Ich sage niemals mehr ich liebe dich! Liebesroman - W. A. Hary - E-Book

Ich sage niemals mehr ich liebe dich! Liebesroman E-Book

W. A. Hary

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Beschreibung

Der große, stattliche Mann, der trotz seiner relativen Jugend schon leicht angegraute Schläfen hatte, kam direkt auf Doris Becker zu. Sie hatte sich nach dem heute etwas früheren Feierabend zu einem kleinen Spaziergang in der Fußgängerzone entschlossen, um das heute ausnahmsweise sehr schöne Wetter zu nutzen. Allein befand sie sich hier. Mit wem hätte sie den Spaziergang auch machen können? Und jetzt begegnete sie ihm. Nicht irgendwem, sondern ausgerechnet diesem Mann, den sie erst so kurz kannte und nach dem sie sich dennoch so sehr sehnte, wenn er nicht bei ihr sein konnte. Purer Zufall. Ein glücklicher Zufall, wie sie fand. Sie blieb stehen, in Vorfreude der Überraschung, die sich bald auf seinem markanten Gesicht abzeichnen würde. Er würde sie hier in der Fußgängerzone genauso wenig erwarten, wie sie ihn erwartet hatte. Nur noch vielleicht zehn Schritte. Er schaute überhaupt nicht in ihre Richtung... Bitte, blick doch auf!, wünschte sie sich.

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W.A.Hary

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Inhaltsverzeichnis

Copyright

Ich sage niemals mehr ich liebe dich! Liebesroman

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"Originaltitel: Doris und Georg"

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Ich sage niemals mehr ich liebe dich! Liebesroman

W.A.Hary

1

Der große, stattliche Mann, der trotz seiner relativen Jugend schon leicht angegraute Schläfen hatte, kam direkt auf Doris Becker zu. Sie hatte sich nach dem heute etwas früheren Feierabend zu einem kleinen Spaziergang in der Fußgängerzone entschlossen, um das heute ausnahmsweise sehr schöne Wetter zu nutzen.

Allein befand sie sich hier. Mit wem hätte sie den Spaziergang auch machen können?

Und jetzt begegnete sie ihm. Nicht irgendwem, sondern ausgerechnet diesem Mann, den sie erst so kurz kannte und nach dem sie sich dennoch so sehr sehnte, wenn er nicht bei ihr sein konnte.

Purer Zufall. Ein glücklicher Zufall, wie sie fand.

Sie blieb stehen, in Vorfreude der Überraschung, die sich bald auf seinem markanten Gesicht abzeichnen würde.

Er würde sie hier in der Fußgängerzone genauso wenig erwarten, wie sie ihn erwartet hatte.

Nur noch vielleicht zehn Schritte.

Er schaute überhaupt nicht in ihre Richtung...

Bitte, blick doch auf!, wünschte sie sich.

Sie musterte die hochgewachsene, sportliche Gestalt. An der Art, wie er sich bewegte, merkte man, dass er sozusagen von Kopf bis Fuß durchtrainiert war.

So mochte ihn Doris Becker. Er war ihr Traummann, und sie hatte sich auf Anhieb in ihn verliebt - vor zwei Monaten auf dem Stadtfest.

Gern schloss sie immer wieder die Augen, um in Erinnerung an diese erste Begegnung mit ihm zu schwelgen: Er hatte sie sofort bemerkt, und sie hatte in seinem Blick gelesen, wie sympathisch sie ihm war.

Dennoch hatte er sich ihr nicht sogleich genähert. Das hatte lange auf sich warten lassen, weil er nicht aufdringlich erscheinen wollte. Erst hatte sie ihm ein aufmunterndes Lächeln schenken müssen - irgendwann im Verlauf des Abends, an dem er stets in ihrer Nähe geblieben war.

Dieses Lächeln hatte alle Schranken zwischen ihnen niedergerissen. Er war gekommen, ebenfalls lächelnd, und hatte sich einfach vorgestellt:

„Georg Venturato!“

Überrascht hatte sie ausgerufen:

„Oh, Sie sind Italiener?“ Dabei hatte er überhaupt nicht viel Südländisches an sich, außer dem dunklen, leicht gewellten Haar und dem sonnengebräunten Teint.

Er hatte den Kopf geschüttelt.

„Nein, wieso? Hätten Sie etwas dagegen?“

„Natürlich nicht“, antwortete sie verlegen. „Es ist nur - wegen Ihrem Nachnamen.“

Er lachte herzlich.

„Gewiss, der klingt sehr italienisch. Aber das hat wenig mit mir zu tun, denn daran ist irgendein mir unbekannter Vorfahr schuld.“

So waren sie ins Gespräch gekommen.

Die Stunden waren wie im Flug vergangen.

Schon am nächsten Tag hatten sie sich wieder getroffen - ebenfalls auf dem Stadtfest, das da beschlossen wurde.

Die letzten beiden Monate waren die glücklichsten ihres Lebens geworden, und oft hatte sie das Gefühl, sie sei schon immer mit Georg verbunden gewesen - aufs Tiefste!

Schon öffnete sie den Mund, um seinen Namen zu rufen, weil er jetzt direkt vor ihr war und sie immer noch nicht bemerkt hatte.

In diesem Augenblick schaute er auf. Ihre Blicke begegneten sich.

Etwas Seltsames geschah: Sie sah sein Erschrecken. Sofort wandte er den Blick ab und… ging grußlos an ihr vorbei.

Sie stand da, wie vom Donner gerührt, unfähig, zu reagieren. Erst nach Sekunden konnte sie sich umdrehen...

Da ging er. Auf einmal hatte er es sehr eilig, und die hübsche Brünette in seiner Begleitung, mit dem strenggeschnittenen Kostüm, die Doris jetzt erst so richtig auffiel, wurde von ihm zusätzlich zur Eile ermahnt. Das war deutlich zu sehen.

Ja, die Brünette war Doris erst gar nicht aufgefallen, denn sie hatte nur auf ihren Georg geachtet.

Ihr Georg?

Wer war sie? Warum dieses Erschrecken in seinem Gesicht?

Doris war völlig durcheinander. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Was hatte dies zu bedeuten?

Es war ganz offensichtlich, dass es Georg sehr unangenehm gewesen war, ihr hier zu begegnen.

Gestern Abend noch war er bei ihr gewesen. Sie hatten wunderbare Stunden voller Zärtlichkeit miteinander verbracht, hatten sich gegenseitig ewige Liebe geschworen...

Tränen verschleierten ihren Blick.

„Dieser Heuchler!“, schluchzte sie.

Passanten, die in diesem Moment an ihr vorbeigingen, schauten überrascht auf.

Es war ihr egal. Doris ballte die zarten Hände zu Fäusten. Sie war hin und her gerissen zwischen und Schmerz und Trauer.

Georg hatte sie hintergangen. Er hatte sich mit den Worten verabschiedet:

„Bis nächste Woche, Liebes! In den kommenden Tagen bin ich leider geschäftlich unterwegs. Ich weiß noch nicht, wie lange es dauern wird. Freu dich auf meinen Anruf!“

„Ja, ich freue mich!“ Sie hatte sich verliebt an ihn geschmiegt. „Obwohl ich dich nicht gern gehen lasse. Mir wäre es am liebsten, wir würden nie mehr auseinandergehen!“

„Mir auch!“

Sie schloss die Augen. Wie hatte er ihr nur ein solches Theater vorspielen können? Wie konnte ein Mensch nur so gemein sein?

Für Doris Becker ging eine wunderbare Welt in Scherben. Was zurückblieb, das waren hässliche Scherben.

*

Doris wusste gar nicht, wie sie danach den Nachhauseweg geschafft hatte. Sie stand vor dem hohen Spiegel in der Diele und betrachtete sich.

Die Augen waren vom Weinen verquollen.

Ihr Blick folgte den feinen Linien ihres Gesichtes. Doris mochte es nicht, stark Schminke aufzutragen. Sie war der Meinung, dass man es gar nicht sofort sehen sollte, dass sie geschminkt war.

Sie strich sich eine blonde Locke aus der Stirn und schüttelte das Haar im Nacken auf.

Ihr Blick glitt tiefer. Sie war schlank und wirkte zierlich.

„Sieht die Brünette vielleicht besser aus als ich?“, fragte sie unwillkürlich.

Schade, sie hatte nicht so darauf geachtet - im Gegensatz zu sonst, wo ihr nichts dergleichen entging.

Doris wandte sich vom Spiegel ab, denn auf einmal kam sie sich abgrundtief hässlich vor.

Georg - er hatte sie hinters Licht geführt. Von wegen Geschäftsreise... In Wirklichkeit trieb er sich mit einer anderen herum.

„All der falsche Schmus“, murmelte sie.

Georg hatte sie enttäuscht und gedemütigt.

Sie ging ins Wohnzimmer und ließ sich schwer in einen Sessel fallen.

„Kein Wunder, dass er so erschrocken ist, als ich plötzlich vor ihm stand. Ich habe ihn ertappt. Dabei war das überhaupt nicht meine Absicht. Ich wollte doch bloß spazieren gehen. Wo ich doch so allein bin...“

Die Tränen kamen wieder, obwohl sie geglaubt hatte, nicht mehr zum Weinen fähig zu sein.

Sie barg das Gesicht in den Händen und heulte hemmungslos. Immer wieder sagte sie dazwischen seinen Namen. Und dann:

„Was soll ich bloß tun? Alles ist aus. Mein Gott, Georg, alles ist aus. Ich liebe dich doch so sehr. Jetzt weiß ich es ganz bestimmt. Ich kann nie mehr ohne dich leben. Nie mehr!“

Sie rollte sich ganz eng in den Sessel, als könnte sie in sich selbst kriechen.

„Am liebsten wäre ich tot!“

Das war es! Das war jetzt wirklich ihr Wunsch, und als sie es aus dem eigenen Munde hörte, erschrak sie darüber. Tot sein? Sterben, weil Georg mit einer anderen...? Nein, sie würde es nicht fertigbringen - auch nicht für den Mann, den sie aus ganzem Herzen liebte, und dann entstand irgendwo in ihr sogar ein Funken von Hoffnung:

Vielleicht war es doch nicht so schlimm? Vielleicht irrte sie sich und Georg hatte mit der Brünetten überhaupt keine Absichten?

Sie sagte es laut:

„Vielleicht ist sie seine Sekretärin, mit der er die Reise gemeinsam antreten muss? Und die Abreise hat sich ganz einfach in der Hektik der Vorbereitungen verzögert?“

Es war eine vage Möglichkeit, und sie kam ihr selber recht naiv vor. Aber sie begann dennoch, sich mit aller Kraft daran festzuklammern, denn das begründete ihre neue Hoffnung. Obwohl ihr dabei zweierlei schmerzlich bewusst wurde:

„Ich kenne weder seinen Beruf, noch weiß ich, wo er eigentlich wohnt. Wenn ich ihn fragte, wich er mir aus, sagte höchstens: ,Am anderen Ende der Stadt!' und so. Einmal hat er die Andeutung gemacht von einem Büro in der Stadt. War dabei nicht auch die Rede von der Fußgängerzone gewesen, in der...?“

Sie brach ab, denn ihre Gedanken verwirrten sich

Wie hatte sie sich nur auf einen Mann einlassen können, der ihr zwei Monate eigentlich völlig fremd geblieben war? Er hatte sie besucht, wann immer es seine Zeit zugelassen hatte. Auf ihre Fragen hatte es keine Antworten gegeben. Sie hatte alles so akzeptiert, wie es abgelaufen war, ohne Murren. Wie hatte sie das alles nur zulassen können? Wie hatte sie sich überhaupt benommen?

„Es ist kein Wunder, dass er mir nicht vertraut - so dumm, wie ich mich ihm gegenüber verhalten habe!“, schluchzte sie. „Was mag er nur von mir denken? Vielleicht glaubt er, ich würde auch mit anderen Männern so schnell Freundschaft schließen? Oh, Gott! Wie konnte es mir nur passieren?“

In der Diele klingelte das Telefon.

Doris schreckte zusammen. War ihr Ruf erhört worden? Gab es diese geheimnisvolle Verbindung zwischen zwei Liebenden wirklich, dass der eine den Schmerz des anderen auch über große Entfernung verspürte?

„Georg!“, rief sie zuversichtlich und sprang freudig erregt auf.

All ihre Zweifel waren mit einem Mal wie weggewischt. Sie rannte zum Telefon und riss förmlich den Hörer von der Gabel.

„Georg?“, fragte sie bang.

„Nein, Doris, ich bin es - Claudia!“

Claudia?, grübelte Doris.

Sie war so sehr verwirrt, dass sie eine Weile brauchte, um ihre Gedanken soweit zu ordnen, dass sie wieder wusste, wer das war: Ihre Freundin - eigentlich! Ja, in den letzten zwei Monaten hatte sie sich gar nicht mehr mit Claudia getroffen. Sie war ihr richtiggehend aus dem Weg gegangen. Dabei hatten sie vorher häufiger zusammengesteckt.

Claudia war eine stets fröhliche, um nicht zu sagen ausgelassene junge Frau. Sie studierte Biologie. In den Semesterferien hatten sie sich kennengelernt - in dem Kaufhaus, in dem Doris als Fachverkäuferin arbeitete. Claudia hatte dort einen Ferienjob übernommen.

Unwillkürlich stellte Doris sich ihre Freundin vor: großgewachsen und schlank, die Figur eines Mannequins, immer hochmodern gekleidet - manchmal sogar ein wenig verrückt. Sie hatte lange, dunkelblonde Haare, die sie manchmal im Nacken hochsteckte. Dann betonte das ihre ein wenig spitze Nase, was Claudia vorwitzig erscheinen ließ. Wenn dann auch noch ihre Augen schelmisch blitzten, konnte ihr kein Mensch auf der ganzen Welt mehr wegen irgendwas böse sein...

„Claudia?“, brachte Doris endlich hervor. „Du bist das?“

„Schade, dass du einen anderen erwartet hast. Wer ist Georg? - Ach ja, stimmt, das ist ja dein neuester Schwarm.“

„Schwarm?“, entrüstete sich Doris. „Ich - ich liebe ihn aus ganzem Herzen und...“

Sie brach ab, denn Claudia lachte respektlos:

„Schon gut, Doris, ich wollte dich keineswegs beleidigen. War nicht so gemeint. Na, ich dachte mir, rufst einmal an. Du hast lange nichts mehr von dir hören lassen. Ich glaube, daran ist dein Georg schuld?“

Doris sagte nichts. Jetzt, wo von ihm die Rede war, kam der Schmerz wieder, und sie konnte ihn nicht unterdrücken, so sehr sie sich auch bemühte.

Claudia merkte, was mit ihr los war:

„Ist daran denn auch dein Georg schuld? Hast du deshalb seinen Anruf erwartet?“

Auch darauf gab Doris keine Antwort. Bis Claudia fragte:

„Soll ich zu dir kommen?“

„Nein!“, rief sie erschrocken.

„Warum nicht, Doris? Glaubst du, Freundschaft ist nur gut in guten Zeiten? Das wäre eine schlechte Freundschaft. Ich will dir die Wahrheit sagen, Doris: Ich rufe in Wirklichkeit an, weil ich mir große Sorgen um dich mache. Das letzte Mal habe ich dich gefragt, was dein Georg von Beruf ist und wo er wohnt. Du hast es nicht gewusst, hast mir ausweichende Antworten gegeben. Dabei hast du ihn schon wochenlang gekannt, und er ging in deiner Wohnung ein und aus. Gewiss, ich glaube dir, dass du ihn liebst, denn sonst hättest du niemals so gehandelt, Doris. Niemand weiß besser als ich, was für ein guter und wertvoller Mensch du bist.

Doris, dich wird kein Mann verderben - nicht so lange du eine gute Freundin hast, die immer für dich da ist - vor allem in schweren Stunden!“

Doris wusste nicht, warum sie solche Angst vor dem Besuch von Claudia hatte. War es, weil sie die Wirklichkeit zu sehr fürchtete? Dass sie auf einen Mann hereingefallen war, der sie nach Strich und Faden belogen und hintergangen und ausgenutzt hatte?

„Nein!“, schrie sie und knallte den Hörer auf die Gabel.

Eine neue Tränenflut brach sich Bahn. Weinend rannte sie ins Wohnzimmer zurück und warf sich auf das Sofa. Sie drückte ihr Gesicht in die Zierkissen und konnte die Tränen doch nicht ersticken.

„Oh, Georg, du bist der beste Mensch von der Welt. Du kannst niemandem etwas Böses antun, nicht wahr? Du liebst mich genauso wie ich dich. - Auch wenn alles gegen dich spricht, werde ich doch ewig zu dir halten!“

*

Claudia Werning ließ die Hand mit dem Hörer sinken.

„Ich hab's geahnt!“, sagte sie düster. „Dieser Georg hat ihr den Kopf verdreht, und die arme Doris ist ihm in ihrer ahnungslosen Naivität völlig verfallen. Arme Doris, du bist einfach zu unerfahren. Mit mir hätte dieser Georg das nicht gemacht.“

Sie legte den Hörer auf.

„Was tun?“

Kopfschüttelnd raufte sie sich die Haare.

Eine Idee setzte sich in ihr fest. Sie zupfte ihr leichtes, bequemes Hauskleid zurecht und griff entschlossen wieder zum Telefonhörer. Die Nummer kannte sie auswendig.

Eine männliche Stimme meldete sich nach dreimaligem Läuten:

„Kappler!“

„Hallo, Erich!“

Er erkannte sie sofort:

„Wie denn? Claudia?“

„Ja, genau die bin ich.“

„Du rufst an?“, erstaunte er sich. „Bei mir?“

„He, warum denn nicht?“

„Sagtest du nicht das letzte Mal, ich sei wohl der einzige Mann auf der ganzen, weiten Welt, der für dich niemals infrage kommen könnte?“

„Ja, gewiss, Erich, aber das war doch nur ein Scherz gewesen.“

„Ach, Scherz nennst du das?“

„Du kennst mich doch, Erich. Ich wollte dich halt ein bisschen ärgern.“

„Dann höre mir jetzt gut zu: Du weißt genau, dass ich mit dir nichts im Sinn habe, solange ich nicht hundertprozentig weiß, dass Doris nichts von mir wissen will und nicht nur einfach so sagt...“

„Um die geht es ja gerade!“, unterbrach Claudia ihn.

„Um Doris?“

„Ja, Erich. Warum glaubst du, würde ich sonst anrufen? Mir ist schon klar, dass du auf mich sauer bist. Daran bin ich selber schuld, und ich möchte mich bei dir dafür entschuldigen, Erich. Es ist nur...“

„Was ist mit Doris? Heraus mit der Sprache!“

„Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?“

„Vor über zwei Monaten!“, antwortete er spontan.

„Was war inzwischen?“

„Ich habe ein paarmal angerufen. Als sie meine Stimme erkannte, hat sie jedes Mal aufgelegt. Was hat das zu bedeuten? Rufst du dessentwegen an?“

„Doris geht es gar nicht so gut, Erich, aber ich kann dir das nicht so am Telefon sagen.“

„Du willst bei mir hier auftauchen? Aha, dann ist das mit Doris nur wieder so ein übler Scherz von dir? Was hast du vor? Willst du dich lächerlich über mich machen? Du weißt, wie sehr ich an Doris hänge. Ich würde alles für sie tun. Ist es das? Dir könnte das ja nie passieren. Ich glaube, du bist zur Liebe überhaupt nicht fähig. Du bist viel zu kalt. Spaß machen, ja, das kannst du. Sonst nichts. Und jetzt will ich nicht länger von dir belästigt werden. Auf Freundinnen wie dich sollte Doris lieber verzichten. Das werde ich ihr bei nächster Gelegenheit mal sagen.“

„Nein, Erich, so warte doch! Bitte nicht auflegen. Vielleicht wird es ein nächstes Mal mit Doris nie mehr geben? Ich mache mir schrecklich Sorgen ihretwegen...“

Und dann erzählte sie ihm alles, was sie wusste.

Erich Kappler hörte ihr zu, aber nur, weil es um Doris ging. Er kannte sie schon seit ihrer Kindheit. Sie waren stets gute Freunde gewesen. Den ersten Heiratsantrag hatte er ihr gemacht, da waren sie beide gerade erst sieben Jahre alt gewesen. Doris hatte ihn damals ausgelacht.

Den zweiten Heiratsantrag hatte er ihr mit vierzehn wieder gemacht. Da hatte Doris zwar nicht gelacht, aber sie hatte ihm abermals einen Korb gegeben.

Er erinnerte sich daran, als wäre es erst gestern geschehen. Er hatte danach betroffen zu Boden geschaut. Da hatte sie seine Hände ganz fest in die ihrigen genommen und gewartet, bis er wieder den Kopf hob. Sie hatte in seinen Augen geforscht und gesagt:

„Wir sind die besten Freunde von der Welt, du und ich - Doris und Erich. Ich weiß genau, dass ich mich auf dich verlassen kann - für immer. Und genauso wirst auch du dich auf mich verlassen können. Wann immer wir in Not geraten, ist stets der eine für den anderen da. Dies ist ein heiliges Versprechen.“

„Dann willst du mich vielleicht doch...?“, hatte er hoffnungsfroh gefragt.

Sie hatte sehr ernst den Kopf geschüttelt:

„Sieh mal, all die Menschen um uns herum, die glauben, sich zu lieben... Später betrügen sie sich gegenseitig und bringen sich Unglück.“

„Aber es muss doch nicht so enden. Es gibt andererseits so viele, die ihr Leben lang miteinander sehr glücklich sind!“, begehrte er auf.

Sie schüttelte den Kopf.