Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 630 - Ina Ritter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 630 E-Book

Ina Ritter

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Beschreibung

Während Dr. Brandulf von Halberstedt nachdenklich die bildschöne Medizinstudentin betrachtet, die in seiner Praxis eine Arbeit für die Semesterferien sucht, kommt ihm plötzlich eine Idee. Er braucht zwar keine zusätzliche Kraft, bietet ihr aber dennoch eine gut bezahlte Beschäftigung an: Birte soll zum Schein seine Ehefrau spielen. Brandulf erhofft sich dadurch, seiner Mutter die fixe Idee auszutreiben, ihn unbedingt mit einem ungeliebten Mädchen, der Tochter des berühmten Professors Wiedenhofen, zu verkuppeln, nur weil das seiner Karriere förderlich sein könnte.
Nach kurzem Zögern stimmt Birte der Scheinehe zu. Brandulf gratuliert sich zu seinem klugen Schachzug, doch der entpuppt sich bald als größter Fehler seines Lebens ...


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Inhalt

Cover

Nur eine Liebesheirat

Vorschau

Impressum

Nur eine Liebesheirat

Ein herzbewegender Schicksalsroman für glückliche Stunden

Während Dr. Brandulf von Halberstedt nachdenklich die bildschöne Medizinstudentin betrachtet, die in seiner Praxis eine Arbeit für die Semesterferien sucht, kommt ihm plötzlich eine Idee. Er braucht zwar keine zusätzliche Kraft, bietet ihr aber dennoch eine gut bezahlte Beschäftigung an: Birte soll zum Schein seine Ehefrau spielen. Brandulf erhofft sich dadurch, seiner Mutter die fixe Idee auszutreiben, ihn unbedingt mit einem ungeliebten Mädchen, der Tochter des berühmten Professors Wiedenhofen, zu verkuppeln, nur weil das seiner Karriere förderlich sein könnte.

Nach kurzem Zögern stimmt Birte der Scheinehe zu. Brandulf gratuliert sich zu seinem klugen Schachzug, doch der entpuppt sich bald als größter Fehler seines Lebens ...

»Endlich«, stieß Frau Judith seufzend hervor und nickte ihrem eintretenden Sohn zu. »Du kommst ja wieder spät. Was hast du denn die ganze Zeit gemacht?«

»Gearbeitet!« Dr. Brandulf von Halberstedt zuckte die Achseln. »Es war heute besonders viel zu tun. Jetzt freue ich mich auf ein gemütliches Abendstündchen mit dir.«

»Renate ist da. Sie wartet auf dich.«

»Schon wieder?«, fragte Brandulf und zog die Brauen zusammen. »Was will sie denn?«

Seine Mutter warf einen anklagenden Blick gegen die Decke.

»Mit dir sprechen natürlich. Was dachtest du denn? Renate liebt dich doch.«

»So«, sagte Brandulf trocken.

»Und das lässt dich völlig kalt?«

Frau Judith nahm den jungen Mann beim Arm und zog ihn in die Küche. Es war nicht nötig, dass die Besucherin etwas von ihrer Unterhaltung mithörte.

»Ja, Renate kommt deinetwegen«, wiederholte sie, und ihre Stimme klang ein wenig ungehalten. »Und wenn du nur ein bisschen Verstand hättest, Junge, dann wüsstest du, was du zu tun hast. Ich bin mir mit Renate jedenfalls völlig einig.«

»Großartig«, bemerkte der Arzt sarkastisch. »Und ich werde weiter nicht gefragt. Habt ihr etwa auch schon den Hochzeitstermin festgelegt?«

»Ich meine es doch nur gut mit dir«, versicherte Frau Judith. Sie war eine zierliche Frau mit einem jugendlichen Gesicht.

»Ich möchte mir meine Frau selbst aussuchen«, knurrte Brandulf.

»Gefällt Renate dir denn nicht?«

»Ich finde sie sehr nett.«

»Dann ist ja alles in Ordnung, Junge.« Frau Judith strahlte. »Wann wollt ihr euch verloben?«

»Überhaupt nicht!«, erwiderte Brandulf gereizt. »Ich mag Renate wirklich gern, aber ein ganzes Leben möchte ich sie nicht an meiner Seite haben.«

»Und bedenkst du gar nicht, wer ihr Vater ist?« Frau Judith gab nicht so schnell auf. »Er ist Professor, und er hat ein gewichtiges Wort mitzureden, wenn es einmal darum geht, seinen Nachfolger zu bestimmen. Wenn du Renate heiratest, wirst du bald ...«

»Aber ich will nicht durch Protektion Karriere machen«, fiel ihr Brandulf ins Wort.

»Ohne Protektion macht heute niemand eine wissenschaftliche Karriere.«

»Woher nimmst du nur deine Zähigkeit, Mutter?«

»Für dich kommt nur eine Liebesheirat infrage, nicht wahr? Glaub mir, Brandulf, Renate liebt dich, und sie wird alles tun, um dich glücklich zu machen.«

»Aber ich will nicht!«, erklärte Brandulf lautstark.

»Beruhige dich«, bat seine Mutter. »Und dann komm mit zu Renate hinein.«

Brandulf atmete tief durch, ehe er seiner Mutter die Küchentür öffnete und ihr ins Wohnzimmer folgte.

Renate hatte in einer Zeitschrift geblättert und legte sie schnell aus der Hand, als sie hereinkamen.

Höflich beugte Brandulf sich über ihre Hand und versicherte, dass er sich freue, sie zu sehen.

»Er hat in der Küche regelrecht von dir geschwärmt«, log Frau Judith. »Bestreite es nicht, Brandulf, du bist doch sonst nicht so schüchtern. Nur dir gegenüber ist er so steif, Renatchen.«

Wie kann ich meiner Mutter nur klarmachen, dass ich mir meine Frau selbst aussuchen will?, fragte der junge Mann sich.

Frau Judith war sehr klug und lebenstüchtig. Von ihrem Standpunkt aus gesehen war es tatsächlich das Beste, was er tun konnte, Renate Wiedenhofen zu heiraten.

Ihr Vater war Professor an der hiesigen Universitätsklinik. Seinem Nachfolger würde eine große Karriere offenstehen, wenn er das Zeug dazu hatte.

Und Brandulf traute es sich schon zu, Professor Wiedenhofens Werk einmal fortzusetzen.

Renate schaute ihn von der Seite an.

»Ich finde es nett von dir, dass du mich für Sonntag zu einem Ausflug einlädst«, sagte sie. »Ich weiß ja, wie wenig Zeit du hast.«

»Du hast mir doch gesagt, dass du mit Renate am Sonntag in die Heide fahren willst«, schaltete sich Frau Judith schnell ein, als sie die ratlose Miene ihres Sohnes sah. »Oder hätte ich es Renatchen noch nicht verraten dürfen? Du wolltest es ihr selbst sagen, nicht wahr? Ich bin eine schreckliche Klatschtante.«

Seine Mutter war keine Klatschtante, sondern eine geborene Intrigantin, fand Brandulf.

»Ich gebe euch einen Picknickkorb mit, und ihr macht euch einen schönen Tag«, sagte Frau Judith. »Es wird auch allerhöchste Zeit, dass du einmal herauskommst, Brandulf. Du arbeitest zu viel.«

Brandulf sah keine Möglichkeit, diese Verabredung noch rückgängig zu machen.

Höflich wie er war, hatte er Renate schon bald in ein angeregtes Gespräch verwickelt.

Sie studierte Medizin, weniger aus Neigung als aus Langeweile. Für sie stand es ja wie für Frau Judith fest, dass sie einmal heiraten würde, und zwar schon bald. Ihr Studium würde sie nicht beenden. Wozu auch?

»Ich freue mich auf Sonntag«, sagte sie, als sie sich später verabschiedete.

Brandulf hatte sie zur Tür gebracht und öffnete ihr jetzt höflich die Tür ihres Wagens.

»Du bist überhaupt sehr nett, Brandulf.« Ihr Gesicht hob sich ihm sehnsüchtig entgegen, ihre Lippen waren geöffnet und warteten darauf, geküsst zu werden.

Das Mondlicht übergoss ihre Züge mit silbernem Schein und ließ das Mädchen noch schöner erscheinen, als es ohnehin war. Und es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre Brandulf der Versuchung erlegen, doch das geschah nicht.

Er straffte seine schlanke, hochgewachsene Gestalt, und irgendwie wirkte sein Gesicht plötzlich kühl und abweisend.

»Schlaf gut, Brandulf.« Renate Wiedenhofen strich mit den Fingerspitzen über seine Wangen. »Freust du dich auch so auf Sonntag? Dann sind wir einen ganzen Tag allein. Hoffentlich hält sich das Wetter.«

»Hoffentlich!« Brandulf machte eine ungeduldige Bewegung, und Renate kletterte gehorsam in ihr Auto. Sie winkte, als sie anfuhr, und Brandulf winkte zurück.

»Nein!«, murmelte er und krauste die Stirn. »Ich lasse mich nicht verheiraten!«

♥♥♥

Brandulf von Halberstedt strich sich mit dem Handrücken über die Stirn. Ein arbeitsreicher Vormittag lag hinter ihm, und er war froh, gleich eine Stunde Mittagspause zu haben.

»Ein Fräulein Schubert möchte Sie noch sprechen.« Seine Sprechstundenhilfe lächelte, um Entschuldigung bittend. »Keine Patientin«, fügte sie noch schnell hinzu. »Es ist privat, hat sie gesagt. Soll ich sie hereinlassen?«

»Meinetwegen.« Brandulf warf einen Blick auf seine Uhr. »Nach drei Minuten rufen Sie mich raus, bitte.«

Die Sprechstundenhilfe nickte verständnisvoll. Solche Aufträge kannte sie, sie bekam sie nicht zum ersten Mal.

Der Mann stand höflich auf, als dieses Fräulein Schubert eintrat.

Er gab ihr die Hand, bat sie, Platz zu nehmen, und setzte sich selbst hinter seinen Schreibtisch.

»Was kann ich für Sie tun, Fräulein Schubert?«, fragte er.

»Ich bin Medizinstudentin im achten Semester«, erklärte die junge Dame. »Ich suche in den Semesterferien eine Beschäftigung. Durch Zufall hörte ich, dass Ihre Sprechstundenhilfe heiraten will, und dachte, dass Sie vielleicht eine Vertretung brauchen. Ich bin selbstverständlich mit allen vorkommenden Arbeiten vertraut.«

»Man hat Sie falsch informiert, Fräulein Schubert. Fräulein Echterding wird nicht heiraten. Es tut mir leid.«

»Mir auch«, bekannte Birte. »Wissen Sie vielleicht irgendeinen Kollegen, der eine Hilfe braucht? Es macht mir auch nichts aus, im Haushalt zu arbeiten oder Kinder zu beaufsichtigen oder den Garten in Ordnung zu bringen. Das alles habe ich schon gemacht.«

»Da bin ich leider überfragt«, antwortete Brandulf.

»Frau Gieseke hat angerufen, Sie möchten sofort kommen, Herr Doktor, sie hat einen schweren Anfall«, unterbrach die Sprechstundenhilfe ihr Gespräch.

Diese Frau Gieseke gab es nicht, sie diente nur als Vorwand, Brandulf von lästigen Besuchern zu befreien.

»Danke, schon gut, ich fahre nachher hin. Ich habe noch zu tun, Fräulein Echterding.«

Brandulf sah wohl das Erstaunen auf dem Gesicht seiner Sprechstundenhilfe, aber es war ihm gleichgültig.

»Sie sagten, Sie würden alles tun, wenn Sie nur einigermaßen gut bezahlt würden?«

»Ja«, bestätigte Birte. »Das Geld, das ich in den Semesterferien verdiene, muss immer für ein Vierteljahr reichen. Wissen Sie nicht jemanden, der mich brauchen könnte, Doktor von Halberstedt? Mir ist keine Arbeit zu schwer.«

»Tja ...« Brandulf rieb sich mit der flachen Hand das Kinn, während sein Blick abschätzend auf ihr ruhte. »Was ich Ihnen vorzuschlagen habe, ist etwas ungewöhnlich.«

»Das macht nichts. Sie glauben gar nicht, wie schwer es ist, eine Stellung zu finden, die gut bezahlt wird.«

»Sie studieren gern?«, fragte Brandulf.

»Ja. Schon als Kind war es mein Wunsch, Ärztin zu werden.«

Plötzlich griff Birte Schubert an die Schreibtischkante, weil sie das Gefühl hatte, als flöge ihr Stuhl mit ihr durch die Luft.

»Was ist mit Ihnen?« Brandulf sprang auf und lief um den Schreibtisch herum. »Geht es Ihnen nicht gut?«

Birte atmete ein paarmal tief durch.

»Entschuldigen Sie bitte«, stieß sie hervor. »Jetzt geht es schon wieder. Ich habe heute noch nichts gegessen.«

»Legen Sie sich auf den Diwan«, befahl Brandulf und geleitete sie zur Untersuchungscouch. »Ich werde sofort etwas zu essen kommen lassen.«

»Bitte, machen Sie sich doch meinetwegen nicht solche Umstände. Ich bin bestimmt keine Zierpuppe. Ich weiß selbst nicht, wie es kommen konnte ...«

»Besorgen Sie etwas zu essen, Fräulein Echterding«, befahl Brandulf seiner Sprechstundenhilfe, die er hereingerufen hatte. »An der Ecke ist ein Imbiss. Bringen Sie zwei Portionen Kartoffelsalat mit Bratwurst.«

Fräulein Echterding schaute ihn verwundert an. Sie hatte schon manchen Auftrag für ihn erfüllt, aber so einen noch nicht.

»Ihre Mutter wartet mit dem Essen auf Sie, Herr Doktor.«

»Ach so, richtig. Rufen Sie an und sagen Sie ihr, ich sei zu Frau Gieseke gerufen worden.«

»Zu Frau Gieseke?«

»Nun gehen Sie schon, und besorgen Sie etwas zu essen, oder wollen Sie, dass wir verhungern?«

Fräulein Echterding machte, dass sie hinauskam.

»Ich werde uns eine Tasse Kaffee kochen.« Brandulf legte Birte zurück, als sie sich aufrichten wollte. »Bleiben Sie liegen, Kaffee kochen kann ich.«

Es war angenehm, einmal so zu liegen und sich völlig zu entspannen. Den ganzen Vormittag war Birte schon herumgelaufen, hatte aber noch nichts Passendes gefunden.

Sie hatte die Augen geschlossen und merkte nicht, dass Brandulf sie unverwandt betrachtete.

Ein sehr hübsches Mädchen, stellte er fest. Ein Mädchen, in das man sich verlieben kann.

Auch Mutter wird sich nicht wundern, dass sich ein Mann Hals über Kopf in sie verliebt!

Hals über Kopf? Das braucht es eigentlich nicht zu sein, überlegte er. Ich war zuletzt in Tübingen beim Medizinerkongress, eine Woche Urlaub habe ich mir gegönnt, ohne dass Mutter mich begleitet hat ... Es müsste eigentlich gehen.

»Nun bin ich aber gespannt, was für eine Arbeit Sie für mich haben«, sagte Birte.

Der junge Arzt räusperte sich.

»Könnten Sie sich vorstellen, mit mir verheiratet zu sein?«, fragte er dann.

Birte stutzte. Sie schaute ihn an, als wäre er eine Erscheinung.

Brandulf ließ sich ihre Musterung etwas unbehaglich gefallen. Das Mädchen hatte eine kühle, sachliche Art, stellte er fest.

Sie gefiel ihm, und doch fürchtete er sich vielleicht gerade deshalb ein wenig vor ihrem Urteil.

»Ja«, teilte ihm Birte nach einigen Sekunden des Nachdenkens mit.

Brandulf lächelte erleichtert.

»Meine Mutter hat nämlich die Absicht, mich um jeden Preis zu verheiraten. Ich habe enorme Schwierigkeiten, den Netzen und Fallstricken zu entgehen, die sie und das Mädchen mir legen.«

Birte fragte sich, warum er ihr das erzählte.

»Wären Sie bereit, für eine befristete Zeit und sagen wir tausend Mark die Rolle meiner Frau zu spielen?«, fragte Brandulf sie da schon.

»Wie bitte?«

»Sie haben durchaus richtig verstanden. Mir ist der Gedanke gekommen, ein Mädchen zu mieten, das ich meiner Mutter als meine Frau vorstellen kann.«

»Ich verstehe nicht, was Sie damit beabsichtigen«, bekannte Birte. »Wenn Sie dieses Mädchen nicht heiraten wollen, dann brauchen Sie es doch nur zu sagen.«

»Sie kennen meine Mutter nicht, sonst würden Sie nicht so sprechen.«

»Und Sie sprachen von eintausend Mark?« Birte hatte blitzschnell ausgerechnet, dass diese Summe sie ein Semester weiterbringen würde.

»Ja, eintausend Mark und freie Station. Sie müssten ja bei uns im Hause wohnen, bis wir uns einmal so zanken, dass eine Scheidung unumgänglich ist.«

»Warum gerade ich?«, fragte Birte hilflos. »Es gibt doch genug andere, die diese Rolle spielen könnten.«

»Nicht so viele, wie Sie glauben. Sie haben mich erst auf die Idee gebracht.«

»Warum eigentlich nicht?«, sagte Birte nach kurzem Nachdenken. »Ich bin einverstanden, Herr Doktor.«

»Fein.« Erfreut streckte Brandulf ihr die Rechte entgegen und schüttelte ihre Hand.

»Ich hoffe, dass Sie Ihren Entschluss niemals bereuen werden. Was in meinen Kräften steht, werde ich tun, um Ihnen den Aufenthalt in meinem Haus leicht zu machen. Allerdings werden Sie mich kaum zu Gesicht bekommen.«

»Erzählen Sie mir bitte von Ihrer Mutter und unterrichten Sie mich über alles, was ich wissen muss«, bat Birte.

Sie hatte einen Notizblock gezogen und war bereit, sich stichwortartig das Notwendigste zu notieren.

♥♥♥

»Pack mir bitte den dunklen Anzug mit ein«, bat Brandulf seine Mutter am nächsten Tag.

Er musste überraschend zu einer Tagung, hatte er ihr erzählt, aber seine Bitte war dennoch verwunderlich.

»Den dunklen Anzug?«, wiederholte seine Mutter verwirrt. »Musst du denn an einem Bankett teilnehmen?«

»So etwas Ähnliches, Mutter, ich erzähle dir später davon, du wirst staunen. Nun muss ich aber wirklich gehen.«

Er winkte ihr flüchtig zu und verließ dann die altmodische Villa.

♥♥♥

Es war gut, dass Frau Judith nicht ahnte, wohin Brandulf reiste. Er fuhr nämlich in die nächste Kleinstadt und traf sich dort mit einem hübschen jungen Mädchen.

»Hoffentlich haben Sie nicht auf mich warten müssen«, sagte Brandulf höflich, als er Birte begrüßt hatte. »Ich musste im letzten Moment noch einen Krankenbesuch machen.«

»Bei dieser Frau Gieseke?«, forschte Birte mit lustig funkelnden Augen.

Brandulf stutzte und lachte dann laut heraus.

»Sie haben den Schwindel durchschaut?«

»Das war nicht schwer zu erraten. Mein Vater hat es genauso gemacht, nur hieß die Patientin Petersen. Ich weiß noch genau, wie oft diese Frau Petersen Koliken bekam. Die Arme hat entsetzlich leiden müssen. Aber da sie nur in der Fantasie lebte, konnte sie es wohl ertragen.«

Brandulf winkte einem Kellner und bestellte etwas zu trinken. Dieses Mädchen gefiel ihm immer besser.

»Wollen wir nicht allmählich Du zueinander sagen?«, fragte er, als die Gläser vor ihnen standen. »Für ein liebendes Paar gehört es sich wohl.«

»Selbstverständlich. Ich heiße Birte. Und Sie?«

»Brandulf. Auf ein gutes Verstehen, Birte.«

Er schaute über den Rand seines Glases hinweg in ihr schönes Gesicht.

»Ich bin gespannt, wie du unseren großen Tag inszenieren wirst. Ich habe jetzt schon Angst davor.«

»Das brauchst du nicht«, erwiderte Brandulf.

Dieses Mädchen hatte etwas an sich, das ihn eigenartig anzog. Selbstverständlich war es keine Zuneigung, Brandulf hielt sich für viel zu vernünftig, um sich in eine kleine Studentin zu verlieben, von der er kaum mehr wusste als den Namen.

Es war Sympathie! Er freute sich, als ihm diese Bezeichnung in den Sinn kam, die so vieles bedeuten konnte.

»Morgen werden wir heiraten«, sagte er und schmunzelte. »Was für Augen wird Mutter machen, wenn ich mit dir ankomme.«

»Und ich bin froh, dass ich nicht wirklich deine Frau werde«, gestand Birte, der das Du unerwartet leicht über die Lippen kam. »Ich stelle es mir schrecklich vor, vor den prüfenden Augen der Schwiegermutter zu bestehen. Sicher findet sie doch an jeder, die ihr den Sohn wegnehmen will, eine ganze Menge auszusetzen.«

»Nur an der einen nicht«, schränkte Brandulf ihre Worte ein. »Aber nun musst du mir noch von dir erzählen. Dein Vater war also auch Arzt?«

»Ja.« Birte schob das Glas auf dem Tisch nachdenklich hin und her. »Ein kleiner Landarzt, so ein richtiger alter Doktor, der im Lodenmantel und mit verbeultem Hut durch die Gegend rannte und für jede Krankheit zuständig war. Die Leute mochten ihn. Nun, dann kam der Krieg, die Flucht ...«

»Und danach?«, fragte Brandulf.

»Danach kam nichts mehr. Vater ist Ende des Krieges gefallen, mein Bruder Wolfgang wurde als vermisst gemeldet, und von meiner Mutter habe ich nie wieder etwas gehört. Mich hat sie rechtzeitig in den Westen geschickt. Nun, und da bin ich jetzt immer noch, wie du siehst«, sagte sie und versuchte ein Lachen, das allerdings nicht ganz echt klang. »Mir geht es gut. Ich kann sogar studieren, und mehr wollte ich ja nicht.«

»Ich glaube, du bist ein sehr tapferes Mädchen.«

»Ach wo, absoluter Durchschnitt. Mir blieb ja auch nichts anderes übrig, als unterzugehen oder mich durchzubeißen.«

»Dann stehst du also ganz allein?«

»Ja. Du kannst froh sein, du heiratest keine Verwandtschaft mit. Das hätte ja auch peinlich werden können, nicht wahr? Aber so kann nichts passieren.«

»Hast du Angst, die Rolle meiner Frau zu übernehmen?«

»Nein. Ich vertraue dir.«

»Ich werde mich bemühen, dein Vertrauen nicht zu enttäuschen. Wollen wir noch ein bisschen spazieren gehen?«

»Gern. Leider habe ich viel zu wenig Gelegenheit dazu. Während des Semesters muss ich büffeln und in den Semesterferien arbeiten.«

Brandulf legte ein paar Geldstücke neben die geleerten Gläser und folgte ihr.

»Hast du eigentlich keinen Freund?«, fragte er, als er sie erreicht hatte.

Birte schüttelte den Kopf.