Hotel D'Amour - Sophie Andresky - E-Book

Hotel D'Amour E-Book

Sophie Andresky

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Beschreibung

In Berlin gehen die Wilden Zwanziger nie vorbei. Immer noch versammelt sich hier aller Wahnsinn der Zeit und tanzt auf dem Vulkan: Die Jünger der Elysischen Erotik, geschäftstüchtige Dominas, Pornofilm-Produzenten, Burlesque-Stripperinnen oder Masturbationsworkshops: Sie alle versammeln sich im „Elysischen Zentrum der Lust“, das die junge Georgie mit viel Leidenschaft führt. Georgie ahnt noch nicht, dass sie in einem Haus lebt und liebt, dessen Geheimnisse in die Roaring Twenties führen mit den Nackttänzen, den Hellsehern, Flüsterkneipen und der saftig-prallen Liebe jener Zeit.

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Das Buch

In Berlin gehen die Wilden Zwanziger nie vorbei. Immer noch versammelt sich hier aller Wahnsinn der Zeit und tanzt auf dem Vulkan. Die Jünger der Elysischen Erotik, geschäftstüchtige Dominas, Pornofilm-Produzenten, Burlesque-Stripperinnen oder Masturbationsworkshops: sie alle versammeln sich im »Elysischen Zentrum der Lust«, das die junge Georgie mit viel Leidenschaft führt. Georgie ahnt noch nicht, dass sie in einem Haus lebt und liebt, dessen Geheimnisse in die Roaring Twenties führen mit den Nackttänzen, den Hellsehern, Flüsterkneipen und der saftig-prallen Liebe jener Zeit.

Die Autorin

Sophie Andresky, geboren 1973, lebt als freie Autorin in Berlin. Mit ihren ebenfalls bei Heyne Hardcore erschienenen Novellen und Kurzgeschichtenbänden sowie den Romanen Vögelfrei und Fuck Your Friends wurde sie zur erfolgreichsten Erotik-Autorin Deutschlands. Ihre Artikel erschienen in zahlreichen Magazinen, derzeit schreibt sie für den Playboy.

Besuchen Sie die Autorin im Internet unter www.andresky.com

SOPHIE ANDRESKY

HOTELD’AMOUR

Erotischer Roman

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Unter www.heyne-hardcore.de finden Sie das komplette Hardcore-Programm, den monatlichen Newsletter sowie alles rund um das Hardcore-Universum.

Weitere News unter www.heyne-hardcore.de/facebook

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2016 by Sophie Andresky

Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: DAS ILLUSTRAT, München, unter Verwendung eines Motivs von © fotoduki / Shutterstock

Satz: Schaber Datentechnik, Austria

ISBN: 978-3-641-18630-2 V002

www.heyne-hardcore.de

»Ich muss gar nix außer schlafen, trinken, atmen und ficken

und nach meinen selbstgeschriebenen Regeln ticken

Ich muss gar nix außer schlafen, trinken, atmen und ficken

und gelegentlich um vier Uhr früh ’n Burger verdrücken«

Song der Band Großstadtgeflüster, 2006

In Liebe für Marcus.

Dein ist mein ganzes Herz.

War es immer.

Wird es immer sein.

Inhalt

1  Saft

2  Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht    (1919)

3  Schwarz sehen und blau machen

4  Die Männer sind alle Verbrecher    (1920)

5  In der Tasche eines nackten Mannes

6  Komm, mein Schatz, wir trinken ein Likörchen    (1921)

7  Eins, zwei, drei, und du bist raus

8  Glühwürmchen-Idyll    (1922)

9  Elysische Erlösung

10  Da gehen die Mädchen hin    (1923)

11  Bananentanz

12  Warte, warte nur ein Weilchen    (1924)

13  Pornopolis

14  Warte, warte nur ein Weilchen II    (1925)

15  Sonne, Mond und Sterne

16  Das geht so nicht mehr weiter    (1928)

17  Vagina-Trialoge

18  Dein ist mein ganzes Herz    (1928)

19  Alles auf Anfang

Danke

GEORGIE, 2017:

1

Saft

Frau Koslowski ist schon ziemlich feucht. Ich sehe, wie ihre Möse vorfreudig glänzt. Trotzdem nehme ich noch etwas Gleitgel aus dem Spender, denn die Kursleiterin hat ja gerade noch in ihrem zwitschernden Tonfall verkündet: »Humidität ist essenziell bei einer elysischen Vagina-Massage.«

Damit meint sie wohl, je feuchter die Mumu, desto größer die Freude. Sie drückt sich reichlich geschraubt aus für so einen Masturbationsworkshop, aber recht hat sie trotzdem. Trockene Muschi-Massagen bringen nur halb so viel Spaß wie glitschige, und zwar auf beiden Seiten. Egal, ob ich eine Muschi fingere oder ob meine eigene verwöhnt wird, flutschen muss es. Elysia, von der die Kursleiterin ständig erzählt, sieht das bestimmt genauso, obwohl sie selbst in ihren eigenen Vorträgen und Workshops selten so profane Dinge wie die Menge des Gleitgels behandelt. Bei ihr geht es eher um das Wesen der Lust und die Verschmelzung. Sie ist mit mir um ein paar Ecken verwandt, Großcousine, glaub ich, Schwipp-Tante, genau weiß ich es nicht. Elysia ist ein Kracher, der Star der Erotikseminar-Szene. Die meisten der Kursleiterinnen, Dozentinnen oder Performance-Künstlerinnen, die in meinem dreistöckigen Zentrum Veranstaltungen abhalten, beziehen sich auf sie und ihre »elysische Lehre«. Im Treppenhaus und in den Fluren hängen Plakate von ihr, in der Bibliothek gibt es ein eigenes Regal für ihre Bücher und Zeitschriftenveröffentlichungen, und im Veranstaltungsprogramm steht sie in fast jeder Spalte.

Apropos: Frau Koslowskis Spalte wartet. Ich erwärme das Gleitgel noch ein bisschen zwischen den Fingern, man möchte sich ja nicht fühlen wie beim Ultraschall, es soll einfach warm und seimig sein, Mumu-Temperatur, Mumu-Textur, das ist wichtig. Offenbar wissen das nicht alle Teilnehmerinnen und haben zu schnell zwischen die Beine ihrer Übungspartnerinnen gegriffen oder das kühle Gel direkt aus der Flasche auf die wartenden Mösen gegossen, denn einige der liegenden Frauen quietschen unter ihren Kopfhörern gerade auf. Hot spot on the rocks, nicht schön, nicht elysisch. Elysia hat ein Manifest geschrieben, das sie hier im Haus vorstellen wird, und sie nennt ihre Bewegung »elysische Erotik«. Ich habe es noch nicht gelesen, aber das werde ich natürlich, wenn sie kommt und hoffentlich ein Heer an Journalisten und neuen Kunden mitbringt.

»Konzentriert euch auf eure lustspendenden Hände, geht auf Entdeckungsreise und beobachtet dabei die Reaktionen eurer Partnerin«, flötet die Kursleiterin. »Die Klitoris ist noch tabu, es geht nicht um den schnellen Orgasmus, sondern um Erhöhung des Seins durch erotische Transzendenz.«

Na gut, dann bleibt die Klit vorläufig Sperrgebiet, wobei ich persönlich nichts gegen einen schnellen Orgasmus hätte. Den ganzen Tag hab ich stöhnende nackte Menschen um mich herum, auf allen drei Etagen wird gerubbelt, gefickt, penetriert, geleckt und massiert, und ich komme höchstens mal zu Körperkontakt, wenn wie heute eine Teilnehmerin ausfällt und ich einspringen muss.

Mit den Ellenbogen schiebe ich Frau Koslowskis Knie noch etwas weiter auseinander. Als ich spüre, dass sie sich verspannt, lehne ich mich mit dem ganzen Körper leicht an ihr linkes Bein und hauche ihr einen Kuss aufs Schienbein. Sie ist das erste Mal dabei und soll sich gut fühlen.

Die Kursleiterin nickt mir wohlwollend zu. Ich überlege, wie diese Frau es immer schafft, sich anzuziehen wie eine wandelnde Möse. Sie trägt zu jeder ihrer Veranstaltungen wallende Gewänder mit Unmengen rötlichen und bräunlichen Schals, die an ihr herabhängen und von Weitem wie große Schamlippen aussehen. Auch ihre krausen Locken ähneln einer Intimfrisur. Na gut, ich sollte mich nicht über die Haare einer anderen Frau lustig machen, denn auf meinem eigenen Kopf strubbelt ein Wust aus rotblonden Klingellöckchen, es sind unglaublich viele Haare für eine relativ kleine Frau wie mich. Ich wurde schon mehrfach als Wunschtroll bezeichnet, weil ich drahtig und sommersprossig durchs Haus flitze und erotische Bedürfnisse und Projekte verwirkliche. Insgesamt bin ich nicht sehr damenhaft, obwohl ich mir alle Mühe gebe, das mit kunstvollen Dutts, eleganten schwarzen Kleidern und himmelhohen Absätzen auszugleichen. Aber da ist nichts zu machen, ich werde nie Marlene Dietrich sein, sondern bleibe Tinkerbell, so ist es eben. Matze und Mona, die hier als meine rechte und linke Hand arbeiten und ohne die ich aufgeschmissen wäre, beruflich wie privat, finden das sexy. Und ich finde sie sexy, die mondäne, strenge Mona und den attraktiven, braun gebrannten Matze mit seinem Großer-Junge-Charme.

Die Leiterin wogt weiter und kontrolliert bei der Teilnehmerin neben mir die Kopfhörer. Die nackten Frauen sind auf weiche, hüfthohe Liegen mit Fußstützen gebettet, so dass wir anderen zwischen ihren Beinen stehen können. Diese Liegen habe ich vor ein paar Jahren angeschafft und bin immer wieder begeistert, wie vielfältig man sie einsetzen kann. Ob beim Vagina-Wäscheklammer-Tortur-Workshop der S/M-Fraktion, bei Geburtsritualen der Esoterikgruppe (Erschaffe dich neu als sexuell erleuchtetes Wesen) oder bei den Rollenspielen von Ärzte ohne sexuelle Grenzen, diese Liegen haben sich großartig bewährt. Sie sind komplett abwaschbar und trotzdem sehr bequem, ich habe schon einige Mittagspausen darauf verbracht.

Als ich sehe, dass der Bezug von Frau Koslowskis Liege an einer Ecke etwas aufgeplatzt ist, mache ich mir im Kopf eine Notiz, die Garantieklausel im Kaufvertrag zu prüfen. Der nackte Körper vor mir atmet tief, und die Hände entspannen sich. Ich könnte jetzt anfangen, und einige andere Teilnehmerinnen haben sich auch schon bis zur Möse ihrer Partnerin vorgetastet, aber ich weiß von mir, dass die erste Berührung umso spannender wird, wenn man mich darauf warten lässt. Die Ungewissheit, wie es sich anfühlen wird, was der andere tut, steigert die Erregung. Frau Koslowski beginnt ganz leicht zu lächeln, ich freue mich für sie, dass sie gleich etwas Schönes erwartet. Ihr Gesicht ist halb unter der Schlafbrille verborgen, die außer mir alle Teilnehmerinnen tragen, die nackten und die massierenden. Damit die Nackten durch nichts von ihrer Lust abgelenkt werden, haben sie zusätzlich große Kopfhörer auf den Ohren, in denen leise Musik spielt, die Flintholm-Playlist eines befreundeten Musikers, die wir hier rauf und runter laufen lassen, wenn eine ruhige und entspannte Atmosphäre gewünscht wird. Nur ich trage weder Kopfhörer noch Brille, ich muss wissen, was um mich herum vorgeht.

Außer den Klavierklängen hören die Frauen nur, was die Kursleiterin in ihr Mikro haucht, manchmal ein »Lasst die Gedanken kommen und gehen« oder auch »Spürt eurer Atmung nach«. Erfreulicherweise sagt sie in diesem Teil des Workshops nicht viel. Belabert werden ist auf dem Weg zum Orgasmus wirklich das Letzte, was man braucht. Wobei sie immer wieder betont, dass es nicht um den Orgasmus geht, sondern um die Verschmelzung von Leib und Seele und die Transzendierung des Sexuellen ins Bewusstsein. Mein Lieblingsspruch von ihr lautet: »Seid permeabel!« Was immer das auch heißen soll, ich wette, keine Kursteilnehmerin hat es je begriffen. Ich jedenfalls möchte weder verschmelzen noch transzendieren noch permdingens, ich möchte kommen und fertig. Möglichst bombastisch, feuerwerkig, klippensprungartig kommen, und genau dafür werde ich nun bei Frau Koslowski sorgen.

Ich berühre ihre Möse vorsichtig mit den Fingerspitzen. Wäre das hier privat, würde ich erst mal gegen ihre Schamlippen hauchen, bevor ich sie anfasse, aber dies ist nicht der Leck-dich-frei-Kurs. Also streiche ich so leicht ich kann über die Spitzen des koslowskischen Schamhaars. Ihr Bauch zuckt. Ich verteile das Gleitgel und fahre abwechselnd mit den weichen Fingerkuppen und den Nägeln durch ihren Busch. Hätte ich direkt mitten in ihre Muschi gefasst, wären die Empfindungen zu stark gewesen, aber da ich sie kaum berühre, wird sie den Unterschied merken. Ihr Bewusstsein wird zwischen ihre Beine schießen und dort glühen. Meine Güte, ich werde schon genauso esoterisch wie die wandelnde Alpha-Möse, die im Kreis herumgeht und »ja ja ja« in ihr Mikro wispert. Mein Zeigefinger streicht zwischen den Schamlippen entlang, ohne die Klitoris zu berühren. Ich nehme die anderen Finger dazu, öffne und schließe die Hand, sodass ich abwechselnd die ganze Möse von Frau Koslowski bedecke und mich manchmal auf einen Punkt oberhalb ihres Möseneingangs konzentriere. Über ihren Bauch läuft ein Zucken, und der Mund öffnet sich etwas weiter, es gefällt ihr. Ich will gerade den Daumen tiefer gleiten lassen, noch nicht in ihr Lustloch hinein, sondern nur bis zum Eingang, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippt.

Um Frau Koslowski nicht aus dem Konzept zu bringen und sie nicht merken zu lassen, dass ich abgelenkt werde, lege ich die ganze Hand über ihren Schamhügel und drücke leicht. Bloß nicht den Kontakt unterbrechen. Hinter mir steht Matze mit meinem Laptop und dem Telefon. Die Kursleiterin sieht ihn böse an, unternimmt aber nichts. Die liegenden Teilnehmerinnen bekommen wegen der Kopfhörer und Schlafbrillen ja eh nicht mit, was im Raum passiert, und die Masturbatorinnen sind beschäftigt. Für viele ist es das erste Mal, dass sie in einer Gruppe oder überhaupt eine andere Vagina massieren.

»Gunnar, mal wieder.«

Matze flüstert, obwohl er das nicht müsste.

»Der versucht dich schon den ganzen Vormittag zu erreichen. Er ist stinkig.«

Soweit nichts Neues. Gunnar ist immer stinkig. Der ist stinkig auf die Welt gekommen. Ich würde ihm gern einen Kursus Stock im Arsch? Das muss nicht sein spendieren. Kurz denke ich über meine wirklich verkorkste Familie nach: auf der einen Seite Elysia, die die Bewegung der entgrenzten Erotik begründet hat, und dann auf der anderen Seite die uralte, erzkonservative Konstanze und ihr Sohn Gunnar, die hochgeknöpfte Spaßbremse. Wahrscheinlich hält der sich gern mal ein Starkstromkabel an den Sack – wobei: Auch dafür gab’s letztes Jahr hier einen Workshop. Strom der Qual, Strom der Lust oder so ähnlich. Jedenfalls reden die beiden Familienzweige nicht miteinander. Na ja, fast. Mit mir redet Gunnar eben leider doch. Meistens schreit er mich durchs Telefon an und stellt Forderungen. Manchmal geht es um dieses Haus, manchmal um irgendwelche Erbstücke aus den wilden Zwanzigern, die ich angeblich unterschlagen und vor ihm und seiner »Frau Mutter« versteckt haben soll – ich habe noch nicht wirklich verstanden, was sein Problem ist. Wenn ich kann, ignoriere ich ihn. Aber in letzter Zeit wird das schwieriger.

Ich lasse meine Hand auf Frau Koslowskis Möse langsam pulsieren. Es ist nicht fair, wenn ihre Erregungskurve runtergeht, nur weil ich an Gunnar denke.

»Ich hab ihn mehrfach vertröstet, abgewürgt oder auf AB sprechen lassen, aber er ruft immer wieder an.«

Matze klingt genervt, und damit hat er auch recht. Es ist meine Familie und mein Geschäft. Darum muss ich mich schon selbst kümmern.

»Was will er diesmal?«

»Einen Begehungstermin mit einem Bausachverständigen.«

Ich sehe Matze irritiert an.

»Das ist mein Haus. Was hat er hier zu begehen?«

Matze zuckt die Schultern.

»Das hat er mir wahrscheinlich erklärt, aber es ging im Gebrüll unter. Ich hab den Hörer in den Papierkorb gelegt, bis er fertig war mit Schreien. Dann hab ich ihm gesagt, ich geh dich suchen. Und hier stehe ich, ich kann nicht anders.«

Er hält mir das Telefon hin.

»Lass ihn herkommen, hör dir an, was er will. Und wenn er unverschämt wird, schubs ihn die Treppe runter.«

Matze grinst. Ich zeige mit großen Augen auf die schon schwerer atmende Frau Koslowski.

»So langsam dürft ihr jetzt eindringen in die Heiligkeit der Mösengöttin«, jubiliert die Kursleiterin. Matze verzieht das Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen.

»Warte kurz. Nach der ersten Penetration kommt die Elektroabteilung, dann können wir tauschen.« Ich kenne das Kursprogramm. Die großen kegelförmigen Klitorisvibratoren sind längst eingesteckt und baumeln an den Kabeln neben den Fußstützen.

»Fahr schon mal meinen Terminkalender hoch.«

Matze klappt den Laptop auf.

Vorsichtig und sehr langsam schiebe ich meinen Zeigefinger in die vor mir liegende pralle, nasse Möse. Erst nur ein Stückchen. Ich kreisle und bewege ihn zu allen Seiten, um den Möseneingang zu erforschen. Dann tauche ich tiefer hinein, so tief ich kann, bis meine Hand gegen ihre Schamlippen drängt. Ich verstärke den Druck, lockere die Hand wieder, ziehe den Finger ein wenig heraus und schiebe ihn erneut hinein, leichter diesmal und zunehmend schneller.

»Du fickst sehr gefühlvoll«, sagt Matze, der meine Bewegungen beobachtet, und ich sehe, dass er einen Ständer hat. Ich lächle ihm zu.

»Das fühlt sich schön an, wenn ich so ganz leicht gefickt werde und immer offener und nasser werde«, erkläre ich ihm.

Er lächelt.

»Ich merk’s mir fürs nächste Mal.«

»Jetzt wollen wir eine kurze Pause machen, vielleicht eine halbe Minute, nicht mehr, dem Plateau der Lust nachspüren und dann mit einem anderen Stimulationsreiz fortfahren«, säuselt die Obermöse.

Ich nicke Matze zu, der mir den Laptop und das Telefon gibt und sich zwischen die weit geöffneten nackten Schenkel stellt.

»Langsamste Stufe, erst außen rum, dann nach hinten zum Poloch. Klitoris vermeiden, ich weiß nicht, ob sie eine direkte Vibration auf der Klit mag«, weise ich ihn noch an, und Matze rollt mit den Augen. Jaja, ich bin ein Kontrollfreak, und er hat so was nicht das erste Mal in der Hand, ich weiß.

Noch bevor ich das Telefon ans Ohr halte, höre ich Gunnar schon aus dem Apparat schnaufen.

»Georgie Feuchtwang, elysisches Zentrum der Lust, was darf ich für Sie tun?«, zwitschere ich überfreundlich und geschäftsmäßig in den Hörer. Er weiß, dass ich weiß, dass er dran ist, und ich weiß, dass er es weiß, aber ich kann es mir nicht verkneifen, ihn ein bisschen zu ärgern. Er könnte ja auch einfach mal nett und normal mit mir sprechen, behandelt mich aber immer schon wie die Pest auf Füßen, also hat er es nicht anders verdient.

Gunnar schnauft und tobt dann los. Ich höre die Speicheltröpfchen sprühen und überlege, wie Gunnar in einer Fernseh-Kuppelshow untertitelt würde. Der geharnischte Gunnar? Grobian Gunnar? Der grantelnde grumpy Gunnar?

»Frollein, jetzt lasse ich mich nicht länger abweisen«, krakeelt er gerade, und ich nutze sein seltenes Luftholen, um zuckersüß zu sagen: »Niemand weist dich ab, Onkel Gunnar, du darfst gern jederzeit kommen und dir die Workshops ansehen oder was immer dich auch interessiert. Soll ich dir ein Kursprogramm schicken?«

Fast muss ich lachen, als ich mir Gunnar in der Zungenkuss-Disco vorstelle, die regelmäßig am Donnerstagabend stattfindet. Ich beiße mir auf die Lippen.

Währenddessen hat Matze mit der koslowskischen Mösenverwöhnung per Elektrovibrator begonnen, und ich muss sagen, er macht das gut. Immer schön im Kreis herum mit wechselndem Druck. Die Teilnehmerinnen sollen ja möglichst lange nicht kommen, sondern ihre Lust erleben, und er vermeidet gewissenhaft die Klitoris. Er weiß von mir, dass ich abgehe wie Schmidts Katze, sobald mich so ein Rappelator an der richtigen Stelle trifft.

Ich nicke ihm aufmunternd zu und mache wohlwollende Geräusche in den Hörer, ein bisschen klinge ich wie jemand, der einen knurrenden Hund besänftigen will, als die Tür aufgeht.

Mona kommt herein, meine Hausdame, Vertraute, beste Freundin. Sie hält meinen Laden zusammen, und oft genug hält sie auch mich zusammen. Ich selbst versuche immer alles über Sex zu lösen, Konflikte, Traurigkeit, Stress – Sex ist mein Allheilmittel. Und wenn das nicht wirkt, hat Mona meistens gute Ideen und kriegt mich wieder in die Spur. Wahrscheinlich wäre ich schon längst Nymphomanin ohne sie.

»Ich brauche kein verdammtes Kursprogramm, Frollein, aber du brauchst einen Anwalt!« Gunnars Stimme kippt.

»Moment«, sage ich.

Monas schönes Gesicht ist angespannt, und ich finde mal wieder, dass sie aussieht wie eine Primaballerina kurz vor dem entscheidenden Pas de deux. Sehr konzentriert, sehr elegant, voller Energie und Spannung. Mona legt die Handinnenflächen vor der Brust zusammen und macht eine entschuldigende Geste in Richtung Mösendompteuse, die uns noch missbilligender anschaut, und damit hat sie ja auch recht. So langsam wächst sich das hier zu einem Firmenmeeting aus. Konferenz zwischen nackten Schenkeln, das geht wirklich nicht. Aber Mona würde uns niemals stören, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Ich nicke ihr zu, und sie gibt mir in ihrer präzisen, klaren Art einen Überblick über das Problem. Sie zeigt nach unten, auf das zweite Stockwerk unter uns.

»Die Pleasure Treasures haben zusätzlich zu den Mehrfachsteckdosen, die wir gestern installiert haben, noch weitere angebracht, und sie haben nicht bloß zehn Sexmöbel zur Demo dabei, sondern zwanzig. Ich hab mir die Wattzahlen angesehen, die jagen uns den Stromkasten in die Luft, wenn sie die alle anschließen, die Sicherungen fliegen bei der Spitze garantiert raus.«

Ich halte den Hörer weiter weg.

»Wann geht die Möbel-Demo los?«

Sie zieht ihre Marlene-Dietrich-Augenbrauen hoch.

»Na jetzt. Letzte Zigarette, und dann wird gemöbelt.«

Als wollte sie etwas zur Lösung beitragen, seufzt Frau Koslowski tief und wohlig, und ich gebe Matze ein Zeichen, den Vibrator wieder auf die Anfangsstufe zu stellen und sich auf die Innenseiten der Oberschenkel zu konzentrieren. Wenn wir hier zu früh das Feuerwerk zünden, kriegt die Kursleiterin einen Anfall.

Ich belle ins Telefon »Komm halt vorbei, wenn du musst« und drücke Geifergunnar weg ins Nirwana.

»Kannst du die Pleasure Treasures bitten, erst in zehn Minuten anzufangen – und nach dem Mittagsimbiss die zwanzig Maschinen gleich wieder abzuschalten? Dann kann ich mir in der Pause den Möbelmeister schnappen und ihm klarmachen, dass wir kein privates Kraftwerk im Keller haben und dass das hier ein sehr altes Haus mit sehr alten Leitungen ist. Das wäre doch auch für ihn blöd, wenn mitten in seiner Demo alle Sicherungen rausfliegen.«

Gerade als Mona mit einer ihrer tänzerischen Drehungen auf dem Absatz kehrtmacht, wird es plötzlich totenstill im Raum. Kein Vibrator rappelt mehr. Nur das leise Atmen und Keuchen der Nackten ist zu hören. Zu spät, da haben wir ihn, den Spitzenverbrauch. Die ersten Teilnehmerinnen nesteln an ihren Schlafbrillen, ich werfe der Leiterin einen flehentlichen Blick zu und schicke Matze und Mona mit wedelnden Bewegungen aus dem Raum. Keinesfalls darf sie jemand sehen.

Glücklicherweise ist die große Walle-Möse eine erfahrene Leiterin und rettet die Situation: »Erneutes Plateau, spürt eurer Lust nach und dem Kribbeln, das die Vibratoren in euch hinterlassen. Lasst jetzt die Erregung fast ganz abflauen. Die Aktiven streichen über die Beine und die Bäuche, fassen aber nicht die Vaginen an. Erst wenn die Atmung ruhig ist, beginnt wieder mit einer leichten Stimulation. Fühlt den Unterschied und die Veränderung der Intimität, wenn euch ein Mensch und keine Maschine berührt.«

Ich erwische Mona noch schnell am Ärmel und deute auf Frau Koslowski. Pantomimisch stelle ich das Bearbeiten eines Sicherungskastens dar, wobei ich meine Absicht selbst nicht erkennen würde, wahrscheinlich sehe ich eher aus wie Dr. Frankenstein, der gerade das Monster belebt hat und sich jetzt ein Softeis macht. Aber Mona versteht wie immer, was ich meine, nimmt sich Gleitgel aus dem Spender und wärmt es in ihrer Hand an. Ich werfe ihr einen Luftkuss zu und stürme mit Matze zum Treppenhaus.

Der Raum, in dem der Masturbationsworkshop stattfindet, liegt auf der dritten Etage, die Kursleiterin fragt immer nach diesem Zimmer, weil es nach hinten zum Hof rausgeht und es ruhig und nachmittags sonnig ist. Oben drüber ist nur noch das Dachgeschoss, in dem mein Zimmer und mein privates Bad liegen. Auf jedem Stockwerk gibt es drei bis sechs Zimmer, jeweils mit Umkleiden und Duschräumen. Ursprünglich waren das mal Wohnungen, aber das Haus ist irgendwann umgebaut worden, viele Zwischenwände wurden entfernt. Im Erdgeschoss liegt mein Büro, eher eine Concierge-Loge. Manchmal komme ich mir vor wie ein Wachhund, an dem alle vorbeimüssen. Niemand kann hinein, ohne dass Mona, Matze oder ich innen den Summer drücken. Leider ist das nötig, es steht zwar nirgendwo am Haus ein Schild Elysisches Zentrum der Lust, aber so was spricht sich rum, und an manchen Tagen geben sich die Spinner die Klinke in die Hand. Ich weiß nicht, was für eine Freakshow die hier erwarten. Manche kommen auch her, weil spezielle Berlin-Stadtführer schreiben, dass auf der zweiten Etage im Krieg ein berühmtes Bordell war, aber selbst Elysia, von der ich das Haus habe, weiß nicht genau, ob das stimmt. Jedenfalls schützen wir die Privatsphäre unserer Kunden und unsere eigene natürlich auch.

Außer meinem gläsernen Büro befinden sich im Erdgeschoss noch die große Küche und die Wirtschaftsräume. Und im Souterrain gibt es hinter der Kellerbar ein kleines fensterloses Zimmer, in dem der Sicherungskasten untergebracht ist. Den eigentlichen Barraum kann ich zurzeit nicht vermieten. Nur die Sockel einer alten Theke stehen noch, und alte Regale hängen an der bemalten Wand dahinter. Sonst ist er leer.

Matze und ich laufen die große Treppe hinunter, und ich drücke uns die Daumen, dass uns niemand aufhält, denn Frau Koslowski und die anderen Teilnehmerinnen können nicht ewig massiert werden. Irgendwann werden sie ihre Orgasmen haben, und bis dahin muss ich wieder an meinem Platz zwischen ihren Schenkeln sein. Matze reicht mir fürsorglich ein Feuchttuch, das er sich im Seminarraum gegriffen hat. Ich wische meine klebrigen Finger ab und haste neben ihm her die Stufen hinab. Das breite Treppenhaus mit dem Kokosläufer ist eigentlich eher zum eleganten Schreiten gemacht. Auf den Absätzen erzählen Marmorplatten und Spiegel, die an den Ecken schon blind werden, von einer feudalen Vergangenheit. Unglaublich, dass die Stuckarbeiten den Krieg und die Nachkriegszeit mit ihren Modernisierungseiferern fast unbeschadet überstanden haben, immerhin sind wir hier mitten in Charlottenburg, und die Häuser rundherum haben ordentlich was abgekriegt. Dieses ist wie durch ein Wunder stehen geblieben. Sogar die Messingklinken sind original, und auf zwei Etagen gibt es noch steinerne Figuren. In der Eingangshalle steht eine nackte Nymphe in einer Nische und hält einen Krug auf der Schulter, ein Glücksfall für uns, denn fast alle Gruppen, die bei uns tagen, unterrichtet werden oder einfach vögeln, lassen sich mit ihr fotografieren. Und natürlich ist sie als unser Logo auf dem Briefkopf zu sehen. Elysischer geht es wohl nicht. Ich liebe diesen alten Kasten, die hohen Decken, die massiven Holztüren, die Verzierungen. Er ist ein richtiger Schatz, leider bröckelt er überall. Und die Leitungen dürften noch die alten sein, so oft, wie die Sicherung rausfliegt, nämlich bei jeder »kurzen Spitze«, erklärte mir mal ein Elektriker. Ich würde gern alles von Grund auf sanieren lassen, aber so toll ich mein elysisches Zentrum auch finde, die Gewinne sind eher nicht paradiesisch.

Im ersten Stock öffnet sich die Tür des großen Saals, und zwei Frauen in Schulmädchenuniformen sehen uns entrüstet entgegen. Stimmt, der Mangapornodreh, der ist jetzt auch unterbrochen. Ich war heute Morgen bei ihnen, als die verkleideten Anbläserinnen bei der Arbeit waren, und versuche mich zu erinnern, wie viele Scheinwerfer und Kameras ich gesehen habe. Aber ich war so abgelenkt durch die Reihe junger, elfenartiger Mädchen und Jungs, die vor den nackten Trollen knieten und für einsatzfähige Erektionen sorgten, dass ich nicht auf die Elektrik und die Wattzahlen geachtet habe. Matze beschwichtigt sie im Vorbeilaufen.

»Alles gut, Ladys, wir flitzen nur gerade in den Keller, aber nach dem Mittagsimbiss gibt’s gleich wieder Saft. Sagt da drinnen Bescheid, ja?«

Hinter ihnen röhrt eine Männerstimme wie ein Elch, da gab es wohl schon Saft, und das ganz ohne funktionierende Kamera.

Die Tür zum Keller liegt direkt hinter der Nische mit der Nymphe. Wir springen die engen Stufen hinab und halten uns am Geländer fest, es ist stockdunkel. Unten tasten wir uns durch den Korridor vor, erreichen den ehemaligen Schankraum, gehen an der rudimentären Theke vorbei und finden die kleine Tür zur Kammer mit dem Stromkasten. Ein riesiges, altertümliches Ding. Glücklicherweise haben wir solche Einsätze schon mal geprobt, außerdem hängt eine große Taschenlampe an der Wand. Matze schaltet sie ein, und ich besehe mir die Sicherungen. Jedes Mal hoffe ich, dass ich keinen Stromschlag bekomme, das Ding ist vorsintflutlich. Da sind die dicken Porzellanknöpfe, die durch den Rost in ihren Blechfassungen knirschen. In einer Pappschachtel liegen die frischen Sicherungen, die ich einsetze wie Patronen, aber es hilft nichts, ich werde jetzt rigoros sein: Es ist nicht genug Kapazität für alle da, und deshalb muss ich, wie mir mal ein Elektriker erklärt hat, »Verbraucher rausnehmen«, damit nicht sofort wieder alles durchknallt.

Ich drehe zunächst die komplette erste Etage raus, sechs Porzellanknöpfe machen hässliche Quietschgeräusche. Der Mangaporno geht erst nach dem Mittag weiter, denn die Sexelfen oben saugen nicht nur Trollschwänze, sondern mit ihren Scheinwerfern und Heizlüftern auch Tausende Watt. Unsere dritte Etage bleibt natürlich drin, Frau Koslowski soll in Ruhe zum Ende kommen, und auch die zweite, die Pleasure Treasures, dürften jetzt genug Energie für Pleasure haben, das müsste knapp reichen. Matze und ich drehen wie verrückt Porzellanknöpfe raus, wechseln Sicherungen und schrauben die richtige Konstellation wieder rein.

Die zwanzig Sexmaschinen werden jetzt wieder surren oder was immer sie auch tun, die Katastrophe ist abgewendet, ich schnaufe. Matze lehnt mich gegen die kalte Kellermauer.

»Das ist schon nicht unsexy, wie du es da oben einer nackten Frau besorgst und dabei die Geschäfte führst.«

Ich schmiege mich an ihn, lege die Arme um seinen Hals und knabbere an seinem Ohr. Er schmeckt irgendwie immer nach Kuchen, ich weiß nicht, wie er das macht, ist aber ein ausgesprochen leckerer Mann, ich könnte ständig an ihm herumknuspern.

»Ich bin ein Multitasking-Genie, ein Talent muss man ja haben.«

Er schiebt seine Hand unter meine Bluse und streichelt meine Brust.

»Du hast einige. Du kommst zum Beispiel superfix. Im Bett bist du die schnellste Maus von Mexiko.«

Ich sauge mich an seinem Hals fest, und als ich zu seiner Hose taste, stelle ich fest, dass sich da eine stattliche Beule abzeichnet.

»Arriba, Arriba«, flüstere ich und knöpfe seine Jeans auf.

Er schiebt seine Hand unter meinen Rock und spielt mit meinem Slip.

»Ganz schön feucht. Das ist sehr unprofessionell für eine Masturbations-Aushilfe.«

Seine Finger rutschen an meinem Slip vorbei in meine Möse. Ich würde gern die Beine weiter spreizen und mich mit einem Fuß an der gegenüberliegenden Wand abstützen, aber der Rock ist zu eng. Es müsste ein Business-Outfit für Frauen in meinem Gewerbe geben, irgendwas zwischen Bankerkostüm und Seidenkimono. Schick & Fick könnte der Name meiner Modelinie sein. Matze küsst mich, und die Gedanken, die ständig in meinem Kopf kreisen, geben einen Moment Ruhe, und ich denke nichts außer, wie gut er schmeckt und dass ich ihn ewig küssen möchte. Und dass ich wünschte, seine Finger würden endlich in mich eindringen, mich leicht ficken, während er den Handballen auf meine Klit presst. Das ist eine Handbewegung, die nur er beherrscht. Und als er dann genau das tut, ziehe ich scharf die Luft ein und versinke in dem Gefühl zwischen meinen Beinen. Kurz bevor das Ziehen und Glühen immer heißer wird, unterbricht uns ein Rufen von der Kellertreppe.

»Frau Feuchtwang? Wir ziehen um in die dritte Etage.« Die Pornoregisseurin, eine sehr toughe und erstaunlicherweise irgendwie zugeknöpfte Frau, die mich immer noch siezt, obwohl es schon der dritte oder vierte Film ist, den sie hier bei mir dreht.

Eine Sekunde halte ich noch fest an den Wellen, die sich in meiner Möse ausbreiten, dann gebe ich den Widerstand auf.

»Das geht nicht!«, brülle ich zurück, so laut und plötzlich, dass Matze, die Finger in mir, zusammenzuckt.

»Die zweite ist aber belegt, Frau Feuchtwang.«

Ich weiß genau, an welchen Raum sie denkt, den mit der riesigen Fensterfront gegenüber dem Masturbationsworkshop, zur Stephanusstraße hin. Aber da tagt gerade eine Marketing-Fortbildung für Dominas. Steuermodelle, Unfallversicherung, Social-Media-Auftritte, Kostenbalancing, was man als selbstständige Peitscherin halt so wissen muss. Die dürfen sie mir keinesfalls stören, die Dominas sind Superkundinnen, haben nie Sonderwünsche außer einem Beamer und vor allem: Sie tagen regelmäßig hier, alle zwei Monate. Ich ordne meine Kleidung und sehe Matze bedauernd an.

»Das holen wir nach!«

Mit einem schnellen Kuss eile ich durch die Kellerbar, laufe aber noch mal zurück und bitte Matze, den Mangapornoleuten Proteinshakes auf Kosten des Hauses vorbeizubringen und sich zu entschuldigen.

»Und bitte sag ihnen, dass du um Punkt zwei Uhr, wenn die Möbeldemo durch ist, ihre Sicherungen der ersten Etage wieder reindrehst, keine Minute vorher. Und drück bei den Pleasure Treasures auf die Tube: Um zwei ist Schicht.« Mit einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass schon über zehn Minuten rum sind, seit ich Frau Koslowski der schönen Mona überlassen habe.

Ich atme tief durch und renne die Stufen bis zur dritten Etage hoch. Es ist ein wunderschönes Haus, aber ein Fahrstuhl wäre auch eine Superidee, leider haben wir so was nicht.

Frau Koslowski und die anderen Frauen atmen schon sehr heftig. Die Obermöse sieht mich tadelnd an, assistiert Mona und mir aber beim Wechsel, sie will ja auch nicht, dass jemand mitkriegt, was hier abgeht, während die Teilnehmerinnen mit Kopfhörern und Schlafbrillen abgeschottet sind.

»Letzte Unterbrechung«, haucht sie in ihr Mikro. »Alle ziehen sich zurück, und die Liegenden genießen die Spannung. Mit dem nächsten Eindringen dürft ihr dann explodieren.«

Mona zieht behutsam die Finger aus Frau Koslowskis Möse und nimmt sich ein Feuchttuch. Wir wechseln die Plätze.

Selbst jetzt fällt mir wieder auf, dass sie eigentlich immer wie ein Gemälde aussieht: die feine, gepuderte, blasse Haut, die schwarz umrandeten Augen und ein merkwürdiges inneres Leuchten, das ich mir noch nie erklären konnte. Sie nickt in Richtung der schwer atmenden Frau Koslowski. Ich küsse Mona kurz und bedanke mich für ihren Einsatz.

Sie knickst. »Sehr gern, gnä’ Frau.«

»Kannst du bitte schon anfangen, den großen Saal für Elysias Präsentation vorzubereiten? Und sei so gut und recherchier mir doch mal, wie Gunnar eigentlich genau mit uns zusammenhängt. Wenn er kommt, wär das vielleicht nützlich. Grundbucheintrag und so weiter. Ich weiß nur, dass der Zweig vom Prenzlauer Berg mit meinem Teil der Familie nicht redet.«

Mona nickt und schreitet aus dem Raum, ein Gang, als würde sie tanzen.

Ich stelle mich neben den nackten Schenkel und schiebe sachte meine Hand über den koslowskischen Mösenhügel, das Gelenk nach oben, und lasse sie dort eine Weile ruhen. Fast kann ich spüren, wie sich jedes Mösenhärchen aufrichtet, und an den Fingerspitzen meine ich einen feuchten Dunst zu spüren, als würde ihre Möse atmen. Mösen sind eine Supersache, geheimnisvoll, freundlich, kräftig. Ich verändere den Druck meiner Finger und lasse zwei langsam in ihren Eingang rutschen, so weit, bis mein Daumen auf ihrem Kitzler liegt. Dann ziehe ich meine Hand zusammen und öffne sie wieder. Mona nennt das meine »Blütenwichserei«, erstaunlich, wie vulgär diese kultivierte, elegante Frau sein kann, wenn sie fiepend vor Lust unter mir liegt und mich anbettelt, sie kommen zu lassen.

Aber erst mal ist Frau Koslowski dran mit Kommen, sie hat lang genug gewartet. Immer schneller bewegt sich meine Hand. Mittel-, Ring- und kleiner Finger stoßen eng aneinandergepresst in sie hinein, immer erst gerade und ganz am Ende mit einer leichten Drehung, damit der vordere Teil der Möse auch die maximale Lust abkriegt. Und dabei rutscht mein Daumen jedes Mal über ihren Kitzler, ohne großen Druck, eher ein Fiedeln als ein Reiben. Ich stoße und fiedle Frau Kosloswki, die sich jetzt so anspannt, dass sich ihr Becken anhebt. Fliegen Sie vor Lust! Lassen Sie alles hinter sich! Obwohl ich weiß die Göttin schon wie viele Mösen gefingert, geleckt und mit Spielzeug bearbeitet habe, bin ich immer wieder erstaunt und stolz, dass ich das kann: andere Frauen zum Orgasmus bringen. Ich werde noch schneller, mein Ellenbogen schmerzt ein bisschen, aber das gehört dazu. Und dann zieht sich die koslowskische Möse zusammen, die Welle in ihr brandet auf, sie wird noch einmal nasser in einer Flut der Lust, ihre Möse zuckt, als wollte sie meine Finger hineinsaugen. Ich stoße weiter, gegen den engeren Widerstand, nehme aber Druck vom Kitzler, bis mein Daumen ihn fast nicht mehr berührt, denn ich weiß, wie empfindlich meiner in diesem Moment ist. Sie stöhnt laut, schreit, ihr Bauch, ihre Brustwarzen werden hart, sie stößt mit den Füßen in die Luft. Ein Stoß noch, ich halte sie, versuche ihr diesen Orgasmus so lange wie möglich zu schenken, dann bricht die Spannung ein, sie sackt auf der Liege zusammen, ich warte, meine Finger in ihrer Möse pulsieren nur noch ein wenig. Und als sie schlaff daliegt, ziehe ich langsam meine Hand aus ihr heraus, lege sie, nass, auf ihre Oberschenkel. Mit der anderen streichle ich noch ein bisschen ihren Bauch, mit sanften, ruhigen Bewegungen.

Es ist ein richtig inniger Moment und der erste ruhige seit dem frühen Morgen. Es gibt kaum etwas Schöneres als beglückte, befriedigte Frauen, denke ich. Diese zufriedene Trägheit, als wäre die ganze Welt in Ordnung. Ich schließe kurz die Augen und überlasse mich der wohligen Schlaffheit von Frau Koslowski. Aber diese kleine Oase dauert nicht lang, denn unten klingelt jemand Sturm, immer und immer wieder, bis ich Frau Koslowski loslasse und sie ein letztes Mal mit den Fingerspitzen tätschle.

»Ich muss nachsehen, wer es da so dringend hat«, flüstere ich der Kursleiterin zu.

Dabei weiß ich genau, wer es ist, denn so penetrant klingelt nur einer: der geifernde, geharnischte, grantelnde Grobian Gunnar.

IMKE, 1919:

2

»Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht«

»Ich bring dich um!«

Anita zuckte nur die Schultern. Mit schweren Lidern sah sie Imke an und stürzte das halbe Glas Kartoffelschnaps in einem Schluck hinunter. Wie eine große Schlange glitt sie vom Barhocker und hob langsam ihr nachtblaues Kleid hoch, bis es die Waden, die Knie und schließlich den Hüfthalter mit den Strapsen freigab. Einen Schlüpfer trug sie nicht. Trug sie nie.

»Mädel, det machste nich. Du willst nich det Grab für die scheensten Beene von Berlin schaufeln.«

Ihre Stimme klang rauchig und schleppend, es war nicht ihr erstes Glas an diesem Abend, und der Fusel, den Imke hinter der Theke ihrer Flüsterkneipe aus Kartoffelschalen selbst braute, war übel, ein Gesöff zum Erblinden. Aber etwas anderes gab es halt nicht, es war schon schwierig genug, auf das Essen der Schalen zu verzichten, 360 Gramm Kartoffeln am Tag waren sowieso viel zu wenig. Sie konnte den Schnaps nur ansetzen, weil viele Gäste die Reste ihrer mageren Rationen mitbrachten. Manchmal schenkten Anitas Verehrer ihr nach ihren Auftritten guten Cognac oder Obstler aus Vorkriegsbeständen, dann kam sie spätnachts in die Bar, rief etwas wie »Lokalrunde, ihr versoffenen Weiber«, und die Damen jubelten und stießen mit ihr an.

»Dann bring ich eben mich um!«

Anita lachte und richtete einen unsichtbaren Dolch gegen ihre Brust, sie taumelte, riss theatralisch die Arme hoch, stieß zu, drehte noch eine Pirouette und sank mit verzerrtem Gesicht gegen die Theke.

Imke begann zu weinen, Anita schlang ihre langen Arme um sie und schmiegte sich an sie. Ihr Körper war so schlank und sehnig, voller Kraft und glühend vor Energie. Imke fühlte, wie sie innerlich weich wurde.

»Puppchen, du bist meen Augenstern …« Anitas Stimme klang fast rostig, wenn sie versuchte zu singen. Imke musste lachen. Kein Wunder, dass Anita Tänzerin geworden war und nicht Revuegirl. Das Theater würde nicht derartig toben, und die Männer würden nicht vor ihrer Garderobe Schlange stehen, wenn sie so auf der Bühne krächzen würde.

»Puppchen, hab dir zum Fressen jern.«

Mit kleinen hektischen Küssen bedeckte Anita Imkes Gesicht, und Imke wusste, dass ihre Haut jetzt überall von den Abdrücken des spitz zulaufenden Amorbogens bedeckt war, dem Geishamund, den sich Anita jeden Morgen karmesinrot oder schwarz ins Gesicht malte.

»Puppchen, meen süßet Puppchen …«

»Nein!«

Imke drückte sie von sich und flüchtete hinter die Theke, fing an, Gläser zu kramen und Regale zu wischen. Während Anita durch den Kellerraum ging, einen kurzen Moment in der Mitte verharrte und dann ihre neuesten Tanzschritte probte und Drehungen improvisierte, beobachtete Imke sie im Spiegel. Das hatte sie immer gewollt: Anita hier im »Hotel d’Amour«, ihrem kleinen Charlottenburger Frauenparadies. Und es war nicht einfach gewesen, sie in ihre unterirdische, heimliche Welt zu locken.

Vor zwei Jahren, am 6. März, während der Krieg noch an West- und Ostfront tobte, hatte sie Anita das erste Mal tanzen gesehen, ganz zufällig. Eine Freundin hatte sie versetzt, und Imke war in eine Vorstellung der Hochschule für Musik gegangen, weil ihr nichts Besseres einfiel und das Plakat hübsch aussah. Die ersten Nummern fand sie eher langweilig: Herumgehopse in knappen Kleidchen.

Aber dann kam Anita. Sie war größer als die meisten Mädchen, auch dünner, und hatte eine Spannung im Körper wie ein Pfeil kurz vor dem Abschuss. Sie nahm die Bühne sofort für sich ein, die anderen Balletteusen, die um sie herumsprangen, wurden unsichtbar neben ihr. Ihr stolzes und bei aller Schönheit grausames Gesicht war eine unbewegte Maske. Man fühlte förmlich, wie sie es genoss, sich zu zeigen, welche Lust sie dabei empfand, ihren Körper zu dehnen und zu strecken, seine Kraft zu spüren und immer neue Verrenkungen auszuprobieren. Sie trug eine Art römische Toga, die mit Spangen an ihren mageren Schultern befestigt war, und als sich während einer Drehung eine davon löste und ihre Brust entblößte, kümmerte es sie überhaupt nicht. Anita tanzte weiter, während die anderen Mädchen und die Ballettmeisterin in den Kulissen aufgeregte Zeichen machten. Die Männer, die um Imke herumsaßen und die bisher nicht wirklich aufmerksam gewesen waren, stießen sich sofort an und feixten, während Anita dort oben mit ihrer entblößten Brust im Scheinwerferlicht sprang und turnte, bis die Musik zu Ende war. Keine Sekunde vor dem letzten Ton verließ sie die Bühne.

Imke saß atemlos auf ihrem Stuhl und wusste, dass sie sie kennenlernen musste. So was wie Anita hatte sie noch nie gesehen.

Vor der Umkleide warteten die Mütter auf die Mädchen. Imke beachtete sie nicht, sondern klopfte an und ging einfach hinein. Anita stand splitterfasernackt vor einem Spiegel und mattierte sich den Oberkörper und den Hals mit einem fast weißen Puder. Imke hatte versucht, ihr Komplimente zu machen, aber Anita nahm sie nur huldvoll entgegen, ohne weiter darauf einzugehen. Erst als sie in ein enges schwarzes Kleid mit weißem Kragen schlüpfte und der Reißverschluss riss, kam Imkes Moment. Sie griff sich Nähzeug, das vor dem Spiegel lag, und nähte Anita mit wenigen Stichen in das Kleid. Während sie den Faden verknotete, kniete sie zu Anitas Füßen.

»Bis zu Hause müsste es halten.«

Anitas schlanke weiße Hand strich ihr über den Kopf.

»Schätzchen, meen Zuhause is die Bühne, und da würd ick am liebsten jar nüscht um die Knochen haben.«

Imke dachte an die kleine Brust, die nun alle der fast hundert Besucher des Tanzabends gesehen hatten.

»Das hab ich bemerkt. Es wäre unglaublich, wenn Sie die Brustwarzen rot schminken würden.«

Sie biss sich auf die Zunge, sie wusste auch nicht, wieso sie das gesagt hatte, aber Anita gefiel die Idee offensichtlich. Also wagte sich Imke weiter vor.

»Ich habe ein kleines, verschwiegenes Kellerlokal nur für Frauen, das Hotel d’Amour. Und wenn Sie es ganz diskret wollen oder uns eine Razzia überrascht, haben wir sogar einen Notausgang beim Stromkasten, dann kommt man auf der Hinterseite des Blocks raus.«

»Ick bevorzuge Vordereinjänge, und ick trete nich in verschwiejenen Kaschemmen uff.«

Ihr Gesicht war wieder so hochmütig und verschlossen, dass Imke sich nicht zu protestieren traute. Sie legte ihre Eintrittskarte mit ihrer hingekritzelten Adresse auf die Schminkkommode und verließ die Garderobe.

Vielleicht hätte sie es bei dieser Begegnung belassen sollen, aber als sie das nächste Mal in der Zeitung eine Notiz las, dass Anita auftreten würde, konnte sie einfach nicht anders. Vielleicht lag es am ständigen Hunger, der auch dadurch nicht besser wurde, dass nun jedem ein Kilo Gemüsekonserven pro Woche zugeteilt wurden, oder an der Kälte. Der Frühling ließ auf sich warten, und manchmal gab es weder Holz noch Kohle. Dann saßen die Damen eingewickelt in Mänteln im Hotel d’Amour, tranken den fürchterlichen Schnaps, den Imke mit viel Wasser streckte, und wünschten sich woandershin. Die Gedanken an Anita waren eine angenehme Abwechslung vom täglichen Elend.

Beim ersten Mal, als sich Imke wieder zu einem Auftritt traute, wurde sie enttäuscht, denn statt Anita, die offenbar erkrankt war, erschien eine Leni Riefenstahl, ein Mädchen, von dem Imke noch nie gehört hatte und das sich auch nicht mit Anita messen konnte. Sie war nur hübsch und gefällig, wo Anita rücksichtslos und atemberaubend war, und Imke glaubte nicht, dass aus ihr eine große Tänzerin werden würde, höchstens ein Revuemädchen. Aber dann im Apollo-Theater und bei Rudolf Nelson stand Anita wieder auf der Bühne, und vielleicht war es wirklich Zufall, aber bei jedem ihrer Auftritte löste sich ein Teil ihres Kostüms, mal entblößte sich plötzlich ein Bein bis zum Oberschenkel, mal rutschte ein Oberteil über die knochigen Schultern, dann ging ein Raunen durch die Reihen, und die Männer hielten sich Operngläser vor die Augen und lachten. Kein Applaus war größer als der nach Anitas Tänzen, und sie hielt noch nach dem Verklingen der Musik wie eingefroren ihre Pose und ließ sich feiern. Imke wartete schon in der Garderobe auf sie, schnürte sie wortlos aus ihren Kostümen und knöpfte ihre Alltagskleidung zu. Manchmal erzählte sie etwas aus ihrem Lokal. Sie hatte gerade oft zwei Schwestern zu Gast, die ganz erstaunlich gut den neuen Schlager »Du sollst der Kaiser meiner Seele sein« oder »Du mein Berlin« singen konnten und dazu Akkordeon spielten. Einmal begleitete Imke Anita nach ihrem Auftritt noch auf den Ku’Damm. Nicht dass sie eingeladen worden wäre, sie kam einfach mit und sah, wie sich vor Anita ein Spalier aus Männern und Huren bildete, die sie verehrten wie eine Königin. Eine Gruppe Offiziere auf Fronturlaub stand an der Bar und johlte, als sie eintrat, und sie rief herrisch: »Seid ruhig! Ich schlafe ja doch mit jedem von euch!«

Ein anderes Mal nähte Imke in der Garderobe eines Kabaretts gerade eine Spitzenborte an ein durchsichtiges Hemdchen, als Anita mit einem älteren Mann hereinkam, der energisch versuchte, sie zu küssen und ihre Brust zu berühren. Anita ließ es unbewegt wie eine Statue geschehen, bis er frustriert fragte, was los sei, sie habe doch einen älteren Mann gewollt. Anita zuckte mit den Schultern, nahm ihm seine Zigarre aus der Hand, zog daran, und noch während sie sie im Mundwinkel hielt, sagte sie: »Nun ja, meen Jott, aber ’ne junge Frau wär mir lieber.« Dabei sah sie Imke an. Die wusste, dass es nun endlich vorwärtsgehen würde.

Und so war es auch.

Anita sollte für Modeaufnahmen fotografiert werden und schlug als originellen Hintergrund Imkes Kneipe vor. Auch wenn man später auf den Aufnahmen wenig von den Räumen sah, riss Imke die Fotos aus der Zeitschrift und hängte sie in der kleinen Kammer neben dem Tresen direkt am Sicherungskasten auf.

Nachdem sie in Pelzen, Abendkleidern und Tanzkostümen porträtiert worden war, erschien Anita abends das erste Mal privat im Hotel d’Amour und brachte Imke einen dicken Kanten Brot und, ein Wunder, Schokolade mit. Sie trällerte »Erklingen zum Tanze die Geigen«, und Imke hörte diese rostige, scheppernde Singstimme und war unendlich erleichtert, dass es wenigstens eine Sache gab, in der Anita nicht alle anderen überstrahlte.

Und als die letzte Kundin im Morgengrauen gegangen war, schwankend vom Fusel, fand sich Imke unterm Dach in ihrer kleinen Wohnung mit Anita wieder, die sich ohne weitere Umstände auszog und auf Imkes quietschendes Bett warf.

Imke schlüpfte, schnell und von Anita abgewendet, aus ihrer Kleidung und glitt unter die Bettdecke, die sie sich bis zum Kinn hochzog. Aber Anita riss die Decke mit einer großen Geste vom Bett und ließ sie einfach auf den Boden rauschen.

»Schüchtern jeht nich, Mädel«, lachte sie und legte sich mit ihrem schlanken, drahtigen Körper auf Imkes weichen. Anitas kleines Gesicht versank fast zwischen Imkes Brüsten und ließ dort Spuren ihrer Schminke zurück. Anita kam über sie wie eine Naturgewalt, Imke hatte an Sex gedacht, seit sie Anita das erste Mal tanzen gesehen hatte, aber nie hätte sie geglaubt, dass es so sein würde. Sie umfing Imke mit ihren langen Armen und Beinen, presste ihren Körper an sie, als wollte sie dort einen Abdruck hinterlassen, und wälzte sich mit Imke über die Matratze. Anita war überall, ihre schlängelnde, zuckende Zunge in Imkes Mund, ihre Finger in Imkes Möse und After, und Imke hörte sich selbst keuchen und wusste kaum, was passierte, weil ihr schwindlig war von der Flut der Empfindungen. Anitas Beine verschränkten sich mit ihren, und ihre kleine haarlose Pflaume drückte gegen Imkes Schamlippen. Fast kam es Imke vor, als würde sich Anitas Möse an ihrer festsaugen, sie waren beide so nass, dass es leise schmatzte. Anita lag auf ihr und hielt sie fest in den Armen, Imke konnte kaum atmen. Dann bäumte sie sich auf, als ein Blitz durch ihre Möse direkt in den Bauch fuhr, und schrie fast. Anita lachte heiser.

»Jetzt biste richtig, so jeht det.«

Anitas Möse war so fest auf ihre gepresst, dass sich ihre Kitzler berührten, und als Anita anfing, auf Imke zu schaukeln und zu ruckeln, sie regelrecht zu reiten, bis Imke unter ihr auf dem Laken hin und her geschüttelt wurde, als hätte das Bett Seegang, da rutschten ihre Kitzler rhythmisch übereinander, geschmiert von ihrer Feuchtigkeit, die immer heißer zu werden schien und an Imkes Oberschenkeln hinablief. Sie kam mit einem gellenden Schrei, den sie noch nie von sich gehört hatte. Und Anita stieß weiter, rieb ihre Möse an Imkes, dann erstarrte sie plötzlich, verdrehte die Augen, und die langen künstlichen Wimpern flatterten, während sich ihr biegsamer, muskulöser Körper anspannte wie bei einem besonders hohen Sprung. Sie glitt neben Imke, die schweißüberströmt und zitternd dalag und das Gefühl hatte, sie würde den Abdruck von Anitas Rippen, ihren Knien und dem Becken noch den ganzen nächsten Tag spüren. Anita biss leicht in Imkes Brust, zündete sich eine Zigarette an, zog daran und reichte sie Imke weiter.

»Bett is wie Ballett«, sagte sie, »passt oder passt nich.«

Und Imke wusste selbst nicht genau, wieso, aber sie war in dem Moment unglaublich stolz, dass es mit ihr offenbar passte.

Seitdem richtete sie es so ein, dass sie zunächst Anita bei ihren Auftritten begleitete und dann erst das Hotel d’Amour öffnete. Ihre Gäste protestierten zwar, aber Anita besänftigte die Damen mit kurzen Tanzeinlagen und, wenn sie konnte, auch mit Cognac. Imke hatte gedacht, es würde immer so weitergehen. Zwei Jahre waren seit ihrer ersten Begegnung vergangen, und insgeheim hatte sie gehofft, Anita werde bei ihr einziehen, obwohl sie wusste, dass die Mansarde, in der es zog und feucht roch, nicht standesgemäß war für einen angehenden Star wie Anita. Aber sie waren doch glücklich miteinander.

Und dann hatte Anita ihr heute Abend einfach so ins Gesicht gesagt, sie werde den Herrn Eberhard von Nathusius heiraten. Imke konnte es nicht fassen. Von einem Nathusius hatte sie noch nie gehört, und Anita als Braut – das war einfach lächerlich. Aber die schenkte sich ein Wasserglas bis zum Rand voll mit Imkes Schnaps ein und stürzte es hinunter.

»Reg dir nich uff, Kindchen, er is ne jute Partie, wahrscheinlich ooch schwul, so jenau weeß ick det nich, aber er hat die Büx voll Kohle. Man muss sehn, wie man klarkommt.«

Imke war so zornig, dass sie ein Glas gegen die Wand warf.

»Ich bring ihn um! Durfte er dich überhaupt fragen? Wir gehören zusammen, wir!«

Mit einem tiefen Seufzen schlang Anita die Arme um Imke und trippelte mit den Fingerkuppen über ihren Rücken. »Det is nur ’n Wisch. Zwischen uns ändert sich nüscht.«

Sie küsste Imke mit ihrem kleinen harten Mund.

»Nur Penunzen, Mädel. Jar nüscht wird sich ändern, meene Hübsche, nüscht, nüscht, nüscht.«

GEORGIE, 2017:

3

Schwarz sehen und blau machen

Als ich die Treppe zur Eingangshalle hinuntergehe, hat Matze offensichtlich schon die Tür geöffnet und Gunnar hereingelassen. Von Matze selbst ist nichts zu sehen. Ich hoffe, dass er den Pleasure Treasures gerade erklärt, warum wir nicht unbegrenzt Strom haben. Ich seufze. Es wäre schön gewesen, ich hätte ihn bei diesem Gespräch an meiner Seite gehabt, aber er kann nicht überall sein. Also muss ich den alten Mann allein besänftigen. Ich lehne mich über das Geländer und sehe durch die Treppenspirale ins Foyer. Da unten wartet er, direkt neben der Nymphe, tritt von einem Fuß auf den anderen, bis hier oben kann ich fühlen, wie geladen er ist. Am liebsten würde ich ihn einfach stehen lassen, aber dann hört der Terror nie auf, ich muss das jetzt klären.

Ich versuche, sein Gesicht zu sehen, und als er ein paar Schritte geht und das Licht auf ihn fällt, wundere ich mich. Er muss Mitte sechzig sein, sieht aber viel älter aus. Sein Haar ist schlohweiß, und sein Gesicht ist verhärmt wie bei jemandem, der Hungerjahre hinter sich hat. Um seinen Mund liegt ein bitterer Zug. Sein kleiner magerer Körper ist angespannt, als würde er jederzeit einen Angriff erwarten. Immer wieder sieht er sich um, dreht sich, versucht, den ganzen Raum im Blick zu behalten. Als in der Küche ein Topf oder irgendetwas scheppernd herunterfällt, zuckt er sogar zusammen. Ich versuche, diesen ängstlichen Greis mit dem tobenden Mann vom Telefon in Einklang zu bringen, schaffe es aber nicht. Oder ist das gar nicht Gunnar? Ich habe ihn erst ein Mal gesehen, da muss ich fünfzehn oder sechzehn und auf Besuch bei Elysia gewesen sein. Es war ein Familienfest, ich erinnere mich nicht mehr, worum es ging, aber ich weiß noch gut, dass Gunnar mit seiner alten Mutter Konstanze abseits saß und mit den anderen kein Wort sprach, auch nicht mit mir, obwohl ich beiden ein Stück Kuchen reichte, weil ich das merkwürdig fand.