Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Das Unwetter kündigte sich nicht an. Ganz plötzlich zogen die schwarzgrauen Wolken am Himmel über dem Wachnertal auf. Johannes Brandner stieg die Bergstraße hinauf. Er hatte das Auto absichtlich drunten im Dorf stehen lassen, jetzt bereute er es fast. Schließlich konnte so ein Wetter ganz schön heftig werden, wie er aus Erfahrung wusste. Doch freilich hätte niemand ahnen können, dass es so plötzlich aufziehen würde. Eben hatte noch die Sonne am strahlend blauen Himmel gestanden, nun wurde es immer dunkler, und die Temperatur nahm auch rapide ab. Der junge Mann hastete weiter. Es hatte seinen Grund, warum er nicht mit dem Wagen zum Hof fuhr. Johannes wollte die Landschaft betrachten, die er so lange nicht gesehen hatte, wollte die Luft schmecken, die im Sommer nach wilden Kräutern und Blumen duftete, und er wollte jeden einzelnen seiner Schritte in der Heimat genießen. Ein Blitz zuckte vom Himmel, kurz darauf krachte der Donner. Johannes schätzte, dass das Gewitter nicht mehr als fünf Kilometer entfernt war, und sputete sich. Bis zum Hof waren es kaum mehr als zehn Minuten, und wenn er Glück hatte, kam er vor dem Regen dort an. Er sah schon die Schindeln des Scheunendaches, gleich darauf den Schornstein des Hauses, als die ersten Tropfen fielen. Johannes wollte laufen, doch dann stockte sein Schritt. War es überhaupt richtig, was er da tat? Zehn Jahre war es her, dass er die Heimat verlassen hatte, zehn Jahre, in denen es keinen Kontakt gegeben hatte – mit dem Vater. Würde er jetzt überhaupt willkommen sein? Der Regen wurde stärker. Dicke Tropfen klatschten ihm ins Gesicht, durchnässten ihn in Sekunden.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 120
Veröffentlichungsjahr: 2020
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Das Unwetter kündigte sich nicht an. Ganz plötzlich zogen die schwarzgrauen Wolken am Himmel über dem Wachnertal auf.
Johannes Brandner stieg die Bergstraße hinauf. Er hatte das Auto absichtlich drunten im Dorf stehen lassen, jetzt bereute er es fast. Schließlich konnte so ein Wetter ganz schön heftig werden, wie er aus Erfahrung wusste. Doch freilich hätte niemand ahnen können, dass es so plötzlich aufziehen würde. Eben hatte noch die Sonne am strahlend blauen Himmel gestanden, nun wurde es immer dunkler, und die Temperatur nahm auch rapide ab.
Der junge Mann hastete weiter. Es hatte seinen Grund, warum er nicht mit dem Wagen zum Hof fuhr. Johannes wollte die Landschaft betrachten, die er so lange nicht gesehen hatte, wollte die Luft schmecken, die im Sommer nach wilden Kräutern und Blumen duftete, und er wollte jeden einzelnen seiner Schritte in der Heimat genießen.
Ein Blitz zuckte vom Himmel, kurz darauf krachte der Donner. Johannes schätzte, dass das Gewitter nicht mehr als fünf Kilometer entfernt war, und sputete sich. Bis zum Hof waren es kaum mehr als zehn Minuten, und wenn er Glück hatte, kam er vor dem Regen dort an.
Er sah schon die Schindeln des Scheunendaches, gleich darauf den Schornstein des Hauses, als die ersten Tropfen fielen. Johannes wollte laufen, doch dann stockte sein Schritt.
War es überhaupt richtig, was er da tat?
Zehn Jahre war es her, dass er die Heimat verlassen hatte, zehn Jahre, in denen es keinen Kontakt gegeben hatte – mit dem Vater.
Würde er jetzt überhaupt willkommen sein?
Der Regen wurde stärker. Dicke Tropfen klatschten ihm ins Gesicht, durchnässten ihn in Sekunden. Es war so warm gewesen, dass Johannes nicht einmal eine Jacke mitgenommen hatte. Er rannte weiter, erreichte den Hof und suchte unter dem Vordach der Scheune Schutz.
Etwas regte sich neben ihm. Der Heimkehrer wandte den Kopf und sah den Hund, der unter dem alten Leiterwagen lag. Das war damals schon sein Lieblingsplatz gewesen. Nun sah er den Mann an und jaulte leise.
Johannes bückte sich und strich ihm über das grau gewordene Fell.
»Ja, bist du’s wirklich?«, sagte er und lächelte dabei. »Jockel, dass du noch lebst!«
Der Hund leckte ihm über die Hand. Alt war er geworden, zehn Menschenjahre, sagt man, sind achtzig Hundejahre. Na ja, er selbst war ja auch nicht jünger geworden, die Zeit hatte auch an ihm ihre Spuren hinterlassen.
Und am Hof erst!
Johannes stand wieder auf und schaute sich um. Der strömende Regen behinderte zwar die Sicht, aber er sah dennoch genug. Mit dem Brandnerhof stand es wahrlich nicht zum Besten. Damals, als er fortgegangen war, sahen Haus und Scheune sauber und gepflegt aus, die Maschinen waren intakt gewesen, und im Wachnertal hatte der Hof einen Ruf als solide dastehender landwirtschaftlicher Betrieb.
Doch das konnte man heute nur noch erahnen!
Der Weidezaun war marode, teilweise sogar zusammengebrochen, der alte Schuppen hatte große Löcher in Dach und Wänden, Scheune und Haus waren seit einer Ewigkeit nicht mehr gestrichen worden.
Blumen in den Kästen am umlaufenden Balkon im Obergeschoss gab es allerdings schon seit dem Tod der Mutter nicht mehr …
Johannes schob das Scheunentor auf und schaute hinein. Der Traktor, den er sah, war schon alt gewesen, als er hier noch lebte. Seine ersten Fahrversuche hatte er auf ihm gemacht. Der Mähdrescher, der Kartoffelroder und die große Egge standen in der Scheune und rosteten vor sich hin.
Traurig schob er das Tor wieder zu und lief zum Haus. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals hinauf, als Johannes an die Türklinke fasste und sie herunterdrückte.
Die Diele empfing ihn mit muffigem Geruch, eine dicke Staubschicht lag über allem. Fast konnte man den Eindruck haben, kein Mensch bewohne mehr das Haus.
Wo war Resl, die Magd?
Nach dem Tode der Brandnerbäuerin hatte sie sich um das Haus gekümmert und um den Bub, der sich so allein gelassen fühlte. Behutsam hatte die Magd ihm erklärt, dass die Mama nun beim lieben Gott sei, von wo aus sie auf ihren Sohn aufpasse.
Es war nur ein leiser Trost gewesen, und Johannes flüchtete sich in Tagträume und Erinnerungen.
Wie im Zeitraffer lief dies alles vor ihm ab, während er in der Diele stand und nicht glauben konnte, was er hier sah.
»Hallo? Ist jemand daheim?«
Es kam ihm vor, als klinge seine Stimme wie in einer Grabkammer. Und genauso düster war die Atmosphäre im Haus. Rechts hinter der Küchentür klirrte etwas, dann waren schlurfende Schritte zu hören.
»Wer ist denn da?«
Die Stimme seines Vaters!
Johannes’ anfängliche Befürchtung, es könne nur deshalb so schlimm hier aussehen, weil sein Vater nicht mehr lebte, erwies sich Gott sei Dank als falsch. Er räusperte sich und blickte gespannt auf die Tür, die sich langsam öffnete.
Anton Brandner war keine sechzig Jahre alt, wirkte aber wie siebzig. Das Haar hing in grauen Strähnen, der Bart war struppig, und die Sachen, die er trug, schienen wochenlang nicht gewaschen worden zu sein. Im ersten Moment sah er dem Brandhuber-Loisl, dem berüchtigten Wunderheiler von St. Johann, zum Verwechseln ähnlich.
Johannes überwand rasch den Schock und räusperte sich.
»Grüß dich, Vater«, sagte er mit belegter Stimme.
*
Einen Moment lang schauten sie sich stumm an. Dann reckte der Bauer das Kinn.
»Verschwind!«
Mehr sagte er nicht.
Johannes schüttelte den Kopf. Leicht hatte er es sich nicht vorgestellt, wieder nach Hause kommen, so empfangen zu werden, allerdings auch nicht.
»Vater, ich bitt’ dich«, sagte er im beschwörenden Ton, »lass uns doch wie vernünftige Leute miteinander umgehen!«
Anton Brandner lachte auf.
»Vernünftig? Das bin ich mein Lebtag gewesen! Wenn einer das net für sich in Anspruch nehmen kann, dann bist du das. Und jetzt verschwind wieder dahin, wo du dich die letzten zehn Jahr’ herumgetrieben hast!«
Mit diesen Worten schlug der Bauer ihm die Küchentür vor der Nase zu.
Johannes stand wortlos da, unfähig zu reagieren. Minuten verstrichen, in denen er auf ein Geräusch in der Küche wartete, doch nichts war zu hören. Im ganzen Haus herrschte Totenstille. Endlich drehte er sich um und trat hinaus in den Regen.
Das Unwetter war noch heftiger geworden, es schien, als stünde es direkt über dem Brandnerhof. Ungeachtet dessen ging der Bursche los. Die Blitze zuckten, und der Donner rollte, doch das war Johannes gleichgültig.
Sollte ihn ein Blitz treffen – so starb er wenigstens hier, in der Heimat.
Doch so gnädig war das Schicksal nicht. Auch wenn es rings um ihn krachte und donnerte, der Bauernsohn wurde nicht getroffen, nur nass bis auf die Knochen!
Nach einer knappen Dreiviertelstunde kam Johannes im Tal an. Der Regen hatte aufgehört, das Gewitter war weitergezogen und seine Sachen fast schon wieder trocken. Die Erde ringsum dampfte unter den Strahlen der heißen Sonne, die wieder am strahlend blauen Himmel stand.
Das Auto war an der Straße unterhalb der Kirche geparkt. Vorhin hatte er schnell zum Hof gewollt, den Lebenden galt da sein erster Gedanke. Nun waren es die Toten, denen er gedenken musste.
Johannes stieg den Kiesweg hinauf. Links stand die Kirche.
Lächelnd erinnerte er sich daran, was Hochwürden ihm mal gesagt hatte: »Die Kirche, das Dorf und du – ihr tragt denselben Namen. St. Johann ist nach dem Heiligen benannt, der unsren Herrn Jesus getauft hat, und ihm ist auch die Kirche geweiht. Du trägst seinen Namen, und wenn du einmal Hilfe brauchst und net weißt wohin, hier ist immer jemand für dich da!«
Doch das Angebot hatte er nicht in Anspruch genommen, damals, als er einen Menschen gebraucht hatte. Resl Steiner, die Magd vom Brandnerhof, war nicht in der Lage gewesen, ihn gegen den tyrannischen Vater zu unterstützen. Und Pfarrer Trenker hatte er nicht um Hilfe gebeten. Fortgelaufen war er stattdessen, ohne auch nur einem Menschen ein Wort zu sagen.
Das erste Jahr hatte er unter falschem Namen gelebt. In ständiger Furcht, der Vater könne ihn von der Polizei suchen lassen. Immerhin war er da als Siebzehnjähriger noch nicht volljährig und durfte nicht über sein Leben entscheiden.
Später hatte Johannes überlegt, dass seine damalige Furcht wohl eher unbegründet gewesen war. Vermutlich hatte der Vater niemals daran gedacht, ihn aufgreifen und zurück nach Hause bringen zu lassen.
Er ließ die Kirche linker Hand liegen und öffnete die eiserne Pforte zum Friedhof.
Einen Moment lang schämte er sich, als er vor dem Grab der Mutter stand, ganz ohne Blumenstrauß. Doch er versprach, dass dies nicht sein letzter Besuch sei und er immer Blumen mitbringen würde.
Zu seiner Scham trug auch die Tatsache bei, dass die letzte Ruhestätte der Brandnerbäuerin ungepflegt war. Die Blumen darauf waren längst verwelkt, die Buchsbaumumrandung wucherte, und die Inschrift auf dem Kreuz war kaum noch zu entziffern. Es war fast ein Glück, dass das Grab in einer hinteren Ecke des Friedhofes lag, und sicher nicht viele Menschen hierherkamen. Er nahm einen Rechen, der neben einem Baum stand, und begann, ein wenig Ordnung zu schaffen. Zwar war es noch längst nicht so, wie es sich gehörte, aber der Sohn nahm sich vor, gleich zur Gärtnerei zu fahren, frische Pflanzen und Blumen zu kaufen und das Grab so herzurichten, dass man sich als Angehöriger nicht schämen musste.
Schwer atmend wandte Johannes sich zum Gehen. Plötzlich blieb er abrupt stehen. Als er den Friedhof betreten hatte, war außer ihm niemand hier gewesen. Jetzt sah er eine Frauengestalt, nur wenige Grabreihen entfernt, die ihm bekannt vorkam.
Im selben Moment richtete sie sich auf und sah zu ihm herüber. Ein Zucken durchlief den Körper, und über das schöne Gesicht huschte ein Lächeln des Erkennens.
»Burgl?«, fragte er tonlos, als er vor ihr stand.
»Grüß dich, Johannes«, antwortete sie und bemühte sich, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.
Er leckte sich über die trockenen Lippen und fuhr sich verlegen durch das Haar.
»Grüß dich«, antwortete der Bauernsohn. »Wie geht’s dir? Lang’ net geseh’n. Gut schaust’ aus …«
Dumme Phrasen, die seine Verlegenheit nur noch unterstrichen.
»Dank’ schön«, nickte sie. »Du auch.«
Unwillkürlich suchten seine Blicke nach einem Ring an einem ihrer Finger … Nein, verlobt oder gar verheiratet schien sie nicht zu sein, er atmete erleichtert auf.
Gleichzeitig wunderte er sich über seine Reaktion. Freilich, sie waren ein Paar gewesen, damals vor zehn Jahren. Jeder war des anderen erste große Liebe, und sie hatten sich ewige Treue geschworen. Aber seitdem war viel Zeit vergangen. Zeit, die Burgl Sellner noch hübscher hatte werden lassen. Eine wunderschöne Frau war aus ihr geworden. Er betrachtete das lange dunkle Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel. Resl trug ein Dirndl, das ihre schlanke Figur betonte, das Gesicht war fein geschnitten, das Kindliche daraus verschwunden. Sie war eine Frau, von der ein Mann nur träumen konnte.
Und das hatte Johannes Brandner in den vergangenen zehn Jahren sehr oft getan!
»Seit wann bist’ denn wieder da?«, erkundigte sich die Tochter des Sellnerbauern bei ihm.
»Heut’«, antwortete er, mit belegter Stimme, »heut’ angekommen.«
Resl nickte.
»Warst’ schon auf dem Hof?«, wollte sie wissen. »Beim Vater?«
»Ja«, entgegnete er. »Aber ich hätt’s besser net getan.«
Mit wenigen Worten erzählte er von dem Besuch auf dem väterlichen Hof.
»Das tut mir leid«, sagte Burgl mitfühlend.
Sie schaute auf die Uhr.
»Himmel, ich muss heim!«, rief sie erschrocken aus. »Besuch uns doch mal. Die Eltern werden sich freuen, dich zu sehen.«
Johannes Brandner lächelte.
»Mach’ ich«, sagte er und nickte ihr zu.
Immer noch lächelnd sah er ihr hinterher.
*
Nachdem Burgl gegangen war, stand Johannes noch minutenlang da und schaute den Weg hinunter, als könne er sie immer noch sehen. Endlich riss er sich los. Er sah noch einmal zum Grab seiner Mutter hinüber und notierte in Gedanken, was er alles besorgen musste, um ihre letzte Ruhestätte wieder herzurichten.
Zwar war die Gärtnerei im Dorf, aber es waren so viele Sachen, die benötigt wurden, dass Johannes doch mit dem Auto hinfuhr. Eine halbe Stunde später war er wieder zurück. Er holte sich eine Schubkarre aus dem Schuppen der Friedhofsgärtnerei und brachte Blumen, Pflanzen und Grabschmuck hinauf. Dann machte er sich an die Arbeit.
Es gab reichlich zu tun. Vermutlich hatte sich seit Jahren niemand mehr um das Grab gekümmert. Johannes verstand nicht, warum nicht wenigstens die Magd es gepflegt hatte, wenn sein Vater es schon nicht tat.
Wenn er sich recht erinnerte, hatte der den Friedhof nach dem Tag der Beisetzung nicht mehr betreten. Resl Steiner, die damals öfter mit Johannes hergefahren war, um Blumen und Pflanzen zu pflegen, hatte dem Bub erklärt, dass sein Vater wohl nicht verwinden konnte, die Frau so früh verloren zu haben, und deshalb es nicht über sich brachte, ihr Grab zu besuchen.
Und ich? Wer fragt mich, wie ich es verkrafte, so früh schon die Mutter zu verlieren?
Diese Frage hatte Johannes sich oft gestellt, aber nie eine Antwort darauf erhalten. Ihn fragte niemand, und das trug wohl auch nicht unwesentlich zum Zerwürfnis mit dem Vater bei.
Statt zum Sohn zu halten und gemeinsam mit ihm zu trauern, wandte sich Anton Brandner von Johannes ab und überließ es der Magd, sich um den Buben zu kümmern.
Es war noch heißer geworden, und die Arbeit brachte ihn gehörig ins Schwitzen. Endlich hatte er es geschafft. Johannes nahm eine Gießkanne und holte Wasser vom Brunnen. Sorgfältig wässerte er die frisch gesetzten Pflanzen, räumte das Unkraut und die abgeschnittenen Zweige der Buchsbaumumrandung fort und betrachtete zufrieden sein Werk.
»So ist’s besser«, murmelte er.
Die Inschrift auf dem Kreuz hatte er sauber gekratzt, und den ovalen Rahmen, in dem das Foto der Mutter steckte, sauber gewischt. Indes war das Holz schon brüchig geworden, die goldene Lackierung kaum mehr zu sehen. Johannes beschloss, einen neuen Rahmen zu kaufen und wandte sich zum Gehen.
»Ja, sag einmal! Ich trau ja meinen Augen net!«
Pfarrer Trenker, der ihm an der Pforte begegnete, breitete die Arme aus.
»Johannes Brandner!«
Der Bursche lächelte.
»Grüß Gott, Hochwürden«, entgegnete er. »Ja, ich bin’s wirklich.«
Sie schüttelten sich die Hände.
»Warst’ am Grab der Mutter.«
»Es sah schlimm aus. Ich hab’s erst einmal in Ordnung gebracht. Da hat sich wohl niemand mehr ums Grab gekümmert?«
Sebastian schüttelte den Kopf.
»Die Friedhofsverwaltung hat deinen Vater schon mehrmals angeschrieben. Aber er reagiert einfach net.«
Johannes hob hilflos die Hände.
»Ich versteh’ das net. Resl hat das Grab doch immer gepflegt!«
Der Bergpfarrer sah ihn stumm an. Aber seine Miene drückte genug aus.
»Sie ist … tot?«, fragte Johannes Brandner tonlos.