Mark Tate und die Schattentiefe: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 21 - W. A. Hary - E-Book

Mark Tate und die Schattentiefe: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 21 E-Book

W. A. Hary

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Beschreibung

Ein geheimnisvolles Paket ohne Absender. Darin: nur der leere Einband eines uralten Buches. Für den unsterblichen Ermittler Mark Tate und seine Lebensgefährtin, die Hexe May Harris, ist es der Beginn eines Albtraums. Das Artefakt zerrt sie in den Bann einer vergessenen Macht aus der Schattentiefe – einer Dimension jenseits der Hölle. Eine gnadenlose Jagd beginnt, die sie von den nebligen Gassen Londons bis zu den sturmgepeitschten Küsten der Färöer-Inseln führt. Ihnen auf den Fersen ist nicht nur ein monströser Wächter, der aus der Themse emporsteigt, sondern auch ein skrupelloser Kult, der die Macht des Buches für sich beansprucht. Während Mark und May versuchen, das Rätsel zu lösen, wird klar: Die Tür zur Schattentiefe war nie wirklich verschlossen. Und etwas Uraltes will nicht nur hindurch, es will einen Anker in ihrer Welt schlagen. Können sie die Verbindung kappen, bevor es zu spät ist? Oder müssen sie lernen, einen Faden zu halten, der die Welt vor dem Zerreißen bewahrt – auch wenn er sie selbst zu zerreißen droht?

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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W. A. Hary, Henry Rohmer

Mark Tate und die Schattentiefe: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 21

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Mark Tate und die Schattentiefe: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 21

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Alfred Bekker

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Mark Tate und die Schattentiefe: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 21

W. A. Hary, Henry Rohmer

Mark Tate und die Schattentiefe: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 21

von W.A.Hary und Henry Rohmer

Ein geheimnisvolles Paket ohne Absender. Darin: nur der leere Einband eines uralten Buches. Für den unsterblichen Ermittler Mark Tate und seine Lebensgefährtin, die Hexe May Harris, ist es der Beginn eines Albtraums. Das Artefakt zerrt sie in den Bann einer vergessenen Macht aus der Schattentiefe – einer Dimension jenseits der Hölle.

Eine gnadenlose Jagd beginnt, die sie von den nebligen Gassen Londons bis zu den sturmgepeitschten Küsten der Färöer-Inseln führt. Ihnen auf den Fersen ist nicht nur ein monströser Wächter, der aus der Themse emporsteigt, sondern auch ein skrupelloser Kult, der die Macht des Buches für sich beansprucht.

Während Mark und May versuchen, das Rätsel zu lösen, wird klar: Die Tür zur Schattentiefe war nie wirklich verschlossen. Und etwas Uraltes will nicht nur hindurch, es will einen Anker in ihrer Welt schlagen. Können sie die Verbindung kappen, bevor es zu spät ist? Oder müssen sie lernen, einen Faden zu halten, der die Welt vor dem Zerreißen bewahrt – auch wenn er sie selbst zu zerreißen droht?

Ich weiß nicht, wie lange ich Lord Frank Burgess nicht mehr gesehen hatte. Sicherlich einige Wochen, obwohl es mir momentan so vorkam, als sei unterdessen eine ganze Ewigkeit vergangen. Zuviel war passiert in letzter Zeit, von dem Frank nicht einmal etwas ahnen konnte. Und jetzt stand er da unvermittelt und vor allem unangekündigt vor dem Eingang zur Harris-Villa, in der ich mit meiner Lebensgefährtin May Harris die überwiegende Zeit wohnte?

„Ich war schon bei deinem Apartment“, berichtete er anstelle einer Begrüßung, „doch da fiel mir ein, dass du ja längst zu May gezogen bist.“

Irgendwie erschien er mir ziemlich beunruhigt. Doch bevor ich noch fragen konnte, stellte er selber eine entscheidende Frage:

„Weißt du, wo sich May befindet?“

Erstaunt antwortete ich:

„Ja, sie wollte noch einmal in die Redaktion. Du weißt ja, sie hat den BRITISH OBSERVER ONLINE mehrheitlich übernommen, um ihn größer zu machen. Vor allem, um die Printausgaben weiter zu verbreiten, die ja anfangs nur auf London beschränkt waren.“

Frank nickte bedächtig. Und dann verwandelte er sich. Er wurde zu Lady Ann. Etwas, was ich seit Jahren nicht mehr bei ihm erlebt hatte. Obwohl ich wusste, dass Lady Ann in ihm lebte…

*

Das hieß, er war eigentlich nur zur Hälfte Lord Frank Burgess. Seine verstorbene Frau Lady Ann, eine ehemalige Voodoo-Hexe aus Haiti, war vor vielen Jahren Gefangene des Fluchs von Schloss Pannymoore geworden. Ein Fluch, den ich geholfen hatte zu brechen.

Seitdem war eben Frank mit dem Geist seiner verstorbenen Frau für immer verbunden und zum Gestaltwandler geworden.

Nicht nur das: Er hatte unwägbare Hexenkräfte, die mich immer wieder in Erstaunen versetzen konnten.

„Warum?“, fragte ich einfach nur – und er wusste sofort, was ich damit meinte:

„Nur wenn ich Lady Ann bin, kann ich May orten!“

Das war mir allerdings neu. Aber was wusste ich denn schon? Ich war ja nur ein mindestens tausendfach Wiedergeborener, der durch die Jahrtausende hinweg in jedem einzelnen Dasein mit den schlimmsten Mächten der Finsternis zu tun gehabt hatte. Und jetzt, in der Gegenwart, war ich auch noch zum halben Daedra geworden.

Lady Ann lächelte, was mich daran erinnerte, dass ich mich in Anwesenheit eines so starken Telepathen besser abschirmte. Sonst lagen meine Gedanken so offen dar wie ein aufgeschlagenes Buch.

Sie lächelte stärker, denn auch diesen Gedanken hatte sie noch mitbekommen, ehe es mir endlich gelang, meine Gedanken zu blockieren.

Schlagartig wurde sie wieder ernst:

„Du solltest dich darum kümmern, Mark!“, sagte sie eindringlich, und es genügte ein einziger Gedankenimpuls von ihr, um mir zu zeigen, wo ich sie tatsächlich finden würde.

Falls es nicht schon zu spät war.

Also von wegen in der Redaktion, wie ich vermutet hatte…

Blieb allerdings noch die Frage, wieso sich Lord Frank Burgess, respektive Lady Ann, nicht selbst darum gekümmert hatte und erst nach mir suchen wollte, damit ich mich schließlich dessen annahm.

Ich verkniff mir vorerst diese Frage und sprintete endlich los, um wieder in den Wagen zu steigen, mit dem ich her gekommen war.

Ja, hoffentlich kam ich nicht doch noch zu spät…

*

Nebel hing wie kalter Atem über der Themse.

Er kroch in die Gassen, legte sich an Häuserwände, die seit Jahrhunderten der feuchten Witterung trotzten, und trug ein Wispern in sich, das man kaum hören konnte und dennoch spürte – als legte sich eine unsichtbare Hand an die Kehle. London roch nach Regen und nassem Stein, und doch war da noch etwas anderes in der Luft, etwas Eisenhaltiges, Metallisches, das May unangenehm vertraut war.

Blut.

Sie blieb stehen, in der Dunkelheit zwischen zwei Straßenlaternen. Das grünliche Schimmern ihres Lichtes teilte die Nacht in Zonen vager Helligkeit. May hatte eine kleine, in braunes Packpapier gewickelte Sendung bei sich, auf der ihr Name stand, in einer Handschrift, die sie nicht kannte.

„May Harris, BRITISH OBSERVER ONLINE.“

Kein Absender.

Ihre Fingerspitzen prickelten, als sie das Paket hoch hielt – nicht vor Kälte. Es war diese Art von innerem Signal, die sie warnte, wenn Kräfte im Spiel waren, die sich jedem rationalen Versuch entzogen, sie zu erfassen. In Nächten wie dieser fühlte es sich an wie eine offene Wunde, durch die das Fremde an May heran konnte.

Der Nebel bewegte sich.

Sie wusste, wie absurd das klang, aber sie sah es mit eigenen Augen. Er zog nicht einfach vorüber. Er krümmte sich, als gehorchte er einem Willen. Ein Sausen wie von sehr weit her drang an Mays Ohr, und etwas in ihr wollte rennen. Stattdessen löste sie die Kordel des Packpapiers, weil sie wusste – und sie wusste es mit der Art von Gewissheit, die man tief im Mark spürte –, dass das, was hier begann, nicht warten würde, bis man bei Tageslicht und Tee darüber sprechen konnte.

Das braune Papier fiel auseinander.

Darunter lag ein Buchdeckel. Nicht mehr als das: Vorderseite, Rückseite, der Rücken dazwischen – leer. Die Seiten fehlten. Das Leder war alt und spröde, mit einer feinen Struktur wie Reptilienhaut. In der Mitte des Deckels prangte ein vertieftes Zeichen: ein Sechseck. Das Hexagon glänzte nicht, und doch fing es das schwache Licht der Laterne auf seltsame Weise ein, als ob es sie nicht reflektierte, sondern trank.

Es flüsterte etwas in May, als würde es von diesem Buchdeckel stammen, ohne jedoch verständlich zu werden, als sei es nicht für sie bestimmt.

May atmete scharf ein. Sie hatte die Zeichen dieses Buches gesehen. Sie kannte den Sog, den sie ausübten, wenn man sie zu lesen begann. Sie griffen nach dem Bewusstsein wie tausend Fäden nach einer einzigen Motte, die zu spät begriff, dass sie auf eine Flamme zuflog.

Die Themse rauschte.

Hinter ihr klang ein Schritt auf, dann noch einer, und sie drehte sich langsam um. Nebel hing so dicht, dass die Welt wenige Meter vor ihr zu Ende zu sein schien. Der schmale Durchgang, den sie genommen hatte, wirkte nun wie ein Schlund.

*

„May?“

Sie schirmte ihre Gedanken nicht genügend ab, weshalb ich spürte, was auch sie in ihrem Innern empfand: Meine Stimme schnitt durch die Kälte wie etwas Warmes. Sie atmete auf, bevor sie begriff, dass es womöglich zu früh war, diesen Reflex zuzulassen.

Ich trat aus dem Nebel, und die Schatten sprangen wie erschreckt zur Seite, um mir Platz zu machen, nur um sich gleich darauf wieder hinter mir zu schließen. Ich musterte May, den Buchdeckel, den Nebel.

„Du solltest nicht allein hierherkommen“, sagte ich. Mein Mund lächelte, aber mein Blick nicht. Ich war zutiefst besorgt. „Ich weiß, du würdest das niemals zugeben…“

„Jemand hat das vor die Redaktion gelegt“, murmelte sie. „Kein Absender. Ich musste es sehen.“

„Jetzt?“

„Jetzt“, sagte sie, und die Stimme, die ich hörte, gehörte ihr und irgendwie… doch nicht. Sie klang fremd vor Anspannung.

Ich berührte ihren Ellenbogen. Eine kleine, unscheinbare Geste, und doch hatte sie die Wirkung, die eine solche vertraute Berührung immer auf sie hatte: Sie verankerte ihr inneres Ich. Mein Dasein in ihren Leben war ihr Gegenzauber gegen die Schatten, die ihr zu nahe kamen. Wir liebten uns. Und das gab uns die nötige Stärke. Denn in dieser Liebe lag schier unendliche Wärme und etwas Unerbittliches zugleich.

„Wir gehen“, sagte ich leise, aber bestimmt. „Es ist das Beste. Und morgen…“

„Morgen ist möglicherweise zu spät?“

Es war nicht der journalistische Reflex, der aus ihr sprach. Es war dieser Druck hinter ihren Schläfen, der jetzt zu einem pochenden Punkt geworden war – als dränge etwas von außen gegen ihre Stirn, entschlossen, einzudringen.

Und weil wir innerlich verbunden waren, spürte ich dasselbe.

Und da: Ein Schatten löste sich aus dem Nebel und trat näher. Er hatte keine Form, bis er eine solche fand, mehr und mehr. Ein Mantel, ein Filzhut, ein Gesicht, dessen Konturen flirrten wie in heißer Luft. Nur die Augen waren klar. Sie hatten dieselbe Farbe wie das Wasser in dieser Nacht, eine Tiefe, in der etwas Altes stand.

„Mrs. Harris“, sagte er. Seine Stimme erinnerte mich an dafür viel zu kühle Kellerräume, in denen Schlösser und Ketten lagern. Ich schien für ihn gar nicht zu existieren. Seine ganze Aufmerksamkeit galt nur ihr. „Sie haben es erhalten. Gut.“

Ich konnte nicht anders. Ich stellte mich zwischen beide.

„Wer sind Sie?“

Der Mann lächelte. Es war ein Lächeln ohne jegliche Anteilnahme.

„Ein Bote. Mehr nicht.“

Es klang lapidar, um nicht zu sagen bedeutungslos.

„Von wem?“

„Von denen, die noch zählen“, sagte er ruhig. Sein Blick glitt an mir vorbei zu May. „Die Seiten fehlen. Wie Sie sehen. Aber der Einband genügt.“

„Wozu?“ Ihre Stimme schien in einem eiskalten Hauch zu zerflattern, bevor die Nebelfäden wieder die Oberhand gewannen.

„Um die Tür zu finden.“

Das Hexagon auf dem Buchdeckel glomm.

Ich fand, dass es noch orakelhafter nun wahrlich nicht mehr ging, und wollte schon ärgerlich werden.

Eine neuerliche Welle kalter Luft, stärker als soeben, strich über mich hinweg, zu May hin, so kalt, dass mir irgendwie schwarz vor Augen wurde. Das konnte unmöglich nur an der Kälte liegen. Ich sog die Luft ein, wie man es tut, wenn man zu ertrinken glaubt. Wobei ich spürte, dass es May ebenso erging. Es hatte uns beide erfasst. Der Nebel in der Gasse geriet in Bewegung, nicht nur getrieben durch den eiskalten Hauch, sondern auch indem er unheimliches Eigenleben entwickelte, ein Pulsieren, das im gleichen Rhythmus zu stehen schien wie mein Herz, nur einen Schlag versetzt – als wollte es meinen Schlag überlagern.

„Welche Tür?“, fragte ich dennoch, während ich versuchte, meinen Blick wieder klarer zu bekommen. Ich bewegte mich nicht, genauso wenig wie May hinter mir, aber ich kannte sie gut genug, um ihre Anspannung bis in die Muskeln ihres Nackens so wahrzunehmen wie meine eigene.

„Die, die nie geschlossen war“, sagte der Mann. „Nur vergessen.“

Ich sah es nicht mit meinen eigenen Augen, und doch wusste ich es: May hob das Buch. Es fühlte sich für sie auf einmal schwer an. Als sei das, was fehlte – die Seiten, die Worte, die Zeichen – doch da und drängten nun mit einem Gewicht auf ihre Hände, das im wahrsten Sinne des Wortes nicht von dieser Welt kam.

Aus welcher Welt denn sonst?

Sechs Namen wisperten in ihr auf. Sie ließ mich an ihren Gedanken teilhaben. Es waren für mich dennoch vollkommen unverständliche Laute, die direkt in ihrem Kopf aufklangen, nicht über ihre Ohren Einlass begehrten. May schien sie jedenfalls eindeutig als Namen zu verstehen. Mir hingegen blieb ihre Bedeutung verschlossen, obwohl ich meine Gedanken mit ihr teilte.

Und dann hatte ich das Gefühl, sie würden den Nebel formen. Ihm auf grausige Weise so etwas wie Zunge und Gaumen geben.

May wusste, dass sie die Namen falsch wiedergab in ihrem Kopf, dass die Winkel und Kanten in ihnen anders lagen, als ihre eigene Zunge sie hätte formen können. Trotzdem erkannte sie ihre Bedeutung, ohne es mir erklären zu können. Sie erfasste ihre Bedeutung mit ihren eigenen Hexenkräften, wie sie mir persönlich eben fehlten.

Und dann wurde ihr endgültig klar: Das Sechseck auf dem Einband war nicht nur irgendein Zeichen. Es war in Wahrheit… ein Siegel.

„Warum ich?“, fragte sie tonlos. Warum sie und nicht irgendjemand anderes? Warum sie und nicht die, die diese Dinge aus beruflicher oder religiöser Besessenheit suchten? Warum sie und nicht jene, die bereitwillig jedes Portal öffneten, das nach ihnen rief?

„Weil Sie ihn bereits gehört haben“, sagte der Mann.

„Notrefenu“, flüsterte May.

Ich sog scharf die Luft ein. Ich wusste diesen Namen zumindest gut einzuordnen, denn ich viel von dem miterlebt, was May erlebt hatte, hatte neben ihr in Korridoren gestanden, in denen Schatten die Wände zerkniffen. Ich war mit ihr in Träume gefallen, die mehr waren als das. Ich wusste, wie dieser Name auf ihrer Zunge brannte.

Es hieß, Notrefenu sei die Schwester von Nosferatu. Aber Nosferatu war eine Erfindung, also konnte Notrefenu nicht seine Schwester sein. Und doch war sie eine Gestalt, die existierte. Nicht im Diesseits, sondern in einer parallelen Phase der Realität. Unbestimmbar und dennoch von Bedeutung, nicht nur für May.

Der Mann lächelte noch immer. Es hatte etwas Qualvolles, ihm dabei zuzusehen.

„Er ist nicht der, um den es geht“, sagte er. „Nicht diesmal.“

Bisher hatte May Notrefenu als weiblich gesehen. Der Mann hingegen… als männlich? Ich für meinen Teil nahm eher an, dass Notrefenu ohne Geschlecht war. Ein Fluch mehr als ein unirdisches Wesen, jedenfalls ohne Fleisch und Blut.

„Dann wer?“

Sein Blick hob sich, ging an mir vorbei, aber auch an May, als sähe er etwas, was keiner von uns sah. Auch nicht, als wir den Kopf drehten und uns bemühten, etwas zu erkennen.

Der Nebel am Ende der Gasse wurde dichter. Er ballte sich. Ich drehte mich halb, spürte nun May an meiner Seite, ihren Arm gegen meinen.

„Er kommt“, flüsterte der Mann. „Der Türwächter, der euch verhindert, der alles verhindert.“

Die Straße machte einen Schritt auf uns zu.

Ja. Genau so fühlte es sich an. Der Pflasterbelag schien nicht mehr fest mit dem Untergrund verbunden. Die Laterne am Eingang der Gasse flackerte, erlosch, ging wieder an, erlosch erneut. Das tiefe, an- und abschwellende Dröhnen war nicht mehr zu überhören. Es hatte keinen Ursprung und kam doch aus einer Richtung: von der Themse her, aus dem zähen Fluss, der London schon so viele Geschichten gebracht hatte und noch mehr fortgetragen.

Etwas erhob sich aus dem Wasser.

Ich sah es nicht mit den Augen. Nicht zunächst. Es war ein Druck, der zunahm, als dehnte sich ein Fell aus Frost von der Flussmitte her über die Ufer, die Gassen, die Häuser – bis es uns erreichte. Schuppen. Kälte. Hunger. Eine Art Bewusstsein, das fern war und doch schon durch das Gewebe der Welt fasste.