Hugos „Wostok“ - Herbert Friedrich - E-Book

Hugos „Wostok“ E-Book

Herbert Friedrich

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Beschreibung

Hugo ist begeistert von Gagarin und seinem Flug mit der „Wostok“ ins All. Er schneidet alles aus der Zeitung aus, was er hierzu finden kann. Und er liest ein Buch nach dem anderen. Er ist nicht begeistert, als ihn sein Freund einlädt, sich ein Modellflugzeug zu bauen. Hugo ist etwas ungeschickt und manches Stück Sperrholz geht zu Bruch. Doch seine Freunde aus der Klasse helfen ihm und warten mit dem Start Ihres Flugzeugs, bis Hugo seins fertig hat. Großsprecherisch beschriftet er es: Wostok. Und zum Start fahren Sie sechs Kilometer mit dem Fahrrad zum Lugturm. Das Flugzeug fliegt immer weiter und sie verlieren es aus den Augen. Tagelang suchen sie die „Wostok“, bis auch Hugo aufgibt. Eines Tages kommt der Traktorist in die Klasse … Für Kinder ab sieben Jahren.

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Seitenzahl: 53

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Impressum

Herbert Friedrich

Hugos „Wostok“

ISBN 978-3-96521-526-9 (E-Book)

Umschlaggestaltung: Ernst Franta

Das Buch erschien 1964 in Der Kinderbuchverlag Berlin in der Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“ (Band 46).

Für Leser von 7 Jahren an

2021 EDITION digital

Pekrul & Sohn GbR

Godern

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Pinnow

Tel.: 03860 505788

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.edition-digital.de

Hugos „Wostok“

Jeder kennt die Geschichte vom ersten Weltraumflug eines Menschen. An einem Frühlingstag stieg er in das Raumschiff, schoss in den Himmel und umkreiste einmal die Erde: ein neuer Himmelskörper, ein kleiner Mond. Und darin ein Mensch.

Er hieß Gagarin, ihr wisst es. Und das Jahr, in dem er flog, werden die Kinder und wieder die Kinder lernen, alle Jahre, immer und ewig: 1961.

Und das Raumschiff nannte man „Wostok“. In der Sprache jenes Mannes heißt das „Osten“. Denn im Osten geht die Sonne auf, die uns Licht und Wärme schenkt.

Wo er vom Himmel heruntergeschossen kam, wo er den Fuß wieder auf die Erde setzte, war eine weite Ebene, tief im Innern der Sowjetunion. Felder gab es hier und Wiesen, wie überall. Aber es war eine besondere Erde, das wussten auch die Bauern des nächstgelegenen Dorfes: Hier landete der erste Kosmonaut. Und so beschlossen die Bauern, an jener Stelle ein Denkmal zu errichten.

Die Geschichte von Hugo dagegen kennt nicht jeder. Die will ich euch jetzt erzählen. Hugo wohnte weit weg vom Landeplatz der „Wostok“, länderweit. Er wohnte aber ganz nahe bei euch, in einem kleinen Dorf der Elbaue. Er war so um die neun Jahre alt, etwas klein geraten und hatte ein paar Sommersprossen auf der Stupsnase. Jetzt könnt ihr ihn euch schon vorstellen.

Hugo schnitt alles aus den Zeitungen aus, was er vom Weltraumflug fand. So geschah es mitunter, dass Vater am Abend beim Entfalten der Zeitung in ein großes Loch blickte. Er sah durch das Loch auf Hugo, und so schien Hugo in der Zeitung zu stecken. Und er musste Vater alles erzählen, was auf dem herausgeschnittenen Stück gestanden hatte.

Das Bild des Weltraumfliegers hängte sich Hugo übers Bett an die Stelle des Scherenschnittes vom gestiefelten Kater. Mutter fand am nächsten Morgen den gestiefelten Kater unterm Bett, und sie tadelte: „Du bist liederlich.“ Das kostete ihm seinen Pudding. Hugo aß für sein Leben gern; es fiel ihm schwer, auf den Pudding zu verzichten. Hugo verschlang auch anderes, nämlich Bücher. „Er frisst sie“, meinte sein Vater während der Frühstückspause zu den Arbeitskollegen im Ziegelwerk und dachte an die Löcher in den Zeitungen. Doch das sagte er stolz. Hugos Zensuren erfreuten jeden Lehrer. „Nur mit den technischen Arbeiten“, gestand Hugos Vater, „da macht er mir Kummer. Ich möchte wissen, von wem er das hat, diese zwei linken Hände …“ Hugos Vater hätte gern noch weiter erzählt, aber er wurde zur Ziegelpresse gerufen, um dort einen Schaden zu beheben.

Auch Frau Becker erzählte. Frau Becker war Hugos Lehrerin, und sie erzählte vom Raumschiff. Das war Hugo sehr lieb. Wenn Frau Becker nicht weiter wusste, da sie ja auch noch nicht um die Erde geflogen war, dann holte Hugo die Zeitungsausschnitte hervor. Und so kamen sie alle gut um die Erde und landeten glatt. Als es am Stundenende klingelte, überlegten sie gerade, wie das Denkmal aussehen könnte, welches die sowjetischen Bauern am Landeplatz errichten wollten.

Nun war die Schule aus, und Frau Becker brauchte ihre Klasse nur noch fernzusteuern: Ein Wort, und die Kinder erhoben sich. Ein weiteres Wort, und sie standen an der Tür, zwei zu zwei, wie es sich gehört. Eins, zwei, drei schritten sie die Treppe hinunter, erreichten das große Tor, und dann ... Dann versagte die Fernsteuerung. Dann rannten die dreißig Mädel und Jungen hinaus in das Aprilwetter, so schnell wie die Menschen in der fernen Sowjetunion auf das gelandete Raumschiff zugesprungen sein mochten.

Hugo trabte neben Hock die Dorfstraße hinab. Hock hieß sonst Gerolf. Doch als er in die Hockeymannschaft aufgenommen worden war, freilich als jüngster, hatte ihm die Klasse stolz den neuen Namen verliehen. Hugo neben ihm geriet ins Schwitzen.

„Du hast heute die Brigade rausgerissen“, lobte Hock, „mit deiner Erzählerei übers Raumschiff.“

Großspurig winkte Hugo ab.

„Das Raumschiff hat die Wolken angebohrt“, murrte Hock. „Jetzt kommt das ganze Wasser raus.“

„Ich kann schwimmen“, sagte Hugo. Als aber die Tropfen größer wurden, schimpfte er mit. „Das weiß nicht, ob es regnen oder schneien soll.“ Er dachte auch an seine schöne blaue Hose, die er heute zum ersten Mal trug. Der würde das Wetter gar nicht bekommen.

„In fünfzig Jahren“, sagte Hock, „kannst du das Wetter bestellen, wie du willst. Willst du Ski fahren, bestellst du dir Schnee.“ Hugo keuchte: „In fünfzig Jahren bin ich neunundfünfzig. Da will ich nicht mehr Ski fahren. Und dem da helfen deine fünfzig Jahre auch nicht.“ Er deutete auf einen Traktoristen, der seinen Traktor aus einem Feldweg auf die Straße lenkte.

Der Traktorist war wirklich nicht glücklich über das Wetter. Er duckte sich hinter der Schutzscheibe, und von seiner Lederjacke troff die Nässe.

„Guten Tag“, sagte Hock.

„Kennst du ihn?“, fragte Hugo.

Hock sah dem schmutzstarrenden Traktor hinterher. „Das ist Herr Garbe. Mit dem muss ich mich gutstellen. Der ist nämlich Platzwart auf dem Sportplatz.“ Dann seufzte er: „Hoffentlich kommt die Sonne bald raus. Der Sportplatz steht auch noch unter Wasser.“

Der Traktor hielt vor ihnen. Natürlich war die Bahnschranke heruntergelassen. Drüben blinzelte Schrankenwärter Findeisen nach der Uhr und nach seinem Häuschen. In seinem Schnurrbart hingen Tropfen.

Hugo nickte einen Gruß hinüber und erklärte dann: „Den Herrn Findeisen, den kenne ich nun wieder. Der geht jeden Freitag mit Vater kegeln.“ Traktorist Garbe schrie über die geschlossene Schranke hinweg dem Bahnwärter zu: „Du konntest mich ruhig noch durchlassen!“

Der Traktorist hatte eine große Nase, einen richtigen Riecher.

Wie hätte Bahnwärter Findeisen den Traktor so kurz vorm Sternburger Zug noch durchlassen können? Mitten auf dem Gleis wäre der Traktor stehengeblieben, todsicher.

„Mit dem Raumschiff“, träumte Hugo, „hält dich keine Schranke. Du startest und sagst ‚Achtung!’, und du hast das Wort noch nicht ganz heraus, da bist du schon zehn Kilometer geflogen.“

Herr Garbe stellte den Motor ab; da hörten sie in der Ferne den Sternburger Zug tuten. Hock legte die Arme auf den nassen Schrankenbaum. Bahnwärter Findeisen hob die buschigen Brauen, und Hugo zog Hock fix zurück in die Nähe des warmen Traktors. „Hände weg von der Schranke“, warnte Herr Findeisen. „Passt lieber auf, dass euch der Zug nicht vollspritzt!“

Dort, wo die Schienen über die Straße führten, war nämlich ein richtiger See.

Unvermittelt sagte Hugo: „Jetzt kann ich den ganzen Weg zurücklaufen!“

Hock blinzelte ihn neugierig an. „Warum denn?“

„Ich habe die Bücher nicht abgegeben in der Bücherei. Ich schleppe alles wieder mit heim.“

„Du erstickst noch mal in Büchern, du Leseratte.“