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Obwohl Johannes ihr einen wunderschönen Heiratsantrag gemacht hat, kann Caro sich nicht wirklich auf die Hochzeit freuen. Da ist die Angst um ihren zukünftigen Mann, der das Leben mit all seinen Problemen auf die leichte Schulter zu nehmen scheint. Und da ist die eine verhängnisvolle Nacht, die Caro am liebsten ungeschehen machen würde. Als sie dann auch noch feststellt, dass sich ihr Leben in neun Monaten drastisch verändern wird, scheint das Chaos perfekt zu sein.
Zum Glück kann sie sich auf ihre Freundinnen Stine, die um ihr Café bangen muss, und Anne, deren Familienidylle auf eine harte Probe gestellt wird, verlassen. Gemeinsam finden sie Wege, alle Hürden zu meistern. Denn eines ist sicher: Mädelsabende können Wunder bewirken!
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Weitere Veröffentlichung
Ostseetraum-Reihe:
Tanz auf den Wellen: Band 1
Frag nach der Liebe: Band 2
Schau mit dem Herzen: Band 3
Ostseeliebe-Reihe:
Kaffeeduft und Meeresluft: Band 1
Sanddornpunsch und Herzenswunsch: Band 2
Himbeerschaum und Dünentraum: Band 3
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Liebe dank Turbulenzen: Band 3
Sehnsuchtstrilogie:
Immer wieder im Juni: Band 1
Manchmal ist das Glück ganz nah: Band 2
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Zum Glück-Reihe:
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Zum Glück Neuseeland: Band 2
Zum Glück Costa Rica: Band 3
Winterwunder-Reihe:
Ein Rauhnachtswunder: Band 1
Ein Adventswunder: Band 2
Ein Weihnachtswunder: Band 3
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Veröffentlichungsjahr: 2018
Frida Luise Sommerkorn
Himbeerschaum und Dünentraum
Ostseeliebe 3
Dieses eBook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Prolog
Stine
Anne
Johannes
Stine
Caro
Stine
Anne
Johannes
Stine
Caro
Johannes
Anne
Caro
Stine
Johannes
Caro
Anne
Johannes
Caro
Stine
Johannes
Caro
Anne
Caro
Stine
Johannes
Caro
Anne
Johannes
Stine
Caro
Anne
Johannes
Caro
Stine
Anne
Caro
Stine
Anne
Johannes
Epilog
Danksagung
Auch das gibt's von Frida Luise Sommerkorn!
Stina Jensen
Impressum tolino
»Das ist ja unglaublich, was ihr auf eurer Reise alles gesehen habt«, sagte Anne und ließ das letzte Bild noch auf sich wirken. Die vielen Eindrücke hatten in ihr das Fernweh geweckt. Caro und Johannes waren erst gestern von ihrer Weltreise zurückgekehrt und schon heute hatten sie ihre besten Freunde zur Bildershow eingeladen. Dazu gab es Spezialitäten aus einigen Ländern, die sie bereist hatten. Kiwischnaps und Manukahonig aus Neuseeland, Macadamianüsse und Weißwein aus Australien und eingelegte Südfrüchte von Tahiti.
»Ich fürchte, so weit werden wir nie kommen, oder, Schatz?« Zärtlich strich Anne ihrem Mann über den Arm. Raul lächelte ein wenig wehmütig zurück.
»Wir haben es ja noch nicht mal nach Spanien zu meiner Verwandtschaft geschafft«, antwortete er. Als er sah, dass Anne ihren Arm zurückzog, legte er schnell nach. »Aber das machen wir, wenn dieser Wurm hier aus dem Gröbsten raus ist!« Er deutete mit dem Kinn auf das Baby, das selig auf seiner Brust schlief.
»Wahnsinn! Als wir im Februar losgefahren sind, hast du nur ziemlich unförmig ausgesehen. Und jetzt liegt da so ein süßer Knopf und sabbert Rauls Pulli voll.«
»Und unförmig sehe ich leider immer noch aus«, lachte Anne und stupste ihre Freundin Caro in die Seite.
»Das Beste habt ihr aber noch gar nicht gehört«, meldete sich jetzt Johannes. Mit leuchtenden Augen sah er Caro an.
Caro nickte ihm leicht zu. Ihre Augen hatten allerdings einen leichten Schleier. Nicht dass ihr das, was Johannes erzählen wollte, nicht sehr gefallen und sie überrascht hatte. Aber sie wusste, dass sie sich nicht uneingeschränkt darauf freuen konnte.
Kurz bevor sie im Februar auf Weltreise gegangen waren, hatte Johannes die Diagnose erhalten, dass in seinem Bauch ein Aneurysma gewachsen war. Ärzte hatten es durch Zufall bei einer Ultraschalluntersuchung entdeckt. Caro hätte die Reise am liebsten abgesagt, aber Johannes hatte darauf bestanden. Nach mehrmaliger Kontrolle durch seinen behandelnden Arzt konnte nicht festgestellt werden, dass das Aneurysma weiter gewachsen wäre. Da es noch sehr klein war, hatte ihm der Arzt von einer OP abgeraten. Also hatte für Johannes festgestanden, dass sie ihre Reise antreten konnten.
Caro stand der Sache skeptischer gegenüber. Sie hatte immer das Gefühl, Johannes würde mit einer tickenden Zeitbombe im Bauch herumlaufen. Und das machte ihr Angst. Wenn sie allerdings an eine OP dachte, spürte sie die gleiche Angst. Es war zum Verrücktwerden. Auf ihrer Reise war nicht ein Tag vergangen, an dem sie nicht daran denken musste. Natürlich gab es wunderschöne leichte Momente, aber das Wissen um diese Ausbuchtung in Johannes‘ Bauch war unterschwellig immer präsent. Diese viele Grübelei kannte sie überhaupt nicht von sich. Normalerweise lebte sie in den Tag hinein, genoss ihre Arbeit als Grundschullehrerin, ihre Freizeit mit Johannes und vor allem die Stunden mit ihren Freundinnen Anne und Stine. Und genau die beiden schauten sie schon seit einiger Zeit wachsam an. Caro spürte ihre Blicke. Schon beim gestrigen kurzen Wiedersehen hatten sie Caro mit Fragen gelöchert. Da konnte sie ihre Zurückhaltung noch auf die Müdigkeit schieben. Aber nachdem sie nun fast zwölf Stunden geschlafen hatte, blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als entweder schnellstens mit ihren Freundinnen zu reden oder Johannes ein strahlendes Lächeln zu schenken und so zu tun, als sei alles in Ordnung. Oder beides.
Johannes nahm Caros Hand und hielt sie den Freunden hin.
»Der ist euch ja sicher schon aufgefallen, oder?«
Stolz präsentierte er den Ring an Caros Finger. Und Caro lächelte.
»Das heißt, ihr wollt heiraten?«, fragte Stine strahlend. Sie hatte es sich auf Bens Schoß gemütlich gemacht, da es in Caros kleiner Wohnung gerade mal vier Stühle gab.
Auch Anne war freudig aufgesprungen und umarmte Caro heftig.
»Das ist ja toll! Wann soll denn der große Tag stattfinden? Und überhaupt? Wie hat dir Johannes den Antrag gemacht?« Anne stockte. »Oder hast du das selbst in die Hand genommen?«
Caro musste grinsen. Das hätte eigentlich besser zu ihr gepasst. Da hatte Anne vollkommen recht. Aber seitdem sie Johannes im letzten Jahr kennengelernt hatte, war sie weicher geworden und genoss es, nicht immer alles selbst entscheiden zu müssen. Anne war da völlig anders. Sie himmelte ihren Raul, obwohl sie schon einige Jahre verheiratet waren, noch immer wie am ersten Tag an. Und es war völlig klar, dass Raul der Mann im Haus war. Allerdings mochten es beide genau so. Caro hatte selten ein so harmonisches Paar gesehen. Außer vielleicht Stine und Ben. Die beiden schienen miteinander einfach glücklich zu sein. Seitdem Ben aus Alaska zurückgekehrt war und die beiden sich wieder gefunden hatten, waren sie unzertrennlich.
»Ja, Johannes hat mir einen wunderschönen Heiratsantrag gemacht«, beruhigte Caro die gespannten Gemüter ihrer Freundinnen. »Wir saßen in Sydney am Hafen in einem der kleinen Restaurants, mit Blick auf das Opernhaus und die Harbour Bridge. Es war ein wunderschöner lauer Abend. Den Tag hatten wir in der Stadt verbracht und waren später noch zum Zoo auf die andere Seite der Bucht gefahren. Und plötzlich fiel Johannes vor mir auf die Knie. Den Ring hatte er in der Hand und er glitzerte in der Abendsonne. Ich weiß noch, dass er gesagt hat, dass es keinen schöneren Ort mehr geben wird und dass er hofft, dass ich nicht Nein sage. Und dann hat er mich gefragt.«
Caro grinste in die Runde.
»Und du hast hoffentlich Ja gesagt!«, sagte Anne. Gespannt drückte sie Rauls Hand.
»Na, sonst hätte ich den ja nicht an«, meinte Caro und lachte.
»Wie romantisch«, seufzte Anne.
»Na ja, ihr kennt Caro ja. Als dann die Leute an den Nachbartischen zu klatschen begannen, war ihr das äußerst peinlich. Vielleicht hätte ich doch einen einsamen Strand wählen sollen. Aber genau in diesem Moment waren wir so glücklich und die Abendsonne hatte ein wunderschönes Licht auf die Oper gezaubert, da konnte ich einfach nicht anders«, sagte Johannes.
Caro fiel Johannes um den Hals.
»Das war genau der richtige Moment! Ich hätte mir auf unserer Reise keinen besseren vorstellen können.«
Zärtlich küsste sie ihn und schloss kurz die Augen. Wie konnte sie nur diese Angst loswerden, damit sie sich endlich unbeschwert freuen konnte?
Johannes legte seinen Arm um Caros Schulter. Entweder er verdrängte seine Angst, oder er hatte wirklich keine, dachte sie.
»Jetzt müssen wir uns überlegen, wann wir heiraten wollen. Und wo natürlich. Und in welchem Rahmen. Und wir müssen uns nach einer größeren, gemeinsamen Wohnung umsehen. Mit Blick aufs Meer. Und Kinderzimmern.«
Je länger Johannes redete, umso mehr drückte es Caro auf den Magen. Sie hatte das Gefühl, dass er sich absichtlich so fröhlich und optimistisch zeigte. Schließlich musste er doch auch wissen, dass mit diesem Aneurysma nichts mehr normal war. Warum redete er nicht darüber?
Wieder spürte Caro die Blicke ihrer Freundinnen auf sich ruhen. Aber jetzt konnte sie nicht darüber reden. Sie wand sich aus Johannes‘ Umarmung.
»Bin gleich wieder da«, rief sie beim Hinausgehen. Dann schloss sie sich im Bad ein.
Als Stine am nächsten Tag ihr kleines Büchercafé schloss, überkam sie direkt wieder die Sorge um Caro. Caro war diejenige von ihnen, die immer alles mit Leichtigkeit in ihrem Leben gemeistert hatte. Sie machte sich einfach nicht so viele Gedanken und kam oft direkt auf den Punkt zu sprechen. Sie war die Unbekümmertheit in Person.
Und genau deshalb machte sich Stine Sorgen. Caro wirkte so verändert. Sie hatte sicher die Reise genossen, schließlich war das schon immer ihr großer Traum gewesen. Aber Stine hatte das Strahlen in ihren Augen vermisst. Die Energie, die sonst alle mitriss, war hinter einem Schleier verborgen. Natürlich konnte sich Stine denken, dass Johannes‘ Krankheit ihre Freundin belastete, aber um ihr helfen zu können, musste sie mit ihr reden. Und wie ging das am besten? Bei einem Mädelsabend zu dritt. Diese Abende gönnten sie sich schon seit ihrer Jugend. Und behielten die Tradition auch bei, obwohl alle drei in festen Händen waren.
Stine zückte ihr Handy und schrieb Anne und Caro eine Nachricht. Als sie zweimal das Zeichen Daumen hoch bekommen hatte, machte sie sich daran, den gemütlichen Abend vorzubereiten. Sie hatte ihre Freundinnen ins Café eingeladen, da Ben schon zuhause war. Und sie wollte ihn nicht jedes Mal verscheuchen.
Stine legte einige Häppchen auf eine Servierplatte, von denen sie wusste, dass Caro sie mochte. Focaccia mit Tomaten, Schinken und Rosmarinöl, Süßkartoffelcracker mit Frischkäse und Oliven und mit Spargel und Parmesan gefüllte Blätterteigröllchen. Diese Kreationen hatte sie sich im Frühjahr ausgedacht, um ihren Gästen eine abwechslungsreiche Karte zu präsentieren.
Für die süßen Gelüste drapierte sie noch verschieden Obst- und Schokotörtchen auf einen anderen Teller und brachte beides in die Backstube. Hier hatte sie sich eine gemütliche Ecke mit einem Sofa, zwei Loungesesseln und einem kleinen Tisch eingerichtet. Das war für ihr Treffen perfekt. So konnte sie auch niemand von draußen beobachten.
Stine stellte noch drei Gläser auf den Tisch und kontrollierte, ob Sekt und Saft kalt standen.
Das Klopfen an der Eingangstür holte Stine aus ihren Überlegungen. Schnell legte sie die Schürze ab und ließ ihre Freundinnen ein.
»Das war die beste Idee, die du heute haben konntest«, begann Anne sofort und deutete Stine mit einem leichten Kopfschütteln an, dass Caro unverändert ruhig war.
»Na, dann rein mit euch«, antwortete Stine betont fröhlich. »Es ist schon angerichtet.«
Nach ausführlichen Umarmungen ließen sich die drei in der bequemen Loungeecke nieder.
Caro musterte sofort die liebevoll hergerichteten Teller.
»Boah, wie ich deine Leckereien vermisst habe«, sagte sie und legte sich gleich drei Häppchen auf einmal auf den Teller. »Nicht, dass wir nicht immer ausgiebig und erlesen gegessen hätten. Ihr kennt ja Johannes! Wenn der in seiner kulinarischen Phase ist, sollten es schon auserwählte Köstlichkeiten sein. Aber einfach mit euch hier zu sitzen, zu plaudern und nach Herzenslust zuzugreifen, mit der Hand wohlgemerkt, das brauche ich jetzt einfach.«
Stine atmete auf. Vielleicht machten sie sich doch ganz umsonst Sorgen und Caro hatte gestern einfach noch am Jetlag gelitten.
»Was gibt’s Neues bei euch?«, fragte Caro kauend und schaute Anne an. »Hast du dein Häuschen schon hergerichtet?«
Anne lächelte und schüttelte den Kopf.
»Hergerichtet würde ich jetzt noch nicht dazu sagen. Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir sicher schon ein Stückchen weiter. Aber da ich nun mal mit einem stolzen Spanier verheiratet bin, der alles selbst in die Hand nehmen möchte, dauert es eben ein bisschen länger.«
Anne lehnte sich zurück und prustete plötzlich los.
»Ihr hättet ihn sehen sollen, als wir das erste Mal zu unserer Baustelle, wie wir es nennen, gefahren sind. Helm auf dem Kopf, Mappe unter dem Arm und Handy als Diktiergerät an. Ich hätte schreien können. Er sah aus wie ein Bauleiter. Und hat sich auch so aufgeführt. Am Ende seines Rundgangs wurde ich zur Besprechung gebeten und er hat mir haarklein erläutert, was es alles zu erledigen gibt und was das Ganze kosten wird. Wenigstens hatte er da den Helm wieder abgenommen.«
Stine war während Annes Schilderung in ihr Lachen eingefallen und die beiden amüsierten sich noch eine Weile darüber.
»Na ja, so ein kleines Reethäuschen kann ganz schnell zur Falle werden. Wer weiß, was da so vom Dach fällt«, lachte Stine und wischte sich die Tränen von den Wangen.
»Ja, aber was soll ich euch sagen. Raul sah auch irgendwie sexy aus. Die schwarzen Locken, die unter dem gelben Helm hervorlugten. Und dann seine dunklen Augen. Vielleicht kann er mir ja beim nächsten Mal den Bauleiter auch im Bett machen.« Anne quietschte, als sie sich diese Situation vorstellte.
»So ein Helm ist vielleicht gar nicht so unwichtig«, sagte Caro ohne ein Lächeln.
Erst jetzt waren Stine und Anne aufgefallen, dass Caro nicht mit in ihr Lachen eingefallen war. Normalerweise hätte sie am lautesten gegrölt und noch ganz andere Vorstellungen von Raul gehabt.
»Ich glaube, du weißt nicht wirklich zu schätzen, was es heißt, einen gesunden Mann zu haben«, legte sie nach und nahm einen großen Schluck Sekt.
Anne räusperte sich und schaute Stine schuldbewusst an. Stine zuckte mit den Schultern und warf Caro beschämt einen kurzen Blick zu.
»Tut uns leid, Süße. So war das doch gar nicht gemeint!«, sagte Anne und nahm Caros Hand. Stine konnte Caros inneren Kampf sehen, so als wollte sie nicht getröstet werden.
»Ist was mit Johannes auf der Reise gewesen?«, fragte sie.
Caro schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
»War Johannes schon beim Arzt? Ist das Ding in seinem Bauch gewachsen?«, fragte jetzt Anne.
»Wir sind doch vorgestern erst zurückgekommen! Wann soll er denn beim Arzt gewesen sein? Gestern? Am Sonntag?« Caro entzog sich Annes Griff und füllte sich stattdessen ihr Glas neu, ohne zu fragen, ob noch jemand etwas wollte.
Anne zog sich in ihre Ecke vom Sofa zurück. Es hatte sich so eingebürgert, dass Anne und Caro sich das Sofa teilten, währenddessen Stine es sich lieber im Sessel gemütlich machte.
Eine ganze Weile blieb es ruhig in der Bachstube, jede hing ihren Gedanken nach. Anne knabberte beleidigt an ihrer Lippe, Caro nippte ununterbrochen an ihrem Sektglas und Stine schaute hinaus in die Baumwipfel. Bis sie die Stille nicht mehr aushielt.
»Aber wenn es Johannes gut geht und ihr eine schöne Reise hattet, warum bist du dann so komisch drauf? Magst du uns erzählen, was mir dir los ist?«, fragte Stine vorsichtig nach und schenkte sich ebenfalls Sekt nach. Sie stellte die Flasche geräuschvoll auf dem Tisch ab. Da Anne noch stillte, trank sie Saft und Caros Glas schien trotz der Nipperei nicht leerer zu werden.
Wieder lag eine angespannte Stille im Raum, bis Caro endlich loslegte.
»Wenn ich das wüsste, was mit mir los ist. Vielleicht bin ich ja einfach bescheuert und mache mir viel zu viele Sorgen. Aber so wie Johannes die Sache angeht, kann ich sie nun mal nicht sehen. Sobald ich mich auch nur aus dem Raum bewege, habe ich Angst um ihn. Was ist, wenn diese blöde Ausbuchtung ausgerechnet jetzt platzt, wo ich nicht bei ihm bin? Wie geht es ihm dann? Kann er sich noch bei mir melden? Oder den Notarzt rufen? Oder finde ich ihn später irgendwo in meiner Wohnung, ohne dass ich ihm hätte helfen können?«
Die letzten Worte hatte Caro verzweifelt herausgeschrien. Jetzt saß sie zusammengesunken in der Sofaecke und stierte vor sich hin.
Stine und Anne tauschten entsetzte Blicke. So hatten sie ihre Freundin noch nie erlebt. Normalerweise gab es für Caro nur Lösungen, keine Probleme.
»Hm, wenn Johannes sagt, dass es ihm gut geht, dann ist ja vielleicht auch alles gut, oder? Kann es sein, dass das Ding nicht weiterwächst oder sogar verschwindet?«, fragte Anne vorsichtig.
»Von alleine wird es nicht verschwinden«, zischte Caro. Die tiefe Zornesfalte auf ihrer Stirn ließ erahnen, wie sehr sie Johannes‘ Krankheit hasste und darunter litt.
»Will er denn mal zum Arzt gehen? Dann wisst ihr wenigstens, woran ihr seid«, fragte Stine.
Caro zuckte mit den Schultern, sagte aber nichts dazu.
Wieder hing jede ihren Gedanken nach. Stine wusste nicht, was sie von Caros Reaktionen halten sollte. Einerseits konnte sie sie gut verstehen, andererseits kränkte es sie. Sie waren seit ihrer Kindheit unzertrennlich. Zu dritt hatten sie bisher immer eine Lösung für irgendwelche Probleme gefunden. Natürlich waren sie nicht immer einer Meinung gewesen, aber wenn es hart auf hart kam, konnten sie sich aufeinander verlassen. Also, warum benahm sich Caro jetzt so eigenartig? Die logische Folge wäre doch, dass Johannes schnellstmöglich zum Arzt ginge und mit diesem Ergebnis hätten sie weitere Entscheidungen treffen können. Aber vielleicht war es ja genau das!
»Hat Johannes schon einen Arzttermin ausgemacht?«, fragte Stine und wusste im nächsten Moment die Antwort.
»Nein! Es geht ihm doch gut!«, antwortete Caro. Ihre Stimme klang dabei einen Ton höher als sonst, was den Sarkasmus erkennen ließ.
»Vielleicht hat er Angst vor der Diagnose«, dachte Anne laut.
»Na, aber was ist das denn für eine Logik? Ich gehe nicht zum Arzt, dann wird mir auch nichts passieren? Johannes ist doch ein intelligenter Mann. Er sollte wissen, dass das Ding wächst, wann es will. Ob er zum Arzt geht oder nicht. Und das ist ja genau der Punkt. Die meisten Menschen spüren nicht, dass sie ein Aneurysma haben. Es gibt keine Vorwarnung, keine Schmerzen. Aber er meint zu spüren, dass es unverändert ist. Lieber stürzt er sich in die Hochzeitsvorbereitungen und verdrängt seine Krankheit. Ich frage mich nur, warum ich einen Mann heiraten soll, der vielleicht nicht mehr lange lebt?«
So, jetzt war es raus. Caro lehnte sich erschöpft zurück und schloss die Augen. Tränen rannen über ihre Wangen.
Stine war aufgesprungen und setzte sich neben Caro auf die Sofalehne. Anne war von der anderen Seite rangerutscht. Beide tätschelten hilflos Caros Unterarme.
Genau dieses Gefühl hatte Stine gestern schon beschlichen, als Johannes so euphorisch von der Hochzeit, dem neuen Haus und der Familienplanung gesprochen hatte und Caro dabei immer ruhiger geworden war. Sie konnte sich auch nicht erklären, warum Johannes so ein Risiko einging. Mag ja sein, dass er Angst vor einer OP hat, das hat sicher jeder, dachte sie, aber die Krankheit zu ignorieren ist ganz sicher keine Lösung.
»Was ist, wenn du ihm die Pistole auf die Brust setzt? Ohne Arztbesuch keine Hochzeit?«, fragte Stine aus ihren Gedanken heraus.
Anne schaute sie entsetzt an. Stine war selbst ganz erstaunt über ihre Äußerung. Trotzdem erschien es ihr nach kurzem Nachdenken immer noch überlegenswert.
»Was denkt ihr denn, was ich den ganzen Urlaub über schon gemacht habe. Immer wenn Johannes von unserer Hochzeit anfing zu schwärmen, habe ich ihm klipp und klar gesagt, ohne Diagnose werde ich ihn nicht heiraten. Oder nein, ich habe sogar gesagt, ich heirate ihn erst, wenn dieses Ding raus ist aus seinem Bauch. Heißt: erst die OP, dann die Hochzeit!«
Caro hatte die Augen wieder geöffnet und setzte sich aufrechter hin. Der alte Kampfgeist schien wieder in ihren Körper Einzug zu halten.
»Das war ziemlich deutlich«, sagte Anne. Traurig schaute sie Caro an. »Er sah gestern so glücklich aus, als er uns von seinem Heiratsantrag erzählt hat. Man könnte meinen, ihr sprecht von zwei verschiedenen Dingen.«
Stine nickte. Das Gefühl hatte sie auch beschlichen. Konnte es sein, dass Caro die Krankheit zu schwarz malte? Solange das Aneurysma nicht wuchs, war doch alles gut. Der Arzt hatte ja angedeutet, dass es sein konnte, dass Johannes das Ding schon immer in seinem Bauch trug. Andererseits sah Stine keinen Grund, warum Johannes dann nicht wenigstens regelmäßig zur Kontrolle ging.
»Soll ich Ben mal fragen, ober er mit Johannes sprechen kann? Schließlich sind die beiden ganz gut befreundet. Vielleicht kann ein Gespräch unter Männern Johannes überzeugen«, sagte sie. Sie drückte noch einmal kurz Caros Arm und setzte sich wieder in ihren Sessel.
Caro hob resigniert die Schultern.
»Keine Ahnung, ob das was bringt.«
Amüsiert schaute Anne zu Raul auf, der fröhlich pfeifend die beiden Fenster prüfte, die er soeben eingebaut hatte. Zufrieden drehte er sich ihr zu und hob den Daumen. Anne warf ihm eine Kusshand zu und widmete sich wieder den Pflanzen, die sie im Garten aufgestellt hatte.
Seitdem sie im letzten Jahr das Haus in Bliesenrade geerbt hatte, freute sie sich auf die Gestaltung des Gartens. In Gedanken hatte sie ihn schon hundertmal in voller Blütenpracht erstrahlen sehen. Trotzdem war sie froh, sich mit einem Landschaftsgärtner beraten zu haben. Die knapp 2000 Quadratmeter Land hatten ihr doch ein mulmiges Gefühl bereitet.
Mit einem genauen Plan war sie in den nächsten Gartenmarkt gefahren und hatte gemeinsam mit dem Verkaufspersonal drei Wagen voller Pflanzen, Erde und Gartengeräte zu ihrem Auto geschoben. In Bliesenrade angekommen, war sie der Skizze des Landschaftsgärtners gefolgt und hatte Raul samt der Pflanzen dirigiert. Nun stand alles bereit und musste nur noch in die Erde gebracht werden. Bei diesem Anblick wurde ihr jetzt schon ganz warm ums Herz. Sie freute sich auf den Blick von der Terrasse aus über die verschiedenartigen Blüten bis hin zum glitzernden Bodden.
Anne war froh gewesen, dass Raul nicht auf die Idee gekommen war, nach Bliesenrade zu ziehen. Um nichts in der Welt hätte sie ihr kleines Häuschen in Ahrenshoop aufgeben wollen.
Also hatte sie sich entschlossen, das Haus für Veranstaltungen zu öffnen. Dabei schwebte ihr von Familienfeiern über Lesungen bis hin zu Hochzeiten alles vor.
Lächelnd grub Anne das nächste Loch und befüllte es mit Pflanzerde. Vorsichtig klopfte sie den Rosmarin aus dem Plastikbehälter und stellte ihn in die Mitte des Pflanzloches. Dann goss sie die Wurzeln des Rosmarins an und füllte das Loch vollständig. Ein kritischer Blick verriet ihr, dass der duftende Strauch mittig und gerade saß.
Das Gartenkonzept umfasste eine Kräuterecke, bestehend aus einer mit Natursteinen gemauerten Schnecke, die direkt an die Terrasse anschloss. So konnten die Kräuter ohne Probleme von der Küche aus frisch gepflückt werden.
Den linken Teil des länglichen Gartens bildeten locker gepflanzte Obstbäume, die zum Teil schon seit Jahren dort standen und unter denen es hin und wieder kleine Sitzgelegenheiten gab. Holzbänke, eine Hollywoodschaukel und ein Liegestuhl hatten schon ihre Plätze gefunden.
Der rechte Teil sollte das blühende Herz bilden. Dahlien, Pfingstrosen, Margeriten, Malven, Kornblumen und natürlich Rosen und Lavendel warteten darauf, in die Erde gebracht zu werden. Auf dieses Farben- und Duftrausch freute sich Anne besonders.
Der hintere Teil, der sich bis zum Bodden erstreckte, sollte weitläufiger wirken. Hier hatte Anne vor, einen Pavillon erbauen zu lassen. Vielleicht für Hochzeiten oder Konzerte. Die Wiese rundherum bot genug Platz für Sitzgelegenheiten aller Art. Vielleicht sollte sie sich noch für eine Fläche aus Natursteinen oder Holz entscheiden, falls die Gäste tanzen wollten. Überall sollten Lichterketten oder Lampions hängen. Und den Kiesweg, der von der Terrasse aus bis zum Pavillon laufen sollte, wollte sie mit leuchtenden Solarkugeln säumen.
Und dann war da ja noch der Vorgarten mit der großen Kastanie, der Buchsbaumumrandung und den zurückgeschnittenen Stauden. Anne hatte sich von dem alten Bewuchs nicht trennen können. Den dominierenden Baum zierte jetzt eine Bank, die den Stamm umschloss, und am reparierten Gartentor wollte sie noch ein Schild aufstellen lassen. Noch hatte sie sich nicht entschieden, ob ihr Veranstaltungshaus einen Namen bekommen sollte. So lange musste das Schild noch warten.
Anne seufzte; sie hätte nie gedacht, dass das ihr Herzensprojekt werden würde. Sie hatte das Haus von einem Mann geerbt, der einmal die große Liebe ihrer Mutter gewesen war und den Anne nie kennengelernt hatte. Dafür seinen Sohn, der ihr Bruder war und zu dem sie seit ein paar Monaten engen Kontakt pflegte. Der Weg bis zur Familienzusammenführung war steinig gewesen und Anne hatte oft vor der Entscheidung gestanden, das Erbe auszuschlagen. Um so glücklicher war sie nun, es nicht getan zu haben. Die Arbeit am Haus und im Garten und die spätere Organisation eventueller Veranstaltungen reichten ihr, neben dem Mutterdasein, als Vollzeitjob. Und dann war da ja noch das eigene Heim.
Ein Quietschen holte Anne aus ihren Gedanken. Im nächsten Moment sprang ihr auch schon Linnea in die Arme und riss sie mitsamt dem Sack voll Erde um.
»Mama, wir sind durch den ganzen, großen Wald gelaufen«, plapperte die fast Vierjährige in ihrer Kindersprache.
»Ah, Linnea, das ist ja toll«, presste Anne hervor. Sie lag auf dem Rücken und versuchte krampfhaft, den Kopf nicht in die Erde sinken zu lassen. Ein Teil des Sackes drückte unangenehm im Rücken.
Linnea hockte auf ihr und schaute sie mit großen, erwartungsvollen Augen an. Dabei kam ihr kleines Gesicht dem von Anne immer näher. Anne konnte nicht anders. Sie prustete los und ließ ihren Kopf doch in die frisch gegossene Erde sinken. Linnea stimmte mit einem meckernden Kichern ein.
»Was ist denn hier los?«, fragte Raul und schaute verdutzt zum Fenster heraus. »Schlammschlacht? Ich komme!«
Lachend trat er auf die Terrasse und holte sich den Gartenschlauch.
»Oh nein, Linnea, wir müssen wegrennen! Schnell! Der Papa ...« Weiter kam Anne nicht, denn die kalte Dusche traf schon Linneas Rücken und setzte ihren Weg über Annes Gesicht fort.
»Raul, hör auf! Das ist eine einzige Pampe hier«, kreischte Anne. Linnea quietschte vor Vergnügen. Schnell hatte sie ihre Schuhe ausgezogen und tanzte barfuß im Morast.
Als Anne sich aus der Gefahrenzone gerettet hatte, schaute sie wehmütig auf ihr Pflanzergebnis. Es sah aus, als ob sie gleich noch einmal von vorne beginnen konnte.
»Ach, was soll’s«, murmelte sie und schlich sich von hinten an Raul heran. Der hatte sie natürlich kommen sehen und hielt den Schlauch gen Himmel, sodass sie die weichen Tropfen auf ihrer Haut spürte. Ausgelassen tanzten sie über die Wiese, bis sich ein zartes Stimmchen deutlich bemerkbar machte. Mateo, dem kleinsten Mitglied der Familie, schien es egal zu sein, wie viel Spaß seine Mama gerade hatte. Anne schaute auf die Uhr. Die Stillzeit war längst überfällig.
»Die Große flitzt vorneweg und der kleine Mann könnte einen Bären verspeisen. Wenn er denn schon Zähne hätte«, lachte Annes Mutter Gabriele, die mit den Kindern im Wald gewesen war und nun den Kinderwagen in sicherer Entfernung abgestellt hatte.
Anne war froh, ihre Mutter in so guter Verfassung zu sehen. Die ganze Erbschaftssache und die damit verbundenen Enthüllungen hatten ihr stark zugesetzt, sodass sie sich immer weiter vom normalen Leben zurückgezogen hatte. Erst seitdem Bertram, Annes Bruder, wieder in ihrem Leben aufgetaucht war, hatte sich Gabriele erholt und genoss das Zusammensein. Erst recht, seitdem nun auch der kleine Mateo dazugehörte.
»Na komm mal her, du kleiner Schreihals!« Vorsichtig nahm Anne ihren zwei Monate alten Sohn aus dem Wagen und drückte ihn zärtlich an sich. Damit er nicht nass wurde, hatte sie sich ein Handtuch übergelegt.
»Wir gehen jetzt mal futtern«, lachte sie über ihre Schulter den anderen zu und ging ins Haus. Hier standen noch die alten Möbel inklusive einem Bett im Wohnzimmer. Sie machte es sich auf dem Bett, so gut es ging, gemütlich und drapierte zwei Kissen um sich herum. Mateo zappelte mit Armen und Beinen und bewegte den kleinen Mund voller Vorfreude. Glücklich schaute Anne ihrem Sohn zu, als er gierig zu nuckeln begann und die Muttermilch sich in seinen Mundwinkeln staute.
Aus den Augenwinkeln sah sie Raul und Linnea durch den provisorischen Garten laufen. An jeder Pflanze blieb Linnea stehen und stellte ihrem Papa eine Frage. Und Raul beantwortete sie geduldig.
Gabriele hatte sich indessen die Gartenhandschuhe übergezogen und machte sich daran, die Kräuterspirale zu retten.
Frustriert schaltete Johannes den PC aus und trat ans Fenster seiner Wohnung. Er konnte die negativen Berichte nicht mehr weiter lesen. Natürlich hatte er auch von gelungenen Operationen gelesen, aber trotz allem überwogen die erschreckenden Erfahrungen.