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Die Magie der Steine - Sammelband 2 Band 3 Das dritte Semester beginnt und bringt eine Menge neuer Aufgaben mit sich. Seit Freyas und Damians Kuss ist irgendwie alles anders und sie versucht herauszufinden, zu wem sie sich mehr hingezogen fühlt. Die Steinsuche verlangt die bisher erlernten Fähigkeiten und birgt einige Gefahren, mit denen keiner gerechnet hat. Plötzlich ist Elias ihr gegenüber sehr seltsam und sie weiß nicht, was mit ihm los ist, bis sie ein dunkles Geheimnis erfährt. Ein Lichtblick gibt es jedoch für Freya: Ihre Tochter darf bald zu ihr an die Schule kommen. Band 4 Das vierte Semester der Kohatu bringt bei Freya ein ungutes Gefühl hoch. Nicht nur muss sie sich mit dem Element Feuer herumschlagen, sondern auch mit inkompetenten Lehrern, die ihr das Leben zur Hölle machen. Gleich am Anfang lernt Freya das schüchterne Mädchen Hanako kennen. Sie wirkt nett, doch auch seltsam. Was versteckt sich hinter dem merkwürdigen Verhalten. Als hätte Freya nicht genug Probleme, die Feuermagie ohne Angst und Panik zu beherrschen, geschehen unheimliche Dinge. Wer steckt dahinter? Wird sie es mit Hilfe von Damian und Elias schaffen, die Geschehnisse aufzuklären?
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Impressum
Autor: Jadelyn Aurora & Kaya Hetalia
Herausgeber: Sabrina Nieminen
Tupamäentie 20
41800 Korpilahti
-Finnland-
Covergestaltung: Unter Verwendung von Shutterstock-Motiven
Herstellung und Vertrieb:
tolino media GmbH & Co. KG, München
Erschienen 2023 im Selbstverlag
Ab der 2. Auflage liegen die Rechte bei Jadelyn Aurora
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Die winterlichen Semesterferien verbrachte Damian MacLane bei Freya Delacour auf dem Hof. Tagtäglich hatten sie Spaß miteinander. Vor allem Melody hielt die beiden auf Trab und verlangte vieles. Sie wollte spielen, spazieren gehen und Schneemänner bauen.
Dennoch durfte die Arbeit darunter nicht leiden. Deshalb ließ Freya Damian mit ihrer Tochter manchmal allein, wenn sie etwas zu tun hatte. Entweder half Damian ihr dann unaufgefordert oder er spielte mit Melody und Freyas anderen Geschwistern im Schnee. Diese hatten den hochgewachsenen Jungen ins Herz geschlossen und wollten ständig etwas von ihm.
Auch Freyas Eltern waren froh darüber, dass er da war und waren dankbar für seine Hilfe. Sie schienen die Anwesenheit des jungen Mannes zu genießen.
In einem unbemerkten Moment hatte Freyas Mutter ihr zugeflüstert, dass das Haus durch Damian wieder lebendig und voll war. Das hatte Freya das Herz erwärmt, denn sie wusste, dass ihre Brüder schmerzlich vermisst wurden.
Als das Ende der Semesterferien kam, war die ganze Familie traurig. Allen voran Melody, weil auch Damian gehen würde. Sie weinte den ganzen Abend, bevor sie fuhren und es war schwer, sie zu beschwichtigen, doch mit Damians Geschichten und beruhigender Stimme, aber auch mit Freyas Streicheleinheiten schafften sie es schließlich, die Kleine zum Einschlafen zu bringen.
Alle Nächte hatten sie gemeinsam im Bett verbracht und es hatte keine Probleme gegeben. Oft hatten Damian und Freya leise gesprochen oder sich gegenseitig an den Armen oder das Gesicht gestreichelt.
Damians Nähe tat ihr gut und sie bemerkte, dass sie entspannter wurde. Auch jetzt.
Die Nacht verbrachten sie in der Kutsche und sie lehnte an ihn geschmiegt, während Damian sanft ihre Arme streichelte. Sie war traurig wegen des Abschieds und hatte sogar einige Zeit nach der Abfahrt geweint. Das war zuvor auch so gewesen. Damians Nähe hatten sie jedoch wieder beruhigt. Er hatte einen Ruhe an sich, die ihr half, sich wieder zu fangen.
„Danke, dass du gekommen bist“, flüsterte sie. „Die Ferien waren dank dir toll.“ Ihr Blick war nach draußen in die Dunkelheit gerichtet, in der nur die Schneemassen zu erkennen waren, die schnell an ihnen vorbeizogen. Das führte dazu, dass sie die vergangenen Tage Revue passieren ließ.
Vor allem Melody hatte ihren Spaß mit Damian gehabt. Freya erinnerte sich daran, wie sie zusammen im Schnee gespielt hatten. Einen Schneemann hatten sie gebaut und Melody war stolz darauf gewesen.
Jeden Abend hatte Damian das kleine Mädchen baden müssen. Und immer war Freya dabei gewesen, weil ihre Tochter es verlangte. Beinahe so, als würde Melody die beiden ständig zusammen sehen wollen. Ob sie sich wohlgefühlt hatte, als wäre ein Vater da, der sich um sie kümmerte?
„Es wird Zeit, dass die Kleine mit auf die Schule kommt“, meinte Damian, der ebenfalls zum Fenster blickte. „Damit sie ihre Mama öfter um sich haben kann als jetzt.“
„Gib es zu, du willst sie genauso um dich haben“, neckte Freya lächelnd und stupste in seine Seite. Ihre Traurigkeit war beinahe verflogen und sie freute sich schon darauf, Elias wiederzusehen. Wie es wohl mit ihm werden würde? Würde er eifersüchtig werden, wenn er erfuhr, dass Damian bei ihr gewesen war?
„Sie macht das Leben definitiv ereignisreicher“, grinste Damian zustimmend.
Freya nickte lächelnd. „Wehe dir, du verwöhnst sie. Weißt du, wie schwer es wird, wenn wir wieder zuhause sind?“, bemerkte die junge Frau und richtete sich leicht auf. Die lange, angelehnte Position wurde unangenehm und sie fühlte sich steif. Ein bisschen Bewegung würde sie wieder lockern.
„Sie wird es sowieso vermissen, dass ich dann plötzlich nicht mehr da bin“, bemerkte er leise und fuhr Freya leicht durch die Haare.
Die junge Frau nickte erneut und schloss die Augen. „Sie mag dich. Genau wie meine Familie. Aber Melody … hängt direkt an dir“, flüsterte Freya und hatte es schwer, nicht zu weinen. Bei ihrer Familie war sie immer sentimental. Das konnte sie nicht abstellen.
Damian streichelte Freyas Arme, was etwas Beruhigendes an sich hatte. „Das kann ich verstehen“, sagte er leise. „Ich habe zwar eine Mutter, aber sie war nie für mich da und dann kam plötzlich Selene“, erklärte er. „Sie hat mein Herz im Sturm erobert“, fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu. „Vielleicht geht es Melody da mit ihrem Vater ähnlich.“
Für einen Moment dachte Freya nach. Das war es also gewesen … absichtlich hatte Freya das Thema nach dem Besuchstag nicht mehr angeschnitten, weil sie der Meinung war, dass Damian darüber reden konnte, wenn er es wollte. Dass Selene sein Herz erobert hatte, war verständlich. Sie und Rosalie waren sich ähnlich und es fiel einem schwer, sie nicht zu mögen.
„Es gibt nur einen Unterschied dazu: Melody wächst ohne Vater auf. Du hattest das Glück, dass Selene da war und dich anscheinend wie deinen eigenen Sohn liebt. Das ist mehr wert, als jemanden zu haben, der dich nicht haben will und als Belastung sieht“, entgegnete Freya ernst, bevor sie meinte, dass sie niemals ihren leiblichen Vater an sie heranlassen würde, sollte sie ihm jemals wieder begegnen.
„Das ist es ja, was ich meine“, sagte Damian. „Sie hatte nie einen Vater, aber jetzt komme ich und gebe ihr Aufmerksamkeit. Etwas, das ihr wohl gefehlt hat, ohne, dass sie oder du es wusste.“
„Ich wusste es, aber ich konnte ihr das nicht geben. Ich habe versucht, beides für sie zu sein, obwohl ich wusste, dass ich nie ein Vater sein kann. Deshalb hängt sie so an mir“, erwiderte Freya und lehnte sich doch wieder an Damian. Wären ihre Brüder noch am Leben, hätten sie sich sicherlich gut um Melody gekümmert. „Bist du traurig, dass deine Mutter am Besuchstag nicht gekommen ist?“
Damian zog sie leicht zu sich. „Vielleicht bin ich im Herzen noch immer ein Kind, das an seiner Mutter hängt und ihre Aufmerksamkeit will. Früher habe ich immer versucht, der Beste zu sein, damit Mutter mich bemerkt und mir Aufmerksamkeit schenkt“, sagte er leise. „Aber damit habe ich die Leute von mir geschoben, die immer für mich da waren.“
Sanft legte Freya ihre Hand auf seine. „Ich denke, wenn eine Mutter ihr Kind nicht so liebt, wie es ist, sollte man keine bekommen. Jedes Kind ist einzigartig auf die ein oder andere Weise“, sagte sie ehrlich und streichelte ihn. „Ehrlich gesagt, weiß deine Mutter gar nicht, was sie verpasst. Dafür ist Selene nun glücklich mit dir.“
„Mutter hat uns nur ausgetragen, damit Vater bei ihr bleibt, weil sie die Macht geliebt hat, die er verkörpert. Geld, Reichtum und Einfluss“, sagte er bitter. „Ich habe lange gebraucht, um das zu verstehen.“
Freya hob ihre Hand und legte sie an seine warme Wange. „Es gibt viele, die so etwas tun. Du hast zwar gebraucht, es zu verstehen, weil du tief in deinem Inneren gehofft hast und vielleicht noch immer hoffst, dass sie dich einfach so akzeptiert und liebt“, flüsterte Freya. Sie spürte, wie das Thema Damian belastete. Wenn es nur um Geld, Macht und Einfluss ging, war es oft egal, was um einen herum geschah. Viele Menschen wurden skrupellos.
„Aber gerade die Kinder zu nutzen?“, fragte Damian und zog sie in seine Arme. Wahrscheinlich, weil er ihre Nähe gerade brauchte.
„Das ist den meisten nicht bewusst, solange sie das bekommen, was sie wollen. Dabei treten sie anderen auf die Füße und achten nicht auf Gefühle. Es tut mir leid, dass du das durchleben musstest“, antwortete Freya sanft.
Bei ihnen war das Kindergebären ein wichtiger Bestandteil, um die Familie und den Hof weiterzuführen, aber jedes Kind wurde von den Eltern ausnahmslos geliebt.
„Das, was sie meinem Vater angetan hat, ist sogar fast noch schlimmer“, flüsterte Damian. „Er glaubte, sie würde ihn lieben und dann hat sie ihn mit uns erpresst. Du musst wissen, dass die Mutter das Sorgerecht hat, bis wir alt genug sind und dann dürfen wir selbst entscheiden. Hätte sich mein Vater von ihr getrennt, hätte er uns verloren.“
Diese Tatsache entsetzte Freya. Wie konnte man das Kindern nur antun? Sicherlich hatten Damian und seine Brüder etwas davon mitbekommen. Das musste ihn geprägt haben.
Freya schlang ihre Arme um ihn und sah ihm tief in die Augen. „Das, was sie getan hat, geht zu weit. Leider kann man nicht in die Köpfe von anderen sehen, um die Wahrheit zu erkennen“, sagte sie ernst, aber auch traurig. „Wie hat dein Vater euch dann behalten können?“, fragte Freya, denn es wirkte, als wäre er bei seinem Vater aufgewachsen. Tatsächlich hatte er viele Eigenschaften von Dorian.
„Er ist mit ihr verheiratet geblieben, bis wir alt genug waren“, gestand er leise. „Aber vorher war er bereits mit Selene zusammen. So gesehen hat er Mutter mit Missachtung gestraft, bis sie selbst entschied, auszuziehen“, erzählte er. „Aber für mich hat es keinen Unterschied gemacht. Außer darin, dass niemand mehr meckerte, wenn wir zu laut beim Spielen waren.“
Sanft fuhr Freya durch seine Haare. „Dann kannst du froh sein, dass dein Vater es euch nicht angetan hat, mit eurer Mutter allein zu sein. Es ist ihm sicherlich nicht einfach gefallen, sie bei sich zu haben“, murmelte Freya. Zumindest konnte sie sich nicht vorstellen, dass es schön war, mit jemand Machtbesessenen zusammenzuleben.
„Irgendwann einmal hat er sie geliebt“, sagte Damian. „Und sie war eine gute Schauspielerin. Immer, kurz bevor einer von uns alt genug war, hat sie versucht, ihn zu verführen“, erklärte er betrübt. „Das haben mir meine Brüder erzählt.“
Angewidert verzog Freya das Gesicht. So eine Mutter zu haben, war bestimmt nicht einfach. Jemanden zu verführen, damit man mit einem zusammenblieb, wirkte wie ein letzter Versuch, seine Ziele zu retten. Auch wenn es um Geld und Macht ging. Freya überlegte, wie es sich für sie fühlen würde, wenn ihre Eltern so wären. Das war undenkbar. „Du hast es nicht leicht gehabt …“
Damian zuckte die Schultern. „Ich liebe meinen Vater und er war ein wirklich guter Vater.“
„Das ist das Wichtigste“, erwiderte Freya liebevoll. „Ein liebender Elternteil ist besser als keiner. Und du magst Selene und sie dich auch.“
„Ja. Ich liebe meinen Vater und auch seine neue Frau. Vor allem liebe ich meine kleine Schwester“, gestand Damian, der fast sogar verlegen wirkte.
Zufrieden nickte Freya und lächelte, bevor sie sich anders hinsetzte. „Genau das ist es, was dich ausmacht. Und daran solltest du festhalten. Nicht an einer Mutter, die nur auf Erfolg, Macht und Geld aus ist. So wie sie bist du nicht.“ Anfangs hatte sie zwar gedacht, dass er arrogant und herablassend war, aber da sie Damian nun kannte, wusste sie es besser. Er war liebevoll, hilfsbereit und scherte sich nicht darum, woher Freya kam.
Damian schwieg und hielt sie einfach nur fest.
Da Freya nichts Falsches sagen wollte, blieb auch sie ruhig. Ihr war klar, dass sie eine andere Meinung dazu hatte, weil sie nicht in den Kreisen geboren worden war. Es war gut möglich, dass es gerade in den Familien, die den König schützten, anders zuging.
Ihr Blick ging wieder zum Fenster und gedankenverloren sah Freya nach draußen. Dass Damian ihr von seiner Mutter erzählt hatte, zeigte ihr, dass er ihr vertraute.
Sie lag halb in seinen Armen und Damian streichelte sie, als würde er sich damit selbst beruhigen wollen und nicht sie.
„Es tut mir trotzdem leid. Du verdienst Besseres“, sagte sie plötzlich leise. Es wäre vielleicht besser gewesen, das Thema nicht in diesem Moment anzuschneiden. Ihre Hand legte sich auf sein Knie und ruhte dort, während sie eine innere Unruhe, die durch das Gehörte ausgelöst worden war, verspürte.
Es tat ihr weh, dass Damian so aufgewachsen war. Sie hätte es ihm gegönnt, wenn seine Mutter so liebevoll wie Selene gewesen wäre. „Ist deine Mutter auch Magierin?“, wollte sie wissen, da sie bisher nicht verstanden hatte, wie Magier überhaupt geboren werden konnten. Mussten es immer zwei Magier sein? Ihre Eltern waren keine, das wusste sie. Wie war es dann möglich, dass Freya Magie in sich trug?
„Ja. In unserer Familie achtet man darauf, dass beide Eltern Magier sind, denn dann ist es wahrscheinlicher, dass das Gen vererbt wird“, erklärte Damian und küsste sie auf die Nase.
Verwirrt sah Freya ihn an. Bisher hatte er ihr nur auf die Stirn und diesen einen, hauchzarten und vorsichtigen Kuss auf die Lippen gegeben. „Aber theoretisch kann trotzdem ein Kind ohne Magie herauskommen?“, fragte sie unschlüssig. Darüber hatte sie bisher noch nicht nachgedacht.
„Ja. Genauso, wie du ein Kind von nichtmagischen Eltern bist“, nickte er und musterte sie.
Freya richtete sich etwas auf, um ihn besser ansehen zu können. „Aber wie ist das überhaupt möglich, wenn beide keine Magie beherrschen?“, forschte sie mit gerunzelter Stirn nach.
„Indem das Gen zwar vererbt wird, aber nicht ausbricht“, erklärte er. „Deine Mutter und dein Vater haben beide einen Magier in der Familie und du hattest das Glück, dass beide diese Gene an dich vererbt haben. Deine Geschwister haben wohl nur eines.“
Nachdenklich sah Freya in Damians fuchsfarbene Augen und nickte als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Es war trotzdem irgendwie seltsam. Ob ihre Brüder auch Magie in sich getragen hatten? Sie wüsste gerne, wie die beiden heute wären und wie sie jetzt auf Freya reagieren würden.
„So und jetzt genug davon“, bat Damian und zog sie weiter zu sich. „Ruh dich noch etwas aus, wir sind bald da.“
„Ja, General“, grinste Freya und lehnte sich wieder an ihn. Jetzt, da sie wieder schwiegen, überlegte Freya, ob Elias schon in der Schule war. Sie hoffte es nicht, denn er war sicherlich nicht erfreut, wenn er erfuhr, dass Damian und sie die ganze Zeit zusammen gewesen waren. Das würde ihm sicherlich nicht gefallen.
Was wäre gewesen, wenn Elias statt Damian gekommen wäre? Ob sie die Tage dann auch so genossen hätte?
Er hatte nicht einmal erwähnt, sie jemals besuchen zu wollen. Was sie ziemlich traurig machte, denn wenn er sie mochte, würde er doch kommen, oder? Elias fragte auch nicht wirklich viel über ihre Familie oder ihrer Tochter. Im Gegensatz zu Damian.
Vielleicht wollte er, dass sie von sich aus zu ihm kam? Bei ihr war es auch so, dass sie Damian nicht gefragt hatte, weil sie glaubte, ihn zu drängen. Eventuell war es bei Elias nicht anders.
Jedoch hatte Freya auch das Gefühl, dass Elias gar nicht wollte, dass sie ihn besuchen kam. Nicht einmal zu seinen Brüdern konnte sie mitkommen, da diese das angeblich nicht wollten. Daher hatte sie das Gefühl, dass es seiner Familie auch nicht recht sein würde, wenn sie kam. Sie wusste, dass Elias schüchtern war und Zeit brauchte, aber es war seltsam, dass er sie nur selten irgendwohin begleitete.
Es war alles so kompliziert. Freya mochte Elias gerne und auch mehr. Genau wie er, doch irgendwie passte etwas nicht. Was konnte sie jedoch nicht sagen.
Elias war ein Mann, den sie nur schwer durchschauen konnte. Vielleicht hatte Damian Recht und er verbarg etwas, das vielleicht sogar gefährlich war? Wenn Elias´ Familie für den König arbeitete, konnte er nicht gefährlich sein. Der König würde keine gefährlichen Menschen um sich herum dulden, da war sie sich sicher.
„Damian?“, fragte Freya leise und hob ihren Kopf.
„Ja?“, antwortete dieser fragend und blickte sie direkt an.
„Gehst du wieder mit mir in den Turm, wo die Elemente zu sehen sind?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Auch wenn Melody kommen sollte?“
„Natürlich. Sehr gern sogar“, lächelte er. „Warum sollte ich nicht?“
„Weil ich immer noch nicht herausgefunden habe, warum du mich dorthin gebracht hast“, murmelte Freya. „Es ist … als wäre der Ort ein magischer, verzauberter Ort, an den niemand anderes gelangen darf. Es fühlt sich falsch an, jemand anderen dorthin mitzubringen“, gestand sie.
„Ich wollte dich an dem ersten Abend einfach nur aufmuntern“, gab er etwas verlegen zu.
Freya lächelte. Er war selten verlegen. „Du hast keine Ahnung, dass du mich bereits aufgemuntert und glücklich gemacht hast, als du zufällig am Tor gewartet hast“, bemerkte die junge Frau betont und strich sich eine Strähne hinter das Ohr.
„Das war nicht zufällig“, sagte er abwinkend. „Das war einfach, weil ich mich gefreut habe, dich wiederzusehen.“
Freyas melodisches Lachen erklang und erfüllte die Kutsche. „Das weiß ich, deshalb habe ich das Wort auch betont. Warum sonst würdest du ganz allein da draußen herumstehen? Um die Füchse im Schnee zu beobachten?“, fragte sie neckend. Anfangs hatte sie nicht geglaubt, dass er auf sie gewartet hatte, weil er nicht hatte ahnen können, wann sie kam, aber jetzt hatte er es bestätigt. Er hatte auf sie gewartet und das wärmte ihr Herz.
Damian schmunzelte. „Na ja, ich hatte angenommen, dass du so viel Zeit wie möglich mit deiner Familie verbringen willst.“
„Natürlich. Sie ist mir wichtig und sie brauchen viel Hilfe“, meinte sie und seufzte. „Trotzdem denke ich mir manchmal, dass es besser wäre, keine Magie zu besitzen. Dann müsste ich nicht so weit von ihnen weg sein und könnte Melody aufwachsen sehen“, fuhr sie mit einem sehnsüchtigen Ton fort.
„Aber dann hättet ihr Schwierigkeiten, über den Winter zu kommen. Hättet nicht so viel Essen und du könntest die Badewanne nicht so schön erhitzen, damit es Melody gemütlicher hat“, zählte Damian die Vorteile ihrer Magie auf.
Die junge Frau nickte. „Ich weiß. Erst jetzt sehe ich die Vorteile, aber der Nachteil bleibt: Ich sehe sie so lange nicht“, erwiderte Freya und senkte ihren Kopf wieder gegen seine Schulter.
Bald würden sie wieder in der Schule sein. Welchen Stein sie dieses Mal suchen mussten? Und was für Missionen sie wohl ausführen würden? Darauf war sie gespannt. Beide Semester waren bisher mit Überraschungen vollgepackt gewesen.
„Das stimmt, aber bald wirst du sie herholen können“, sagte er beruhigend.
„Muss ich mit der Direktorin darüber reden oder wie muss ich das machen?“, erkundigte sich Freya, als sie bemerkte, dass die Kutsche langsamer wurde. Ein Prickeln breitete sich in ihr aus, sobald sie die leuchtende Glaskuppel der Schule erkannte.
„Wir können gern bei ihr vorbeigehen und fragen“, schlug Damian vor. „Leider weiß ich auch nicht viel darüber.“ Das würden sie tun, aber nicht mehr heute. Das konnten sie am nächsten Morgen machen oder nach der Steinsuche, wenn sie noch ein paar Tage frei hatten.
Die Kutsche blieb stehen und Freya hatte es eilig, diese zu verlassen. Sie freute sich zu sehen, wo sie wohnen würden. Würde das im gleichen Komplex oder ein Stockwerk weiter höher sein? Freya war aufgeregt und neugierig darauf, das zu erfahren.
Damian stieg aus und reichte ihr die Hand. Daran hatte sich bisher nichts geändert, obwohl sie mittlerweile etwas sicherer auf den Beinen war. Wenn sie sich jedoch freute, war sie noch immer recht tollpatschig. Da übersah sie gerne eine Stufe, doch Damian kannte sie mittlerweile gut genug und war meistens da, um Schlimmeres zu verhindern.
Durch seine Hilfe kamen sie sicher am Tor an und dann machten sie sich auf den Weg zu ihren neuen Zimmern.
„Du bist bestimmt schon in den neuen Komplex gezogen, falls wir einen haben?“, fragte Freya auf dem Weg die endlos wirkende Wendeltreppe hinauf. Ihren kleinen Koffer trug sie vor sich, da er nicht schwer war und nicht viel beinhaltete. Dabei fragte sie sich, ob sie immer in dem gleichen Turm sein würden oder nicht.
„Ja, bevor ich zu dir gekommen bin, wurden wir bereits eingeteilt“, sagte er und hielt Freya davon ab, in den Turm zu gehen, in dem sie vorher gewesen waren.
Irritiert blieb sie stehen und sah ihn verwirrt an. „Wo wohnen wir denn dann? Und hast du mein Kleid mitgenommen?“, wollte sie neugierig wissen.
„Ich habe alles aus deinem Zimmer mitgenommen, was du noch dort gelassen hattest“, sagte er beruhigend. „Ich habe alles schon umgeräumt.“
„Danke“, lächelte sie. Damian war einfach liebenswürdig. Er hatte an die Dinge gedacht, die sie besaß, was sehr zuvorkommend war. „Wo wohnen wir dann?“, fragte Freya übermütig. Hoffentlich war es ein schöner Komplex. Wobei sie davon ausging, dass alle Komplexe komfortabel eingerichtet waren. Immerhin waren hier die meisten Schüler adlig und einen gewissen Standard gewohnt.
„In einem anderen Turm mit größeren Zimmern“, erklärte Damian und führte sie einen anderen Weg entlang. „Dort gibt es auch mehrere Gemeinschaftsbäder“, fuhr er fort. „Etwa drei für jedes Geschlecht.“
„Noch größere Zimmer?“, fragte Freya entsetzt. Was sollte sie da alles reinstellen? Schon davor war ihr Zimmer eher kahl gewesen, da sie nicht viele persönliche Dinge besaß. Je größer ein Raum war, desto unwohl fühlte sie sich. Ihr waren kleinere Räume lieber.
„Nicht die Schlafzimmer, sondern die Gemeinschaftsräume“, lachte Damian und versuchte sie zu beschwichtigen.
Erleichtert seufzte sie und fuhr sich verschmitzt durch die Haare. „Dann ist es gut. Und drei Bäder sind noch besser, da habe ich eine größere Wahrscheinlichkeit, allein zu sein“, bemerkte sie grinsend.
„Ja, ich dachte mir, dass dir das gefallen würde“, lachte Damian und führte sie in einen Turm, der nicht weit von ihrem alten entfernt war, und die Treppe nach oben. Um hierherzugelangen, mussten sie lediglich die nächste Brücke nehmen.
Schon jetzt war ein kleiner Unterschied zu erkennen und dadurch, dass Freya sich erstaunt umsah, um alles in sich aufzusaugen, stolperte sie auf der Treppe. Doch sie fiel nicht, denn Damian hielt sie und zog sie an sich, bevor er sie wieder hinstellte.
Verlegen lachte Freya. „Eigentlich müsstest du ständig bei mir sein“, bemerkte sie trocken. Er hatte sie schon so oft vor schlimmeren Stürzen bewahrt, dass sie es nicht mehr zählen konnte. Es war, als würde er hellsehen und im richtigen Moment zugreifen. Vielleicht hatte er aber auch einfach nur gute Reflexe. Diese waren in einem Kampf sicherlich praktisch.
„Würde ich ja“, lachte Damian. „Aber du lässt mich nicht.“
Amüsiert stupste Freya ihn in die Seite. „Ich brauche keinen, der den ganzen Tag auf mich aufpasst“, entgegnete sie breit grinsend. „Weder im Bett noch im Badezimmer.“
Damian lachte rau, was Freya erschaudern ließ. Es klang angenehm in ihren Ohren. Ihr war aufgefallen, dass seine Lache unterschiedliche Klänge hatte. Von spöttisch über amüsiert, bis hin zu dunkel und rau. Und genau dieses Lachen hatte er in der letzten Zeit immer öfter. Immer wieder bekam sie deshalb einen Schauer, weil sie nicht wusste, was das bedeutete. Es klang anziehend und sie mochte das Geräusch gerne.
Schließlich hielt Damian an und öffnete eine Tür, um Freya eintreten zu lassen. Ungeduldig schritt sie in den Komplex, den sie für ein halbes Jahr bewohnen würde.
Mit offenem Mund blieb sie stehen und betrachtete den neuen Gemeinschaftsraum. Er war wirklich viel größer, bot ein mit Büchern gefülltes Regal und ein noch schöneres Sofa, das direkt zum Kuscheln einlud. Der Tisch in der Mitte war größer und rund anstatt viereckig.
Von ihrer Position aus konnte Freya die Küche erkennen, die sich hinter einer Art Trennwand befand. Sie war, im Gegensatz zur alten, größer und bot mehr Möglichkeiten an, Speisen zuzubereiten. Bei dem Gedanken begannen Freyas Augen zu strahlen.
„Ich denke, wenn wir ein paar frische Sachen aus der Stadt kaufen, können wir auch selbst kochen“, schlug Damian vor. „Ab und an zumindest.“
„Das ist eine gute Idee, aber erst, wenn wir Missionen hinter uns haben“, stupste Freya ihn erneut übermütig an. „Welches ist dein Zimmer?“, fragte sie neugierig. Elias würde es egal sein, in welchem er war, weshalb sie bereits aussuchen konnte.
„Das da“, meinte Damian und deutete auf die linke Seite des Flurs, wo zwei Türen waren.
„Sehen die Zimmer wieder alle gleich aus?“, fragte Freya stirnrunzelnd.
„Ja, sehen sie“, meinte Damian und öffnete die Tür, damit sie hineinschauen konnte und es mit den anderen vergleichen.
„Es ist eigentlich egal welches“, begann sie und dachte nach, „aber ich denke, ich nehme das Zimmer dir gegenüber. So wie immer.“ Dieses Mal würde Elias neben ihm wohnen.
„Wie du möchtest“, sagte er und lächelte. „Ich bin mir sicher, dass Elias nichts dagegen haben wird.“
„Ich … hoffe es“, erwiderte Freya plötzlich vorsichtig und niedergeschlagen. Sie konnte den jungen Mann nicht wirklich einschätzen. Allerdings gab es nicht so viel Auswahl, daher konnte Elias auch nicht böse sein.
„Ich hoffe auch, er findet uns“, überlegte Damian nachdenklich. „Aber im Grunde sollten seine Brüder das wissen.“
Das hatte Freya zwar nicht gemeint, aber darauf ging sie nicht ein. Ihr lag etwas auf dem Herzen und das ließ sie in letzter Zeit oft nachdenken. Ein Gefühl hatte sich in ihr Herz geschlichen, von dem sie nicht wusste, was sie davon halten sollte. Es verwirrte sie und machte alles komplizierter.
Dass Elias hierher finden würde, bezweifelte sie nicht, aber dass sie nicht neben ihm wohnte, konnte ihn vielleicht verärgern.
„Willst du denn hierher?“, fragte Damian und deutete auf sein Zimmer.
Ein Kopfschütteln war ihre Antwort. „Nein. Ich nehme das hier“, sagte sie entschieden und zeigte auf das, welches ihm gegenüber lag.
Damian nickte. „In Ordnung, aber sag, wenn irgendwas nicht passt.“
„Mir passt es schon …“, sagte Freya und brachte ihren Koffer in das Zimmer. Dort legte sie ihn auf das Bett und öffnete diesen, um ihre Habseligkeiten aufzuräumen.
Auch Damian verschwand in seinem Zimmer. Wahrscheinlich musste er auch noch auspacken. Oder er hatte seinen Teil bereits erledigt, bevor er zu ihr gekommen war.
Somit hatte Freya ein bisschen Zeit für sich. In aller Ruhe nahm sie ihre Sachen aus dem Koffer und hängte die Kleidung in den Schrank. Beim Anblick des Ballkleides, welches Damian bereits hierhergebracht hatte, lächelte sie und spürte eine Wärme in sich aufsteigen. Für einige Minuten starrte sie es an und schwelgte in Erinnerungen, bevor sie ihre Utensilien zum Waschen in eine Schublade legte. Das geliebte Bild ihrer Familie stellte sie auf ihren Nachttisch und lächelte, bevor sie eine Flasche aus dem Koffer holte. Die Pflaumenschnaps-Flasche, die Rosalie ihr besorgt hatte.
Wann Damian genau Geburtstag hatte, wusste Freya nicht, weshalb sie beschlossen hatte, ihm diese am Anfang des Semesters zu geben. Schließlich hatte er gesagt, dass er kurz vor der Auswahl achtzehn geworden war. Und das war nur eine relative Angabe.
Die Flasche hatte sie gut versteckt, damit Damian oder Melody sie nicht finden konnte und sie eingepackt, als die beiden im Schnee gespielt hatten.
Freya war fertig mit dem Auspacken und sie schob den Koffer unter das Bett, bevor sie sich, mit der Flasche in der Hand, auf den Weg zu Damians Zimmer machte. Dort klopfte sie an die Tür und versteckte den Schnaps hinter ihrem Rücken.
Es dauerte einen Moment, bevor Damian die Tür öffnete und Freya fragend ansah. „Alles in Ordnung?“
Mit einem Lächeln auf den Lippen hielt sie ihm die Flasche unter die Nase. „Dein Geburtstagsgeschenk“, erwiderte Freya mit breitem Grinsen.
Überrascht starrte Damian dieses an. „Danke“, sagte er lachend.
„Für die Tage, an denen ich dich zur Verzweiflung bringe“, erklärte Freya amüsiert. „Dann kannst du wenigstens schlafen.“
Damian lächelte. „Danke“, wiederholte er noch einmal und küsste schnell ihre Nase.
„Es sollte der Gleiche sein, den du sonst immer trinkst.“ Mit einem Lächeln trat sie ein paar Schritte zurück, bevor sie sich umdrehte und zum Gemeinschaftsraum schlenderte. Es gab Neues zu entdecken und solange Damian mit auspacken beschäftigt war, konnte sie das tun.
Damian folgte ihr. „Möchtest du heute noch irgendwas machen?“
„Ich sehe mich um, solange du auspackst“, sagte Freya, die an dem Regal entlangging und die Buchtitel las. „Du bist sicherlich müde.“
„Nein, eigentlich eher nicht“, meinte er und beobachtete Freya. Sie spürte seinen Blick deutlich.
„Daraus schließe ich, dass du etwas vorhast?“, wollte sie lächelnd wissen.
„Wolltest du nicht noch einen Ausflug machen?“, fragte er amüsiert.
„Du könntest mich auch gleich dort oben lassen. Dann müsstest du nicht ständig dorthin laufen“, neckte sie ihn und drehte sich zu ihm um. Viel zu heftig, schnell und ruckartig, denn sie brachte einen Knoten in ihre Beine und fiel auf das Sofa.
Damian lachte. „Gut, dass du weich gefallen bist“, bemerkte er, der es dieses Mal zugelassen hatte.
Auch Freya lachte. Verlegen, aber auch vergnügt. „Das liegt allein an der Flasche“, behauptete sie frech und zeigte darauf. „Ich muss nichts trinken, aber das reicht anscheinend schon aus, dass ich noch tollpatschiger werde.“ Sie sprang auf und streckte sich. „Dann lass uns an unseren geheimen Ort gehen. Vielleicht hat sich etwas geändert“, meinte sie mit einem verschmitzten Gesichtsausdruck.
„Ich bring die Flasche in mein Zimmer, dann gehen wir. Es sei denn, du willst dort anstoßen, dann nehme ich Gläser mit“, neckte er sie.
Ein entsetzter Ausruf war Freyas Antwort. „Um Himmels Willen, Damian … Du weißt doch, dass ich keinen Alkohol vertrage. Oder hast du die Absicht, mich wieder ins Bett zu tragen?“, fragte sie amüsiert. Schon länger hatte sie überlegt, den Schnaps wenigstens einmal zu kosten, damit sie wusste, wie er schmeckte.
„Vielleicht“, lachte er, machte sich aber schon auf den Weg in sein Zimmer, um die Flasche wegzustellen.
„Hey, warte …“, rief Freya und lief ihm hinterher. „Einmal möchte ich ihn probieren. Also denk an mich, wenn du ihn trinkst“, bat sie lächelnd.
Damian hielt inne und lächelte. „Möchtest du gleich einen kleinen Schluck?“
„Also hattest du vor, heute schon was zu trinken“, kicherte Freya neckend und nickte. „Aber nicht hier“, sagte sie ernst und ging in die Küche, um ein Glas zu holen. „Das bleibt ein Geheimnis und die bleiben im Turm.“
„Dann können wir auf ein gutes Semester anstoßen“, lachte er und wartete, bis Freya die Gläser geholt hatte.
Allerdings kam sie nur mit einem zurück. „Ich will nicht wissen, was nach einem Schluck passiert. Wenn nur ein Glas herunterfällt, ist es nicht so schlimm“, begründete sie ihre Auswahl, als sie seinen Blick bemerkte und nickte zur Tür, um Damian anzudeuten, dass sie gehen konnten.
Dieser grinste, bevor er die Tür öffnete, damit sie hindurchgehen konnte. „Und da du kein ganzes Glas trinken wirst, wird eines sowieso ausreichen“, meinte er schmunzelnd, als würden ihre Gedankengänge ihn erheitern.
„Ich will lediglich probieren“, konkretisierte sie, während sie die Flure entlangliefen. Niemand kam ihnen entgegen und die anderen Türme waren dunkel. Waren sie etwa die Ersten? Es war, genau wie im letzten Semester, ruhig. Vielleicht sogar noch ruhiger, weil sie dieses Mal in einem anderen Turm waren. Wie viele Schüler hier wohl lebten?
Damian führte sie in Richtung Bibliothek und dort die Treppen nach oben.
Voller Vorfreude öffnete Freya die Tür. Der Raum war noch immer genau so staubig, wie sie ihn kannte. Ihre Schritte vom letzten Mal waren bereits wieder zu gestaubt und dadurch, dass der Schnee weniger geworden war, konnte der Mond das Schauspiel vollführen.
Allerdings stand der Mond nun in einem recht flachen Winkel, sodass die Muster der Elemente an die Wand geworfen wurden und nicht auf den Boden. Das machte es nicht minder schön und Freya war erstaunt, wie anders die Bilder an der Wand aussah.
Damian nutzte etwas Magie, um den Staub von einer Stelle am Boden zu schieben, damit er dort seinen Mantel ausbreiten konnte, bevor er Freya deutete, dass sie sich zu ihm setzen sollte. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und schneller, als Damian es wohl erwartet hatte, saß Freya dicht neben ihm.
Sie zog ihre Beine an sich und lehnte sich leicht gegen ihn. „Ich mag den Ort unheimlich“, gestand sie. Er hatte etwas Romantisches. Auch die Ruhe und Schönheit durch die Elemente machten ihn zu etwas Besonderem.
„Ich auch“, meinte Damian und legte einen Arm um sie. „Es hat etwas Beruhigendes, den Bildern beim Tanzen zuzusehen.“
Mit gedämpfter Stimme murmelte sie, dass es nur mit dem richtigen Menschen an der Seite so war. Zwar beruhigten sie die Bilder auch, aber es wäre bestimmt anders, wenn sie allein hier wäre.
Gespannt sah sie an die Wand, an der nacheinander die Elemente zum Vorschein kamen. Wie beim ersten Mal war sie davon fasziniert, dass es nie alle Elemente zur gleichen Zeit zeigte, sondern nacheinander. Es war, als würden die ersten beiden Elemente anfangen und das nächste wurde angeleuchtet, während das erste leicht verblasste. Dabei bewegte sich der Mond nur minimal und doch hatte es eine solche Wirkung.
„Ja“, sagte Damian sanft. „Nur mit der richtigen Person an seiner Seite wird das hier etwas Besonderes“, stimmte er mit einer Stimme zu, die Freya als schwärmend bezeichnen würde.
„Du hast Ohren wie ein Luchs“, bemerkte Freya kichernd. „Außerdem hörst du dich oft so romantisch an, wie man es von einem Geliebten oder Ehemann erwarten würde.“ Als sie Damian damals kennengelernt hatte, hätte sie nie für möglich gehalten, dass er so charmant sein konnte. Ausgerechnet er, der anfangs so herablassend und arrogant gewesen war. Es war unglaublich, dass er ganz anders war, als sie ihn eingeschätzt hatte. Warum war er anfangs so gewesen? Hatte er sich vielleicht versteckt? Möglich war es, denn eigentlich war es leicht, diese Seite an ihm auszunutzen.
Damian schmunzelte. „War das ein Kompliment?“, fragte er verschmitzt.
„Fass es so auf, wenn du willst“, erwiderte Freya, die ihr Gesicht kurz an seinem Arm vergrub, um ihr Lächeln zu verstecken. Das nutzte Damian, um ihr einmal durch die Haare zu fahren und ihr leicht den Nacken zu kraulen. Ein Prusten erklang, obwohl sie sich versteifte. Diesen Laut konnte man sogar mit einem Niesen verwechseln, doch ihr Körper zitterte.
Damian hielt inne. „Gefällt es dir nicht?“
„Doch …“, sagte Freya ganz erschöpft. Sie hatte das Lachen krampfhaft zurückhalten und stillhalten müssen.
„Es hat dich gekitzelt?“, fragte er und klang irgendwie belustigt, aber auch, als hätte er gerade etwas Interessantes herausgefunden.
Freya legte ihre Hand auf sein Knie und entfernte eine imaginäre Fussel von seiner Hose. „Erinnerst du dich noch an den Moment, als du über meine Seiten gestreichelt hast? Was habe ich auf deine Frage, ob es mich gekitzelt hat, geantwortet?“, stellte sie die Gegenfrage.
Damian grinste und fuhr ihr mit einer Hand sanft über die Seite.
Genau wie damals spürte sie einen Blitz durch ihren Körper fahren, der sie leise stöhnen ließ. „Das war nicht die Antwort auf meine Frage“, sagte sie anklagend, aber lächelnd.
„Aber auf meine“, antwortete er zufrieden und ließ seine Finger über ihren Rücken wandern.
„Gar nicht wahr“, protestierte Freya und entspannte sich zunehmend. „Meine einzig kitzelige Stelle ist mein Nacken“, murmelte sie und sah wieder den Elementen an der Wand zu. „Eigentlich hatte ich das vor dir geheim halten wollen.“
Damian streichelte ihren Rücken weiter. „Ich mag das Geräusch, was du von dir gibst, wenn ich dich da berühre.“
„Mein Prusten und unterdrücktes Lachen? Oder der Laut, wenn ich beinahe daran ersticke?“, fragte Freya neugierig, die nicht genau wusste, auf welche Stelle seine Worte sich bezog. Sie ging lediglich davon aus, dass er den Nacken meinte.
Damian ließ jedoch seine Finger wieder leicht über ihre Seiten wandern und lächelte dabei fast schon schelmisch.
Ein angenehmes Kribbeln breitete sich dort aus. So, als würde er einen Eiswürfel auf ihrer Haut entlangfahren lassen und anschließend anpusten. Deswegen breitete sich in ihr eine Hitze aus, die nicht unangenehm, aber ungewohnt war.
„Hmm …“, brachte die junge Frau hervor. Ihr Geräusch war definitiv ein Stöhnen, obwohl sie versuchte, das nicht zu tun. „Seit wann antwortest du nicht mehr auf meine Fragen?“, wollte sie mit halbgeschlossenen Augen wissen.
„Dieser Laut“, sagte er leise und an ihrem Ohr, wo er leicht hineinhauchte.
Sein heißer Atem reichte aus, um auf ihrem Körper eine Gänsehaut zu hinterlassen. Freya schauderte und hob kurz ihren Kopf. Ihre Hand, die noch auf seinem Knie lag, griff etwas fester zu. Da er gleichzeitig nicht aufhörte, sie zu streicheln, kam nur ein leises Stöhnen aus ihrem Mund, anstatt eines Wortes.
Damians Lächeln wurde größer. „Genau dieses Geräusch“, sagte er noch einmal und erneut streifte sein heißer Atem ihr Ohr, was ihren Körper erzittern ließ.
„Fiesling“, grummelte Freya und stupste ihn in die Seite. „Du kannst es nicht lassen, mich aufzuziehen“, bemerkte sie trocken. Anstatt ihn jedoch aufzuhalten, genoss sie das ihr unbekannte Gefühl.
Er zog sich von ihrem Ohr zurück und betrachtete sie. Dabei hatten sich seine Lider leicht gesenkt und er wirkte, als würde er überlegen, was er tat. Seine Finger fuhren dabei weiter über ihren Rücken. „Vielleicht.“
Durch die Dunkelheit fühlten sich seine Berührungen noch intensiver an, weshalb ein Schauer nach dem anderen über ihren Rücken rann. Obwohl sie seinen Blick ignorieren wollte, konnte sie es nicht. Dazu war er zu eindringlich.
Freya hob ihren Kopf und sah ihn im schwachen Lichtschein, der nur von der Wand im Raum kam, an. Richtig magisch sah es aus, wie sich seine weiße Strähne deutlich von seinem schwarzen Haar abhob. Freya hob ihre Hand und strich ihm diese hinter sein Ohr.
Seine Hand wanderte zu ihrer Wange, die er sanft streichelte. „Sag, wenn ich dich bedränge“, bat er leise.
Ihr Kopfschütteln war sicherlich für ihn spürbar. „Das hast du schon von Anfang an …“, erinnerte sie ihn neckend und mit einem Lächeln auf den Lippen. Natürlich in einer anderen Weise. Ständig war er da gewesen, um ihr zu helfen oder Dinge beizubringen. Doch jetzt … fühlte sie sich richtig wohl.
Damian blickte sie weiterhin an, während er ihr immer näher kam. Erneut spürte sie seine warmen Lippen sanft auf ihren. Freya genoss das angenehme Gefühl, das ihren Körper durchzog. Sie lehnte sich mehr gegen ihn, um ihn besser schmecken zu können, ohne den Druck auf seine Lippen zu verstärken.
Vorsichtig zog Damian sie näher an sich und der Kuss wurde intensiver. Das führte dazu, dass sie ein wohlwollendes, zufriedenes Geräusch von sich gab und ihren Arm um Damian legte.
Dieser ging sanft vor und zog sie etwas an sich, doch nicht so viel, dass er ihren Bauch berührte. Seine Zunge fuhr über ihre Lippen.
Freya zögerte, weil sie nicht wusste, was er genau meinte. Aber ihr Körper reagierte einfach und sie öffnete ein bisschen ihre Lippen.
Damian so zu küssen, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Nicht einmal, dass er sie mögen könnte. Vor allem schätzte sie es, dass er darauf achtete, sie nicht an ihrer empfindlichen Stelle zu berühren. Dort, wo sie beinahe jedes Mal in Panik ausbrach, wenn Elias sie umarmte.
Ganz vorsichtig ließ Damian seine Zunge in ihren Mund gleiten, um vorsichtig ihre Mundhöhle zu erforschen.
Es war ein unglaubliches Gefühl. Intensiv, sanft und zaghaft. Freya fehlten die Worte, um das Gefühl, was er bei ihr auslöste, zu beschreiben. Anfangs hielt sie still, um sich an das ungewohnte Gefühl zu gewöhnen und herauszufinden, was man bei dieser Art von Kuss eigentlich tat. Sie wusste, dass zu viel nachdenken nicht gut war, weshalb sie die Kontrolle über ihren Körper abgab und dieser sofort auf Damians heiße Zunge reagierte. Ihre stupste seine auffordernd an, als wollte sie tanzen.
Eine Weile stupsten sich ihre Zungen gegenseitig an und schließlich löste sich Damian von ihr, um durchzuatmen.
Verlegen senkte Freya ihre Augenlider und wandte den Kopf zur Wand, an der die Elemente bereits gewechselt hatten. Wie lange war der Kuss gewesen? Für sie hatte es sich wie eine Unendlichkeit, gleichzeitig, aber auch so kurz angefühlt. Ihre Wangen waren rot und erhitzt, und sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
Sanft nahm Damian sie in den Arm und streichelte sie wieder.
Erst nach einigen Minuten fand sie die Sprache wieder. „Das war schön“, gestand sie heiser, als würde sie ihrer Stimme nicht trauen. Es war das erste Mal, dass sie so einen Kuss gespürt hatte.
Freya lehnte an ihm und streichelte sein Knie. Diese Vertrautheit hatte sie mit Elias nicht. Obwohl sie sich küssten und umarmten, war es nicht das Gleiche. Damian war sanft, zaghaft und abwartend, damit er sehen konnte, wie Freya reagierte und ob es ihr gefiel. Elias war auch sanft, aber irgendwie fehlte etwas dabei. Elias ging nicht von sich aus auf sie zu. Damian hingegen riskierte, dass sie ihn ablehnte, ließ ihr aber auch die Möglichkeit. Dennoch wollte sie ihn und dieses Gefühl.
„Ja“, flüsterte er an ihr Ohr und vergrub leicht seinen Kopf an ihren Nacken, wo er ihren Duft hörbar einatmete.
Ihre Haare stellten sich auf, als sie den warmen Atem an ihrem Nacken spürte. Das brachte sie leise zum Kichern. „Schade, dass ich das Geheimnis nicht vor dir geheim halten konnte“, seufzte sie, wirkte aber zufrieden.
„Das dein Nacken kitzelig ist?“, fragte Damian leicht belustigt.
„Mhm“, erwiderte Freya leise. Ihr war aber klar, dass sie es wohl nicht für immer verstecken konnte. Vor allem nicht vor Damian, der eine erstaunliche Auffassungsgabe besaß. Solange er sein Gesicht an ihrem Nacken hatte, suchte ein Schauer nach dem anderen ihren Körper heim. Er hielt sie sanft fest, aber so, dass sie sich jederzeit befreien konnte. Was sie nicht vorhatte, weil es einfach viel zu gut war. Dass ihr Körper sich bei Damian komplett entspannte, hatte sie schon oft gemerkt.
„Das ist wirklich ein Ort … nur für uns“, bemerkte sie leise mit dem Blick auf die Elemente. Ob sie sich nur hier so nahekommen würden? Und wie würde Elias reagieren? War es das, was Rosalie gemeint hatte? Das Damian mehr von ihr wollte als nur Freundschaft? Aber was sollte sie tun, wenn dem wirklich so war?
Richtig einzuschätzen, ob Damian wirklich mehr wollte, war nicht einfach. Eine korrekte Entscheidung zu treffen, würde schwierig werden, aber eines Tages würde sie sich entscheiden müssen. Ein Herz von ihnen brechen, obwohl sie das nicht wollte. Sie mochte beide Männer gerne und wusste, dass ihre Entscheidung einen verletzen würde. Wer würde es am Ende sein?
Damians Hand fuhr ihren Arme hoch und runter, während beide dasaßen und die Bilder an der Wand beobachten. „Es tut mir leid, dass ich dich in diese Lage bringe.“
Freya schüttelte den Kopf und meinte, dass man im Leben immer Entscheidung treffen musste, die nicht angenehm waren. Auch wenn es hieß, jemanden zu verletzen.
„Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich wirklich gern habe“, sagte Damian leise und fuhr über ihre Wange. „Aber es ist deine Entscheidung.“
„Also hatte Rosalie doch recht?“, flüsterte Freya und schloss einen Moment die Augen, um seine Berührung zu genießen.
„Ja“, murmelte er und zog sie weiter an sich.
„Ich habe es nicht gemerkt …“, gestand Freya und zögerte. Nervös befeuchtete sie sich ihre Lippen und schluckte. Schließlich hob sie den Kopf und sah Damian direkt an, obwohl sein Gesicht im Halbschatten lag. So sah er mystisch und unwirklich aus. „Ich habe dich auch gern“, gestand sie verlegen, als ihr bewusst wurde, wie sie ihn mochte.
Damian strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte schief. „Aber wie gern?“, fragte er leise und sie ahnte, dass er es wohl auf Elias bezog.
„Viel zu gern“, antwortete Freya heiser. „Ich fühle mich wohl bei dir, beschützt und entspannt.“ Ihre Gefühle waren für Damian ganz anders als für Elias und sie musste herausfinden, was richtig war.
„Das ist das, was ich für dich möchte“, sagte er mit gedämpfter Stimme. „Dass du dich entspannt und beschützt fühlst.“
Mit geschlossenen Augen kam sie ihm näher und legte dieses Mal von selbst ihre Lippen auf seine. Genau wie er, nur leicht, fast schon schüchtern.
Nach ein paar Sekunden unterbrach sie den Kuss. „Ich glaube … ich mag dich mehr als Elias“, flüsterte sie, bevor sie seine Lippen erneut versiegelte. Es war genau das, was sie im Moment fühlte.
Damian erwiderte den Kuss, löste sich jedoch kurz darauf wieder von ihr und legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Ich möchte nicht, dass du dich so schnell entscheidest“, flüsterte er heiser. „Ich möchte, dass du dir am Ende nichts vorwirfst und dir sicher bist, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast“, erklärte er ungewöhnlich ernst für diese Situation.
Sein Blick wirkte, als würde er ihr bis in die Seele schauen können. Damians fuchsfarbenen Augen hypnotisierten sie, was sie nicken ließ. „Das werde ich. Eines Tages werde ich wissen, was richtig ist“, versprach sie und senkte die Lider, bevor sie nach der Flasche Schnaps griff. „Wir sind hier, um den Beginn des Semesters zu feiern“, räusperte sie sich und wechselte das Thema. Ihr Körper war erhitzt und es war gut, abzulenken.
Damian lachte und nahm ihr die Flasche ab, bevor er den Deckel öffnete und ihr das Glas in die Hand drückte. Sofort wurde der süßliche Geruch des Pflaumenschnapses verströmt. „Da hast du Recht“, sagte er und ging somit auf den Wechsel ein.
„Sieh mal … der Mond hat sich hinter den Wolken versteckt“, flüsterte sie enttäuscht, als sie an die Wand sah und nebenbei beobachtete, wie Damian die Flüssigkeit einschenkte. Nur einen kleinen Schluck, den er ihr wohl zum Probieren reichte. Er selbst nahm die Flasche, als wolle er damit anstoßen. „Trink ihn mit Verstand“, bemerkte Freya und hielt ihr Glas hoch, damit sie anstoßen konnten.
Das leise Klirren hallte etwas im Raum und Damian grinste. „Werde ich“, versprach er und nahm einen kleinen Schluck direkt aus der Flasche. Seine Augen dabei auf Freya gerichtet. Beinahe wie ein Raubtier.
Freya hielt seinem Blick stand und nippte an dem Glas. Der süße, aber brennende Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus und kurz verzog sie ihr Gesicht, weil es unangenehm war, aber da der Schnaps gut schmeckte, lächelte sie und nickte. „Du hast einen guten Geschmack“, bemerkte sie grinsend und neckend.
„Ich mag süße Weine“, gestand er leise. „Herb ist nichts für mich.“
„Der brennt aber ziemlich“, gab Freya zu und versuchte, das Gefühl der versagenden Stimme zu ignorieren. „Aber wenn du es magst, ist es in Ordnung. Ich glaube, dass ich nicht mehr als ein Glas trinken kann.“
„Musst du auch nicht“, lachte Damian. „Er ist recht hochprozentig, wie fast jeder süße Wein“, erklärte er auf seine typisch leichte Art, die nicht so belehrend klang, wie es bei vielen anderen der Fall war.
Noch einmal lehnte sich Freya gegen ihn und seufzte leise. „Also magst du nur solche Dinge?“, wollte Freya wissen, um auf andere Gedanken zu kommen.
„Wenn es um Weine geht, ja“, sagte er zustimmend nickend und fuhr ihr weiter sanft über den Arm. „Liegt dir etwas auf den Herzen, weil du so seufzt?“
„Ja, aber darüber kann ich nicht sprechen. Zumindest im Moment nicht. Erst muss ich mir über etwas klar werden“, antwortete die junge Frau und schmolz unter seinen Berührungen regelrecht dahin. Oder es war die Kombination von Alkohol und seinen Fingern, die ihren Körper erhitzte, ihn aber gleichzeitig auch entspannte.
„Ich verstehe“, meinte Damian und ging nicht weiter darauf ein. Stattdessen nutzte er seinen Zauberstab, um damit wieder etwas Licht zu machen, da es mittlerweile recht dunkel geworden war. Er konnte ihn neben sich legen, ohne dass das Licht des Kristalls ausging.
„Ich würde gerne Melody hierherbringen, aber vielleicht fühlt sich der Raum dann nicht mehr so an, wie jetzt“, gestand Freya nachdenklich. Für sie bedeutete der Raum etwas ganz Besonderes. Ein Geheimnis, das sie mit Damian teilte.
„Vielleicht fängst du erst einmal damit an, sie auf die Schule zu bringen“, schmunzelte Damian. „Immer in kleinen Schritten.“
„Es ist nicht mehr so lange“, erwiderte Freya. Morgen wollte sie schon mit der Direktorin darüber sprechen. „Kommst du mit?“, wollte sie wissen. Auch wenn sie die ältere Dame respektierte, hatte Freya ein wenig Angst davor, ihre Frage nicht vorzubringen, weil sie sich eingeschüchtert fühlte. Dass ihr sogar die Stimme versagte.
„Wenn du das möchtest, komme ich gerne mit“, sagte er und nahm einen weiteren kleinen Schluck Schnaps.
„Das wäre lieb“, erwiderte Freya, lehnte sich an ihn und trank den letzten kleinen Schluck aus dem Glas. Der angenehme Geruch von Damian vermischte sich mit dem süßlichen Geruch des Schnapses. Es war eine harmonische, angenehme Kombination. „Melody wird sich freuen, wenn sie dich täglich sehen kann“, prophezeite sie Damian.
„Ich mich auch“, lachte er und bot ihr die Flasche an, als wolle er fragen, ob sie noch mehr wollte.
Sie hob ihr Glas ein kleines Stück höher, um zu sagen, dass sie noch etwas wollte. „Nur einen winzigen Schluck. Die habe ich für dich gekauft“, erklärte Freya lächelnd.
Damian lächelte ebenfalls und goss ihr etwas ein. „Und ich möchte sie mit dir teilen.“
Nach dem Glas würde Schluss sein, wenn sie ihren Verstand nicht verlieren wollte. „So oft werden wir das nicht machen können“, erklärte Freya mit einem Grinsen. „Wage es nicht, Melody zu viel zu verwöhnen, ja?“, bat sie ihn.
„Ich werde mir Mühe geben“, versprach Damian. Allerdings mit einem Grinsen.
Warnend boxte Freya ihm in die Seite, konnte aber ein Kichern nicht unterdrücken. Der Alkohol ließ sie noch entspannter und lockerer werden, als sie in Damians Gegenwart bereits war.
„Ich möchte einfach nicht, dass Melody sich angewöhnt, dass sie ständig etwas haben will. Ja, sie verdient das Beste, aber sie wird trotzdem nicht für immer so leben“, erklärte sie ernst.
„Das stimmt, aber ich bin mir sicher, dass sie eine wundervolle Frau werden wird. Immerhin hat sie eine wundervolle Mutter“, sagte er und blickte hinauf an die Decke.
Obwohl sich Freya gerade das Glas an die Lippen führen wollte, hielt sie in der Bewegung inne. „Wie meinst du das? Was hat das damit zu tun?“, fragte sie nachdenklich. War sich Damian eigentlich bewusst, dass Freya den Hof übernehmen würde und später Melody? Dass sie, sobald Freya die Schule verlassen würde, all die Vorzüge für die Familie verlieren würde?
„Deine Eltern haben mit deiner Erziehung gute Arbeit geleistet“, meinte er. „Und diese wirst du an deine Tochter weitergeben. Sie ist bei dir in guten Händen“, erklärte er.
Nachdenklich drehte Freya das Glas mit dem Schnaps vor sich hin und her, konnte die Flüssigkeit darin aber nur schwach erkennen. „Du hast Recht“, sagte Freya gedankenverloren. „Ich möchte meine Tochter mit der gleichen Liebe erziehen, wie ich erzogen worden bin. Dass sie hart arbeiten muss, um die Familientradition aufrechtzuerhalten und glücklich zu sein.“
„Würdest du sie dazu zwingen, wenn sie es nicht wollen würde?“, fragte Damian leise. „Manchmal können Traditionen ein Käfig sein“, flüsterte er und betrachtete noch immer die Decke.
Sie folgte seinem Blick und verstand, warum er dorthin sah. Es war nichts zu erkennen, aber perfekt dafür geeignet, ein Gespräch zu führen. So, als würde die Decke Antworten geben können.
„Nein. Sollte sie einen Mann finden, der ihr etwas Besseres bieten kann, darf sie gehen. Mir ist es eigentlich wichtiger, dass sie glücklich ist“, gestand Freya ehrlich. „Ich würde mich aber freuen, wenn sie den Hof nach mir übernimmt, sollte ich keine weiteren Kinder bekommen.“
„Und was ist mit dir?“, fragte Damian.
„Normalerweise wären meine Brüder diejenigen gewesen, die den Hof führen sollten. Da sie aber nicht mehr da sind, ist es meine Pflicht. Colette ist noch nicht einmal fünfzehn“, erklärte Freya. Für sie war der Hof ihrer Eltern alles, was sie kannte.
„Aber irgendwann werden sie es sein“, meinte Damian nachdenklich. „Ich verstehe, dass du deinen Eltern helfen möchtest, aber ist das wirklich das, was du später einmal möchtest? Für immer?“
Freya wiegte gedankenverloren ihren Kopf hin und her. „Eigentlich nicht. Vorher dachte ich das immer. Verstehe mich nicht falsch: Ich mag die Arbeit und bin sie gewohnt“, erklärte Freya, „aber seitdem ich weiß, dass ich Magie in mir trage, wünsche ich mir, irgendwann ein anderes Leben zu führen. Vielleicht, wenn Colette Kinder hat, damit der Hof weitergeführt werden kann“, fuhr sie fort. Bei ihnen im Dorf wurden viele Kinder in die Welt gesetzt, weil nicht alle überlebten. Somit wurde zumindest ein Erbe in der Familie sichergestellt.
„Verstehe“, meinte Damian nachdenklich und senkte dann den Blick wieder auf sie, bevor er lächelte.
Obwohl sie es nicht sehen konnte, war es, als konnte sie sein Lächeln hören. „Warum fragst du und lächelst?“, wollte Freya neugierig wissen.
Leicht schüttelte Damian den Kopf. „Es ist einfach gut zu hören, dass du dich nicht in etwas hineinzwängst.“
Seufzend streckte Freya ihre eingeschlafenen Beine aus. „Ich würde es nicht einmal als Zwang bezeichnen“, sagte sie. „Ich sehe es nicht einmal als eine Bürde, den Hof meiner Eltern, die uns liebevoll aufgezogen und viel gelehrt haben, weiterzuführen, aber ich habe mir vorgenommen, mein Leben nicht zu planen“, erklärte Freya und massierte ihre Beine leicht. „Sollte mich noch jemand heiraten wollen, wenn ich aus der Schule bin, ist das gut. Wenn nicht, dann führe ich den Hof allein, aber darauf zu hoffen, dass mich einer aus dem Dorf noch will, möchte ich nicht.“
„Also würdest du dem erstbesten Mann, der dich heiraten will, in den Arm fallen?“, fragte Damian und klang überrascht.
„So sieht es der Plan vor. Aber nachdem ich …“, begann sie und stockte für einen Moment, „so früh ein Kind bekommen habe, ist es nicht leicht, sich einfach jedem hinzugeben. Außerdem sehen viele Männer eine Hure in einer jungen Frau, die so früh ein Kind bekommen hat.“ So schnell würde sie keinen finden, was ihr eigentlich auch recht war. Sich demjenigen hinzugeben, nur um Kinder zu kriegen, war nicht das, was sie wollte.
Damian hob sanft ihr Kinn. „Das mag in deinem Dorf der Fall gewesen sein, aber bei uns wird man normalerweise nicht vor dem Abschluss an der Schule verheiratet oder denkt über Heirat und Kinder nach“, erklärte er sanft. „Du bist eine Magierin. Wahrscheinlich wirst du auch sehr alt. Für dich läuft die Zeit anders als für andere. Selbst wenn du noch ein paar Jahre durch die Welt ziehen und erst dann einen Mann suchen würdest, gäbe es genug, die dich wollen würden.“
Nachdenklich sah sie ihn an und verstand, was er meinte. Ihr Dorf und seine Welt waren unterschiedlich. „Meinst du? Vielleicht hast du Recht. Es fällt mir nur schwer, meine Familie zu verlassen“, gestand Freya verlegen. Sie war alles, was sie hatte.
„Niemand sagt, dass du das musst“, meinte er. „Du magst jetzt zwar nicht bei ihnen sein, doch du unterstützt sie, so gut du kannst.“
Das hoffte sie. „Sollte ich aber eines Tages durch die Welt ziehen, werde ich sie verlassen. Ich wünschte, es gäbe etwas, wie ich beides verbinden kann“, sagte sie traurig. Genau wie bei ihren Gefühlen musste sie wählen, was sie später tun würde. Es war keine leichte Entscheidung.
„Du kannst durch die Welt reisen und magische Steine nutzen“, sagte er und wirkte nachdenklich. „Ich weiß, dass es bestimmte Funktionen gibt, wie man mit einem magischen Spiegel miteinander kommunizieren kann, aber das lernen wir wohl erst später.“
Hellhörig geworden hob Freya ihren Kopf. „Wirklich? Das heißt, ich kann irgendwo sein und sie bekommen durch die Steine Hilfe von mir?“, fragte sie aufgeregt. Wenn es das wirklich gab, dann würde sie sicherlich reisen, bevor sie sich irgendwo niederließ. Mit der Magie standen ihr viele Möglichkeiten, die ihr davor nicht bewusst gewesen waren, zur Verfügung.
„Ja, ähnlich wie durch den Stein, durch den sie Essen von der Mensa bekommen“, erklärte Damian. „Zur Kommunikation kann man Steine an einen Spiegel anbringen und dann sieht man sich gegenseitig. Diese Sachen sind aber nicht so leicht zu bekommen, wenn man sie nicht gerade selbst macht.“
„Also sind sie auch so teuer …“, seufzte Freya niedergeschlagen. Sie musste eine andere Lösung finden, denn ihr war klar, dass sie nicht einmal einen minimalen Anteil durch die Missionen erarbeiten konnte. Bereits in der Stadt waren ihr die hohen Preise für Arbeitssteine aufgefallen. „Danke, Damian … es ist nett, dass du mir davon erzählst“, sagte sie ehrlich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Ohne ihn wüsste sie über viele Themen gar nicht Bescheid.
„Das Problem ist nicht einmal der Preis. Eher einen Magier finden, der das anfertigt“, erklärte er. „Ich glaube, zumindest bei uns in der Stadt gibt es kaum welche.“
„Genau das meinte ich. Wenn es nur wenige Magier gibt, die diese herstellen, werden sie teuer sein“, meinte Freya nachdenklich. Was eigentlich selbstverständlich war. Jede Rarität hatte seinen Preis.
„Na ja, vielleicht kannst du es irgendwann selbst“, schlug Damian vor. „Oder du kennst jemanden, der es kann und es für dich günstiger herstellt.“
Niedergeschlagen schüttelte Freya den Kopf und hob ihn dann, um Damian anzusehen. „So schlimm finde ich es ehrlich gesagt nicht, auf dem Hof zu bleiben und diesen weiterzuführen. Wenn ich nicht gehen kann, dann ist das so“, brachte sie leise hervor. Es wäre zwar schade, doch sie würde nicht um etwas trauern, was sie nicht hatte.
Damian nahm sie sanft in den Arm. „Wenn du aus der Schule raus bist, ist Colette schon achtzehn“, informierte er sie.
„Je nachdem, wann ich gehe“, wies Freya ihn darauf hin. Schließlich müsste sie dann noch sechs Semester hinter sich bringen, bis Colette achtzehn war. „Noch weiß ich nicht, wie lange ich diese Ausbildung machen werde“, gestand sie verlegen. Sie hatte sich noch nicht entschieden, aber sie wollte, dass Melody zumindest ein bisschen lernte. Zudem hatte die Schulzeit hier auch Vorteile für ihre Eltern.
„Je länger du hierbleibst, desto länger werden deine Eltern mit Essen versorgt und können das restliche Geld sparen“, sagte Damian nachdenklich. „Vielleicht ist ja noch jemand aus deiner Familie magisch begabt.“
„Wenn, dann vielleicht Melody. Natürlich wäre es schön, wenn meine Geschwister auch Magie beherrschen würden. Das würde alles vereinfachen, doch zurzeit bin nur ich es“, erklärte sie und ließ ihren Blick wieder zur Wand wandern. Dort zeigte der Mond die restlichen Elemente und sie wusste, dass dieser Abend bald vorbei sein würde.
„Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt in der Lage bin, so lange auf die Schule zu gehen. Nehmen wir an, ich schaffe alle Semester, weißt du, wie alt ich dann bin? Keiner wird so eine alte Frau heiraten. Meistens wollen die Männer Frischfleisch“, schnaubte sie bitter. Was eigentlich kein Problem für sie wäre, aber da niemand wusste, ob Colette überhaupt Kinder bekommen würde, lag die Last im Moment auf Freya.
Damian hob erneut sanft ihr Kinn und blickte sie ernst an. „Dich werden die Männer auch noch wollen, wenn du von der Schule kommst. Vielleicht kommst du sogar von der Schule mit einem Mann zurück.“
Freya grinste schief. „So wie ich dich kenne, hast du bereits etwas im Kopf“, neckte sie, fuhr dann aber ernst fort, dass es in ihrem Dorf nicht nach diesen Regeln lief.
Damian streichelte ihre Wange. „Versuch doch erst einmal die Zeit hier zu genießen“, meinte er und küsste ihren Mundwinkel.
„Auf diese Art?“, hauchte Freya heiser.
Damian lachte. „Du hast hier zwei Männer, die dich wollen“, flüsterte er an ihre Lippen. „Vielleicht werden es noch mehr, dann kannst du dich entscheiden.“
Freyas Blick wanderte von seinen Lippen hinauf zu seinen Augen. „Also willst du mich?“, kam die unsichere Frage über ihre Lippen. Sie hatte Angst, dass er sie zurückweisen würde.
„Würde ich dich sonst küssen?“, fragte er leise und küsste sie erneut ganz sanft und vorsichtig.
Anstatt zu antworten, erwiderte sie den Kuss und legte ihre Arme um ihn. Sein Kuss schmeckte nach Pflaumenschnaps und ihm selbst. Ein Geschmack, der sie verführte und verzauberte. Sanft hielt Damian sie in den Armen und streichelte zärtlich ihren Rücken, während er der Kuss hungriger werden ließ. Ob es an dem Alkohol oder ihm lag, konnte sie nicht sagen, aber Freya erwiderte ihn leidenschaftlich.
Seine Berührung reichte aus, um ihr eine Gänsehaut zu bescheren. Ihr war heiß und im Gegensatz zu der Hitze, wenn sie Magie einsetzte, war diese angenehm.
Seine Finger fuhren vorsichtigen über ihre leicht erhitzte Haut und hinterließen ein angenehmes Kribbeln. Das führte dazu, dass sie leise in den Kuss stöhnte. Ihre Arme schlangen sich mehr um ihn, damit sie ihn besser spüren konnte. Dabei legte sie ihre Hand in seinen Nacken und zog ihn näher zu sich, doch Damian löste sich wieder von ihr. „So gern ich weitermachen würde“, sagte er mit erregter Stimme. „Es ist besser, wenn wir jetzt aufhören, sonst gehen wir zu weit.“
„Entschuldige“, keuchte Freya heiser und blinzelte mehrmals. Sie war völlig in seinem Bann gewesen und brauchte mehrere Sekunden, um daraus aufzuwachen. Damian hatte Recht. Es war besser, nichts Unüberlegtes zu tun. So gut es sich anfühlte, Damian zu küssen, so falsch war es auch, wenn sie eigentlich mit Elias zusammen war.
Damian strich ihr eine Strähne hinter ihr Ohr. „Ich möchte, dass du auch wirklich bereit dazu bist.“
„Mhm“, erwiderte Freya leicht beschämt. Dass er an so etwas dachte, machte sie unsicher. Elias war eigentlich derjenige gewesen, mit dem sie über solche Dinge nachgedacht hatte, aber irgendwie … geriet das immer mehr ins Schwanken.
Er küsste ihre Stirn. „Ich will dich nicht drängen.“