2,99 €
Zwei Brüder mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, eine verlorene Generation von Drachenkindern und eine große Bestimmung.
Die anderen vergaßen im Verlauf der Jahre tatsächlich. Ich jedoch, ich vergaß nie.
Durch Zufall und verbotenes Wissen entging Tantan Arreidas dem Zauber, der einen Nebel des Vergessens über die Menschen legte. Während die Zukunft ungewisser scheint als jemals zuvor, berichtet die mutige Königstochter weiter von den Geheimnissen, die sie als Mädchen entdeckte.
Ihr Erkundungsdrang führt Tantan an verwunschene Orte ihrer magischen Heimat, wo nur selten etwas ist, wie es auf den ersten Blick scheint, und zu Erkenntnissen, welche die absoluten Verbote der Menschen verletzen. Während Tantan sich durch ihre grenzenlose Neugier ein ums andere Mal in Schwierigkeiten bringt, passieren im Dorf unheimliche Dinge und belasten die Gemeinschaft schwer. Doch so chaotisch die Welt scheint, sie kann nicht mit dem Durcheinander in Tantans Gefühlen mithalten. Denn langsam beginnt die Zeit, in der Freundschaft sich zu Liebe und Zuneigung in Begehren wandelt.
__
Die Fantasy-Reihe Der Weg des Heilers erzählt ein Märchen für Erwachsene. Darin erwarten dich zauberhafte Welten mit Bäumen als Behausungen, vielschichtige Hauptpersonen und die liebenswert-nervigsten Haustiere des Weltengefüges.
Gemeinsam mit den jugendlichen Protagonisten träumst du dich in das Staunen und den Zauber deiner Kindheit zurück, folgst Joshi und Marcin auf ihrer gefährlichen Reise, die sie zu den tiefsten Geheimnissen des Weltengefüges führen wird, und erlebst dabei ein spannendes Abenteuer voller Magie und Drachen.
Eine Bemerkung zur Struktur der Reihe:
Bei Die Nacht des Vergessens -- Tantans Geschichte handelt es sich um Band 4 der Reihe.
Dieser Band setzt die in Band 3 begonnene Erzählung aus der Kindheit und Jugend der Protagonisten fort. In Ich-Form erzählt Tantan eine zauberhafte Geschichte voller Magie und Freundschaft und enthüllt Zusammenhänge zum Schicksal der jungen Menschen und ihrer Bestimmung. Aufgrund der Zeitebene kommen in diesem Teil der Geschichte keine Drachen vor, dafür neue magische Tiere.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2019
Dancing Coons
Stürmische Verzauberung
Wintermärchen
Sommernachtsmagie
Urban-Fantasy-Serie «Sternenmagie»
Sternenstaubkind
Abschied
Verbannung
Wandelstern
Kollisionskurs
Isolation
Augenstern
Herzensband
Fantasyserie «Die Treppen der Ewigkeit»
Faya Namenlos (Prequel)
Wolf des Südens
Raghi der Schatten
Fantasyserie «Der Weg des Heilers»
Der verletzte Himmel
In den Tiefen der Ewigkeit
Bis das Eis bricht (Tantans Geschichte)
Die Nacht des Vergessens (Tantans Geschichte)
1. Auflage 2018
© 2018 Pongü Text & Design GmbH, Meilen, Schweiz
Kontakt: [email protected]
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG («Text und Data Mining») zu gewinnen, ist untersagt.
Umschlaggestaltung: L1graphics
Bildquellen: Elena Schweitzer/Shutterstock.com und StonePictures/Shutterstock.com
ISBN 978-3-906868-05-9 (eBook)
ISBN 978-3-906868-06-6 (Print)
Personen- und Stichwortverzeichnis
Was bisher geschah
1. Überlebensregeln
2. Das Privileg des Heilers
3. Erdmagie
4. Verblendung
5. Schadensbegrenzung
6. Die Moral der Geschichte
7. Gerüchte
8. Zeugen der Vergangenheit
9. Erstes Blut
10. Der Mordanschlag
11. Die letzte Frostzeit
12. Gefühlswirren
13. Das Ende der Kindheit
14. Zur Höhle des Drachens
15. Die Nacht des Vergessens
Epilog
Eine Bitte
Lizenzerklärung
Über Isa Day
Isas Bücher
Bisher erschienen
DIE KINDER DER ARRYA (nach Reihenfolge der Geburt)
Geborene des ersten Jahres
— Marcin Artum (Ratgeber)
— Sinjhar und Tantan Arreidas (Könige), Zwillinge
des zweiten Jahres
— (Shi)Joshi Artum (Ratgeber)
— Jenna Jinell (Heiler)
— Ilenia Barga (Weber), blind
— Sara Patri (Färber und Näher)
— Tara Inrelli (Lehrer)
— Xinea Laangaard (Bäcker/Verwalter der Vorräte)
des dritten Jahres
— Ora Ciiern (Gerber)
— Ruan Havgar (Astronomen)
— Sorel und Jorgu Enris'har (Baumeister), Zwillinge
des vierten Jahres
— Anjari Anyrai (Jäger und Fährtenleser)
— Ella Enris'har (Baumeister)
des fünften Jahres
— Lael Anyrai (Jäger und Fährtenleser)
des sechsten Jahres
— Kaya Rutyan (Fischer), das erste der «wilden Kinder»
des siebten Jahres
— Siro Sykar (Seidenspinner)
— Naje Enskrin (Glasbläser)
— Etalin Amson (Schreiner)
des achten Jahres
— Lona Tamskor (Sprachkundige)
— Naghor Aranay (Illustratoren)
— Inel Llym (Gold- und Silberschmiede)
— Lana Syrde (Handelsleute)
des neunten Jahres
— Talis Amson (Schreiner)
— Tamae Sykar (Seidenspinner)
— Estrel Rughi (Bauern)
— Myro Ta'tani (Schmiede)
— Nilo Ssorda (Seefahrer)
des zehnten Jahres
— Kitra Amson (Schreiner)
des elften Jahres
— Umo Takskjr (Erkunder)
des zwölften Jahres
— Selmina Shaintar (Töpfer)
— Riri Sionell (Hafenmeister)
— Tura Ar'huin (Mathematiker und Schatzmeister)
ERWACHSENE MENSCHEN
Artar Ar'huin (Mathematiker und Schatzmeister)—Zeitgenosse von Eriann, Großvater von Tura Ar'huin
Astor Arreidas (Könige) — Großvater von Sinjhar und Tantan, Vater von Sorar, König zur Zeit des Feuerregens
Elio Sovhar (Naturwissenschaftler und Philosophen) — historische Person; versuchte die Existenz höherer Mächte zu beweisen, was ihm nicht gelang
Elya Jinell (Heiler) — Großvater von Joshi und Marcin, Großonkel von Jenna, gestorben in der alten Heimat
Elyana Artum (Ratgeber) — Mutter von Joshi und Marcin, Tochter von Eriann, gestorben bei Joshis Geburt
Eriann Artum (Ratgeber) — Großmutter von Joshi und Marcin, Mutter von Elyana
Esrai Jinell (Heiler) — Großvater von Jenna, Großonkel von Joshi und Marcin
Harra Sovhar (Naturwissenschaftler und Philosophen) — Vater von Joshi und Marcin
Horvar Arreidas (Könige) — historische Person; erster König der Arrya, berief Inanna Artum zu seiner Ratgeberin
Ilen Shaintar (Töpfer) — bricht sich den Rücken; wird aufgrund der Gesetze der Arrya getötet
Inanna Artum (Ratgeber) — historische Person; Urmutter des Hauses Artum, erste Ratgeberin der Arrya
Iszra Leniard (ohne Berufung) — Schwester von Thel Leniard
Kira Leniard (ohne Berufung) — Mutter von Thel Leniard
Metar Inrelli (Lehrer) — Vater von Eriann Artum
Mutter Barga (Weber) — passt auf die kleinen Kinder der Arrya auf
Mutter Patri (Färber und Näher) — passt auf die kleinen Kinder der Arrya auf
Myro Inrelli (Lehrer) — Onkel von Tara Inrelli, von Baum erschlagen
Rohan Leniard (ohne Berufung) — Zeitgenosse von Eriann, Onkel von Thel Leniard
Roman Havgar (Astronomen) — Zeitgenosse von Eriann
Simaen Sionell (Hafenmeister) — bei der Flucht der Menschen vor dem Feuerregen einhundert Jahre alt, erinnert sich an die Gegebenheiten der alten Heimat
Sorar Arreidas (Könige) — Vater von Sinjhar und Tantan, gegenwärtiger König der Arrya
Sinta Ar'huin (Mathematiker und Schatzmeister) — Gefährtin von Thel Leniard, Mutter von Tura Ar'huin
Tatinka Artum (Ratgeber) — Mutter von Eriann Artum
Thar Ciiern (Gerber) — Vater von Ora Ciiern
Thel Leniard (ohne Berufung) — dem König abgeneigt
Vater Havgar (Astronomen) — Vater von Ruan Havgar, Getreuer von Sorar Arreidas
ASJADAI
Damion dia Asjadai — König der Asjadai
Isabel — Marschallin der Burg
Lukian — Ratgeber von König Damion
Mischa — einst bester Freund von Damion
Niniuk dja Asajadaia — Sohn von Damion, Prinz der Asjadai
Solrech — Wächter
Tess dje Asjadaia — Tochter von Damion, Prinzessin der Asjadai
Yonei — uralte Greisin
DRACHEN
Asjadura — Namensgeberin von Asjadu, Granatdrache, rote Schuppen, goldene Augen und Flügelspitzen
Tjiarri — Sohn von Asjadura, Saphirdrache, blaue Schuppen mit grüngoldenen Reflexen, goldene Augen
Tasjar — Gefährte von Asjadura, Smaragddrache
BEZEICHNUNGEN
Arriada —alte Heimat der Menschen, ging im Feuerregen unter
Arrya —das Volk der Menschen
Asjadai —die anderen Bewohner der neuen Heimat, von den Menschen auch Geister, weiße Schatten oder Weise genannt
Asjadu —Name der Asjadai für ihr Land, entspricht der menschlichen Bezeichnung Erriada
Baumwohnung —Behausung der Menschen, geschaffen in den Stämmen von Baumriesen mit der Zustimmung des Baums
Berufung —Aufgabe, die ein Mensch von seinen Eltern erbt; folgt im Volk der weiblichen, bei der Herrscherfamilie der männlichen Linie
Erriada —Name der Menschen für ihre neue Heimat zu Ehren von Ratgeberin Eriann Artum
Feuerregen — Naturkatastrophe, die Arriada zerstörte und die Menschen zur Flucht zwang
Frostzeit/Kaltzeit —das kalte Halbjahr, siehe auch Warmzeit
Heilerbaum —seltenerBaum, dessen Blätter und Früchte hohe Heilkraft besitzen; dienen Heilerbäume als Behausung der Menschen, interagieren sie auf liebevolle und unterstützende Weise mit ihren Bewohnern
Irrfitz — aufdringlichesHaustier, das sich seinen Besitzer selbst aussucht
Lichtschale —magisches, meist kalt brennendes Licht; von den Menschen als Beleuchtung verwendet
Lichtfeuer —magisches wärmendes Feuer; brennt lautlos und ohne Ruß
Nacht —Zeiteinheit, besteht aus einer Lichtzeit und einer Dunkelzeit/Schlafenszeit
Schwelle — das Portal zwischen zwei Welten
Sijerida — «Das Land der Liebenden», neuer Name von Erriada/Asjadu
Sijeridai — «Das Volk der Liebenden», gemeinsame Bezeichnung für Asjadai und Menschen
Verblendung —unerklärtes Ereignis in der Vergangenheit der Arrya; löste die Geschichtsschreibung der Arrya aus
Warmzeit —das warme Halbjahr, siehe auch Frostzeit/Kaltzeit
Weltengefüge —Universum, das alle verschiedenen Welten beinhaltet
Weltenwandern —aus einer Welt in eine andere wechseln
Sechs Jahre sind vergangen, seit die Drachen das Land vor dem Untergang bewahren mussten. Tantan und Niniuk, das Königspaar der Sijeridai, erwarten ihr zweites Kind. In die Freude mischt sich Sorge, weil die Zukunft ungewisser scheint als jemals zuvor.
Auf Bitte ihres Schwiegervaters Damion beginnt Tantan eines Nachts die Geschichte ihrer Kindheit zu erzählen – wie es war, wissend geboren und dafür von den Erwachsenen gefürchtet zu werden, und welche Geheimnisse sie und ihre Freunde beim Herumstreifen in den wilden Wäldern Erriadas entdeckten.
Als es Zeit wird schlafen zu gehen, hat Tantan erst einen kleinen Teil ihrer Geschichte erzählt. Stillschweigend kommt die Familie überein, sich in der kommenden Dunkelzeit wieder zu treffen, um dem zweiten Teil der Erzählung zu lauschen.
Innerhalb einer Nacht war das Land wie verwandelt. Gestern noch hatten die letzten Überbleibsel der Kaltzeit dominiert. Dann war der Regen gekommen. Ebenso sanft wie unerbittlich wusch er den letzten Schnee aus den versteckten Senken und reinigte die kahlen Äste der Wälder.
Seine zärtliche Berührung weckte das schlafende Land. Die farbenfrohen Blätter der Bäume begannen zu sprießen und die Gräser, die den Erdboden bedeckten, reckten ihre Halme hoffnungsvoll dem sanften Licht der Doppelmonde entgegen. Ein prachtvolles Tuch schien sich über die Wälder, Senken und Berge zu legen, das in allen Variationen von Blau, Purpur und Violett schimmerte. Nun dauerte es nicht mehr lange, bis die ersten Blüten erschienen und alles mit ihren leuchtenden Farbtupfern schmückten.
Tantan legte den Kopf in den Nacken und drehte sich voller Freude um ihre eigene Achse. «Siehst du? Wie ich es gesagt habe. Die Warmzeit hat begonnen!» Sie stieß einen leisen Freudenschrei aus.
Ihr Gefährte Niniuk beobachtete sie gleichzeitig amüsiert und aufmerksam. «Das ist ein Grund zu feiern. Meinst du nicht? Das und noch anderes.» Er nahm sie in die Arme und legte sanft seine Hand auf die Rundung ihres Bauches.
Tantan schmiegte sich lächelnd an ihn. «Wie wollen wir das tun? Als wir klein waren, rannten wir in diesen Nächten stets bis zum Umfallen durch die Wälder. So groß war unsere Freude, dass wir eine weitere Frostzeit überstanden hatten.»
Niniuk schmunzelte und küsste sie. «Herumrennen bis zum Umfallen ist im Moment keine Option. Und zum Glück bist du kein Kind mehr.»
Ihr Blick verfing sich in seinen strahlend blauen Augen. «Ja, zum Glück. Hast du noch mehr Küsse vorrätig?» Ihre Hand glitt unter sein Oberteil.
Er atmete hörbar ein. «Noch viel mehr», wisperte er und beugte den Kopf zu ihr, so dass sein fuchsfarbenes Haar über ihre Halsbeuge strich.
«Mama, Papa, ihr seid laaangweilig!»
Niniuk, der so tat, als hätte er die piepsig-quengelnde Stimme seines Sohnes nicht gehört, zog eine Braue hoch. «Weshalb haben wir nochmals Kinder?», wisperte er in Tantans Ohr.
Sie schnaubte amüsiert. «Weil wir viel zu verliebt sind?»
Er grinste, doch Tantan fühlte, wie dunkle Wolken durch sein Bewusstsein zogen. Die Zeugung von Daion war nicht ihre Entscheidung gewesen. Das Kind war entstanden in einer von mächtiger und altehrwürdiger Magie erfüllten Nacht, in der die Grundfesten des Weltengefüges erzitterten, Schicksalskarten neu gemischt wurden und sich das Gestern mit dem Morgen verband.
Und trotzdem war Daion ein ganz normales Kind. Schon seltsam, wie das Leben spielte.
«Mama?» Er hängte sich an den Saum ihres Oberteils und zog. «Hebst du mich hoch?»
Niniuk löste die kleinen Hände vom Stoff und ging vor seinem Sohn in die Knie. «Bist du mit fünf Jahren nicht etwas zu groß, um herumgetragen zu werden?»
Daion zog eine Schnute.
*Hoffentlich macht er das nicht zu oft. So sieht er aus wie ein hässlicher kleiner Dämon.*
Als Tantan Niniuks Gedanken in ihrem Geist hörte, schlug sie rasch die Hand vor den Mund und versuchte ihr Lachen hinter einem Husten zu verstecken. *Ich muss schon bitten, Liebster. Etwas mehr Ernsthaftigkeit bei der Erziehung des zukünftigen Königs der Sijeridai!*, gab sie gespielt ernst zurück.
Daions Schnute wurde schlimmer. «Ihr sprecht in Gedanken miteinander. Das ist auch langweilig», motzte er.
«Solltest du nicht eher froh sein, dass deine Mutter und ich uns so sehr lieben? Wie du weißt, geht es leider auch anders», erinnerte Niniuk ihn milde.
Daion starrte ihn missmutig an. Plötzlich schien ihm aufzugehen, was Niniuk meinte, und sein ärgerlicher Gesichtsausdruck verschwand. «Das stimmt», bestätigte er kleinlaut. «Wenn ihr streiten würdet, wäre das gar nicht schön. Aber müsst ihr die ganze Zeit schmusen? Ich dachte, wir wollten in den Wäldern spielen.»
Niniuk seufzte in Gedanken. *Woher hat er nur dieses Wort wieder? Ich nehme an, es ist zu früh ihm zu erklären, dass schmusen für Erwachsene das Gleiche ist wie spielen?*
Tantan gab ihrem Gefährten einen sanften Klaps auf den Kopf.
*Ich meine ja nur. Hoffentlich hat er bald eine Freundin.* Mit einem Lachen stand Niniuk blitzschnell auf, packte seinen Sohn und warf ihn hoch in die Luft.
Der Kleine jauchzte.
Niniuk fing ihn mit einem Ächzen wieder auf. «Bist du schwer. Oh, ich breche gleich zusammen.» Er torkelte mit dem Kind in den Armen über die Wiese, auf der das weißliche Gras sich leise im Wind wiegte. Dabei tat er immer wieder so, als würde er gleich umfallen, was Daion zu einem lauten Freudenschrei verleitete. Einige Vögel stoben aus ihren Verstecken in den dichten Baumkronen des Waldes auf.
«Was hatten wir abgemacht?», fragte Niniuk seinen kleinen Sohn ermahnend, während er ihn absetzte.
Daion schniefte. «Ich darf die Tiere nicht erschrecken.»
«Genau.»
«Ihr seid so doof!» Missmutig schlurfte Daion vor seinen Eltern her, die ihm Hand in Hand folgten.
Als sie schon fast das Ufer der Waldseen erreicht hatten, quiekte der Kleine unvermittelt und fiel um.
«Oh, die schwarzen Frösche sind schon wach.» Tantan packte ihren Sohn am Arm und stellte ihn wieder auf die nackten Füße. «Und wie lautet diese Regel, kleiner Mann?»
Daion verzog das Gesicht. «Ich soll schauen, wo ich hintrete, … weil mich ein Fehler in diesem Land das Leben kosten kann», fügte er nach Tantans ermahnendem Blick an.
«Was für Frösche?», machte Niniuk ihre Erziehungsmaßnahme zunichte.
Tantan unterdrückte ein Seufzen und zeigte auf etwas, das aussah wie ein dunkler Stein.
«Das ist ein Frosch?», fragten Vater und Sohn gleichzeitig und auch ein wenig ungläubig.
«Ich zeige es euch.» Tantan schaute sich um und fand einen kleinen Ast. Ganz vorsichtig schubste sie den vermeintlichen Stein damit an.
«Whoa!» Niniuk zog Daion weg, als der Frosch plötzlich auf die Größe eines Menschenkopfes anschwoll und sie mit seinen riesigen orangegelben Augen anstarrte.
«Ich will auch!», bestimmte das Kind. «Gib mir den Stock!»
«Dieser Frosch hat seine Ruhe verdient. Suchen wir einen anderen.»
Daion gehorchte ihr grummelnd, vergaß seine schlechte Laune aber angesichts der spannenden Jagd bald. Tantan musste ihn nur einmal darauf hinweisen, den Tieren den nötigen Respekt zu erweisen und sie nur sanft zu kitzeln.
«Der war fast so groß wie ein Wolf!», freute sich Daion über ein besonders prächtiges Exemplar.
Niniuk, der direkt am Wasser stand, winkte ihnen. «Das war noch gar nichts. Schaut hierher!»
«Nicht, Niniuk!», rief Tantan, als sie sah, was er anvisierte, aber da war es schon zu spät.
Sanft ließ er einen Halm Seegras über den Rücken eines besonders großen Tiers gleiten – und wurde im nächsten Moment in hohem Bogen in den See geschleudert. Sein entsetzter Aufschrei brach ab, als das Wasser über seinem Kopf zusammenschlug.
«Oh, Papa hat gewonnen. Sein Frosch war fast so groß wie ein kleiner Baum», kommentierte Daion, während Niniuk Wasser spuckend und mit den Armen rudernd aus dem See auftauchte. Aufgeregt hüpfte er von einem Fuß auf den anderen. «Komm, Mama, lass uns einen noch größeren suchen!»
Tantan grinste. «Ich denke, es ist Zeit für ein neues Spiel. Renn ein wenig mit Papa durch die Wälder, damit seine Kleider wieder trocknen. Du willst doch nicht, dass er sich erkältet.»
Niniuk wischte sich die klatschnassen Haarsträhnen aus dem Gesicht, deren sonst orangebrauner Farbton nun ganz dunkel war, und watete breitbeinig aus dem See.