Die Geschichte von Pauls tapferer Kutsche - Herbert Friedrich - E-Book
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Die Geschichte von Pauls tapferer Kutsche E-Book

Herbert Friedrich

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Beschreibung

Ein alter Straßenbahnwagen tritt den Weg ins Museum an. Er hat ein tapferes Leben hinter sich. Davon erzählt er seinen Nachbarn im Museum. Er berichtet von dem kleinen Paul, der später, als er erwachsen war, mit ihm durch die Stadt fuhr. Immer stand der Straßenbahnwagen seinem Kutscher zur Seite, und darum liest man seine Geschichte voller Interesse. Für Kinder ab 8 Jahren.

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Impressum

Herbert Friedrich

Die Geschichte von Pauls tapferer Kutsche

ISBN 978-3-96521-522-1 (E-Book)

Umschlaggestaltung: Ernst Franta

Das Buch erschien 1962 in Der Kinderbuchverlag Berlin (Die Kleinen Trompeterbücher, Band 12). Nach Motiven der Erzählung „Der tapfere Straßenbahnwagen" von Marcello Argilli und des gleichnamigen Trickfilms vom VEB DEFA Studio für Trickfilme

Für Leser von 8 Jahren an

2021 EDITION digital

Pekrul & Sohn GbR

Godern

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Pinnow

Tel.: 03860 505788

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.edition-digital.de

Die Geschichte von Pauls tapferer Kutsche

„Tschilp tschilp", lockte ein Spatz und pickerte auf dem groben Kopfsteinpflaster zwischen den Straßenbahnschienen.

„Tschilp tschilp", antwortete ein zweiter. „Guten Appetit, Meister Flatterwisch." „Danke sehr", sagte der erste. „Nehmen Sie Platz, hier ist es gemütlich."

Eifrig begannen beide zu pickern. Es war eine stille, enge Nebenstraße. Die großen Autos und die schnellen Motorräder brummten weit weg von hier in den Geschäftsstraßen, und das Straßenbahngleis gehörte zu einer stillgelegten Strecke.

„Man findet heute selten etwas Gutes zu futtern. Die Straßen sind viel zu sauber", schimpfte Spatz Flatterwisch.

„Krächzehals", sagte der zweite.

„Wollen Sie mich beleidigen?"

„Krächzehals ist mein Name. Ich habe mich Ihnen nur vorgestellt."

„Entschuldigen Sie. Das ist man heute gar nicht mehr gewohnt. Gestern hat einer von mir verlangt, ich sollte Insekten jagen wie die Schwalben oder Lieder tirilieren wie die Heidelerchen, um mir mein Futter zu verdienen."

„Ja, ja", klagte Krächzehals, „Zeiten sind das heute …“

Flatterwisch kam nicht dazu, eine Antwort zu geben. Erschrocken stieß er sich vom Boden ab und strich zur Seite. Um die Kurve summte und quietschte ein alter Straßenbahnwagen und ratterte über die Stelle, wo die Spatzen gerade noch gefrühstückt hatten.

Von einer HO-Reklame herunter starrten sie der Bahn nach.

„Haben Sie gesehen", schrie Krächzehals. „Die hatte gar keine Fensterscheiben mehr!"

Flatterwisch hatte auch etwas gesehen.

„Die Nummernkästen waren verbeult, und die Nase war eingedrückt."

„Und die Farbe blätterte überall ab. So würden wir uns nicht in die Stadt wagen."

„Bestimmt nicht", rief Flatterwisch und strich sich das ruppige Gefieder glatt.

Sie vergaßen über der kleinen Straßenbahn ihr Frühstück, und das will bei Spatzen etwas heißen. Ja, die Neugier siegte sogar über ihre Faulheit, so dass sie sich in die Luft schwangen und hinter der Bahn herflatterten.

„Sollen etwa in solchen Bah-Bah-Bahnen Menschen fahren?", krächzte Krächzehals erschöpft. So schnell war er seit seiner Jugend nicht mehr geflogen.

Und Flatterwisch schimpfte: „Es wird immer schle-schle-schlechter heutzutage." Auch er war aus der Puste gekommen. Und hätte die Bahn nicht vor einem großen Tor gehalten, das zu einem schlossähnlichen Gebäude gehörte, sie hätten sie nie und nimmer eingeholt. Ein weißhaariger Mann mit runzligem Gesicht stand an der Kurbel und wartete, bis der Pförtner die beiden Torflügel weit aufgeschlagen hatte. Da drehte er seine Kurbel, und – ruckdieruck – setzte sich das Bähnlein in Bewegung und verschwand den Spatzen aus den Kulleraugen. Das Tor wurde Krächzehals vor der Nase zugeschlagen, als er halsbrecherisch hinterherstürzen wollte. Da hättet ihr den Sperling schimpfen hören sollen! Sämtliche Flüche aus der Spatzensprache kamen aus seinem Hornschnabel. Und auch den ruppigen Flatterwisch verschonte er nicht.

„Sie Feigling!", schimpfte er. „Sie hocken gemütlich auf einem Fenstersims, und ich opfere mein Leben!"

„Kommen Sie nur herauf, wenn Sie die Bahn sehen wollen. Ich habe sie längst wieder entdeckt, während Sie sich im Straßenstaub wälzen."

Flatterwisch plusterte sich stolz und drückte den Kopf gegen die Fensterscheibe. Einen großen Saal sah er mit Riesensäulen und glitzernden Kronleuchtern an der Decke. An der Gegenseite befand sich eine prächtig geschnitzte Eichentür, so groß, dass die kleine Straßenbahn bequem hindurchfahren konnte. Und das tat sie in diesem Augenblick wirklich.

„Eine schäbige Bahn", brummte Flatterwisch. „Und die will heutzutage in einem Schloss wohnen." Er zuckte vor einem Schatten zusammen, aber es war nur Krächzehals neben ihm gelandet.

„Lass sehen, lass sehen!", tschilpte dieser erregt. Gönnerhaft hüpfte der andere zur Seite. Jetzt starrten zwei Paar Spatzenkulleraugen in den Saal.

Die zerbeulte Bahn war inzwischen auf den Steinplatten bis zur Mitte gefahren. Der weißhaarige Mann stieg aus und schaute sich zufrieden um. Dann zog er ein Tuch hervor und putzte der Bahn die Lampenaugen.

Da musste Krächzehals aber lachen. „Sehen Sie nur, er wischt dem Klapperkasten die Tränen ab."

„Wie denn, was denn, wo denn?", piepste Flatterwisch, weil er ganz woanders hingesehen hatte.

Was es auch alles zu schauen gab! Richtige Kanonen standen zwischen den Säulen neben Bergen von Kanonenkugeln. Gewehre aus längst vergangenen Zeiten gab es und Uniformröcke, Helme und Degen aus allen Jahrhunderten. An der Wand hingen eigenartige Waffen: Keulen mit Eisenspitzen, die Morgensterne. Und Dreschflegel hingen auch da. Alles blinkte im Sonnenlicht und leuchtete in so vielen Farben, wie sie nur ein Maler hat. Kein Wunder, dass Flatterwisch über diesem Blinken das Glitzern der Straßenbahntränen übersehen hatte. Er war wirklich ein ruppiger Bursche.

„Der Alte geht", meinte Krächzehals. Der Weißhaarige stand schon an der Eichentür, an der er sich noch einmal nach dem Bähnlein umschaute. „Jetzt verstehe ich gar nichts mehr." Flatterwisch ruckte den Kopf hin und her. Dafür war er eben ein Spatz. Hätte er nämlich lesen können, so hätte er gerade über dem Fenster, auf dessen Sims er hockte, in riesigen Steinbuchstaben das Wort MUSEUM gefunden.

„Fliegen wir ab. Das ist ja langweilig hier!“, rief er jetzt. „Was wollen wir noch länger diesen Klapperkasten anstarren …"

Da begann es im Saal zu rattern und zu klappern, zu quietschen und zu klirren, zu wispern und zu raunen. Die Spatzen blieben erstarrt hocken.

Die Kanone drehte sich mit ächzenden Rädern der Straßenbahn zu und musterte sie. Ein Dreschflegel beugte sich so weit von der Wand herüber, dass er zu pendeln begann. Gewehre, Helme, Spieße, Lanzen, Morgensterne – alles ringsum schaute auf die kleine Bahn in der Mitte. Die wusste gar nicht, wo sie hinsehen sollte, weil sie hier neu und noch ein bisschen schüchtern war, wie ein Schulkind, das in eine neue Klasse kommt.

„Ach!", rief der Dreschflegel enttäuscht. „Ich dachte, ein Panzerauto kommt zu uns. Dabei ist es nur eine kleine Bahn!" Auf dem Fenstersims flüsterte Spatz Flatterwisch: „Sehen Sie, die sind von dem Rumpelkasten genauso enttäuscht wie wir." Mit angelegten Flügeln lauschten sie, damit ihren neugierigen Ohren kein Wort verloren ginge.

„Nur eine kleine Bahn", wiederholte der Dreschflegel drinnen. Doch da wurde es laut.