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In Frost Creek gibt es genug einsame Herzen. Doch dieses Jahr wird alles anders. Der beliebte Dallas ist in der Stadt bekannt wie ein bunter Hund, neigt er doch mit seiner extrovertierten Art dazu, jedem – ob er will oder nicht – seine gute Laune auf die Nase zu binden. Als Bradley Lowe die Stadt betritt, verschlägt es Dallas die Sprache. Der junge Mann benötigt nach einem schrecklichen Vorfall dringend eine mentale Auszeit, die er sich in Frost Creek bei seinem Kumpel Mason genehmigen möchte. Doch in der Stadt herrscht Jahresendstimmung: Kurz vor dem berüchtigten Winterball stehen alle unter Strom. Statt der Ruhe bekommt Brad die volle Ladung Frostmagie und sein eisiges Herz erwärmt sich für den schrägen Friseur aus Masons Bekanntenkreis. Willkommen zurück im weihnachtlichen Frost Creek! Romantik, Spannung, neue und alte Bekannte warten darauf, euch ein letztes Mal in eine frostmagische Zeit zu entführen. Dies ist der 4-te Band von Frostmagie Staffel 3. Dies ist ein Gay-Romance Liebesroman mit expliziten Szenen. Ihr wurdet gewarnt. <3
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Von Danara DeVries
1. Auflage, 2022
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Kapitel 1
Ich hasste den Winter. Überhaupt hasste ich die Kälte per se. Warum zur Hölle lebte ich denn in Los Angeles? Nur um mich dann in dieses gottverlassene Nest zu locken? Scheiße, nochmal, Mason.
Wütend umklammerte ich das Lenkrad meines Pick-ups und starrte auf die verschneite Landschaft. Je mehr ich mich New Hampshire näherte, desto kälter wurde es. Das Thermometer fiel kontinuierlich und alsbald lag eine geschlossene Schneedecke. Das grässliche Weiß stach mir in die Augen, doch das wäre bei Weitem nicht das Schlimmste gewesen. Viel mehr nervte die Kleinstadt, in die mich Mason Miller mit falschen Versprechungen gelockt hatte.
Hier wird es dir gefallen, die Leute sind cool.
Haha, das ich nicht lache. Frost Creek war ein Nest, wie es im Buche stand. Spießig, eingeschneit und … voller Weihnachtsdeko.
Mein Magen zog sich heftig zusammen.
Was ich brauchte, war Alkohol. Nur so konnte ich diesen Zuckerüberschuss irgendwie ertragen. Doch es war noch früh am Tag, nicht mal Mittag. Die würden mich hier gleich als Alkoholiker abstempeln, wenn ich auch nur daran dachte, einen Tropfen Hochprozentiges zu mir zu nehmen. Also blieb nur der gute, alte Kaffee.
Ich parkte meinen dunkelblauen Ford Sierra vor einem Laden, der unter all der weihnachtlichen Deko vage Ähnlichkeit mit einem Café hatte, wickelte mir meinen dicken Schal um den Hals und stülpte die Mütze so über mein Haar, dass nur noch die Augen heraussahen. Als ich ausstieg, erstarrte ich trotzdem. Mann, war das kalt.
Hastig umrundete ich die Motorhaube, lief über den Gehweg und eilte in den Laden. Die Türglocke kündigte mein Eintreten an, begleitet von grässlicher Weihnachtsmusik. Ich bereute die Entscheidung, herzukommen, bereits als ich L.A. verlassen hatte, und erst recht, als ich diesen Laden betrat. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
»Was darf’s denn sein, Sonnenschein?« Eine ältere Dame stand hinter der Theke dieses vor Weihnachtsdeko überquellenden Cafés. Das war kein Laden, das war eine Zumutung für meine Augen! Überall standen wild zusammengewürfelte Möbel. Nirgends gab es Struktur. Die Einrichtung sah aus, als hätte die Dame hinter der Theke sich einmal quer durch den Sperrmüll gewühlt und alles, was noch halbwegs brauchbar war, in diesen Laden gestopft.
Die grauhaarige Dame hinter dem Tresen strahlte mich herzlich an, so freundlich, dass mir meine schlechte Laune im Hals stecken blieb. Ich trat vor den Tresen, zog meinen Schal etwas herunter und sah mir die Auslagen an. Zuckerzeug, so weit das Auge reichte. Aber auch Sandwiches und kleinere Snacks füllten die Anrichte.
»Was ist auf dem Sandwich drauf?«
»Thunfisch mit Mayo, aber so wie du schaust, brauchst du eher etwas Süßes. Das heitert dich auf. Ich schlage einen Muffin mit reichlich Apfelstückchen und Zimt vor.« Sie strahlte mich an.
Kurz sah ich auf und wandte hastig wieder den Blick ab. »Danke, kein Bedarf. Dann nur einen Kaffee to Go. Ohne Schnickschnack. Schwarz.«
Die Dame lachte. »Wie die Nacht. Versteh schon.« Sie wandte sich um, stellte einen Pappbecher unter den Kaffeeautomaten und drückte einen Knopf. »Und was machst du hier? Du scheinst neu. Jedenfalls habe ich dich noch nicht in der Stadt gesehen und ich kenne jeden hier.«
Ich zog die Augenbrauen zusammen und starrte sie einfach nur an, dann wandte ich den Blick ab und tat so, als würde ich die Auslage erneut mustern, obwohl ich nicht das geringste Interesse verspürte, auch nur eine dieser Kalorienbomben zu kaufen. »Ich hab nichts anderes erwartet«, murmelte ich in meinen Schal und fingerte in meiner Jackentasche nach einem Geldschein. »Was macht das?«
Die Dame nahm den Kaffee unter dem Automaten hervor und packte einen Deckel obendrauf. Dann nannte sie mir den Preis. Ich händigte ihr das Geld aus und verspürte nur noch einen Wunsch: So schnell wie möglich hier weg.
»Hey, junger Mann!« Ich war schon fast auf dem Gehsteig, als sie noch einmal nach mir rief. Irritiert drehte ich mich um, als die Frau vor mir erschien. Sie reichte mir kaum bis zum Kinn und ein heimeliger Duft nach frisch gebackenen Keksen stieg von ihr auf. Angewidert verzog ich das Gesicht, während sie mich mit ihren kleinen Augen, die hinter einer Nickelbrille hervorsahen, musterten.
»Wir sind hier freundlich zueinander, antworten, wenn wir gefragt werden. Auf jeden Fall wissen sich die Menschen hier zu benehmen. Wenn du also nicht auf der Durchreise bist, sei etwas netter.« Und damit drückte sie mir eine Papiertüte in die Hand. Irritiert blinzelte ich. »Und iss den Muffin. Ein wenig Zucker vertreibt bestimmt die schlechte Laune.« Sie schenkte mir ein herzliches Lächeln. »Willkommen in Frost Creek.«
»Das kann nicht dein Ernst sein, Miller! Dieses Kaff ist der letzte Husten! Wie kommst du auf die Idee, dass ich mich hier erholen könnte? Alleine diese ekelhafte Weihnachtsdeko. Und überall diese Musik und der Geruch. Und dann noch Schnee. Ich hasse Schnee. Es ist nass und kalt und widerlich. Hörst du, Miller, WIDERLICH! Und dann hat mir die alte Schachtel einfach einen Muffin in die Hand gedrückt und gemeint, ich solle freundlicher sein.«
Ich äffte ihren Tonfall so gut nach, wie es ging, und knallte die Papiertüte auf den Stehtisch, den Miller in seiner … Garage stehen hatte. Was auch immer das eigentlich sein sollte? Als Wohnung konnte man dieses Gebäude nicht bezeichnen. Ich identifizierte es ganz klar als alte Feuerwache, die bestimmt schon an die einhundert Jahre auf dem Buckel hatte. Das Gebäude hatte Charme, aber das war auch schon alles. Hier drinnen zog es wie Hechtsuppe.
Mason lag unter seinem Jeep und schraubte seit meiner Ankunft in den Eingeweiden des Motors herum. Bisher hatte er mich nur kurz begrüßt und war dann wieder mit der Begründung verschwunden, noch schnell etwas fertigmachen zu müssen. Ich sollte mich derweil wie zuhause fühlen. Aber wie konnte ich mich hier heimisch fühlen, wenn ich mir vorkam wie ein Pinguin?
Meiner Schimpftirade schenkte er in etwa so viel Aufmerksamkeit wie einer Stubenfliege an der Decke. Umso überraschter tat ich, als er unter dem Jeep hervor rollte und mich anstarrte. »Bist du jetzt fertig?« Mason setzte sich auf. »Wenn du nicht herkommen wolltest, wieso bist du dann die dreitausend Meilen von L.A. hergefahren.«
Missmutig verschränkte ich die Arme vor der Brust und starrte das Garagentor an. Draußen rieselten Schneeflocken auf die Einfahrt. »Weil du recht hattest, ich brauche einen Tapetenwechsel. Und die Fahrt. Ich dachte, der Roadtrip würde mir guttun.«
Mason grinste und streckte mir die Hand entgegen. Ohne auf die Ölflecken auf seiner Haut zu achten, packte ich zu und zog ihn hoch. »Und? Hat er?« Mason griff nach einem Lappen, der im Werkzeugkasten neben seinem Rollbrett lag und reinigte sich die Hände. Er stellte sich zu mir an den Drehtisch und sah mich auffordernd an.
»Ich habe keine Ahnung. Ich dachte, es würde helfen, ein Ziel zu haben. Aber ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob es irgendetwas bewirkt hatte. Nur weil Doc Williams deine Meinung teilte, bin ich hergekommen. Dreitausend Meilen. Fuck.« Ich rang mir ein Lächeln ab, denn es fühlte sich irgendwie unglaublich gut an, die Strecke hinter mich gebracht zu haben.
Mason erwiderte mein Grinsen. »Ja, Fuck. Eine verdammt weite Reise. Und nun bist du hier. In Frost Creek.« Mason breitete die Arme aus.
Kopfschüttelnd ließ ich mich in eine Umarmung ziehen und genoss einen Augenblick das Gefühl, einfach nur gehalten zu werden. Vielleicht war ich genau deswegen hergekommen. Weil ich einen Freund brauchte. »Ja, verdammt. Frost Creek. Was für ein beschissenes Kaff.«
Kapitel 2
Der Terminkalender strotzte nur so vor Aufträgen. Wie zu dieser Jahreszeit üblich, wollte jeder und jede sich für den Ball aufhübschen lassen. Es waren noch gut zwei Wochen bis zum alljährlichen Winterball und ich hatte wieder einmal nicht die geringste Ahnung, was ich, a, anziehen sollte, und b, mit wem ich hingehen würde. Wie jedes Jahr. Es war zum Haareraufen. Halt, nein, nicht die Haare. Allein das Styling hatte mich heute Morgen eine halbe Stunde gekostet.
Träge nippte ich an meinem Kaffee und studierte die Einträge. Für heute hatte sich Mr. Williams angekündigt. Zudem brauchte Jeff einen neuen Haarschnitt und der würde Hunter gleich mitbringen. Meine Finger kribbelten schon vor Aufregung, wenn ich an den herrlichen Bart des Mechanikers dachte. Sehr viele Herren trugen nicht gerade Bart in Frost Creek und wenn dann ließen sie wachsen. Wegen der Kälte. Die wenigsten kümmerten sich sorgfältig um die Pflege. Ein paar hatte ich schon bekehren können, aber es lag noch ein langer Weg vor mir, bis alle Bartträger Frost Creeks regelmäßig meine Dienste in Anspruch nahmen. Bis dahin half ich bei den Damen aus.
»Kannst du mir mal die Lichterkette reichen?« Tiffany stand auf der obersten Stufe einer dreistufigen Leiter und brachte die Lichterketten im Schaufenster an. Blaue LEDs. Wie gruselig. Ich hatte dieses Jahr verloren und durfte daher nur hilfreich zur Hand gehen, statt selbst das Schaufenster zu dekorieren. Als ob sie mir eins auswischen wollte, hatte Tiffany sich für einen Stil in Blau und Silber entschieden. Diesen Farben konnte ich ja nun überhaupt nichts abgewinnen. Im Übrigen fehlte ihrer Dekoration jede Wärme. Ich fror schon allein bei dem Gedanken daran, wie sie den Salon in frostiges Blau und kaltes Silber tauchte.
In den Kisten lagen unzählige Fusselgirlanden mit Glitzerapplikationen, silbrig glänzende Sterne, blaue und weiße Kugeln. Sie hatte sogar einen Weihnachtsbaum in Eisweiß organisiert. Tiffy hatte absolut kein Händchen für Deko und ich beschloss, dieses Jahr nur noch mit Strickjacke und einer extra Thermoskanne Tee zur Arbeit zu erscheinen. Auch wenn Strick nicht gerade zu meinem Outfit passte.
Heute hatte ich mich für ein weißes Hemd mit einer legeren Weste aus Tweet entschieden. Ich gefiel mir ganz gut. Nur meinem Körper behagte der coole Look des Salons nicht, denn er reagierte prompt mit einer Schüttelfrostattacke. Dagegen half nur Kaffee und morgen Tee aus einer mitgebrachten Thermoskanne.
Wo war das heimelige, wohlig warme Gefühl, für das Frost Creek gerade zu Weihnachten bekannt war? Ich seufzte und half Tiffy mit der Girlande. Vielleicht wärmte mich etwas Bewegung auf. Möglicherweise rührte die Kälte meiner Glieder nicht von den Temperaturen im Salon, vielleicht fror ich auch von innen heraus. Weil ich mich nach etwas sehnte, was ich in Frost Creek niemals finden würde.
»Nur wenn ich etwas umstellen darf.«
Tiffany schnaubte. »Lies meine Lippen, Young. N. E. I. N. Du hast verloren, also trag es wie ein Mann und geh mir zur Hand.«
Ich schnaubte brüskiert, kam jedoch hinter dem Tresen hervor und wühlte in der Kiste mit dem Flitterkram von Tiffanys Großmutter nach einer brauchbaren Lichterkette. Die alte Frau hatte wirklich einen unerschöpflichen Vorrat an Dekomaterial.
»Nicht die, du Hornochse. Ich habe alle Lichterketten fein säuberlich auf dem Sofa aufgereiht. Nimm einfach die nächste.«
Ich verzog das Gesicht, folgte aber ihrem Befehl. Sich mit Tiffany anzulegen und sich ihren Unmut zuzuziehen, bedeutete, sich mit ihrem Freund anzulegen und der war zwar heiß, aber auch äußerst grimmig. Also fischte ich die gewünschte Lichterkette vom Sofa und bezog neben der Standleiter Stellung. Ich reckte mich, um ihr das Ende zu reichen. Tiffany bedankte sich mit einem schwungvollen Haarwurf über die Schulter und setzte ihre Arbeit fort.
»Wo ist eigentlich der fröhliche Dallas, der den ganzen Dezember über nur Kupplungsversuche startet?« Tiffany befestigte die Kette mit Klebehaken und setzte ein Licht neben das andere.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ihr seid beide in festen Händen. Also hab ich nichts zu tun. Und das ist totlangweilig. Mich selbst zu verkuppeln ist irgendwie schräg.« Ich warf den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. »Vielleicht fällt dieses Jahr ja ein Kerl für mich ab?«
Tiffany schnaubte. »Wer’s glaubt wird seelig. Du bist hier in Frost Creek. Hier sind alle sowas von straight, ich fürchte, da findet sich kein Kerl für dich. Die Auswahl ist begrenzt.« Tiffany musste sich ein wenig strecken, um das letzte Licht anzubringen. Dabei strauchelte sie etwas, so dass ich zügig nach ihrem Hintern griff und sie wieder stabilisierte. Ich wurde mit einem anzüglichen Kichern belohnt.
»Also, Mr. Young!«
Ich rollte mit den Augen. Als ob ich je etwas von einer Frau gewollt hätte. Schon gar nicht von Tiffany, schließlich litt ich nicht an Todessehnsucht.
»Greifst du etwa meiner Angestellten an den Arsch?«
Mandy steckte ihren Kopf hinter dem Vorhang hervor, der zu unserer kleinen Küche führte, und warf mir einen grimmigen Bossblick zu. Ich lachte und langte gleich noch etwas fester zu, so dass Tiffany gespielt empört aufkreischte.
»Na klar. Ich riskiere natürlich liebend gerne eine dicke Lippe bei Brock. Bin doch nicht lebensmüde. Das hier ist rein dienstlich.« Ich stellte Tiffany wieder gerade hin, wartete einen Augenblick, um zu sehen, ob sie das Gleichgewicht behielt, bevor ich einen Schritt zurücktrat.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust, als Mandy mit einer Teetasse bewaffnet neben mich trat. »Wenn ich das Ufer wechseln würde, gäbe es hier wirklich eine äußerst niedliche Auswahl, aber leider fehlt euch beiden das entscheidende Merkmal zwischen den Beinen.«
Mandy prustete in ihren Tee. »Also Dallas, jetzt reichts aber. Ich fürchte, du hast eine ernstzunehmende Erkrankung.«
Ich hob eine Augenbraue und musterte meine Chefin fragend.
»Chronische Untervögelung.«
Unwillkürlich schnaubte ich. »Könnte sein. Nur leider muss ich für eine Therapie die Stadt verlassen und nach New York fahren oder so. Nur da kann man sich gescheit anonym flachlegen lassen. Sollte ich hier einen Kerl finden, weiß es morgen früh die ganze Stadt. Und darauf habe ich wirklich absolut keine Lust. Stell dir mal vor, Harriet fragt mich nach meinem Sexleben aus. Nope. Kein Bedarf.«
Mandy grinste mich an. »Also steht die Mission für dieses Jahr fest.«
Tiffany stieg von der Leiter und gesellte sich zu uns. »Genau. Die Mission ist glasklar.«
Ich runzelte die Stirn und hob abwehrend die Hände. »Mädels, ihr macht mir Angst. Was für eine Mission?«
Mandy und Tiffany sahen sich vielsagend an. »Einen Mann für Dallas suchen.« Sie antworteten einstimmig, so dass ich mich wirklich fragte, ob ich nicht vielleicht doch für die Feiertage nach New York flüchten sollte. Ich kannte dort einen Laden …
Die Türklingel schellte. Ah, der erste Kunde. Mit Blick auf die Uhr runzelte ich die Stirn. Offiziell hatten wir noch gar nicht geöffnet. Derjenige musste es aber eilig haben.
Gemeinsam wandten wir uns der Ladentür zu, doch derjenige, der eintrat, war kein Kunde, nur ein Lover. Aber nicht meiner. Innerlich verdrehte ich die Augen.
»Morgen, Mase.«
Mandy hingegen strahlte übers ganze Gesicht, drückte mir ihren Tee in die Hand und fiel ihrem Herzbuben um den Hals. Mit der Tasse verkrümelte ich mich hinter den Tresen.
»Habt ihr euch nicht heute Morgen erst gesehen?«, murmelte ich und wollte mich wieder den Eintragungen im Terminkalender widmen, als mein Blick auf einen schlacksigen, dunkelhaarigen Typen fiel, der hinter Mason den Laden betrat. Dank der breiten Schultern unseres Chiefs entdeckte ich den jungen Mann erst mit einiger Verspätung – und ganz offensichtlich schien er kein Interesse daran zu haben, überhaupt hier zu sein. Er trug eine Miene wie zum Fürchten zur Schau, sah sich mit angewidertem Blick um und runzelte grimmig die Augenbrauen. Mehr bekam man nämlich von ihm gar nicht zu Gesicht. Den Schal mehrfach um den Hals geschlungen und die Mütze tief in die Stirn gezogen, als wollte er die ganze Welt aussperren, funkelte er sich durch den Laden. Jede Ecke bekam einen grimmigen Blick ab.
Unwillkürlich musste ich grinsen. Ja, klar, ich sollte mich nicht an der schlechten Laune meiner Mitmenschen erfreuen, aber eigentlich war es anders. Wenn mir jemand mit noch miesepetrigerem Gesichtsausdruck als mir selbst begegnete, schaltete ich in den Weltverbesserungsmodus. Dieser Vorgang ging automatisch vonstatten und zauberte mir ein Neunzig-Watt-Grinsen ins Gesicht.
»Haben wir, aber ich freue mich trotzdem, ihn zu sehen.« Mandy schlang ihre Arme um Masons Hals und küsste ihn zur Begrüßung. Was auch immer. Es interessierte mich nicht. Ich hatte nur Interesse an diesen faszinierenden grauen Augen, die über dem dunklen Schal hervorschauten und unseren Laden musterten, als hätten wir hier drin eine Atombombe versteckt.
»Das ist übrigens Brad, nen Kumpel von mir aus L.A. Hab ihn über die Feiertage eingeladen.« Mason löste sich von Mandy und klopfte Brad kumpelhaft auf die Schultern. Dieser verzog nur die Augen, dann griff er nach dem Schal und löste ihn von seinem Hals.
»Dreitausend Kilometer? Für Weihnachten? Ist das nicht ein wenig … weit?«
Tiffany kletterte vorsichtig auf die Leiter, um mit den Lichterketten weiterzumachen. »Ach was, er ist bestimmt geflogen.«
Brad schüttelte den Kopf. »Bin gefahren. Bradley Lowe«, stellte er sich knapp vor und reichte Mandy die Hand. Mason drückte sie an sich und grinste dieses dämlich dauerverliebte Grinsen, das ihm seit zwei Jahren wie festgetackert im Gesicht klebte.
Ich kam hinter dem Tresen hervor und reichte Brad die Hand. »Klingt gut. Also das Bradley. Wie war der Flug?« Was redete ich da eigentlich für einen Bullshit? Eigentlich galt ich doch als der König des Smalltalk. Wann immer es unangenehm still wurde, riss Dallas Young das Gespräch an sich und brachte wieder Stimmung in die Bude. Doch als Brad den Schal löste, und ein leichter Drei-Tage-Bart zum Vorschein kam, verlor ich vollkommen die Fassung. Als er dann noch die Mütze abnahm und sich mit den Fingern durch sechs bis acht Zentimeter langes Haupthaar von der Farbe satten Mahagonis kämmte, verlor ich vollkommen die Fassung. Wo er dunkel war, war ich hell. Als wären wir zwei Seiten einer Medaille. So etwas passierte nur in Filmen, nicht im realen Leben.
Aber andererseits war ich auch bekennend homosexuell. Kerle zogen mich magisch an, vor allem wenn sie eine düstere Ausstrahlung trugen und das Gefühl vermittelten, sie brauchten jemanden, der sich um sie kümmerte. Darauf war ich bereits einmal hereingefallen. Es war gut gewesen, aber auch ziemlich französisch und diese Europäer schienen nicht geschaffen für dauerhafte Beziehungen. Also warum sollte ein so heißer Kerl in den Laden schneien, mir ein Kribbeln in den Fingerspitzen vermachen und dann auch noch schwul sein? Im Leben passierte so etwas nicht. Niemals. Schon gar nicht in Frost Creek.
»Bin nicht geflogen, sondern gefahren. Und hier ist scheißkalt. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich niemals hergekommen.« Brad funkelte Mason grimmig an. Als wäre er für das Wetter da draußen verantwortlich.
»Herzchen, wir sind in Frost Creek. Frost Creek.« Ich betonte den Namen unseres beschaulichen Städtchens besonders, nur um ihm zu verdeutlichen, dass darin bereits der entscheidende Hinweis enthalten war.
Nun hatte ich Brads Aufmerksamkeit. »Ich bin nicht dein Herzchen.« Der Sarkasmus tropfte aus jeder einzigen Silbe des Spitznamens. Vielleicht musste ich mir für Bradley Lowe einen neuen Kosenamen einfallen lassen.
Mason lachte und klopfte Brad versöhnlich auf die Schultern. »Hier ist jedermann Dallas‘ Herzchen. Gewöhn dich dran.«
Ich stimmte in Masons Lachen ein, doch irgendwie klang es aufgesetzt und leicht überdreht. Hastig schloss ich den Mund und deutete auf Brads Haare. »Die hätten übrigens einen Schnitt bitter nötig. Du siehst aus als hättest du in der Steckdose herumgefummelt.«
Brad funkelte mich an. »Ich habe eine Mütze getragen.«
»Und ich kann mit einer Schere umgehen.«
»Finger weg von meinen Haaren!«
»Oh, da ist aber einer empfindlich.«
»Ich geb dir gleich empfindlich.«
Mason, Mandy und Tiffany starrten uns abwechselnd an. Ihre Blicke flogen hin und her, als würden sie einen rasanten Schlagabtausch beim Tennis verfolgen. Ich würde sagen, der Matchball ging an Brad, denn das Einzige, was ich erwidern konnte, wäre ein »Ja, bitte!« Gewesen, doch das konnte ich unmöglich laut sagen. Stattdessen starrte ich Brad einfach nur an.
»Dallas, bitte.« Mandy ermahnte mich mit einem sanften Lächeln. »Brad ist weit gefahren. Wir sollten ihm etwas Zeit geben, einfach anzukommen. Ja?« Ihr sorgenvoller Blick richtete sich auf Brad.
Okay, was war hier los? Musste der Kerl in Watte gepackt werden? Ich glaubte nicht. Er teilte ganz gut aus, daher, fand ich, könnte er auch einstecken. Brad starrte mich zwar weiterhin grimmig an, aber ich erspähte ein leichtes Kräuseln seiner Mundwinkel. Hatte der Kerl gerade gelacht? Nein, oder? Ich musste mich getäuscht haben. Brads Lippen pressten sich nach wie vor zu einem unterkühlten Strich zusammen. Und da war es passiert. Ich starrte auf seinen Mund und dankte dem lieben Herrgott, dass er mich vorhin dazu angehalten hatte, hinter den Tresen zu treten. Das wäre peinlich geworden. Sehr peinlich.
»Was denn? Er hat angefangen.«
»Habe ich nicht!«
»Hast du wohl!«
Mandy lachte auf. »Jungs. Was haltet ihr davon, wenn ihr nachher ne Runde um den See geht? Oder du zeigst ihm die Stadt, Dallas?«
Brad verzog das Gesicht. »Warum kann mir Miller nicht die Stadt zeigen? Soweit ich weiß, ist er hier aufgewachsen.«
»Miller«, Mandy tätschelte Masons Bauch, »hat mir versprochen, ein Haus mit mir anzusehen. Ich will endlich aus dieser zugigen Feuerwache heraus und meine Wohnung ist zu klein. Und da ich nicht glaube, dass du mit Tiffany auf Sightseeing gehen willst, ist Dallas die beste Wahl. Er kennt hier jedes Fleckchen und alle Bewohner persönlich.«
Brad verzog das Gesicht. »Das habe ich befürchtet, aber meinetwegen. So lange ich nicht stundenlang durch den Schnee stapfen muss.«
Ich schüttelte vielsagend den Kopf, bedeutungsschwanger, keine Ahnung, aber irgendwie musste ich Mandy klarmachen, dass es keine gute Idee war, mich mit einem heißen Kerl auf Sightseeing zu schicken.