Fuck your Friends - Sophie Andresky - E-Book

Fuck your Friends E-Book

Sophie Andresky

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  • Herausgeber: Heyne
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2010
Beschreibung

Heiß wie die Hölle

Es könnte alles so schön sein. Zwei Paare, die sich mögen und lieben, in jeder erdenklichen Form und Stellung. Doch die erotische Offenbarung verwandelt sich in einen düsteren Alptraum, in dem sich die beiden Paare letztlich bis aufs Blut bekriegen.

Es sieht aus wie das vollkommene erotische Abenteuer: Als Ellen und Hyper das jüngere Pärchen Irina und Oskar kennenlernen, entdecken sie die Lust zu viert und geraten in einen Sexrausch, in dem sie sämtliche Variationsmöglichkeiten auskosten. Das Kleeblatt scheint perfekt, alle verlieben sich ineinander und planen sogar eine gemeinsame Zukunft. Aber dann stellt sich heraus, dass jeder der vier etwas zu verbergen hat. Was sie in Wahrheit verbindet, ist ein Netz aus Intrigen, Gier und Egoismus. Aus Freundschaft wird Verrat, aus Erotik Berechnung und aus Liebe Hass. Am Ende bleibt vom großen Glück eine Blutlache in einer Garderobe, ein zertrümmertes Gewächshaus und ein Paar, das entscheiden muss, ob es überhaupt noch eines ist.

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Seitenzahl: 282

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Inhaltsverzeichnis
Widmung
KAPITEL EINS
Copyright
WIDMUNG
In Liebe für Marcus. Weil du mich nie langweilst. Weil ich mit dir keine Hälfte eines Paares bin, sondern etwas Ganzes.
1. MOTTO
»Never thought I’d get any higherNever thought you’d fuck with my brainNever thought all this could expireNever thought you’d go break the chain.«
PLACEBO, »MY SWEET PRINCE«
2. MOTTO
»Plötzlich waren sie Feuer und Flamme. Jeder machte einen Vorschlag, fügte etwas hinzu. Schon bald hatten sie rote Wangen vor Begeisterung.«
DAGMAR HOSSFELD, VIER FREUNDE IM GALOPP
3. MOTTO
»Es ist ein pyrotechnischer Effekt nach dem anderen zu zünden - das Verbinden von Feuerwerkskörpern untereinander ist aus gutem Grund verboten und sollte professionellen PyrotechnikerInnen überlassen bleiben. Achtung auf den Funkenflug: Dieser kann in der Nähe gelagerte oder aufgestellte Feuerwerkskörper entzünden.«
WWW.PYROTECHNIK.CO.AT
KAPITEL EINS
Me and the dragon can chase all the pain away
PLACEBO
»Machen die da Eingangskontrollen, um zu sehen, ob auch wirklich jede Mumu blank ist?«
Hyper öffnete die Flasche, während ihm Ellen die Gläser hinhielt. Er lachte so, dass er etwas Champagner über ihre nackten Oberschenkel verschüttete. Der Taxifahrer, der die beiden im Rückspiegel beobachtete, runzelte die Stirn und drehte die elektronische Musik im Radio lauter. Hyper ignorierte ihn und lachte immer noch über die Vorstellung von zwei muskelbepackten Türstehern, vor denen jede Besucherin erst einmal den Rock lüpfen muss, während ihr Begleiter mit heruntergelassenen Hosen seinen Schwanz präsentiert.
Ellen suchte ein Taschentuch für ihre Beine.
»Lass, ich leck’s weg«, sagte Hyper und beugte sich über ihren Schoß. Sie pustete sich den dunkelbraunen Pony aus dem Gesicht, lehnte sich im Sitz zurück und balancierte die beiden Gläser über seinem Rücken. Mit ihrem bronzefarbenen Teint und den ägyptisch geschminkten Augen sah sie aus wie eine Pharaonin. Hyper richtete sich wieder auf und küsste sie. Seine Lippen schmeckten nach Champagner. Er wickelte eine Strähne ihrer Haare um den Finger und roch daran.
»Du riechst nach Wunder, schönes Frollein.«
Ellen lächelte ihn an und versuchte, die Gläser so zu halten, dass kein Champagner mehr auf ihr kurzes Fransenkleid und die nackten Beine schwappte. Jetzt bemerkte sie auch den Blick des Taxifahrers im Rückspiegel, der wahrscheinlich Angst um seine Polster hatte, beachtete ihn aber nicht.
»Und wie nackig bist du denn nun genau?«, fragte Hyper und legte seine Hand auf ihren Oberschenkel. Ellen öffnete ihre Knie etwas und schmiegte den Kopf gegen seine Schulter.
»Ganz und gar total brazil ratzekahl«, flüsterte sie.
»Die Hausherrin, Gemma irgendwas heißt sie, hat gesagt, man muss nicht, die meisten Gäste schätzen es allerdings, wenn man epiliert kommt. Muschibusch ist wohl out. Und wir sollen Abend- oder Fetischgarderobe oder exklusive Wäsche tragen. Sie klang fast mütterlich, wirklich nett.«
Sie ließen die Gläser zusammenklirren. »Herzlichen Glückwunsch zum Vierzigsten, Traumprinz. Und keine Angst vor der großen Vier, ich trage meine auch mit Würde.«
Hyper zog sie enger an sich und küsste sie lange.
»Du trägst sie nicht nur mit Würde, sondern mit Eleganz, meine Schöne. Das hier ist ein tolles Geschenk. Nicht nur der Club, sondern die letzten fünfzehn Jahre. Wieso warst du mit dem Club plötzlich einverstanden? Du wolltest doch nie. Hast du bei der Anmeldung unseren Namen gesagt? Kannte sie mich?«
Ellen ignorierte die Frage. Es war typisch für Hyper, anzunehmen, dass jeder wusste, wer er war, nur weil immer mal wieder ein Fernsehmagazin einen Beitrag über seine Pyrotechnik-Shows brachte. Sie knabberte an seinem Ohr.
»Ich fand halt, du hattest eine besondere Überraschung verdient. Ich weiß ja, wie lange du dir das gewünscht hast.«
»Shit!« Hyper unterbrach sie und setzte sich so ruckartig auf, dass er Ellen wegstieß und sie sich am Polster festhalten musste.
»Hast du das gesehen?« Er drehte den Kopf.
Ellen sah in dieselbe Richtung, aber der Wagen bog schon um die nächste Ecke und fuhr jetzt durch ein Waldgebiet.
Hyper zeigte hinter sich: »Da hängen immer noch die Plakate. Vom Freudenfeuer-Event. Warum hat die niemand abgenommen? Das kann doch nicht sein, dass hier immer noch die Plakate hängen.«
Seine Stimme war schneidend und hart. Ellen hörte aus dem Schimpfen eine gewisse Verbitterung heraus und legte die Arme um ihn.
»Nicht ärgern«, sagte sie, »du hast Geburtstag. Und wir haben Jahrestag. Vor uns liegt eine wilde Nacht in einem tollen Club. Lass den Job heute Abend bleiben, ausnahmsweise. Gleich am Montag schickst du jemanden her, damit er die Plakate abhängt. Und jetzt vergiss es.« Sie streichelte ihm über den Kopf wie einem Kind. »Vergiss es. Es ist ja nochmal gutgegangen. Du bist nicht pleite, alles erholt sich, und die Leute werden das auch bald vergessen haben und dich wieder buchen.«
Sie sah ihn an, wie er sehr gerade und angespannt neben ihr saß.
Sein Gesicht war im Dämmerlicht des Taxis bleich, und seine hohen Wangenknochen traten hart hervor. Seit einigen Jahren rasierte er sich den Schädel, das passte zu seiner hageren Figur. Er beherrschte die Szenerie, sobald er einen Raum betrat, in die feingliedrigen Hände klatschte und Anweisungen gab. Hätte er ein Cape umgeworfen, wäre er von jedem Varieté als Magier engagiert worden.
Ellen hatte selbst nach all den Jahren noch Momente, in denen sie ihn heimlich beobachtete. Sein Gesicht verblüffte sie immer wieder. Die Lippen waren voll und sinnlich und die Brauen über den violett schimmernden Augen elegant geschwungen.
Draußen flogen die Bäume vorbei, ab und zu sahen sie einen Parkplatz oder eine Bushaltestelle. Ellen hoffte, dass ihnen das Plakat nicht den Abend verderben würde, denn nach Monaten voller Aufregung und Streit, fand sie, hatten sie ein bisschen Spaß verdient.
Das Freudenfeuer war ein lang geplantes Projekt von Hyper, in dem praktisch sein gesamtes Kapital steckte. Eine Filmproduktionsfirma, die in Berlin drehte, hatte ihn für ihr fünfzigstes Jubiläum gebucht, das man mit einem riesigen Feuerwerk zum Frühjahrsauftakt feiern wollte. Gleichzeitig sollte das Event auch anlässlich der Einweihung des neu erworbenen Firmengeländes stattfinden. Aber dann hatte der Besitzer des Grundstücks das Land doch nicht an die Produktionsfirma verkauft, ganz unerwartet, obwohl die Verträge schon aufgesetzt waren, und die Veranstaltung musste abgesagt werden. Für Hyper war damit viel mehr als nur ein Auftrag ins Wasser gefallen. Denn die Firma hatte ihm in Aussicht gestellt, ihn nach einem gelungenen Spektakel für internationale Filme zu buchen. Außerdem hatten sich Kollegen aus den Staaten und aus Asien angekündigt, um sein Feuerwerk zu sehen. Hyper hatte monatelang von nichts anderem gesprochen und fieberhaft an neuen Effekten gearbeitet. Und dann war die Sache geplatzt. Zurück blieb ein wütender Hyper und bald darauf auch ein Haufen Schulden, denn Hyper hatte alles auf eine Karte gesetzt und fast ein halbes Jahr lang keine anderen Aufträge angenommen, um sich auf diese eine Show vorzubereiten.
Wenn sie Ellens Laden, das Frollein-Wunder, nicht gehabt hätten und nicht die Zweigstelle in München, die ebenfalls so gut lief, dass sie überlegte, vielleicht noch eine Filiale in Köln zu eröffnen, wären sie bankrottgegangen.
Ellen verbot sich, an die Details des Desasters zu denken, nicht schon wieder, sie wollte endlich damit abschließen, aber es war schwer, zu vergessen, wie verletzt und gedemütigt Hyper gewesen war und wie er sich von ihr zurückgezogen hatte. Auch seine cholerischen Anfälle, bei denen er schreiend durch ihre Wohnung getobt war, konnte sie nicht verdrängen. Für ihn bedeutete es eine absolute Katastrophe. Er hatte Angst um seinen guten Ruf und seine Existenz, schämte sich vor seinen Kollegen und musste die entstandenen Kosten auffangen, von den Hunderten Arbeitsstunden ganz abgesehen.
Ellen strich ihm wieder über den Kopf.
»Es wird alles gut«, versprach sie ihm, »das Frollein-Wunder wirft genug für uns beide ab.«
Er knurrte und versuchte zu lächeln. »Jaja. Gottseidank haben wir deinen Fotzenshop.«
Ellen überhörte den Kommentar.
Hyper hatte das Geschäftskonzept nie wirklich begriffen, er hielt es für eine gewöhnliche Klamotten-Accessoire-Mädchendings-Boutique, aber Ellen wusste genau, was sie da tat, und der Erfolg gab ihr Recht. Sie finanzierte ihr gemeinsames Leben. Sie wusste es, und sie wusste, dass er es wusste, da konnte sie es sich leisten, großzügig zu sein.
Hyper hielt ihr seine Hand hin: »Sieht man die Narbe noch? Sieht das eklig aus?«
Ellen schüttelte den Kopf, strich darüber und küsste sie.
»Man sieht kaum was. Der Unfall ist ja auch schon fast zwei Monate her.«
Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, um zu sehen, ob sich seine Stimmung wieder verfinstern würde, denn der Unfall, der geschah, als er einen Bombenkasten verrücken wollte und sich dabei an einem herausstehenden Nagel den Handrücken aufgerissen hatte, hatte zwar nichts mit dem Freudenfeuer-Desaster zu tun, fiel aber in die Zeit der Vorbereitungen, und ihr war klar, dass Hyper diesen Moment im Nachhinein als schlechtes Omen wertete.
Sie schenkte sich und ihm noch Champagner ein.
»Bei der Depiladora heute Morgen, das war bizarr«, sagte sie, um ihn abzulenken. »Ich meine, Schamhaarfriseurin, wie kommt man zu so einem Beruf? Sie macht das in einem ganz kleinen Studio in Mitte. Die Hausherrin von dem Club hat mir den Tipp gegeben.«
Sie teilte die langen Rockschöße von Hypers schwarzem Blazer und griff ihm ohne weitere Ankündigung in den Schritt. Das Leder seiner Hose war warm und knirschte ganz leicht, und sie fühlte, wie sein Schwanz darunter hart wurde.
»Wär vielleicht sogar was für dich, wenn du diese Enthaarungscreme mal leid bist, die Frau rupft nämlich auch Männer.«
Hyper grinste und sah ihr wieder direkt ins Gesicht. Das Plakat war vergessen, oder zumindest bemühte er sich darum.
»Wie war’s denn?«, fragte er und zog sie enger an sich. Ihr Fransenkleid rutschte ein bisschen höher, und da Ellen keinen Slip trug, wurde ihr bewusst, dass seine Finger nur noch wenige Zentimeter von ihrer frisch enthaarten feuchten Spalte entfernt waren.
»Also«, Ellen zog die Vokale genüsslich in die Länge und schmiegte sich an Hyper. »Ich hab die Jeans und den Slip ausgezogen und mich hingelegt. Sie stand in einem weißen Kittel neben mir, griff mir direkt ins Schamhaar und redete was von einer ganz tollen Gefühlssteigerung beim Sex, halt so wie eine Friseurin, die ihrer Kundin einen neuen Schnitt vorschlägt. Und dann hat sie meine Muschi desinfiziert und eingepudert und mit Hilfe einer klebrigen Paste die Haare ausgerissen.«
»Autsch«, flüsterte Hyper ihr ins Ohr und ließ seine Finger noch höher gleiten. »Mach doch die Knie ein wenig auseinander, damit unser Fahrer auch mal was Schönes sieht.«
Ellen rutschte mit dem Po nach vorn und spreizte die Beine. Sofort bemerkte sie die Augen des Fahrers im Rückspiegel. Hyper lächelte zufrieden. Ihre Stimme wurde raunender.
»Na ja, als sie fertig war mit meiner Möse, oben und innen an den Schamlippen und um die Klit rum, musste ich mich umdrehen und selbst die Pobacken auseinanderziehen. Und zum Schluss hat sie alle stehen gebliebenen Härchen einzeln mit der Pinzette entfernt.«
»Und gab’s keine flutschige Fingermassage? Du stehst doch so auf Fingerficks.«
Der Taxifahrer schaltete und erwischte den falschen Gang, einen Moment lang röhrte das Getriebe, dann fand er den richtigen, und der Wagen beschleunigte.
Hypers Hand berührte jetzt ihre Mösenlippen, und Ellen zog hörbar die Luft ein.
»Sie hat noch Aloe Vera überall verteilt, und zwar echt überall, in jeder Ritze, aber das war wirklich nicht erotisch.«
»Und ist das hier für dich erotisch?« Hypers Zeigefinger strich kaum fühlbar über ihre Möse. Ellen stöhnte leise.
»Wenn du so weitermachst, bin ich klatschnass, ehe wir beim Club sind«, flüsterte sie und sah im Rückspiegel den Blick des Fahrers, der sich abwechselnd auf sie und auf die Straße richtete.
Hyper lächelte und tastete sich ein winziges Stück vorwärts.
»Deine Möse fühlt sich schon ziemlich feucht an, außen prall und weich, und in der Spalte wirst du glitschig, da muss man einfach einen Finger reinstecken.«
Sein Atem an ihrem Ohr kitzelte sie. »Komm, zeig dem netten Fahrer alles, was du hast, das ganze Fotzmäulchen.«
Ellen rutschte weiter vor, legte den Kopf in den Nacken und stellte einen Fuß gegen das Fenster. Das Glas war kalt, aber das merkte sie kaum.
Sie fuhren immer noch durch das Waldgebiet. Der Fahrer trommelte mit den Fingerkuppen auf dem Lenkrad, und als das Taxi schlingernd um eine Kurve flog, rutschte Hyper näher an Ellen heran und legte den Kopf auf ihre Schulter.
Er langte zwischen ihre Beine, spielte an ihrer Möse, spreizte ihre Fotzenlippen mit zwei Fingern, ließ den Daumen tiefer in sie gleiten, fickte sie ganz langsam. Er zog ihn wieder heraus, strich über die Klit und betastete ihren Schamhügel. Dabei küssten sie sich, tranken einen Schluck und kicherten.
»Lass mich nicht kommen«, raunte sie ihm zu, als er kleine schnelle Kreise um ihren Kitzler zog.
In dem Moment bremste der Fahrer scharf ab und steuerte den Wagen an den Straßenrand. Unter den Reifen knirschte Waldboden, dann stand das Taxi, und der Fahrer drehte sich zu ihnen um. Einen Moment lang starrte er zwischen Ellens weit geöffnete Schenkel, mitten in ihre Möse, in der noch Hypers Finger steckte.
»Wir sind da«, sagte er mit deutlichem norddeutschen Akzent und zeigte auf eine schwach glimmende Lampe über einem Tor neben der Straße. Zwischen den Baumwipfeln sahen sie einen Erker mit einem erleuchteten Buntglasfenster und einen kleinen Turm mit altertümlichen Zinnen aus Backstein.
Gemma, die sie an der schweren Holztür der Villa empfing, war eine durchtrainierte Endvierzigerin mit Piercings in Nase und Augenbraue. Sie trug eine blaue Kunsthaarperücke, die zu einer komplizierten Frisur aus geflochtenen Zöpfen hochgesteckt war, lange blaue Strümpfe mit Strapsen und einen türkisfarbenen Lackmantel, der wie ein pokurzer Trenchcoat durch einen Gürtel zusammengehalten wurde. Ihre Lippen und Augen waren silbrig geschminkt.
Ellen und Hyper sahen sich stumm an, als Gemma strahlte: »Ellen, du bist genauso hinreißend, wie du dich am Telefon angehört hast, kommt rein. Ich freu mich! Ich hab dich gegoogelt, dein Laden muss der Hammer sein. ›Alles, was Frauen großartig macht‹? Tolles Konzept. Und das ist Hyper? Immer herein mit euch. Heute haben wir besonders bezaubernde Gäste.«
Hyper schob Ellen, die noch etwas zögerte, über die Türschwelle. Gemma ging zur Garderobe vor.
»Hier könnt ihr eure Sachen einschließen. Ich mache jetzt erst mal eine kleine Hausführung. Früher war das hier ein Jagd- und Lustschlösschen, na ja, der Betrieb ist im Grunde noch derselbe.« Sie winkte einem jungen farbigen Mann in engen blauen Shorts zu und schickte ihn mit einem Kopfnicken zur Tür, denn es klingelte bereits wieder.
»Es wird voll heute«, lachte sie und führte Ellen und Hyper in die Umkleide hinter der Garderobe. »Hier sind die Duschen. Oben gibt’s auch noch mal welche, und Whirlpools natürlich. Im Erdgeschoss sind das Restaurant, die Bar und das Kaminzimmer, in dem geraucht werden darf.«
Die Musik wurde lauter. Sie betraten einen Saal, der bereits gut gefüllt war. Die Leute tanzten, lachten und beäugten gegenseitig ihre Outfits. Vom eleganten Abendkleid über Lackcatsuits bis zu Verkleidungen, die an Dirndl, Uniformen oder Theaterkostüme erinnerten, war alles dabei.
An den Wänden hingen großformatige Gemälde, die vögelnde Paare und masturbierende Frauen darstellten, Menschen, die von Tieren geleckt oder gefickt wurden, und andere, auf denen Körper wie zu einem Bondage-Spiel in Pflanzen verwickelt oder mit weit gespreizten Beinen in bizarre Maschinen eingespannt waren. Auf einem Bild, das eine Zirkusszene zeigte, lutschte sich ein verrenkter Mann selbst den Schwanz, während ihm ein Tiger den Hintern leckte. Daneben befingerten sich Zwitter, die alle drei Brüste hatten.
Gemma rieb Hyper, der vor dem Bild stehen geblieben war, freundschaftlich über den Rücken und schob ihn sanft vorwärts.
»Unser Restaurant ist wirklich gut, ihr könnt bestellen, was ihr wollt, auch die Getränke und die Zigarren und Zigaretten sind inklusive.«
Sie stieg vor ihnen eine Wendeltreppe hinauf in das obere Stockwerk. Die Musik war zwar noch zu hören, wurde hier oben aber überlagert von Gewimmer, Kichern und Stöhnen. Gemma führte sie vorbei an Bettenlandschaften, einem komplett in schwarzem Leder ausgeschlagenen Folterstudio und einem Labyrinth aus gepolsterten Podesten und Nischen, in deren Wände Gucklöcher eingelassen waren.
»Hier präsentiert man sich oder sieht anderen beim Ficken zu. Es gibt aber auch abschließbare Séparées, falls man doch lieber zu zweit bleibt. Da hätten wir die romantische Hochzeitssuite, das Minibordell, den Heuschober, die Wäschekammer oder ganz hinten den komplett verglasten Wintergarten, wo man im Sommer auch das Dach zurückschieben kann. Seid ihr mit der Etikette solcher Clubs vertraut?«
Ellen sah, wie Hyper sein überlegenes Lächeln aufsetzte, und schüttelte schnell den Kopf.
Gemma zählte an den Fingern ab. »Gucken ist immer erlaubt. Wer privat sein will, schließt sich ein. Bevor man jemanden anfasst, sucht man erst Blickkontakt. Wird man dann eingeladen, viel Spaß. Dreht sich das Paar weg oder lehnt direkt ab, zieht man sich sofort zurück. Keine Diskussionen, kein beleidigtes Herumzicken. Ihr werdet schon merken: Swinger sind die höflichsten und sozialverträglichsten Menschen auf der Welt. Manche tun vielleicht ein bisschen missionarisch, aber wer nervt nicht, wenn er glaubt, den Stein der Weisen gefunden zu haben?«
Sie strich Ellen über die Wange, sah ihr tief in die Augen und sagte: »Keine Angst, Herzchen, beim ersten Mal sind alle schüchtern.« Sie sah zu Hyper hinüber. »Du hast da einen extrem attraktiven Mann mitgebracht. Seine Augen sind ja unglaublich.«
Ellen lächelte: »Ich weiß.«
Gemma nickte beiden noch einmal freundlich zu, empfahl ihnen den Rehrücken in Burgundersauce und ließ sie allein.
Einige Minuten später, als zwei nackte Pärchen schmusend an ihnen vorbeigeschlendert waren, freundlich gegrüßt hatten und dann in einem Séparée verschwunden waren, standen Hyper und Ellen immer noch genau da, wo Gemma sie verlassen hatte.
»Jaaaa«, seufzte Ellen, trat von einem Fuß auf den anderen und versuchte, Hypers Blick einzufangen. Der legte den Arm um sie und küsste ihr die Schläfe.
»Ehrlich gesagt«, er räusperte sich, »macht mich das ziemlich platt. Am liebsten würde ich mit dir im Heu liegen, die Tür hinter uns abschließen und dich einfach ficken, bis ich wieder einen normalen Puls habe.«
Ellen fasste ihn enger um die Taille und legte ihren Kopf an seine Brust. »Nichts da. Jedes Jahr wünschst du dir von mir so einen Abend, und ich konnte mich nie überwinden, aber jetzt bin ich hier, und wir ziehen das durch, die sehen doch alle sehr nett aus.«
Wieder ging eine Gruppe fast nackter Männer und Frauen vorbei und lachte sie an. Ein Mann lud sie mit einer Handbewegung ein, mit ihnen zu kommen, doch Ellen und Hyper schüttelten die Köpfe.
»Die sehen alle sehr nett aus«, wiederholte sie, »das sind jedenfalls nicht solche Perverse, die anderen komische Mails schicken.« Sie presste die Lippen zusammen, zwischen ihren Augen bildete sich eine senkrechte Falte. Seit vier Wochen landeten immer wieder anonyme Mails in ihrem Postfach, kryptische aggressive Botschaften, ohne dass sie sich erklären konnte, was das sollte.
»Hat der Irre dir wieder geschrieben?«, fragte Hyper, und Ellen nickte: »Irgendwas vom Höllenfeuer, das den ereilt, der eine Prinzessin stiehlt, und dass der Verräter im eigenen Haus sitzt und seine gerechte Strafe bekommen wird.«
Hyper schnaubte. »Vielleicht ist das eine Art Spam oder so, und nächste Woche folgt dann das Angebot für ein Potenzmittel oder Valium für gestresste Prinzessinnen, vielleicht ist es auch eine Sekte.«
Ellen wischte durch die Luft, um das Thema zu beenden.
Langsam schob sie ihre Hand, die bisher seinen Bauch gestreichelt hatte, über den Bund seiner Hose und über die große silberne Gürtelschnalle bis hin zu seinem Schritt und massierte leicht seinen Schwanz durch das Leder. Sie fühlte, wie er hart wurde.
»Du willst es«, sagte sie, »also lass uns Spaß haben und ein paar der höflichen, sozialverträglichen, vielleicht ein bisschen nervig missionarischen Menschen kennenlernen.«
Hyper lachte und drückte sie an sich. »Du bist wunderbar«, hauchte er ihr ins Ohr.
Sie umarmten sich, und Ellen registrierte erleichtert, dass seine Augen neugierig den Raum abtasteten, als sie die Wendeltreppe hinuntergingen und das Licht wieder heller wurde - die großen Gemälde, die vielen zuckenden und tanzenden Menschen, die Paare, die gesättigt aus dem angrenzenden Restaurant kamen, und die Singles, die an der Bar lehnten und flirteten. Hyper und Ellen bestellten Champagner und entspannten sich langsam.
Direkt hinter Ellen hörten sie eine tiefe Männerstimme fragen: »Und was treibt dich her?«
Eine Frau antwortete, ohne die Lautstärke ihrer Stimme zu senken: »Meine Muschi juckt, da komm ich lieber her, als mir irgendeinen auf der Straße aufzureißen.«
Dann wieder der Bass: »Bei einer juckenden Muschi empfehle ich Dr. Schwanz zur intensiven Reibungstherapie, folgen Sie mir in mein Sprechzimmer.«
Beide schoben sich an Ellen und Hyper vorbei zur Treppe.
»Das war ja mal ausgesucht höflich und sozialverträglich«, sagte Ellen.
»Als wäre irgendeine Muschi aus einem anderen Grund hier«, bemerkte beiläufig eine junge Frau neben Ellen, während sie sich ein Glas vom Tablett eines umhergehenden Kellners nahm. »Darf ich mich zu euch stellen, bis ich weiß, wie man professionell an einer Swingerclubbar steht, ohne wie Frischfleisch auszusehen?« Sie hob ihr Glas, und Ellen und Hyper stießen mit ihr an.
Sie war klein und vielleicht Mitte zwanzig. Ihr Busen quoll aus einem dunkelroten eng geschnürten Korsett, an dem die Stangenkonstruktion einer Krinoline befestigt war, die den Blick freigab auf zwei schlanke Beine in Netzstrümpfen. Sie trippelte in ihren Schnürstiefeln hin und her, und die blonden Korkenzieherlocken wippten. Wenn sie einen Schluck Champagner trank, bewegte sich das schwarze Samtband um ihren Hals, an dem ein großer roter Stein hing.
»Ich bin Irina Vasquez«, sagte sie mit einem gutturalen Singsang, »und ich bin mir nicht sicher, ob das hier eine gute Idee war. Vielleicht hätte ich bei meinem erkälteten Freund zu Hause auf der Couch bleiben sollen.«
Ellen stellte sich vor und blickte so bewundernd auf Irinas glänzende Haare, dass die den Kopf leicht neigte. »Kannst du anfassen, wenn du möchtest. Die sind allerdings gefärbt. Ich bin in Spanien geboren, in Barcelona. Es dauert Stunden, bis die so aussehen. Wir machen das im Studio mit einer vorsintflutlichen Brennschere. Das muss man können, sonst gibt es Verletzungen.«
Ihr großer, rot geschminkter Mund verzog sich, und das kleine schwarze Muttermal auf ihrer Wange zuckte.
Ellen griff vorsichtig in die blonde Pracht.
»Echt, du bist Spanierin? Meine Oma kam aus einem Dorf bei Madrid.«
Sie spielte mit einer Strähne und zog anerkennend die Augenbraue hoch: »Fühlt sich super an.«
Sie zeigte auf das Outfit: »Bist du Maskenbildnerin oder beim Theater?«
Irina ließ einen Fächer aufspringen, klimperte mit ihren langen falschen Wimpern und schwenkte ihre Hüfte mit einem so harten Stoß zur Seite, dass ihr Busen wackelte.
»Ich tanze. Burlesque, weißt du. Eine Mischung aus Tanz, Striptease, Comedy und Artistik. Glamour und Entertainment - ich liebe es. Ich habe ein eigenes Studio, wir machen Kurse, aber ich trete auch auf. Wir haben diese Troddelaufkleber über den Brustwarzen, Tassels, weißt du? Und du kennst bestimmt die Nummer von der nackten Frau in der riesigen Sektschale.«
Ellen nickte: »Ja, wir haben so was im Laden, eine Designerin aus New York macht sie exklusiv für uns.«
Hyper unterbrach die beiden Frauen mit einem Räuspern.
»Bitte hier keine Akquise für deinen Fotzenshop. Vielleicht stellst du mich mal vor.«
Irina drehte sich sehr langsam zu Hyper um und musterte ihn von oben bis unten.
»Erstens«, sagte sie, »unterbricht man zwei Damen nicht im Gespräch.«
Sie hob den Zeigefinger: »Zweitens solltest du dir solche Bezeichnungen wirklich sparen, du siehst gar nicht aus, als ob du so ein Arsch wärst. Und drittens«, sie klang jetzt wieder versöhnlicher und weicher, »drittens sollte ein Mann Manns genug sein, sich selbst vorzustellen. Also«, sie lächelte, »ich bin Irina, und du?«
Hyper guckte zerknirscht. »Ich bin ein chauvinistischer Idiot und heiße Hyper.«
Irina senkte huldvoll den Kopf. »Merkwürdiger Name.«
Copyright © 2010 by Sophie Andresky Copyright © 2010 by Wilhelm Heyne Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH Satz: C. Schaber Datentechnik, Wels
eISBN : 978-3-641-04846-4
www.heyne-hardcore.de
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