Sweet Santa Baby - (K)eine Nanny für den Rockstar - Danara DeVries - E-Book
SONDERANGEBOT

Sweet Santa Baby - (K)eine Nanny für den Rockstar E-Book

Danara DeVries

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie braucht Geld – er eine Nanny! Kit Nolan befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Die Shows reißen sich um den angesagten Frontmann der Rockband Under the Bus. Bis ein Anruf alles verändert. Statt in den Tag hineinzuleben, muss sich Kit fortan um die Erziehung seiner achtjährigen Tochter kümmern. Doch zwischen Vater und Tochter fliegen die Fetzen. Kit benötigt professionelle Hilfe: eine Nanny. Um ihr Studium zu finanzieren, kellnert Edie Walker in einem Erotik-Club. Nachdem sie Kit Nolan eine Flasche Champagner in den Schoß kippt, wird sie gefeuert. Kurzerhand bietet ihr Kit einen Job an. Edie ist schnell klar, was ein Rockstar seines Formats von ihr wollen könnte: Eine gemeinsame Nacht. Ist sie dazu bereit? Oder entpuppt sich am Ende alles als ein großes Missverständnis? Romantischer Weihnachtsroman mit Happy End Garantie!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Newsletteranmeldung
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Edie
Kit
Edie
Edie
Kit
Edie
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Kit
Edie
Edie
Kit
Kit
Edie
Lust auf eine Bonusgeschichte?
Weitere Romane von Danara DeVries

 

 

Sweet Santa Baby

 

Von Danara DeVries

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

Sie braucht Geld – er eine Nanny!

Kit Nolan befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Die Shows reißen sich um den angesagten Frontmann der Rockband Under the Bus. Bis ein Anruf alles verändert. Statt in den Tag hineinzuleben, muss sich Kit fortan um die Erziehung seiner achtjährigen Tochter kümmern. Doch zwischen Vater und Tochter fliegen die Fetzen. Kit benötigt professionelle Hilfe: eine Nanny.

Um ihr Studium zu finanzieren, kellnert Edie Walker in einem Erotik-Club. Nachdem sie Kit Nolan eine Flasche Champagner in den Schoß kippt, wird sie gefeuert. Kurzerhand bietet ihr Kit einen Job an. Edie ist schnell klar, was ein Rockstar seines Formats von ihr wollen könnte: Eine gemeinsame Nacht. Ist sie dazu bereit? Oder entpuppt sich am Ende alles als ein großes Missverständnis?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage, 2022

© 23.11.2022 Danara DeVries – alle Rechte vorbehalten.

Danara DeVries

c/o easy-shop

K. Mothes

Schloßstraße 20

06869 Coswig (Anhalt)

 

Email:[email protected]

Web: https://www.danara-devries.de

 

Lektorat: Lektorat Franziska Schenker

Bildnachweise: @qimono, pixabay

 

Cover: Daphne Bühner unter Verwendung von Bildern von @shutterstock

 

Verwendete Schriftarten: Linux Libertine, Times New Roman, Trajan 3 Pro, Arial, Cinzel, Gebrina

Newsletteranmeldung

Dir gefallen meine Geschichten?

Du möchtest gerne über Neuerscheinungen auf dem Laufenden gehalten werden und kein Buch von mir mehr verpassen?

 

Dann kannst du dich hier für meinen Newsletter anmelden.

 

Als kleines Dankeschön gibt es für dich ein Bonuskapitel zu »Sweet Santa Baby – (K)eine Nanny für den Rockstar« sowie brisante Releaseinformationen, Coverrelease, Neuigkeiten zu aktuellen Büchern und natürlich weiteres Bonusmaterial!

 

Sollte der Link nicht funktionieren, nimm einfach den hier. :)

 

https://www.danara-devries.de/newsletter/

 

Vielen Dank für deine Anmeldung.

Deine Danara

Schnee, überall nur Schnee. Üppige Flocken fielen aus der Dunkelheit. Seit Stunden, ununterbrochen. Auf den Straßen lag bereits eine dicke watteweiche Schicht. Fahrrillen ließen den Weg nur erahnen, denn die Begrenzung des Highways versank in einem Gemisch aus wirbelnden Schneeflocken und Nachtschwärze. Der Sturm des Jahrhunderts, so nannten sie dieses Wetterereignis, hatte Kalifornien fest im Griff.

Seit Beginn der Wetteraufzeichnung hatte es nur wenige Winter mit Schnee gegeben. Doch ausgerechnet in diesem Jahr, als Bethany Keith mit ihrer achtjährigen Tochter nach Sacramento zu ihren Eltern unterwegs war, um die Feiertage in winterlicher Atmosphäre im Kreise der Familie zu verbringen, geschah es: Schnee im Golden State. Golden wegen der Anzahl der Sonnentage im Jahr. Hah!

Seit Myas Geburt hatten sie kein Wort miteinander gesprochen. Ihre Eltern hatten sich von ihr abgewandt, sie ein Flittchen genannt und sie im Stich gelassen, weil sie das Kind eines Mannes bekam, den sie nicht liebte. Das Produkt einer flüchtigen Affäre. Doch ihre Eltern wurden alt, merkten, wie der Zahn der Zeit an ihnen nagte und plötzlich erinnerten sie sich daran, ein Enkelkind zu haben. Ein kleines Mädchen, das ihre Entstehungsgeschichte nicht kannte und endlich ihre Großeltern kennenlernen wollte. Und ausgerechnet jetzt musste es schneien.

Bethany konnte sich davon abhalten, laut loszulachen. Ihre Finger umklammerten das Lenkrad, ihr Blick zuckte immer wieder Richtung Rückspiegel. Die Bremsleuchten ihres Ford Mustang spiegelten sich in den Scheinwerfern des hinter ihr fahrenden Trucks wider. Bethany verzog das Gesicht.

Wieso musste dieser Penner so dicht auffahren?

Wegen der Straßenverhältnisse traute sie sich nicht schneller zu fahren und klemmte sich lieber an die Rücklichter eines Trucks. Der hielt wenigstens einen Teil des Schneesturms ab.

»Wann sind wir endlich dahhaaa?« Mya saß in ihrem Kindersitz auf der Rückbank und wedelte mit dem Smartphone ihrer Mutter herum, das sie ihr beim letzten Tankstopp in die Hand gedrückt hatte, um einigermaßen konzentriert weiterfahren zu können. Solche Wetterverhältnisse mit einer quengelnden Achtjährigen durchzustehen, dazu bei Dunkelheit, überstiegen Bethanys Fähigkeiten.

Ich hätte rausfahren und in einem Motel übernachten sollen.

Doch sie hatte sich dagegen entschieden und war stur weitergefahren. Schließlich wollte sie lieber bei ihren Eltern schlafen und morgen entspannt frühstücken, als sich erneut hinters Steuer quetschen zu müssen. Und wer konnte schon so genau sagen, ob die Straßen morgen überhaupt noch passierbar sein würden? Der Wetterbericht meldete zwei Meter Neuschnee und einen rasanten Temperatursturz. Klimawandel? Vermutlich. Wer jetzt noch nicht daran glaubte, sollte mal aus dem Fenster sehen. Bethany und Mya steckten mittendrin.

»Keine Ahnung, Liebling, drei, vier Stunden? Wenn das Wetter hält.« Bethany fokussierte sich auf die Bremslichter des Trucks, die kurz, aber heftig aufleuchteten. Konzentriert trat sie auf die Bremse, lauschte auf das Geräusch, das der Schnee verursachte, als er gegen den Unterboden ihres Mustangs prasselte. Kein gutes Signal. Die Temperaturen sanken, der Schneematsch gefror. Dadurch wurden die Straßen noch gefährlicher.

Sie schaffte das. Einfach langsam weiterfahren, dann wird schon alles gut gehen.

»Man, warum dauert das so lange? Ich will jetzt bei Granny sein.«

Bethany sog angestrengt die Luft ein. Ganz genau so sollte es nicht laufen. Das Laster einer alleinerziehenden Mutter. Hätte sie einen Partner, könnte sie sich jetzt um Mya kümmern und er würde fahren. Aber es gab nur sie und ihre Tochter, keinen Mann.

Myas leiblicher Vater beschränkte sich auf Geschenke zum Geburtstag, zu Weihnachten und der Unterhaltszahlung. Nicht, dass Bethany sich beschweren würde, sie und Kit waren nie füreinander geschaffen gewesen. Doch ein Partner wäre schön. Einfach, um die Last der Verantwortung nicht mehr alleine tragen zu müssen.

»Ich weiß, aber da müssen wir jetzt durch. Es wird nicht besser, wenn du quengelst. Spiel noch ein Spiel. Oder schau einen Film? Ich habe dir doch Elsa runtergeladen. Passt doch perfekt zum Wetter, oder?«

Mya schnaubte. »Akku ist alle!«

Bethany verdrehte die Augen. Auch das noch. »Moment.« Sie beugte sich zur Seite, öffnete das Handschuhfach und kramte nach dem Ladekabel, ohne dabei den Verkehr aus den Augen zu lassen. Blind tastete sie herum, bis ihre Finger die Struktur der Kabelummantelung ertasteten. »Hab’s!« Bethany zog es aus dem Fach und reichte es nach hinten.

»Du musst es einstecken, ich komm nicht ran.«

Mya gab ihr das Kabelende wieder. Na toll. Ihr Mustang verfügte zwar über eine USB-Ladeschnittstelle, die im Dunkeln zu finden, könnte schwierig werden. Für ein paar ruhige Stunden tat sie so gut wie alles. Also beugte sich Bethany zur Seite und fingerte nach der Ladebuchse, das Kabel zwischen zwei Fingern haltend. Sie fand den Schlitz, der Stecker entglitt ihr immer wieder.

»Mommy! Dein Telefon geht gleich aus!«

Und dann musste sie den Pin eingeben. Nicht hilfreich. Bethany vertraute ihrer Tochter zwar, aber den Pin ihres Smartphones bekam sie deshalb trotzdem nicht. Sie musste sich beeilen, wenn sie nicht ranfahren und das Telefon entsperren wollte.

»Ja, Moment, hab‘s gleich.« Bethany kontrollierte noch einmal die Fahrbahn. Sie fuhr zwischen zwei langsam dahinrollenden Trucks, floss im Verkehr mit. Wenn sie die Geschwindigkeit hielt, könnte sie problemlos einen Blick nach unten riskieren. Bethany überlegte kurz, ob sie die Innenraumbeleuchtung einschalten sollte, doch sie entschied sich dagegen. Zum einen würde das zu viel Zeit kosten und zum anderen müsste sie das Kabel loslassen, womit sich wieder die Zeitfrage in den Vordergrund drängte. Nein, es würde schon so gehen.

»Mommy!«

»Ja, Schatz!« Bethany schickte dem Verkehr ein Stoßgebet, weiterhin so ruhig zu fahren, und löste den Blick von der Straße.

Nur zwei Sekunden.

Sie fand die Buchse dank der beleuchteten Umrandung, steckte das Kabel hinein, doch es klemmte fest.

Mist, falsch herum.

Hastig zog sie an der Strippe, drehte den Stecker in den Fingern und schob ihn in die Buchse. Innerlich jubelte sie auf, grinste und wandte sich dem Verkehr zu.

Gerade als sie die zweite Hand wieder ans Lenkrad legte, sah sie die Bremslichter ihres Vordermannes aufleuchten. Entsetzt riss Bethany die Augen auf, doch obwohl sie auf die Bremse trat, wusste sie, dass sie es nicht schaffen würde.

Der Aufprall kam hart und frontal. Bethany hörte noch Mya schreien, kurz bevor sie das Bewusstsein verlor. Der Airbag löste nicht aus.

Edie

Die Vorlesung zog sich endlos dahin. Professor Fields liebte Kunstgeschichte. Man könnte meinen, dass er regelrecht darin aufging. Sehr zu meinem Bedauern konnte er seine Leidenschaft nicht an die Studierenden vermitteln. Die meisten saßen nur hier, weil sie ihn anglotzen wollten. Die Aufmerksamkeitsspanne sank rapide, je länger die Veranstaltung dauerte. Ich brauchte mich nur in dem riesigen, bis auf den letzten Platz gefüllten Hörsaal umsehen. Vereinzelt gähnte sogar jemand.

Ich warf einen Blick zu Karlie. Meine Mitbewohnerin saß zwei Plätze weiter in der Nähe des Durchgangs und kratzte immer wieder mit ihren Fingernägeln über die Papierränder ihres Schreibblocks. Ihr Blick hing förmlich an Professor Fields. Ich schmunzelte und sah zum Podium.

Nathaniel Fields dozierte in endlosem Geschwafel über das Neolithikum in Südfrankreich, Höhlenmalerei und die Chauvet-Höhle. Seit mehr als zwei Monaten lauschten wir Prof Sonnyboy. In Kürze begann die Prüfungsphase und Karlie hatte sich nur seinetwegen eingeschrieben. So wie die eine Hälfte des gesamten Kurses nur aus jungen Frauen bestand, die jedes Wort des Professors für Kunstgeschichte des Altertums aufsaugten, während der männliche Teil des Kurses stöhnte. Er war aber auch ein Hingucker mit seinen blonden Locken, den strahlend blauen Augen und der durchtrainierten Figur.

Ich stützte mein Kinn auf und beobachtete Prof Sonnyboy bei seinem Herumstolzieren vor der mindestens zehn Meter langen Tafel, wo mehrere Grafiken die Höhlenmalereien zeigten. Er dozierte gerade über die verwendeten Farben und deren Herstellung, während er eine Kehrtwendung machte und dem versammelten Publikum sein Hinterteil zuwandte. Ein Raunen ging durch die Reihen. Definitiv. Die meisten waren nur hier, um dem Sonnyboy auf den Hintern zu sehen.

Ja, sein Arsch hatte durchaus Potenzial, aber musste man sich dafür in diesen stinklangweiligen Kurs einschreiben? Nein.

Mein Blick glitt zu Karlie, die hingebungsvoll seufzend nach unten starrte.

Doch. Musste man. Offensichtlich.

Ich stöhnte.

Nur ihretwegen war ich hier, denn ich war nie eine gute Freundin gewesen und eine viel schlechtere Mitbewohnerin. Ich stolperte von einem Chaos ins nächste, musste mir ständig Geld borgen und futterte Karlies Einkäufe. Ihr in der Vorlesung bei Professor Fields beizustehen, war das Mindeste, was ich tun konnte.

»Nun gut, meine Damen.« Professor Fields grinste die ersten vier Reihen voller junger Frauen an. Sie kamen überpünktlich, um ganz vorne zu sitzen und sich in seiner Aufmerksamkeit zu sonnen. Seine Miene verdüsterte sich eine Spur. »Und natürlich auch meine Herren. Lesen Sie bis Montag Kapitel sieben und acht in unserem Lehrbuch und beantworten Sie die dazugehörigen Fragen am Ende des Lehrabschnitts. Ich behalte es mir vor, die Aufgaben einzusammeln.« Kollektives Stöhnen flog ihm entgegen. Er lachte. »Viel Freude und ein schönes Wochenende!«

Na toll. Hausaufgaben, an einem Freitag. Spinnt der? Ich tat wirklich viel für Karlie, aber Hausaufgaben? Waren wir nicht längst raus aus dem Alter?

Ich raffte meine Bücher zusammen, schob mir die Umhängetasche über die Schultern und zerrte meinen Pferdeschwanz unter dem Träger hervor. Mein Haar gab ein grässliches Knistern von sich und klebte förmlich an meinen Fingern.

Super, wieder statisch aufgeladen. Ich hasste meine feuerroten Haare.

Während ich mich aus der Sitzbank schob, kämmte ich einmal quer durch den Zopf.

Hoffentlich entluden sie sich schnell. Ich wollte nicht … Zack!

Ich fuhr zusammen. Ein elektrischer Stoß jagte durch mich hindurch. Mein Körper kribbelte. Ganz genau. Ich wollte nicht, dass jemand, der mich zufällig berührte, eine gewischt bekam. Ich sah die Person an, die sich ebenfalls schüttelte. Karlie.

Ich versuchte mich an einem entschuldigenden Lächeln. »Das liegt nur an dem Gummiboden!«

Karlie tippte mir auf die Stirn. »Und an deinen Sohlen. Billige Turnschuhe, Edie.«

Ich verzog das Gesicht. »Kann mir keine neuen leisten.«

Karlie seufzte und hakte sich bei mir unter. Arm in Arm stiegen wir die Stufen zum Ausgang hinauf.

»So schlimm? Ich wollte dir wirklich keinen Schlag verpassen. Dafür kann ich ausnahmsweise mal nichts.«

Meine Freundin winkte ab. »Das meine ich nicht. Ich meine …« Sie verstummte und warf einen Blick über die Schulter hinunter zum Pult des Dozenten. Ich folgte ihren Augen.

Professor Fields hatte uns den Rücken zugedreht, präsentierte seine köstliche Kehrseite und sortierte Papiere. Die Jeans schmiegte sich wie eine zweite Haut an seinen Hintern.

Mir entglitt ein Seufzer. Karlie stieß mich in die Seite.

Empört starrte ich sie an. »Was soll denn das?«

»Du darfst ihn nicht anschmachten. Es reicht, wenn das der halbe Hörsaal tut, aber du darfst das nicht. Du bist meine beste Freundin. Du musst mich unterstützen, aber nicht das Objekt meiner schlaflosen Nächte anglotzen. Verstanden!«

Ich verkniff mir ein Grinsen. »Okay. Wollen wir noch was trinken gehen? Vor der Arbeit?«

»Nein, du hast Tischdienst, da musst du trittsicher sein. Wenn du auch nur einen Tropfen Alkohol im Blut hast, kippst du noch irgendeinem Gast einen Cocktail in den Schoß. Und dann feuert dich Mark. Das können wir uns nicht leisten. Wir brauchen das Geld, oder …«

Ich winkte ab. »Eine Woche Toastbrot. Ich weiß. Also gut, kein Alkohol, nur eine Dusche, etwas Essen und dann los. Aber danach machen wir Party, ja?«

Karlie lachte. »In Ordnung, du Landei. Da lässt man dich einmal in die große Stadt und schon bist du nicht mehr zu halten!«

Ich grinste. »Was kann ich denn dafür, dass ich in Idaho aufgewachsen bin? In Los Angeles fühle ich mich wie Alice im Wunderland.« Ich streckte einen Arm in die Höhe und drehte mich im Kreis.

»Ja, ja, ist ja schon gut. Wir gehen nach der Arbeit noch in einen Club, aber jetzt hör schon auf. Sonst ziehst du noch die Aufmerksamkeit von Prof Sonnyboy auf uns. Das kann ich gerade nicht gebrauchen.« Karlie griff nach meinen Schultern, stoppte meine Drehbewegung und schob mich Richtung Ausgang. Aus dem Augenwinkel sah ich noch, wie Fields zu uns aufsah. Er lehnte mit verschränkten Armen am Lehrertisch und grinste sein unverschämt gut aussehendes Lehrergrinsen.

Himmel, kein Wunder, dass Karlie – und einhundert andere Studentinnen – diesen Kurs besuchten. Mit seinem Lausbubengrinsen und dem muskulösen Body wirkte er wie der personifizierte Studentinnenmagnet. Aber nicht für mich, denn ich war eine gute Freundin. Und Freundinnen spannten einander nicht den Kerl aus, auch wenn es keine Beziehung gab und es sich nur um den mentalBoyfriend handelte.

 

Kit

Meine Finger glitten über die Tasten des Steinway, entlockten dem Piano eine perfekte Melodie. Nicht von mir, aber das spielte keine Rolle. Während ich spielte, ließ ich den Blick in den weitläufigen Garten schweifen, hinaus auf den Ozean. Die Melodie lag wie das Meer vor mir, klar und sichtbar, bereit, von mir in perfekte Harmonie verwandelt zu werden.

Musik dominierte mein Leben. Jede wache Minute verbrachte ich mit ihr, in meinem Kopf, in meinen Fingern, in meinen Knochen. Selbst während des Essens summte ich irgendeine belanglose Melodie vor mich hin. Bedeutungslos für den Moment, doch irgendwann, mit der richtigen Eingebung, wenn ich mich in der perfekten Stimmung befand, wurde aus einer noch so unscheinbaren Notenfolge ein Hit. Und Monate später grölten ihn unsere Fans, spielten Hunderte Radiosender den Song und die Kritiker lobten ihn als fulminantes Meisterwerk, das die Musikgeschichte nachhaltig beeinflusste.

Was für ein Blödsinn.

Wenn ich diesen Menschen erzählte, dass ich die Melodie als Erstes in meine Cornflakes gesummt hatte, lachten sie mich aus. Die meisten normalen Menschen konnten sich gar nicht vorstellen, wie kreative Köpfe arbeiteten, wie Songwriting funktionierte. Viel wurde ausprobiert, bis es die Eingebung schlechthin gab, bis einen sozusagen die Muse küsste.

»Kit!«

Genervt schlug ich die Klappe des Pianos zu und ballte die Fäuste. Und eine tobende Neunjährige war nicht hilfreich. »Mya, verdammt! Schrei hier nicht so rum. Ich versuche, zu arbeiten!«

»Mir egal.« Myas Stimme hallte durch die Korridore meiner Villa.

Ich befand mich im Erdgeschoss im Wohnzimmer, wo mein großer Steinway stand. Sie sollte eigentlich in ihrem Kinderzimmer spielen. Mit Puppen. Was Mädchen halt so tun. Oder Malen. Doch vor allem sollte sie es leise machen. Als ich mich erhob und Richtung Treppe stapfte, schallte mir laute Musik entgegen.

AC/DC.

Was zur Hölle?

Mya besaß kein eigenes Smartphone. Normalerweise hörte sie ihre Songs über ihre Musik-Box mit Kopfhörern, um meinen kreativen Schreibprozess nicht zu beeinträchtigen. Doch diese Platte …

In mir ballte sich ein Orkan zusammen. Meine Plattensammlung befand sich in dem winzigen Büro im ersten Stock, dort, wo sie eigentlich nicht hindurfte. Zum einen waren Schallplatten wahnsinnig empfindlich, zum anderen beherbergte meine Sammlung einen Großteil Erstausgaben. Mit Signatur.

Im Eiltempo nahm ich die Treppe, immer zwei Stufen auf einmal. Vor meinem inneren Auge baute sich eine dramatische Situation auf. Mya, wie sie mit ihren Buntstiften die Schallplatten verzierte. Nein!

So schnell ich konnte, stürmte ich in mein Arbeitszimmer und entdeckte das Mädchen vor meinem Plattenspieler, das Cover von AC/DC in den Händen, ein glückliches Lächeln im Gesicht. Aus den Lautsprechern dröhnte Angus Youngs Stimme mit voller Lautstärke, die Bassboxen vibrierten.

Eigentlich sollte mir ihr Anblick ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Mein Kind liebte Hardrock! Doch stattdessen sah ich nur die Platte und ihre kleinen, klebrigen, mit Schokolade verschmierten Kindergriffel, wie sie über das Cover tatschten.

»Was zur Hölle tust du da? Das ist eine Erstausgabe von AC/DC! Die schmiert man nicht mit Schokolade voll, und die fasst man schon gar nicht an, um sie abzuspielen! Diese Platte kostet ein Vermögen!« Meine Stimme prallte von den Wänden ab, als ob ich direkt in ein Mikrofon gebrüllt hätte. Würde ich auf der Bühne stehen, könnte man mich garantiert noch zwanzig oder dreißig Meter entfernt hören, gegen einen dröhnenden Bass, einen hämmernden Gitarrensound und ein übersteuertes Schlagzeug.

So laut war ich. Mit diesen Worten brüllte ich mein Kind an. Mein Geschrei tat mir in dem Augenblick leid, als sich ihre großen Augen mit Tränen füllten.

Sie zog die Nase hoch und starrte mich an. In ihren blauen Augen stand pure Wut.

Mist, hatte ich denn in den letzten Monaten nichts gelernt? Wenn man sie wütend machte, schlug sie zurück – wie ich.

»Ich hasse dich!« Sie nahm das Cover und hob es hoch über ihren Kopf.

»Mya, wag es ja nicht!« Ich streckte die Hand nach der Papphülle aus, als sie diese absichtlich auf den Boden pfefferte und einen Schokoladenmilchshake mit dem Fuß ankickte, sodass sich der Inhalt des Bechers über dem handsignierten Cover ergoss.

Vom Schock wie gelähmt starrte ich auf den Boden.

Das hatte sie jetzt nicht wirklich getan.

Dreißigtausend Dollar.

Handsigniert.

Fehldruck.

Davon gab es genau zwei Stück, auf der ganzen Welt.

Oh. Mein. Gott.

»Mein Shake ist umgefallen. Pech gehabt. Ich geh’ in die Küche und hole mir einen neuen.« Mit erhobenem Haupt stolzierte Mya an mir vorbei.

Fassungslos sank ich vor das Schokoladendesaster auf die Knie, griff mit spitzen Fingern nach dem klebrigen Cover und starrte es an.

Angus‘ schwungvolle Unterschrift mit schwarzem Edding verzierte ein Kinderschuh in Größe sechsunddreißig, mit Schmetterlingen an der Sohle.

Verdammt. Mya war bei ihrem Abgang direkt in die Schokosoße reingelatscht.

Ich hob den Blick und folgte den klebrigen Fußspuren auf dem cremefarbenen italienischen Marmor.

Was für ein Chaos.

Immer wieder krampften meine Finger, während ich versuchte, die in mir brodelnde Wut in den Griff zu bekommen. Sie war nur ein Kind, ein dummes Kind. Sie konnte nicht wissen, wie teuer diese Platten waren, was sie mir bedeuteten … und dann machte es Klick. Irgendwo in meinem Hinterkopf brannte eine Sicherung durch. Die Platte brachte das Fass wortwörtlich zum Überlaufen.

Wenn es nur das handsignierte Cover von AC/DC gewesen wäre, aber da gab es so viel. Ich brauchte einen Geduldsfaden, der einmal um den Äquator reichte. Mya passierten nicht einfach nur Missgeschicke, nein, sie zerstörte mit voller Absicht mein Zeug. Und plötzlich wurde mir klar, dass sie wusste, was diese Platten wert waren. Sie tat es, weil sie mich treffen wollte. Mit voller Wucht. Weil sie …

Ich hatte keine Ahnung, wieso. Und in dem Augenblick der Wut interessierte mich das auch nicht. Sie vergriff sich an meinem Eigentum, an meinen Sachen und sie gehörte nicht hierher!

In meinem Nacken breitete sich ein hämmernder Kopfschmerz aus, Migräne.

Auch das noch.

Die stetige Belastung eines unfertigen Albums, der Druck des Labels und Myas Anwesenheit hatten in den letzten Monaten dafür gesorgt, dass meine Anfälle nur noch schlimmer wurden. Wenn ich Glück hatte, verschwanden die Schmerzen mit einer Tablette. Wenn nicht … darüber wollte ich gar nicht nachdenken.

Doch eines war mir sofort klar: Mit Mya im Haus fehlte mir einfach die nötige Ruhe. Zum Komponieren, zum Entspannen, einfach zu allem!

»Mya!« Mit spitzen Fingern nahm ich das Plattencover und kämpfte mich auf die Füße. Der Zorn übernahm die Führung in meinem Kopf, überlagerte jeden vernünftigen Gedanken rigoros und trieb mich an. Ungeachtet der Schokoladenspuren auf dem Boden stapfte ich durch den Flur, stürmte die Treppe herunter und entdeckte die Übeltäterin hinter dem Rücken meiner Managerin.

Ich schnaufte wie ein Stier und fixierte sie. Ihre trotzige Miene bröckelte etwas und sie schlang die Arme um Pearls Taille, drückte ihren schokoladenverschmierten Mund an das teure Designerkostüm von Versace.

Himmel, hatte dieses Kind vor gar nichts Respekt.

Ihr Kinn bebte. Gut, sie hatte Angst.

Immerhin war das mein Haus und hier war ich der Boss. Ich!

Doch Pearl schien das nicht zu interessieren. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich an. »Kannst du mir mal sagen, was hier los ist?«

Irritiert blinzelte ich.

Dem Tonfall meiner Managerin folgend, richtete sich ihr Zorn auf mich. Aber wieso das denn? Schließlich war nicht ich es gewesen, der mutwillig ein historisches Plattencover zerstörte. Ich hielt ihr die Plattenhülle hin. »Sie ist los, Pearl. Das Kind hat mein Cover beschmiert!«

Pearl hob eine Augenbraue. »Tatsächlich?« Ihr Blick neigte sich einen Millimeter, doch sie schien den Schaden nicht einmal wahrzunehmen. »Und deswegen brüllst du hier rum wie ein Wahnsinniger? Du brüllst ein Kind an? Dein Kind, wohlgemerkt?«

Ich ließ das Cover sinken, schockiert über Pearls Worte, aber auch über mein Verhalten. Der hämmernde Kopfschmerz meldete sich zu Wort. »Es war eine Originalausgabe von 1975 von T.N.T.«

Wie konnte Pearl da nur so ruhig sein? Interessierte sie das Warum denn überhaupt nicht?

Pearl rieb sich die Nasenwurzel. »Kein Grund dieser Welt rechtfertigt ein solches Verhalten. Du bist der Erwachsene in diesem Haus. Du trägst die Verantwortung und es liegt an dir, Vorfälle wie diesen vernünftig zu klären.«

Von der Migräne geplagt, verengte sich mein Sichtfeld. Das reine Tageslicht stach mir in den Augen. Ich blinzelte, warf einen Blick zur Seite und registrierte Myas Grinsen.

Dieser kleine Satansbraten wusste genau, welche Karten sie bei Pearl ausspielen musste, um zu bekommen, was sie wollte. Dabei war Pearl es doch gewesen, die damals Bethanys Schwangerschaft unter den Tisch kehren wollte. Vor zehn Jahren hatte sie vehement darauf plädiert, dass sich dieser emotionale Ballast negativ auf die Karriere von Under the Bus auswirken könnte. Das erste Mal hatte ich sie im Krankenhaus gesehen. Nach dem Unfall.

Bist du mein Daddy?

Innerlich schüttelte ich mich bei der Erinnerung. Zu viele Emotionen. Ich wusste absolut nicht, wie ich mit den Gefühlen klarkommen sollte, deshalb hielt ich Mya lieber auf Abstand und wurde viel zu häufig wütend. Das hatte sie nicht verdient, schließlich war sie meine Tochter. Doch allem Wissen zum Trotz konnte ich nicht damit umgehen. »Aber sie hat …«

Pearl sah zur Seite. »Es ist mir egal, was sie hat. Sie ist ein Kind und sie hat ihre Mutter verloren.«

Ich verzog das Gesicht.

Ein Kind, um das ich nicht gebeten hatte, für das ich aber jahrelang das Scheckbuch gezückt hatte.

Pearl neigte das Kinn und sah mich vielsagend an.

Ich wusste genau, welcher Kommentar ihr auf der Zunge brannte.

Du konntest deinen Schwanz nicht in der Hose halten. Du hattest deinen Spaß. Nun steh auch zu den Konsequenzen.

»Okay, aber das Cover …«

Pearl seufzte.

Mya baute sich mit erhobenem Kinn vor mir auf. »Und außerdem ist es ein hässliches Cover!«

Ich riss die Augen auf und hielt die Papphülle vor mich. »Was? Das Cover ist von 1975. Die hatten damals noch keinen Digitaldruck, du hast ja gar keine Ahnung.«

»Wer kauft sich den so ein altes Teil! Gibt es keine coole Musik, auf die du stehst?«

Ich beugte mich herunter und hob den Zeigefinger. »Meine Musik ist cool. Darauf stehe ich. Und eine ganze Menge Leute geben einen Haufen Schotter dafür aus.«

Mya verschränkte die Arme vor der Brust. »Das ist mir schnurzegal. Dann kauf dir ein neues Pappding. Die sehen eh alle scheiße aus.«

»Du kleine Mist–«

»Kit! Hör auf, dich wie ein Kind zu verhalten.« Pearl packte mich mit der einen Hand am Arm und mit der anderen ergriff sie Myas Hand. »Ihr zwei seid echt nicht zum Aushalten. Und ich habe keine Zeit, ständig aufzupassen, dass ihr euch nicht an die Kehle geht.« Sie zog uns Richtung Wohnzimmer.

Mya verrenkte sich so, dass sie mir hinter Pearls Rücken die Zunge herausstrecken konnte.

Ich erwiderte ihren liebevollen Gruß.

Mann, dieses Kind machte mich wahnsinnig.

»Und ich muss arbeiten. Das neue Album schreibt sich nicht von alleine.« Mit Wucht braute sich die Migräne in meinem Kopf zusammen. Ich atmete gegen den Schmerz an, obwohl ich genau wusste, wie sinnlos es war. Ich brauchte dringend ein Schmerzmittel, und Alkohol. Sonst würde ich das nicht überleben.

Als Pearl die Stimme erneut erhob, zuckte ich zusammen. »Es hilft nichts. Wir brauchen jemanden, der auf euch aufpasst. Jemanden, der mit euch zwei Dickschädeln klarkommt.«

Ich gab ein abfälliges Geräusch von mir. »Und wer soll das sein?«

Genau, der Mensch, der sich gegen diese kleine, fiese Kröte durchsetzte, musste erst noch geboren werden.

Ich wedelte mit dem beschmutzten Plattencover in Richtung meiner Tochter. Das würde noch ein Nachspiel haben. Mya reckte trotzig ihr Kinn.

Pearl verdrehte die Augen. »Eine Nanny.«

Entsetzt weiteten sich meine Augen, während Mya Pearl anstarrte, als ob sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.

Ich räusperte mich. »Für mich?«

Pearl verpasste mir einen Hieb in die Seite. »Nein, du Idiot. Für Mya!«

Edie

Die Nacht senkte sich wie eine schwere Decke über Los Angeles. Trotz der tagsüber milden Temperaturen wurde es nachts empfindlich kalt, so dass sich kleine Wölkchen vor meinem Mund bildeten.

Gegen sieben Uhr machte ich mich an diesem Abend auf den Weg zum Gentlemen’s Club, wo ich seit ein paar Wochen als Kellnerin arbeitete. Nicht das, was sich meine Eltern für ihre Tochter vorstellten, aber … wir brauchten das Geld. Die Mieten in Los Angeles schossen stetig in die Höhe und die Preise für die Energieversorgung konkurrierten damit. Wir mussten zusehen, wie wir so viel Geld wie möglich reinbekamen.

Ich zog den Mantel enger um meine Schultern. Darunter trug ich bereits meine Arbeitskleidung.

Unter keinen Umständen wollte ich in diesem Aufzug aus Glitzer und Gold gesehen werden. Als wäre ich auf dem Weg zum Straßenstrich. Eisige Luft fuhr mir unter den Mantel. Gänsehaut bildete sich auf meinen nackten Beinen.

Die Tänzerinnen teilten sich verschiedene Schichten und sie mussten erst ab Mitternacht arbeiten. Sie verdienten mehr und arbeiteten weniger. Die Kellnerinnen nicht. Genau das könnte ich auch haben, aber ich konnte mich abends nicht auf der Tanzfläche rekeln, mich von den Blicken der Herren ausziehen lassen und morgens im Hörsaal Prof Sonnyboy anschmachten.

Was, wenn er eines Tages an Karlies Tisch saß? Eben, unvorstellbar.

Während ich die Straßen von der Metro aus Richtung Club ging, stoppte ich vor den Schaufenstern eines Geschäfts. Die Talkshow auf einer Videoleinwand hinter der Scheibe erregte meine Aufmerksamkeit. Da ich ein wenig früh dran war, blieb ich stehen.

Der bekannte Talkmaster Gilbert Greenwood saß hinter seinem prächtigen Schreibtisch aus dunkler Eiche und interviewte auf Amerikas berühmtestem roten Sofa diverse Bekanntheiten aus Film, Fernsehen und Showbiz. Jeder Star hatte bereits auf dieser Couch gesessen und sich den brisanten Fragen des Entertainers gestellt. Die Show hieß nicht umsonst Red Carpet.

Normalerweise sah ich mir die Sendung nicht an, aber der Typ, den Greenwood heute aufs Korn nahm, kam mir bekannt vor. Allerdings nicht in dem Maße, wie die Leute, die er üblicherweise reizte. Der Kerl war … anders. Kein Hollywoodsternchen, nicht der nächste James Bond oder ein Politiker, nein, es handelte sich um den Sänger einer … mir fiel es nicht ein. Jedenfalls stellte das alleine schon eine Sensation dar. Noch dazu wirkte der Kerl in seiner schwarzen Nietenjeans, der glänzenden Lederjacke und seinen schimmernden schwarzen Locken wie ein Knick im Universum. Er passte einfach nicht in das schrille Farbkonzept der Show. Wie ein Fleck absoluter Finsternis. Und genau deshalb blieb ich stehen. Der Kontrast stach mir ins Auge. Und außerdem sah der Kerl unglaublich heiß aus.

Kurz huschten meine Augen zur Bildunterschrift. ‚Kit Nolan, Sänger der Rockband Under the Bus, heute bei Gilbert Greenwood‘.

Ich schmunzelte und sah wieder auf.

Kit hatte ein Bein angezogen und das andere über seinem – natürlich schwarzen – Boot drapiert. Sein Arm ruhte lässig auf der Couch und er umgarnte Gilbert mit einem geradezu fröhlichen Lächeln, das im krassen Gegensatz zu seiner düsteren Erscheinung strahlte.

»Ihr habt ja schon seit ein paar Jahren kein neues Album herausgebracht, aber wie ich höre, hat euer Label für das Frühjahr eine Neuerscheinung angekündigt. Wie läuft das so? Stehen bereits alle Songs?« Gilbert beugte sich vor und faltete die Hände unter dem grau melierten Bart.

Kits Lächeln schwankte ein wenig. Dann kratzte er sich im Nacken. »Wissen Sie, Gilbert, ich will nicht zu viel verraten, aber es wird grandios.«

Ich runzelte die Stirn.

Wer wie ich mit zwei Geschwistern aufgewachsen ist, der musste sich zwangsläufig mit Lügen auseinandersetzen. Ich würde jetzt nicht behaupten, ein menschlicher Lügendetektor zu sein, aber ich erkannte gewisse Anzeichen. Vor allem dann, wenn es sich um keinen geübten Lügner handelte.

Kit rieb sich den Nacken, wich dem Blickkontakt mit Gilbert aus und schien nervös zu sein, alles deutliche Hinweise auf eine Ungereimtheit.

Kurzum, das Album war scheiße. Zumindest glaubte er das. Oder etwas vollkommen anderes.

Wenn ich Gilbert richtig einschätzte, dann verstand er sein Handwerk meisterhaft und würde, genauso wie ich, den Sänger als Lügner entlarven.

Kit hatte verloren, er war das gefundene Fressen für Gilbert. Noch dazu schien seine psychische Verfassung nicht die allerbeste. Er wirkte angespannt, nervös und als würde er überall lieber sein, als auf dieser Couch.

»Mhm«, machte Gilbert und legte den Finger an die Lippen. »Ich kann mir vorstellen, dass die letzten Entwicklungen in Ihrem Leben nicht gerade dazu beigetragen haben, ein Album zu schreiben.«

Kit erstarrte, doch dann lachte er auf. »Nicht wirklich, nein.«

Nun horchte ich auf.

Ich kannte zwar die Band und ihren Sänger, doch wirklich interessiert hatte ich mich nie für derartige Musik. Meine Vorlieben lagen bei Pop. Doch Kit hatte etwas an sich, was mir gefiel. Eine gewisse Rohheit, die vermutlich die Hälfte der Frauen in Nordamerika anzog.

Ich verdrehte die Augen.

Mir war vollkommen klar, dass sein Image genau darauf ausgelegt war. Der harte Kerl, der Bad Boy. Frauen mochte das, ich bildete da keine Ausnahme. Und obwohl mir die Masche durchaus bewusst war, hing ich wie gebannt an seinen Lippen. Ein Star, der alles im Leben besaß, allem voran einen Riesenhaufen Geld, hatte Probleme? Das wollte ich wissen. Meine Gier nach Sensationen stand den Medien in nichts nach.

»Sie haben eine Tochter.«

Ich zog den Mantel enger um meine Schultern. Fröstelnd trat ich näher an die Scheibe.

Oh. Mein. Gott.

Kit verzog das Gesicht, als ob ihm ein Zahn abgebrochen wäre. »Seit neun Jahren, ja. Ihre Mutter und ich waren uns einig, dass sie nicht in den Medien auftauchen sollte. Die Kleine sollte eine unbeschwerte Kindheit haben.«

Sehr löblich.

Ich nickte zustimmend und trippelte von einem Fuß auf dem anderen. Das Interview interessierte mich, wenn es nur nicht so kalt wäre.

»Ist es nicht eher so, dass Sie sich wenige Monate nach Bekanntwerden der Schwangerschaft getrennt haben?« Gilbert beugte sich wie ein Aasgeier über den Schreibtisch.

Ich verzog das Gesicht. Seine Gier nach Informationen schreckte mich ab. Ich trat einen Schritt zurück.

Kits Mundwinkel kräuselten sich. Entschuldigend zuckte er mit den Schultern. »Ich bin eben kein Familienmensch.«

Der Journalist nickte. »Wir haben aus zuverlässigen Quellen gehört, dass die Mutter des Mädchens vergangenes Jahr bei einem Autounfall ums Leben kam.«

Kit seufzte. Er rutschte auf der Couch hin und her, nahm das Bein herunter und richtete sich auf. Die Arme verschränkt, beugte er sich vor und sah dem Reporter direkt in die Augen.

Gilbert lehnte sich in seinem Sitz zurück, wich Kits Blick aus.

»Ja, das ist korrekt.« Die beiden starrten sich einen Augenblick an. Wollte Kit ihn anstacheln, damit er weiterbohrte. Es hatte den Anschein.

Gilbert verharrte einen Augenblick und betrachtete Kit nachdenklich, doch dann brach er den Blickkontakt ab und er ignorierte seine Herausforderung. Lächelnd drehte er sich den Zuschauern zu. »Nun …«

Kopfschüttelnd wandte ich mich ab und ging weiter.

Was immer Greenwood, dieser Arsch, noch zu sagen hatte, ich wollte es nicht hören. Mann, das Kind hatte gerade die Mutter verloren und diese Aasgeier von der Presse hatten nichts Besseres zu tun, als den Vater mit Fragen danach zu löchern? Jeder konnte sich doch in etwa vorstellen, wie es in den beiden aussehen musste? Sie waren komplett zerstört.

Nein, diese Farce konnte ich mir keine Sekunde länger ansehen.

Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch setzte ich meinen Weg zum Club fort.

Na, der Abend konnte ja heiter werden, wenn ich jetzt schon so drauf war. Hoffentlich benahmen sich wenigstens die Gäste.

 

Pünktlich um 20 Uhr öffnete der Club, doch die Gäste ließen sich Zeit. Da heute allerdings Freitag war, würde der Laden bald aus allen Nähten platzen.

Während ich die Tische abwischte, ließ ich meinen Blick routinemäßig durch den Club schweifen. Hinter der langen Bar werkelten bereits die Barkeeper und füllten die Getränkebestände auf. Jimmy richtete die Stühle an den kleinen Tischen am langen Laufsteg, der die Bar teilte, neu aus. Damit kein Kerl zu dicht an der Bühne saß. Er beharrte auf seiner eisernen Clubregel, nach der Anfassen strikt verboten war. Dafür hatte er einen ganzen Stab an Securitymitarbeitern eingestellt, die die einzelnen Kabinen im hinteren Bereich der Bar überprüften. Dort würden mich Landei keine zehn Pferde reinkriegen. Was immer in diesen Kabinen passierte, interessierte mich nicht.

Ich konzentrierte mich ganz auf meine Arbeit im vorderen Bereich.

Kurz nach 0 Uhr erschienen die ersten Tänzerinnen auf der Bühne und der Club füllte sich. Einige Nischen waren bereits belegt und ich hatte alle Hände voll damit zu tun, Bestellungen aufzunehmen. Wir teilten den Club in verschiedene Bereiche. Heute Abend waren wir zu viert und jede von uns übernahm ein Viertel des Clubs.

Ich hatte die bestellten Getränke an einem Tisch abgeliefert und mich wieder aufgerichtet, das Tablett unter den Arm geklemmt, als ich sah, wie ein Kunde Ambers Po tätschelte. Sie stand seitlich, so dass ich den lüsternen Blick des Typs genau sehen konnte. Innerlich verdrehte ich die Augen. Der Typ sah nicht schlecht aus. Teurer Anzug, schicke Uhr, gepflegtes Äußeres. Das versprach ein dickes Trinkgeld.

Amber drehte sich gerade weg, als der Typ nach ihrem Handgelenk griff und sie zu sich zog. Innerlich spannte ich mich an und hielt instinktiv nach einem Securitymitarbeiter Ausschau. Als Bedienung durfte Amber sich durchaus an dem lukrativen Geschäft hinter dem Vorhang beteiligen, doch nur, wenn sie wollte. Kein Kerl konnte sie zwingen. Als Amber sich aufrichtete, umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Sie nickte und wandte sich Richtung Bar. Ich steuerte ebenfalls die Getränkeausgabe an.

»Und?« Mit hochgezogener Augenbraue nickte ich zu ihrem Tisch, wo sich der Typ erhob und sein Jackett glattstrich.

Amber biss sich auf die Unterlippe. »Ich bin mal kurz weg. Kannst du Amy sagen, dass sie meine Tische mitmachen soll? Du darfst dafür den VIP-Bereich machen, ja?«

VIP bedeutete höhere Trinkgelder. Amber zwinkerte mir zu. Wir konnten alle ein kleines Zubrot gebracht. »Danke.« Ich schenkte ihr ein Lächeln, das sie hastig erwiderte.

»Ich mach schnell, versprochen.«

Ich grinste süffisant. »Och, lass dir Zeit. Die Trinkgelder nehme ich gerne.«

Lachend berührte mich Amber an der Schulter. »Ich danke dir, bis später. Und sei aufmerksam. Im VIP-Bereich befinden sich ein paar besondere Geäste.« Sie zwinkerte mir zu, bevor sie zu dem Typen stöckelte, der ihr lächelnd seinen Arm anbot. Amber hakte sich unter und steuerte zielstrebig eine der freien Kabinen an.

Mein besorgter Blick folgte ihr. Ich konnte wirklich nicht verstehen, wie man mit einem wildfremden Mann hinter dem Vorhang verschwinden konnte. Aber das war nicht mein Problem. Amber war eine erwachsene Frau und der Club besaß genug Sicherheitspersonal, noch dazu hatte ich keine Zeit. Mehr Tische bedeuteten nicht nur mehr Trinkgelder, sondern auch mehr Arbeit. Also schob ich die Gedanken beiseite und legte los.

Als Erstes wandte ich mir zur VIP-Lounge, die sich seitlich der Bar befand. Von unten war es praktisch unmöglich zu erkennen, wer sich hier oben aufhielt. Jimmy hatte die Beleuchtung der Lounge so anlegen lassen, dass die Gäste ihre Privatsphäre in vollen Zügen genießen konnten und nicht vom Fußvolk gesehen wurden. Wer immer sich hier aufhielt, blieb unerkannt.

Den Aufgang sicherte zusätzlich ein Mitarbeiter der Security. Heute war Sean an der Reihe. Der fast zwei Meter große Hüne hatte die Statur eines soliden Kleiderschranks, breite Schultern und nicht ein Staubkorn auf der polierten Glatze. Er trug, wie alle Security-Mitarbeiten, einen schwarzen Anzug mit roter Krawatte und schwarzem Hemd. Diesem Anblick konnte selbst ich nicht widerstehen.

Sean hob die linke Augenbraue. »Amber?«

»Ist beschäftigt.«

Seine Mundwinkel kräuselten sich. »Na dann rein mit dir.« Er entriegelte die Kette und ließ mich durch. »Pass auf dich auf.«

Ich nickte knapp, wusste genau, was Sean mit dieser Bemerkung meinte. Da die Herren hier oben gute Trinkgelder gaben, legten sie die Regeln ein wenig freizügiger aus, was im Umkehrschluss bedeutete, dass sie die Dienstkleidung der Bedienungen kaum wahrnahmen und eher als Einladung betrachteten. Doch bisher hatte ich mich allzu flinken Fingern entziehen können. Und sollte tatsächlich ein Gast ein Nein nicht verstehen, war ja Sean da.

Lächelnd stieg ich in meinem kurzen Rock die Treppen hinauf und ging die Tische ab, notierte Bestellungen. Wer direkt bei mir bestellte, war mir egal. Ich notierte nur Tischnummer und Getränke.

Die nächsten Minuten erledigte ich die Bestellungen, bis Tisch 19 kam. Der Tisch bestellte vier Bier, dazu drei Whiskys und eine Flasche Champagner, die Magnum-Ausgabe. Drei Liter.

Anscheinend gab es etwas zu feiern, sehr zu meinem Unbehagen.

Ich balancierte also vier Flaschenbiere, vier Champagnergläser sowie Whiskeys und dazu noch eine drei Kilogramm schwere, bereits geöffnete Glasflasche. Auf jeden Schritt bedacht stieg ich die Treppe hinauf. Sean warf mir einen unsicheren Blick zu, entriegelte die Kette und ließ mich durch.

»Danke.« Meine Stimme war nur ein tonloses Flüstern, die ganze Konzentration lag auf meinem Tablett. Zum Glück saßen in dem Club die meisten Gäste auf ihren Hintern, nicht auszudenken, wie ich die Getränke über eine volle Tanzfläche hätte balancieren sollen. Schritt für Schritt kämpfte ich mich vorwärts. Meine Arme wurden schwer, doch als ich glaubte, die Last nicht mehr länger halten zu können, erreichte ich Tisch 19.

Erleichtert wollte ich das Tablett abstellen, aber die Herren hatten bereits eine Runde Bier und Whiskey hinter sich.

Ach, verdammt.

Ich hatte bei der Bestellung die leeren Gläser und Flaschen vergessen.

Es half nichts, ich musste die schwere Fracht loswerden. Jetzt.

Hastig ging ich in die Knie und stellte zumindest die äußere Kante das Tabletts auf den Tisch, um meine Arme etwas zu entlasten. Die Musik dröhnte mir in den Ohren und das Hämmern der Bässe durchdrang meine zitternden Muskeln.

Kurz hob ich den Blick.

Oh.

Meine Oberschenkel pochten, mein Atem beschleunigte sich und ich ertappte mich dabei, wie ich in die schönsten Augen, die ich je bei einem Mann gesehen hatte, starrte. Nur ein Lichtstrahl erhellte seine Augenpartie, der Rest verbarg sich im Dunkeln. Außer seine Hände. Lässig lehnte er an der gepolsterten Lehne, die Beine übereinandergeschlagen und musterte mich.

Wie? Konnte ich nicht sagen.

Mein Tablett neigte sich und ehe ich reagieren konnte, rutschte die Champagnerflasche in meine Richtung.

Meine Augen weiteten sich. Die Flasche beschleunigte, rutschte auf mich zu und ich konnte nur noch reagieren. Hastig griff ich danach, indem ich die Hand unter dem Tablett hervorzog. Sofort kippte es zur Seite. Die Flasche änderte die Richtung, schlitterte den Getränken hinterher. Die Schwerkraft wirkte noch schneller auf die Gläser ein. Ich konnte nichts weiter tun, als dabei zuzusehen, wie die Biere zur Seite stürzten und die monströse Magnum sich in Richtung des Kerls mit den schönen Augen neigte.

Panisch wollte er aufspringen, doch die rundliche Beschaffenheit der Sofas im VIP-Bereich verhinderte eine Flucht vor der prickelnden Flutwelle.

»Ach du Scheiße!« Einer der Männer am Tisch konnte sich gerade noch rechtzeitig in die andere Richtung retten, doch der mit den schönen Augen hatte weniger Glück. Selbst ein hektisches Heben der Beine rettete ihn nicht vor dem Schaumwein. Zischend und prickelnd kippte die Flasche nach vorne, um ihren kostspieligen Inhalt über ihm zu entleeren.

Oh. Mein. Gott.

 

Kit

Eiskalt breitete sich der Champagner in meinem Schoß aus.

Verdammt.

Der Tag war gelaufen, hatte eh schon beschissen angefangen. Erst der Streit mit Mya und anschließend mein Auftritt bei Red Carpet, der heute Abend ausgestrahlt wurde. Wo ich mich als der totale Versager in Sachen Umgang mit den Medien präsentiert hatte. Warum schickte unser Management bei der Anfrage der Show eigentlich eine detaillierte Liste aller Themen mit, die auf gar keinen Fall erwähnt werden durften?

Genau, damit Gilbert dann diese Themen aus dem Hut zauberte.

Pearl hatte getobt.

Ich auch. Danach.

Wir hätten die Ausstrahlung verbieten können, aber unser Agent Les meinte, dass das eigentlich gar kein schlechtes Interview war. Ich würde damit alle jungen Mütter ansprechen, die in mir den überforderten Vater sahen, und das sei ja wohl eine Zielgruppe, die wir bisher nicht über die Musik erreicht hatten. Die Vaterschiene sei ein neuer Kanal, den wir unbedingt ausprobieren sollten.

Na vielen Dank auch.

Den Abend krönte dann diese dusselige Kellnerin, die mir eine Flasche Champagner in den Schoß kippte.

Spencer feixte. »Ha, jetzt sind deine Schwimmer extra frisch, für später, falls du noch mal einen Schuss wagen willst, wenn dir Mya nicht reicht.«

Ich warf ihm einen wütenden Blick zu. »Halts Maul.«

Spencer hob abwehrend die Hände, doch seine Mundwinkel zuckten verräterisch. Überhaupt feierten alle – außer der Kellnerin und mir.

»Tut mir wahnsinnig leid, Sir!« Sie sprang auf die Beine, trippelte auf ihren schmalen Absätzen zu mir und drückte das Geschirrtuch, das um die Champagnerflasche geschlungen war, in meinen Schritt. Ein eiskalter Schauer durchfuhr mich und ich begann, am ganzen Leib zu zittern.

Himmelherrgott noch mal!

Hatte sie den Schampus aus dem Eisfach geholt?

Mittlerweile durchtränkte die Prickelbrause meine Jeans und tropfte in meine Boots. Der gekühlte Stoff klebte wie eine zweite Haut an meinem Unterleib und den Beinen.

»Lass das!«, fauchte ich und pflückte ihre Hände von meinem Schritt.

Das Mädchen sah auf. Mit großen Augen starrte sie mich an. Ihre blasse Haut schimmerte in der spärlichen Beleuchtung wie Porzellan. Ihr langes Haar fiel in sanften Wellen über die nackten Schultern. Sommersprossen zierten ihre geröteten Wangen.

Mir lagen unzählige Sprüche über ihr tollpatschiges Verhalten auf der Zunge, doch ich brachte kein einziges Wort heraus.

Ha, Kit Nolan, um eine Antwort verlegen.

Es lag nicht am eiskalten Schampus, an der Umgebung oder den stetig wachsenden Frostbeulen, nein, es war die Position, wie sie vor mir kniete, wie sie mich ansah, wie ihre vollen Lippen zitterten. Und ihre Hand. Sie stützte sich damit auf meinem Knie ab und ich ertappte mich dabei, wie ich mir wünschte, sie würde statt des Handtuchs etwas anderes in meinen Schritt drücken.

Beschämt senkte sie den Kopf, doch dann schlug sie die Augen auf und sah mich erneut an, diesmal langsamer, sinnlicher.

Mein Innerstes zog sich zusammen und ich schnappte nach Luft. Dieser Blick … Himmel, er fuhr mir direkt in den Magen und noch sehr viel tiefer. Wenn mir nicht so kalt wäre, stünde jeder einzelne Nerv in Flammen. Sie war wie geschaffen für einen …

Automatisch presste ich die Lider aufeinander.

Daran durfte ich nicht einmal denken. Früher ja, aber mit diesem neuen Image gehörten schnelle Bettgeschichten der Vergangenheit an.

»Edie! Das kann doch wohl nicht wahr sein! Sag mir, dass du nicht gerade eine viertausend Dollar teure Flasche Champagner umgeschmissen hast.« Ein kleiner, untersetzter Mann in einem Anzug kämpfte sich die Treppe zur VIP-Lounge hinauf und baute sich hinter der kleinen Kellnerin auf. Das Auftauchen des Typs brach den Bann und Edie richtete sich auf.

Instinktiv hielt ich ihr die Hand hin und zu meiner Überraschung ergriff Edie sie tatsächlich und ließ sich von mir aufhelfen. Schüchtern lächelte sie mich an, bevor sie sich mit einem knappen Nicken bedankte, umdrehte und mir ihre Kehrseite präsentierte.

Ich riss die Augen auf und starrte auf ihren Hintern, den ein knapper Rock unzureichend bedeckte. Ich brauchte lediglich den Kopf zur Seite zu neigen und …

Ertappt richtete ich mich wieder auf.

Spencer feixte und ich boxte ihm in die Seite. Der Kerl war unmöglich. Ein Hauch Arschbacke und er flippte regelrecht aus. Aber nicht dieser Hintern. Sollte er einen anderen knappen Rock anstarren, Edies Hintern stand nicht zur Diskussion.

Wieso? Keine Ahnung. Mir gefiel es nicht, wenn er ihren Arsch anstarrte.

Edie ließ die Schultern hängen. »Entschuldige, Jimmy. Das Tablett war viel zu schwer. Ich konnte es nicht länger halten.«

Aha, Jimmy also. Der stemmte die Hände in die Hüften und starrte Edie an. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Es sah so aus, als würde er versuchen, Edie niederzustarren. Was wirklich möglich gewesen wäre, wenn Edie ihn nicht um einen Kopf überragt hätte.

Meine Mundwinkel kräuselten sich und mein anfänglicher Zorn über die frostige Dusche im Schritt verpuffte.

Seien wir mal ehrlich, die Situation amüsierte mich ziemlich. Sie stellte sogar das Highlight des Tages dar.

Zügig stand ich auf, verzog ein wenig das Gesicht angesichts der mit Champagner getränkten Hose und sprang Edie zur Seite.

»Ist nicht so schlimm, Jimmy. Wir leben ja schließlich noch alle.« Ich lachte in die Runde. Die Jungs murmelten zustimmend und ich entdeckte das ein oder andere Grinsen. Offensichtlich amüsierten sich auch meine Bandkollegen prächtig.

»Nicht schlimm?« Jimmy sah an Edie vorbei und fasste mich ins Auge. »Sie hat Ihnen eine Flasche Champagner …« Jimmy musterte mich von Kopf bis Fuß. Seine Augen weiteten sich entsetzt, als er meine tropfnasse Hose registrierte. Sein Blick blieb in meinem Schritt hängen, woraufhin sich seine Augenbrauen hoben. »… über den Schritt gekippt.« Er hob frustriert die Hände und sah wieder die Kellnerin an. »Oh, mein Gott, Edie! Wie oft willst du diesen Club eigentlich noch in Verlegenheit bringen?«

Edie zuckte bei jedem seiner Worte zusammen und plötzlich tat sie mir furchtbar leid. Niemand hatte es verdient, wegen eines kleinen Missgeschickes heruntergeputzt zu werden.

Unverzüglich trat ich vor. »Bitte, Jimmy, das war nur ein kleines Versehen. Niemand wurde verletzt.«

Jimmy runzelte die Stirn. »Das sagen Sie jetzt. Es ehrt Sie, dass Sie sich für Edie einsetzen wollen, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie irgendwem irgendwann ernsthaften Schaden zufügen wird. Und derjenige wird dann den Club verklagen. Wir sind für unsere Angestellten verantwortlich, aber auch für unsere Kunden. Und weil ich meine Verantwortung ernst nehme, muss ich Edie bitten, morgen Abend nicht mehr wiederzukommen.«

Entsetzt starrte ich Jimmy an.

Hatte er sie gerade ernsthaft gefeuert? Wegen einer Flasche Schampus?

Fassungslos schüttelte ich den Kopf. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Edie den Mund öffnete.

»Bitte, Jimmy, wir brauchen das Geld. Du weißt das.«

Das Flehen in ihrer Stimme gab mir den Rest. Am liebsten würde ich sie in den Arm nehmen und vor diesem Widerling verteidigen, doch ein solches Verhalten stand mir nicht zu. Wir kannten uns noch nicht einmal.

Jimmy winkte ab. »Edie, das war nicht dein erstes Versehen. Du kannst hier nicht arbeiten. Früher oder später bringst du dich und unsere Kunden in ernsthafte Gefahr. Ich verstehe, wie anstrengend es ist, Abend für Abend in diesem Outfit schwere Tabletts hin und her zu tragen, aber ich muss mich auf meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen können. Und auf dich. So leid es mir auch tut, auf dich ist in dieser Hinsicht kein Verlass. Vielleicht versuchst du es mal in einem Diner. Dort musst du zumindest keine High Heels tragen.« Jimmy verzog das Gesicht und musterte Edie von Kopf bis Fuß. »Süß genug bist du ja. Das verschafft dir immerhin ein ordentliches Trinkgeld.«

Mir klappte die Kinnlade herunter.

Das war ja an Sexismus kaum zu überbieten. Er zwang sie doch, ein solches Outfit zu tragen, sich Abend für Abend den Blicken der Kerle auszusetzen und dann auch noch gute Arbeit abzuleisten.

Was bildete sich der Kerl eigentlich ein!

Mein Körper spannte sich an vor Wut.

Das war echt die Höhe!

Er feuerte sie in meinem Beisein, obwohl ich ihm versichert hatte, dass ich weder den Club verklagen würde noch mich anderweitig beschwert hatte?

Geht‘s noch?

Ich schnaubte entrüstet.

Jimmy wandte sich mir zu. »Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten, Mr. Nolan. Wir werden selbstverständlich die Rechnung des heutigen Abends übernehmen.« Er drehte sich in Edies Richtung. »Und du zieh dich bitte um und räume deinen Spind aus. Ich möchte dich heute Abend hier nicht mehr sehen.«

Edie sah auf. Tränen standen ihr in den Augen. Sie zitterte am ganzen Körper und erneut überkam mich das Bedürfnis, sie einfach nur beschützen zu wollen. Doch mehr als Jimmy zu versichern, dass alles okay war, konnte ich nicht.

»Jimmy, bitte …« Sie bettelte geradezu um diesen Job, doch dieser Widerling schüttelte nur den Kopf und wies sie mit einer Bewegung seines Kinns an, zu gehen. Anscheinend kannte der Typ keine Gnade. Und ich auch nicht.

»Machen Sie sich keine Umstände, Jimmy. Ich kann meine Rechnungen sehr gut selbst bezahlen.« Ich griff nach hinten und zog mehrere Eintausend-Dollar-Scheine aus der Hosentasche, die ich großzügig abgezählt auf den Tisch warf, hinein ins Scherben- und Champagnerdesaster.

Nicht nur die Flasche war zu Bruch gegangen, auch der Whisky, die Bierflaschen und die übrigen Gläser verteilten sich in einem wilden Sammelsurium auf dem Boden. Selbst vor der Erdnussschale und unseren vorigen Getränken hatte Edie keinen Halt gemacht. Sie leistete wirklich hervorragende Arbeit in puncto Chaosverursachen.

Ich schmunzelte und drehte mich nach meinen Bandkollegen um. »Kommt, Jungs, wir gehen.« Das Gemurre meiner Leute ignorierte ich.

Klar, Edies Bestellung sollte unsere zweite Runde werden und wir wollten mit dem Champagner auf Brians Tochter anstoßen. Er würde in sieben Monaten Vater werden. Aber mir war die Feierlaune vergangen. Da ging man einmal aus, in einen exklusiven Club, frei von lästigen Groupies, und dann verhagelte uns dieser Jimmy den Abend.

---ENDE DER LESEPROBE---