Die Jahresprinzessin 2: Klinge der Zeit - Leni Wambach - E-Book

Die Jahresprinzessin 2: Klinge der Zeit E-Book

Leni Wambach

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Beschreibung

**Schaue hinter den trügerischen Schleier der Ewigkeit**  Marlowe ist im Land des ewigen Sommers etwas Besonderes. Zur Jahresprinzessin erwählt, hat sie die Fähigkeit, den Stillstand der Zeit zu bewahren. Doch die Ewigkeit hat einen Preis, den sie nicht länger zu zahlen bereit ist. Gemeinsam mit der mutigen Charis, die Marlowes Herz immer wieder zum Stolpern bringt, begibt sie sich auf die Suche nach einem Weg, den Fluss der Zeit zurückzubringen. Bald wird klar: Nur wenn die beiden zusammenhalten, können sie die Königin der Ewigkeit besiegen und das Land von ihrer Herrschaft befreien. Doch Charis hat Geheimnisse, die nicht nur das Schicksal der Welt bestimmen, sondern auch Marlowes Gefühle auf eine harte Probe stellen …  Tauch ab in eine magische Fantasywelt!  Leni Wambach hat wieder einmal gezaubert: ein Land, in dem die Zeit keine Grenzen kennt. Eine Königin, die für die Unsterblichkeit jeden Preis bezahlt. Und ein Mädchen, das auf magische Weise mit der Ewigkeit verbunden ist. //Dies ist der zweite Band der magisch-gefühlvollen Buchserie »Die Jahresprinzessin«. Alle Romane der Fantasy-Liebesgeschichte:   -- Band 1: Die Jahresprinzessin. Blüte der Ewigkeit  -- Band 2: Die Jahresprinzessin. Klinge der Zeit -- Sammelband zur märchenhaften Fantasy-Serie »Die Jahresprinzessin«// 

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Leni Wambach

Die Jahresprinzessin 2: Klinge der Zeit

**Schaue hinter den trügerischen Schleier der Ewigkeit**Marlowe ist im Land des ewigen Sommers etwas Besonderes. Zur Jahresprinzessin erwählt, hat sie die Fähigkeit, den Stillstand der Zeit zu bewahren. Doch die Ewigkeit hat einen Preis, den sie nicht länger zu zahlen bereit ist. Gemeinsam mit der mutigen Charis, die Marlowes Herz immer wieder zum Stolpern bringt, begibt sie sich auf die Suche nach einem Weg, den Fluss der Zeit zurückzubringen. Bald wird klar: Nur wenn die beiden zusammenhalten, können sie die Königin der Ewigkeit besiegen und das Land von ihrer Herrschaft befreien. Doch Charis hat Geheimnisse, die nicht nur das Schicksal der Welt bestimmen, sondern auch Marlowes Gefühle auf eine harte Probe stellen …

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© Jey Jones

Leni Wambach wurde 1997 geboren und lebt noch in ihrem Geburtsort Essen. Derzeit studiert sie Anglistik und Linguistik und belegt Sprachkurse in Italienisch, um eines Tages in ihrer Herzensheimat Italien wohnen zu können. Sie schreibt, seit sie denken kann, und taucht am liebsten in fantastische Welten ein – sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben. Wenn sie keines von beidem tut, macht sie Musik oder ist auf einem Pferderücken zu finden.

1. Kapitel – Daria

»Mama, guck mal!«, rief ich und sprang in eine große Pfütze. Kaltes Wasser schwappte mir in die Gummistiefel und ich quietschte erschrocken auf, als meine Socken nass wurden.

»Ach Marlowe.«

Ich warf einen Blick über meine Schulter und bemerkte erleichtert, dass meine Mutter zwar mahnend den Kopf schüttelte, dabei aber lächelte. Zufrieden watete ich durch die Pfütze, die in der Mitte so tief war, dass ich fast bis zu den Knien in ihr versank. Hinter mir hörte ich, wie meine Mutter das Gespräch mit ihrer Freundin wieder aufnahm, die mit uns in den Wald gekommen war. Ich konzentrierte mich wieder auf das, was vor mir lag. Eigentlich wartete ja zu Hause ein neues Spielzeug auf mich … aber ein Klassenkamerad hatte von einem Schatz erzählt, der im Wald vergraben war! Wenn ich den vor allen anderen fand, würde ich berühmt werden!

Ich nutzte aus, dass keiner auf mich achtete, und rannte vorwärts, aus der Pfütze hinaus. Den Weg ließ ich dabei hinter mir und kämpfte mich durch das feuchte Unterholz auf der Suche nach besagtem Schatz. Seit Tagen versank die Welt vor unserer Haustür im Nebel, der meinen Abstecher zwischen die Bäume noch aufregender machte. Während ich mich immer weiter von den vertrauten Stimmen entfernte, summte ich ein Lied, das ich in der Schule aufgeschnappt haben musste. Nur der Text fiel mir nicht ein!

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Bewegung und neugierig sah ich den Busch zu meiner Rechten an. Seine Blätter zitterten und als sich seine Äste teilten, machten sie … einem Eichhörnchen Platz!

»Oh«, stieß ich leise hervor und blieb stocksteif stehen. Braune, kleine Augen blinzelten mich an, der buschige, rote Schwanz zuckte neugierig. Das Fell sah so weich und flauschig aus, dass ich es am liebsten gestreichelt hätte! Aber wenn ich mich bewegte, würde das Tier sicher wegrennen.

Das Eichhörnchen entfernte sich ein paar hopsende Sprünge vom Busch und ich beobachtete es gebannt. Ich wagte kaum zu atmen, geschweige denn einen Finger zu rühren. Als es ein paar Meter von mir entfernt zwischen den Bäumen angekommen war, drehte es sich halb herum und erwiderte meinen Blick. Es sah beinahe ungeduldig aus.

»Soll ich … soll ich mitkommen?«, fragte ich und mein Herz begann in meiner Brust zu hüpfen. Vielleicht konnte ich ja wirklich mit Tieren sprechen, wie das Mädchen in dem Buch, das meine Mutter mir am Abend zuvor vorgelesen hatte!

Das Eichhörnchen sprang wieder ein Stück vorwärts, ehe es sich erneut zu mir umdrehte. Das musste eine Aufforderung sein!

Vorsichtig und sehr langsam folgte ich ihm. Fast rechnete ich damit, dass es ganz plötzlich verschwinden würde, aber es sprang nur tiefer in den Wald hinein. Immer schneller musste ich laufen, um das Tier nicht aus den Augen zu verlieren. Die Bäume standen inzwischen so dicht zusammen, dass ich im Zickzack um sie herumgehen musste. Die Geräusche hinter mir verschwanden, bis nur noch dumpfe Stille auf meine Ohren drückte. Nichts davon konnte mich aber davon abhalten, mich weiter auf das Eichhörnchen zu konzentrieren. Als ich nach einiger Zeit dann doch den Kopf hob, bemerkte ich, dass der Boden in einen dicken Teppich aus Nebel gehüllt war und eine graue Wand den Wald vor mir verschluckte. Im nächsten Moment war das Eichhörnchen in dem Grau verschwunden und ohne zu zögern folgte ich ihm. Oder zumindest versuchte ich es, denn da war kein Boden mehr unter mir, kein Wald, kein Nebel.

Ich stürzte in ein leeres Nichts und etwas riss an meinem Körper. Zerrte ihn in tausend Richtungen, zerriss ihn und setzte ihn neu zusammen.

»Marlowe!«

Die Kälte des Herbsttages wurde durch beinahe unerträgliche Hitze ersetzt, die sich durch meinen Körper brannte. Das Blut kochte in meinen Adern und trotzdem spürte ich, wie meine Glieder zitterten.

Etwas Kühles berührte meine Stirn.

»Es wird alles gut.«

In rasender Geschwindigkeit zogen die Bilder meiner Kindheit an meinem inneren Auge vorbei. Mein Leben im Sommerland wechselte sich mit meinem alten ab, eine wirre Abfolge von dumpfen Erinnerungen. Das Gesicht meiner leiblichen Mutter nur noch ein bunter Fleck, der nach und nach durch Anriles ersetzt wurde. Im nächsten Moment aber zerbarst auch meine Ziehmutter in tausend Farben.

Mein Körper schien außerhalb meiner Kontrolle, doch ich meinte zu spüren, dass ich auf einem weichen Untergrund lag und von etwas Warmem bedeckt wurde. Meine Hände lagen ebenfalls auf etwas Weichem, mein Brustkorb hob und senkte sich. Mein Mund fühlte sich so ausgetrocknet an wie eine Wüste. Als ich versuchte einen Laut von mir zu geben, schien meine Kehle in Flammen aufzugehen und nur ein leises Wimmern kam über meine Lippen. Mein Verstand schien noch nicht richtig wach zu sein, denn ich hatte keine Ahnung, wo ich war oder was als Letztes passiert war. Irgendjemand hatte meinen Namen gerufen. Ein dumpfes Gefühl der Beunruhigung sagte mir, dass es einen ziemlich guten Grund geben müsste, mir Sorgen zu machen. Nur – er fiel mir nicht ein. Das Einzige, was ich wusste, war, wie wohlig warm es um mich herum war, auch wenn ich mich vollkommen zerschlagen fühlte.

Komisch. Mir war, als hätte ich so etwas schon einmal empfunden. Vor sehr langer Zeit.

»Oh, du bist wach. Das ging schneller, als ich gedacht habe«, sagte jemand aus weiter Ferne.

Es kostete mich meine ganze Kraft, die Augen zu öffnen. Nur half mir das nicht viel weiter, da meine Sicht verschwommen war. Eine Gestalt stand über mir. Ein silbrig blonder Fleck, darunter nur ein dunkler Schemen.

Ich wollte antworten, aber erneut entkam mir nur ein unartikulierter Laut.

Finger legten sich auf meine Stirn und fühlten sich eisig kalt an. Hatte ich etwa Fieber?

»Überanstreng dich nicht«, sagte die gleiche Person und die Finger verschwanden. Eine Frauenstimme. Sie klang freundlich, aber unnahbar. Als wäre Freundlichkeit nur eine Angewohnheit und nichts, was ihr wirklich naheging.

»Ich …« Das war zumindest das, was ich sagen wollte, aber es klang mehr wie ein raues Keuchen.

Sie, wer auch immer sie war, drückte mir etwas gegen die Lippen und automatisch öffnete ich den Mund. Eine lauwarme, bittere Flüssigkeit rann meinen Hals hinab, als ich mühsam schluckte. Mehr musste ich eigentlich nicht tun, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, als würde diese winzige Bewegung die Energie aus mir heraussaugen.

Entkräftet schloss ich die Augen.

»Ruh dich weiter aus. Du hast viel durchgemacht.«

Die Stimme wehte davon wie ein Blatt in einer stürmischen Nacht und wieder versank ich in einem Malstrom aus bunten Farben. Kein einziges klares Bild stand mir mehr vor Augen. Stattdessen hatte ich das Gefühl zu rennen. Nein, ich floh. Aber vor wem? Bevor sich wieder eine klare Szenerie aus den Farben bilden konnte, war die Empfindung auch schon vorüber. Aber ich spürte, dass etwas in meinen Erinnerungen lauerte. Es wartete darauf, dass ich zu ihm vordrang und unaufhaltsam trudelte ich darauf zu, von Seilen gefesselt, die mich näher und näher heranzogen. Ich versuchte mich zu wehren, aber ohne einen Körper, der mir gehorchte, war das ein aussichtsloses Unterfangen.

Augen öffneten sich. Riesige braune Augen, die mich verschlangen. Goldene Funken tanzten in ihnen, Feuer schlug mir entgegen.

Ich schrie und schlug die Augen auf. Mein eigener Atem dröhnte mir laut in den Ohren und mein Herz pumpte das Blut so schnell durch meine Adern, als wolle es sie zum Platzen bringen. Statt in Augen starrte ich nun an eine Decke aus Holz. Nur ein Traum. Oder eine Erinnerung, vom Fieber entstellt. Fieber? Ja, ich hatte Fieber gehabt … Und ich war schon einmal wach gewesen, hatte auf derselben, weichen Oberfläche gelegen, die ich nun eindeutig als Bett identifizieren konnte.

Obwohl es so schien, als wäre mein letztes Erwachen erst wenige Augenblicke her, sagte mir mein ausgeruhter Körper, dass das nicht stimmen konnte. Auch wenn ich immer noch das Gefühl hatte, als wären meine Glieder mit Steinen beschwert, konnte ich wieder klar sehen. Mein Mund fühlte sich nicht mehr taub an und mein Verstand war nicht mehr so umnebelt und schwerfällig. Ich sah mich um. Ich befand mich in einem winzigen Zimmer, mit einer kleinen Kommode neben der Tür und einem Spiegel. Das Bett, auf dem ich lag, war schmal und der Nachttisch zu meiner Rechten schien seine besten Jahre auch hinter sich gelassen zu haben. Neben dem Bett stand ein Stuhl.

»Hallo?« Meine Stimme klang krächzend, als hätte ich sie sehr lange nicht mehr benutzt.

Schritte ertönten und die Tür wurde geöffnet. Eine junge Frau trat ein, mit langen, fast weiß-blonden Haaren, die ihr über die Schulter fielen. Sie kam zu mir und beugte sich über mich, um mich zu betrachten. Sie war bleich wie der Frost, der Ausdruck ihrer hellblauen Augen ebenso kühl und sie schien nur ein paar Jahre älter als ich zu sein. Ein angedeutetes Lächeln kräuselte ihre schmalen Lippen.

»Endgültig wach?«, fragte sie. »Du hast in der letzten Nacht viel geschrien. Ich dachte mir schon, dass das der letzte Fieberschub ist und du heute aufwachen wirst.«

Irgendetwas an ihrer Stimme sagte mir, dass ich gar nicht wissen wollte, was ansonsten passiert wäre. Ich beschränkte mich darauf, vorsichtig zu nicken. Das letzte Mal hatte mich eine einfache Schluckbewegung schon völlig entkräftet.

»Hier, trink das«, sagte die Fremde und hielt mir wieder einen Becher an die Lippen.

Dieses Mal war er mit kaltem Wasser gefüllt, das ich gierig trank. Meine Kehle brannte nicht mehr so sehr, war aber immer noch trocken. Ich hätte noch drei weitere Becher leeren können, aber sie stellte das leere Gefäß mit einem vernehmlichen Geräusch auf den Nachttisch.

»Wer … wer bist du? Und wo bin ich?«, stellte ich nun die Fragen, die mir am meisten auf der Seele brannten.

»Ich heiße Daria«, antwortete sie und zog sich den Stuhl heran, um sich neben das Bett zu setzen. »Du bist in meinem Haus, das an einer Küste liegt, deren Name nicht wichtig ist.«

Das … war nur eine bedingt hilfreiche Antwort. Ich blinzelte sie verwirrt an und erneut zeigte sie ihr schwaches Lächeln.

»Mein Haus liegt an einer, nennen wir es, Zweigstelle. Hier landen viele der Übergänger. Muss an dem Nebel liegen, der oft die Küste einhüllt.«

Übergänger … Nebel … Ich schnappte nach Luft, als die Erinnerungen mit der Gewalt von schlagenden Fäusten auf mich eintrommelten. Der Wald. Die Jagd der Königin. Meine verzweifelte Flucht, an deren Ende ich der Königin nicht mehr hatte entkommen können. Charis, die mich gerufen hatte, aber sie war zu spät gekommen. Die Königin, die mich verhöhnt und getötet hatte … Nur, dass ihr das nicht gelungen war. Der Fae-Lord hatte mir erklärt, dass ich versuchen könnte, durch die Nebel zu entkommen. Sozusagen als letzter Ausweg, falls irgendetwas schiefgehen sollte. Die Königin, so hatte er vermutet, würde den Unterschied nicht merken, da das Ritual die Jahresprinzessinnen zu Staub zermalmte. Allerdings hatte ich nicht gedacht, dass ich es schaffen würde. Was auch immer sie getan hatte, es hatte so wehgetan … Aber da war auch der Nebel gewesen. Es musste ein Übertritt in letzter Sekunde gewesen sein.

»Ich muss zurück«, murmelte ich, mehr zu mir selbst als zu Daria. »Ich muss … Die anderen … Charis! Was ist mit der Königin? Und der Zeit? Wie komme ich zurück? Ich muss …«

Ich wollte mich aufrichten, wollte aufstehen und den Nebel wiederfinden. Panisch stellte ich fest, dass er nicht am Rande meines Gesichtsfelds waberte, wie er das sonst in den letzten Wochen getan hatte. Er war fort. Meine Arme konnten mein Gewicht nicht tragen und schwer fiel ich in die Kissen zurück. Versuchte es wieder, während mein Atem immer hektischer wurde.

»Nicht, du darfst dich nicht überanstrengen!«, mahnte Daria, die aufgestanden war, und drückte mich ohne große Schwierigkeiten zurück. Ihr Blick war ernst und ein Hauch von Mitleid lag in ihm. Das machte mir mehr Angst als alles andere zusammen. »Bevor du auch nur daran denkst aufzustehen, geschweige denn zurück nach Avalun zu gehen, musst du wieder zu Kräften kommen! Weißt du denn nicht, was für ein Trauma dein Körper erlitten hat?«

Ich starrte sie an. Tränen verschleierten mein Blickfeld und ich fühlte mich wieder so schwach, dass ich sie nicht einmal wegwischen konnte. »Was … was meinst du?«

»Bleibst du liegen?«

Erst als ich nickte, ließ sie mich los und setzte sich wieder. »Der Übertritt ist eines der schlimmsten Dinge, die du deinem Körper antun kannst. Der Nebel zerreißt dich in deine kleinsten Teile und setzt dich, in der anderen Welt angekommen, wieder zusammen. Die Fae und einige Eddelin sind von dieser Regel ausgenommen. Einige Menschen überleben es nicht, die anderen liegen tage- oder wochenlang in Fieberkrämpfen.«

Was die unerträglichen Schmerzen und das Gefühl, zerfetzt zu werden, erklärte. Es war wirklich passiert, nicht nur Einbildung gewesen. Keine sonderlich tröstliche Vorstellung und ein Teil von mir schreckte davor zurück, das noch einmal zu wagen. Konnte man das überhaupt dreimal überleben? Oder würde mich eine Rückkehr nach Avalun umbringen?

»Du bist ein Wechselbalg, oder?«, fragte Daria.

»Ja«, murmelte ich aus meinen Gedanken gerissen, die immer noch nicht so schnell flossen, wie ich das gerne gehabt hätte. »Ich bin mit acht Jahren nach Avalun gekommen.«

Eine ihrer schmalen Augenbrauen wanderte in die Höhe. »Das ist spät.«

Ja, das war mir auch klar, obwohl ich nicht verstand, warum das jetzt wichtig war. Ein unfreundlicher Gedanke, das wusste ich, aber ich verspürte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Die Erschöpfung lauerte dicht unter der Oberfläche und eine betäubende Mutlosigkeit hatte Besitz von mir ergriffen.

»Du solltest etwas essen, bevor du wieder schläfst. Ich konnte dir nur hin und wieder einen Brei einflößen, damit du nicht verhungerst, aber du brauchst etwas Richtiges«, sagte sie, ohne auf mein Schweigen einzugehen, und erhob sich.

Schweigend beobachtete ich, wie sie die kleine Kammer verließ. Nebenan ertönte kurz darauf das Klappern von Geschirr.

»Wie lange war ich denn bewusstlos?«, fragte ich mit etwas erhobener Stimme.

»Ungefähr drei Wochen.«

Ich hätte besser nicht gefragt. Die Antwort war niederschmetternd. Drei Wochen! In der Zeit konnte so viel in Avalun passiert sein … Ich hatte Charis gehört, kurz bevor ich entkommen war. Hatte sie die Königin getötet? Oder hatte die Königin sie … Nein! Nein, das durfte einfach nicht sein. Allein der Gedanke tat so weh, als wäre mein Fieber wieder aufgeflammt. Vielleicht war in Avalun aber auch mehr Zeit vergangen … oder weniger. Oder irgendetwas war ganz schiefgegangen. Am liebsten wäre ich sofort aufgesprungen und hätte nach einem Rückweg gesucht, aber ich spürte, dass mich meine Beine vermutlich kaum bis zur Tür tragen würden. Und Daria wirkte so, als würde sie mich zur Not bewusstlos schlagen und ans Bett fesseln.

Ein paar Minuten später kehrte sie mit einem tiefen Teller zurück. Erst stellte sie ihn auf dem Nachttisch ab und schob mir ein paar Kissen in den Rücken, damit ich aufrechter saß, dann drückte sie mir ihn zusammen mit einem Löffel in die Hand. Dampfender Haferbrei verbreitete seinen süßen Geruch und die warme cremige Konsistenz war so vertraut, dass ich leise seufzte.

»Du machst das also häufiger? Übergänger aufnehmen?«, fragte ich, um nicht allzu unhöflich zu sein, zwischen zwei Löffeln und sah zu ihr auf. »Kommst du aus Avalun?«

Daria nickte langsam und ich wusste nicht, auf welche meiner Fragen das die Antwort sein sollte. »Mittlerweile kommen weniger. Die letzten haben einige sonderbare Geschichten erzählt.«

Ihr Blick ruhte prüfend auf mir. Ich ahnte, was das für Geschichten gewesen waren.

»Ging es da zufällig um eine verrückt gewordene Königin, die die ganze Welt unter ihre Kontrolle bekommen möchte und die Zeit angehalten hat?«

»Ja, das war so ungefähr der Kern.«

Ich schnaubte und legte den Löffel auf den Teller, der noch halbvoll war. Aber ich fühlte mich mehr als satt. Wortlos nahm mir Daria das Geschirr ab.

»Du kannst mir ein andermal davon erzählen. Du solltest dich wieder ausruhen.«

Sie klang gleichgültig, als würde es sie nicht betreffen. Dabei musste sie doch aus Avalun stammen oder zumindest dort gelebt haben, oder nicht? Sonst wüsste sie nicht so gut Bescheid … Bevor ich sie erneut danach fragen konnte, hatte sie den Raum schon verlassen.

Moment. Sie hatte gesagt, dass sie nur durch Erzählungen von den Ereignissen im Sommerland wusste – oder nicht wusste. Sie war also nicht mehr in Avalun gewesen, als die Königin die Zeit angehalten hatte. Ich starrte die Tür an, durch die sie verschwunden war. Entweder verging die Zeit in der Welt der Menschen ganz gewaltig anders oder Daria war über 180 Jahre alt.

***

Auch nach zwei Wochen, in denen ich wieder herumlaufen und hinausgehen durfte, hatte ich mich noch nicht an den Anblick gewöhnt, der sich direkt vor Darias kleiner windschiefer Hütte bot. Diese lag direkt an einer steil abfallenden Küste und darunter war nichts als blaues, glitzerndes und sich bis zum Horizont erstreckendes Meer. Schaumkronen tanzten auf seiner Oberfläche und ein salziger Geruch nach Algen wurde regelmäßig zu uns hinaufgeweht. Ich hatte sogar schon einmal große, graue Körper aus den Wellen auftauchen sehen.

»Wale«, hatte Daria gesagt und ich hatte mich dumpf daran erinnert, schon einmal von diesen Tieren gehört zu haben. Aber der Name klang im Vergleich zu den sogar aus der Ferne riesigen Wesen unzulänglich.

Ich saß oft stundenlang gegen einen Felsen am Rand der Klippe gelehnt und ließ mir die Seeluft um die Nase wehen. Das Auf und Ab der Wellen, die unter mir krachend gegen die Felsen schlugen, hatte etwas Hypnotisches. Immer wieder schaffte es das Meer, mich von dem abzulenken, was mich eigentlich beschäftigte. Nämlich die Tatsache, dass der Nebel verschwunden war.

Natürlich nicht der echte Nebel. Den sah ich hin und wieder morgens den Boden einhüllen, wenn er von den Bergen und aus den Wäldern in meinem Rücken hinabgekrochen kam. Der Nebel, den ich in mir getragen und durch den ich Avalun verlassen hatte, war verschwunden. Egal, wie sehr ich nach ihm suchte und mich dazu zwang, auch die schmerzhaftesten meiner Erinnerungen zu durchwühlen – er tauchte nicht mehr auf.

»Du musst stärker werden. Dann kommt er vielleicht zurück«, sagte Daria immer, wenn ich sie darauf ansprach.

Manchmal trieb sie mich zur Weißglut mit ihrer gleichgültigen Art. Ein paar Tage nach unserer ersten Unterhaltung hatte ich ihr die ganze Geschichte erzählt. Angefangen von meinem Leben im Sommerland über meine Krönung zur Jahresprinzessin und wie ich nach und nach zu der Überzeugung gelangt war, dass etwas ganz und gar falsch lief. So genau ich konnte, hatte ich ihr meine Erlebnisse in Affalach beschrieben und berichtet, wie wir den Plan entwickelt hatten, die Königin zu besiegen. Und wie alles um eine Winzigkeit schiefgegangen und ich in der Folge hier gelandet war. Sie hatte zwar zugehört und hin und wieder Zwischenfragen gestellt, aber ansonsten hatte es nicht so gewirkt, als ob das Thema sie sehr berühren würde. Sie sprach es auch nicht mehr von sich aus an.

Vielleicht war es trotzdem ein Fehler, ihr so viel anzuvertrauen. Aber andererseits befanden wir uns beide in der Menschenwelt und saßen hier auf unbestimmte Zeit fest. Was könnte sie mit dem Wissen schon anrichten?

Seufzend versuchte ich, es mir an dem harten Felsen etwas bequemer zu machen. An diesem Tag war der Himmel blau, nur ein paar schleierartige Wolken zogen über ihn hinweg. Dieses schöne Wetter war der Grund, warum es mich auch heute wieder zum Meer gezogen hatte.

Ein dunkler Fleck tauchte in meinem Blickfeld auf. Ich setzte mich auf und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Ein … Boot. Nein, es war größer. Ein Schiff. Und ein Schiff bedeutete, dass da irgendwo Menschen waren. Unbewusst hielt ich den Atem an, obwohl sie mich wohl kaum sehen konnten. Es nahm auch keinen Kurs auf den Küstenstreifen, es tänzelte weiter am Rande des Horizonts. Trotzdem. Näher war ich Menschen, die in der Menschenwelt lebten, seit … seit zehn Jahren nicht gekommen. Ich hatte hin und wieder Wechselbälger gesehen. Aber sie waren quasi im Sommerland aufgewachsen. Diese Menschen hier … Sie hatten vermutlich nicht einmal eine Ahnung davon, dass Avalun existierte! Sie fuhren auf Schiffen über ein riesiges Meer, sie lebten in Häusern aus Stein, wussten nichts von Edla oder Fae oder wahnsinnigen Königinnen. Eine unbestimmte Sehnsucht schien mir das Herz aus der Brust reißen und über das Meer tragen zu wollen. Sehnsucht nach den Städten der Menschen, nach ihrem Leben, nach Menschen. Die Wildheit des Verlangens erschreckte mich. Ich hatte mich doch von ihnen abgewendet. Avalun war meine Heimat.

Oder?

Die Zweifel stachen auf meinen ohnehin schon zerrissenen Geist ein. Vor meinem inneren Auge meinte ich zu sehen, wie sie jede faserige Verbindung, die ich noch zum Nebel hatte, meine Edla, angriffen. Nein.

Mit einem Keuchen sprang ich auf und rannte zum Haus zurück. Meine Edla. Was war mit meiner Edla? Obwohl es nur wenige Meter waren, fühlten sich meine Beine beim Betreten der Hütte so an, als wären sie aus Gummi und mein Kopf schwirrte. Aber ich ignorierte beides, genauso wie Darias fragenden Blick, die in der Küche herumwerkelte.

Ich stürzte in das kleine Zimmer, das Daria mir überlassen hatte, und blieb außer Atem vor dem runden Spiegel stehen, der über der Kommode hing.

Ein vertrautes und gleichzeitig fremdes Gesicht sah mir entgegen. Meine Haare waren wirr, kaputt und stumpf, genauso wie der Ausdruck meiner Augen. Meine Haut sah immer noch ein wenig wächsern aus, auch wenn mir die viele frische Luft guttat. Aber in diesem Moment war ich wieder so blass wie kurz nach meinem Erwachen.

Ich konzentrierte mich mit aller Macht auf mein Spiegelbild. Darauf, dass es etwas tat, was es nicht tun sollte. Zwinkern, eine Hand heben, irgendetwas. Nichts. Große, schreckgeweitete Augen sahen mir entgegen und füllten sich mit verzweifelten Tränen, die mir im nächsten Moment heiß über die Wangen rollten.

»Es funktioniert nicht, oder?« Darias Stimme klang wissend und ein wenig mitleidig.

Ich wirbelte zu ihr herum, das Blut rauschte in meinen Ohren und ich ballte die Hände zu Fäusten. »Warst du das? Hast du etwas getan? Hältst du mich davon ab zurückzukehren?«

»Natürlich nicht.«

»Was heißt hier natürlich?!« Meine Stimme überschlug sich. »Ich habe keine Ahnung, wer du bist! Das könnte alles ein Trick sein, um mich davon abzuhalten, meinen Freunden zu helfen! Bring mich zurück! Du musst mir helfen! Ich muss ins Sommerland! Oder sollte ich dir wirklich nicht vertrauen?«

Sie sah mich durchdringend an. Schwer atmend stand ich vor ihr. Unter ihrem anhaltenden Schweigen schmolz meine Wut ein wenig und machte der dunklen Verzweiflung Platz. Ich spürte, wie ich schwankte, wie sich die Welt zu drehen begann, wie die Beine unter mir nachzugeben drohten, aber da war Daria schon an meiner Seite und half mir mich auf mein Bett zu setzen. Statt sich wie sonst den Stuhl heranzuziehen, ließ sie sich neben mich sinken.

Als sich die Welt langsam wieder beruhigte und ich Daria wieder ansah, bemerkte ich, dass ihre Schultern nach vorne gesackt waren. Sie hatte das Gesicht in den Händen vergraben und massierte sich die Schläfen.

Ein Anflug schlechten Gewissens überkam mich. Sie war es schließlich, die ihr Haus mit einer Fremden teilte, die sie auch noch über Wochen hatte pflegen müssen.

»Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen«, murmelte ich.

Sie seufzte leise und richtete sich ein wenig auf, um sich zu mir umzudrehen. »Ich bin überrascht, dass du es nicht schon vorher getan hast. Ehrlich, das ist nicht gesund, dass du all das in dich hineinfrisst und nicht über das sprichst, was dich beschäftigt!«

»Ach, weil du so gesprächig bist.«

Daria lachte leise. Es war das erste Mal, dass ich sie so einen Laut ausstoßen hörte. Das Lachen zeichnete ihre Gesichtszüge weicher und nahm ihr für einen Moment die aufrechte Haltung.

»Gut, ich bin vielleicht nicht das beste Beispiel«, gab sie zu. »Ich bin vor, wie du dir mittlerweile wahrscheinlich schon gedacht hast, sehr langer Zeit aus Avalun in diese Welt hier gekommen. Aus einem Land, gar nicht so weit vom Sommerland entfernt, aus Gründen, die keine Rolle spielen, aber deinen sehr ähnlich sind. Mein Leben ist in Gefahr gewesen. Ich habe die Nebel hinter mir gelassen, mit der Absicht, sie nie wieder zu durchschreiten. Viele Jahre bin ich heimatlos durch die Welt der Menschen gezogen. Aber sie ist nicht das Richtige für mich gewesen. Sie hat mir nicht das gegeben, wonach ich gesucht habe. Also habe ich begonnen darauf zu achten, wo viele Übergänger landen. Dort habe ich mir dann ein Haus gebaut und nutze den letzten Rest meiner Kräfte, die Menschen von hier fernzuhalten.«

»Warum? Sind sie gefährlich?«

Ihr Blick wurde prüfend. »Das auch. Aber die Menschenwelt ist für Übergänger gefährlich. Je mehr sie ihr ausgesetzt sind, je mehr sie mit den Bräuchen und Erfindungen der Menschen in Berührung kommen, desto größer ist die Chance, dass sie nie wieder den Weg zurück nach Avalun finden.«

Schaudernd stieg in mir wieder die Erinnerung daran auf, wie es sich angefühlt hatte, als die Sehnsucht nach den Menschen die Sehnsucht nach meiner Heimat überlagert hatte. Dabei war ich ihnen noch nicht einmal ausgesetzt gewesen.

»Das heißt … Ich darf diese Küste nicht verlassen, wenn ich zurückfinden möchte?«

Daria zögerte mit der Antwort. »Marlowe, ich … ich bin mir nicht sicher, ob du den Weg überhaupt zurückfindest. Kein Wechselbalg aus der Welt der Menschen hat das bisher geschafft.«

Ich starrte sie an. Irgendwie war ich überzeugt gewesen, trotz der Warnung des Fae-Lords und trotz der Abwesenheit des Nebels in meinem Blick, dass meine Unfähigkeit, den Nebel zu sehen, nur ein vorübergehender Zustand war. Dass es eine Möglichkeit für mich geben musste, nach Avalun zurückzukehren, sobald ich wieder zu Kräften gekommen war. Ein Zittern bemächtigte sich meiner, wanderte von meinen Händen in meinen ganzen Körper.

»Die Rückkehr in die Welt deiner Geburt mag dir gelingen. Aber die Rückkehr in deine Heimat womöglich nicht.«

Das hatte der Fae-Lord mir gesagt, damals, im Wald. Und nun war ich gefangen.

2. Kapitel – Neue Verbündete

Charis

Sie beobachtete, wie die ersten morgendlichen Strahlen der Sonne durch die Äste der Weiden schienen. Um die Mittagszeit war der Apfelhain geflutet von Wärme und Licht und ein begehrter Ort der Ruhe, aber um diese Tageszeit war sie meistens die einzige Besucherin. Sie genoss die damit einhergehende Einsamkeit.

Ihr Herz machte einen Satz und trotz allem breitete sich ein Lächeln auf ihren Lippen aus. Jeder neue Morgen, den sie erlebte, bedeutete, dass sie wach war. Obwohl das Jahr herumgegangen war, war sie nicht eingeschlafen. Sie bemühte sich das als gutes Zeichen zu werten. Von denen hatten sie nämlich verdammt wenige.

»Charis?«

Die Stimme vom Fuße des kleinen Hügels ließ sie aufblicken. Tariel stand dort und der Anblick des älteren Mannes löste immer noch zwiegespaltene Gefühle in ihr aus. Er hatte Marlowe mit großgezogen. Und hatte sich ihr als das Ratsmitglied vorgestellt, das ihr so viele Scherereien bereitet hatte. Er hatte ihr davon erzählt, nachdem er sie im Wald im letzten Moment gerettet und fortgezerrt hatte, bevor Shanlie ihre gesamte Wut auf sie hatte entladen können. Stattdessen hatte sie nur den halben Wald und das umliegende Land in einer riesigen Schlucht verschwinden lassen. Charis, Tariel und der Rest ihrer kleinen Gruppe hatten sich nur mit Mühe nach Affalach retten können.

Ein paar Bewohner Affalachs gaben sich der Hoffnung hin, dass die Königin im Wald gestorben war, so wie ihre Garde und die meisten Mitglieder der Jagdgesellschaft, aber Tariel und die anderen, die mit im Wald gewesen waren, glaubten wie Charis nicht daran.

»Was ist los?«, fragte sie und stand auf. Sie gähnte und streckte sich. Niemand von ihnen fand mehr viel Schlaf in letzter Zeit.

Tariel wiegte den Kopf hin und her. »Wir sind uns nicht sicher.«

»Und das aus deinem Mund?«, rutschte es ihr heraus, spöttischer als beabsichtigt.

Tariel aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, das tat er nie. Stattdessen erklomm er den kleinen Hügel und stellte sich vor sie.

»Ich habe einen Fehler gemacht. Das weiß ich«, sagte er leise und mit schmerzerfüllter Stimme. Seine Schultern waren nach vorne gesunken, sein Gesicht verzerrt. »Ich wollte, dass Marlowe erfährt, wer du wirklich bist. Ich wollte sie beschützen.«

»Vor mir?! Das hätte sie nicht gebraucht! Im Gegenteil!«

»Nein. Vor deiner Familie«, erwiderte er und hob die Hand, als sie protestieren wollte. »Ich sage doch, es war ein Fehler. Hätte ich gewusst, dass Marlowes Reaktion in so einem Plan münden und dieser so ausgehen würde, hätte ich mich nicht eingemischt. Ich … Charis, es tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich dir noch mehr dazu sagen soll. Sie hatte die Wahrheit verdient und ein Teil von mir hat gehofft, du würdest sie ihr …«

»Also ist es meine Schuld?«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und funkelte ihn zornig an. »Wenn das eine Entschuldigung sein soll, dann kannst du sie dir sparen!«

Sie wandte sich ab und wollte Richtung Bergfestung stapfen, aber Tariel hielt sie am Ärmel zurück. »Ich hätte dich nicht in eine Lage bringen dürfen, in der du entweder eine schmerzhafte, angsteinflößende Wahrheit erzählen oder sie fortschicken musstest. Ich hätte dich nicht unter Druck setzen dürfen. Ich hätte euch beide nicht in eine Lage bringen dürfen, in der ihr euch nur verletzen konntet, aus Sorge, dass ihr selbst verletzt werden könntet. Ist das besser?«

Ihre Augen begannen verräterisch zu brennen. Tariel war einer der wenigen, der verstehen konnte, wie sich Marlowes Verlust anfühlte. Der wusste, wie es war, in schlaflosen Nächten dazuliegen und sich zu fragen, ob man hätte mehr tun können. Der sich die Schuld dafür gab, Marlowe im Stich gelassen zu haben.

Langsam drehte sie sich wieder zu ihm um. Die Wut hatte sie so schnell, wie sie gekommen war, aus ihrem Griff entlassen.

»Ich hätte ihr von mir aus die Wahrheit sagen sollen. Wer ich bin, wer meine Eltern sind. Und mein Bruder.« Sie konnte nicht einmal sagen, wen aus ihrer Familie sie am meisten hasste. Immerhin war ihr Vater vermutlich tot oder auf jeden Fall für immer verschwunden. Er konnte nicht mehr Leben ruinieren, als er es zu seiner Zeit als König bereits getan hatte.

Tariel presste die Lippen aufeinander und ließ ihren Ärmel los, ehe er den Blick abwandte. »Ich verstehe, warum du es nicht getan hast. Aber was nützt uns das Bereuen und Klagen jetzt noch? Das Einzige, was wir tun können, ist, es ab jetzt besser zu machen.«

Das sagte er nicht zum ersten Mal. Auch die anderen begannen so zu reden. Nur hatte Charis keine Ahnung, wie sie irgendetwas tun sollte, mit dem Loch in ihrer Brust. Die Szene im Wald hatte sich für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt, lauerte in jeder Sekunde, in der sie sich erlaubte einmal nicht daran zu denken, darauf, sie erneut anzuspringen.

Marlowe war seit fünf Wochen tot. Und nichts, was sie jetzt noch besser machen würde, konnte an dieser Tatsache etwas ändern.

Aber das war nicht das Einzige, mit dem sich Charis in den letzten Wochen hatte herumschlagen müssen. Irgendjemand hatte geplaudert. Irgendjemand hatte überall verbreitet, dass sie das einzig lebende Kind des letzten Eddelin-Königs war und seitdem schien man von ihr zu erwarten, eine Lösung für die Probleme der Welt hervorzaubern zu können. Kaum zu glauben, aber zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich die Rückkehr des Rats. Doch die Verräter unter ihnen hatten fast alle anderen Mitglieder umgebracht, nachdem Shanlie die Kontrolle über die Zeit verloren hatte, und waren geflohen. Oder befanden sich mitten unter ihnen, das konnte man nicht so genau wissen, auch wenn Tariel bemüht war, ihre Identitäten festzustellen. Inzwischen hatten die übriggebliebenen Befehlshaber, zu denen Charis aufgrund ihrer Herkunft auch gehörte, eine Art Übergangsrat gebildet. Bestehend aus ihnen und einigen Fae-Vertretern.

»Du hast angedeutet, dass es Probleme gibt«, sagte sie irgendwann, als sich die Stille zwischen ihnen zu einer Ewigkeit auszudehnen schien.

Tariel furchte leicht die Stirn und schien zu überlegen, ob er das Thema wirklich auf sich beruhen lassen sollte. Schließlich zuckte er ergeben mit den Schultern.

»Ja. Kommst du mit? Wir sind in der Versammlungshalle.«

Die Sonne war mittlerweile gänzlich aufgegangen, aber graue Wolken zogen sich wie ein Schleier über dem Land zusammen. Hinter diesem fahlen Licht lauerte eine Dunkelheit, das spürte Charis. Wolken? Oder eine zu schnell hereinbrechende Nacht? Sie hatte gehört, dass in einigen anderen Ländern der Tag nur noch wenige Stunden dauerte. Was für eine Ironie. Shanlie hatte ihrem Volk immer Schauergeschichten erzählt, dass die Zeit in den anderen Ländern verrücktspielen würde. Und jetzt tat sie es wirklich, war vollkommen außer Kontrolle geraten – nachdem Shanlie die Macht über sie verloren hatte.

»Gehen wir.«

In ausnahmsweise einträchtigem Schweigen liefen sie durch die hektisch betriebsamen Gänge des Berges. Überall sah Charis Schwerter aufblitzen, Pfeilköcher auf Rücken und Menschen, Fae und Eddelin mit angespannten, finsteren Gesichtern. Bei den meisten, die sich in diesem Teil des Berges aufhielten, handelte es sich um Kämpfende und solche, die es werden wollten. Die zivile Bevölkerung hatten sie gänzlich in einen anderen Teil des Berges verlegt – von der jeden Tag mehr zu ihnen kam. Nachdem sich die Neuigkeiten aus dem Sommerland überall verbreitet hatten, hielten die meisten das freie Land rund um den Berg nicht mehr für sicher. Einige, die die Erlaubnis dazu erhalten hatten, hatten sich auch im Wald des Fae-Lords in Sicherheit gebracht, der mit ihnen alle Hände voll zu tun hatte. Sogar im Berg, der weit größer war, als die meisten bis dahin gewusst hatten, machten sich die neuen Bewohner bemerkbar. Sie störten den Ablauf, der sich über Jahre hinweg eingespielt hatte, und einige der alteingesessenen Generationen begannen bereits zu murren.

Nicht, dass Charis oder die anderen dafür auch nur einen Funken Verständnis hatten.

Das Einzige, was sie wirklich seltsam fand, war, dass die Leute sich auf einmal vor ihr verneigten. Auf dem Weg durch den Berg versuchte sie diejenigen zu ignorieren, die sofort in diese groteske Haltung fielen.

»Du solltest dich daran gewöhnen«, sagte Tariel leise und sie hörte seiner Stimme an, dass er schmunzelte.

»Ganz sicher nicht«, schnaubte sie und stieß die Flügeltür zu der Versammlungshalle auf. »Ich bin nicht die Königin. Nur eine der Befehlshaber, vor den anderen verneigen sie sich ja auch nicht.«

Sie betraten den großen Raum, der vor den Ereignissen im Sommerland leer gestanden hatte und in den danach eilig einige Tische und Stühle gebracht worden waren. Eine der wenigen existierenden Karten, die ganz Avalun abbildete, lag auf dem größten Tisch in der Mitte. Dandra und Niniel beugten sich gemeinsam mit Nascha über diese. Die Eulen-Fae gehörte dem einzigen Vogel-Clan an, der nicht mit dem Fae-Lord des Waldes auf Kriegsfuß stand. Nascha war damals schon einmal für einen Tag im Berg gewesen. Da hatte Charis sie auch kennengelernt und sie war froh, dass der Clan die ruhige und freundliche Nascha geschickt hatte, um sich mit ihnen über das weitere Vorgehen abzustimmen.

»Da bist du ja«, brummte Dandra, ohne sich umzusehen und winkte sie heran. Charis war erleichtert, dass sich die Amazonen nicht davon beeindrucken ließen, wessen Tochter sie nun war oder nicht. Wahrscheinlich bräuchte es noch deutlich mehr, um Dandra überhaupt aus der Fassung zu bringen.

Charis trat zu ihnen an den Tisch. Sie hatten angefangen, kleine Nadeln in einzelne Länder zu stecken. »Was bedeutet das?«

»Das sind die Länder, von denen wir zuverlässige Berichte haben, dass die Zeit außer Kontrolle geraten ist«, erklärte Nascha mit ihrer beruhigenden, fast singenden Stimme. »Entweder ist die Zeit stehengeblieben oder sie vergeht ruckartig. Es soll sogar Fälle geben, wo sich das in den Bewegungen bemerkbar macht.«

»Ihr meint …«

»Die Bewohner bewegen sich in Zeitlupe. Ja«, beantwortete Niniel ihre unausgesprochene Frage.

Charis schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Das klang absolut verrückt, sogar für die aktuellen Verhältnisse. Mit jedem Tag schien die Zeit weiter außer Kontrolle zu geraten. »Aber warum? Wie kann das passieren? Wir haben Shanlie die Kontrolle über die Zeit entrissen, damit sie wieder normal verläuft. Das war der Grund, warum wir diesen Plan überhaupt durchgeführt haben, oder nicht? Mit den Jahresprinzessinnen hatte Shanlie die Kontrolle über die Zeit. Wir haben verhindert, dass sie … dass sie Marlowe dafür benutzen kann. Jetzt sollte alles wieder normal sein. Aber das Gegenteil passiert hier!«

Ratloses Schweigen war die Antwort.

»Wir hatten gehofft, du wüsstest vielleicht etwas darüber. Weil du doch selbst davon betroffen warst.«

»Ja, aber das hat Shanlie so gesteuert«, antwortete Charis abwesend und bemerkte, dass alle sie verblüfft anstarrten. »Das wusstet ihr nicht? Ich dachte, das hättet ihr euch mittlerweile auch zusammengereimt. Sie hasst mich, konnte mich aber nicht töten, weil man mich vor ihr in Sicherheit gebracht hat.«

Am Anfang hatte sie das nicht wahrhaben wollen. Hatte sich eingeredet, dass Shanlie es nicht über sich gebracht hätte, ihre eigene Tochter zu töten. Mittlerweile wusste sie es besser. Das Einzige, was Shanlie davon abgehalten hatte, ihr wirklich das Leben zu nehmen, war, dass sie dafür keinen Angriff auf Affalach hatte riskieren wollen. Die einzig gute Tat, die ihr Vater je vollbracht hatte: Er war es gewesen, der sie aus dem Sommerland in den Berg gebracht hatte, als Shanlie wegen des Todes ihrer Erstgeborenen verrückt geworden war.

»Also, nein, ich habe keine Ahnung. Vielleicht … Ich weiß nicht. Vielleicht will sich die Zeit … rächen. Dafür, dass Shanlie sie so kontrolliert hat«, schlug Charis zögernd vor.

Dandra warf ihr einen skeptischen Blick zu. »Klingt, als wäre die Zeit ein lebendiges Wesen.«

Neben ihr drehte Nascha eine der Nadeln zwischen ihren Fingern und betrachtete mit schief gelegtem Kopf die Karte.

»Sie hat im Sommerland nicht nur die Zeit eingesperrt. Sie hat die Natur und das Leben davon abgehalten, ihren natürlichen Gang zu nehmen.« Ihre gelben, riesigen Augen richteten sich auf Charis. »Du bist nicht wie dein Vater. Ich muss mit jemandem sprechen. Damit sie dich in die Mythen einweihen.«

Bevor Charis irgendetwas dazu sagen konnte, hatte sich Nascha in eine Eule verwandelt und flog aus der geöffneten Tür.

»Fae«, grummelte Dandra. »Unberechenbar.«

»Das Gleiche würde sie über dich sagen«, erwiderte ihre Schwester spitz.

Charis wandte sich von den beiden Streitenden ab, um Tariel anzusehen, der einige Schritte hinter ihnen stand und sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippe tippte. Eine Geste, die er ziemlich häufig machte.

»Was meint sie mit Mythen?«

Er zuckte leicht zusammen und lächelte dann ein wenig. »Was, nur weil ich alt bin, weiß ich alles?«

»Ist das nicht der einzige Grund, warum wir entschieden haben, dass du hierbleiben darfst?«, gab sie zurück und konnte sich sogar ein Schmunzeln abringen.

Fältchen durchzogen sein Gesicht, als er breiter lächelte. »Schon gut, schon gut. Ich weiß nichts über die Mythen selbst. Aber es ist früher kein Geheimnis gewesen, dass die Fae eine Art … tieferes Wissen über diese Welt besitzen. Sie sind die ersten Wesen gewesen, die die Große Mutter gegen die Albträume ausgesandt hat. Angeblich haben sie die Mythen früher mit den großen Königen und Königinnen geteilt.«

»Klingt, als wäre das schon sehr lange her.«

Er wiegte den Kopf. »Nur die Clans der Bäume und der Insekten dürfen anderen Clans die Erlaubnis erteilen, die Mythen zu teilen. Die Baum-Fae sind ausgestorben. Und keiner weiß, wo die Insekten-Fae sind.«

»Anscheinend stimmt das nicht ganz.« Sie deutete mit dem Kopf in die Richtung, in die Nascha verschwunden war.

Tariel nickte langsam. »Diese Welt ist groß. Wer weiß, was sich an ihren Wurzeln verbirgt. Wir sind es sicherlich nicht, denen Avalun noch irgendwelche Geheimnisse anvertraut.«

***

Mit einem erleichterten Seufzer ließ sich Charis in den Sessel sinken, der in der Ecke des Raumes an einem sachte vor sich hin schwelenden Kaminfeuer stand. Sie verbrannten hier nur stark duftende Hölzer und überall hatte man Kräuter aufgehängt. Aber die Mischung aus bitteren und süßen Gerüchen konnte nicht über den Gestank von Krankheit hinwegtäuschen. Hin und wieder raschelte die Bettdecke, in der die Heiler Lanron eingewickelt hatten.

Von ihrem Platz aus konnte Charis sehen, wie bleich er war. Seine Wangen waren eingefallen und unter seinen Augen lagen schwarze Ringe. Die roten Haare, wegen denen er immer viel Aufmerksamkeit in Affalach auf sich gezogen hatte, hatten jeden Glanz verloren. Niniel hatte ihn halbtot und völlig entkräftet aus den Kerkern in Alun befreit. Sie hatten das einsetzende Chaos nach der Niederlage der Königin genutzt, um zu entkommen. Schon auf dem Weg zurück war Lanron bewusstlos geworden und seitdem nicht wieder aufgewacht. Keiner wusste, was ihm fehlte, und deswegen konnten sie ihm auch nicht helfen. Mit jedem Tag wurde er schwächer und Niniel zorniger. Charis hoffte nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für Niniel, dass er nicht sterben würde.

Sie schlang sich die Arme um den Oberkörper und zog die Beine auf den Sessel. Als würde dies den Schmerz davon abhalten, sie mit voller Wucht zu treffen. Oder vielleicht würde das Loch in ihrem Inneren nicht weiter aufreißen. Scharf sog sie die Luft zwischen den Zähnen ein, als die Erinnerungen wieder in ihr aufstiegen. Immer wenn ihre Gedanken abschweiften oder sie die Augen schloss, sah sie die blutgesprenkelte Erde im Wald und Shanlies spöttisches Gesicht vor sich. Und das Schlimmste war, dass diese Erinnerung alle schönen verdrängte. Sie hatte den Geschmack von Marlowes Lippen ausgelöscht, die Wärme ihrer Haut, ihr Lachen. Was sie hingegen noch deutlich sah, waren die Tränen in ihren Augen, als sie sie abgewiesen hatte.

»Verdammt. Verdammt, verdammt«, flüsterte Charis und vergrub den Kopf in ihrer Armbeuge. Solange sie sich irgendwie ablenken konnte, ging es. Wenn sie in Besprechungen war oder trainierte. Aber Nascha war immer noch fort, seit vier Tagen mittlerweile, und Dandra und Niniel waren gestern zu einem Erkundungsritt aufgebrochen, also gab es nichts mehr, was sie von dem Schmerz ablenken konnte.

Sie versuchte sich auf das Prasseln des Feuers zu konzentrieren, auf den Apfelduft und die Wärme der Flammen. Langsam beruhigte sich ihr Herzschlag ein wenig, auch wenn der Schmerz nicht weniger wurde. Vielleicht würde er das nie. Vielleicht würde sie sich irgendwie mit ihm arrangieren müssen.

Es klopfte an der Tür und sie sah auf. Tariels Kopf erschien in der sich öffnenden Tür. Seine Augen leuchteten, auch wenn er versuchte es zu verbergen. »Sie sind da.«

Vor allem das Beben seiner Stimme war es, das Charis aus ihrem Trübsinn riss und ihre Aufmerksamkeit weckte. Langsam löste sie ihre verkrampfte Haltung.

»Wer?«

»Die Baum-Fae. Komm!«

»Die … Was? Aber …«

Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Beeil dich!«

Schon war er wieder verschwunden und ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. An der Tür angekommen warf sie noch einen Blick auf Lanron, der sich kein bisschen gerührt hatte.

»Ich finde einen Weg, dir zu helfen. Versprochen«, murmelte sie und zog dann die Tür hinter sich zu.

Tariel war bereits am anderen Ende des Ganges angekommen und sie musste rennen, um ihn einzuholen.

»Ich dachte, die Baum-Fae wären ausgestorben«, sagte sie und räusperte sich, als sie bemerkte, wie belegt ihre Stimme immer noch klang.

Er nickte so heftig, dass seine Haare wild flogen. »Sind sie auch! Zumindest dachten wir das! Aber jetzt haben sie eine ganze Abordnung geschickt.«

Ein Stich Aufregung durchfuhr sie. Baum-Fae! Wesen, von denen sie in Märchen und Legenden gehört hatte. In Geschichten, die mit Vor langer, langer Zeit begannen.

»Und sie … sie wollen mich sehen?« Sie hielt in ihren Schritten inne.

Tariel blieb ebenfalls stehen und drehte sich zu ihr um. Sein aufgeregter Blick wurde sanfter. Einen Moment zögerte er, dann legte er ihr eine Hand auf die Schulter.

»Natürlich wollen sie das«, sagte er und lächelte. »Du entstammst einer langen Linie von mächtigen Eddelin und scheinst die Erste nach einigen Generationen zu sein, die all ihre Sinne beisammenhat. Sie freuen sich außerordentlich, dich kennenzulernen.«

Charis stieß ein Schnauben aus. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich alle Sinne beisammenhatte – und selbst wenn sie die hatte, ob ihre Anwesenheit wirklich eine solche Begeisterung wert war. Aber das sagte sie nicht. Über ihre Zweifel redete sie mit niemandem, schon gar nicht mit Tariel, wenngleich sie ihm, wie sie in diesem Moment feststellte, verziehen hatte. Es nicht zu tun, ihn zu hassen, brachte sie nicht weiter. Und außerdem … Er hatte gewollt, dass Marlowe die Wahrheit erfuhr, die sie verdient hatte. Für seine Methode hatte er sich entschuldigt und was blieb dann noch?

»Dann beeilen wir uns besser«, sagte Charis leise und setzte sich in Bewegung. Nun war es Tariel, der kurz hinter ihr zurückblieb, im nächsten Moment aber zu ihr aufschloss.

»Da wir den Thronsaal nicht wieder hergerichtet haben und nicht etwas ähnlich Repräsentatives vorzuweisen haben, habe ich sie in den Hain gebeten«, erklärte er. »Ich dachte, da würden sie sich vielleicht am wohlsten fühlen.«

Charis nickte und bog links in den Gang ab, der sie direkt zum Hain führen würde. Frische Luft würde ihr sicher auch guttun. Während sie auf die Tür nach draußen zusteuerten, zog sie sich ihren roten Umhang enger um den Hals. Ihre Alltagskleidung kam ihr auf einmal unpassend vor. Die graue Stoffhose hatte sie gestern schon getragen und der Umhang war an einigen Stellen bereits zerschlissen, am Saum war sogar ein Riss, weil sie dort an einem Ast hängengeblieben war. Außerdem roch sie sicher nach Rauch, weil sie den ganzen Tag im Berg verbracht hatte.

Aber bevor sie sich darüber weiter den Kopf zerbrechen konnte, hatten sie schon den Zugang zum Hain erreicht und die Tür öffnete sich unter ihrem Blick. Drei ihr unbekannte Fae und Nascha standen neben dem Apfelbaum auf dem kleinen Hügel und unterhielten sich leise. Als sie sie bemerkten, verstummte ihr Gespräch und sie drehten sich in ihre Richtung.

Im Näherkommen versuchte Charis die drei Fremden so unauffällig wie möglich zu betrachten. Einer der beiden Männer hatte statt Haaren lange, dünne Äste, die zu einer Weide gehören mussten, sah ansonsten aber recht menschlich aus. Der zweite hatte unnatürlich weiße Haut, die sich bei genauerer Betrachtung als rindenähnlich herausstellte. Eine Birke?

Die dritte Fae war eine junge Frau, die ein paar Schritte hinter den Männern stand. Sie wirkten wie ihre Bewacher. Charis schätzte, dass sie ungefähr in ihrem Alter war, auch wenn das bei Fae schwer zu sagen war. Aber ihr Gesicht war faltenlos und sie war etwa so groß wie Charis selbst, mit einer aufrechten, geraden Haltung. Sie hatte sattrote Haare, aus denen rote Beeren zu wachsen schienen. Eine Hand hatte sie auf den Stamm des Apfelbaumes gelegt, ihre Finger strichen fast zärtlich über die Rinde.

»Willkommen in Affalach«, sagte Charis, als sie den Hügel erklommen hatten. »Es … äh es freut mich, dass Ihr gekommen seid.«

Noch während sie die Worte sprach, hätte sie sich am liebsten vor den Kopf geschlagen. Es klang gestelzt, unehrlich. Sie konnte das einfach nicht!

Aber die weibliche Baum-Fae lächelte, ihre dunkelgrünen Augen strahlten Wärme aus. »Sag Hollis zu mir, Charis. Nascha hat so viel von dir erzählt, dass ich das Gefühl habe, dich bereits schon lange zu kennen.«

Die meisten Fae legten keinen Wert auf Höflichkeitsformen und Charis war erleichtert, dass es die Baum-Fae ebenfalls so zu halten schienen. Sie entspannte sich ein wenig und ihr Unwohlsein machte der Aufregung, diesen drei Fremden gegenüber zu stehen, Platz.

»Da ihr hier seid, scheint sie nur Gutes erzählt zu haben«, sagte sie und erwiderte das Lächeln.

»Nun, sie hat auf jeden Fall immer wieder betont, dass du einer der Gründe bist, warum wir uns wieder in unseren … menschlicheren Körpern bewegen können.«

Überrascht sah Charis zwischen den Fae hin und her. Hollis’ Begleiter erwiderten ihren Blick weiterhin ernst, aber neigten respektvoll den Kopf. Nascha schien so aufgeregt, dass die Federn, die aus dem Kragen ihres Mantels lugten, leise raschelten.

»Ich … Ich glaube, wir haben eine Menge Dinge zu besprechen«, sagte sie schließlich.

Hollis’ Gesichtsausdruck wurde ernster. »Ja, das denke ich auch. Es wird gleich zu regnen beginnen. Uns dreien macht das nichts aus, aber euretwegen sollten wir uns in den Berg zurückziehen.«

Automatisch sahen Charis, Tariel und Nascha in den Himmel, der sich ausnahmsweise wolkenlos und mit einer strahlenden Sonne präsentierte.

»Regen?«, wiederholte Tariel vorsichtig und offensichtlich bemüht, nicht respektlos zu klingen.

Hollis schmunzelte. »Ja, Regen. Ich habe mir, während wir gewartet haben, die Freiheit herausgenommen, meine Form zu wechseln und meine Wurzeln in das Fundament des Berges zu graben. Das verrät mir eine Menge über das Land.«

Da Charis absolut keine Ahnung hatte, wovon Hollis redete, es aber auch überflüssig fand, das zu diskutieren, nickte sie nur.

»Dann kommt. Der Berg ist groß genug, wir werden wohl irgendwo einen Ort finden, an dem wir uns ungestört unterhalten können.«

Ohne weitere Diskussionen verließen sie den Hain. Auf dem Weg durch den Berg wurden sie noch mehr angestarrt, als Charis es in den letzten Tagen erlebt hatte. Offensichtlich hatte sich die Nachricht über die Ankunft der Baum-Fae schnell verbreitet.

»Hast du noch irgendjemand anderem gesagt, dass wir Gäste haben?«, fragte sie Tariel leise, der mit einem Stirnrunzeln den Kopf schüttelte.

Bevor sie Nascha die gleiche Frage stellen konnte, zuckte diese nur mit den Schultern. »Kein Wort. Aber Informationen verbreiten sich bei euch schneller als ein Feuer in einem trockenen Wald.«

»Das macht nichts«, mischte sich Hollis ein. »Wir wussten, dass unsere Rückkehr schnell bekannt werden würde.«

Charis ergab sich der Situation. Nun war es ohnehin geschehen und bis zum Abend würden die wildesten Gerüchte kursieren. Besser, sie überlegte sich später mit Tariel eine offizielle Erklärung, um Getratsche vorzubeugen.

Mit ihrer Edla öffnete sie eine Tür ein paar Meter vor ihnen, die in einen meistens leeren, gemütlichen Aufenthaltsraum führte. Mit einem schnellen Blick kontrollierte sie, ob ein Feuer im Kamin brannte – sie hatte keine Ahnung, wie Baum-Fae auf brennendes Holz reagierten. Aber die Feuerstelle war leer und der Raum dadurch ziemlich kühl.

Charis bedeutete den Fae und Tariel sich einfach einen Platz zu suchen und setzte sich selbst in einen der Sessel, von dem aus sie den Rest des Raumes gut überblicken konnte.

Als sich auch alle anderen Plätze gesucht hatten, herrschte einen Moment unsicheres Schweigen. Charis beobachtete, wie krampfhaft Hollis ihre Hände verschränkt hatte und wie ihre Augen hin und her huschten. Die Fae bemerkte, dass sie sie ansah, und hob hilflos die Schultern.

»Es ist das erste Mal, dass ich mich mit den Oberhäuptern anderer Länder treffe«, sagte sie. »Und wir sind noch nicht sehr lange … wach. Das macht es schwierig zu wissen, wie das Leben funktioniert.«

Bei dem Wort »Oberhäupter« zuckte Charis kurz zusammen, aber sie widersprach erst einmal nicht – auch wenn sie sich definitiv nicht als Affalachs Oberhaupt sah … Oder überhaupt irgendein Haupt von irgendwem.

»Gut, dann können wir uns ja darauf einigen, dass wir alle keine Ahnung haben, was wir gerade tun, und uns deswegen etwaiges höfliches Geplauder sparen?«, schlug Charis vor und grinste.

Sie sah Tariel die Augen verdrehen, aber Hollis lachte. »Einverstanden. Ich denke mir, ihr habt viele Fragen. Eine wird die Mythen betreffen, von denen Nascha euch hat erzählen wollen. Bevor ich dich aber einweihe, würde ich mich gerne einige Tage umsehen. Es ist keine leichte Entscheidung, wem wir sie anvertrauen können.«

»Selbstverständlich. Wie du sagst … wir haben noch genug andere Fragen«, fügte Charis hinzu. »Tariel hat erzählt, dass ihr … na ja. Dass ihr eigentlich … ausgestorben seid.«

Hollis stieß ein leises Seufzen aus. »Das sind wir auch gewesen. So gut wie zumindest. In einem Krieg, der schon sehr lange zurückliegt, sind wir fast vollständig ausgelöscht worden. Also haben wir uns zurückgezogen, bis wir von fast allen vergessen waren. Als die Königin des Sommerlandes dann die Zeit selbst angegriffen hat, war es uns nicht mehr möglich, unsere Gestalt zu wechseln. Wir waren Gefangene unserer eigenen Wurzeln und Stämme geworden. Dazu gezwungen zu beobachten, aber unfähig uns zu bewegen. Bis sich die meisten von uns vor einigen Wochen plötzlich auf dem Boden sitzend wiedergefunden haben.«

»Nur im Sommerland oder …«

Hollis schüttelte den Kopf und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Die Beeren und Blätter in ihren Haaren bebten sacht.

»Nein. Nicht nur im Sommerland. Ihr Menschen und Eddelin wisst es nicht, ihr könnt es nicht spüren, aber Avalun ist im Kern verbunden. Wird eine Faser angegriffen, greift es auf alle anderen über.«

Charis nickte langsam. Sie spürte, dass die Art, wie Hollis und die anderen dachten, sich so sehr von ihrer unterschied, dass sie vielleicht nie ganz verstehen würde – aber das hieß nicht, dass sie es nicht versuchen würde.

»Das heißt also, dass Shanlie wirklich die Kontrolle über die Zeit verloren hat. Oder?«, führte sie das weiter aus, was Hollis gesagt hatte.

Ihre dunkelgrünen Augen blitzten auf und sie setzte sich etwas aufrechter hin. »Das stimmt. Auch wenn sie, denke ich, weiterhin versucht sie wiederzugewinnen.«

»Besteht keine Chance, dass sie tot ist?«, fragte Nascha.

»Das wäre schön, aber ich bezweifle es. Bevor die alte Hexe ins Gras beißt, muss noch viel passieren«, knurrte Tariel und Charis starrte ihn verdutzt an.

Nascha prustete und Hollis schmunzelte. Normalerweise war Tariel immer darum bemüht, sehr respektvoll zu reden. Sie hatte nicht gedacht, dass er überhaupt zu so einer Ausdrucksweise fähig war! Allerdings hasste er die Königin fast so sehr wie sie.

»Da stimme ich dir zu«, sagte Hollis und zuckte fast resigniert mit den Schultern.

»Mein Vater konnte sie nicht töten. Und wenn ich den Geschichten Glauben schenke, hat er das ziemlich häufig versucht.« Charis schnitt eine Grimasse. Eines ihrer Kindermädchen hatte ihr statt Gute-Nacht-Geschichten die gesamte Chronik des Krieges dargelegt, was ihr das ganze Jahr über Albträume beschert hatte. Neun Jahre später war von der Frau nichts mehr zu sehen gewesen – ein geringer Verlust.

Tariel presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und nickte. Bei ihren Worten schien sein ganzer Körper unter Spannung geraten zu sein und er hatte die Hände zu Fäusten geballt. Ein Stich Schuldbewusstsein durchfuhr Charis. Er hatte mal in einem Nebensatz erwähnt, dass seine gesamte Familie in diesem Krieg gestorben war. Inklusive seiner Kinder. Was vielleicht der Grund war, warum er Marlowe hatte beschützen wollen … Wie weh musste es ihm tun, dazu nicht in der Lage gewesen zu sein? Schon wieder ein Kind verloren zu haben, das er geliebt hatte?

Der Krieg zwischen ihren Eltern, der Krieg zweier zutiefst verletzter Seelen, hatte viele einsame Blätter zurückgelassen, die vom Wind der Zeiten hin und her geworfen wurden.

Wie viele mehr würden dazugekommen, bevor sie dieses Kapitel endlich abgeschlossen hatten?

3. Kapitel – Muriel

Der Wind blies an diesem Tag so heftig, dass es mich fast von den Klippen fegte. Das Meer war nicht länger blau und glatt, sondern sah wie eine sich immer wieder verändernde zerklüftete Gebirgskette aus. Trotzdem blieb ich mit geballten Fäusten draußen stehen, versuchte das Blinzeln zu unterdrücken, obwohl meine Augen brannten. Kälte war bis in meine Knochen gedrungen, sodass ich mich wie eine Statue aus Eis fühlte. Doch diese Kälte kam ohnehin nur zu der hinzu, die von dem Ort in meinem Inneren ausging, der vor einigen Wochen noch meine Edla beherbergt hatte.

Auch als es zu regnen anfing, blieb ich stehen. Der Horizont schien beständig näher zu rücken, je mehr sich Himmel und Meer vereinigten. Ein falscher Schritt und ich würde die Klippen hinunterstürzen. Vielleicht war das des Rätsels Lösung. Vielleicht musste ich kurz davor sein zu sterben, um meinen Weg zurückzufinden. Selbst wenn ich es nicht tat, wäre dann wenigstens alles vorbei.

Der Gedanke ließ mich zusammenzucken und automatisch wich ich einen Schritt zurück. Als hätte meine Bewegung einen Bann gebrochen, begann ich vor Kälte zu zittern. Spürte, wie mir die nasse Kleidung am Leib klebte und schlang mir die Arme um den Oberkörper.

Ich würde nicht aufgeben. Und von den Klippen zu springen, in der vagen Hoffnung, durch die Nebel zu fallen statt ins Meer, wäre gleichbedeutend mit aufgeben. Irgendwo, knapp außerhalb meiner Reichweite, wartete Avalun auf mich. Warteten Charis, Lanron, Tariel und Anrile auf meine Rückkehr. Ich konnte sie nicht enttäuschen. Ich konnte mich nicht enttäuschen. Egal wie gerne ich mich an manchen Tagen in einer Ecke zusammengerollt und vor Verzweiflung geweint hätte. Aber jedes Mal riss ich mich von diesem Gedanken los, ging zu den Klippen und versuchte irgendein Anzeichen meiner Edla zu finden.

Mittlerweile wehte der Wind immer kräftiger und die Regentropfen waren hart wie Pfeilspitzen. Für heute würde ich meine Übungen abbrechen müssen.

Widerwillig stapfte ich mit gesenktem Kopf zurück in Richtung Hütte. Warmes Licht drang aus den Fenstern und ich stieß ein erleichtertes Seufzen aus, als ich durch die Tür trat. Wärme, Kerzenschein und der Duft nach frisch aufgebrühtem Tee empfingen mich. Durch die Eingangstür kam man direkt in die Küche, die nur aus einer Küchenzeile an der einen Seite bestand, auf der sich Geschirr und Töpfe stapelten, und einem Tisch mit vier Stühlen in der Mitte des Raumes.

Daria saß am Küchentisch und hielt bereits eine Tontasse in der Hand. »Zieh dir trockene Sachen an. Sonst erkältest du dich.«

Ihr barscher Tonfall prallte mittlerweile an mir ab. Er gehörte einfach zu ihr.

Ein paar Minuten später kehrte ich in die Küche zurück, abgetrocknet und in frischer Kleidung. Sie ähnelte der, die ich aus Avalun kannte. Daria musste sie selbst genäht haben, für Übergänger, die den Weg zurück suchten und nicht mit menschlichen Dingen in Berührung kommen durften.

Ich goss mir aus der Teekanne eine Tasse Tee ein und setzte mich zu Daria, die ein handgeschriebenes ledergebundenes Buch zuklappte und beiseitelegte. Sie hatte mich noch keinen Blick hineinwerfen lassen, also war es wohl auch nicht für meine Augen bestimmt.

»Warst du erfolgreich?«, fragte sie, während ich meine Hände an der Tasse wärmte.

»Nein. Und du hast wirklich keine Ahnung, wie …«

Sie hob die Hand, um mich zu unterbrechen. »Ich habe die Edla nie gelernt. Ich bin nicht fähig sie einzusetzen.«

Eine alte Bitterkeit schwang in ihrer Stimme mit, die mir sagte, dass ich nicht weiter nachfragen sollte. Da es auch Dinge gab, über die ich nicht mit ihr sprach, ließ ich das zu. Auch wenn ich neugierig war. Ich spürte, dass mehr an ihr war, als sie mir anvertraut hatte. Und immer noch wusste ich nicht, aus welchem Grund sie aus Avalun geflohen war …

»Aber wie soll ich dann jemals den Rückweg finden?«, fragte ich und erschrak selbst vor der Mutlosigkeit in meiner Stimme. Meine Finger umschlossen die Tasse so fest, dass sich die Hitze in meine Haut brannte.

Daria sah auf den Tisch, der von Kratzern und Spuren jahrelanger Benutzung gezeichnet war. Ihre Stimme war einen Hauch sanfter, als sie mir antwortete. »Ich weiß es nicht, Marlowe. Aber … du bist das erste Wechselbalg der Menschen, das Edla hat benutzen können. Das für sich ist schon eine Leistung, die viele nicht für möglich gehalten haben. Du hast allein und mit Absicht einen Übertritt geschafft und ihn überlebt. Wer weiß, wozu du noch fähig bist?«