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Zyankali im geweihten Wein? Der neue Fall für Eve Dallas!
Als Pater Miguel Flores bei einer Trauerfeier den Abendmahlkelch an die Lippen setzt, fällt er plötzlich tot um – vergiftet durch Zyankali im geweihten Wein? Lieutenant Eve Dallas wird mit dem Fall betraut und ist fest entschlossen, den Mord an dem Priester aufzuklären. Dieser scheint allerdings nicht der heilige Mann gewesen zu sein, für den ihn seine Gemeinde hielt. Dann geschieht ein weiterer Mord an einem Geistlichen. Was verband die beiden Gottesmänner, und warum mussten sie sterben? Eve Dallas kommt einem dunklen Geheimnis auf die Spur und sieht sich bald mit ihren eigenen verdrängten Dämonen konfrontiert …
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Seitenzahl: 648
Veröffentlichungsjahr: 2014
Buch
Der beliebte Pater Miguel Flores fällt während einer Trauerfeier tot um, nachdem er den Abendmahlskelch an seine Lippen gesetzt hat. Vergiftet durch das Blut Christi? Lieutenant Eve Dallas kann zunächst nichts Auffälliges im Leben des Priesters feststellen, aber nach und nach deckt sie auf, dass er nicht der war, für den ihn seine Gemeindemitglieder gehalten haben. In seinem Zimmer finden sich eine sorgfältig versteckte Medaille mit einer mysteriösen Inschrift und einige Seiten mit unterstrichenen Bibelstellen. Steinchen für Steinchen setzt Eve das geheimnisvolle Mosaik zusammen und glaubt sich schon auf einem guten Weg, als ein zweiter Mord geschieht. Wieder ist es ein Geistlicher, der ebenfalls vergiftet zusammenbricht. Ist hier ein Serienmörder am Werk oder nutzt ein Trittbrettfahrer die Gelegenheit für eine völlig anders motivierte Tat? Je weiter Eve in den Fall vordringt, desto mehr findet sie sich in einem Netz aus Betrug und Habgier wieder …
Autorin
J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts, einer der meistgelesenen Autorinnen der Welt. Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht sie seit Jahren erfolgreich Kriminalromane.
Liste lieferbarer Titel
Rendezvous mit einem Mörder (1) · Tödliche Küsse (2) · Eine mörderische Hochzeit (3) · Bis in den Tod (4) · Der Kuss des Killers (5) · Mord ist ihre Leidenschaft (6) · Liebesnacht mit einem Mörder (7) · Der Tod ist mein (8) · Ein feuriger Verehrer (9) · Spiel mit dem Mörder (10) · Sündige Rache (11) · Symphonie des Todes (12) · Das Lächeln des Killers (13) · Einladung zum Mord (14) · Tödliche Unschuld (15) · Der Hauch des Bösen (16) · Das Herz des Mörders (17) · Im Tod vereint (18) · Tanz mit dem Tod (19) · In den Armen der Nacht (20) · Stich ins Herz (21) · Stirb, Schätzchen, stirb (22) · In Liebe und Tod (23) · Sanft kommt der Tod (24) · Mörderische Sehnsucht (25) · Ein sündiges Alibi (26) · Im Namen des Todes (27)
Mörderspiele. Drei Fälle für Eve Dallas
Nora Roberts ist J. D. Robb
Ein gefährliches Geschenk
J. D. Robb
Im Namen des Todes
Roman
Deutsch von Uta Hege
Nehmt euch in Acht vor den falschen Propheten,
die in Schafskleidern zu euch kommen,
darunter aber sind sie reißende Wölfe.
– Matthäus 7.15
Der Glaube, blickend durch den Tod.
– William Wordsworth
1
Während der Messe für den Toten stellte der Priester die Oblaten und den billigen Rotwein auf dem Altarleinen zurecht. Hostienschale und Kelch waren aus schwerem Silber. Der Mann in dem blumengeschmückten Sarg hatte sie der Kirche geschenkt. Der Sarg stand am Fuß der ausgetretenen Stufen, die den Priester von seiner Gemeinde trennten.
Der Verstorbene hatte jeden Tag seiner hundertsechzehn Lebensjahre als gläubiger Katholik verbracht. Erst zehn Monate zuvor war seine Frau gestorben, und er hatte sie schmerzlich vermisst.
Jetzt waren die Bänke der alten Kirche in Spanish Harlem mit seinen Kindern, Enkeln, Ur- und Ururenkeln gefüllt. Viele von ihnen lebten noch in der Gemeinde, andere waren dorthin zurückgekehrt, um den Toten zu betrauern und ihm die letzte Ehre zu erweisen, denn sie hatten ihn geliebt. Seine beiden noch lebenden Brüder, Vettern, Basen, Nichten, Neffen, Freunde, Freundinnen, Nachbarn und Nachbarinnen hatten sich versammelt, sodass die Lebenden die Bankreihen, die Seitenschiffe und den Vorraum füllten und den Verblichenen entsprechend dem uralten Ritual ehrten.
Hector Ortiz war ein guter Mensch gewesen, dem ein gutes, angenehmes Leben vergönnt gewesen war. Er war friedlich in seinem Bett gestorben, umgeben von Fotos seiner Familie und zahlreichen Bildern von Jesus, Maria und Laurentius, seinem Lieblingsheiligen, der sich für seinen Glauben hatte zu Tode rösten lassen und – Ironie des Schicksals – Schutzpatron der Gastwirte geworden war.
Hector würde den Menschen fehlen, aber da er ein langes, angenehmes Leben geführt hatte, das durch einen leichten Tod beendet worden war, herrschte während dieser Totenmesse eine Atmosphäre von Frieden und Akzeptanz – und die um ihn weinten, vergossen die Tränen weniger für den Verblichenen als für sich selbst. Dank ihres Glaubens waren sie gewiss, dass Hector Ortiz seines Seelenfriedens sicher war.
Während der Priester die vertrauen Rituale durchführte, sah er die Trauernden an. Sie erwarteten, dass er bei diesem letzten Tribut an den geliebten Mann die Führung übernahm.
Blumen, Weihrauch und der rauchende Wachs der Kerzen erfüllten die Luft mit ihrem mystischen Geruch. Es war der Geruch von Macht und göttlicher Präsenz.
Der Priester neigte feierlich den Kopf über den Symbolen von Fleisch und Blut, bevor er sich die Hände wusch.
Er hatte Hector gekannt und sich erst in der vergangenen Woche seine letzte Beichte angehört. Während die Gemeinde sich erhob, ging Pater Flores durch den Kopf, dass er bei dieser Gelegnheit dem Mann seine letzte Buße auferlegt hatte.
Dann sprach Flores zur Gemeinde, sie sprachen zu ihm und gemeinsam brachten sie erst das vertraute eucharistische Hochgebet und dann das Sanctus hinter sich.
»Heilig, heilig, heilig Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.«
Diese und die folgenden Worte wurden gesungen, denn Hector hatte die Musik der Messe geliebt. Die diversen Stimmen mischten sich mit der magisch duftenden Luft, und dann kniete sich die Gemeinde – während ein Baby leise wimmerte, jemand trocken hustete, Stoffe raschelten und ein paar leise Stimmen flüsterten – für den Segen hin.
Der Priester wartete, bis Stille in der Kirche herrschte.
Dann bat er die Macht des Heiligen Geistes, die Gaben der Hostie und des Weins in den Leib und das Blut Christi zu verwandeln, und trat gemäß dem Ritual als Vertreter Gottes Sohns einen Schritt nach vorn.
Macht. Göttliche Präsenz.
Während der Gekreuzigte von seinem Platz ein Stückchen hinter dem Altar auf ihn heruntersah, war Flores klar, dass jetzt er selbst die Macht in seinen Händen hielt.
»Nehmt dies und esst. Denn dies ist mein Leib«, setzte er an und hielt die Hostie hoch, »den ich für euch gegeben habe.«
Die Glocken läuteten und die Menschen neigten ihre Köpfe.
»Nehmt dies und trinkt. Denn dies ist mein Blut.« Er hob den Kelch. »Das Blut, das für euch und viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis.«
»Christus ist gestorben, Christus ist auferstanden, Christus wird wiederkommen.«
Sie beteten, der Priester wünschte ihnen und sie wünschten sich gegenseitig Frieden und dann erklangen wieder ihre Stimmen, als sie sangen Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser, während der Priester die Hostie brach und ein Stückchen davon in die Schale gab. Die Ministranten stellten sich vor den Altar, als der Priester den Kelch an seine Lippen hob.
In dem Augenblick, in dem das Blut durch seine Kehle rann, war er bereits tot.
Die Kirche St. Cristóbal in Spanish Harlem lag ruhig zwischen einer Bodega und einem Pfandleihhaus. Sie hatte einen kleinen, grauen Turm und war anders als die Bauten in ihrer Umgebung nicht mit Graffiti verziert. In ihrem Inneren roch es nach Kerzen, Blumen, Möbelpolitur. Wie es auch in einem netten Haus in einem Vorort roch.
Zumindest kam es Lieutenant Eve Dallas so vor, als sie den Gang zwischen den Bankreihen hinunterging. Vorne in der ersten Reihe saß ein Mann in einem schwarzen Hemd mit einem weißen Kragen, einer schwarzen Hose, mit gefalteten Händen und gesenktem Haupt.
Sie war sich nicht sicher, ob er betete oder nur wartete, im Grunde war ihr das auch egal. Sie umrundete den warm schimmernden Sarg, der unter einer Vielzahl roter und weißer Nelken fast nicht mehr zu sehen war. Auch der tote Mann, für den zuvor die Messe abgehalten worden war, kümmerte sie nicht.
Sie schaltete das Aufnahmegerät am Aufschlag ihrer Jacke ein, doch als sie die beiden kurzen Stufen in Richtung Altar – und des Toten, der für sie von Interesse war – erklimmen wollte, zupfte ihre Partnerin an ihrem Ärmel und flüsterte ihr zu: »Hm, ich glaube, wir sollten erst noch einen Knicks machen.«
»Ich knickse nie.«
»Nein, im Ernst.« Peabodys dunkle Augen überflogen den Altar und die Heiligenstatuen. »Das dort oben ist geweihter Boden oder so.«
»Seltsam, für mich sieht es so aus, als ob dort ein Toter liegt.«
Eve trat vor den Altar, hinter ihrem Rücken sank Peabody in einen kurzen Knicks, lief ihr dann aber eilig hinterher.
»Das Opfer wurde als Miguel Flores, fünfunddreißig Jahre, katholischer Priester identifiziert«, sprach Eve in ihr Aufnahmegerät. »Der Leichnam wurde bewegt.« Sie warf einen kurzen Blick auf einen der uniformierten Beamten, der zur Sicherung des Fundortes herbeigerufen worden war.
»Ja, Madam. Das Opfer brach während der Messe zusammen, und während jemand einen Krankenwagen rief, wurden Reanimationsversuche durchgeführt. Bei unserer Ankunft waren bereits zwei Kollegen wegen der Beerdigung vor Ort. Der Beerdigung von ihm«, fügte er mit einer Kopfbewegung Richtung Sarg hinzu. »Sie haben die Leute zurückgehalten und den Bereich um den Altar vorsorglich abgesperrt. Jetzt warten sie auf Sie.«
Sie hatte sich die Hände und die Schuhe bereits draußen vor der Kirche eingesprüht, weshalb sie jetzt ungehindert neben ihrem Opfer in die Hocke gehen konnte. »Besorgen Sie die Fingerabdrücke, ermitteln die genaue Todeszeit und so weiter«, sagte sie zu ihrer Partnerin und sprach in den Rekorder: »Das Opfer hat auffallend rosige Wangen. Die Gesichtsverletzungen an der linken Schläfe und am linken Wangenknochen sind wahrscheinlich Folge seines Sturzes.«
Sie sah wieder auf, bemerkte den silbernen Kelch auf dem befleckten, weißen Leinentuch, stand auf, ging zum Altar und schnupperte an dem Gefäß. »Hat er hieraus getrunken? Was hat er gemacht, als er zusammenbrach?«
»Er hat das Abendmahl genommen«, kam der Mann in der ersten Bankreihe dem uniformierten Beamten zuvor.
Eve trat auf die andere Seite des Altars. »Arbeiten Sie hier?«
»Ja. Dies ist meine Kirche.«
»Ihre Kirche?«
»Ich bin hier der Hauptpfarrer.« Als er aufstand, wurde deutlich, dass er ein kompakter, muskulöser Mann mit traurigen, dunklen Augen war. »Ich bin Pater López. Miguel hat die Totenmesse abgehalten und das Abendmahl genommen. Er hat aus dem Kelch getrunken und brach praktisch im selben Augenblick zusammen. Sein Körper fing an zu zucken, er rang nach Luft und dann fiel er zu Boden.« Der fast unmerkliche Akzent, mit dem er sprach, erschien Eve wie ein exotischer Film auf rauem Holz. »Es waren Ärzte und Sanitäter da, die versucht haben ihn wiederzubeleben, aber es war zu spät. Einer von ihnen meinte, es sähe nach einer Vergiftung aus. Aber das glaube ich nicht.«
»Und warum nicht?«
López zuckte mit den Schultern. »Wer würde schon einen Priester auf eine solche Art und in einem solchen Augenblick vergiften?«
»Woher kam der Wein? Der in dem Kelch?«
»Wir bewahren den Wein für das Abendmahl in der Sakristei in dem verschlossenen Tabernakel auf.«
»Und wer hat dazu Zugang?«
»Ich. Miguel, Martin – das heißt, Pater Freeman – und die Ministranten, die bei der jeweiligen Messe dienen.«
Also jede Menge Leute, dachte Eve. Weshalb machte man sich überhaupt die Mühe und schloss dieses Tabernakel ab? »Und wo sind die alle?«, fragte sie.
»Pater Freeman besucht Verwandte in Chicago und wird erst morgen zurück erwartet. Aber wir haben – hatten – heute drei Ministranten, denn die Totenmesse war sehr gut besucht.«
»Ich brauche ihre Namen.«
»Sie glauben doch wohl nicht …«
»Und was ist hiermit?«, fuhr sie fort.
Er erbleichte, als sie nach dem Silberteller mit der Hostie griff. »Bitte. Bitte. Die Hostie ist geweiht.«
»Tut mir leid, jetzt ist sie ein Beweismittel. Es fehlt ein Stück davon. Hat er das gegessen?«
»Es wird immer ein kleines Stückchen davon abgebrochen, in den Wein getaucht und dann verspeist.«
»Wer hat den Wein in den Kelch geschüttet und die …« Wie zum Teufel hieß das Ding nochmal?
»Hostie«, half ihr López aus. »Ich habe den Wein in den Kelch gegossen und die Hostie vor der Konsekration für Miguel bereitgelegt. Das habe ich als Zeichen des Respekts vor Mr Ortiz selbst getan. Doch auf Bitten der Familie hat Miguel die Messe zelebriert.«
Eve sah ihn fragend an. »Sie wollten also nicht den Chef persönlich? Haben Sie nicht gesagt, Sie wären hier der Chef?«
»Ich bin der Hauptpfarrer, ja. Aber ich bin noch nicht lange hier. Erst seit Monsignore Cruz’ Pensionierung vor acht Monaten. Miguel hingegen war bereits seit über fünf Jahren in der Gemeinde tätig, hat zwei von Mr Ortiz’ Urenkeln getraut, vor knapp einem Jahr die Totenmesse für Mrs Ortiz abgehalten und …«
»Einen Augenblick, bitte.«
Eve wandte sich an Peabody.
»Bitte verzeihen Sie die Unterbrechung, Pater«, meinte die. »Die Fingerabdrücke und der Todeszeitpunkt stimmen. Er hat getrunken, ist zusammengebrochen und war tot. Die roten Wangen deuten auf eine Vergiftung hin. Vielleicht durch Cyanid?«
»Möglich. Aber warten wir die offizielle Untersuchung ab. Packen Sie den Kelch und das Plätzchen ein, und nehmen Sie die Aussage eines Kollegen auf, der an der Messe teilgenommen hat. Ich befrage dann den anderen, nachdem López mir gezeigt hat, wo der Wein und dieses andere Ding aufbewahrt worden sind.«
»Sollen wir den anderen Toten freigeben?«
Eve blickte stirnrunzelnd auf den Sarg. »Er hat jetzt schon so lange gewartet, da kommt es auf ein paar Minuten mehr nicht an.« Sie wandte sich wieder López zu. »Ich muss sehen, wie sie die …« – Erfrischungen? – »den Wein und die … Hostien aufbewahren.«
López nickte, wies in Richtung einer Tür und führte Eve in einen Raum, an dessen Wänden sich mehrere Schränke aneinanderreihten und in dem auf einem Tisch eine große, mit einem Kreuz verzierte Kiste stand. Er nahm einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und sperrte die Kiste auf.
»Das hier ist das Tabernakel«, erläuterte er ihr. »Es enthält noch nicht geweihte Hostien und Wein. In dem ersten, ebenfalls verschlossenen Schrank dort drüben bewahren wir weitere Vorräte auf.«
Das Holz schimmerte frisch poliert, bemerkte sie, Fingerabdrücke wären also deutlich zu sehen. Das Schloss bestand aus einem schlichten Schlitz, in den man einen Schlüssel schob. »Und den Wein für den Kelch haben Sie aus dieser Karaffe hier geholt?«
»Ja. Ich habe ihn aus der Karaffe in den Kelch geschüttet, die Hostie genommen und Miguel beides zu Beginn der eucharistischen Liturgie gebracht.«
Die Karaffe war zur Hälfte mit einer rötlich violetten Flüssigkeit gefüllt. »Haben Sie die Karaffe einmal aus der Hand gegeben oder fortgestellt?«
»Nein. Ich habe sie genommen und hatte sie die ganze Zeit dabei. Es wäre respektlos, diese Gegenstände einfach irgendwo abzustellen.«
»Ich muss sie untersuchen lassen.«
»Das verstehe ich. Aber das Tabernakel darf die Kirche nicht verlassen. Könnte man also die Untersuchung bitte hier durchführen? Verzeihung«, fügte er hinzu. »Ich habe Sie noch gar nicht nach Ihrem Namen gefragt.«
»Lieutenant Dallas.«
»Sie sind nicht katholisch.«
»Woher wissen Sie das?«
Er sah sie mit einem leichten Lächeln an, doch die Traurigkeit wich auch in diesem Moment nicht aus seinem Blick. »Sie sind mit den Traditionen und den Riten unserer Kirche nicht vertraut, deshalb kommt Ihnen einiges davon wahrscheinlich etwas seltsam vor. Sie glauben, jemand hätte sich am Wein oder der Hostie zu schaffen gemacht.«
Eve sah ihn reglos an. »Bisher glaube ich noch gar nichts.«
»Wenn es so wäre, wie Sie denken, hätte jemand den Leib und das Blut Christi für einen Mord missbraucht. Und ich hätte Miguel die Mordwaffe gebracht und in die Hand gedrückt.« Plötzlich sah er nicht nur traurig, sondern gleichzeitig auch wütend aus. »Dafür wird Gott den oder die Täter zur Rechenschaft ziehen, Lieutenant. Aber ich glaube nicht nur an Gottes, sondern auch an die irdischen Gesetze, deshalb werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihnen bei ihrer Arbeit behilflich zu sein.«
»Was für ein Priester war Flores?«
»Ein ausgezeichneter. Mitfühlend, engagiert und voller Energie. Er hat gern mit jungen Menschen gearbeitet, darin war er besonders gut.«
»Hatte er in letzter Zeit Probleme? Depressionen, Stress?«
»Nein. Nein. Das hätte ich gewusst, das hätte ich ihm angemerkt. Wir drei wohnen nämlich zusammen im Pfarrhaus hinter der Kirche.« Er winkte vage mit der Hand, als gingen ihm ein Dutzend anderer Dinge durch den Kopf. »Wir essen, sprechen, streiten, beten fast jeden Tag zusammen. Deshalb hätte ich gemerkt, wenn er Probleme gehabt hätte. Falls Sie denken, er hätte sich umgebracht – das hätte er nie getan. Schon gar nicht auf eine solche Art.«
»Hatte er Ärger mit irgendjemandem? Hat irgendjemand einen Groll gegen ihn gehegt oder hatte – beruflich oder persönlich – ein Problem mit ihm?«
»Er hat nie etwas Derartiges erwähnt und, wie gesagt, wir haben täglich miteinander gesprochen.«
»Wer wusste, dass er heute die Totenmesse abhalten würde?«
»Das war allgemein bekannt. Hector Ortiz war eine Stütze der Gemeinde. Ein allseits beliebter, angesehener Mann. Alle wussten, dass heute die Totenmesse abgehalten würde und dass Miguel von der Familie darum gebeten worden war.«
Eve trat vor eine Tür und zog sie auf. Helles Sonnenlicht fiel in die Sakristei. Das Schloss der Tür war fast so einfach wie das an der Kiste, merkte sie.
Man käme also völlig mühelos hinein und auch wieder heraus.
»Fanden heute auch schon vorher Messen statt?«, wandte sie sich wieder López zu.
»Ja, wie jeden Werktag früh um sechs. Die Messe habe ich selbst zelebriert.«
»Und der Wein und die Hostie, die dort verwendet wurden, kamen aus demselben Vorrat wie die Sachen jetzt?«
»Ja.«
»Wer hat sie für Sie geholt?«
»Miguel. Es ist immer nur eine kleine Messe, für gewöhnlich nehmen höchstens ein, zwei Dutzend Leute daran teil. Und heute hatten wir noch weniger erwartet, denn schließlich kamen die meisten zur Beerdigung.«
Man kommt rein, nimmt an der Messe teil, schleicht sich heimlich in die Sakristei, vergiftet den Wein und verschwindet durch die Tür. Ganz einfach, dachte Eve. »Wie viele Leute haben an der Messe teilgenommen?«, fragte sie.
»Heute Morgen? Ah … acht oder neun.« Er machte eine kurze Pause und ging in Gedanken die Gesichter seiner morgendlichen Schäfchen durch. »Ja, neun.«
»Ich werde auch die Namen dieser Leute brauchen. War jemand Unbekanntes dabei?«
»Nein. Ich kannte alle, die da waren. Wie gesagt, es war nur eine kleine Gruppe.«
»Und dazu noch Sie und Flores. Keine Ministranten?«
»Nicht morgens um sechs. Bei den Frühmessen während der Woche setzen wir normalerweise keine Ministranten ein, außer in der Fastenzeit.«
»Okay. Bitte schreiben Sie mir so genau wie möglich auf, was das Opfer – Flores – heute wann getan hat.«
López nickte knapp.
»Ich muss diesen Raum als Teil des Tatorts absperren.«
»Oh.« Er verzog unglücklich das Gesicht. »Wissen Sie schon, wie lange?«
»Nein.« Sie wusste, sie war brüsk, aber etwas an all dieser … Heiligkeit machte sie nervös. »Wenn Sie mir Ihre Schlüssel geben würden, wäre es am einfachsten. Wie viele Schlüssel gibt es sonst noch zu dem Raum?«
»Diesen und dann noch den im Pfarrhaus. Meinen Schlüssel für das Pfarrhaus brauche ich aber.« Er machte einen Schlüssel von der Kette ab und hielt sie Eve dann hin.
»Danke. Wer war Ortiz, und wie ist er gestorben?«
»Mr Ortiz?« Ein warmes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus. »Wie gesagt, er war eine Stütze der Gemeinde. Er besaß ein Familienrestaurant ein paar Blocks von hier entfernt. Das Abuelo’s. Führte es, wie man mir erzählte, bis vor zehn Jahren zusammen mit seiner Frau, bevor er es einem seiner Söhne und seiner Enkeltochter übergeben hat. Er ist hundertsechzehn Jahre alt geworden und dann friedlich – und ich hoffe, schmerzlos – im Schlaf gestorben. Er war ein guter Mensch und ausnehmend beliebt. Ich glaube, er ist bereits in Gottes Hand.«
Er strich leicht mit den Fingern über das Kreuz, das er an einer Kette trug. »Seine Familie ist verständlicherweise erschüttert darüber, was heute Vormittag geschehen ist. Wenn ich sie kontaktieren und die Totenmesse zu Ende führen könnte … nicht hier«, schränkte er ein, bevor Eve etwas sagen konnte. »Ich würde die entsprechenden Vorkehrungen treffen, aber sie müssen ihren Vater, Großvater und Freund begraben, müssen dieses Ritual zu Ende führen. Und auch Mr Ortiz sollte derart geachtet werden, dass er möglichst schnell zur letzten Ruhe geleitet wird.«
Mit Pflichten gegenüber Toten kannte sie sich aus. »Ich muss jetzt noch mit jemand anderem sprechen. Ich werde versuchen, die Sache zu beschleunigen. Warten Sie bitte im Pfarrhaus auf mich.«
»Ich bin ein Verdächtiger.« Ein Gedanke, der ihn weder zu erschüttern noch zu überraschen schien. »Ich habe Miguel vielleicht die Waffe überreicht, von der er getötet worden ist.«
»Das stimmt. Sie sind ebenso verdächtig wie so ziemlich jeder andere, der heute in der Kirche war und in die Sakristei hätte gelangen können. Hector Ortiz ist der Einzige, der nicht auf meiner Liste steht.«
Abermals verzog er das Gesicht zu einem leichten Lächeln. »Die Babys und die Kleinkinder können Sie wahrscheinlich auch von Ihrer Liste streichen, und von ihnen war jede Menge da.«
»Ich weiß nicht. Kleinkinder sind per se in höchstem Maß verdächtig«, antwortete sie. »Wir müssen uns auch Flores’ Zimmer im Pfarrhaus ansehen. Aber vorher werde ich noch dafür sorgen, dass Mr Ortiz aus der Kirche geholt werden kann.«
»Danke. Ich warte dann im Haus auf Sie.«
Eve führte ihn hinaus, schloss die Tür hinter ihm ab und wies einen Beamten an, ihr den zweiten Zeugen zu bringen, der Polizist und als Verwandter des verstorbenen Hector bei der Messe gewesen war.
Bevor ihr Zeuge kam, sah sie sich den toten Flores noch einmal von allen Seiten an. Attraktiver Bursche, dachte sie. Gut einen Meter achtzig groß, und auch wenn es unter seinem seltsamen Gewand nicht genau zu sehen war, wusste sie aufgrund von seinen Daten, dass er athletische dreiundsiebzig Kilo wog.
Er hatte gleichmäßige Züge, dichtes, dunkles Haar mit ein paar silbrigen Strähnen und sah deutlich glatter, jünger und geschmeidiger als López aus.
Wahrscheinlich gab es alle möglichen Arten von Priestern, überlegte sie, genau wie in der normalen Bevölkerung.
Auch wenn sie den Grund für diese Vorschrift nicht verstand, sollten Priester keinen Sex haben. Manche Priester aber ignorierten diese Vorschrift und hatten wie ganz normale Leute regelmäßig auch in dieser Hinsicht ihren Spaß. Vielleicht hatte ja auch Flores keinen Sinn fürs Zölibat gehabt.
Wer hätte den wohl schon?
Vielleicht hatte er sich mit dem oder der Falschen eingelassen. Vielleicht hatte eine zornige Geliebte oder der erboste Partner einer solchen Frau ihn um die Ecke gebracht. Er hatte besonders gern mit jungen Leuten zu tun gehabt, ging ihr López’ Aussage durch den Kopf. Vielleicht hatte er sich ja an irgendwelche Minderjährigen herangemacht. Und Mutter oder Vater hatte sich dafür an ihm gerächt. Oder …
»Lieutenant Dallas?«
Eve drehte sich um und entdeckte eine wirklich heiße, junge Frau in einem strengen, schwarzen Kostüm. Sie war zierlich, trotz der hochhackigen Schuhe höchstens einen Meter fünfundsechzig groß, hatte riesengroße, mandelförmige, leuchtend grüne Augen und zu einem Knoten aufgestecktes rabenschwarzes Haar.
»Graciela Ortiz. Officer Ortiz«, fügte sie hinzu.
»Officer.« Eve kam die Stufen vom Altar herunter und blickte sie fragend an. »Sie sind mit Mr Ortiz verwandt.«
»Poppy, ja. Er war mein Urgroßvater.«
»Mein Beileid.«
»Vielen Dank. Er hatte ein langes, schönes Leben und jetzt ist er bei den Engeln. Aber Pater Flores …«
»Sie glauben nicht, dass Pater Flores bei den Engeln ist?«
»Ich hoffe es. Aber er hat nicht lange gelebt und ist auch nicht friedlich in seinem Bett gestorben. Einen solchen Tod habe ich nie zuvor erlebt.« Sie atmete erschaudernd ein. »Ich hätte schneller reagieren und den Tatort sofort sichern sollen. Mein Cousin und ich – Matthew ist bei der Drogenfahndung – hätten schneller reagieren sollen, aber ich war näher dran. Matt saß ganz hinten in der Kirche. Ich dachte – wir alle dachten –, dass der Pater irgendeine Art von Anfall hat. Dr. Pasquale und mein Onkel – er ist ebenfalls Mediziner – haben noch versucht ihn wiederzubeleben. Es ging alles furchtbar schnell. Drei, vier Minuten, länger nicht. Aber in der Zeit wurden der Leichnam bewegt und mögliche Spuren verwischt. Es tut mir leid.«
»Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
Graciela schilderte ihr die Ereignisse so, wie sie auch von Pater López beschrieben worden waren.
»Kannten Sie Pater Flores?«
»Ja, ein bisschen. Er hat meinen Bruder getraut. Außerdem hat er viel Zeit im Jugendzentrum verbracht. Das tue ich auch, ich kannte ihn deshalb von dort.«
»Und, was hatten Sie für einen Eindruck?«
»Er wirkte sehr offen und an vielen Dingen interessiert. Vor allem zu den Straßenkindern hatte er einen ganz besonderen Draht. Ich dachte, vielleicht hätte er früher selbst einmal ähnliche Erfahrungen gemacht.«
»War er an einem oder mehreren der Kids besonders interessiert?«
»Das ist mir nicht aufgefallen. Aber so oft habe ich ihn dort auch nicht getroffen.«
»Hat er je versucht sich an Sie heranzumachen?«
»Sich an mich … oh nein.« Graciela wirkte erst schockiert, dann aber nachdenklich. »Nein, das hat er nicht. Und ich habe auch nie gehört, dass er diesen speziellen Schwur gebrochen hätte.«
»Hätten Sie es denn gehört, wenn es so gewesen wäre?«
»Ich weiß nicht, aber meine Familie – und die ist wirklich riesengroß – ist sehr stark in der Kirche und dieser Gemeinde engagiert. Wenn er sich an jemanden herangemacht hätte, wäre deshalb die Chance groß gewesen, dass diese Person mit uns verwandt oder auf irgendeine andere Art verbunden ist, und die Buschtrommeln in unserem Clan funktionieren wirklich gut. Außerdem ist meine Tante Rosa Haushälterin im Pfarrhaus und bekommt dort alles mit.«
»Rosa Ortiz?«
»Nein, O’Donnell.« Graciela lächelte. »Wir dehnen die Familie immer weiter aus. Ist der Pater ermordet worden, Lieutenant?«, fragte sie und ihre Miene wurde wieder ernst.
»Bisher ist es nur ein ungeklärter Todesfall. Vielleicht könnten Sie auch noch mit anderen Mitgliedern Ihrer Familie sprechen, um zu hören, ob irgendwem etwas aufgefallen ist.«
»In den nächsten Tagen wird wahrscheinlich kaum jemand von irgendetwas anderem sprechen«, bemerkte die junge Frau. »Ich werde sehen, ob ich etwas bei denen in Erfahrung bringen kann, die ihn besser kannten als ich.«
»Okay. Ich werde den Leichnam Ihres Urgroßvaters wieder freigeben. Sie und Ihr Cousin können das der Familie mitteilen, sobald wir hier fertig sind.«
»Danke, das ist nett.«
»Von welchem Revier sind Sie?«
»Vom zweihundertdreiundzwanzigsten, hier in East Harlem.«
»Und wie lange sind Sie schon dabei?«
»Seit fast zwei Jahren. Eigentlich wollte ich Anwältin werden, aber dann habe ich es mir anders überlegt.«
Und wahrscheinlich würde sie es sich noch einmal anders überlegen, dachte Eve. Weil sie einfach keinen Cop in den leuchtenden grünen Augen sah. »Ich hole meine Partnerin, und dann geben wir den Sarg von Mr Ortiz frei. Falls Ihnen in Bezug auf Flores noch etwas einfällt, erreichen Sie mich …«
»Auf dem Hauptrevier«, beendete Graciela ihren Satz. »Ich weiß.«
Damit klapperte sie auf ihren hohen Absätzen davon, und Eve sah sich noch einmal um. Ziemlich viele Tote für eine derart kleine Kirche, überlegte sie. Einer im Sarg, einer vor dem Altar und einer an einem riesengroßen Kreuz, der auf die anderen zwei heruntersah.
Einer war nach einem langen Leben nicht mehr aus dem Schlaf erwacht, einer schon in jungen Jahren plötzlich einfach umgekippt, und den Letzten hatten sie in noch jüngeren Jahren an ein Kreuz genagelt, wo er elendig verreckt war.
Gott, Priester und Gläubige, ging es ihr durch den Kopf. Ihrer Meinung nach hatte Gott auf jeden Fall das schlechteste Geschäft der drei gemacht.
»Ich kann mich nicht entscheiden, ob all diese Statuen, Kerzen und das bunte Glas eher hübsch oder unheimlich sind«, meinte Peabody, die neben Eve zum Pfarrhaus lief.
»Die Statuen sehen aus wie Puppen, und Puppen sind eindeutig unheimlich. Man erwartet immer, dass sie blinzeln oder so. Und die Puppen, die so lächeln«, Eve presste demonstrativ die Lippen aufeinander, während sie sie gleichzeitig nach oben zog. »Man weiß einfach ganz genau, dass sie jede Menge Zähne haben. Große, spitze, scharfe Zähne.«
»Ich wusste das nicht. Aber jetzt mache ich mir natürlich Gedanken.«
Die kleine, bescheidene Pfarrei hatte blumengeschmückte Fenster, an eine ausreichende Sicherung des Hauses hatte aber offenbar bisher niemand gedacht. Die offenen, geschmückten Fenster ließen die warme Frühlingsluft herein, und es gab weder ein Handlesegerät noch eine Überwachungskamera neben der lediglich mit einem Standardschloss versehenen Tür.
Eve klopfte vernehmlich an und blieb abwartend stehen. Sie trug eine schlichte Hose, abgewetzte Stiefel und ihr Waffenhalfter wurde von einem blassgrauen Blazer verdeckt. Ihr kurzes, braunes Haar flatterte in der frischen Brise, und die whiskeybraunen Augen blickten kühl und ausdruckslos.
Die Frau, die an die Tür kam, hatte ein von wilden, dunklen Locken mit goldfarbenen Spitzen gerahmtes, hübsches Gesicht. Sie sah Eve und Peabody aus rot verquollenen Augen an. »Es tut mir leid, Pater López kann heute keinen Besuch empfangen.«
»Ich bin Lieutenant Dallas.« Eve zog ihre Dienstmarke hervor. »Und das ist Detective Peabody.«
»Ja, natürlich. Entschuldigen Sie. Der Pater sagte mir, dass er Sie erwartet. Bitte kommen Sie herein.«
Damit trat sie einen Schritt zurück. Sie trug eine rote Nelke im Knopfloch ihres schwarzen Kostüms, in dem ihr herrlich gerundeter Körper vorteilhaft zur Geltung kam. »Dies ist ein grauenhafter Tag für die Gemeinde und für meine Familie. Ich bin Rosa O’Donnell. Mein Großvater … wissen Sie, das war seine Totenmesse. Der Pater ist in seinem Büro. Er hat mir das hier für Sie gegeben.« Sie hielt Eve einen Umschlag hin. »Sie hatten ihn gebeten aufzuschreiben, wie Pater Flores’ heutiger Tagesablauf war.«
»Ja, danke.«
»Ich soll den Pater wissen lassen, ob Sie ihn noch sprechen müssen.«
»Das ist momentan nicht nötig. Aber Sie können ihm von mir ausrichten, dass Mr Ortiz’ Leichnam freigegeben worden ist. Jetzt müssen meine Partnerin und ich uns Pater Flores’ Zimmer ansehen.«
»Dann bringe ich Sie rauf.«
»Sie kochen für die Pfarrei«, begann Eve auf dem Weg aus dem winzigen Flur in den oberen Stock.
»Ja, und ich putze auch. Ich tue hier alles, was nötig ist. Drei Männer, selbst wenn sie Priester sind, brauchen einfach jemanden, der Ordnung für sie hält.«
Über die enge, steile Treppe gelangte man in einen schmalen Flur. Die weißen Wände waren hier und da mit Kruzifixen und mit Aufnahmen von Männern in Soutanen, die huldvoll oder – wie Eve dachte – traurig und gelegentlich ein wenig grimmig lächelten, geschmückt.
»Sie kannten Pater Flores«, wandte sie sich abermals Rosa O’Donnell zu.
»Ich glaube, ich kannte ihn sogar sehr gut. Wenn man für einen Menschen kocht und putzt, weiß man nach einer Weile ganz genau, was für ein Typ er ist.«
»Und was war er für ein Typ?«
Rosa hielt vor einer Tür und stieß einen Seufzer aus. »Gläubig und humorvoll. Er hat Sport geliebt, ihn selbst betrieben, sich aber auch gerne irgendwelche Spiele angesehen. Er hatte jede Menge Energie. Und einen Großteil dieser Energie hat er in das Jugendzentrum investiert.«
»Wie kam er mit seinen Mitbewohnern aus? Den beiden anderen Priestern«, erläuterte Eve angesichts von Rosas verständnislosem Blick.
»Sehr gut. Er und Pater López haben einander respektiert und hatten einen freundschaftlichen, lockeren Umgang miteinander, wenn Sie wissen, was ich damit sagen will.«
»Ich glaube, ja.«
»Zu Pater Freeman hatte er noch engeren Kontakt – wahrscheinlich, weil es außerhalb der Kirche mehr Gemeinsamkeiten zwischen ihnen gab. Er und Pater Freeman haben sich regelmäßig über Sport gestritten, wie es Männer eben tun, haben sich zusammen irgendwelche Spiele angesehen, waren beinahe jeden Morgen miteinander joggen und haben oft im Jugendzentrum miteinander Basketball gespielt.«
Abermals stieß Rosa einen Seufzer aus. »Pater López ruft Pater Freeman gerade an, um ihm zu sagen, was geschehen ist. Das ist alles andere als leicht für ihn.«
»Und was ist mit Flores’ Familie?«
»Er hatte keine Familie mehr. Er hat immer gesagt, dass die Kirche seine Familie ist. Ich glaube, seine Eltern sind gestorben, als er noch ein kleiner Junge war.« Sie öffnete die Tür. »Anders als die Patres López und Freeman hat er niemals Anrufe oder Briefe von Verwandten gekriegt.«
»Und was ist mit anderen Anrufen oder Briefen?«
»Wie bitte?«
»Zu wem hatte er Kontakt? Gab es noch irgendwelche alten Freunde, Lehrer, Klassenkameraden?«
»Ich … ich weiß es nicht.« Rosa runzelte die Stirn. »Natürlich hatte er viele Freunde in unserer Gemeinde, aber falls Sie Leute von außerhalb oder von früher meinen – davon weiß ich nichts.«
»Ist Ihnen in letzter Zeit irgendetwas an ihm aufgefallen? Eine Stimmungsänderung oder eine Veränderung seines normalen Tagesablaufs?«
»Nein, nichts.« Rosa schüttelte den Kopf. »Ich bin heute Morgen vor der Beerdigung gekommen und habe Frühstück für ihn und Pater López gemacht. Da war er sehr nett zu mir.«
»Um wie viel Uhr waren Sie hier?«
»Ah … ungefähr halb sieben oder vielleicht ein paar Minuten später.«
»War zu dem Zeitpunkt sonst noch jemand hier?«
»Nein, ich habe mich selbst hereingelassen. Ich habe einen Schlüssel, aber wie gewöhnlich hatte Pater López vergessen abzusperren. Kurz danach kamen die beiden Patres von der Messe, ich habe ihnen das Frühstück serviert, wir haben noch kurz über den Gottesdienst gesprochen und dann ging Pater Flores ins Büro, um an seiner Predigt zu arbeiten.«
Sie presste ihre Fingerspitzen an die Lippen und fragte mit unglücklicher Stimme: »Wie konnte das passieren?«
»Das werden wir herausfinden. Danke«, entließ Eve die andere Frau und betrat den Raum.
Er war mit einem schmalen Bett, einem kleinen Schrank, einer Spiegelkommode, einem Nachtschränkchen und einem Tisch möbliert. Es gab weder einen Computer noch ein Link, das Bett war ordentlich gemacht und über dem Kopfende hingen ein Bild von Jesus am Kreuz sowie – offenbar, um ganz sicherzugehen – zusätzlich ein Kruzifix.
Private Fotos, irgendwelche losen Münzen oder anderer Kleinkram waren nirgendwo zu sehen. Auf dem Nachttisch lagen eine Bibel und ein schwarzsilberner Rosenkranz, auf der Kommode ein Handy und ein Kamm.
»Das erklärt, warum er kein Handy bei sich hatte«, stellte Peabody fest. »Ich schätze, sie nehmen diese Dinger nicht zum Gottesdienst mit.« Sie drehte sich einmal um sich selbst und die kess gebogenen Spitzen ihrer dunklen Haare wippten dabei fröhlich auf und ab. »Nun, ich schätze, die Durchsuchung dieses Zimmers wird nicht lange dauern, schließlich gibt’s hier drinnen kaum etwas zu sehen.«
»Gucken Sie sich auch die anderen Zimmer an. Einfach vom Flur aus, um zu sehen, ob sie genauso eingerichtet sind.«
Als Peabody den Raum verließ, zog Eve mit einer versiegelten Hand die Schubladen der Kommode auf. Sie enthielten weiße Boxershorts und Unterhemden, weiße und schwarze Socken, weiße, schwarze und graue T-Shirts, einige mit aufgedruckten Logos irgendwelcher Teams, sonst nichts.
»Die beiden anderen haben mehr Zeug«, klärte ihre Partnerin sie nach ihrer Rückkehr auf. »Fotos und irgendwelchen Männerkram.«
»Definieren Sie Männerkram«, bat Eve und zog die letzte Lade auf.
»Einen Golfball auf einem Tee, haufenweise Disketten, Boxhandschuhe, Sachen dieser Art.«
»Überprüfen Sie den Schrank.« Eve zog die unterste Schublade ganz heraus und prüfte, ob sich etwas unter dem Boden oder hinter der Rückwand fand.
»Zwei schwarze Anzüge und eine Soutane, ein paar abgetragene schwarze Schuhe, zwei Paar Basketballschuhe, von denen eins uralt aussieht. Im Regal …« Peabody machte eine Pause und wühlte zwischen den Sachen herum. »… Sachen für kälteres Wetter. Zwei Pullis, zwei Sweatshirts, eine Kapuzenjacke – mit dem Logo der Knicks.«
Nachdem sie sich die Böden und die Rückwände sämtlicher Laden angesehen hatte, zog Eve die Kommode von der Wand und sah auch noch hinter dem Spiegel nach.
Dann rückte sie mit Hilfe ihrer Partnerin den Schreibtisch ein Stück vor. Auf ihm lagen ein Terminkalender, ein paar Memowürfel, ein Stapel mit Broschüren des Jugendzentrums und die Spielpläne der Yankees und der Knicks.
Eve sah sich die letzten Einträge in dem Terminkalender an. »Gestern Abend war die Totenwache für Ortiz im Bestattungsinstitut. Mittwoch war er bei einem Spiel von den Yankees. Lassen Sie uns gucken, ob jemand mit ihm dorthin gegangen ist. Dann steht für den übernächsten Sonntag unter vierzehn Uhr das Kürzel HEK. Muss rausfinden, was das ist. Außerdem stehen hier noch ein paar Spiele und Termine im Jugendzentrum und dann noch zweimal – letzten Montag und Dienstag – zwei Namen und das Kürzel TG. Die beiden Namen überprüfen wir am besten auch. Dann hat er die heutige Beerdigung, für Freitag irgendeine Unterrichtsstunde hier in St. Cristóbal und für Samstag eine Taufe in seinen Kalender eingetragen. Abgesehen von dem Yankees-Spiel lauter priesterliches Zeug.«
Sie steckte den Terminkalender ein. »Überprüfen Sie das Handy«, wies sie Peabody an, während sie selber vor den kleinen Nachttisch trat.
Sie blätterte in der Bibel, in der sie außer auf ein paar kleine Heiligenbildchen auf zwei unterstrichene Zeilen stieß. Und so wartete Abraham in Geduld und erlangte die Verheißung aus dem Hebräerbrief, und aus den Sprüchen Reichtum und Ehre ist bei mir, bleibendes Gut und Gerechtigkeit.
Interessant. Sie steckte die Bibel ein und zog die Schublade des Nachttischs auf, wo sie ein paar weitere Broschüren der Gemeinde sowie eine Mini-Spielekonsole fand. Außerdem klebte hinter der Lade eine silberne Medaille. »Aber hallo. Warum klebt ein Priester eine religiöse Medaille hinter einer Schublade fest?«
Peabody hielt in ihrer eigenen Arbeit inne und richtete sich auf. »Was für eine Medaille?«
»Mit einer Frau in einem dieser Gewänder. Ihre Hände sind gefaltet und es sieht so aus, als stünde sie auf einem Kissen oder so, und als drückte sie ein kleines Kind an ihre Brust.«
»Wahrscheinlich ist das die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Und ja, ein seltsamer Platz für eine Medaille«, stimmte sie Eve zu.
Vorsichtig löste Eve das Klebeband und drehte die Medaille um. »Lino, möge La Virgen de Guadalupe dich behüten– Mama«, las sie vor. »Darunter steht auch noch ein Datum. 12. Mai 2031.«
»Rosa hat gesagt, sie glaube, seine Eltern wären gestorben, als er noch ein kleiner Junge war – damals muss er ungefähr sechs gewesen sein«, bemerkte Peabody. »Vielleicht ist Lino ja ein spanischer Spitz- oder Kosename?«
»Könnte sein. Aber warum hat er das Ding hinter die Schublade geklebt, statt es zu tragen oder es zumindest in die Schublade zu legen? Dürfen Priester Schmuck tragen?«, fragte sich Eve.
»Wahrscheinlich keine dicken Klunker, aber ich habe schon Priester mit Kreuzen, Medaillen oder Ähnlichem gesehen.« Peabody hockte sich neben Eve, um sich das Schmuckstück aus der Nähe anzusehen. »Zeug wie dieses Ding.«
»Ja, ja. Warum also hat er das Teil versteckt? Man versteckt etwas, damit es niemand sieht, und wenn man es sich hin und wieder heimlich ansehen will, versteckt man es an einem für einen selbst leicht zugänglichen Ort. Die Medaille war ihm offenkundig wichtig. Sie hat ihm was bedeutet, ganz egal, ob es seine eigene, die Medaille eines Freundes oder Verwandten oder ein Fund aus einem Trödelladen war. Sieht wie Silber aus«, murmelte Eve. »Aber sie ist nicht angelaufen. Also hat er sie regelmäßig poliert.«
Sie sah sich die Medaille noch einmal von beiden Seiten an und steckte sie dann ein. »Vielleicht können wir ja ihre Spur zurückverfolgen. Was ist mit dem Handy?«
»Die letzten Gespräche wurden mit einem gewissen Roberto Ortiz – dem ältesten noch lebenden Sohn des verstorbenen Mr Ortiz –, mit dem Jugendzentrum und Pater Freeman geführt.«
»Okay, die werden wir uns alle anhören. Bestellen Sie die Kollegen von der Kriminaltechnik und sagen, dass sie diesen Raum, nachdem die Spurensicherung drin war, versiegeln sollen.«
Wieder gingen ihr die beiden unterstrichenen Textpassagen aus der Bibel durch den Kopf. Auf welchen Reichtum und auf welche Ehre hatte Flores wohl gewartet? Weshalb hatte er Geduld gebraucht? Gab es irgendetwas Besonderes, was ihm verheißen worden war?
2
Es war ein langer Weg von Spanish Harlem bis zu dem in der Lower West Side angesiedelten Hauptrevier. Lang genug, dass Peabody den toten Flores überprüfen und die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung weitergeben konnte, während Eve den Wagen durch Manhattan manövrierte, was dank des wie stets chaotischen Verkehrs alles andere als einfach war.
»Miguel Ernesto Flores«, las Peabody von ihrem Handcomputer ab. »Geboren am 6. Februar 2025 in Taos, New Mexico, Eltern Anna Santiago Flores und Constantine Flores, die beide bei einem Überfall auf ihre Bodega im Sommer 2027 umgekommen sind. Die Mutter war damals im siebten Monat schwanger.«
»Haben sie die Täter erwischt?«
»Oh ja. Zwei Typen, gerade einmal achtzehn, die beide zu lebenslangen Haftstrafen ohne Chance auf vorzeitige Entlassung verurteilt worden sind. Flores landete damals im Kinderheim.«
»Die Inschrift auf der Medaille stammt aus dem Jahr 2031 – damals war seine Mutter schon vier Jahre tot. Wer also ist die Mama, von der diese Medaille stammt?«
»Vielleicht eine Pflegemutter?«
»Ja, vielleicht.«
»Er hat eine staatliche Grundschule, dann aber eine private katholische High School und das daran angeschlossene College besucht.«
»Privat?«, hakte Eve nach und stieß, als sie von einem Taxi geschnitten wurde, ein erbostes Fauchen aus. »Dafür braucht man Kohle.«
»Ja. Vielleicht hatte er ein Stipendium? Ich werde nachsehen, woher das Schulgeld kam. Nach dem College ist er direkt ins Priesterseminar eingetreten, dann hat er mehrere Jahre in Mexiko gelebt und gearbeitet. Hatte die doppelte Staatsbürgerschaft. Im November 2054 wurde er nach St. Cristóbal versetzt. Hu, hier klafft eine Lücke in seinem Lebenslauf. Sein letzter Posten vor dem Wechsel nach New York war in einer Mission in Jarez, die er allerdings bereits im Juni 2053 verlassen hat.«
»Wo hat Flores über ein Jahr lang gesteckt, und was hat er in dieser Zeit gemacht? Er muss doch einen Boss gehabt haben – wie López hier. Einen Hauptpfarrer oder so. Finden Sie das heraus. Gibt es irgendwelche Jugendsünden krimineller Art?«
»Hier steht nichts, und es deutet auch nichts auf eine versiegelte Akte hin.«
»Eine private, katholische Schule muss doch teuer sein. Wenn er also kein Stipendium hatte, wie konnte er sich diese Ausbildung dann leisten? Woher kam das Geld? Graben Sie noch etwas tiefer, ja?«
Eve runzelte die Stirn, als sie einen Maxibus umrundete. »Das Opfer hatte eine billige Uhr am Arm und knapp unter vierzig Dollar in seinem Geldbeutel. Wer bezahlt diese Typen eigentlich? Das heißt, werden sie überhaupt bezahlt? Er hatte einen Ausweis, keine Kreditkarte und keinen Führerschein. Dafür aber ein silbernes Kreuz.«
»Vielleicht bezahlt sie ja der Papst.« Peabody machte ein nachdenkliches Gesicht. »Das heißt, natürlich nicht direkt, aber er ist schließlich der oberste Chef dieses Vereins, deshalb kommt das Geld vielleicht von ihm. Ich meine, eine Art Gehalt müssen sie wohl kriegen. Von irgendwas müssen sie schließlich leben – woher hätten sie sonst ihr Essen, ihre Kleider und das Geld für irgendwelche Transportmittel?«
»Er hatte weniger als vierzig Dollar bei sich und in seinem Zimmer war kein Geld. Lassen Sie uns gucken, ob es irgendwo ein Bankkonto auf seinen Namen gibt.« Eve trommelte mit ihren Fingern auf das Lenkrad und fügte hinzu: »Aber vorher fahren wir noch zum Leichenschauhaus und gucken, ob Morris schon die Todesursache herausgefunden hat.«
»Wenn es Gift war, fühlt es sich für mich nicht wie ein Selbstmord an«, erklärte Peabody. »Außerdem weiß ich, dass Katholiken gegen Selbstmord sind, deshalb käme es mir einfach seltsam vor, brächte sich ausgerechnet ein Priester um.«
»Vor allem wäre es echt hart oder zumindest unglaublich sarkastisch, das in einer Kirche voller Leute während einer Totenmesse zu tun«, fügte Eve hinzu. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es so gelaufen ist. Den Zeugenaussagen zufolge hat er die Messe vollkommen gelassen zelebriert. Wenn man weiß, dass man sich gleich vergiften wird, ist man, selbst wenn es einem – haha – todernst mit einem Selbstmord ist, auf jeden Fall etwas nervös oder zögert einen Augenblick, bevor man es tatsächlich tut. Nach dem Motto Also gut, auf geht’s.«
»Vielleicht ging es ja gar nicht speziell um ihn. Vielleicht wollte, wer auch immer diesen Wein vergiftet hat, einfach irgendeinen Priester um die Ecke bringen. Weil er einen religiösen Rachefeldzug führt.«
»Während der Frühmesse war eindeutig noch kein Gift in dem Wein. Vielleicht hat sich anschließend jemand in die Sakristei geschlichen und den Wein mit dem Gift versetzt, ohne zu wissen, wer als Erster davon trinken würde. Auch wenn meiner Meinung nach Flores die Zielperson des Anschlags war.«
Aber diese Vermutung schriebe sie nicht eher in den vorläufigen Bericht, als bis sie von Morris wüsste, dass der Wein tatsächlich nicht astrein gewesen war.
Wie stets schlich sich der Tod – der König aller Diebe – in die kühle, gefilterte Luft der Pathologie. Ganz egal, wie sehr die Techniker sich auch bemühten, vertrieben sie den heimtückischen, süßlichen Geruch niemals völlig aus dem Bau. Eve war den Geruch gewohnt und marschierte deshalb zielstrebig den weißen, grell durch Neonlicht erhellten Korridor hinab, überlegte flüchtig, ob sie sich noch eine Pepsi holen sollte, um den Koffeinlevel in ihrem Blut noch einmal zu erhöhen, schob dann aber, ohne eine Pause einzulegen, entschlossen die Tür des ersten Autopsieraums auf.
Zu ihrer Überraschung wurde sie dort in den Duft von Rosen eingehüllt. Sie standen, rot wie frisches Blut, auf einem der Rolltische, auf denen für gewöhnlich das eher widerliche Handwerkszeug der Pathologen lag. Eve betrachtete das rote Blumenfeld und überlegte, ob der nackte Leichnam, der direkt danebenlag, es vielleicht zu schätzen wusste, dass ein derart eleganter Strauß in seiner Nähe stand.
Elegant war auch der Mann, der fröhlich summend seine Arbeit tat, während die Klänge eines Chorals die mit dem Geruch von Rosen und von Tod geschwängerte Luft erfüllten. Obwohl Chefpathologe Morris heute einen schwarzen Anzug trug, sah er darin weder düster noch morbide aus. Vielleicht wegen des leuchtend blauen Shirts, das er darunter trug. Dazu hatte er sich blaue und rote Kordeln in den langen, schwarzen Pferdeschwanz geflochten und eine der Rosen sorgfältig im Knopfloch seiner Jacke festgemacht.
Der durchsichtige Schutzanzug, den er über den Kleidern trug, tat seiner Attraktivität nicht den geringsten Abbruch, was sicherlich auch an seinen exotisch schräg stehenden Augen und an seinem warmen Lächeln lag.
»Hübsche Blumen«, meinte sie.
»Nicht wahr? Sie sind ein Dankeschön. Ich dachte, ich bringe sie einfach mit hierher. Sie verleihen dem Raum ein elegantes Flair, finden Sie nicht auch?«
»Sie sind einfach prächtig«, Peabody trat vor den Strauß und schnupperte daran. »Mann, das sind mindestens zwei Dutzend. Ein ganz schön großzügiges Dankeschön.«
Es war offensichtlich, dass sie wissen wollte, wer dem Pathologen dergestalt zu Dank verpflichtet war, aber Morris sah sie einfach weiter lächelnd an. »Das von einer wirklich guten Freundin stammt. Vielleicht sollte ich öfter Blumen mit zur Arbeit bringen. Schließlich hat man Toten immer schon Blumen gebracht.«
»Und warum?« Eve sah ihn fragend an.
»Ich glaube, sie sind das Symbol der Wiederauferstehung, einer Art Wiedergeburt. Was auch mein momentaner Gast zu schätzen wissen sollte«, fuhr er fröhlich fort. »Genau wie die Musik, ich habe extra Mozarts Requiem gewählt.«
»Okay.« Eve blickte zu Flores und wagte zu bezweifeln, dass er überhaupt noch irgendetwas zu schätzen wüsste, während er mit aufgesägtem Brustkorb auf dem Stahltisch lag. »Wie ist er dorthin gekommen?«
»Das Leben ist ein langer und gewundener Weg. Der in seinem Fall mit einer Dosis Gift in seinem Wein geendet hat.«
»Cyanid.«
Morris nickte zustimmend. »Zyankali, um genau zu sein. Es löst sich leicht in Flüssigkeiten auf und die Dosis hätte selbst ein Nashorn umgehauen. Ich bin noch nicht mit ihm fertig, aber abgesehen davon, dass er nicht mehr lebt, scheint er ausnehmend gesund zu sein. Fit wie ein Turnschuh oder ready for love.«
»Wie bitte?«
»Das stammt aus einem alten Lied. Die Verletzungen sind eine Folge seines Sturzes. Ungefähr drei Stunden vor Eintreten des Todes hat er Kleiemüsli, rehydrierte Bananen, Jogurt und Sojakaffee zu sich genommen. Irgendwann während der Pubertät hat er sich die Speiche im linken Arm gebrochen, doch der Bruch ist gut verheilt. Ich gehe davon aus, dass er passend zu seinem Metier mit religiösem Eifer Sport getrieben hat.«
»So hat man es mir erzählt.«
»Was vielleicht eine Erklärung für die Abnutzung seiner Gelenke, nicht aber für seine Narben ist.«
»Was für Narben?«
Morris winkte sie mit seinem Zeigefinger näher an den Tisch und hielt ihr eine Mikro-Brille hin. »Lassen Sie uns hier anfangen.« Er drehte den Computerbildschirm so, dass Peabody darauf verfolgen konnte, was sie durch die Brillen sahen, und beugte sich mit Eve über den toten Mann. »Hier, zwischen der vierten und der fünften Rippe. Sie ist nur ganz schwach zu sehen, und ich gehe davon aus, dass irgendwer versucht hat, sie so gut wie möglich zu entfernen. Nur geht das an der Rippe nicht, weshalb die Narbe dort noch immer gut zu sehen ist. Hier, gucken Sie.«
Peabody entfuhr ein gurgelndes Geräusch, als Morris die Haut über dem Brustkorb auseinanderzog.
Eve sah sich die Rippe durch die Mikro-Brille an. »Eine Stichwunde«, stellte sie fest.
»Genau. Und hier«, er wies rechts oben auf den Brustkorb, »hat es ihn ebenfalls erwischt. Ich muss ihn noch genauer untersuchen, aber meiner Expertenmeinung nach ist die erste Wunde zwischen fünf und zehn und die zweite zwischen zehn und fünfzehn Jahre alt. Dann hier noch, am linken Unterarm. Auch diese Narbe ist mit bloßem Auge kaum zu sehen. Vermutlich hat ein echter Fachmann sie entfernt.«
»Das war keine Wunde«, murmelte Eve, als sie das schwache Muster sah. »Das muss ein Tattoo gewesen sein.«
»Sie sind wirklich meine beste Schülerin.« Morris schlug ihr anerkennend auf den Rücken. »Ich schicke eine Kopie des vergrößerten Bildes ins Labor. Sie sollten dort in der Lage sein, die Tätowierung Ihres Priesters wiederherzustellen. Und jetzt zu etwas wirklich Interessantem. Er hat sein Gesicht verändern lassen.«
Eve hob den Kopf und blickte Morris fragend an. »Inwiefern?«
»Ich denke im großen Stil. Aber bisher habe ich ihn noch nicht fertig untersucht und kann Ihnen nur sagen, dass es eine erstklassige Arbeit und deswegen sicher ziemlich teuer war. Viel teurer als das, was sich ein normaler Diener Gottes leisten kann.«
»Das glaube ich auch.« Langsam setzte sie die Brille wieder ab. »Wann wurde diese Arbeit durchgeführt?«
»Um das ganz genau sagen zu können, muss ich erst noch meinen Zauber wirken lassen, doch ich gehe davon aus, dass es ungefähr zur selben Zeit wie die Entfernung seiner Tätowierung war.«
»Ein tätowierter Priester, auf den zweimal eingestochen worden ist.« Eve legte die Sehhilfe unter den roten Rosen ab. »Und der mit einem neuen Gesicht vor etwas über fünf Jahren hier auf der Bildfläche erschienen ist. Das ist wirklich interessant.«
»Wer hat schon so aufregende Jobs wie wir?«, fragte Morris grinsend. »Haben wir nicht wirklich Glück?«
»Nun, auf alle Fälle mehr als unser toter Pater hier.«
»Ich frage mich, wer das wohl war«, sinnierte Peabody, als sie mit Eve wieder zurück zum Ausgang lief.
»Natürlich tun Sie das. Dafür werden Sie ja schließlich auch bezahlt.«
»Nein, oder natürlich, ja. Aber ich meinte die Sache mit den Rosen. Wer hat Morris diesen dicken Rosenstrauß geschickt und vor allem als Dank wofür?«
»Meine Güte, Peabody, das ist doch wohl offensichtlich. Wie haben Sie die Prüfung zum Detective je geschafft? Die Rosen sind ein dickes Dankeschön dafür, dass er irgendwem praktisch das Hirn herausgevögelt hat.«
»Das muss nicht der Grund sein«, gab Peabody schmollend zurück. »Es könnte auch ein Dankeschön für tatkräftige Hilfe bei einem Umzug oder etwas in der Richtung sein.«
»Wenn man ein Dankeschön fürs Möbelschleppen kriegt, ist das ja wohl eher ein Sixpack Bier. Einen Riesenstrauß mit roten Rosen kriegt man nur für Sex. Und zwar für jede Menge wirklich guten Sex.«
»McNab bekommt von mir jede Menge wirklich guten Sex, aber einen solchen Strauß hat er mir bisher nie geschenkt.«
»Sie leben ja auch mit ihm zusammen. Weshalb Sex für Sie beide ganz einfach Teil des Alltags ist.«
»Roarke schenkt Ihnen sicher ständig Blumen«, maulte ihre Partnerin.
Tat er das? Tatsächlich standen ständig irgendwelche frischen Blumensträuße bei ihnen daheim herum. Waren die etwa für sie? Sollte sie sich dafür bei Roarke bedanken oder sogar selbst gelegentlich Blumen kaufen gehen? Himmel, diese Überlegungen waren vollkommen lächerlich.
»Und zur Frage wer – wahrscheinlich sind die Blumen von der schönen Südstaatenkollegin mit dem grandiosen Vorbau, die er schon seit einer ganzen Weile anbaggert. Das Rätsel wäre also gelöst, vielleicht schaffen wir es jetzt, wieder über den Toten nachzudenken, dessentwegen wir hierhergekommen sind.«
»Detective Coltraine? Sie ist noch kein Jahr hier in New York. Weshalb kriegt ausgerechnet sie einen Kerl wie Morris ab?«
»Peabody.«
»Ich meine nur, wenn jemand Morris kriegt, dann sollte es eine von uns sein. Keine von uns beiden«, schränkte sie umgehend ein, »schließlich sind wir schon vergeben. Aber eine von den Kolleginnen«, führte sie mit zornblitzenden, braunen Augen aus, »die nicht erst seit fünf Minuten in der Gegend sind.«
»Wenn Sie nicht mit ihm schlafen können, weshalb interessiert es Sie dann, wer es kann?«
»Sie interessiert’s doch auch«, murmelte Peabody, während sie sich auf den Beifahrersitz des Wagens sinken ließ.
Vielleicht ein bisschen, dachte Eve, doch das gäbe sie ganz sicher niemals zu. »Könnte ich Sie jetzt vielleicht noch einmal für einen toten Priester interessieren?«
»Okay, okay.« Peabody stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Okay. Das mit dem Tattoo muss keine große Sache sein. Ständig lassen sich Leute tätowieren und bereuen es dann irgendwann. Weshalb ablösbare Tattoos viel schlauer sind. Vielleicht hat er sich die Tätowierung machen lassen, als er jünger war, und kam dann zu dem Schluss, sie wäre doch nicht ganz das Richtige für seinen Job.«
»Und wie erklären Sie die Stichwunden?«
»Manchmal begeben sich Priester und andere religiöse Typen in gefährliche Gegenden und Situationen. Vielleicht wurde er ja abgestochen, als er versucht hat, jemandem zu helfen. Die ältere Verletzung hat er sich vielleicht geholt, als er noch ein Teenie und kein Priester war.«
Eve ließ den Wagen an. »Könnte sein«, stimmte sie mit nachdenklicher Stimme zu, fragte dann aber: »Und was ist mit dem veränderten Gesicht?«
»Das ist natürlich etwas schwieriger. Vielleicht wurde er ja bei einem Autounfall oder so verletzt, war danach entstellt, und die Kirche oder irgendein Mitglied der Gemeinde hat für die Wiederherstellung seines Gesichts bezahlt.«
»Am besten gucken wir uns erst mal seine Krankenakte an. Dann werden wir ja sehen.«
»Aber Sie kaufen mir diese Version nicht ab.«
»Ich würde sie nicht einmal übernehmen, wenn Sie sie mir schenken würden, Peabody.«
In ihrem Büro auf dem Revier schrieb Eve ihren vorläufigen Bericht, legte eine Akte an, stellte eine Tafel auf, befestigte eine Kopie von Flores’ Passfoto daran und starrte sie nachdenklich an.
Keine Vorstrafen. Keine Verwandten. Keine irdischen Besitztümer von Wert.
Eine öffentliche Vergiftung, überlegte sie, war etwas Ähnliches wie eine Hinrichtung. Die religiöse Symbolik war dabei nicht zu übersehen. Denn sie war offensichtlich vorsätzlich gewählt. Also eine religiöse Hinrichtung?
Sie nahm wieder hinter ihrem Schreibtisch Platz und ging anhand der Zeugenaussagen und López’ Aufzeichnungen Flores’ letzte Stunden durch.
5.00 Uhr– aufstehen. Morgendliches Gebet und Meditation (in seinem eigenen Zimmer)
5.15 Uhr– duschen, anziehen
6.00 Uhr– 6.35 Uhr– hilft López bei der Frühmesse, stellt den Wein für das Abendmahl und die Kekse, nein, die Hostien bereit
Circa 6.30 Uhr– Rosa O’Donnell erscheint im– unverschlossenen– Pfarrhaus
Circa 6.45 Uhr– kehrt zusammen mit López aus der Kirche ins Pfarrhaus zurück
7.00 Uhr– 8.00 Uhr– nimmt zusammen mit López das von Rosa O’Donnell zubereitete Frühstück ein
8.00 Uhr– 8.30 Uhr– zieht sich ins gemeinsame Büro zurück und bereitet sich dort auf die Totenmesse vor
8.30 Uhr– Roberto und Madda Ortiz tauchen zusammen mit den Angestellten des Bestattungsinstituts und Ortiz’ Leichnam in der Kirche auf
8.40 Uhr– kehrt zusammen mit López in die Kirche zurück, um dort die Familie zu begrüßen und bei der Verteilung des Blumenschmucks zu helfen
9.00 Uhr– zieht sich in die Sakristei (in der das Tabernakel steht) zurück, um sich dort für die Messe umzuziehen
9.30 Uhr– die Messe beginnt
10.15 Uhr– trinkt den vergifteten Wein
Also hatte der Mörder von zwanzig vor sechs bis sechs Uhr dreißig Zeit gehabt, um sich in die Pfarrei zu schleichen, sich den Schlüssel zu der Kiste zu besorgen und dann zwischen sieben und neun den Wein zu präparieren, in die Pfarrei zurückzukehren und den Schlüssel wieder an seinen Platz zu legen, überlegte Eve.
Zwei ziemlich große Zeitfenster, vor allem, falls er ein Mitglied der Gemeinde war und die anderen gewohnt waren, ihn in der Kirche zu sehen.
Selbst ohne Schlüssel wäre es das reinste Kinderspiel gewesen, die Kiste aufzumachen. Dazu hätte man nur ein paar grundlegende Kenntnisse gebraucht. Und der Zugriff auf den Schlüssel wäre fast genauso leicht gewesen, vor allem, wenn der Mörder wusste, wo er lag und dass sowohl die Kirche als auch die Pfarrei meistens offen standen.
Das Wie war also kein Problem, obwohl es ihr auf alle Fälle hülfe, den Täter wegzusperren. Doch aus welchem Grund hatte jemand den Priester umgebracht? So, wie Eve die Sache sah, lag das Motiv für diese Tat eindeutig bei Miguel Flores selbst.
Sie griff nach den Fotos, auf denen man die Vorder- und die Rückseite der gefundenen Medaille sah.
Sie schien ihm wichtig gewesen zu sein. Wichtig genug, um sie zu verstecken, und zwar nah genug, dass es ihm möglich gewesen war, sie hervorzuholen, zu berühren, anzusehen. Das Klebeband war frisch gewesen, dachte Eve, doch an der Rückseite der Schublade hatten noch Reste alten Klebebands geklebt. Er hatte die Medaille also schon seit Längerem dort aufbewahrt, aber erst vor Kurzem noch einmal hervorgeholt.
Sie las sich noch einmal die Inschrift durch.
Lino.
Ein kurzer Blick ins Internet verriet, dass es die spanische Version des Namens Linus war. Außerdem war es das Kürzel für Linoleum, aber das bedeutete es in diesem Fall ganz sicher nicht.
Da Flores’ Mutter seinem Lebenslauf zufolge schon seit 2027 nicht mehr lebte, konnte die Mama auf der Medaille unmöglich Anna Flores sein. Ein spanischer Name und die spanische Bezeichnung für die auf dem Schmuckstück abgebildete Gestalt, während der Rest in Englisch war. Vielleicht hatte jemand die Medaille gravieren lassen, der Latinowurzeln hatte, aber in Amerika zuhause war. Das traf auch auf Flores zu.
Ob Lino ein Freund, ein anderer Priester oder vielleicht gar ein Liebhaber gewesen war? Flores war sechs Jahre alt gewesen, als diese Gravur angefertigt worden war. Eine Waise in der Hand der Fürsorge.
Sie wusste, wie sich das anfühlte.
Vielleicht war es ihr in jenen Jahren nicht gelungen, irgendwelche dauerhaften Bande zu knüpfen, aber andere hatten es geschafft. Vielleicht ja auch Flores, vielleicht war diese Medaille eine Erinnerung an einen alten Freund.
Aber weshalb hatte er sie dann versteckt?
Obwohl es nie zu einer Adoption gekommen war, hatte irgendwer für seine Ausbildung durch die Kirche bezahlt. Hatte dieser Lino sich des Jungen angenommen und die Schule für ihn finanziert?
Sie wandte sich wieder ihrem Computer zu und gab abermals den Namen Miguel Flores ein.
Im selben Augenblick kam Peabody herein und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Eve kam ihr zuvor.
»Das nenne ich Timing«, meinte sie. »Meine Kaffeetasse ist nämlich mal wieder leer.«
Augenrollend schnappte sich Peabody die Tasse und trat vor den AutoChef. »Es ist ein wirklich harter Kampf, bevor man irgendwelche Krankenakten aus Mexiko bekommt. Aber nach langem heldenhaften Bemühen – durch das ich mir auch einen Kaffee verdient habe – habe ich das Zeug gekriegt. Die Behandlung einer Stichwunde oder irgendwelche kosmetischen Operationen werden in den Unterlagen nicht erwähnt.«
Eve lehnte sich zurück und trank einen Schluck Kaffee. »Und was steht drin?«
»Das Übliche. Jährliche Gesundheitschecks, eine leichte Korrektur der Augen, halbjährliche Besuche beim Zahnarzt, die Behandlung einer Magenverstimmung und einer Schnittwunde an seiner Hand. Nichts Besonderes.«
»Uh-huh. Und was war während seiner Jahre in New York?«
»Die Unterlagen sehen genauso aus. Jährlicher Gesundheitscheck, ein paar Verstauchungen, ein verrenkter Zeigefinger, eine Knieverletzung, weiter nichts.«
»Wahrscheinlich lauter Sportverletzungen.« Eve trommelte mit ihren Fingern auf den Schreibtisch und stellte mit nachdenklicher Stimme fest: »Seltsam, dass er während seines Aufenthalts in Mexiko kein einziges Mal wegen solcher Sachen in Behandlung war. Besorgen Sie mir die Akten seines Zahnarztes in Mexiko.«
»Himmel! Wissen Sie, wie schwierig so was ist? Außerdem ist er ein paarmal umgezogen, das heißt, dass er nicht nur bei einem Zahnarzt war, doch vor allem war er ein katholischer Priester, und die Kirche sieht es gar nicht gern, wenn man sich allzu gründlich mit einem ihrer Leute befasst. Warum wollen Sie überhaupt …«
Sie brauchte immer einen Augenblick, aber für gewöhnlich kam sie von allein drauf, wusste Eve.
»Sie glauben, dass der Tote nicht Miguel Flores ist.«
»Ich glaube, dass der Tote Lino hieß.«
»Aber … das würde bedeuten, dass er gar kein echter Priester war und trotzdem Messen abgehalten, Paare getraut und Menschen beerdigt hat.«