2,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,99 €
Fenrir ist viel mit Tajna unterwegs und lernt die magische Welt von Tjr Na Zai kennen. Als sie eine Entscheidung über ihr weiteres Leben trifft, ahnt sie nicht, wie viel Arbeit es mit sich bringt. Die Haremsdame Sinon ist ihr eine große Hilfe. Bei einem Ausflug gerät Fenrir in eine unangenehme Situation, die Narben und Fragen hinterlässt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2023
Impressum
Autor: Jadelyn Aurora & Kaya Hetalia
Herausgeber: Sabrina Nieminen
Tupamäentie 20
41800 Korpilahti
-Finnland-
Covergestaltung: Unter Verwendung von Shutter-stock-Motiven
Herstellung und Vertrieb:
tolino media GmbH & Co. KG, München
Erschienen 2023 im Selbstverlag
Ab der 2. Auflage liegen die Rechte bei Jadelyn Aurora
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Einige Wochen waren seit Fenrirs Einzug in König Freyrs Schloss vergangen. In dieser Zeit hatte sie Tajna, den wunderschönen, anmutigen und starken Drachen öfters gesehen und genoss jede Sekunde, die sie mit ihm hatte.
Seit der gemeinsamen Nacht, in der sie bei Freyr geschlafen hatte, fühlte sie sich in seinem Schloss noch geborgener und wollte nicht mehr weg. Es war ihr egal, ob sie die Erinnerungen an ihr altes Leben zurückbekam oder nicht. Sie wollte hierbleiben.
Schon allein deswegen, weil Freyr sie zwar anfangs in der Nacht bei sich im Bett angebunden hatte, sie jedoch irgendwann von den Fesseln befreit hatte, sodass sie ihn umarmen konnte. Das war für Fenrir ein schönes Gefühl und ein großer Vertrauensbeweis, da er Angst gehabt hatte, sie würde ihm etwas tun. Was Fenrir durchaus nachvollziehen konnte.
Auch mit der Haremsdame Sinon kam sie gut zurecht, da sie eine Art Mentorin für Fenrir geworden war. Sie gab hilfreiche Ratschläge und versuchte, Fenrir das Leben am Hof näherzubringen. Manchmal aßen die beiden Frauen gemeinsam oder Fenrir genoss ihre Mahlzeiten mit Freyr.
Die Bitte des Königs, ein bestimmtes Kraut, was eher eine Blume war, von ihren nächtlichen Ausflügen mit Tajna zu besorgen, hatte sie nicht vergessen. Mit dem Drachen hatte sie darüber gesprochen und er hatte versichert, dass er sie zu einem Ort bringen würde, wo sie suchen gehen konnte.
Freyr hatte ihr eine Zeichnung angefertigt, die sie in den Händen hielt, während sie ungeduldig in der Nacht auf Tajna wartete. Sie hatte das Gefühl, dass er heute Nacht kommen würde.
Suno, ihr Dienstmädchen, hatte sie davor noch gewaschen und ihr ein schönes Kleid angezogen, da Fenrir für den Drachen hübsch sein wollte. Sie verspürte zu ihm und Freyr eine Art tiefe Verbundenheit. Warum, konnte sie jedoch nicht sagen.
Die Feen im Garten leuchteten und es wirkte, als würden sie Tajna den Weg weisen wollen. Das brachte Fenrir zum Lächeln, denn jede Nacht waren die Feen hier und legten ihr einzigartiges, magisches Licht über den prachtvollen Garten.
Immer wieder sah sie in den Himmel. Wo blieb Tajna nur? Fenrir konnte es kaum erwarten, auf die Suche nach der Blume zu gehen! Schon den ganzen Tag war sie aufgeregt gewesen und hatte sich mit Ausreiten ein wenig ablenken können.
Mehrere Feen kamen zu ihr und flogen um ihren Kopf, wo sie einen Kranz aus Blumen hinterließen.
„Danke“, hauchte Fenrir gerührt, als sie ihre Hand hob, um diese zu fühlen. Die Feen hatten ihr bereits mehrmals kleinere Blumen gebracht und sie freute sich immer darüber. Dass sie ihr nun einen Blumenkranz auf dem Kopf hinterließen, fand Fenrir großartig. „Ihr seid wirklich lieb“, sagte sie bewegt.
Die kleinen Frauen tanzten um sie herum und drehten sich im Kreis, bevor sie sich wieder zurückzogen. Wahrscheinlich war das Drehen eine Art Abschiedsgeste.
Traurig starrte Fenrir ihnen hinterher, doch dann lenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder in den Himmel. War sie etwa zu früh oder kam Tajna heute viel später?
Erneut tastete Fenrir den Blumenkranz auf ihrem Haupt ab und lächelte. Die Feen waren einfach zu niedlich. Ob sie das auf Freyrs Anweisung taten? Vielleicht hatte dieser sie darum gebeten. Freyr war immer für eine Überraschung gut.
Ein Luftzug kündigte Tajna an, bevor sie ihn sah und er sanft und fast lautlos neben ihr landete.
Begeistert, dass er endlich da war, schmiegte sie sich sofort sanft an den Drachen und gab ihm zur Begrüßung einen Kuss auf seine Nüstern. Ihre dunkelgrünen Augen hielten dabei Kontakt mit seinen goldbraunen. „Ich freue mich, dass du endlich da bist“, hauchte sie an seine schuppige, dennoch weiche Haut.
Tajna leckte ihr einmal vorsichtig über die Wange. „Es hat etwas gedauert“, meinte er und klang entschuldigend.
Seine riesige, raue Zunge kitzelte so stark, dass Fenrir lachen musste. Mit seiner Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Liebevoll strich Fenrir ihm über die Nüstern. „Entschuldigung angenommen. Soll ich das nächste Mal überhaupt baden oder wäschst du mich?“, fragte sie kichernd und fuhr sich über das nasse Gesicht.
„Ich wasch dich“, versicherte er fast schon arrogant, aber mit einem hörbaren Lachen in der Stimme.
Fenrir lachte leise an seine kühle Haut. „Suno wird darauf bestehen, mich zu waschen. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich deine raue Zunge solange aushalten würde. Sie kitzelt“, bemerkte die junge Frau grinsend und kraulte den Drachen, bevor sie nach oben zu seinen Hörnern kletterte, damit sie losfliegen konnten.
„Sie kann dich danach waschen“, meinte Tajna und klang erneut so arrogant dabei. „Oder sie verwendet das nächste Mal weniger starke Düfte“, bemerkte er und rümpfte etwas die Nase, als sie auf seinem Hals saß.
„Magst du kein Honig und Lavendel?“, fragte Fenrir mit einem leicht traurigen Klang. Sie mochte den Duft unheimlich gerne, aber wenn Tajna das nicht mochte, würde sie ihn auch nicht mehr nehmen.
„Doch, aber ich rieche viel besser als du“, bemerkte er. „Für mich ist es bei ungünstigem Wind so, als würde ich in Honig und Lavendel versinken“, versuchte er zu erklären.
Fenrir lachte und hielt sich fest, als Tajna in die Lüfte stieg. „Na gut, dann werde ich einen milderen Duft nehmen“, versprach die junge Frau feierlich und kraulte ihn, als er ruhig flog.
„Sehr gut“, murmelte der Drache und klang damit zufrieden. „Wohin willst du heute?“
Fenrir erklärte, dass König Freyr ihr die Skizze gegeben hatte. Daher wollte sie zu dem Ort, an dem sie suchen gehen konnte. Je früher sie ihm das Gewünschte brachte, desto besser.
„Gut, dann machen wir uns auf den Weg“, meinte er und drehte ab, um in eine andere Richtung zu fliegen.
„Ich habe ihm versprochen, die Blume zu bringen. Sobald ich sie habe, darfst du entscheiden, wohin du fliegen möchtest“, sagte Fenrir liebevoll und streichelte Tajna an seinen Hörnern.
Dieser gab einen Laut von sich, der leicht grummelnd wirkte. Mit der Zeit hatte Fenrir gelernt, dass er nicht böse war, sondern einfach grummelig. Was wohl an seiner Art lag.
Sie beugte sich leicht vor und drückte ihm während des Flugs einen Kuss auf den Kopf und meinte, dass er ruhig schneller fliegen konnte. Schließlich wollte sie danach noch etwas Zeit mit ihm verbringen.
„Dann halt dich gut fest“, grummelte er und wurde gemächlich schneller und schneller. Dabei war er jedoch trotzdem vorsichtig, damit sie nicht fiel.
Seltsamerweise kam Fenrir damit problemlos zurecht. Bisher hatte sie noch nie das Gefühl gehabt, dass sie fallen würde. Anfangs hielt sie sich meist noch kräftiger fest, bevor sie lockerer ließ. Oft nahm sie sogar eine Hand von seinen Hörnern weg und hielt sie in die Luft, um den Gegenwind zu spüren. Sie war nicht ängstlich, sondern neugierig und immer begeistert, wenn etwas Neues geschah.
Tajna steigerte die Geschwindigkeit nur langsam. Er wollte es ihr angenehm machen, sodass sie sich daran gewöhnen konnte.
„Du musst nicht übervorsichtig sein, Tajna“, bemerkte Fenrir, die sich auf seinem Rücken richtig wohlfühlte, obwohl er glatt war. „Ich werde nicht fallen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt“, versicherte sie.
„Ich kann dich nicht fangen, wenn du fällst“, sagte er und klang streng. „Zumindest nicht, ohne dich zu verletzen.“
Die junge Frau auf seinem Rücken seufzte. „Da hast du Recht. Aber ich bin vorsichtig. Hätte ich genauso Flügel wie du, würde ich neben dir fliegen“, schwärmte sie bei dem Gedanken. Daran dachte sie manchmal, wenn sie sich nach dem Drachen sehnte. Es wäre schön, mit ihm einfach zu fliegen und Zeit zu verbringen.
„Vielleicht irgendwann“, meinte Tajna geheimnisvoll.
Erheitert lachte Fenrir auf und er spürte, wie sie sich amüsierte. „Vielleicht werde ich als Drache wiedergeboren. In diesem Leben wird das wohl nichts mehr“, erwiderte sie erheitert, aber auch irgendwie traurig und hoffnungsvoll zugleich. Es war eine merkwürdige Mischung.
„Du hast Drachenaugen. Vielleicht wachsen dir auch Drachenflügel“, meinte Tajna.
Er spürte, wie sich Fenrirs Griff verfestigte. „D-Das sind Drachenaugen?“, flüsterte sie entsetzt. Was hieß das konkret? Dass sie ein Drache war? Und was war König Freyr dann? Er besaß doch auch solche! Fenrirs Gedanken purzelten durcheinander, sodass sie nicht klar denken konnte.
„So nennt man sie, ja“, sagte er und wirkte überrascht, dass sie es nicht wusste.
„Warum … habe ich Drachenaugen? Ich bin doch ein Mensch“, fragte Fenrir sichtlich verwirrt. Was hatte das zu bedeuten? Zwar hatten einige gesagt, dass sie spezielle Augen hatte, aber niemand hatte je gesagt, dass es sich um Drachenaugen handelte. Vielleicht, weil sie es gar nicht wussten? Oder hatten sie es vor ihr verheimlicht? Möglicherweise erinnerte sich Fenrir auch nicht mehr daran.
„Das weiß ich nicht“, sagte Tajna und wirkte nachdenklich. „Es gibt viele Möglichkeiten.“
„Welche gibt es denn?“, fragte Fenrir mit zitternder Stimme. Ob Freyr das gewusst hatte? Sie begann, mit dem Papier, das sie fest in den Händen hielt, zu spielen. Allerdings passte sie darauf auf, es nicht zu verlieren. Sonst musste sie den König enttäuschen und mit leeren Händen zurückkehren.
„Das wird eine längere Geschichte“, sagte er und klang angespannt.
„Vielleicht kannst du sie mir nachher erzählen?“, fragte Fenrir unschlüssig und sah sich von oben um. Wo brachte Tajna sie hin? Der Platz, an dem sie suchen sollte, interessierte sie und sie konnte es nicht erwarten, die Blume zu finden. Fenrir wollte dem König eine Freude bereiten. Zusätzlich würde die Suche sie hoffentlich von der Schreckensnachricht ablenken.
„Ich bin nicht sicher, ob es dir nicht vielleicht König Freyr erzählen sollte“, meinte Tajna unsicher.
„Ich weiß es nicht. Es scheint, er möchte über diese Dinge nicht reden“, gab Fenrir zu und fragte, wie weit der Platz von Freyrs Schloss entfernt war. Hier war sie noch nie gewesen. Sonst hätte sie die Umgebung sofort erkannt.
„Recht weit“, gestand er. „Wir müssen noch ein ganzes Stückchen.“
Aufmerksam betrachtete Fenrir die Landschaft. Obwohl es dunkel war, konnte sie hier und da einige helle Flecken erkennen. Ein Hinweis, dass dort Feen lebten. „Haben wir dann überhaupt noch Zeit, uns etwas zu entspannen, bevor du mich zurückbringst?“, wollte Fenrir hoffnungsvoll wissen. Sie liebte es, sich an den Drachen zu kuscheln, ihn zu kraulen und einfach mit ihm zu entspannen. Manchmal sprachen sie, manchmal schlief Tajna sogar und Fenrir summte. Diese Momente waren magisch und mit nichts zu vergleichen.
„Ich denke schon“, meinte er. „Wenn wir uns etwas beeilen.“ Mit diesen Worten wurde er plötzlich schneller und die Luft schnitt fast in Fenrirs Haut.
Durch den plötzlichen Ruck rutschte sie nach hinten, aber sie klammerte sich fest, sodass sie nicht fiel. Sie war überrascht, aber nach der ersten Schrecksekunde lachte sie befreit und unterdrückte den Drang, ihre Arme auszubreiten. Damit hätte sie dem Drachen wohl keine Freude bereitet.
Tajna war schneller, als sie es sonst gewohnt war und dieses Mal musste sie sich wirklich festhalten. Dennoch war es wunderbar zu sehen, wie die Wolken an ihnen vorbeizogen. Obwohl es dunkel war, waren sie trotzdem sichtbar, denn der Mond brachte sie in gewissen Momenten zum Leuchten. „Wo sind wir hier?“, fragte sie ganz außer Atem, als der Drache langsamer wurde.
Er setzte zum Sinkflug an und sie bemerkte bald Berge, die sogar an ihren Spitzen mit Schnee bedeckt waren. Dennoch war ihr nicht so kalt, wie es hätte sein sollen. Lag das an Tajnas Rücken? Strahlte er Wärme aus? Oder sie hatte sich irgendwie daran gewöhnt.
Ihr entfuhr ein erstaunter Laut, als der Drache sich auf einem flachen Steinplatz niederließ. Hier gab es noch keinen Schnee, aber er war nicht weit entfernt. „Sieht das schön aus“, gestand sie flüsternd und lauschte, was für Geräusche die Umgebung zu bieten hatte. „Wo genau kann ich die Blume am besten finden?“, fragte Fenrir, als sie sich langsam von Tajnas Rücken gleiten ließ.
„Vorsichtig“, bat er. „Das hier ist Territorium der Zwerge“, informierte der Drache, während sie noch abstieg.
Fenrirs Bewegungen wurden langsamer, hörten aber nicht auf. „Was machen Zwerge?“, fragte sie vorsichtshalber, weil sie keine Ahnung hatte, was diese Wesen taten.
„Sie sind eine Art kleinere, robustere Menschen und leben eher unterirdisch. Sie sind etwas raubeinig“, erklärte Tajna grummelnd.
Die junge Frau hob eine Augenbraue und überlegte. „Und was kann ich tun, um sie zu besänftigen? Ich möchte doch nur die Blume holen“, sagte Fenrir ruhig, da sie definitiv nicht vorhatte, andere Dinge zu tun. Sie schien keine Angst zu haben, noch mehr magische Wesen zu sehen. Im Gegenteil. Fenrir lechzte danach, die magische Welt richtig zu kennen.
„Sie werden nicht böse sein“, versicherte er. „Aber sie graben Tunnel und dort solltest du nicht hineinfallen.“
„Ich werde es versuchen. Es ist nur zu dunkel, um die Tunnel zu sehen“, gestand Fenrir. Ihre Augen schweiften bereits über den kargen Platz und sie überlegte, ob sie sogar die Felswand hinaufklettern musste. Durch den Schnee konnte sie einiges erkennen, aber nicht, wo sich eventuell Tunnel befanden.
„Nimm die Blumen“, meinte Tajna und stupste sie leicht in den Rücken.
„Welche Blumen?“, fragte Fenrir und schien sich an dem kleinen Schubser nicht zu stören. „Ist die Blume eher an den Felswänden?“
„Die in deinen Haaren. Die spenden dir Licht“, erklärte der Drache und klang zufrieden.
Fenrir schnappte nach Luft. Der Blumenkranz der Feen! Das hatte sie gar nicht bemerkt. Deshalb hatten die kleinen magischen Wesen ihr wohl die Blumen gebracht, weil sie wussten, dass Fenrir diese brauchen würde. Mit einem breiten Lächeln nahm sie den Blumenkranz in die Hand und konnte sofort etwas mehr erkennen.
Grau und glatt lagen die Felswände vor ihnen. Manche glitzerten durch das Eis, welches sich auf den Steinen gebildet hatte. Das sah richtig schön aus. Am liebsten hätte Fenrir noch länger diese schöne Landschaft angesehen, doch sie musste sich beeilen. Außerdem schien es hier nicht viel zum Entdecken zu geben.
Sie faltete das Papier auseinander und betrachtete die Skizze genau, bevor sie sich etwas bewegte und nicht nur den Boden, sondern auch die Steinwände um sich herum betrachtete. Schließlich wusste sie nicht, wie die Blume wuchs.
Je weiter sie sich von Tajna wegbewegte, desto kälter wurde es. Zudem wurde es auch recht windig und sie hoffte, diese wunderschöne, kleine, violette Blume irgendwo zwischen dem Schnee zu entdecken.
Wenigstens wusste sie, dass Tajna ihr Wärme spendete, obwohl er sich stets kühl anfühlte. Wenn ihr zu kalt wurde, konnte sie auch einfach zu ihm zurück und sich eine Weile aufwärmen. Vorsichtig setzte sie einen Fuß nach dem anderen vor sich, denn Schnee kannte sie nicht oder konnte sich zumindest nicht daran erinnern, ihn je gesehen zu haben.
Sie rutschte sofort, als sie einen Schritt machte und kämpfte für einen Moment um ihr Gleichgewicht, doch sie fiel nicht hin. Mit dem Papier in der einen und dem leuchtenden Blumenkranz in der anderen Hand, suchte sie gründlich nach der Blume, die Freyr brauchte. Warum der König sie als Kraut bezeichnet hatte, wusste sie nicht, denn auf der Zeichnung sah es eindeutig wie eine Blume aus.
Schritt für Schritt setzte sie ihren Weg fort und spürte, wie eisig es durch den Wind wurde. Dann entdeckte sie zwischen dem ganzen weißen Zeug etwas, das stark nach dem Gesuchten aussah. Bevor sie es jedoch an sich nahm, glich sie die Zeichnung mit der Blume ab. „Gefunden“, strahlte sie glücklich und streckte die Finger danach aus, um die Pflanze an sich zu nehmen. Sie spürte jedoch eine Art Stacheln ringsherum, was ihren Fingern nicht gerade guttat. Sie stachen Fenrir und das tat weh. Erschrocken keuchte sie auf und zog ihre Finger zurück. Waren das wirklich Stacheln gewesen? Auf der Skizze hatte sie keine. „Das tut weh“, murmelte sie und nahm die Finger in den Mund, sodass das Blut nicht auf das Kleid tropfte. Ihre Hand brannte richtig, aber sie wollte unbedingt die Blume haben.
Langsam bewegte sich Tajna auf sie zu. „Sie besitzen eine Art feine Härchen, die wie Brennnesseln auf der Haut Reizungen hinterlassen. Zudem besitzen die Spitzen des Krautes eine stachelige Schutzschicht.“
„Für was wird die Pflanze überhaupt benutzt?“, fragte Fenrir mit ihren Fingern im Mund. Gleichzeitig sah sie nachdenklich auf die Blume und überlegte, wie sie diese am besten bekommen konnte.
„Für Feenheiltränke“, erklärte Tajna mit ruhiger Stimme. „Nimm das Blatt und nutze es, um deine Hände zu schützen“, schlug er vor.
„Danke für deinen Ratschlag“, sagte Fenrir lächelnd und betrachtete ihre Finger. Wenigstens bluteten sie nicht mehr so stark, aber sie fühlte sich plötzlich etwas müde.
Gehorsam nahm sie das Blatt und legte es um die zerbrechliche Pflanze, bevor sie diese hochhob. „Soll ich mehr mitnehmen?“, fragte Fenrir den Drachen, als sie die Pflanze gut beschützt in den Händen hielt.
„Wenn wir einmal hier sind. Vielleicht kannst du eine mit Wurzeln mitnehmen zum Anpflanzen“, schlug er vor und schnupperte an ihrer Hand.
Fenrirs Augen begannen zu leuchten. Das war eine fantastische Idee. „Passt du bitte auf die Pflanze auf, während ich nach einer weiteren sehe?“, bat Fenrir ihn, denn der Wind war stark und sie befürchtete, dass dieser die Blume wegwehte.
Tajna wirkte verwirrt. „Wie denn?“, fragte er, da er nicht wusste, wie er sie halten sollte.
Fenrir grübelte einen Moment und meinte dann, dass er sich so hinlegen sollte, dass der Wind die Pflanze nicht traf. „Oder lege deinen Kopf etwas davor. Ich brauche beide Hände“, sagte Fenrir, zeigte dabei gleichzeitig auf eine Steinwand, an die sie gehen konnte. „Wenn du dich dort hinlegst, sollte sie geschützt sein“, hoffte die junge Frau inständig, da sie keinen Behälter dabeihatte.
„Kannst du vielleicht einen Teil deines Kleides nutzen, um sie darin einzuwickeln?“, fragte er und klang hoffnungsvoll. „Ich würde dich nur ungern allein weiter lassen.“
Das war eine Möglichkeit, die sie versucht hatte, zu vermeiden, damit das Kleid nicht schmutzig wurde. Dennoch nickte sie und nahm einen Teil ihres Kleides, um die Blume sanft einzuwickeln. Dann machte sie sich auf den Weg, um eine weitere zu finden.
Tajna folgte ihr und schirmte mit seinem Schwanz die steilen Klippen neben ihr ab, damit sie nicht hinabfiel. Er selbst schien dabei keine Probleme zu haben. Fast, als wäre er eine Eidechse, welche die Wand entlangkletterte.
Die Felswände waren glatt, aber irgendwie schaffte Fenrir es, sich festzuhalten. Lange würde sie das nicht mehr aushalten, da es hier richtig kalt war. Ihre Finger fühlten sich taub an und kribbelten gleichzeitig unangenehm.
Endlich fand sie eine weitere Blume, die weiter oben war. „Ich muss dort hinauf und sie ausgraben“, sagte sie fest entschlossen und atmete tief durch, bevor sie anfing, langsam hochzuklettern. Um etwas sehen zu können, hatte sie ihren Blumenkranz im Mund, damit sie beide Hände frei hatte.
Tajna stoppte sie jedoch. „Das ist gefährlich“, sagte er ernst. „Halt dich an meinem Schwanz fest, ich werde dich hochheben.“
Sofort hielt sie inne und warf ihm einen Blick zu. Wahrscheinlich war das eine bessere Lösung. „In Ordnung“, erwiderte Fenrir und kletterte von der Felswand zu seinem Schwanz, an dem sie sich festhielt. Er war kräftig und muskulös, aber auch glatt.
Ganz langsam begann er diesen zu heben. Seine Augen auf sie gerichtet, damit sie nicht fiel und so kam sie sicher oben, bei der Blume an. Mit ihren kalten Fingern begann Fenrir, in dem Schnee zu graben. Vorsichtig und mit Bedacht schaufelte sie um die Blume herum und achtete darauf, dass die Wurzeln intakt blieben. Was gar nicht so einfach war, denn diese waren gefroren und zerbrechlich. Dennoch versuchte sie ihr Bestes und ignorierte die Schmerzen in ihren Händen, als sie sich an den Felswänden und dem Eis verletzte. Der stechende Schmerz war groß, aber daran störte sie nicht. Dazu war ihr der Auftrag zu wichtig.
„Versuch es mit einem Stein“, schlug Tajna vor und klang besorgt.
Fenrir sah sich um und sah einen losen, kleinen Stein in der Nähe, nachdem sie griff. Mit diesem kratzte sie den Schnee weg und durchtrennte die Wurzeln sauber, damit sie nicht zu stark verletzt wurden. „Fertig“, sagte sie schließlich aufatmend und glücklich, als sie die zarte Blume in der Hand hielt. Auch dieses Mal hatten die Stacheln ihr Werk getan, aber durch die Kälte spürte Fenrir das nicht.
„Gut“, meinte Tajna. „Komm wieder auf meinen Rücken, da ist es wärmer. Nicht, dass du dich erkältest.“
Etwas umständlich kletterte Fenrir auf seinen Rücken und schmiegte sich sofort daran. Die Blume mit den Wurzeln wickelte sie ebenfalls vorsichtig in ihr Kleid ein. „Ich bin so weit, Tajna“, sagte sie und gab ihm für seine Hilfe einen Kuss auf den großen Kopf.
„Wohin möchtest du noch?“, fragte er mit stolzer Stimme und es klang, als würde er ihr das Angebot als Dankeschön machen wollen.
„Wenn wir Zeit haben, zur Lichtung?“, erwiderte sie und ließ es wie eine Frage klingen. Eigentlich war es egal, solange sie bei Tajna war.
„Beim nächsten Vollmond gehen wir ans Meer“, bestimmte Tajna, hielt aber nun auf die Lichtung zu.
„Meer?“, fragte Fenrir, die sich müde vor Kälte an seinen Hörnern festhielt. „Es gibt ein Meer in König Freyrs Reich?“
„Ja, es gibt ein Meer“, sagte Tajna sanft. „Ist dir kalt?“
„Ja, ich wusste nicht, dass es hier so kalt ist. Sonst hätte ich Suno um ein wärmeres Kleid gebeten“, gestand Fenrir verlegen. Auf der anderen Seite sollte sie mit keinem anderen über solche Dinge reden. Es wäre nicht gut gewesen, Suno darum zu bitten. Für den Fall, dass sie nach dem Grund fragte. Schließlich brauchte Fenrir kein wärmeres Kleid in den Gemäuern des Schlosses. Dafür schmiegte sie sich nun an den Drachen, der ihr Wärme spendete.
„Sobald wir gelandet sind, werde ich dich wärmen“, versprach er.
„Danke“, sagte Fenrir erschöpft, aber glücklich.
Während des Fluges passte sie darauf auf, dass die Blumen in ihrem Kleid nicht gequetscht wurden. Dafür spürte sie die Stacheln am Bauch, wo sie lagen, obwohl der Stoff dazwischen war.
Tajna beeilte sich, damit sie bald wieder landen konnten. Er ahnte, dass sie erschöpft war. Fast konnte er es sogar spüren. Als wären sie irgendwie verbunden.
Fenrir war, trotz Müdigkeit und Kälte, hellwach, weil sie einfach so viel wie möglich sehen wollte. Zudem war es sicher nicht gut, wenn sie auf seinen Rücken einschlief und hinunterfiel.
Tajna setzte zum Landeanflug an und kurz darauf waren sie sanft auf der Lichtung angekommen.
Zitternd ließ sich Fenrir von ihm gleiten und setzte sich gleich hin, weil ihre Beine unter ihr nachgaben.
Sofort kamen die Nymphen zu ihr und tanzten genau wie davor. Jedoch lächelte Fenrir nur und entschuldigte sich, dass sie heute nicht mittanzen konnte. Vorsichtig nahm sie die Blumen, um diese wieder besser einzuwickeln. Diese waren im Flug etwas verrutscht.
Sie bemerkte, dass Tajna irgendwie mit den Nymphen interagierte, obwohl sie nichts hörte. Diese stoben auseinander und kamen dann plötzlich mit kleinen Ästen und Zweigen wieder, die sie vor Fenrir ablegten. Immer und immer mehr. Bis ein Haufen voller Holz vor ihr lag.
Verwundert darüber sah Fenrir zum Drachen. „Für was ist das?“, fragte sie, weil sie nicht verstand, für was die Zweige und Äste gebraucht wurden.
Der Drache hatte sich hinter sie gelegt und bat sie nun, zu ihm zu kommen, bevor er einen Flügel um sie legte. Dann spürte sie Hitze, als er einen ganz kleinen, gezielten Feuerball auf die Äste spuckte.
„Du kannst Feuer spucken!“, sagte Fenrir erstaunt und kuschelte sich unter seinen Flügel. Was er wohl sonst noch konnte? Ihre Hände streckte sie dem Feuer entgegen und seufzte wohlig. „Danke, Tajna und ihr kleinen Feen.“
„Ich kann noch mehr“, meinte Tajna nüchtern. „Aber das reicht für heute als Demonstration.“
„Das denke ich auch. Vielleicht zeigst du mir eines Tages mehr“, sagte Fenrir hoffnungsvoll und lächelte selig. Sie war zufrieden mit sich, dass sie König Freyr das Gewünschte bringen konnte.
„Ruh dich bitte etwas aus“, bat Tajna, der sie noch immer warm in seinen Flügel einschloss.
Das versprach sie ihm und kurz darauf schloss sie ihre Augen, um die Wärme des Feuers und von Tajna zu genießen. Beides machte sie richtig müde, weshalb sie die brennenden Schmerzen an ihren Händen nur vage wahrnahm. Sie spürte, dass auch Tajna seinen Kopf senkte und langsam immer ruhiger atmete. „Bitte nicht einschlafen“, bat sie, weil sie die Befürchtung hatte, dass sie dann nicht rechtzeitig zurückkommen würde. Und sie wollte Tajna nicht gefährden.
„Die Nymphen wecken uns“, versicherte er grummelnd, als würde er schon halb schlafen.
Das beruhigte Fenrir, weshalb sie sich der Müdigkeit hingab und schließlich wohl behütet einschlief.
Das Tajna gar nicht richtig schlief, sondern nur ruhte, war ihr gar nicht bewusst. Er achtete auf die Umgebung und darauf, dass auch wirklich alles in Ordnung war.
Nach ein paar Stunden Schlaf spürte Fenrir, wie sie leicht angestupst wurde. Das veranlasste sie dazu, sich noch mehr an Tajna zu kuscheln, da dieser so schön warm war. Jedoch rieb sie sich leicht die Augen und bereute es sofort, denn ihre Hände taten immer noch weh.
„Guten Morgen“, erklang eine raue, verschlafene Stimme und ein warmer Atem wehte ihr entgegen.
„Guten Morgen, Tajna“, sagte Fenrir noch verschlafen, aber liebevoll, als sie ihn, trotz der Schmerzen in den Händen, kraulte. „Ist es schon so weit, dass wir zurückmüssen?“ Nur widerwillig bewegte sie sich und streckte sich leicht.
„Ja“, sagte er und klang entschuldigend. „Ich muss heute etwas zeitiger zurück“, bemerkte er und Fenrir erkannte, dass es noch dunkel war.
Langsam nickte sie, denn Fenrir verstand, dass auch er irgendetwas zu tun hatte und nicht nur für sie da sein konnte. „Danke, Tajna. Die Nacht war wundervoll. Ich hoffe, König Freyr wird zufrieden sein“, sagte sie und knickste vor den Feen und Nymphen zum Abschied und Dank. Sie hatten scheinbar für mehr Holz gesorgt, als Fenrir geschlafen hatte. Daher war das Feuer noch immer schön warm. Dieses musste sie jedoch erst einmal löschen.
Noch einmal überprüfte sie, ob die Blumen in Ordnung waren und kletterte dann umständlich auf Tajnas Rücken und hinauf zu den Hörnern, um sich dort festzuhalten.
„Wird er bestimmt“, meinte der Drache beruhigend und kaum hielt sie sich richtig fest, sprang er in die Luft und hob ab. Lächelnd sah Fenrir noch einmal auf die Lichtung, bevor sie zurückflogen.
Noch immer war sie müde, aber sie hielt sich tapfer fest. Fenrir wollte von Tajna wissen, was sie tun sollte: König Freyr aufsuchen und ihm die Blumen geben oder sich zurückziehen, um zu baden und zu schlafen. Da sie die Blumen nicht kannte, wusste sie nicht, ob sie Wasser oder eine spezielle Handhabung brauchten.
„Zieh dich erst einmal zurück. Wer weiß, ob König Freyr bereits wach ist“, murmelte Tajna. „Stell sie aber ins Wasser.“
„Werde ich machen. Danke für deinen Rat“, sagte sie lächelnd.
In der Ferne erkannte sie nach kurzer Zeit die beleuchteten Umrisse des Schlosses. Tajna war schnell geflogen. Anscheinend hatte er es eilig. Schon jetzt wurde Fenrir traurig, da sie nicht wusste, wann sie den Drachen wiedersehen würde.
Dieser landete, wie immer sanft, im Garten des Schlosses und beugte sich hinab, damit sie absteigen konnte.
Die junge Frau ließ sich hinabgleiten und stellte sich vor den großen Kopf. „Danke für alles, Tajna. Du bist so lieb“, sagte Fenrir liebevoll und schmiegte sich an seine Nüstern, die sie zärtlich küsste.
„Immer wieder gern“, sagte er mit ruhiger Stimme und leckte ihr einmal kurz übers Gesicht, bevor er leise lachte.
Auch Fenrir lachte, denn er kitzelte sie damit. „Ich glaube, würdest du mich mit deiner Zunge komplett waschen, würde ich vor Lachen sterben. Es kitzelt“, sagte sie lächelnd und trat zurück, damit er seinen Weg gehen konnte. Mit einem tiefen Knicks dankte sie ihm noch einmal und hielt ihr Kleid etwas nach oben, damit die Blumen nicht zerdrückt wurden.
Tajna neigte leicht den Kopf, bevor er wieder in die Lüfte abhob und sie somit allein zurückließ. Das Leuchten im Garten war vorbei und die Feen bereits schlafen. Deshalb ging Fenrir auch zurück ins Schloss und machte sich auf den Weg zu ihrem Zimmer, um die Pflanzen ins Wasser zu stellen.
Sie war noch immer müde und ihre Hände schmerzten. Daher hoffte sie, dass sie diese waschen konnte. Vielleicht würde das helfen. Außerdem hoffte Fenrir, auf Suno zu treffen, denn sie wusste nicht, woher sie das Wasser für die Pflanzen bekommen konnte.
Ob sie wohl gerade schlief? Oder würde sie die junge Frau in der Nähe ihres Zimmers antreffen?
Fenrir beschloss, zuerst in ihr eigenes Zimmer zu gehen und sich umzuziehen. Danach würde sie sich auf die Suche nach einem Dienstmädchen begeben.
Als sie in ihrem Zimmer ankam, bemerkte sie eine Schüssel und ein Glas mit Wasser auf ihrem Tisch und fragte sich, ob vielleicht König Freyr schon angeordnet hatte, ihr Wasser zu bringen. Es war, als hätte er seine Augen und Ohren überall.
Fenrir musste lächeln. Sie vermutete, dass er genau gewusst hatte, dass Tajna ihr helfen würde. Erleichtert stellte sie die beiden Pflanzen in das Wasser und wusch sich dann vorsichtig die Hände. Selbst das Wasser brannte, aber es war auch eine Erleichterung, da die Schmerzen endlich nachließen. Ihre Haut hatte rötliche Flecken und sie ging davon aus, dass es wegen der Kälte war.
Sobald sie fertig war, zog sie sich aus und legte sich mit ihrem Unterkleid ins Bett, um noch eine Weile zu schlafen. Sie wusste, dass sie nicht mehr sonderlich viel Zeit hatte, bis Suno sie wecken würde, doch sie hoffte auf das Beste.
Es dauerte auch nicht lange, bis sie eingeschlafen war. In ihren Träumen erschienen Tajna, aber auch die Zwerge, von denen er gesprochen hatte. Leider hatte sie diese nicht gesehen, aber vielleicht ein anderes Mal.
Sie war so tief in ihren Träumen, dass sie gar nicht bemerkte, wie jemand in ihr Zimmer schlich und sich einfach zu ihr ins Bett legte und sie in den Arm nahm. Nicht einmal, als sie sich umdrehte.
Erst, als sie kurz aufwachte und spürte, wie warm es war, hatte sie das Gefühl, noch bei Tajna zu sein, weshalb sie sich im Halbschlaf an die Person schmiegte und seinen Namen sagte.
Dann spürte sie, wie Hände sie sanft streichelten und sie an eine warme, muskulöse, aber nicht unbequeme Brust gezogen wurde.
Erschrocken öffnete sie die Augen und sah, dass König Freyr neben ihr lag. War sie in ihrem Zimmer oder hatte sie etwa schlafgewandelt? „Eure Hoheit!“, keuchte sie und drückte sich leicht von ihm, da sie befürchtete, etwas getan zu haben, was sich nicht gehörte. Normalerweise band er sie immer an. Warum war er hier?
Sie bemerkte, dass sie in ihrem Zimmer war, während Freyr leise murmelte und sie wieder zu sich zog. Seine Worte konnte sie nicht verstehen, weshalb sie fragte, was er gesagt hatte. Jedoch ließ sie sich widerstandslos zu ihn ziehen. Zu verlockend war es, an seiner Brust gekuschelt zu liegen.
Draußen wurde es langsam hell, dennoch war es irgendwie dunkel. Wahrscheinlich war es bewölkt.
„Ich wollte dich zum Frühstück abholen“, wiederholte Freyr murmelnd und gähnend.
„Entschuldigt, dass ich verschlafen habe. Suno hat mich nicht geweckt“, stotterte Fenrir verlegen. Hätte sie das gewusst, wäre sie wach geblieben. Dennoch stellte sich ihr die Frage, warum er sie nicht einfach geweckt, sondern sich zu ihr gelegt hatte.
„Ich hab gesagt, sie soll dich nicht wecken“, murmelte er und sog ihren Geruch ein. „Und als ich dich im Bett gesehen habe, war es zu verlockend.“
Seine Worte ließen sie lächeln. „Dann bindet mich an, damit Ihr Euch ausruhen könnt“, schlug Fenrir vor. Er schien wirklich müde zu sein und sie wollte ihm ein wenig Entspannung und Erholung geben.
Ein Grummeln war die Antwort, bevor er sogar leise gähnte. „Nicht jetzt“, murmelte er und zog sie noch enger an sich. „Wir müssen gleich frühstücken“, seufzte er, schien aber nicht vorzuhaben, sie loszulassen oder zum Essen zu gehen.
„Ihr solltet mich loslassen“, gab Fenrir leise von sich. Auch sie hatte keine Lust zu essen, obwohl sie hungrig war. Aber wenn er sie schon holen wollte, war es sicherlich besser, wenn sie aufstanden.
„Noch ein paar Minuten“, murmelte Freyr und gähnte herzhaft.
Plötzlich kicherte Fenrir. „Ihr gähnt beinahe wie Tajna“, bemerkte sie schmunzelnd. Ruhig blieb sie liegen, um seinen Wunsch, noch ein paar Minuten liegenzubleiben, nachzukommen.
Freyr öffnete leicht die Augen und musterte sie. „Danke“, murmelte er, weil er sich dazu entschied, das als ein Kompliment zu sehen.
Wie gern würde Fenrir ihn jetzt umarmen, um ihm zu zeigen, wie dankbar sie war! Schließlich erlaubte Freyr ihr, mit dem Drachen Zeit zu verbringen. Es war nicht selbstverständlich, da die magischen Wesen beschützt werden mussten. „Eure Blumen stehen auf dem Tisch“, bemerkte sie lächelnd. Sie hoffte, dass er dadurch langsam wacher wurde.
Der König nickte. „Wir bringen sie heute Abend zu den Feen“, meinte er und klang noch immer reichlich verschlafen.
„Ihr solltet wirklich mehr schlafen“, bemerkte Fenrir nüchtern und hob ihre Hand, um ihre verwuschelten Haare etwas zu glätten.
„Ich bin sonst nicht so müde“, gestand er. „Aber heute ist einer meiner freien Tage. Da kann ich langsam machen.“
Fenrir runzelte die Stirn. „Ihr habt frei? Und dann müsst Ihr frühstücken?“, fragte sie fassungslos. Wenn er es sich doch einteilen konnte, war es doch kein Problem, weiterzuschlafen.
„Du musst auch etwas essen“, bemerkte er murrend.
„Ich weiß, aber ich bin ehrlich gesagt zu müde, um aufzustehen. Es war anstrengend und mir war kalt“, gestand Fenrir verlegen. Jetzt, nachdem Freyr bei ihr lag, war ihr wieder warm.
Dieser nahm sie noch fester in den Arm. „Du solltest deine Hände gut waschen“, murmelte er.
„Woher wisst Ihr davon?“, fragte sie und grübelte, woher er wusste, was geschehen war. Ob Tajna es ihm erzählt hatte? „Ich habe sie gut gewaschen, aber sie tun noch weh“, gab Fenrir leise zu.
„Die Blumen haben feine Härchen, die deine Haut reizen können“, murmelte er und wurde etwas wacher. Zumindest klang seine Stimme so.
„Das hat Tajna auch gesagt. Ich habe sie vorhin gewaschen und es ist auch besser“, versicherte die junge Frau, die sich regelrecht an Freyr schmiegte. Er ließ sie auch nicht los, weshalb sie das als Zeichen sah, liegen bleiben zu dürfen.
„Vor dem Essen solltest du trotzdem nochmal waschen“, meinte Freyr, der sie nun sanft streichelte.
„Das werde ich“, versprach Fenrir und seufzte leise, sobald sie seine Finger auf ihrer Haut spürte. Immer wieder kribbelte es dort, wo er sie berührte.
Er ließ seine Finger über ihren Rücken wandern und begann schließlich, sanft ihren Nacken zu kraulen. Dabei ließ er die Augen geschlossen und wirkte entspannt.
Fenrir gab einen Laut von sich, der zufrieden und wohlwollend klang. Sie spürte, wie sie sich erholte. „Ihr macht das gut“, seufzte sie glücklich.
„Es freut mich, wenn es dir gefällt“, antwortete Freyr, der weiterhin entspannt wirkte.
„Es gibt keinen Grund, das nicht zu mögen“, bemerkte Fenrir nüchtern. Wenn sie ehrlich war, zerschmolz sie regelrecht bei seinen Berührungen.
„Ich möchte dir nicht das Gefühl geben, dass ich dich dränge, aber du ziehst mich magisch an“, erklärte er. Das war auch der Grund, warum er dem Drang, zu ihr ins Bett zu gehen, nicht hatte widerstehen können.
„Ihr drängt mich keineswegs“, gab sie ehrlich zu und flüsterte, dass sie es mochte, wenn er sie so berührte.
„Ich mag es auch gern“, antwortete er und blickte sie aus halb geschlossenen Augen an.
Fenrir erwiderte den Blick lächelnd und ihre Augen funkelten. Wenn er es mochte, konnte er das ruhig tun. „Ihr wisst, was einem gut tut“, stellte sie zufrieden fest und es klang beinahe, als würde sie schnurren.
Freyr richtete seinen Blick auf ihre unwiderstehlichen Lippen und kam ihr plötzlich immer näher.
Die junge Frau war in seinen Bann gezogen. Sie sah ihn mit einem Augenaufschlag von unten her an und dann auf seine Lippen.
Schließlich kam er so nah, dass seine Lippen ihre berührten und es entstand ein inniger, aber vorsichtiger Kuss.
Da er sie bereits einmal geküsst hatte, erwiderte sie diesen zaghaft. Wie weich seine Lippen waren … einfach zum Schmelzen. Außerdem waren sie angenehm und sein Geruch stieg ihr in die Nase. Sie musste gestehen, dass Freyr wirklich gut schmeckte.
Seine Hand im Nacken hielt sie bestimmt, aber nicht drängend, fest.
Sie konnte sich ihm jederzeit entziehen, doch das hatte Fenrir gar nicht vor. Die junge Frau wurde mutiger, sodass sie sogar von sich aus richtig küsste.
Das genoss Freyr sichtlich, denn er schloss die Augen und seufzte zufrieden.
Vorsichtig und unbewusst ließ Fenrir ihre Zunge sogar über seine Lippen fahren. Aus dem einfachen Grund, weil ihr Körper ihn schmecken wollte. Und sie wurde nicht enttäuscht. Freyrs Lippen schmeckten fantastisch.
Zudem öffnete er diese vorsichtig und stupste mit seiner Zunge ihre an, als würde er spielen wollen.
Kurz hielt sie inne, weil sie nicht gleich verstand, was das bedeutete. Doch nach ein paar Sekunde streckte sie leicht ihre Zunge heraus, um ihn genauso anzustupsen. Es war, als würde sie ausprobieren wollen, was geschah.
Zufrieden seufzte Freyr und stupste ihre Zunge noch einmal an, bevor er sich von ihr löste, damit sie beide Luft holen konnten.
Fenrir, die das nicht gewöhnt war, keuchte leise. Blitze jagten durch ihren Körper und ihr wurde immer wärmer. War der Kuss wirklich so intensiv gewesen? Mit einem Augenaufschlag von unten sah sie Freyr an und er bemerkte, dass ihre dunkelgrünen Augen strahlten. Er selbst atmete schwer, war aber zufrieden. Sanft streichelte er ihre Wange.
„Mir ist heiß“, keuchte Fenrir und deckte sich ein bisschen auf. Ihre Zunge kribbelte und sie spürte, wie ein Schauer nach dem anderen ihren Körper heimsuchte, solange dieses anhielt.
Freyr lachte leise. „Dann war der Kuss gut“, bemerkte der König selbstzufrieden.
Leicht lächelnd sah Fenrir ihn an und langsam beruhigte sich ihr Körper wieder. „Ich wusste zuerst nicht, was Ihr mit Eurer Zunge wolltet“, gestand sie verlegen.
„Das ist in Ordnung“, sagte er und schien seine Belustigung verbergen zu wollen. „Folge einfach deinem Instinkt.“
„Ich hatte das Gefühl, dass Ihr mir zeigen werdet, wenn ich etwas falsch mache“, meinte sie und streckte sich. Erst jetzt fiel ihr auf, dass durch die ungewohnten Bewegungen in den Bergen ihre Muskeln verspannt waren.
„Werde ich“, sagte er und streckte sich nun ebenfalls. Dabei gähnte er noch einmal.
Jetzt hatte Fenrir erst recht keine Lust mehr, aufzustehen. Nicht nach diesem Kuss. Er war so sanft und zaghaft, aber wundervoll gewesen, dass Fenrir danach lechzte, ihn zu wiederholen. Jedoch ging es nicht von ihr aus, sondern nur von König Freyr. Und dieser schien der Meinung zu sein, dass es jetzt erst einmal genug war.
„Ich werde meine Hände noch einmal waschen, Eure Hoheit“, informierte sie ihn und drehte sich um, damit sie aus dem Bett steigen konnte. Ihre Bewegungen waren allerdings langsam.
Freyr setzte sich derweil langsam auf und erhob sich ebenfalls, während er sich ausgiebig streckte.
Sobald Fenrir aufgestanden war, ging sie zur Waschschüssel und wusch sich ausgiebig die Hände. „Wie lange wird es dauern, bis die Schmerzen weg sind?“, wollte sie vorsichtig wissen und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln.
Er kam zu ihr und bat sie, ihm ihre Hände zu reichen, damit er sich diese ansehen konnte.
Zuerst trocknete sie ihre Hände gut ab und hielt sie ihm anschließend hin.
Freyr betrachtete diese nachdenklich. „Wir werden sehen, dass wir eine Salbe für dich besorgen, damit es nicht mehr so lange schmerzt“, sagte er schließlich.
„Ich danke Euch“, sagte sie erleichtert. Das Brennen war unangenehm. „Ist das normal?“, wollte sie wissen.
„Ich hätte dich vorwarnen sollen“, meinte er entschuldigend. „Wenn man direkt in die Härchen greift, bleiben sie oft an der Hand hängen.“
„Das ist in Ordnung“, erwiderte sie und meinte, dass es einfach unerwartet gekommen war. Außerdem hatte er viel zu tun, weshalb er es wohl einfach vergessen hatte. „Es ist nicht mehr so schlimm. Die Kälte hat auch etwas geholfen, den Schmerz zu unterdrücken“, versicherte sie.
„Wahrscheinlich sind aber die Härchen noch an deinen Händen“, meinte Freyr und betrachtete diese noch immer.
Fenrir sah zu ihm auf und musterte ihn. Machte er sich Sorgen? Das war irgendwie niedlich.
Schließlich ließ er sie los und strich ihr eine Strähne hinter das Ohr. „Danke, dass du die Pflanze geholt hast.“
„Es war Euer Wunsch und den werde ich Euch erfüllen“, erwiderte die junge Frau.
Er küsste sanft ihren Handrücken. „Komm, zieh dir etwas Bequemes an, dann gehen wir Frühstücken.“
Mit einem Lächeln entzog sie sich von ihm und ging auf den Schrank zu, um sich neue Kleidung zu holen. Ein neues Unterkleid sowie ein schlichtes, aber hübsches Oberkleid zog sie heraus und legte beides auf das Bett, bevor sie anfing, sich auszuziehen.
Das Freyr sie dabei beobachtete, spürte sie, auch wenn er sich Mühe gab, es nicht zu zeigen.
Allerdings wusste sie auch, dass es keinen Grund gab, sich zu verstecken. Er hatte sie bereits nackt gesehen und sie wusste, dass es Unsinn war, sich zu zieren.
Sie beeilte sich, damit er nicht so lange warten musste, denn König Freyr war bereits angezogen. Fenrir machte noch schnell ihre Haare, damit sie ordentlicher aussahen. Als sie fertig war, kam sie zu ihm und knickste höflich. „Guten Morgen, Eure königliche Hoheit“, sagte sie gut gelaunt. Jetzt, nachdem sie wach war, fühlte sie sich besser und unternehmenslustig.
Freyr schmunzelte. „Guten Morgen“, sagte er mit einem Funkeln in den Augen und reichte ihr den Arm.
Fenrir nahm diesen an und gemeinsam verließen sie ihr Zimmer. Vor der Tür blieb sie aber noch einmal stehen. „Was ist mit den Blumen?“, fragte sie neugierig.
„Heute Abend bringen wir sie den Feen“, sagte er sanft, aber leise.
Aus seinen Worten hörte sie die Antwort, dass die Blumen hierbleiben konnten. Fenrir nickte lächelnd und sie setzten ihren Weg fort. „Ich freue mich, dass Ihr heute einen freien Tag habt und hoffe, dass Ihr Euch gut erholen werdet“, sagte Fenrir freundlich auf dem Weg zum Frühstück. In welchem Speiseraum sie heute wohl speisen würden?
„Ich hoffe doch, dass du mir Gesellschaft dabei leisten kannst“, sagte er und schenkte ihr ein Lächeln.
„Ich werde bei Euch bleiben, solange Ihr es wünscht, Hoheit“, erwiderte die junge Frau und lächelte zurück. Erst, wenn er sagen würde, dass er sich zurückzog, würde sie gehen. Sie fühlte sich verpflichtet, bei ihm zu sein, solange er es verlangte, aber Fenrir wollte es selbst ganz gerne.
Ihre Augen begannen zu strahlen, als sie erkannte, zu welchem Raum er sie brachte. In dem mit dem Deckengemälde von Tajna. Es schien einer seiner liebsten Räume zu sein, was sie verstehen konnte.
„Heute gibt es ein paar spezielle Sachen zum Essen“, erklärte Freyr und öffnete ihr die Tür.
Zum Vorschein kam ein reichlich gedeckter Tisch, auf dem verschiedene Platten standen. Die Speisen darauf wirkten einladend, denn sie waren hübsch hergerichtet worden. „Was für Sachen?“, fragte Fenrir neugierig, als sie eintrat und näherkam.
„Nur eine der Platten hat die Schlossküche gekocht. Der Rest kommt von Feen, Dryaden, Nymphen und anderen magischen Wesen“, erklärte er leise an ihr Ohr.
Sein warmer Atem verursachte bei ihr eine Gänsehaut und sie zitterte leicht. Sie hatte nicht gewusst, dass die magischen Wesen für den König kochten. „Wirklich? Ich bin gespannt, wie es schmeckt“, hauchte Fenrir gerührt. Wollte er sie in eine andere Welt entführen? Es wirkte so. Auch wenn der Raum bekannt war, so wirkte das Essen doch ausgefallen und neu.
Da König Freyr ihr den Stuhl hervorzog, ließ sie sich darauf nieder und lächelte ihm dankbar zu. „Das ist lieb von Euch. Ich bin gespannt, wie es schmeckt“, sagte Fenrir.
„Ich auch“, meinte er leicht belustigt. „Es gibt diese Dinge nur selten und so überraschen sie mich ebenfalls immer wieder“, erklärte er und setzte sich schließlich neben sie.
Dass er sich neben ihr niederließ anstatt gegenüber, überraschte Fenrir.
„Das hier ist etwas Besonderes der Dryaden“, erklärte er und nahm einen kleinen Kloß, der jedoch irgendwie durchsichtig war und wirkte, als wäre darin eine Flüssigkeit.
„Warum?“, fragte Fenrir interessiert und beugte sich ein Stück nach vorne, um die Speise besser betrachten zu können. So etwas hatte sie noch nie gesehen und es sah irgendwie hübsch aus. „Was ist da drin?“
Freyr nahm es mit den Fingern und hob es hoch wie einen kleinen Beutel. „Man könnte sagen, dass sie es als Getränk für Reisen nutzen“, erklärte er. „Für uns ist es klein, aber für sie groß“, sagte er weiter und erklärte dann, dass man leicht daran saugen konnte, um den Inhalt zu trinken. Der Mantel war so konzipiert, dass er sich wieder schloss und man ihn später essen konnte.
„Das klingt magisch“, gestand Fenrir erstaunt mit leuchtenden Augen. „Was für ein Getränk ist dort enthalten? Wasser?“, wollte sie wissen, da das für sie am logischsten klang.
„Es ist der Saft einer besonderen Pflanze“, meinte Freyr. „Er ist zwar süß, aber nicht übermäßig.“
„Darf ich kosten?“, fragte Fenrir neugierig. „Welchen Namen hat eigentlich die Pflanze, die ich Euch gebracht habe? Und wie heißt die, aus dem der Saft ist?“ Wenn Fenrir etwas wissen wollte, konnte sie Fragen ohne Ende stellen.
„Das weiß ich leider nicht. Ich merke mir die Namen nie“, sagte Freyr mit einem entschuldigenden Lachen und hielt ihr die Speise an den Mund, damit sie probieren konnte.
Vorsichtig legte sie ihre Lippen um den Kloß und saugte sanft daran. Sofort spürte sie eine süße Flüssigkeit in ihrem Mund und sie stoppte. Diese ließ sie einige Sekunden auf ihrer Zunge, um herauszufinden, was sie davon hielt. „Das ist angenehm und erfrischend“, stellte sie schließlich zufrieden fest.
Freyr nickte. „Es schmeckt auch gut, wenn sie kleiner sind und man sie in ein Glas mit kaltem Schwarz- oder Grüntee legt“, meinte er und schmunzelte.
Noch einmal legte Fenrir ihre Lippen um den Kloß und saugte. Freyr hatte Recht: Es war nicht viel darin vorhanden, aber es reichte aus. „Das finde ich lecker.“
Es gab noch mehr von diesen kleinen Klößen, aber auch viele andere, interessante Speisen.
In den anderen Klößen waren die Farben unterschiedlich und sie nahm sich vor, diese bei Gelegenheit zu kosten. Mit dem Finger zeigte sie auf eine Speise, die sie gar nicht identifizieren konnte. „Was ist das?“, wollte sie mit gerunzelter Stirn wissen, denn es war dunkelbraun bis schwarz und sah aus, als würden kleine Äste auf dem Tisch liegen.
„Das ist eine Süßspeise der Dryaden“, erklärte er. „Süßholz. Man kann darauf herumkauen oder sich einen Tee damit zubereiten.“
„Sie sehen aus wie die Äste von letzter Nacht“, bemerkte sie lächelnd. „Was denkt Ihr, ist eine gute Reihenfolge der Speisen? Manche sind bestimmt stärker im Geschmack, nicht wahr?“
„Wenn du zwischendrin einen Schluck Wasser oder Brot isst, dann sollte es egal sein“, meinte Freyr und zuckte die Schultern. „Ich kenne auch nicht alle.“
Fenrir nickte und nahm ein längliches Stück, das auf Anhieb eher unscheinbar wirkte. Doch bei näherer Betrachtung sah sie, dass es gefüllt war. „Wollt Ihr kosten?“, fragte die junge Frau und warf ihm einen fragenden Blick aus ihren dunkelgrünen Augen zu. Gleichzeitig hielt sie es ihm hin. Ob er abbeißen würde oder nicht, konnte sie nicht sagen, denn normalerweise bestimmte der König, ob er gefüttert werden wollte oder nicht.
Zu ihrer Verwunderung nahm er tatsächlich einen Bissen und kaute genüsslich. „Es schmeckt wirklich gut.“
Sie bemerkte, wie vorsichtig er war. „Nach was schmeckt es?“, fragte sie und sah auf das angebissene Stück, aus dem eine dunkelrote Paste quoll. Es sah verlockend aus und ihre Augen suchten den Tisch ab, ob noch mehr davon vorhanden waren.
„Schwer zu sagen. Es schmeckt nicht süß, aber irgendwie trotzdem fruchtig“, versuchte Freyr zu erklären.
„Darf ich von Eurem Stück kosten?“, wollte Fenrir vorsichtshalber wissen. Es war möglich, dass er etwas dagegen hatte. Noch war sie nicht ganz mit den Regeln am Hof vertraut und sie glaubte, bereits mehrmals darüber hinaus gegangen zu sein.
„Natürlich. Ich habe immerhin auch von deinem Stückchen probiert“, lachte Freyr.
„Es ist Euer Recht“, bemerkte sie, bevor sie abbiss und langsam kaute. Ihre Nase krauste sich, als sie nachdachte. „Ich glaube, ich habe diese Frucht schon einmal gegessen, aber ich erinnere mich nicht daran, wie sie heißt“, begann sie und versuchte diese dunkelrote, beinahe schwarze Frucht zu beschreiben. „Sie sind eher sauer, können aber auch süß sein“, schloss sie mit ihrer Vermutung ab. Jedenfalls schmeckte es vorzüglich.
„Es könnten Kirschen sein“, meinte Freyr nachdenklich. „Aber ich bin mir nicht ganz sicher.“
„Kirschen …“, wiederholte sie nachdenklich das Wort und zuckte dann mit den Schultern. „Ich weiß es nicht“, gestand sie verlegen und griff nach einer weiteren Speise, die verlockend aussah. Es machte ihr Spaß, diese mit Freyr durchzuprobieren. Eine tiefe Verbundenheit zu ihm war entstanden, seit sie wusste, dass er ebenso magische Wesen sehen konnte. Aber auch schon vorher hatte sie sich irgendwie zu ihm hingezogen gefühlt.
Sie aßen, rätselten und lachten, während die Gerichte auf dem Tisch immer weniger wurden. Es war fantastisch, was die magischen Wesen für sie gezaubert hatten.
Diese gemeinsame Zeit tat ihr gut und Fenrir musste zugeben, dass sie sich äußerst wohl bei König Freyr fühlte. Er besaß auch Humor, was man ihm auf den ersten Blick nicht zutraute. Doch das gegenseitige Füttern und Reden lockerte die Stimmung.
So lange hatte sie mit ihm noch nie beim Frühstück gesessen und als die Platten endlich leer waren, lehnte sie sich zufrieden zurück. „Ich glaube, ich brauche heute nichts mehr essen“, seufzte sie und strich über ihren vollen Bauch.
Freyr nahm einen Schluck Tee. „Ich wohl auch nicht“, lachte er und klang zufrieden. „Zum Mittag wären wir eh zu spät.“
„So lange haben wir auch noch nie gefrühstückt“, bemerkte sie trocken. Die Speisen waren jedoch so interessant gewesen, dass es ihr schwergefallen war, aufzuhören.
„Das stimmt“, lachte Freyr, der irgendwie glücklich wirkte. „Allein essen macht auch nicht so viel Spaß.“
Fenrir hob eine Augenbraue. Seine Haremsdamen waren doch eigentlich dafür da, ihm Gesellschaft zu leisten. Oder auch seine Frau. Da Fenrir nicht ganz verstand, warum er allein aß, warf sie ihm einen fragenden Blick zu, während sie einen Schluck Tee nahm.
Der König machte eine Handbewegung, welche den Tisch einschloss. „Was hätte ich sagen sollen, woher diese Dinge kommen?“
Nachdenklich nickte sie und nippte an der Tasse. „Das verstehe ich, aber wenn die magischen Wesen nicht für Euch kochen? Oder machen sie das täglich?“, wollte sie wissen.
„Das war ein Dankeschön für deine Mühen“, meinte Freyr. „Aber sonst esse ich nicht allein.“
Seine Worte beruhigten sie ein bisschen. Sie hatte schon befürchtet, dass es manchmal ganz allein aß. „Das war lieb. Aber es war Euer Wunsch, dass ich Euch die Blumen bringe. Ich habe dadurch Zeit mit Tajna und jetzt mit Euch verbringen dürfen“, erklärte Fenrir leicht verschmitzt. Das war in ihren Augen ein großer Pluspunkt.
„Ich hatte eine Bitte, die du mir erfüllt hast und dafür bedanke ich mich jetzt“, meinte er, als wäre das normal. Zudem legte er ihr eine Hand in den Nacken, um sie sanft zu kraulen.
Genussvoll schloss Fenrir die Augen und lächelte. „Jederzeit wieder. Wann immer Ihr einen Wunsch habt, werde ich versuchen, ihn Euch zu erfüllen“, versicherte die junge Frau, die ihre Körperbeherrschung verlor, sobald er sie kraulte. Es war, als würde er genau die Punkte an ihrem Körper wissen, die er betätigen musste, um sie zu entspannen.
„Nach deiner Unterhaltung mit Sinon, hast du dich schon entschieden?“, fragte Freyr vorsichtig.
Fenrir runzelte die Stirn und sah für einen kurzen Moment an die Decke. „Meine Entscheidung stand von Anfang an fest, doch Ihr wolltet, dass ich mich zuerst erinnere. Außerdem meinte Lady Sinon, dass … ich wohl ohne Hingabe im Bett nicht aufgenommen werden würde“, sagte sie seufzend. Zwar wusste sie auch von Sinon, dass einige Haremsdamen nur dort waren, weil Freyr ihre Musik mochte, aber irgendwie hatte Fenrir das Gefühl, dass es nicht das war, warum er sie im Harem haben wollte.
„Ich wollte, dass du dich mit dem Thema beschäftigst“, sagte Freyr sanft. „Leider kommt dein Gedächtnis nicht so schnell zurück, wie ich es mir erhofft habe.