Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 633 - Ina Ritter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 633 E-Book

Ina Ritter

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Beschreibung

"Ich denke nicht daran, diese Kind zu bekommen!" Maikes Stimme klingt eisern entschlossen, ihr schönes, junges Gesicht wird hart. "Ich werde mir mein Leben nicht durch so einen Klotz am Bein zerstören lassen. Außerdem bedeutet mir der Vater des Kindes nichts mehr. Ich habe Olaf nie wirklich geliebt, das weiß ich jetzt."
Susan, Maikes beste Freundin, schließt entsetzt die Augen. Armer Olaf, denkt sie. Und dann denkt sie an das Baby, dieses hilflose, unschuldige Geschöpf. Ich werde niemals dulden, dass Maike das Kind abtreiben lässt, schwört sich Susan in diesem Moment ...


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Inhalt

Cover

Unser Glück braucht keine Worte

Vorschau

Impressum

Unser Glück braucht keine Worte

Ein Paar und sein besonderes Liebesgeheimnis

Ich werde das Kind auf keinen Fall bekommen!«, erklärt Hella nachdrücklich.

Der Vater des ungeborenen Kindes und ihre Cousine Susan, mit der sie sich während des Studiums eine Wohnung teilt, starren die schwangere junge Frau fassungslos an. Hella meint es jedoch durchaus ernst. Ihre Liebe zu Olaf ist längst erkaltet, und diesen armen Schlucker nur des Kindes wegen zu heiraten, das kommt für sie nicht infrage. Susan allerdings ist bereit dazu, den mittellosen Studenten zu heiraten, um Hellas Baby vor dem Tod zu retten. Und so ist es bald beschlossene Sache, dass Olaf und Susan eine Ehe auf kameradschaftlicher Basis zum Wohle des Kindes eingehen. Doch der Weg zu einem eigenen Lebensglück ist Susan damit versperrt ...

»Das arme Kind«, sagte Georg Bahr bedauernd.

Seine Frau nickte. Beide saßen in ihrem gemütlichen, weiträumigen Wohnzimmer, dem man die Wohlhabenheit seiner Besitzer ansah. Der große Wohnzimmerschrank war aus edelstem Holz, der Parkettboden mit kostbaren Orientteppichen bedeckt, und an den Wänden hingen Bilder bekannter Maler.

»Vater und Mutter gleichzeitig zu verlieren, das ist sehr hart. Stell dir nur vor, unsere Hella stände plötzlich ganz allein auf der Welt.« Offenbar konnte der ältere Herr sich solch einen schlimmen Schicksalsschlag gar nicht vorstellen und schüttelte den Kopf.

»Daran möchte ich gar nicht denken, Georg«, gestand seine Frau leise.

»Ich auch nicht.« Er seufzte tief.

»Dein Vetter wird Susan sicher keine Reichtümer hinterlassen haben, nicht wahr?«

»Das befürchte ich auch. Dazu war er viel zu großzügig und mitfühlend. Wir sind uns in den letzten Jahren ja nicht häufig begegnet, aber beim letzten Mal hat sich Ingeborg bei mir bitter beklagt und mich um Rat gefragt. Sie könne für Susan oftmals nicht die nötigsten Anschaffungen tätigen, weil die Bauern ihren Mann meistens nur mit Naturalien für seine ärztliche Leistung bezahlten. Weil sie so viel gar nicht essen konnten, wurden die Lebensmittel dann an die Armen weitergegeben.«

»Ich fürchte, uns erginge es ähnlich, wenn du ein Landarzt wärst, Georg«, meinte seine Frau.

»Na ja«, sagte er lang gedehnt, »ein knallharter Geschäftsmann werde ich nie werden, das stimmt schon. Es war ja auch nie mein Wunsch, die Fabrik zu übernehmen, wie du weißt. Ich bin gewissermaßen dazu gezwungen worden, als mein älterer Bruder so unerwartet starb. Ich möchte mich nicht etwa beklagen, aber ich hätte mich sicher in der Forschung wohler gefühlt.«

Seine Frau nickte verständnisvoll.

»Zuweilen fragt das Schicksal nicht nach unseren Wünschen. Ich finde jedoch, dass du die dir gestellte Aufgabe bestens gemeistert hast.« Sie nahm einen Schluck Kaffee, daher entging ihr, dass über das Gesicht ihres Mannes ein dunkler Schatten zog.

»Um noch einmal auf Susan zurückzukommen ...«, wechselte Georg das Thema.

»Ich bin selbstverständlich damit einverstanden.«

»Du weißt also, was ich dir vorschlagen wollte?«

»Schließlich kenne ich dich«, erwiderte Frau Elisabeth lächelnd. »Wir sind ja nicht erst seit gestern verheiratet. Wenn wir also zur Beerdigung fahren, bringen wir Susan hinterher mit zu uns. Wir wollten ja schon immer ein zweites Kind haben, nun wird es uns also noch im Alter beschert, nachdem es uns in jüngeren Jahren verwehrt worden ist.«

»Danke!« Georg Bahr drückte zärtlich die Hand seiner Frau. »Hella wird sehr überrascht sein, wenn sie jetzt eine Schwester bekommt.«

»Sie wird sich freuen«, glaubte Elisabeth.

»Für die nächsten Jahre ist sie ja ohnehin mehr fort als bei uns zu Hause. Die jungen Mädchen von heute wollen alle studieren, soll sie es also tun. Ich glaube jedoch, dass sie ihr Studentendasein irgendwann gegen eine Ehe eintauschen wird.«

»Ausgeschlossen ist das natürlich nicht«, stimmte seine Frau ihm zu.

»Auf jeden Fall wird Susan wieder ein bisschen Leben in unser ruhiges Haus bringen.«

»Wie alt ist Susan jetzt eigentlich, Georg?«

»Ich meine, sie muss auch schon achtzehn Jahre alt sein. Dann ist sie also durchaus kein Kind mehr. Mein Gott, wie die Zeit vergeht«, sagte er und seufzte.

»Ich habe sie schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen, aber sie versprach schon damals, eine Schönheit zu werden. Ihre Mutter sah auch sehr gut aus.«

»Findest du? Na, ihr Frauen habt für solche Dinge einen schärferen Blick«, meinte Georg Bahr. »Ich habe Susan eigentlich eher als schlaksiges, dünnes Geschöpf in Erinnerung. Hatte sie nicht rotes Haar?«

»Hellblondes langes Haar, das damals wie Seide glänzte.«

Ihr Mann zuckte die Schultern, um anzudeuten, dass er sich nicht so genau daran erinnerte.

»Ich glaube auch nicht, dass Susan heute noch so ein schlaksiges Geschöpf ist. Sie hatte damals schon lange, schlanke, aber gut geformte Beine und erinnerte mich irgendwie an eine schlanke Tanne.«

»Du wirst ja direkt poetisch«, staunte Georg. »Aber wie dem auch sei, ich bin froh, dass Susan zu uns kommt. Es ist schlimm, wenn ein Mädchen in so jungen Jahren schon Vollwaise wird.«

»Dein Vetter hat doch sonst nie Urlaub gemacht. Ausgerechnet die Maschine stürzt ab, mit der er zum ersten Mal fliegt.«

Georg Bahr nickte betrübt.

»Du weißt ja, dass er mich vor dem Urlaub angerufen hat. Ingeborg hatte auf diesen Urlaub gedrängt, nachdem er ihn ihr seit Jahren versprochen hatte. Er könne sich den Urlaub aus zeitlichen und finanziellen Gründen eigentlich gar nicht leisten, hat er mir erzählt. Und dass ihn nichts nach Spanien ziehen würde. Und nun ist er tot.«

»Das ist mehr als tragisch«, murmelte Frau Elisabeth.

»Das ist einfach Schicksal«, schloss ihr Mann. »Ich will zusehen, dass wir schon morgen zu Susan fahren können, um ihr in diesen schweren Tagen beizustehen.«

Frau Elisabeth war damit einverstanden.

Sie führte am Abend mit Hella ein langes Telefongespräch. Ihre Tochter war ebenfalls tief betroffen, als sie von dem schrecklichen Unfall erfuhr.

»Ausgerechnet am Tage der Beerdigung muss ich eine Klausur schreiben, die für mich sehr wichtig ist.«

»Liebes, niemand erwartet, dass du uns begleitest. Wenn du nach Hause kommst und hier Susan vorfindest, zeige ihr, wie willkommen sie dir ist. Davon hat sie mehr.«

»Das werde ich gern tun«, versprach Hella.

♥♥♥

Georg Bahr und seine Frau trafen ein sehr verzweifeltes junges Menschenkind an, das noch immer nicht begreifen konnte, dass die geliebten Eltern nie mehr zurückkehren würden.

Da Susan keine anderen Verwandten hatte, flüchtete sie sich in Frau Elisabeths Arme.

»Es ist alles so schrecklich«, stieß sie unter Schluchzen hervor.

Elisabeth Bahr strich Susan sanft über den Rücken.

Ein Bekannter der Verstorbenen hatte Susan bisher zur Seite gestanden und alles in die Wege geleitet, damit die Leichen nach Deutschland überführt wurden.

Er saß an diesem Abend mit Georg Bahr zusammen und legte ihm Rechnungen vor.

»Das war eine kostspielige Angelegenheit«, erklärte er düster, »aber Susan wollte absolut nicht, dass ihre Eltern in Spanien beerdigt wurden.«

»Das kann ich verstehen.«

Der Bekannte war offensichtlich froh, dass nun ein Verwandter der jungen Susan alles Weitere regeln würde.

Georg Bahr fand bald heraus, dass sein Vetter kaum Bargeld hinterlassen hatte. Gottlob stand in der Garage noch das Auto. Und da waren noch das Haus und die Praxis, die veräußert werden konnten. Das Haus war jedoch mit einer Hypothek belastet.

Nein, eine reiche Erbin war Susan wahrlich nicht.

Ein Teil des Geldes, das aus dem Verkauf von Haus und Auto übrig bleiben würde, würde noch für die Überführung der Leichen und für die Beerdigung draufgehen. Der andere Teil musste liegen bleiben und für Susans Ausbildung verwandt werden. Georg seufzte tief, als er die Kontobücher schloss.

Für den Landarzt und seine Frau gab es eine große Beerdigung.

»Solch einen Arzt bekommen wir nicht wieder«, raunten sich die Trauergäste zu. Manch mitleidsvoller Blick flog zu Susan, die mit tief gebeugtem Kopf am Grabe ihrer Eltern stand.

Da sich in einem Dorf Neuigkeiten wie ein Lauffeuer verbreiten, wussten inzwischen alle, dass reiche Verwandte aufgetaucht waren, die sich ihrer annehmen würden.

»Ich will so werden wir ihr«, gelobte die junge Susan in diesen Minuten den Verstorbenen. Ihre Mutter hatte nie einen Bettler fortgeschickt und ihr Vater keinem Armen seine Hilfe versagt. Sie hatten eine gute Ehe geführt, und in ihrer kleinen Familie hatte stets Harmonie geherrscht.

Das junge Mädchen nahm all die vielen Menschen ringsum kaum wahr, als es mit den Eltern Zwiesprache hielt.

Erst als Frau Elisabeth sie sanft anstieß, schreckte sie zusammen und kehrte in die Gegenwart zurück. Susan trat einen Schritt vor und tat, was man offensichtlich von ihr erwartete. Sie warf den Strauß Blumen, den sie im Garten gepflückt hatte, ins Grab. Dann nahm sie mit einer kleinen Schaufel aus einem Behälter Erde und ließ sie auf die Särge fallen.

Und danach musste sie unendlich viele Hände schütteln und hörte so viele Worte des Trostes! Susan lächelte verkrampft und wusste darauf nichts zu antworten, aber das erwartete in diesen Minuten auch niemand.

Irgendwie war dann alles vorüber. Der Leichenschmaus war im »Dorfkrug« gewesen, und endlich war Susan wieder im Doktorhaus.

»Entschuldigt mich«, stieß sie hervor und floh in ihr Zimmer. Hier warf sie sich der Länge nach auf ihr Bett. Endlich konnte sie weinen. Sie weinte um die besten Eltern der Welt.

»Wir können Susan jetzt doch nicht allein lassen«, murmelte Georg Bahr. Seine Frau hielt ihn zurück, als er dem jungen Mädchen nacheilen wollte.

»Georg, ich denke, sie braucht jetzt das Alleinsein, um sich wieder zu sammeln. Was in der letzten Zeit auf Susan eingestürmt ist, war selbst für sie ein wenig zu viel.«

»Was heißt ›selbst für sie‹?«, fragte ihr Gatte.

»Ich meine, dass Susan für ihr Alter schon sehr reif ist. Sie besitzt Rückgrat und wird sich im Leben immer zurechtfinden.«

Diese Antwort verblüffte Georg Bahr offensichtlich.

»Meinst du etwa, unsere Hella sei nicht genauso stark wie Susan?«

»Ja, der Meinung bin ich«, gab seine Frau zögernd zu. »Die Menschen sind nun einmal verschieden«, sagte sie ein wenig tröstend, als sie sein enttäuschtes Gesicht sah. Sie stand auf und strich ihm liebevoll über das noch immer volle silberne Haar.

»Dafür habe ich unsere Tochter aber genauso lieb. Jeder kann nun einmal nicht solch eine starke Persönlichkeit sein.«

»Aber Susan ist doch noch ein Kind«, murmelte Georg Bahr.

»Nein, Georg, mit achtzehn Jahren ist man kein Kind mehr, Susan schon gar nicht. Sie wird übrigens in wenigen Wochen neunzehn.«

»Hm, du magst natürlich recht haben. Du warst zwanzig, als wir geheiratet haben.«

»Du allerdings fast dreißig.«

»Ja, das habe ich selbstverständlich nicht vergessen, meine Liebe. Wir mussten dann lange Jahre warten, bis uns Hella geboren wurde, und sie blieb unser einziges Kind.«

»Den Verstorbenen erging es ähnlich«, sagte Frau Elisabeth. »In unserer Familie sind Kinder wohl Mangelware.«

»Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber warte nur ab, vielleicht macht uns Hella früh zu Großeltern.«

»Ich hätte nichts dagegen«, bekannte seine Frau lächelnd.

♥♥♥

Seitdem war mehr als ein halbes Jahr vergangen. Frau Elisabeth sollte recht behalten. Susan lebte jetzt bei ihnen und hatte den Tod ihrer Eltern scheinbar überwunden. So kurz vor dem Abitur in eine andere Stadt überzusiedeln, das wäre den meisten Schülern sicher schwerergefallen als Susan. Sie war schon immer eine ausgezeichnete Schülerin gewesen und hatte bald den Anschluss an die Klasse erreicht.

Alles in allem fühlte sie sich in der neuen Umgebung sehr wohl. Das lag jedoch nicht an der luxuriösen Umgebung, sondern an ihren Pflegeeltern, die tolerante Menschen waren und ihr viel Freiheit ließen.

Mit Hella verstand Susan sich ebenfalls sehr gut, obwohl die beiden Mädchen nicht nur äußerlich sehr verschieden waren. Susan war groß und sehr schlank und hatte eine ausgezeichnete Figur. Bestechend war an ihr ihr langes, welliges blondes Haar. Sie bändigte es meistens durch eine Spange im Nacken.

In ihrem fein gemeißelten Gesicht waren auch die großen grünen Augen ungewöhnlich. Die leicht vorstehenden Wangenknochen deuteten auf irgendeinen slawischen Vorfahren hin und gaben ihm eine besondere Note.

Hella war fast einen Kopf kleiner als Susan. Sie hatte rabenschwarzes Haar und dunkle Augen. In ihrem rundlichen Gesicht wirkten die lustigen Grübchen sehr anziehend.

Während Susan ruhig und ausgeglichen wirkte, war Hella doch häufig noch recht flatterhaft, obwohl sie einige Jahre älter war als Susan.

In einigen Tagen wurde Hella in ihrem Elternhaus erwartet.

Ihre Mutter ließ Hellas Zimmer gründlich säubern. Da wurden Gardinen gewaschen, Matratzen geklopft und Fenster geputzt. Es wurde gebacken und gekocht, obwohl Hella immer fürchtete, dick zu werden, und auf Diät hielt.

Und dann war Hella endlich da. Sie umarmte ihre Eltern herzlich. Susan war noch in der Schule. Als sie nach Hause kam, fand sie die Familie auf der Terrasse vor. Das Wetter war in diesem Jahr besonders schön, sodass man Anfang Mai schon im Freien sitzen konnte. Georg Bahr war zur Feier des Tages nicht in die Fabrik gefahren.

»Susan!« Hella lief der Cousine entgegen und umarmte zur Begrüßung auch sie.

»Hella, wie schön, dass du hier bist«, sagte Susan herzlich und setzte sich zu den anderen.

Hella erzählte munter von diesem und jenem, Susan begnügte sich meistens mit Zuhören.

»Paps, ich muss unbedingt ein neues Auto haben«, warf Hella zwischendurch ins Gespräch.

»Schon wieder ein neues Auto?«, fragte Georg Bahr irritiert.

»Meine Klapperkiste ist doch schon zwei Jahre alt«, beschwerte sich seine verwöhnte Tochter entrüstet. »Jetzt fangen die Reparaturen an. Ich habe das Auto in der letzten Zeit zweimal in die Werkstatt bringen müssen und musste dann ohne Fahrzeug auskommen.«

»Ein bisschen Laufen tut dir ganz gut«, brummelte Vater Georg.

»Ich bitte dich, Georg«, warf Frau Elisabeth ein. »Lass Hella nicht vergeblich bitten. Wenn ihr Auto tatsächlich fahruntüchtig ist, sollte sie ein neues bekommen.«

»Nein, im Moment kann ich es mir nicht erlauben«, erklärte er zögernd.

Sowohl Frau Elisabeth als auch ihre Tochter starrten ihn daraufhin mit offenem Mund entsetzt an.

Es war Hella, die aufstand, liebenswürdig lächelte, ihren Vater umarmte und ihm den Bart kraulte.

»Alter Brummbär«, sagte sie. »Willst du uns allen einen Schreck einjagen? Das gelingt dir sicher nicht.«

Susan hatte das Gefühl, Onkel Georg wolle etwas erwidern, doch er schwieg.

»Ich will gleich nach dem Mittagessen in den Klub gehen. Kommst du mit?«, fragte Hella die Cousine munter, als sie wieder saß.

Susan freute sich, dass Hella sie mitnehmen wollte, schüttelte jedoch den Kopf.

»Nein, ich muss heute lernen. Wir schreiben morgen unsere Abiturarbeit in Französisch.«

»Himmel, bist du pflichtbewusst und ehrgeizig«, kommentierte Hella und seufzte. »Dabei glänzt du doch nur mit besten Noten.«

»Das konnte man von dir nicht sagen«, warf Vater Georg trocken ein.

»Na und?« Hella lachte und machte sich sichtlich nichts daraus. »Wie ihr wisst, studiere ich trotzdem. Wahrscheinlich werde ich nie einen Beruf ergreifen.«

»Hast du das tatsächlich nicht vor?«, fragte Susan staunend. »Warum studierst du dann?«

»Irgendwie muss man schließlich die Zeit totschlagen. Außerdem ist das Studentenleben ganz amüsant. Man lernt viele Leute kennen. Aber ein ruhiges und beschauliches Eheleben würde ich dem vorziehen.«

»Ist etwa schon ein Schwiegersohn in Sicht, Kind?«, wollte ihre Mutter darauf wissen.

Hella wurde seltsam verlegen, schüttelte dann aber den Kopf.

»Nein, aber man wird sehen«, äußerte sie etwas lahm.

Am Nachmittag fuhr Hella also im sportlichen Tennisdress in den Klub.

Susan setzte sich an ihren Arbeitsplatz und begann konzentriert zu lernen. Gegen Abend schloss sie die Bücher und entspannte sich. Es hätte keinen Zweck, jetzt noch weiterzubüffeln.

Hella kam zum Abendbrot wieder nach Hause. Sie wirkte aufgekratzt.

»Es war toll!« Und schon erzählte sie von dem für sie ereignisreichen Nachmittag.

Sie hatte frühere Bekannte und Freunde wiedergetroffen und zahlreiche Einladungen erhalten.

»Ich könnte eigentlich auch mal eine zünftige Party geben«, fiel ihr ein. »Es gibt da eine hervorragende Musikgruppe, die könnte man für die Nacht verpflichten.«

»Du kannst Freunde einladen, Hella, aber in so großem Rahmen muss das Fest nicht gleich aufgezogen werden«, warf ihr Vater ein.

Mit diesem Widerspruch hatte Hella nicht gerechnet.

»Was ist eigentlich mit dir los?«, fragte sie.

»Nichts, aber wir brauchen das Geld ja nicht immer mit vollen Händen zum Fenster herauszuwerfen, nicht wahr?«

»Aber du hast es doch, Paps«, murmelte Hella und schüttelte den Kopf, als verstände sie die Welt nicht mehr.

»Auch wir müssen sparen«, erklärte er, aber weder seine Frau noch Hella glaubten ihm offenbar. Nur Susan wurde nachdenklich, aber sie schwieg.

»Was hast du nach dem Abitur vor?«, erkundigte sich Hella wenig später bei Susan.

»Ich möchte studieren«, erwiderte das junge Mädchen ruhig.