es sogar schon geschehen, daß er einen lukrativen Auftrag wegen einer Frau vernachlässigt oder gar aufgegeben hatte. Viel Geld war ihm bei solchen Gelegenheiten entgangen.

Die Ähnlichkeit zwischen damals und heute stimmte ihn etwas unbehaglich.

Er entschloß sich, nicht an Renas Tür zu klopfen, sondern ging zu seinem eigenen Abteil. Einen Augenblick überraschte es ihn, die Tür unverschlossen vorzufinden.

Dann jedoch mußte er lächeln, denn er wußte, was er vorfinden würde. Er öffnete die Tür, und schon umwehte ihn ihr Parfüm, das schwer nach Moschus duftete. Das Abteil war zwar dunkel, aber er erkannte dennoch Renas nackte Gestalt, die auf dem schmalen Bett lag.

Ihr üppiger Körper erinnerte Cooper an Gemälde von Rubens, und er fühlte schon, wie ihn die so vertraute Schwäche bei ihrem Anblick überkam.

»Also kommst du nun herein oder nicht, Coop?« fragte Rena träge. »Langsam mache ich mir Gedanken, daß irgend jemand über den Gang kommen und mich so sehen könnte.«

Sie lachte heiser auf.

»Schließlich muß ich doch an meinen guten Ruf denken.«

»Bis jetzt fiel mir noch nie auf, daß du um deinen Ruf besorgt warst, Rena«, entgegnete er trocken, schloß aber dann doch die Tür hinter sich. »Ich hatte so den Eindruck, als ob du ein wenig böse auf mich warst, meine Liebe.«

»Das war ich auch. Ich fand es unhöflich, wie du einfach davonmarschiertest. Cooper Mayo, der edle Knappe, stürmt davon, um eine Jungfer zu retten.«

»Ein Mann muß das tun, was man von ihm erwartet«, erwiderte er amüsiert.

»Für mich ist es wenig schmeichelhaft, verlassen zu werden, weil du den Auftrag eines anderen Weibes erfüllen mußt.«

Cooper runzelte die Stirn, seine Laune verschlechterte sich.

»Keine Frau legt mich in Fesseln, Rena. Daran solltest du immer denken!«

»Oh, deiner hochgestochenen Unabhängigkeit bin ich mir durchaus bewußt, Cooper Mayo. Aber in diesem Fall entspricht es ja wohl nicht der ganzen Wahrheit, nicht wahr? Meinst du, ich wüßte nicht, warum du dieses Longley-Weib umflatterst? Du hoffst doch, irgendwelche Informationen über diesen Schatz zu bekommen. Um es mal richtig zu nennen – du möchtest als erster deine Hand auf den Goldklumpen legen!«

»Dazu möchte ich folgendes sagen … Meredith Longley erzählte mir, daß die mögliche Existenz dieses Hombre de Oro ein dunkles Geheimnis ist. Woher erfuhrst du eigentlich davon?«

»Oh, der Goldmensch existiert, Liebster. Dessen kannst du sicher sein. Wie ich nun davon erfuhr … nun, ich habe so meine eigenen Möglichkeiten. Jede unternehmungslustige Frau hat die.«

»Insbesondere bezaubernde Frauen.« Cooper lachte.

»Mag sein …« Sie bewegte ihren Körper auf dem Laken hin und her. »Coop, willst du eigentlich zu mir kommen, oder möchtest du die ganze Nacht nur reden? Ich warte ja schon eine Ewigkeit.«

»Also wenn du so lieblich fragst …« Er entledigte sich bereits seiner Kleidung.

Rena atmete schwer. »Ah, das ist mein Coop.«

Jetzt trat er an das Bett heran. Rena streckte die Hand aus und streichelte seine kräftigen Schenkel. Verwegen glitt die Hand immer weiter.

»Du bist so sehr ein Mann, mein Coop, wie ich noch nie einen kannte. Hier gibt es ein Wort dafür. Macho. Es heißt vollkommener Mann.«

Renas Stimme wurde immer heiserer.

»Und das bist du, Cooper Mayo!«

Cooper blieb ruhig stehen, während ihre Hände ihn liebkosten. Noch nie zuvor hatte er eine Frau gekannt, die sich so ungezwungen in einer solchen Situation benahm. Nur ganz selten wurden andere Frauen so sehr von der Leidenschaft und dem Verlangen überwältigt.

Ob er Rena wirklich sehr mochte, dessen war er sich nicht ganz sicher. Sie erschien ihm manchmal zu aufdringlich und grausam – ja, fast sadistisch. Cooper konnte sich des Verdachts nicht erwehren, daß sie vor nichts zurückschreckte, um das zu bekommen, was sie wollte. Nun, über die Moral von Frauen hatte er sich bis jetzt wenig Gedanken gemacht. Rena schenkte Vergnügen, und mehr interessierte ihn im Augenblick nicht.

Sie murmelte: »Jetzt, Coop?«

»Ja, jetzt«, erwiderte er und legte sich zu ihr. Das gewiß enge und unbequeme Bett in diesem Zug hatte sie bisher nicht daran gehindert, sich ganz den Freuden der Liebe hinzugeben. Rena streckte sich freudig unter ihm aus und stöhnte lustvoll auf.

Eigentlich entsprach ihr Verhalten so gar nicht Coopers Wünschen. Er wollte mit Frauen scherzen, tändeln und sie dann langsam erobern. Das fand er viel schöner. Rena jedoch verhielt sich niemals so. In der Liebe war sie so habgierig wie bei jeder anderen Sache.

Zum Teufel, dachte Cooper, jetzt ist ja wirklich nicht die Zeit dazu, um den Charakter einer Rena Voltan kritisch zu beurteilen. Und so gab er sich ganz dem lustvollen Vergnügen hin …

Als der Sturm sich gelegt hatte, stieß sie ihn mit den Fäusten gegen die Brust, und Cooper setzte sich auf den Rand des Kabinenbettes. Ein zärtliches Nachspiel der Liebe gab es für Rena nicht. Es war vorbei und beendet – bis zum nächstenmal.

Cooper suchte und fand eine Zigarre. Als er das Zündholz anriß, wurde das Abteil für einen Augenblick erleuchtet. Renas Haar schien völlig zerzaust; ihr Gesicht zeigte den schläfrigen, zufriedenen Ausdruck von jungen Katzen, die sich gerade bei der Mutter gesättigt hatten.

»Gib mir auch eine.« Rena streckte die Hand aus. »Meine Zigarillos liegen in meinem Abteil.«

Cooper gab ihr eine Zigarre. In seiner Bekanntschaft war sie die erste Frau, die rauchte – und zwar nicht nur in ihren privaten Räumen, sondern auch in der Öffentlichkeit. Ihre kleinen kubanischen Zigarillos schmauchte sie genüßlich auf der Straße und fand sichtliches Wohlgefallen an den entsetzten Blikken der anderen.

Er riß ein weiteres Zündholz für sie an und gab ihr Feuer. Rena hielt die Zigarre zwischen ihren tadellosen Zähnen und stieß den Rauch befriedigt aufseufzend von sich.

Cooper legte eine Hand auf ihre Hüfte. »Da gibt es etwas, das ich dich fragen möchte, Rena … Weiß du eigentlich, was mit Evan Longley geschah? Niemand scheint etwas darüber zu wissen.«

Er spürte, wie sich ihre Muskeln unter seiner Hand verkrampften. Aber ihre Stimme klang völlig ungerührt, als sie erwiderte: »Coop, du bist reichlich neugierig heute abend. Seitdem du zu mir kamst, bombardierst du mich ständig mit Fragen.«

»Ich bin von Natur aus eben neugierig. Und besonders, wenn es sich um einen solchen Preis handelt, nach dem wir suchen. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.«

»Natürlich weiß ich nichts über das Verschwinden von diesem Longley! Woher denn auch? Der Mann bedeutet mir nichts.«

»Das ist nicht ganz wahr«, widersprach er ruhig. »Er ist Anführer dieser Expedition. Wenn mich nicht alles täuscht, könnte er die Quelle deiner Informationen über diesen Tesoro del Sol sein.«

Rena lachte spöttisch. »Du willst mich wohl auf den Leim locken, Coop? Betrachte die Dinge doch mal anders. Wenn diesem Longley etwas geschehen ist, steht uns einer weniger im Weg, wenn wir den Schatz finden.«

»Ich finde es sehr kaltschnäuzig, wie du die Dinge betrachtest.«

Renas Körper zuckte lässig. »Praktisch würde ich es nennen. Nun behaupte nur nicht, daß du schon ähnliche Gedanken gehegt hast. Auch wenn er verschwunden ist, wird seine Schwester weiterhin die Ausgrabung betreiben.«

»Sei darüber nicht so sicher. Mir erschien es etwas zweifelhaft, als ich mich vorhin mit ihr im Speisewagen unterhielt.«

»Wenn sie es nicht tut, machen wir es eben allein«, erwiderte Rena. »Hör mal zu, Cooper Mayo …« Ihre Stimme klang jetzt sehr eindringlich. »Mit ihr kann sich ein Vermögen verbinden. Und ich werde jeden verdammen, der mir in den Weg kommt, um das herauszufinden!«

»Du erzähltest mir, daß nur die Longleys eine Karte besäßen, aus der die Örtlichkeit von Tonotiuhican ersichtlich wäre. Außerdem sagtest du mir, daß du ihnen folgen würdest. Wenn nun Meredith Longley nicht zu dem angeblichen Fundort vordringt, wie können wir es dann ohne die Landkarte schaffen?«

Rena erwiderte gelassen: »Dann stehlen wir die Landkarte.«

Er zuckte zusammen. »Das geht doch wohl ein bißchen zu weit, Rena!«

»Meinst du?« Sie lachte. »Ethische Bedenken bei Cooper Mayo? Du beabsichtigst, ihnen das Gold wegzunehmen – aber nicht die Landkarte? Willst du mir das mal erklären, Coop?«