Die Magie der Steine: Wind - Jadelyn Kaya - E-Book
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Die Magie der Steine: Wind E-Book

Jadelyn Kaya

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Beschreibung

Für Freya, Damian und Elias beginnt das zweite Semester auf der Kohatu und neben dem neuen Element kommen Aufträge der Schule hinzu, die ihnen helfen, ihre Fähigkeiten einzusetzen. Gefühle beginnen zu keimen und sorgen für ein Chaos. Schafft Freya dieses Semester ohne Probleme?

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Impressum

 

Autor: Jadelyn Aurora & Kaya Hetalia

Herausgeber: Sabrina Nieminen

Tupamäentie 20

41800 Korpilahti

-Finnland-

 

Covergestaltung: Unter Verwendung von Shutterstock-Motiven

Herstellung und Vertrieb:

tolino media GmbH & Co. KG, München

Erschienen 2023 im Selbstverlag

Ab der 2. Auflage liegen die Rechte bei Jadelyn Aurora

 

 

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

 

 

 

 

 

 

 

 

Schnell zogen die wechselnden Landschaften vor Freyas Augen vorbei. Über die Wiesen und zahlreichen Felder hatte sich innerhalb kurzer Zeit eine weiße Decke aus Schnee gelegt und ließen sie romantisch wirken.

Die Äste der Bäume hingen tief nach unten, da der Schnee schwer war. In Wäldern, in denen die Wege eng waren und die verschneiten Äste beinahe das Fenster der Kutsche streiften, wirkte es unheimlich dunkel.

Schon seit dem frühen Morgen war sie auf dem Weg nach Kohatu, der Akademie für Magie und magische Steine.

Zwei Wochen war Freya Delacour bei ihrer Familie im Dorf Narune gewesen. Die Wiedersehensfreude war auf beiden Seiten groß gewesen. Vor allem ihre Tochter Melody hatte Freya gar nicht mehr losgelassen.

Gemeinsam hatte sie, mit ihren Eltern und Geschwistern, das Ende des ersten Semesters gefeiert. Ihre Eltern waren froh, dass sich ihre Tochter auf der Schule anscheinend wohlfühlte. Von den schlimmen Ereignissen hatte Freya nicht gesprochen. Das hätte sie nur beunruhigt.

Sie hatte mit ihnen darüber gesprochen, ob sie nach den zwei Jahren weitermachen sollte oder nicht. Gerade wegen Melody, die im fünften Semester in die Grundschule der Kohatu gehen konnte. Dann wäre sie bei ihrer Mutter und würde eine Ausbildung erhalten. Ihre Eltern hatten dem zugestimmt und gemeint, dass sie die Möglichkeit nutzen sollte.

Durch den magischen Stein der Essensfrau hatte es jeden Tag etwas besonders Gutes gegeben. Freya war aufgefallen, dass ihre gesamte Familie gesünder aussah als vor einem halben Jahr. Auch ihrem Vater ging es besser und Freya war froh, dass alles zuhause in Ordnung war. Wahrscheinlich wäre das ohne die Kohatu überhaupt nicht möglich gewesen. In ihrem Dorf gab es so etwas wie einen richtigen Heiler nicht.

Einmal hatte sogar eine Blume aus dem Garten der Schule beim Essen gelegen und Freya ging stark davon aus, dass sie von Damian gekommen war. Von Elias konnte sie nicht kommen, denn er war mit seinen Brüdern nach Hause gefahren. Damian hingegen war auf der Schule geblieben.

Freya war so gerührt gewesen, dass sie den Versuch gewagt hatte, ihm einen Brief zu schreiben. Lang war er nicht geworden, denn es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden. Allerdings hatte sie ein Bild von ihren Geschwistern beigelegt. Diese hatten Damian extra eines gemalt. Es ähnelte dem, welches sie mit in die Schule genommen hatte. Es gab nur eine Neuerung: Damian war auf dem Bild zu sehen, wie er Melody hielt.

Der Besuchstag hatte sich in das Gedächtnis ihrer Geschwister gebrannt und sie hatten Damian ganz nett gefunden, auch wenn sie eher schüchtern gewesen waren. Ihre Tochter Melody hatte etwas beisteuern wollen und eine ihrer getrockneten Blumen, die sie mit Freya gesammelt hatte, mitgeschickt. Wie erwartet, war Damian bei ihrer Tochter in beinahe jedem Satz vorgekommen, was Freya zum Lachen gebracht hatte. Die Kleine hatten wirklich einen Narren an ihm gefressen.

Sie war sich nicht sicher, ob der Brief mit dem Bild und der Blume den Weg zu Damian gefunden hatte, denn danach war nichts mehr gekommen. Jetzt freute sie sich darauf, ihn und Elias wiederzusehen.

Der Abschied von ihrer Familie war ihr schwergefallen, doch sie war mittlerweile auch gern auf der Schule. Sie konnte es kaum erwarten, ihnen von den Ferien zu erzählen und die Geschichten der Männer zu hören.

Langsam wurde es dunkler und Freya dachte darüber nach, was sie dieses Mal alles erleben würden. Welchen Stein sie suchen mussten und ob sie sich endlich an Loyd rächen konnte. Nie würde sie ihm verzeihen, was er ihr angetan hatte. Aber dazu musste sie noch viel trainieren. Mit Damian und Elias an der Seite würde es sicherlich funktionieren.

Aber auch die Schwierigkeiten, die sie anfangs gehabt hatten, gingen ihr nicht aus dem Kopf. Es hatte gedauert, bis sie sich zusammengefunden hatten. Alles war so ungewohnt und neu gewesen, und Freya hatte lange gebraucht, sich auf der Schule und in der Gruppe zurechtzufinden.

Beinahe nickte sie vor Müdigkeit ein, als plötzlich die Lichter der erhellten Gartenkuppel der Schule vor ihr auftauchte. Sofort begann ihr Herz schneller zu klopfen. Sie war endlich wieder zurück! Schon jetzt konnte sie es nicht erwarten, endlich die beiden Männer zu sehen.

Als die Kutsche hielt, bemerkte sie jemanden an den Seiten des Eingangstores stehen, der keiner der Wächter war.

Sie erkannte den Mann mit der weißen Strähne sofort wieder und musste lächeln. Es war kaum zu beschreiben, wie die Tatsache, dass er wohl auf sie gewartet hatte, ihr das Herz wärmte. Wenn es denn so war, aber eigentlich war es egal. Sie freute sich, ihn wiederzusehen.

Sobald die Kutsche stehengeblieben war, packte sie ihren kleinen Koffer und riss die Tür auf. „Damian!“, rief Freya freudig und stürmte heraus. Dabei verfehlte sie, wie so oft, die Treppenstufe und segelte im hohen Bogen in den weißen Schnee.

Da Damian zu weit weg war, konnte er sie nicht fangen, doch er war da, um ihr aufzuhelfen. „Wie ich sehe, hat sich deine Fehde mit den Stufen noch immer nicht gelegt“, begrüßte er sie lachend und zog sie hoch.

Grinsend ließ sie sich hinstellen und wischte sich den weißen Schnee von ihrer Kleidung. „Das wird sich nicht ändern, egal wie viele Treppen ich laufe“, lachte Freya und schlang ihre Arme fest um Damian.

Dieser hob sie für einen Moment hoch und drehte sich mit ihr, weil er sich sichtlich freute. „Schön, dass du wieder hier bist“, sagte er und griff nach ihrem Koffer, nachdem er sie wieder abgestellt hatte.

Freyas Augen strahlten, denn sie fand es lieb von ihm, ihren Koffer zu tragen. „Finde ich auch. Dabei habe ich die Ruhe vor dir genossen. Hätte Melody dich nicht in jedem zweiten Satz erwähnt“, neckte sie ihn und sah sich um, ob sie Elias irgendwo entdecken konnte.

„Hat ihr das Geschenk gefallen?“, fragte er mit einem Lächeln, als er ihr den Arm reichte. „Du bist die Erste dieses Semester.“

Verblüfft sah sich Freya um. Die Ruhe um sie herum hatte sie in ihrer Freude noch gar nicht bemerkt. Dabei war es bereits dunkel. „Bin ich das?“, fragte sie erstaunt und bemerkte erst jetzt, dass wirklich sonst keiner zu sehen war. Nicht einmal die, die hiergeblieben waren. Wann würden die anderen Schüler eintreffen? „Und ja, das Geschenk hat ihr gefallen“, lachte Freya. „Als sie auf dem Tisch lag, war sie die Erste, die sie entdeckt hat. Vermutlich wollte sie dir deshalb die getrocknete Blume schicken. Hast du sie überhaupt bekommen?“, wollte sie wissen. So ganz traute sie dem System mit dem magischen Stein nicht. Immerhin konnte die Essensfrau die getrocknete Blume für Müll gehalten und sie aus Versehen weggeworfen haben.

„Ich habe sie bekommen“, versicherte Damian, der zusammen mit Freya das Tor durchquerte und die angenehme Wärme der Glaskuppel betrat. Dabei wirkte er entspannt und irgendwie glücklich. „Danke.“

Sich an ihn schmiegend betrachtete Freya die blühenden Blumen, die durch die Kuppel vor der Kälte geschützt waren. Ihre Augen strahlten bei dem Anblick und sie sog die unterschiedlichen Gerüche sofort auf. Es war toll, dass die Blumen noch immer blühten. Das war wohl nur dem Schutz der Kuppel zu verdanken, denn draußen war es viel zu kühl. „Auch den Brief und das Bild?“, wollte sie vorsichtshalber wissen, denn sie wusste nicht, was man alles mit dem Stein schicken konnte.

„Ja, auch das“, lachte er. „Es hängt in meinem Zimmer“, erklärte Damian und wirkte nicht, als hätte er es eilig.

Das galt auch für Freya, denn sie schlenderten gemeinsam den Kiesweg entlang und am See vorbei. Dabei genoss sie den Duft und die angenehme Wärme, aber auch Damians Gegenwart. „Gut, ich wusste nicht, ob es funktioniert. Der Brief wäre nicht so schlimm gewesen, aber meine Geschwister wollten dir unbedingt das Bild zukommen lassen und haben keine Ruhe gegeben“, gestand sie verlegen. Irgendwie war es ihr schon etwas peinlich.

Damian lachte. „Im Grunde kann man alles damit verschicken“, versicherte er schmunzelnd.

Erleichtert erwiderte Freya sein Lachen. Es wäre schade gewesen, wenn er es nicht bekommen hätte. „Bist du denn schon ein Stockwerk höher gezogen?“, fragte sie neugierig. Sie erinnerte sich daran, dass sie nicht mehr in ihrem alten Wohnkomplex sein würden. Das würde für sie mit ihrem schlechten Orientierungssinn sicherlich nicht angenehm werden.

„Ja, heute bin ich hochgezogen, damit ich dir gleich den Weg zeigen kann“, sagte er und führte sie vorbei an wunderschönen gelben Blumen, die gerade in voller Blüte standen.

Freya blieb sogar stehen und ließ Damians Hand los, um in die Hocke zu gehen und an ihnen zu riechen. Dann wandte sie ihren Kopf zu Damian. „Willst du noch auf Elias warten oder gehen wir vor?“, fragte sie.

„Elias kommt erst recht spät“, meinte Damian entschuldigend. „Vielleicht sogar erst morgen früh.“

Verwirrt sah Freya ihn an. „Warum? Was ist los?“, fragte sie tonlos, denn sie ging davon aus, dass etwas passiert war. Wie sollten sie dann auf Mission gehen?

„Heute ist ja erst der Tag der Ankunft und morgen geht es dann los. Wenn er vor der Prüfung kommt, ist alles in Ordnung“, beruhigte er Freya. Diese war sich jedoch nicht sicher, ob er vielleicht doch mehr wusste. „Ich weiß aber leider nicht, was bei ihm los ist.“

Freya war zwar erleichtert, dass er nicht zu spät kommen würde, machte sich aber trotzdem Sorgen, dass vielleicht etwas passiert war. Sie mochte den Schwarzhaarigen mit der Brille gern und war etwas enttäuscht, dass sie den Abend nicht mit beiden verbringen konnte. Dafür hatte sie Zeit mit Damian. „Na gut, dann hast du die ehrenvolle Aufgabe, mich zu unserem neuen Wohnkomplex zu führen“, neckte sie ihn.

Damian lachte. Er schien sich noch immer über ihren nicht vorhandenen Orientierungssinn lustig zu machen. „Diese Aufgabe nehme ich gerne an“, sagte er und verneigte sich leicht, während er ihr eine Hand reichte. In seinen Augen funkelte die Belustigung und Freya war klar, dass er sie aufzog.

Freya nahm seine Hand und ließ sich führen. „Haben wir eigentlich die Küche, von der du gesprochen hast?“, wollte sie wissen, als sie zusammen die Wendeltreppe nach oben gingen. Freya lief vorsichtig und blickte auf die Stufen, damit sie nicht wieder fiel.

Damian war an ihrer Seite, damit er sie halten konnte. „Ja, aber sie ist wirklich klein“, sagte er fast schon entschuldigend.

„Reicht doch aus, damit du Tee machen kannst“, prustete Freya und boxte ihm spielerisch in die Seite. Noch wusste sie nicht, was sie erwarten würde, aber sie war wirklich neugierig darauf.

„Ach, man kann auch irgendwas kochen. Zumindest mit Magie sollte das kein Problem sein“, meinte Damian belustigt. Er schien es genauso zu genießen, von ihr geneckt zu werden, wie sie.

Seine gute Laune brachte Freya zum Schmunzeln. „Dann weißt du, was du zu tun hast, sollte dir einfallen, wieder den ganzen Abend lernen zu wollen“, erwiderte sie amüsiert, wurde dann jedoch ernst. Ihr Gesicht verdüsterte sich und sie seufzte. „Wenn ich an die letzten Prüfungen denke, bin ich wirklich niedergeschlagen. Du hast so viel mit mir gelernt und geübt und sie waren eine Katastrophe. Ich habe keine Ahnung, wie ich das alles aufholen kann. Es kommt immer mehr dazu“, meinte sie bedrückt. Sie war von sich selbst enttäuscht, aber wenigstens hatte sie das erste Semester irgendwie überstanden.

„Ach, mach dir nicht so viele Gedanken. So schlecht warst du doch gar nicht“, meinte Damian beschwichtigend. „Das Problem war einfach, dass du etwas langsamer warst als der Rest. Das bekommen wir hin, denn du bist ein schlaues Köpfchen.“

Es hatte wirklich einige Zeit gedauert, bis sie die Aufgabenstellungen in den Prüfungen verstanden hatte. Für Freya war es reines Versagen gewesen, doch die Gruppenprüfungen hatten sie gerade noch herausgezogen. „Sag so was nicht. Ich will nicht wissen, wie viele Fehler in dem Brief waren“, meinte sie abwehrend.

„Der Brief war gar nicht schlecht“, meinte Damian schulterzuckend. „Es waren ein paar Fehler drin, aber die habe ich auch lange gemacht. So etwas lernt man nur durch viel Übung“, erklärte er und öffnete Freya die Tür zu ihrem neuen Wohnräumen. Er gab ihr das Gefühl, dass es ihm egal war, ob sie Fehler machte oder nicht. Er glaubte an sie, was ihr guttat.

Freya trat ein. Mit großen Augen bestaunte sie die neuen Räumlichkeiten, die ihnen für dieses Semester zur Verfügung standen. Sie waren größer und die Fenster ließen mehr Licht herein. Zudem gab es nicht nur einen Gemeinschaftsraum und die kleine Küche, sondern auch einen Bereich, in dem man Platz für Übung hatte, weil der Raum so gut wie leer war. Außerdem stand im Gemeinschaftsraum sogar ein Regal mit Büchern. Dann mussten sie nicht immer in die Bibliothek.

Von der kleinen Küche war sie richtig angetan. Es war genug Platz, um etwas zu kochen. „Das sieht richtig schön aus“, gab Freya begeistert zu und wollte wissen, welches von den Schlafzimmern das Kleinste war.

„Ja sieht es“, stimmte Damian ihr zu und blickte sie dann fragend an. „Nun, sie sind wohl alle gleich groß, denke ich.“

Nachdenklich legte Freya den Kopf schief. „Welches hast du? Ich glaube, ich schlafe auf dem Sofa, weil ich möchte, dass Elias sein Zimmer aussucht“, meinte sie, nachdem sie das breite und gemütlich aussehende Möbelstück inspiziert hatte.

Damian lachte. „Ach, Quatsch. Die Zimmer sind alle gleich“, versicherte er und öffnete die Türen, damit sie die Zimmer betrachten konnte.

Nach einer neugierigen Inspizierung musste Freya zugeben, dass sie sich wirklich nicht unterschieden. Somit war es egal, welches Zimmer sie nahm. So, wie sie das letzte Mal gewohnt hatten, war es ganz gut gewesen. „Dann nehme ich das am nächsten zur Tür“, sagte sie nach kurzem Überlegen. Genau wie im alten Wohnkomplex.

„Das klingt gut“, stimmte Damian ihr zu, denn auch er war wieder in dem Zimmer, das am nächsten am Gemeinschaftsraum war.

Ihren Koffer nahm Freya mit einem Lächeln aus Damians Hand und legte ihn auf das Bett. „Es ist schön, wieder hier zu sein“, gestand sie und streckte sich ausgiebig.

„Wirklich? Dabei hatte ich angenommen, dass du am liebsten nie wieder herkommen willst“, bemerkte er und lehnte sich an die Wand neben ihrer Tür. Es war eine Geste, die Freya mittlerweile gut von ihm kannte. Irgendwie half ihr diese sogar noch mehr dabei, sich wieder heimisch zu fühlen.

Verlegen rieb sich Freya ihre Nasenwurzel. „Wollte ich auch anfangs nicht. Da wäre es mir ganz recht gewesen, nicht mehr zurückzukommen“, meinte sie schulterzuckend. Damals hatte es ihr hier wirklich nicht gefallen und auch das Verhältnis zu Damian war katastrophal gewesen. Erst im Laufe der Zeit hatte es sich gebessert und nun gehörte er irgendwie zur Familie.

Als sie begann, ihren Koffer auszupacken, nahm sie zuerst das Bild ihrer Familie heraus, gab diesem einen Kuss und stellte es auf den kleinen Nachtschrank.

„Kann ich gut verstehen“, meinte Damian hörbar belustigt. Ob er sich auch noch an die ersten Tage erinnerte, die sie hier gemeinsam verbracht hatten? Oder blendete er sie aus? „Wie geht es dir denn mittlerweile?“

Mit ihrer Wäsche in der Hand ging sie auf den Schrank zu und blieb stehen, um sich zu ihm umzudrehen. „Auf was genau beziehst du es?“, fragte Freya neugierig, während sie trotzdem irgendwie ihre Wäsche im Schrank verstaute, aber ihn weiter ansah. Diese Frage konnte auf viele Dinge bezogen werden und sie wusste nicht, was genau er wissen wollte.

„Auf deine Verletzung“, sagte er mit leiser, eigentlich ziemlich sanfter Stimme, als würde er sich Sorgen machen. „Gab es damit Probleme?“

Seufzend nickte sie. Es ihm zu verheimlichen, wäre keine gute Idee. Zudem machte er sich Sorgen. „Leider. Sie verheilen zwar, aber gerade an manchen Stellen ist die Haut so sensibel, dass es nicht einfach ist, alles zu tragen. Oder wenn Melody auf den Arm möchte“, gestand Freya unglücklich. Natürlich konnte ihre kleine Tochter nicht wissen, was geschehen war. Sie machte es nicht mit Absicht und trotzdem war es schwierig. „Aber sein Mal tut am meisten weh. Eigentlich die ganze Zeit. Wie ein konstantes Ziehen, wenn ich mich bewege“, fügte sie hinzu und seufzte erneut. Es brachte nichts, Damian deswegen anzulügen. Zwar lag die Tortur schon eine ganze Weile zurück, aber für Freya heilten die Wunden einfach nicht schnell genug. Die Angst, dass sie vielleicht niemals verheilen würden, war groß.

„Möchtest du, dass ich es mir noch einmal ansehe?“, fragte er und schien jetzt gleich zu meinen.

Sie nickte zustimmend. Es war besser, wenn er es sich noch einmal ansah. Vielleicht war auch irgendetwas entzündet. Immerhin hatte sie sich viel bewegt und auch körperlich gearbeitet. „Lass mich bitte kurz ausräumen, weil ich mich auch gleich umziehen möchte.“ Mit diesen Worten öffnete sie den Schrank erneut und legte einen weiteren Teil der Wäsche darin ab, bevor sie diese sortierte.

Damian wartete geduldig und beobachtete sie dabei. Sein Blick war jedoch nicht unangenehm. Nicht so wie im ersten Semester. Freya hatte sich irgendwie daran gewöhnt. „Möchtest du das Kleid wieder in dein Regal hängen?“, fragte er neugierig und auch irgendwie belustigt.

„Natürlich. Das ist ein schönes Erinnerungsstück“, lächelte sie. Freya nahm sich das weiße Leinenkleid, um es auf das Bett zu legen. Den Rest verteilte sie geschickt im Schrank.

„Weißt du, dass ich gern einmal mit dir einkaufen gehen würde“, gestand er und klang weniger wie ein Mann, sondern mehr wie eine beste Freundin, die fand, dass Freya unbedingt einen Einkaufsbummel brauchte. „Dich in einigen hübschen Sachen zu sehen, wäre interessant.“

Leise kichernd schüttelte Freya den Kopf. „Vergiss es. Ich habe meine Lektion gelernt und werde nicht mehr mit euch in die Stadt gehen. Sonst habe ich plötzlich noch mehr Geschenke“, lachte sie erheitert.

Kurz blickte Damian sie musternd an, bevor er auf sie zu kam. „Ist es dir wirklich so unangenehm, wenn ich dir ein Geschenk mache?“, fragte er, während er ihr Kinn leicht hob. „Ich freue mich darüber, wenn du strahlst. Das kann kein Geld der Welt ersetzen.“

Nachdenklich sah Freya ihn an und schüttelte den Kopf. „Das nicht, Damian. Aber es fühlt sich nicht ganz richtig an“, gestand sie verlegen. Es fühlte sich an, als würde sie jemanden ausbeuten. „Kannst du dir vorstellen, wie glücklich ich war, als Melody die Blume gefunden hat? Ich wusste, dass sie von dir kam und das hat mich glücklich gemacht“, erzählte die junge Frau ihm. Sie wollte ihm begreiflich machen, dass sie Kleinigkeiten wertzuschätzen wusste.

„Ich weiß“, meinte er und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Aber ich möchte, dass du nicht nur schöne Erinnerungen hast, sondern auch etwas, was dein Leben leichter macht“, erklärte er ernst, aber sanft.

Die Geste war richtig zärtlich und ließ Freya schlucken. Seine Finger waren so angenehm und liebevoll, dass es ihr ein Kribbeln im Magen verursachte. „Erleichtern denn hübsche Kleidung das Leben?“, wollte sie wissen.

„Es erleichtert mir das Leben, wenn ich weiß, dass du im kalten Winter einen warmen Mantel hast und auch deine Tochter einen besitzt, falls du einmal keinen Wärmezauber anwenden kannst“, sagte er und ließ ihr Kinn los.

Seine Worte leuchteten ihr ein, zeigten ihr aber auch, dass er sich Sorgen um sie machte. „Wenn du unbedingt einen Mantel kaufen willst, dann bitte für Melody und meine Familie. Sie haben es dringender nötig als ich und es macht mich glücklich, wenn es ihnen gut geht“, erwiderte Freya, während sie sich zwei Schritte zurückzog, um ein Paar Socken auf das Bett zu legen. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen.

„Und mich macht es glücklich, wenn es dir gut geht“, sagte er. Anscheinend hoffte er, dass sie es verstand.

„Ach, Damian“, murmelte Freya gerührt. Sie kam zu ihm zurück und streichelte kurz und sanft seine Wange. So, wie er es auch bei ihr getan hatte. „Wenn du unbedingt willst, dann können wir gehen. Aber nur ein Kleidungsstück und nicht mehr, in Ordnung?“, bat sie eindringlich.

„Eines für dich und eines für Melody“, versuchte er zu handeln.

„Sie wächst noch und wird deshalb nicht lange etwas tragen können“, bemerkte sie und zog nun ihr Oberteil aus, damit Damian sich ihre Verletzungen ansehen konnte. Den Rock zog sie ein kleines Stückchen herunter, sodass die Narben alle frei lagen, sie sich aber nicht zu viel entblößte. Selbst vor Damian war ihr das noch immer peinlich.

„Muss sie auch nicht unbedingt. Aber du kannst ihn ihr schicken, dann hat sie diesen Winter etwas Warmes“, sagte er, bevor er sie bat, sich aufs Bett zu setzen.

Ohne zu murren nahm sie an die Kante ihres Bettes Platz und sah abwartend zu ihm auf. „Wenn du meinst … aber ich sehe es als Verschwendung, wenn man solche Dinge neu kaufen muss. Vielleicht lernen wir, wie man solche Dinge vergrößert und verkleinert“, hoffte sie. Dann konnte sie die Kleidung viel länger benutzen.

„Du kannst ihn doch weiterverkaufen“, schlug Damian vor. „Aber Kinder brauchen trotzdem warme Kleidung. Sie können ja nicht nackt herumlaufen, bis sie nicht mehr wachsen“, lachte er und untersuchte ihre Wunde ausgiebig.

Damian hatte Recht. Aber verkaufen würde sie den Mantel nicht, sondern ihn für die anderen Kleinkinder aufbewahren. Das war in ihrer Familie schon immer so gewesen. Die Kleidung, die noch zu gebrauchen war, wurde an die jüngeren Geschwister weiterzugeben.

Neugierig sah sie Damian zu, wie er ihre Wunde betrachtete. Er sah konzentriert aus und wirkte wie ein Heiler. Sie hoffte, dass es bald wieder komplett geheilt war. Wenigstens konnte sie sich wieder normal bewegen. Das war anfangs gar nicht richtig möglich gewesen.

Er berührte sanft ihre Haut. „Tut es hier weh?“, fragte er und drückte ein kleines bisschen.

Freya zuckte zusammen und nickte dann. „Etwas. Wie ein spannendes Gefühl, als würdest du mir die Haut abziehen wollen“, versuchte sie es zu beschreiben.

„Tut mir leid, ich wollte dir nicht weh tun“, sagte er sanft und leitete etwas Magie hinein.

Sofort spürte sie das warme, angenehme Kribbeln und sie schloss die Augen. Anfangs waren seine Berührungen unangenehm gewesen, doch nun waren sie schön, weil sie wusste, dass er ihr nichts tat. „Es ist nicht deine Schuld. Vielleicht sollte ich noch einmal zu Navaste und sie fragen, ob sie noch einmal eine Salbe anfertigen kann“, sagte Freya gedankenverloren. Sie hatte sich letztes Semester schon gefragt, warum es eigentlich außer Navaste und den Lehrern für die Elemente keine weiteren ausgebildeten Magier hier gab. Damian hatte ihr einmal nebenbei erzählt, dass diese wohl im Krieg waren, doch da sich Freya nicht so richtig damit auskannte, wusste sie nicht, ob das stimmte.

„Das ist auf alle Fälle eine gute Idee“, stimmte er zu. „Aber deine Haut ist nicht nur trocken, sie spannt auch mehr als davor.“

Verlegen nickte sie. Ihm entging aber auch wirklich nichts. „Ich weiß. Dabei habe ich nicht einmal jeden Tag gebadet, weil es unangenehm wird“, erklärte Freya. Gerade in der kalten Jahreszeit hatte sie oft das Problem, dass ihre Haut trocken wurde.

„Vielleicht deshalb. Beim Baden wird die Haut geschmeidiger“, sagte er und ließ von ihr ab.

Ein leichtes, ungewohntes, aber nicht unangenehmes, Kribbeln blieb zurück. Fast wie Schmetterlinge im Bauch. „Ich war ein paar Mal mit Melody baden“, meinte die junge Frau. Dabei hatte sie ein Oberteil getragen, damit ihre Tochter die Verletzungen nicht sah. „Normalerweise ist es nicht gut, das im Winter so oft zu machen.“

„Das stimmt, aber der Wärmezauber sollte euch geholfen haben, oder?“, wollte Damian wissen, der sich wieder von ihr zurückzog.

Mit einem Kopfnicken stand sie auf und warf sich das Leinenkleid über, bevor sie sich ihres Rocks entledigte. „Er war wirklich hilfreich. Das Feuer in der Stube habe ich täglich brennen lassen“, erzählte sie beiläufig. So hatten ihre Eltern nicht darauf aufpassen müssen, dass es ausging.

Säuberlich legte sie ihren Rock zusammen und platzierte ihn auf dem Stuhl. „Eigentlich war das Baden nicht immer nötig gewesen, aber es tut Melody gut und es macht sie schläfrig. Sie wollte ständig, dass ich mitkomme und auch abends wollte sie stundenlang kuscheln, bevor die Müdigkeit sie übermannt hat“, lachte Freya vergnügt. Sie hatte es genossen, mit ihrer Tochter im Bett zu liegen, sie in den Armen zu halten, Geschichten zu erzählen und sie zu streicheln.

„Sie hat dich vermisst“, meinte Damian und klang wissend. „Natürlich will sie Zeit mit dir verbringen und baden vor dem Schlafen ist immer hilfreich.“

Mit geschickten Fingern flocht sich Freya ihre Haare, nachdem sie diese gut gebürstet hatte. „Ich weiß. Übrigens war der Blumenkranz immer noch hübsch“, bemerkte sie. Darüber hatte sie sich gefreut, als sie an das Grab ihrer Brüdern gegangen war. Ihnen hatte sie alles, was sie erlebt hatte, erzählt.

„Das freut mich“, meinte Damian ehrlich. „Möchtest du noch etwas im Gemeinschaftsraum machen? Karten spielen oder bist du zu müde und möchtest ins Bett?“

Freya schüttelte vergnügt den Kopf. „Ich habe Hunger“, lachte sie. Zwar war sie von der Reise etwas erschöpft, aber nicht müde. Außerdem hatte Damians lieber Empfang sie aufgemuntert. „Aber ich würde gerne wissen, wie es mit Rosalie war. Wie wäre es also mit Tee, eine Kleinigkeit zum Essen und du erzählst mir, wie es deiner Schwester geht?“, schlug sie vor.

„Sehr gern“, meinte Damian schmunzelnd und führt sie in den Aufenthaltsraum, wo genau das bereitstand. Als hätte er es bestellt, während sie in ihrem Zimmer gewesen waren.

Erstaunt darüber warf Freya ihm einen Blick zu und sah dann das Essen an. „Besitzt du etwa telepathische Fähigkeiten oder wieso steht schon Essen bereit?“, wollte Freya neugierig wissen. Er überraschte sie immer wieder.

Damian lachte. „Nein, das war Zufall. Ich hatte gehofft, es wäre schon da, bevor du kommst, damit du gleich etwas essen kannst, aber du bist früher gekommen, als ich angenommen habe“, gestand er und führte sie an den Tisch.

Hungrig ließ sie ihren Blick über die Teller schweifen und leckte sich die Lippen. „Die Kutsche war heute Morgen früh da“, erzählte sie. Daher war sie nicht richtig dazu gekommen, etwas zu essen und unterwegs war ihr das unangenehm. Unter anderem, weil sie in der Kutsche schnell Übelkeitsgefühle bekam. „Da Elias nicht da ist, musst du als Alleinunterhalter herhalten und mich mit Geschichten bespaßen“, bemerkte Freya lächelnd, ließ sich auf dem Stuhl nieder und bat Damian, sich zu setzen.

Dieser ließ sich neben ihr nieder und nahm sich einen Tee. „Rosalie hat nach dir gefragt“, gestand er. „Und sie freut sich schon darauf, dich kennenzulernen. Du wirst sie morgen bestimmt sehen.“

„Sie kommt wirklich?“, fragte Freya überrascht, aber auch froh darüber. Dann war Damian nicht mehr allein. Obwohl sie Rosalie noch nie gesehen hatte, glaubte Freya, dass sich die zwei nahestanden. So, wie Damian über sie sprach, war das wahrscheinlich.

Freya nahm sich Fleisch und Gemüse von den Tellern, dazu Brot und Orangensaft. „Wie oft hast du sie denn in den Ferien gesehen? Und hat sich ihre Magie gezeigt?“, wollte die junge Frau wissen, während sie begann, da Damian mit seinem Tee glücklich zu sein schien. Sie hatte einfach zu großen Hunger, um länger zu warten.

„Sie war hier und hat mich besucht“, sagte Damian und lächelte zufrieden, während er weiter an seiner Tasse nippte. „Gegen den Willen unserer Eltern, aber dafür kann sie jetzt etwas Magie und es reicht, damit sie hierher darf“, erzählte er ihr zufrieden.

Freya fasste über den Tisch nach seiner Hand und drückte sie. „Das freut mich für dich, Damian. Du verdienst es, dass ihr zusammen seid“, gestand sie ehrlich. Sie wäre auch gern mit ihren Geschwistern zusammen hier, doch diese beherrschten leider keine Magie.

Wenn Rosalie hier war, hatte er auch jemanden, mit dem er reden und sich treffen konnte, ohne dass es Ärger bereitete. So, wie er erzählt hatte, würde Ardelia seiner Schwester nichts tun. Im Gegensatz zu allen anderen Frauen an der Schule. „Ich hoffe, sie kommt in eine gute Gruppe.“

„Ich hoffe auch und dann hättest du eine weibliche Freundin, mit der du Zeit verbringen kannst“, meinte Damian grinsend.

Freya erwiderte das Grinsen verlegen. Sie würde sich darüber freuen, eine Freundin zu haben. Nachdem sie sich von Evette fernhielt, da diese mit Ardelia und Loyd in einer Gruppe war, hatte sie niemanden. „Aber ich möchte wirklich sehr viel lernen, damit die Prüfungen besser laufen als das letzte Mal“, gestand sie. Es ärgerte sie noch immer, dass diese nicht so verlaufen waren, wie sie erhofft hatte.

„Wir schaffen das schon“, lächelte er und drückte ihre Hand ebenfalls leicht.

„Magst du mir ein wenig von Rosalie erzählen?“, bat sie ihn, damit sie sich ein Bild machen konnte, wie seine Schwester war. Ob sie genauso wie ihr Bruder war?

„Nein, ich denke, du solltest sie selbst kennenlernen“, meinte er neckend und nahm sich ein Stück Käse.

Freya schnaubte kopfschüttelnd. „Fiesling“, murmelte sie mit vollem Mund und seufzte dann. „Schlimmer als du kann sie nicht sein“, zog Freya den hochgewachsenen Jungen auf und schob ihren Teller von sich. Zufrieden und satt lehnte sie sich mit der Tasse Tee zurück und beobachtete Damian beim Essen. Er schien nicht sonderlich viel zu essen. Ob er schon hatte? Oder war er einfach nicht hungrig?

Damian lachte. „Sie ist dir sehr ähnlich“, erklärte er und klang dabei, als wäre da noch viel mehr.

„Um Himmels Willen“, erwiderte Freya erschrocken. „Und ich dachte, du hast damals nur ein Witz gemacht“, meinte sie kopfschüttelnd. „Dann hast du überhaupt keine Ruhe.“ Ob Rosalie auch so tollpatschig war wie sie?

„Nein, ich hab es wirklich so gemeint“, lachte er und nahm eine Weintraube, um sie mit dem Stück Käse zusammen zu essen.

Nachdenklich musterte die junge Frau ihn dabei. Anfangs war sie traurig gewesen, dass Elias noch nicht da war, aber wenn Freya ehrlich war, genoss sie die Zeit mit Damian genauso. Es war schön, mit ihm zu reden und sich gegenseitig zu necken.

Er hielt ihr plötzlich ein Stück Traube und Käse hin. „Probier mal“, sagte er, als würde er vom Thema ablenken wollen.

Aus ihren Gedanken aufgeschreckt sah Freya ihn kurz entschuldigend an, bevor sie den Mund öffnete. Dass Damian diese Art von Essen mochte, hatte sie schon längst bemerkt. Gekostet hatte sie es bisher nicht, weil sie meist schon zu voll gewesen war. Heute machte sie eine Ausnahme und nahm das Dargebotene an.

Vorsichtig schob Damian ihr die beiden Sachen in den Mund und betrachtete sie neugierig.

Mit dem Urteil ließ sich Freya Zeit. Die Kombination war zuerst merkwürdig, aber die Süße der Weintraube milderte den kräftigen Geschmack des Käses ab. Es war ein guter, harmonischer Geschmack, der sich in ihrem Mund ausbreitete. „Schmeckt gut“, gab sie zu.

„Ist beides auch gesund“, behauptete er mit einem Lächeln, bevor er sich noch etwas nahm.

„Hast du dir einen Pflaumenschnaps besorgt, um uns auszuhalten?“, fragte sie neckend und nippte an ihrem Tee.

Damian lächelte geheimnisvoll. „Möglicherweise“, neckte er sie belustigt.

Kopfschüttelnd und lachend nahm sich Freya eine Weintraube und warf sie in die Luft, um sie mit dem Mund zu schnappen. „Ich sollte Geld sparen und heimlich etwas kaufen, was ich dir unterjubeln kann, wenn du wieder nervig wirst.“ Ihr Tonfall war neckend, als sie auf seine Worte einging.

Das ließ Damian lachen. „Ne, schick das mal ruhig deinen Eltern“, meinte er und nahm ein weiteres Stück Käse. „Ich hab da einen Flasche im Schrank, die reicht schon.“

„Vielleicht bringe ich Rosalie dazu, mir deinen Geburtstag zu verraten“, grinste Freya schelmisch. „Und eine Flasche wird für das Semester nicht ausreichen. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich weniger anstrengend als davor bin“, schnaubte sie vergnügt.

„Ich habe letztes Semester keine gebraucht, wieso sollte ich dann dieses eine brauchen?“, fragte er mit einer abwinkenden Handbewegung. Dabei ein Lächeln auf den Lippen.

„Du hast zwei. Und wenn Melody kommt, hast du drei“, zählte sie frech grinsend auf. Freya nahm die Teekanne und schenkte sich ein, bevor sie Damian fragend ansah. „Ich verstehe nicht, wie man so ein Zeug trinken kann. Elias mag Bier, das ist genauso eklig“, behauptete sie kopfschüttelnd. Sie hatte es gekostet, aber es war nichts, was sie noch einmal trinken würde.

„Der Pflaumenschnaps schmeckt fruchtig“, erklärte Damian und nickte als Zeichen, dass er noch etwas wollte.

Vorsichtig, damit nichts überlief, schenkte sie ihm ein, bevor sie die Kanne wieder abstellte. „Mag sein. Das ist trotzdem nichts für mich“, beharrte Freya lachend. Wenn er es mochte, war das in Ordnung. Sie musste es nicht trinken.

„Muss es ja auch nicht“, meinte Damian und nahm die Tasse an die Lippen, um zu trinken. Seine Augen lagen dabei auf ihr und es war, als würde er sie mustern.

Dieser Blick entging Freya nicht und anfangs sah sie zur Seite, bevor sie seufzte und ihn doch erwiderte. „Habe ich irgendetwas in meinem Gesicht oder warum siehst du mich so durchdringend an?“, wollte sie wissen. Mit so etwas kam sie nicht gut zurecht.

„Ich musterte dich“, sagte er. Dabei sah er nicht aus, als würde er sich schuldig fühlen. „Und genieße deinen Anblick.“

„Warum denn das?“, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Hast du mich im letzten Semester nicht genügend gemustert? So viel verändert hab ich mich doch gar nicht.“ Zumindest glaubte sie das.

Damian lachte. „Doch, man sieht einige Unterschiede“, behauptete er schmunzelnd.

„So? Was denn für welche?“, wollte sie neugierig wissen und hielt nun seinem Blick stand. „Und was soll das heißen, du genießt den Anblick?“

Damian hob die Hand und strich ihr vorsichtig über die Wange. „Du hast hier eine Wunde“, sagte er sanft. „Hast du dich da geschnitten?“

Vorsichtig tastete Freya dorthin, wo er sie berührt hatte. Dann nickte sie leicht. „Ja. Ist bei der Arbeit mit den Tieren passiert“, erklärte sie, als sie sich daran erinnerte.

„Und hier hast du einen blauen Fleck“, bemerkte er und strich sanft über ihren Hals. Dort hinterließ er eine kribbelnde Spur. Es war ein bisschen so, als würde er jede Möglichkeit nutzen, sie zu berühren.

Schon fast genussvoll schloss Freya die Augen. Warum fühlte sich das nur so merkwürdig gut an? „Das kam vom Kuscheln mit meinen Geschwistern.“

„Du bist wirklich empfindlich“, sagte er leise. „Du kannst so leicht verletzt werden. Du solltest besser aufpassen.“

„Das war aber schon immer so. Ich bekomme schnell blaue Flecke, die eine Weile bleiben. Aber meist tun sie nicht weh. Nur am Anfang“, sagte sie vorsichtig. Vor allem von Loyds hartem Griff hatte sie stets blaue Flecken bekommen. Die Erinnerung daran ließ diese manchmal auch noch schmerzen.

Sie spürte plötzlich wieder dieses Kribbeln, das ihr zeigte, dass Damian heilte. „Man sollte dich in Watte packen“, bemerkte er schmunzelnd. „Damit du dich nicht zu einem Kunstwerk aus roten und blauen Flecken machst.“

Freya lachte leise. „Machst du dir etwa Sorgen?“, fragte sie neckend. „So schlimm ist es nicht“, meinte sie beschwichtigend. Sie bemerkte nicht, dass sie mit ihrem Finger die Stelle nachfuhr, an der er sie geheilt hatte, weil sie Damian in die Augen sah. Es war fast so, als würde sein Blick sie gefangen nehmen.

„Trotzdem müsste das nicht sein“, meinte er und strich ihr eine Strähne zurück hinter ihr Ohr.

Verlegen senkte Freya den Blink. „Dann kannst du froh sein, dass du mich damals nicht gesehen hast, als ich vom Baum gefallen bin“, schmunzelte sie mit geröteten Wangen. Ihre Haut war mit Flecken übersät gewesen und ihre Brüder hatten sie damit aufgezogen.

Damian tätschelte ihren Kopf. „Dieses Semester werde ich dir zeigen, wie du mit Magie deinen Körper stärken kannst, damit so etwas nicht mehr so oft passiert“, versprach er zärtlich.

Von unten warf Freya ihm einen verlegenen Blick zu. Damian war wirklich lieb. Heute vielleicht sogar noch mehr als sonst. „Danke. Meinst du, das hilft?“, fragte sie hoffnungsvoll. Es machte ihr eigentlich nichts aus, wenn sie blaue Flecken oder kleinere Wunden hatte. Sie fand, dass sie dadurch resistenter geworden war.

„Ich denke schon“, meinte er nachdenklich und streichelte noch einmal ihre Wange. „Ich hoffe, es wird dir helfen.“

Freya nickte gedankenverloren. „Dann hoffe ich es auch. Bei der Arbeit auf dem Hof wäre es zumindest nicht schlecht“, erwiderte sie seufzend. „Dort gibt es immer wieder Verletzungen, manchmal auch Tritte von den Tieren. Bisher ist noch nichts Schlimmes passiert.“ Zumindest hatte noch keiner gebrochene Knochen gehabt.

„Das ist gut“, sagte Damian beruhigt und ließ von ihr ab. „Möchtest du noch warten, ob Elias vielleicht kommt?“

Sobald er seine Hand wegnahm, fehlte Freya irgendwie etwas. Ein fast enttäuschter Ausdruck erschien deshalb auf ihrem Gesicht. „Ich spüle das Geschirr ab. Machst du noch einen Tee? Dann können wir uns auf das Sofa setzen und noch etwas reden, während wir warten“, schlug sie vor. Das restliche Essen würde warm bleiben, da war sie sich sicher.

„So können wir es machen“, meinte Damian nickend. „Aber verbrenn dich nicht, das Wasser ist heiß.“

Kurz zuckte Freya zusammen, weil es sie an Loyd erinnerte. Dennoch nickte sie und schluckte. „Ich werde aufpassen“, versprach sie und stand auf, um das benutzte Geschirr zusammen zu räumen. Damian kümmerte sich derweil um den Tee.

Solange sie abspülte, hing sie ihren Gedanken nach. Damian war richtig zärtlich und seine Berührungen verwirrten sie. Warum war er plötzlich so anders?

Freya beeilte sich mit dem Abwasch und kam schließlich zum Sofa, um sich niederzulassen. „Erzählst du mir, wie es dir in den zwei Wochen ergangen ist?“, bat sie neugierig.

„Im Grunde war es langweilig“, antwortete er schulterzuckend und gelangweilt. „Hier war fast nichts los und ich habe viele körperliche Übungen gemacht.“

Mit einem Prusten nahm sie den Tee entgegen. „Oh du meinst, um deinen stählernen Körper noch härter zu machen?“, fragte die junge Frau neckend. Noch gut erinnerte sie sich an die Neckereien auf dem Flur, als sie zum schwarzen Brett gegangen waren, um sich eine Mission auszusuchen.

„Ich habe nur versucht, für die nächste Suche in Form zu bleiben, damit ich auch auf dich aufpassen kann“, erklärte er und lächelte schief.

Sanft boxte sie ihm in die Seite, bevor sie ihre Beine nah an sich auf das Sofa zog. „Dann fühle ich mich richtig schlecht, weil ich überhaupt nichts getan habe“, gestand sie verlegen und ein wenig missmutig. So gesehen hatte sie die freien Tage gar nichts für die Schule gemacht.

„Das musst du nicht, du hattest eine Menge anderer Arbeit“, versicherte er. „Außerdem ist es Gruppenarbeit und jeder trägt seinen Teil dazu bei. Auch du.“

Nachdenklich starrte Freya auf ihre Tasse und nickte schließlich. „Aber so viel wie ihr steuere ich nicht bei. Was für einen Stein müssen wir dieses Mal finden?“, wollte sie wissen.

„Dieses Mal ist der Wind dran“, erklärte Damian und ging auf ihre vorherige Aussage gar nicht ein.

Seufzend fuhr sich die junge Frau durch die Haare und lehnte ihren Kopf an die Lehne des Sofas, um an die Zimmerdecke zu starren. „Hoffentlich gibt es dieses Jahr erfreulichere Dinge als letztes Jahr“, meinte sie nachdenklich. Der Kampf mit Ardelias Gruppe gehörte zu den weniger schönen, aber Freya wollte sich an Loyd rächen.

„Dann habe ich gute Nachrichten für dich: Loyd hat die Ferien genutzt, um die Steine des Windes, des Wassers und des Feuers zu sammeln“, erklärte er. „Das heißt, dass wir ihn los sind, weil er seine Abschlussprüfung zum Adept macht und danach einige Zeit lang nicht mehr an der Schule ist.“

„Was?“, keuchte sie erschrocken. „Wieso darf er die Steine in den Ferien sammeln? Ist das nicht ungerecht den anderen gegenüber? Und nein, das sind definitiv keine guten Nachrichten. Meine Rache steht noch aus“, meinte sie verärgert. Wer dann wohl in Ardelias Gruppe kommen würde? Hoffentlich nicht wieder so ein Sadist.

„Er war der Jahrgangsbeste und damit bekommt er diese Gelegenheit. Zudem ist seine Magie viel stärker als unsere“, erklärte Damian ihr ruhig. „Und deine Rache bekommst du schon noch. Wenn wir die ersten vier Semester abgeschlossen haben, ist er auch wieder hier auf der Schule.“

„Um Himmels Willen.“ Seufzend nippte sie an ihrem Tee und lehnte dann ihren Kopf einfach gegen Damians muskulösen Arm. „Ich wünschte, er würde nie wieder zurückkommen. Aber wer wird dann in Ardelias Gruppe kommen?“, wollte sie wissen. Diese ganzen Regeln waren ihr noch immer unklar. Es gab so viele neue Dinge hier, die sie manchmal nicht ganz verstand. Ob das wohl damit zusammenhing, dass der Krieg so viele Ressourcen verschlang und man den Idioten an der Front brauchte?

„Das weiß ich nicht. Ardelia wollte nicht mitmachen“, erklärte Damian etwas säuerlich. „Sie hat die ganze Zeit versucht, mich dazu zu überreden, dass ich auch suchen gehe, um mit ihr aufzusteigen“, seufzte er. „Aber ich mag meine Gruppe“, erklärte er und legte ihr einen Arm um. „Zudem haben meine Eltern gesagt, dass die Entscheidung gut war“, flüsterte er.

Sofort kuschelte sich die junge Frau an ihn, als würde sie beschützt werden wollen. Er hatte einfach etwas Anziehendes an sich und seine Worte rührten Freya irgendwie. Dass seine Eltern seine Entscheidung gut fanden, war sein Vorteil, wenn er die Schulzeit genießen wollte. Aber trotzdem verstand sie nicht, warum er nicht die Möglichkeit nutzte. Dann konnte er so bald wie möglich unterrichten.

„Das heißt, Ardelia geht auch? Was ist dann mit Evette?“, fragte sie weiter.

„Ardelia geht nicht. Sie will ja bei mir bleiben“, meinte Damian nüchtern. Dabei klang er nicht erfreut. Wahrscheinlich hatte er auch gehofft, dass sie einige Zeit weg war. „Aber sie und Evette bekommen ein neues Gruppenmitglied“, erklärte er. „Ich hab aber leider keine Ahnung, ob das jemand sein wird, der sitzengeblieben ist oder ob es vielleicht noch eine Gruppe unseres Jahrgangs gibt, die sich aufteilt.“

„Es wird aber nicht Rosalie sein? Sie fängt ja erst an, nicht wahr?“, fragte Freya zögernd. Die Gegebenheiten in der Schule waren ihr immer noch nicht ganz geläufig. Sie verstand noch immer nicht, wie das Überspringen ging. Für Freya kam das sowieso nicht in Frage, daher hatte sie sich nicht damit beschäftigt.

„Nein, sie hat noch keine Übung. Wahrscheinlich wird sie dich bitten, mit ihr zu üben“, lachte Damian. „Weil auch du deine Magie erst entdeckt hast.“

Freya schüttelte leicht ihren Kopf, aber so, dass er es spüren konnte. „Du bist viel besser als Lehrer geeignet als ich“, sagte sie ehrlich. Ihr Gesicht war seiner Haut so nah, dass sie unbewusst seinen Geruch tief einsaugte. Das beruhigte sie zusätzlich.

„Sie möchte einfach eine Möglichkeit haben, mit dir etwas zu machen“, erklärte Damian und hielt ihr eine Weintraube vor die Nase.

Überrascht darüber hob sie den Kopf und schloss ihre Lippen sanft um die Traube, um ihn nicht zu verletzen. Ihr war völlig entgangen, dass er den Teller mit dem Obst auf den kleinen Tisch gestellt hatte. „Was hast du ihr erzählt, dass sie so erpicht darauf ist, mit mir Zeit zu verbringen?“, fragte sie mit vollem Mund unsicher.

„Eigentlich nichts. Ich hab ihr ein paar Sachen von unserer Suche erzählt, aber sonst nichts Interessantes“, erwiderte Damian. „Sie ist auch erpicht darauf, Elias kennenzulernen.“

„Sehr gut …“, murmelte Freya. Es gab nichts Interessantes über sie und sie wollte nicht, dass man etwas sagte, was gar nicht stimmte.

„Rosa reicht es, dass ihr ein halbes Jahr mit mir verbracht habt“, meinte er nüchtern und nahm selbst eine Traube.

Diese schnappte sich Freya einfach aus seiner Hand und hielt sie ihm vor den Mund. „Gleiches Recht für alle“, sagte sie schmunzelnd. Wenn es für seine Schwester in Ordnung war, war es das auch für Freya. Dass die junge Frau lieb sein musste, zeigte Damians Verhalten. „Wenn sie jetzt achtzehn ist, dann müsstest du doch neunzehn sein, oder?“, schlussfolgerte sie, da sie wusste, dass man die Schule erst ab achtzehn Jahren besuchen durfte.

Damian schnappte sich das Stück mit seinem Mund aus ihrer Hand. „Rosa wurde achtzehn, kurz nachdem die letzte Auswahl war“, erklärte er. „Ich bin kurz vor der letzten Auswahl achtzehn geworden“, erklärte er. „Also werde ich Ende des Semesters neunzehn.“

Die junge Frau hielt sich die Tasse an die Lippen und trank einen Schluck. Es war richtig gemütlich, mit Damian auf dem Sofa zu sitzen, Tee zu trinken und zu reden. Seine Nähe und seinen Geruch hatte sie tatsächlich vermisst.

„Ich verstehe“, meinte sie nachdenklich. Also war ihr Unterschied nicht groß. Vielleicht war das auch ein Vorteil für die beiden und ein Grund, dass sie sich so gut verstanden.

„Bist du noch fit genug, um ein bisschen über das Schulgelände zu wandern? Ich möchte dir gern etwas zeigen“, sagte er und blickte sie fragend an.

„Sehr gern. Durch das lange Sitzen fühle ich mich steif“, gestand Freya, die ihre Tasse zwischen die Beine nahm und sich ausgiebig streckte, nachdem sie sich von ihm gelöst hatte. Es tat gut, das zu tun.

Damian lächelte leicht. „Zieh aber deinen Mantel an, es ist an manchen Stellen doch kalt.“

Freya stand auf und streckte sich noch einmal. Dabei zuckte sie kurz zusammen, da ihre Haut am Bauch trotz Damians Heilung spannte und ein bisschen weh tat. „Dann gib mir bitte einen Moment und ich ziehe gleich etwas Wärmeres an“, erwiderte die junge Frau. Es war besser, seinem Ratschlag zu folgen.

Auch Damian erhob sich und streckte sich. „Die Schuluniform sollte dich warmhalten.“

„Werde ich anziehen“, lachte sie. Das war eigentlich die wärmste Kleidung, die sie besaß. Ihren Mantel, den ihre Mutter vor längerer Zeit hergestellt hatte, hatte sie ihrer Familie dagelassen, damit diese sich im Winter warmhalten konnte.

Bevor Freya sich allerdings zurückzog, wusch sie zuerst ihre Tasse aus und stellte sie auf den Tisch. Dann verschwand sie in ihrem Zimmer und kam wenige Minuten später umgezogen zurück.

Auch Damian hatte sich den Mantel übergezogen und hielt ihr nun den Arm hin, damit sie gehen konnten.

Mit einem Lächeln nahm sie diesen an. „Wenigstens einmal keine Angst haben müssen, dass Ardelia mich erstechen will“, murmelte Freya, als sie die Stufen hinunter gingen.

Damian lachte. „Ja, darum ist es gut, wenn wir heute die Zeit nutzen.“

Die Brücken, welche die Türme mit dem Hauptgebäude verbanden, leuchteten hell im Dunkeln. Das brachte den Schnee, der sich auf den Dächern gesammelt hatte, zum Glitzern. Eisblumen zierten die unsichtbaren Wände der Brücke, sodass man sich vorkam, als wäre man in einem Eispalast.

„Was möchtest du mir zeigen?“, fragte sie beiläufig, während sie ihre Augen fasziniert umherschweifen ließ.

„Das wirst du schon noch sehen“, meinte Damian geheimnisvoll und führte sie weiter.

Das brachte Freya zum Lachen. „Auch noch geheimnisvoll?“, neckte sie ihn freundschaftlich.

„Die Schule hat viele Dinge zu bieten“, erklärte er schmunzelnd und führte sie auf den Turm zu, in dem sich die Bibliothek befand.

Der Weg machte sie noch neugieriger. Hier war sie nur wenige Male gewesen. „Hast du etwa schon herausgefunden, welche Bücher wir dieses Jahr brauchen?“, fragte sie erheitert, da sie glaubte, dass er bereits über eine Liste verfügte. Über Damians Verhalten amüsierte sie sich. Dass er auf sie am Toreingang erwartet hatte, war das Schönste gewesen und hatte all die Traurigkeit, die Freya am Morgen noch verspürt hatte, weggeblasen.

Damian lachte. „Nein, damit würde ich dich nicht heute behelligen“, meinte er und führte sie nicht in die Bibliothek hinein, sondern die Treppen nach oben.

„Hast du dieses Semester überhaupt Zeit, mit mir zu lernen?“, fragte sie vorsichtig. Ohne seine Hilfe würde sie es nicht schaffen können. Dazu war es ihr einfach noch zu viel und die Lehrer hatten ein schnelles Tempo im Unterricht. Zudem war Damian ein geduldiger und guter Lehrer.

„Wie kommst du darauf, dass ich keine Zeit haben würde?“, fragte er und öffnete eine schwere Tür am Ende der Stufen. Sie wirkte, als würde sie nicht oft benutzt werden und generell war hier oben viel Staub. Deshalb musste Freya husten, als sie einmal tief einatmete.

„Ich weiß nicht. Du musst doch viel für deine Ausbildung lernen, wenn du Lehrer werden willst“, begann sie zögerlich und meinte, dass es nicht selbstverständlich sei, die gesamte Freizeit mit ihr zu verbringen, nur weil sie nicht mitkam.

„Ich lerne mit dir mehr, als es allein möglich wäre“, meinte er abwinkend und öffnete quietschend die Tür. Dahinter kam ein Raum zum Vorschein, der aussah, als wäre er Ewigkeiten nicht mehr genutzt wurden. Staub und Spinnenweben hingen überall herum und ließen es dank den Lichtern vom Flur und von draußen gruselig wirken. Wahrscheinlich war das ein alter Speicher und der Schmutz ließ erahnen, wie oft dieser benutzt wurde.

Im Türrahmen blieb Freya staunend stehen, denn der Staub glitzerte ein wenig. Wie das möglich war, wusste sie nicht, aber es sah irgendwie schön aus.

Auf seinen Kommentar ging sie nicht ein, sondern fragte ihn, was das war und woher er wusste, dass es hier so einen Raum gab.

„Komm rein“, meinte er und stand im Licht des Mondes mitten im Raum. Dabei deutete er nach oben und als Freya hinaufblickte, wurde ihr klar, dass sie ganz oben im Turm waren. Jetzt erst verstand sie, dass der Staub wegen des Mondlichts glitzerte.

Das Mondlicht fiel durch Glas in den Raum und die Decke war ein Kunstwerk. In der Mitte war es durchsichtig, doch wie die Kuppel war es gebogen und lief in Mustern aus verschiedenfarbigen Glas nach unten. „Oh“, flüsterte sie langgezogen und trat neben Damian, um nach oben zu sehen. Das Strahlen ihrer Augen verriet, wie ihr dieser Moment gefiel. Mondlicht fiel auf ihre Kleidung und brachten hübsche Muster darauf zustande. Das erkannte sie, als sie ihn kurz von der Seite ansah. „Das ist so schön …“, brachte sie leise hervor. Freya hatte das Gefühl, dass jeder laute Ton die Schönheit zerstören würde.

„Ja“, sagte er und schien, genau wie sie, zu genießen.

Minutenlang sah die junge Frau schweigend hinauf zur Kuppel. Das Naturschauspiel gepaart mit der Raffinesse der Magier, diese Art von Dächern zu benutzen, faszinierte sie. Es entführte sie in eine Welt, die bisher nur in ihren Träumen gewesen war und in der sie drohte, sich im Moment zu verlieren.

Sobald der Mond nur ein kleines Stück wanderte, veränderten sich die Muster, die sich auf dem staubigen Boden und auf ihnen abzeichneten. Es war noch nicht ganz Vollmond, aber Freya fand es wunderschön. Die Atmosphäre war mystisch und atemberaubend. „Was bedeuten die Muster?“, fragte sie leise.

„Sie symbolisieren die Elemente“, meinte Damian und zeigte auf Etwas, das aussah wie ein Feuer und auch in rot schimmerte.

Es fiel ihr schwer, ihren Blick von den Bildern zu nehmen. Jedes Mal, wenn der Mond wanderte, änderte sich der Blickwinkel und die Elemente erstrahlten mehr oder weniger. „So viele?“, kam die erstaunte Frage über ihre Lippen. „Kann man die nur hier sehen, oder gibt es die auch in den anderen Türmen?“

„Weiß ich gar nicht, ich war bisher nur hier“, gestand Damian. „Aber es wäre möglich. Ich frage mich nur, warum hier niemand mehr ist.“

„Woher wusstest du überhaupt von diesem Ort?“ Freyas Frage war so leise, dass sie fast nicht zu verstehen war. Sie hörte Damian genau zu, konnte aber nicht verhindern, dass sie in eine Traumwelt gezogen wurde. Wie schön es wäre, wenn Melody das sehen könnte! Vielleicht sollte sie mit ihrer Tochter eines Tages hierherkommen, wenn sie auf die Grundschule ging.

„Ich habe die Schule erkundet und das hier zufällig gefunden“, erklärte er. „Mich hat interessiert, was oben in den Türmen ist.“

Verblüfft sah sie Damian kurz von der Seite an und bemerkte, wie seine Haut in dem Schein der Elemente strahlte. Richtig hübsch sah das aus und es gab ihm sogar etwas Mystisches. „Darfst du denn einfach so überall hin?“, fragte sie. Sie hatte nicht gedacht, dass jeder einfach so die Schule erkunden konnte. Schließlich konnte etwas passieren und niemand wusste, wo derjenige war. Vor allem, weil Damian allein gewesen war, hätte er wohl lange auf Hilfe warten müssen, wenn er sich verletzt hätte. Dennoch war ihr klar, dass er sich wohl hätte selbst heilen können. Darin war er schließlich besonders gut.

Damian zuckte die Schultern. „Ich habe kein Schild gelesen“, sagte er. „Solange nicht dransteht, dass ich es nicht betreten darf, sehe ich da kein Problem“, behauptete er belustigt.

Freya schnalzte mit der Zunge und sah ihn missbilligend an. „Was, wenn dir etwas passiert wäre?“, fragte sie mit einer Stimme, in der Besorgnis mitschwang.

„Ich denke nicht, dass es hier Räume gibt, die gefährlich sind“, winkte er ab. „Das ist nur ein alter Speicher.“

Erneut hob Freya ihren Kopf und lächelte, als der Mond weiterwanderte und die Schönheit der einzelnen Elemente hervorhob. „Und trotzdem weißt du nicht, warum er nicht mehr benutzt wurde“, widersprach Freya. Das konnte einen guten Grund haben oder auch nicht. Vielleicht war es früher einmal ein Klassenzimmer und wurde nicht mehr genutzt.

Er zuckte die Schultern. „Ich habe den Raum vorher angesehen. Es gibt hier nur alte Bücher“, versicherte er.

Ihre Hand tastete nach seiner und sanft nahm sie diese. Freya drückte sie und auf ihren Lippen erschien ein Lächeln. „Es ist lieb, dass du mir das gezeigt hast. Ich glaube, dass hier wird einer meiner Lieblingsorte“, gestand sie flüsternd. „Es ist … romantisch hier, auch wenn es staubig ist.“

„Ich glaube, es ist der magischste Ort an der ganzen Schule“, behauptete Damian, der ihre Hand sanft hielt.

Wie viele diese den wohl kannten? Der dicken Staubschicht nach zu urteilen war schon lange keiner mehr hier oben gewesen.

Freya führte seine Hand an ihre warme, erhitzte Wange und lächelte. „Danke, Damian. Du hast mir diesen wunderschönen Ort gezeigt“, hauchte sie gerührt, wagte es aber nicht, ihn anzusehen. Sie war wirklich glücklich, dass er ihr so einen besonderen Ort gezeigt hatte. Das machte sie irgendwie verlegen.

„Es ist hier bestimmt noch schöner, wenn man die Sterne sehen kann“, sagte er leise und lächelte.

„Dort ist einer“, sagte sie und zeigte mit ihrem Finger nach oben. Tatsächlich waren dort einige Sterne zu sehen, die jedoch nicht einfach zu erkennen waren, denn das bunte Glas der Elemente verdeckten sie teilweise. Wenn man jedoch genauer hinsah, konnte man sie sehen.

„Ich meine bei Mondfinsternis“, konkretisierte Damian. „Dann sieht man nur die wunderschönen Sterne.“

„Sag das doch gleich“, lachte sie leise. Bisher hatte sie noch keine miterlebt. Natürlich wusste sie, dass es sie gab, aber sie hatte keine Zeit gehabt, diese in der Nacht zu beobachten. „Wenn es soweit ist, möchte ich es mit dir und Elias zusammen ansehen.“

Damian lächelte. „Das können wir machen“, stimmte er zu und blickte noch immer nach oben. Freya war jedoch aufgefallen, dass er, wenn sie hochblickte, immer zu ihr sah. Das war auch am Ende des Semesters so gewesen, doch seit sie zurück war, fiel ihr auf, dass er sie beinahe ständig anstarrte. Elias verliebter Blick war ihr nie aufgefallen, bis Damian ihr das erzählt hatte. Aber der Schwarzhaarige mit der Brille hatte nicht den gleichen, durchdringenden Blick wie Damian.

„Versuchst du mir gerade in die Seele zu schauen oder habe ich doch etwas im Gesicht?“, fragte sie neugierig. Den Kopf hielt sie noch immer der Kuppel entgegen, aber sie warf ihm einen kurzen Seitenblick zu.

„Ich genieße das Strahlen in deinen Augen“, gestand er und klang nicht, als würde er scherzen.

Freya lächelte. „Wenn man dich so hört, klingst du richtig romantisch“, kicherte sie. Seine Worte waren lieb und das mochte sie irgendwie gerne. Ihr war klar, dass sie glücklich aussah. Wer würde das bei so einem faszinierenden Schauspiel nicht? Jedoch fand sie es seltsam, dass er sie so durchdringend ansah. Sie wandte ihm ihren Kopf zu und bemerkte, dass eine Mischung aus Ernst, Zärtlichkeit und Sorge in seinen Augen zu lesen war. „Was ist los, Damian?“, fragte sie verwirrt.

Er schüttelte leicht den Kopf. „Es ist etwas, das ich mit mir ausmachen muss“, gestand er. „Aber ich mache mir wirklich Sorgen um dich.“

Seine Worte verwirrten sie noch mehr. Was musste er mit sich ausmachen? „Wieso denn? Hat Ardelia oder Loyd irgendetwas gesagt, das den Anlass dazu gibt?“, wollte sie alarmiert wissen. Allein der Gedanke daran verursachte ihr Übelkeit.

Damian schüttelte den Kopf. „Nein, es geht um andere Dinge. Dinge, die du noch nicht weißt, die ich dir aber auch nicht erzählen kann“, seufzte er und wirkte irgendwie hilflos. So hatte sie ihn noch nie gesehen.

Nachdenklich sah Freya ihn an. Wahrscheinlich lag ihm etwas wegen seiner Familie auf der Seele. Etwas, über das er nicht so einfach sprechen konnte.

Anstatt ihn weiter zu bedrängen, drückte sie sanft seine Hand. „Wenn du darüber reden willst, lass es mich wissen“, sagte Freya aufmunternd. Er war immer für sie da und sie wollte es auch für ihn sein. Trotzdem hatte sie ein seltsames Gefühl, das sie nicht beschreiben konnte. „Du bist nicht allein, Damian. Vielleicht kannst du sogar mit Rosalie darüber reden, wenn dir etwas auf dem Herzen liegt.“

Damian seufzte leise. „Das ist leider nicht so einfach, aber wenn ich soweit bin, werde ich mit dir sprechen“, versprach er und ließ es wie ein Versprechen klingen.

„In Ordnung“, lächelte sie, wandte wieder den Kopf hinauf zur Glaskuppel und ließ sich mit geschlossenen Augen das Gesicht anscheinen. „Mach dir nicht so viele Gedanken um mich, sondern um Rosalie.“

„Sie kommt schon klar“, meinte Damian nüchtern.

„Sei nicht so gemein zu ihr. Du liebst sie über alles“, sagte Freya mit einem sanften Boxer in seine Seite. Dann wechselte sie das Thema, in der Hoffnung, er würde sich ablenken lassen. Es gefiel ihr irgendwie nicht, dass er so besorgt war. „Melody wird es hier oben sicherlich gefallen, wenn sie eines Tages kommen sollte“, meinte sie gedankenverloren.

Damian lachte leise. „Sie wird hier wohl nur Chaos verursachen“, behauptete er grinsend.

Erheitert und unbeschwert lachte Freya. Auch, weil er bei dem Thema Melody wieder ganz er selbst zu sein schien. „Macht doch nichts. Dann hast du wenigstens Abwechslung vom langweiligen Alltag“, prustete sie. Dabei hatte sie angenommen, dass Rosalie eher ruhig sein würde. So, wie Damian es jedoch gesagt hatte, war seine Schwester ein Wirbelwind.

„Aber erst, wenn Melody da ist“, erwiderte er schmunzelnd.

„Reiche ich Tollpatsch dir eigentlich nicht aus?“, fragte Freya leicht empört. Dennoch verriet ihre Stimme und auch ihr Grinsen, dass sie amüsiert war. „Brauchst du unbedingt zwei, die du regelmäßig vor den Treppen beschützen kannst?“ In Gedanken stellte sie sich vor, wie Damian sich zweiteilen musste, um beide daran zu hindern, die Treppen hinunterzufallen. Das brachte Freya erst recht zum Grinsen.

„Ja, natürlich“, meinte Damian erheitert. „Du allein bist gar nicht so anstrengend, wie du denkst.“

Schnaubend verschränkte Freya die Arme vor der Brust und setzte ein schmollendes Gesicht auf. „Vielleicht sollte ich das ändern, wenn es dir langweilig ist?“, schlug sie vor, ließ es aber wie eine Frage klingen.

„Du kannst es versuchen“, sagte er grinsend und fuhr ihr durch die Haare. „Dann wird es lustiger.“

„General Fiesling“, murmelte sie noch immer mit einem breiten Grinsen. Sie hatte gewiss nicht vor, noch tollpatschiger zu werden. Das wurde ihr selbst zu gefährlich. „Weiß Rosalie, wie fies du manchmal sein kannst? Oder bist du zu ihr immer lieb?“

„Sie weiß, wie fies ich sein kann und sie kann es auch“, meinte Damian lächelnd und wirkte irgendwie zufrieden.

„Dann sollte dir klar sein, dass ich dich nicht in Melodys Nähe lasse?“, zog Freya ihn auf und zog ihren Umhang enger um sich. Langsam wurde ihr kalt, denn hier oben war es kühl, weil nirgendwo geheizt war. Im Sommer musste es hier hingegen unerträglich heiß sein.

„Und du glaubst, dass du sie davon abhalten kannst?“, neckte Damian und legte ihr seinen Mantel ebenfalls um.

Dieser roch angenehm nach ihm und am liebsten hätte sich Freya in das Kleidungsstück gekuschelt. Zuerst zog sie diesen fest um sich, bevor sie ihn zurückgeben wollte. „Behalte ihn, ich möchte nicht, dass du krank wirst“, sagte sie ernst. Allerdings hatte Damian mit Melody Recht. Es war nicht einfach, ihre Tochter davon abzuhalten, da sie einen Narren an Damian gefressen hatte. Sicherlich würde er ihr nur Unsinn beibringen.

Damian legte ihr den Mantel erneut um. „Ich habe einen Wärmezauber auf meiner Kleidung“, erklärte er beruhigend. „Mir wird nicht kalt.“

Dieses Mal zog sie ihn noch fester um sich und lächelte Damian dankbar an. „Danke. Du solltest Pluspunkte sammeln, damit ich dir notfalls vergeben kann, wenn Melody dank dir eine kleine Prinzessin wird“, grinste sie frech. Da sie sich um Damian keine Sorgen machen musste, kuschelte sie sich richtig in seinen warmen Mantel. Freya war zufrieden und glücklich.

Damian grinste und plötzlich zog er sie an sich und wie ein Kleinkind auf die Arme.

Überrascht stieß sie einen kurzen Schrei aus. „Hast du mich erschreckt“, keuchte sie, denn mit der Aktion hatte sie nicht gerechnet. Freya hatte nicht einmal Zeit zum Reagieren gehabt. Dafür war sie Damian plötzlich so nah. Wie schön es sich anfühlte … So vertraut und beruhigend.