Kaffeeduft und Meeresluft - Frida Luise Sommerkorn - E-Book
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Kaffeeduft und Meeresluft E-Book

Frida Luise Sommerkorn

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Beschreibung

Eigentlich sollte Stine die glücklichste Frau der Welt sein: Sie hat die besten Freundinnen, die man sich wünschen kann. Sie besitzt ein kleines Büchercafé, in dem sie die leckersten Kreationen zaubert. Und sie wird bald den begehrtesten Junggesellen von Ahrenshoop heiraten. Wären da nicht Ben, ihre große Liebe, der vor acht Jahren von einen auf den anderen Tag verschwand und ausgerechnet jetzt wieder auftaucht, und Jennifer, wegen der es keine Versöhnung mit Ben geben kann. Und wären da nicht die Schmetterlinge im Bauch, die immer beim falschen Mann zu flattern beginnen ...

"Kaffeeduft und Meeresluft" ist der erste Teil der Ostseetrilogie um die drei Freundinnen Stine, Caro und Anne, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die trotzdem nichts und niemand trennen kann.

"Kaffeeduft und Meeresluft" - Band 1
"Sanddornpunsch und Herzenswunsch" - Band 2
"Himbeerschaum und Dünentraum" - Band 3

Weitere Veröffentlichungen:

Ostseetraum-Reihe
"Tanz auf den Wellen" - Teil 1
"Frag nach der Liebe"

Nordseeglück-Reihe
"Insel wider Willen" - Band 1
"Träume sind wie Wellen" - Band 2
"Liebe dank Turbulenzen" - Band 3

Sehnsuchtstrilogie
"Immer wieder im Juni" - Band 1
"Manchmal ist das Glück ganz nah" - Band 2
"Endlich schwingt die Liebe mit" - Band 3

Zum Glück Romane
Zum Glück Ostseestrand - Ferien Küste Kuckucksmänner
Zum Glück Neuseeland - Kiwi gesucht
Zum Glück Costa Rica - Herzchaos im Gepäck

Winterwunderreihe
Ein Rauhnachtswunder - Teil 1
Ein Adventswunder - Teil 2

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Stine

Arthur

Anne

Stine

Caro

Stine

Jennifer

Arthur

Stine

Anne

Jennifer

Stine

Arthur

Anne

Stine

Caro

Ben

Stine

Anne

Ben

Arthur

Stine

Caro

Arthur

Jennifer

Anne

Caro

Anne

Stine

Arthur

Stine

Epilog

Danksagung

Bisherige Veröffentlichungen

Impressum

Frida Luise Sommerkorn

Kaffeeduft und Meeresluft

Ostseeliebe 1

Über die Autorin: Frida Luise Sommerkorn alias Jana Thiem schreibt Liebes-, Familien- und Kriminalromane. Dabei sind ihre Geschichten in jedem Genre mit Herz, Humor und Spannung gespickt. Da sie selbst viel in der Welt herumgekommen ist, kennt sie die Schauplätze ihrer Romane und kann sich voll und ganz in ihre Protagonisten hineinfühlen. Ob am Ostseestrand, im fernen Neuseeland oder in ihrer Heimat, dem Zittauer Gebirge, überall holt sich die Autorin neue Inspirationen, um ihre LeserInnen verzaubern zu können.

Texte © 2018 by Jana Thiem

Alle Rechte vorbehalten!

Lektorat / Korrektorat: Dorothea Winterling M.A.

Bildmaterialien © by Shutterstock 125699807, 136820912, 334962671, 453653680,

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Umschlag: Anne Gebhardt, papierprintit GmbH, Konstanz

Prolog

Schon seit Stunden schwebten dicke Flocken vom eisgrauen Himmel. Wenn das so weiter ging, konnte sie ihr Café für heute schließen. Kein Mensch verirrte sich bei dem Wetter an den Rand des Ortes, um in ihren Büchern zu stöbern oder sich ein heißes Getränk aus ihrer reichlich bestückten Karte auszusuchen. Vielleicht konnte sie die Törtchen ihren beiden Freundinnen Anne und Caro vorbeibringen. Anne liebte die Kombination von Apfel und Zimt. Und bei Caro konnte sie zu jeder Zeit mit Nougattörtchen reinschneien.

Immer wieder wanderten ihre Gedanken durch den Flockenwirbel zum gestrigen Abend hin. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ja, der Schneefall passte hervorragend dazu. Weiß, soweit das Auge sah.

Es war nicht so, dass sie völlig überrascht war. Vielleicht ein bisschen über den Zeitpunkt. Warum hatte er mit der Frage aller Fragen nicht bis zum Heiligen Abend gewartet? Aber so war Arthur nun mal. Der Weihnachtsabend gehörte seiner Familie. Das hatte Tradition. In den fünf Jahren, seitdem sie nun schon ein Paar waren, hatten sie noch kein einziges Weihnachtsfest zusammen gefeiert. Und wenn sie ehrlich war, kam ihr diese Tradition gerade recht. Arthurs Familie wohnte in einem der schönsten und größten Häuser in Ahrenshoop. Viele der wichtigen Posten in ihrem Heimatort bekleidete ein Familienmitglied der Barmstedes. Sie stammten ursprünglich von einem alten Rittergeschlecht ab, aber das war Jahrhunderte her. Trotzdem fühlte sich Stine in den heiligen Hallen der Barmstedes jedes Mal wie in einem Schloss. Die Säulen vor dem Hauseingang ließen schon erahnen, was sie im Haus erwarten konnte. Eine prunkvolle Halle, wo andere einen Flur hatten. Ein Hausmädchen, ein Koch und ein Gärtner waren das Mindeste, was Familie Barmstede sich leisten wollte. Schließlich musste man sich ja auf die wichtigen Dinge im Leben konzentrieren. Arbeit, Macht und die Erziehung der Kinder. Damit diese in die Fußstapfen der Eltern treten konnten. Die Barmstede Werft in Rostock war seit Jahrzehnten ein Familienbetrieb und das sollte auch so bleiben. Noch immer konnten sie gegen die großen Konzerne bestehen, aber nur mit viel Fleiß und Disziplin. Und das hatten schon die Kinder in jungen Jahren erlernen müssen. Matthias, der Älteste, war mittlerweile zum Juniorchef aufgestiegen. Arthur arbeitete als Prokurist in der Firma. Nach seinem Jurastudium war es ein langer Weg für ihn gewesen, seinen Vater davon zu überzeugen, dass er für diesen Posten geeignet war. Schließlich verließ der sich lieber auf seinen »alten« Prokuristen und Freund Karl. Aber als Karl im letzten Jahr so schwer an Rheuma erkrankt war, dass er lange Zeit ausfiel, war endlich die Stunde für den 33-jährigen Arthur gekommen.

Arthur gefiel der Job. Er war abwechslungsreich und verlieh ihm Macht. Er fühlte sich seinem Bruder überlegen, schließlich hatte der noch seinen Vater zum Chef. Arthur konnte gewisse Geschäfte allein vollziehen. Dafür hatte er sich auch durch das Jurastudium quälen müssen, wohingegen Matthias lediglich BWLer war.

Stine lächelte. So weltgewandt Arthur als Geschäftsmann auftreten konnte, so unbeholfen war er ihr am gestrigen Abend vorgekommen. Oder war es seine Unsicherheit? Schließlich war seine Familie noch nie glücklich über ihre Beziehung gewesen. Arthurs Mutter hatte immer etwas Besseres für ihn im Auge gehabt. Aber Arthur hatte all die Jahre zu ihr gestanden, wenn auch manchmal trotzig. Das mulmige Gefühl, was sie dann jedes Mal beschlichen hatte, wenn er bockig wie ein kleines Kind auf seine Familie schimpfte, hatte sie bisher erfolgreich beiseite schieben können. Sie war sich nicht sicher, ob die Beziehung zu ihr nicht nur Arthurs Rebellion gegen seine konventionelle Familie war. Seit gestern jedoch fühlte sich alles anders an.

Arthur hatte sie im Café abgeholt. Natürlich mit seinem neuen Mercedes SUV. Es war nicht so, dass sie in diesem Riesenschlitten nicht gut saß, aber diese protzigen Kisten waren ihr suspekt. Sie liebte es praktisch. Für sie war ein Auto ein Transportmittel, kein Prestigeobjekt.

Stine wandte sich vom Fenster ab und schlenderte langsam durch ihr kleines Café. Das war nicht der einzige Unterschied. In vielen Dinge waren sie einfach sehr verschieden. Wie oft waren sie in den letzten Jahren aneinandergeraten. Oft hatte sie nachgegeben, fühlte sich ihm unterlegen.

Sie seufzte. Selten konnte sie ihn von ihren Ansichten überzeugen. Er blieb einfach hartnäckig bei seiner Meinung. Aber streiten wollte sie sich deshalb nie mit ihm. Sicher spielte die Erziehung eine große Rolle. Benehmen nach Knigge, Privatschule, Bedienstete ... wer würde da nicht glauben, dass er etwas Besseres wäre. Arthur war trotz allem ein lieber Mensch. Wenn man wusste, wie man ihn nehmen musste. Nur ganz selten fragte sie sich, ob er auch wusste, wie er sie zu nehmen hatte? Ob er ahnte, welchen Träumen sie aus tiefstem Herzen nachhing? Hatte sich gestern ein Traum erfüllt? Warum war sie dann so ruhig geblieben und hatte nicht vor Freude auf dem Tisch getanzt?

Sie waren mit dem SUV nach Stralsund gefahren und hatten im teuersten Restaurant der Stadt zu Abend gegessen. Bis dahin war ihr noch alles normal erschienen. Lediglich Arthur hatte etwas unruhig gewirkt.

Erst als er der Bedienung ein Zeichen gab, das Licht im ganzen Saal gedämmt wurde und eine herzförmige Torte umhüllt von vielen leuchtenden Wunderkerzen an ihren Tisch geschoben wurde, hatte sie eine Vorahnung gehabt.

Dann ging alles schnell. Arthur fiel vor ihr auf die Knie, zückte einen Ring mit einem riesigen Stein und bat sie, seine Frau zu werden.

Stine hatte nur noch ihren trockenen Hals gespürt. Gern hätte sie einen Schluck Wasser getrunken, aber das gehörte sich wohl nicht in so einem Moment. Die anderen Gäste im Saal hatten gespannt auf das Schauspiel geschaut. Sie hatte mehrmals kräftig schlucken müssen und an Arthurs Gesichtsausdruck gesehen, dass sie jetzt endlich etwas sagen müsste. Aber was? Wollte sie das wirklich? Mit ihm verheiratet sein? Und wo würden sie dann wohnen? Konnte sie ihr Café behalten? Würde seine Mutter das alles überhaupt gutheißen?

Am leisen Gemurmel der Restaurantbesucher hatte sie erkannt, dass es Zeit war. Noch einmal hatte sie geräuschvoll geschluckt, Arthur ihre Hand entgegengestreckt und leise »Ja« gesagt.

Tosender Beifall war daraufhin ausgebrochen. Zitternd hatte ihr Arthur den Ring an den Finger gesteckt und sie schließlich vor allen Leuten geküsst.

Erschöpft setzte sich Stine auf den Hocker hinter der Theke. Selbst jetzt spürte sie noch die Anstrengung, die sie die Zustimmung gekostet hatte. War das normal? Hätte es sich nicht leicht anfühlen müssen, wegen der vielen Schmetterlinge im Bauch?

Sie knabberte gedankenverloren an ihrer Unterlippe, als ihr Handy ein Piepzeichen von sich gab. Mit einem Auge schielte sie auf das Display. Eine Nachricht von Anne. »19 Uhr bei mir. Du hast viel zu erzählen!!!«, stand dort eingebettet in eine Unmenge von Herzchen. Es hatte sich also schon rumgesprochen. Ob es Arthurs Mutter auch schon erfahren hatte? Oder hatte er sie vorab sogar um Erlaubnis gebeten? Sie hatte ihn nicht fragen wollen. Das würde sie noch früh genug erfahren.

Stine straffte ihren Rücken und ließ den Blick durch das Café gleiten. Okay, dann heute wieder Mädelsabend. Eigentlich wie jeden Montag. Wochenendauswertung, wie Caro es immer nannte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Vielleicht sollte sie heute einen ganz besonderen Mädelsabend daraus machen. Sie schnappte sich einen Korb und sammelte Leckereien aus der Kühltheke.

Als Raul ihr die Tür öffnete, staunte Stine nicht schlecht. Seit wann waren Männer in ihrer Montagsrunde zugegen?

»Keine Angst, beste Freundin, ich bringe die kleine Maus ins Bett und lege mich artig dazu, damit ihr ungestört klönen könnt«, grinste Raul. Beste Freundinnen nannte er sie und Caro schon immer. Was wohl daran lag, dass Anne unaufhörlich von ihren besten Freundinnen erzählt hatte, als sie sich kennengelernt hatten.

Stine fühlte sich ertappt. Oh Mann, hatte Raul so in ihrem Gesicht lesen können? Verlegen drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange und schob sich leise kichernd an ihm vorbei in den Flur des kleinen Häuschens.

Raul war ein Bär von einem Mann und Annes Angetrauter. Sie war bisher die Einzige der drei Freundinnen, die es geschafft hatte, ihren Traummann zu heiraten. Was einerseits daran lag, dass Caro ihrem Prinzen noch nicht begegnet war und Stine ... nun ja, sie war ja nun quasi auf dem Weg dahin. Wobei ihr bei Arthur noch nie das Wort Traummann in den Sinn gekommen war. Sofort setzte wieder dieses undefinierbare Magengrummeln ein.

»Da ist ja unsere glückliche Braut!«, kreischte Anne ihr ins Ohr und umhalste sie so stürmisch, dass beide gegen die Flurgarderobe stießen und sämtliche Jacken und Mäntel den Abgang machten.

»Och Anne, immer mit der Ruhe. Sonst erlebe ich den Hochzeitstag nicht.« Stine rieb sich lachend mit der Hand über die schmerzende Stelle. Der Schirmständer war ihrem Rücken nicht gut bekommen.

»Wäre das denn so schlimm?«, hörte sie Caros dunkle Stimme in der Küche. Im nächsten Moment tauchte sie, drei Sektgläser balancierend, im Türrahmen auf und schaute Stine herausfordernd an.

Stine lächelte. Was würde sie nur ohne ihre Freundinnen tun! Die eine immer strahlend, optimistisch und ein wenig naiv. Die andere durchgestylt, skeptisch und kopfgesteuert. Trotzdem waren beide auf ihre Art herzensgut. Schließlich waren sie nicht umsonst schon seit der Schulzeit unzertrennlich. Im Städtchen wurden sie auch die »drei Seelchen« genannt. Was wohl noch auf ihre Grundschulzeit zurückging. Damals hatten sie jeden Nachmittag miteinander verbracht. Rollenspiele waren ihre Lieblingsbeschäftigung gewesen. Egal an welchem Ort. Und so kam es, dass manch ein Ahrenshooper ihnen am Strand oder vom Gartenzaun aus zugeschaut und so einiges über die drei Familien erfahren hatte. Zur Belustigung der Zuschauer, zum Ärger der Eltern, die ihr Privatleben lieber geschützt sahen. »Ach, die drei Seelchen«, hieß es dann immer, wenn sich mal wieder ein heimlicher Zuhörer nach dem schiefen Haussegen einer der drei Familien erkundigte. Schließlich ließen sich Streitereien besonders kreativ nachspielen.

»Caro, also wirklich«, gab Anne entsetzt von sich. Schnell bückte sie sich, um die Jacken wieder aufzuhängen und den Schirmständer zu richten. Kritisch beäugte sie ihn und strich vorsichtig über eine Delle am oberen Rand. Sie zuckte mit den Schultern.

»Warum sollte sich Stine denn nicht über den Antrag freuen? Schließlich sind sie und Arthur schon seit einer Ewigkeit zusammen. Da liegt es doch auf der Hand, oder?« Anne schaute erwartungsvoll zu Stine, die die Stirn kraus gezogen hatte.

Ja, das lag wohl auf der Hand. Warum nur blieb dann die überschwängliche Freude aus? Lag es vielleicht genau daran, dass sie schon so lange liiert waren? Waren fünf Jahre wirklich lang? Ach, was soll’s! Stine nahm Caro ein Sektglas aus der Hand und prostete ihren Freundinnen zu.

»Auf uns, Mädels! Und dass wir uns trotz der männlichen Bedrohung nie aus den Augen verlieren!«

Caro und Anne stimmten lachend ein.

»Jetzt erzähl mal«, sagte Caro, nachdem sie es sich mit der zweiten Flasche Sekt und den vielen Leckereien aus Stines Café auf der Couch gemütlich gemacht hatten. »Wie hat es denn der werte Herr Baron angestellt? Ich nehme an, er hat alle Kellner im besten Restaurant am Platz bestochen und eine große Zeremonie aus seinem Antrag gemacht?« Sie zwinkerte Anne zu, die schon wieder in vorwurfsvolle Pose ging.

Stine nickte seufzend. »Genau so!«

»Wusste ich es doch«, klatschte Caro lachend in die Hände. »Da lässt er sich natürlich nicht lumpen! Geld regiert die Welt!«

»Ach Caro, ist doch nicht schlimm, wenn er ihr den Antrag auf seine Weise gemacht hat. Immerhin hat er sich was dabei gedacht und nicht einfach plump gefragt!«, antwortet Anne.

Stine knabberte an ihrer Unterlippe. Anne hatte recht. Natürlich wäre Stine ein Antrag im kleineren Rahmen lieber gewesen, aber so war es eben ein Arthur-Antrag. Der konnte einfach nur so sein. Es gab Zeiten, da hatte sie genau diese Unterschiede zwischen ihnen beiden geliebt. Vielleicht sollte sie sich mal wieder darauf besinnen. Den Anfängergeist heraufbeschwören. Und wenn sie ehrlich war, hatte es ihr natürlich auch geschmeichelt, dass er sie zur Frau haben wollte. Sie wusste ganz genau, dass er damit auf keine Gegenliebe bei seiner Familie traf. Und er hatte es trotzdem gemacht. Nur das zählte doch. Ihre zweifelnden Gefühle waren sicher nur Panik vor dem neuen Leben.

»Anne hat recht. Es hätte schlimmer kommen können!« Stine grinste in Caros Richtung. »Wollt ihr nun hören, wie der Abend in Stralsund war? Oder wollen wir das Thema wechseln?«

Caro lehnte sich schmunzelnd zurück und schloss die Augen.

»Lässt sich ja wohl nicht vermeiden.«

Anne seufzte gleichzeitig. »Au ja, bitte erinnere dich ganz genau. Ich möchte jedes Detail wissen. Und du darfst es auch gerne ausschmücken. Ich schmelze jetzt schon dahin.«

Sie lehnte sich ebenfalls zurück und nippte genüsslich an ihrem Glas.

Stine lachte. »Also dann ...«

Nachdenklich fuhr Arthur durch das große Tor über die ausladende Einfahrt bis zu seinem Elternhaus. Immer wieder ging er in Gedanken den gestrigen Abend durch. Und jedes Mal blieb er bei Stines Zögern hängen, als er vor ihr auf die Knie gegangen war.

Er hatte nicht erwartet, dass sie laut kreischend in seine Arme fiel. So war Stine nicht. Aber über ein bisschen mehr Begeisterung in ihrem Gesicht hätte er sich gefreut.

Langsam stieg er aus dem Wagen. Hatte sie etwas anderes erwartet? Der Ring war vielleicht ein bisschen zu edel für sie. Eigentlich wusste er ja, dass Stine die schlichte Schönheit bevorzugte. Und sicher hätte ihr ein Antrag in trauter Zweisamkeit besser gefallen. Im Rampenlicht zu stehen, gehörte nicht zu ihrem Wesen. Überhaupt war sie eine Frau, die gerne im Hintergrund blieb. Und genau deshalb fand er ja, dass sie gut zueinander passten. Schließlich musste er in seinem Job ständig an vorderster Linie stehen und überhaupt, ein Barmstede war dazu geboren, Führungsaufgaben zu übernehmen.

Und genau aus diesem Grund konnte der Heiratsantrag nur so ablaufen. Am liebsten hätte er noch seine ganze Familie dabei gehabt. Seine Eltern, seinen Bruder, seine Schwägerin ... Er war sich allerdings nicht sicher, ob nicht gerade diese Menschen seinen Antrag vereitelt hätten. Stine war nicht standesgemäß. Mit ihrem kleinen Schmökercafé passte sie nicht zu ihrem Anwaltssohn. Ein zukünftiger Besitzer einer Werft und eine Büchertante, wie es seine Mutter immer so treffend ausdrückte. Dass er die Büchertante liebte, spielte dabei eine Nebenrolle. Er konnte sich ja noch ein bisschen austoben und dann endlich auf die Empfehlungen seiner Eltern eingehen. Sie hatten da schon einige Damen in die engere Wahl gezogen.

Bevor er auf den Klingelknopf drückte, kontrollierte er noch einmal seine Kleidung. Schuhe waren blitzblank, Hosen gebügelt, Hemd mit Krawatte. Er schluckte. Jetzt galt es, diplomatisch vorzugehen und vor allem, seine Mutter erst um den Finger zu wickeln. Dann würde er das Donnerwetter über sich ergehen lassen müssen und hoffen, dass seine Familie sich bald an den Hochzeitsgedanken gewöhnen würde.

Stine

»Das darf doch alles nicht wahr sein!«, zischte Stine und schnappte gleich darauf heftig nach Luft, um sie geräuschvoll in ihre Lungen zu ziehen.

»Wie kann er mir so etwas antun? Was macht das denn für einen Sinn?« Trotz des kalten Aprilwindes joggte Stine beharrlich weiter. Der Strand war menschenleer, was ihr gerade recht kam. So konnte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Sie blieb immer knapp an der Wellengrenze, dort wo der Sand hart genug war, um nicht zu tief zu versinken. Allerdings lief sie heute unkonzentriert, deshalb war sie oft nicht schnell genug und die Gischt schäumte fröhlich kringelnd um ihre Laufschuhe.

Stine liebte diese raue Gegend. Der Kontrast vom friedlichen Ahrenshoop zum wilden Weststrand entlang der Steilküste und weiter gen Norden bis zur Eisentreppe, die sie wieder nach oben brachte. Je weiter sie sich vom Ort entfernte, um so freier fühlte sie sich. Heute allerdings hatte sie das Gefühl, sie könnte die ganz Halbinsel umrunden und trotzdem würde die Enge in ihrer Brust bleiben.

Allmählich ging ihr die Puste aus. Jetzt schon! Ihr Zorn war noch lange nicht verflogen.

Sie spürte ein heftiges Ziehen in der Seite. Ärgerlich blieb sie stehen und drückte ihre Hand gegen die schmerzende Stelle. »Weiß doch jedes Kind, dass man beim Laufen die Klappe halten soll«, murrte sie weiter.

Eine Gruppe geführter Strandwanderer walkte an ihr vorbei. Grinsend hob die Wanderleiterin die Hand.

»Na, wieder zu schnell gerannt?«, fragte sie dabei und das Grinsen wurde noch breiter. »Ich hab dir schon so oft gesagt, in der Ruhe liegt die Kraft. Genießen ist das Stichwort.«

»Jennifer, hi«, konnte sich Stine hinreißen lassen. »Vielleicht hätte ich vor dem Laufen keinen Kaffee trinken sollen.« Sie versuchte es mit einem lockeren Strahlen, was ihr mit Sicherheit misslang. Jedenfalls fühlte sich ihr Gesicht völlig schief dabei an.

»Kaffee ... klar!«, antwortete Jennifer und winkte ihr noch einmal halbherzig zu. »Auf geht’s, meine Damen und Herren!«, spornte sie gleichzeitig ihre Schützlinge an. »Wir wollen doch zum Abendessen wieder zuhause sein.«

Die fröhlich schnatternde Gruppe entfernte sich zügig.

Ausgerechnet Jennifer! Die Erinnerung an damals nahm ihr noch immer die Luft. Egal, wie lange es nun schon her war, sie konnte dem Schmerz einfach nicht entkommen. Und Jennifer auch nicht. Schließlich wohnten sie beide in Ahrenshoop.

Stines Atmung ging immer schwerer. Bewegen! Sie musste sich bewegen, bevor sie platzte. Aber alles, was ihr Körper tat, war, auf der Stelle zu trippeln. Immer schneller. Hoffentlich war die Gruppe schon weit genug entfernt. Am Ende glaubten die noch, dass sie dringend auf Toilette musste. Sie wusste, dass der akute Anfall von Zappelei gleich vorbei sein würde. Konnte sie es jemals lernen, bei unangenehmer Aufregung ihre Gliedmaßen unter Kontrolle zu halten? Gegen den Willen ihres Körpers setzte sie sich an den Wegrand und ließ sich ins Gras fallen. Sie schloss die Augen und schüttelte ihre angewinkelten Beine aus. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann sie mit diesem Ritual begonnen hatte. Sie wusste nur, dass es genau das Richtige war, um aufgestauten Druck loszuwerden.

Als Stine die Augen wieder öffnete, fühlte sie sich befreit. Der Abendhimmel hüllte sie ein. Erst jetzt spürte sie, wie sehr sie fror. Schnell sprang sie auf und machte sich joggend auf den Heimweg.

Vielleicht war ja doch alles gar nicht so schlimm. Bestimmt konnte Arthur davon überzeugen, dass sie dem Wunsch seiner Mutter niemals entsprechen konnte. Er hatte doch Augen im Kopf. Er kannte sie besser als jeder andere Mensch. Und vor allem, er liebte sie. Sicher würde sich bald alles wieder zum Guten wenden.

Trotzdem wollte das mulmige Gefühl nicht weichen. Der hämische Blick ihrer zukünftigen Schwiegermutter, den sie ihr mit samt dem Brautkleid zugeworfen hatte, ließ sie nicht mehr los.

Arthur

Wütend drückte er auf den Knopf der Fernbedienung, damit die DVD aus dem Rekorder fuhr. Entweder waren die Batterien schon wieder leer, oder er musste sich einen neuen DVD-Rekorder zulegen. Von seiner Familie wurde er deswegen schon ausgelacht. Solche altmodischen Geräte gab es bei den Barmstedes nicht mehr. Aber was sollte er tun? Seine alten DVDs konnte er nicht entsorgen. Die waren ihm heilig.

Wenn er abends, nach einem anstrengenden Arbeitstag, den Fernseher anmachte, konnte er es oft kaum ertragen, was da so lief. Aktuelle Nachrichten hörte er schon im Büro genug und auf Krimis oder Kochshows hatte er keine Lust. Selten, dass ihn mal ein amerikanischer Film begeisterte.

Dann doch lieber seine eigenen Serien. Jede davon drehte sich um Anwälte und Gerichte in den USA. Und davon gab es viele. Law & Order, Boston Legal, Conviction und so fort. Wenn die flippigen Staranwälte mit ihren schwarzen Roben und den geistreichen Sprüchen über den riesigen Bildschirm in seinem Wohnzimmer flimmerten, dann konnte er endlich abtauchen. Die Erfolgswelt gegen den langweiligen Alltag zwischen Ahrenshoop und Rostock austauschen.

Natürlich war sein Job in der Firma seines Vaters wichtig und auch abwechslungsreich, aber es drehte sich eben alles um Schiffe. Kleine, große, teure oder gebrauchte, alles was das Seemannsherz begehrte. Dumm nur, dass er kein Seemann war. Und es auch nie werden würde.

Seine Familie besaß standesgemäß einige Jachten in diversen Größen, aber er nahm nur selten an den Ausflügen teil. Stine wäre da schon eher zu begeistern gewesen. Natürlich wieder im kleineren Stil. Eine Jolle würde es auch tun. Die besaß Familie Barmstede aber nicht. Und auch damit hätte Stine ihn nie dazu gebracht, selbst segeln zu gehen.

Seine Welt war die Gerechtigkeit. Oder besser, das Kämpfen darum. Sich für andere einsetzen, Zusammenhänge erkennen, Recherchen anstellen, Zeugen finden, Mandanten geschickt befragen und der Öffentlichkeit ein glänzendes Schlussplädoyer entgegenschmettern, das waren die Dinge, von denen er träumte. Am liebsten in Amerika. Wie oft hatte er mit seinen Eltern gesprochen, sie angefleht, ihn ein Auslandsjahr machen zu lassen, ihn Erfahrungen sammeln zu lassen. Keine Chance. Die Firma brauchte ihn. Und das hatte sich bis jetzt nicht geändert. Warum konnte er sich einfach nicht gegen seine Familie durchsetzen? Er war schließlich Anfang 30, da musste er nicht um Erlaubnis bitten. Aber aus unerfindlichen Gründen kam er aus den Fängen der Barmstedes nicht heraus, fühlte sich klein und unbedeutend, wenn sein Vater sprach. Und gegen seine Mutter hatte niemand eine Chance. Sie war die heimliche Chefin des Familienunternehmens. Auch wenn sie nie wirklich in der Firma gearbeitet hatte, alle wichtigen Entscheidungen gingen trotzdem über ihren Schreibtisch. Sein Vater würde nie einen Abschluss machen oder einen Auftrag annehmen, ohne es mit ihr besprochen zu haben. Und so handhabte es auch sein Bruder. Und so handhabte es auch er selbst.

Seufzend rappelte er sich endlich von der ausladenden Couchlandschaft auf und verstaute die DVD in der Hülle. Und dann jetzt auch noch die Geschichte mit dem Brautkleid. Er wusste ganz genau, warum seine Mutter darauf bestand. Sie meinte zwar, das hätte Familientradition, aber so recht konnte er nicht daran glauben. Seine Schwägerin konnte sich schließlich auch ihr Kleid selbst aussuchen. Was vielleicht aber auch daran lag, dass sie schon im sechsten Monat schwanger war, als sie geheiratet hatten.

Aber so ähnlich war es doch jetzt bei Stine auch. Wobei Stine der Vergleich natürlich gar nicht gefallen hatte. Arthur musste grinsen. War ja vielleicht auch ein bisschen zu viel des Guten gewesen. Eigentlich hatte er sich selbst so Luft machen können und Stine zeigen wollen, dass er nicht einer Meinung mit seiner Mutter war. Aber was bedeutete das? Wenn Stine diese Bedingung nicht erfüllte, dann würde seine Familie die Hochzeit boykottieren?

Arthur überlegte. Im Grunde könnte er damit leben, seiner Familie an seinem Hochzeitstag nicht in die pikierten Augen schauen zu müssen. Aber wer würde dann noch zu ihrer Hochzeit kommen? Stines Busenfreundinnen und sein Freund Klaas, der auch Trauzeuge sein sollte. Hm, auch ein bisschen ärmlich, dachte er.

Ach, was soll’s. Sie würden schon eine Lösung für das Problem finden. Auch wenn Stine ziemlich sauer war, als sie heute Nachmittag vom Anwesen der Barmstedes nach Hause aufgebrochen waren. Eigentlich hatten sie sich einen schönen Fernsehabend machen wollen. Gemeinsam. Aber daraus wurde dann nichts mehr. Nicht nach seiner Äußerung zu ihrer Figur. Dabei hatte er es doch nur gut gemeint, wollte signalisieren, dass er auf ihrer Seite war. Frauen war echt kompliziert.

Anne

Mit verträumten Augen saß Anne vor der Staffelei im kleinen Dachzimmer ihres Häuschens. Der Blick an der weißen Leinwand vorbei durch das winzige Fenster hinüber zum Deich löste in ihr jedes Mal unglaubliche Vorfreude aus. Ein warmes Kribbeln kroch über ihren Rücken bis in jede Haarwurzel. Zärtlich nahm sie einen Kohlestift in die Hand.

Sie versuchte, sich zu erinnern, was sie soeben bei ihrem Online-Malkurs gelernt hatte. Der attraktive José hatte sie zwar auf spanisch begrüßt und sein Wissen auch in dieser Sprache weitergegeben, aber dank der englischen Untertitel konnte sie ungefähr erahnen, was er ihr sagen wollte. Ja, bei jedem Blick in seine dunklen Augen schmolz sie dahin. Und sein Lächeln war einfach atemberaubend. An irgendjemand erinnerte er sie. Kurz zog sie die Stirn kraus, ließ es dann aber bleiben, weiter darüber nachzugrübeln. Lieber wollte sie noch dem Gefühl von Hingabe und Freiheit nachspüren, das sie während des ganzen Kurses überkommen hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---