Die Pfeffersäcke. Heitere Erzählungen - Karl Friedrich Kurz - E-Book

Die Pfeffersäcke. Heitere Erzählungen E-Book

Karl Friedrich Kurz

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Beschreibung

Wie unberechenbar ist das Schicksal. Mit kleinen Stolpersteinen, unbemerkt oder nicht bedacht, vereitelt es manch klugen Plan, manch heiß ersehnte Liebe, manch kühn kalkuliertes Glück.Schnell hat der junge Rechtsanwalt Anton die Tochter des Drogisten, Marianne, um einer anderer willen vergessen. Aber dann läuft eine Pfeffer-Bestellung völlig aus dem Ruder. Fehler und Irrtümer, unglaubliche Rechnungen, bald auch ein Prozess werden zur glanzvollen Bewährungsprobe für Herrn Anton, von der auch Marianne einmal profitieren wird. Weniger Glück hat Freund Cornel, ein zu großer Liebhaber des Rotdorns, der seine Straße säumt. In jede Knospe senkt er seine Hoffnung, besonders auf den Blick eines Mädchenkopfes im Haus auf der anderen Seite. Acht Tage im Frühling sind es, in denen Cornel eine kleine Geschäftsreise doch für wichtiger hält und die Überfülle des ins Kraut schießenden Baumes vereitelt alles Bemühen um ein Wiedersehen. Für das Fräulein Sabine ist das Märchen "Hans im Glück" eine dumme Geschichte und doch inspiriert sie der vermeintliche Dummkopf Hans zu einem ungeheuren Abenteuer. Und die hübsche Kätnertochter Helga, im achten Monat von Endre mit einem netten Abschiedsbriefchen sitzengelassen, beschließt seine Bitte, ihm doch gelegentlich die geschenkten Kleinigkeiten zurückzuschicken, einfach wörtlich zu nehmen: ausgerechnet am Tag vor seiner Hochzeit kommt das Päckchen von ihr – ein sehr lebendiges Päckchen. Eines haben alle sieben heitere und charmante Erzählungen gemeinsam: Wie das Schicksal nimmt, so gibt es auch, und zwar dem, der nicht verzagt und sein Leben selbst in die Hand nimmt. Karl Friedrich Kurz (1878–1962) war ein deutscher Schriftsteller, der vorwiegend Erzählungen, Romane und Reisebeschreibungen schrieb. Geboren in Bremgarten (heute Ortsteil von Hartheim am Rhein, südlich von Freiburg im Breisgau), ist er noch als Kind mit seinen Eltern nach Basel gezogen. Nach der Schule wollte er Maler werden und schrieb sich an der Akademie in Karlsruhe ein; doch die Umstände ließen ihn zum Schriftsteller werden. Er vagabundierte durch viele Gegenden der Welt (etwa durch Ostasien, insbesondere Japan), bis er sich schließlich in Norwegen niederließ, wo er zunächst in der Gegend von Solund, dann nahe Vadheim im Sognefjord lebte. In Norwegen schrieb er Erzählungen in deutscher Sprache, beeinflusst vom großen norwegischen Romancier Knut Hamsun sowie von Natur und Leben der Bevölkerung in den Fjorden von Sogn und Sunnfjord. Seine Bücher erreichten hohe Verkaufszahlen. 1934 wurde ihm der Große Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung Zürich verliehen. 1924 zog er nach Vårdal (Dalsfjorden) im Sunnfjord, wo er bis 1950 wohnte, als er seine Familie verließ und sich in Nessjøen (Sotra) im Hordaland ansiedelte. Dort lebte er bis zu seinem Tode. Seine nachgelassenen Schriften sind weitgehend verschollen.

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Seitenzahl: 34

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Karl Friedrich Kurz

Die Pfeffersäcke.

Heitere Erzählungen

Feldpostausgabe

SAGA Egmont

Die Pfeffersäcke. Heitere Erzählungen

Copyright ©, 2017 Karl Friedrich Kurz Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

All rights reserved

ISBN: 9788711570555

1. Ebook-Auflage, 2017

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

Karl Friedrich Kurz

Die Pfeffersäcke

Einen gewissen Tag und eine Stunde hätte man sich wohl merken müssen, denn das war der unscheinbare Anfang einer großen Veränderung. Viele Tausende von Tagen und Stunden gingen dahin, ohne daß sie für dieses Städtchen im tiefsten Böhmer Walde etwas Besonderes bedeuteten. Ruhe und Ordnung herrschten. Es schien hier alles im richtigen Gefüge, ein jedes Ding war an seinem Platze. Zuverlässig und rechtschaffen standen die Häuser zu beiden Seiten der Gassen.

Das Haus des Drogisten Hartberger stand am Marktplatz, und das Haus des Rechtsanwalts Leiner stand neben dem Rathaus. Das alles war so seit Urgroßvaters Zeiten. Man brauchte nicht immer Neues hinzubauen. Wenn das Haus des Rechtsanwalts seit jeher sowohl Erker als Balkon und das Haus des Drogisten zwei mächtige Schaufenster zu beiden Seiten der Tür hatte, so war dieses gar nicht anders denkbar.

Das Schicksal schenkte dem Rechtsanwalt einen Sohn, der Anton hieß und wiederum Rechtsanwalt werden mußte, damit das Städtchen in dieser Beziehung versorgt sei. Dem Drogisten hingegen schenkte das Schicksal aus irgendeinem Grunde die Tochter Mariann, was eigentlich gegen Brauch und Berechnung war, sich jedoch nicht ändern ließ.

Folgendes nun ereignete sich an einem klaren Vormittag im Frühling des Jahres neunzehnhundertundvierzehn: Der junge Rechtsanwalt Anton schritt leichtfüßig und froh gestimmt durch die Haustür, blieb am schmiedeeisernen Tor stehen und blinzelte die Straße hinunter. Die Uhr vom Rathausturm schlug eben die zehnte Stunde.

Vor dem Drogenladen im schmalen Gärtlein stand die Tochter Mariann. Kaum erblickte diese Tochter den jungen Rechtsgelehrten, als ihr Herz heftig zu klopfen begann. Wahrscheinlich geschah es mehr aus Verlegenheit und eigentlich ohne Absicht; Mariann pflückte die erste Rose im Garten. Mariann zählte zwanzig Sommer. Und als der junge Herr Anton auf sie zuschritt, drehte sie die Rose in ihren beiden Händen und bekam einen verräterischen Schimmer in ihre blauen, blanken Augen. So verwirrt war sie, daß sie mit zuckenden Lippen lächelte. Wahrscheinlich dachte sie bei sich selber: Dieses ist also die erste Rose. Und es ist noch eine unschuldige Rosenknospe — mein Vater wird sich ärgern, daß ich sie pflückte. Aber was soll ich jetzt damit anfangen? Ob ich es wohl wagen darf, sie Anton über den Zaun entgegenzustrecken … ?

Ja, um der Barmherzigkeit willen, weshalb sollte dieses denn ganz und gar unerlaubt sein? Hat Anton nicht einst des Abends des Drogisten Töchterlein vors Städtchen hinausgeführt? Und einmal küßte er es keck auf den Mund. Und das Töchterlein meinte dann in seinem Herzen, das sei schon ein Versprechen, und es gehöre zu Anton bis in alle Ewigkeit …

Leider sollte es später anders kommen. Diese Liebe blühte einmal wunderbar, wie alle Liebe in der ganzen Welt immer wieder aufs neue blühen muß. Hernach reiste Anton in die fremde Hauptstadt und verfiel dort irgendeiner Zauberei. Er schrieb zuerst einen schönen Brief, und dann schrieb er nicht mehr. In den Ferien kam er zurück und stellte das Bild einer unbekannten Dame auf seinen Tisch, und die Liebe zu Mariann war verwelkt und verdorrt.

Übrigens schien auch dieses in bester Ordnung. Die Leiner wählten sich bis dahin ihre Frauen nie unter den Töchtern des Städtchens … So geht also Herr Anton am Gartenzaun und an Mariann vorbei, lüpft den Hut kaum fingerbreit, lächelt matt — sein Sinn ist offenbar in unendlicher Ferne. Er bemerkt nicht Mariann mit ihrer Rosenknospe und ihrer blutroten Erwartung. Taktfest marschiert er weiter und bläst Zigarettenrauch in die Luft.