Ein Adventswunder - Frida Luise Sommerkorn - E-Book
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Ein Adventswunder E-Book

Frida Luise Sommerkorn

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Beschreibung

„Manchmal kann nur ein Wunder helfen!"

Nur noch wenige Tage bis zum Advent, doch im beschaulichen Waldbachtal mag in diesem Jahr keine rechte Stimmung aufkommen. Alle haben mit ihren Sorgen zu tun und es findet sich niemand, um den traditionellen Adventsmarkt zu planen. Erst als sich der neue Besitzer des Rosenhotels einmischt, wachen die Dorfbewohner auf.
Doch nicht jeder wird von der Euphorie angesteckt. Da ist Hannes, der sich seit seiner Rückkehr aus Norwegen in die neue Arbeit stürzt und von seiner Chefin in Beschlag genommen wird. Und Marie, die mit ihrer Blumenstube alle Hände voll zu tun hat. Warum nur können die beiden nicht mehr an ihre zarte Liebe anknüpfen? Als dann ausgerechnet der Rosenhotelbesitzer Marie Avancen macht, scheint alles verloren zu sein.
Auch Maries neunjähriger Sohn Tommi hofft auf ein Wunder. Wünscht er sich doch nichts sehnlicher als eine Eisbahn im Dorf. Da die Erwachsenen ihm nie richtig zuhören, ergreift er selbst die Initiative und sorgt damit für eine eiskalte Überraschung.
Der zweite Teil der Winterwunder-Reihe der beiden Autorinnen Frida Luise Sommerkorn und Sylke Hörhold entführt in eine magische Adventszeit voller Verwicklungen.

Bisherige Veröffentlichungen von Sylke Hörhold:
Oberlausitzkrimireihe

Bisherige Veröffentlichungen von Frida Luise Sommerkorn:
Ostseetraumreihe
Nordseeglückreihe
Ostseeliebereihe
Sehnsuchtstrilogoe
Zum Glück Reihe

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhaltsverzeichnis

Ein Adventswunder

Prolog

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Epilog

Rezepte

Danksagung

Die Autorinnen und ein Ausblick

Unsere Veröffentlichungen

Wollen wir in Kontakt bleiben?

Quellennachweis

Glossar

Impressum

Ein Adventswunder

Sylke Hörhold

Frida Luise Sommerkorn

Prolog

In der Woche vor Advent schenkte der Regen nur eine kleine Pause. Dunkle Wolken saugten das spärliche Licht der Tage in sich auf. Der Schlamm in den Gärten und die mürrische Hektik der beginnenden Vorweihnachtszeit verdunkelten den letzten Schimmer des Nachmittages.

Im Waldbachtal regte sich Widerstand gegen die Verdrossenheit der dunklen Jahreszeit. Adventsschmuck wurde von den Speichern geholt und an den traditionellen Orten im Haus verteilt. In halsbrecherisch anmutenden Leiter-Kunststücken hievten die Nachbarn gemeinsam Lichterketten auf die Fichten in ihren Vorgärten. Chöre und Bläser probten schon für Weihnachten und die Kinder studierten das Krippenspiel ein. In den Backstuben widmete man sich familiär bewährten Rezepten und experimentellen Neukreationen und in den Kinderzimmern wurden eifrig Wunschzettel geschrieben. Schon bald leuchteten die ersten Lichter auf und an mancher Haustür erstrahlte ein Herrnhuter Stern. Advent stand vor der Tür.

Nur die Katze Mimi berührte dieses Treiben der Zweibeiner wenig. Sie wartete geduldig auf einem Fenstersims ihres Hauses darauf, dass sie an ihren warmen Schlafplatz gelassen wurde, nach einem Abstecher an die Fressnäpfe, versteht sich. Einzig das umgestürzte Vogelhaus im Garten erregte ihr Interesse. Groß war ihr Begehren danach gewesen. Endlich, da es in erreichbarer Nähe war, entpuppte es sich zu ihrer Enttäuschung als ein mit Tannenzweigen geschmückter Trümmerhaufen. Kein Vogel darin, nicht einmal eine Maus. Mimi hob ihre Vorderpfote und begann sich zu putzen.

Der Junge und der Mann vom Nachbarhaus standen inmitten von verstreutem Vogelfutter, zersplittertem Holz und Reisig neben dem Wrack.

1

»Ich habe nur kurz drangekickt«, beteuerte Tommi und streichelte dabei seinen Fußball, als wolle er ihn in Schutz nehmen. »Da ist es auch schon umgefallen. Mama wird sauer sein.«

»Das kann ich mir nicht vorstellen«, versuchte Hannes den Jungen zu beruhigen. »Deine Mama ist doch nie so richtig sauer, oder?«

Der Gedanke an Marie bereitete ihm Unbehagen wie eine unerledigte Hausaufgabe. Sie hatten sich seit Wochen nicht gesehen. Manchmal fragte sich Hannes, ob sie sich aus dem Weg gingen. Doch als er Tommi vorhin so unglücklich rufen hörte, war er gleich herübergekommen. Er mochte den Jungen.

»Mama hat sich so eine Mühe gegeben mit dem Schmuck für die Vögel«, schniefte Tommi. »Die sollen es auch schön haben, hat sie gesagt, und es ist ein guter Schutz vor den Elstern und dem Eichelhäher.«

»Vielleicht habt ihr es damit etwas übertrieben? Das sind eine Menge Zweige und Früchte«, meinte Hannes und erhob sich. »Der Pfahl ist morsch, der Boden weich und dann noch das Vogelhaus mit Übergewicht.«

»Kannst du es reparieren?«

»Nicht sofort«, sagte Hannes. »Wir brauchen einen neuen, stabilen Pfahl und ein ordentliches Fundament dafür.«

»Aber vielleicht wenigstens ein bisschen ganz machen«, bettelte Tommi hoffnungsvoll, »damit es wieder stehen kann. Ich kann Steine holen, da liegen welche hinter dem Haus.«

Hannes lächelte und streifte sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »So schnell gibst du nicht auf, was?«

»Niemals«, erwiderte Tommi mit Überzeugung. »Los, komm! Bevor Mama aus ihrer Blumenstube zurück ist.«

Sie schleppten die Pflastersteine gemeinsam zu der Grube, die Hannes mit dem Spaten im schlammigen Lehmboden ausgehoben hatte. »Wo ist denn dein Freund Leon heute?«

»Der ist shoppen mit seinen Eltern«, erklärte Tommi schnaufend und warf einen Stein auf den Haufen neben der Grube.

»Shoppen?«

»Na, wegen Weihnachten.«

»Ich dachte, da muss man erst einen Wunschzettel schreiben«, wunderte sich Hannes.

»Ich habe schon einen geschrieben«, rief der Junge. »Das heißt, ganz fertig ist er noch nicht ...«

»Ah, es sind also noch Wünsche offen.« Hannes schmunzelte und zog seine Arbeitshandschuhe stramm. »Was wünschst du dir denn?«

»Schlittschuhe und eine Eisbahn. Wir wollen Eishockey spielen.«

Skeptisch sah Hannes in den düsteren, regengrauen Himmel. »Dann wünsch dir am besten auch noch gleich den Frost dazu.«

»Leon meint, wir sollten die Eisbahn gleich beim Waldbach machen«, berichtete Tommi eifrig.

»Zu schlammig«, sagte Hannes. »Das haben wir früher auch schon ausprobiert. Am besten ging es auf dem alten Feuerlöschteich im Dorf unten, aber da ist jetzt ein Supermarkt-Parkplatz.«

»Habt ihr da auch Eishockey gespielt?«

»Klar doch!« Hannes richtete sich auf. »Ich kann heute noch meine blauen Flecken spüren.« Er lachte. »In Norwegen, da habe ich doch ein paar Jahre gelebt, da haben sie die Eisbahnen sogar beleuchtet, weil es da so wenig Tageslicht gibt.«

»Ist das am Nordpol?«

»Nicht ganz. Aber auch da ist schon sehr viel mehr Nacht als Tag zu dieser Jahreszeit. Deswegen wird jedes verfügbare Licht genutzt und jede Möglichkeit, Sport zu machen und zu feiern. In dem Ort, in dem ich zuletzt gewohnt habe, gab es eine Eisbahn direkt in der Mitte auf dem Marktplatz. Da haben sie dann Budchen drumherum gebaut und Feuerplätze und in der Mitte tanzten die Leute auf dem Eis oder die Kinder spielten Hockey.«

Tommis Augen leuchteten. »Hast du mitgespielt?«

»Natürlich.«

»Und habt ihr gewonnen?«

Hannes lachte wieder. »Immer!«

Kameradschaftlich klopfte er Tommi auf die Schulter. Es fühlte sich gut an. Mit diesem Gefühl der Verbundenheit tauchte der Gedanke an Marie wieder auf.

Sie waren einander fremd geworden über den Sommer, in den vielen Wochen, die Hannes in Norwegen geblieben war, um dort seine Zelte endgültig abzubrechen. Marie sollte für einen gemeinsamen Urlaub nachkommen. Er hatte ihr all die herrlichen Plätze seiner Zeit da oben im Midsommarland zeigen wollen. Doch dann war Tommi krank geworden. Zudem hatte Marie eben ihr neues Geschäft erworben und alle Hände voll zu tun mit ihrer Existenzgründung. Er machte ihr daraus keinen Vorwurf. Vernunft hatte sich gegen ihre gemeinsamen Sommerpläne durchgesetzt. Das musste man akzeptieren.

Hannes griff nach dem nächsten Pflasterstein vom Haufen.

Was blieb, war Bedauern. Ihre Gefühle vom letzten Weihnachten, die sie beide für besonders gehalten hatten, schienen verändert seit diesen Wochen der Trennung. So als sei zwischen ihnen etwas erstorben. Zum Wiederbeleben fehlte es an Mut, an Zeit und an ...Er schüttelte den Gedanken ab. »Es hat nicht sollen sein«, hätte seine Mutter Käthe diagnostiziert. »Wer weiß, zu was es gut ist.« Das Bedauern blieb. Ob er sich damit seiner verstorbenen Mutter überhaupt anvertraut hätte?

»Ich glaube, das reicht an Steinen«, sagte er zu Tommi. »Wir richten den Pfahl erst einmal auf. Die Zweige lass liegen. Die stechen dich nur. So, jetzt! Prima. Halte ihn so. Schaffst du das?«

»Klar doch!«

»Ich lege die Steine drumherum.«

Sie arbeiteten in schweigender Eintracht. Von der Straße her hörten sie Frauenstimmen.

»Mama ist zurück!«, rief Tommi. Seine Augen waren schreckgeweitet.

»Nicht wackeln!« Hannes lauschte zur Straße hinüber.

Maries Stimme ertönte glockenhell und freundlich wie ein Sonnenstrahl. Die andere Stimme, dunkel, weich und warm, antwortete ihr. Ein anmutiges Duett. Offensichtlich war man sich über etwas einig geworden. »Auf Wiedersehen, Vera«, rief Marie zum Abschied. »Bis Sonnabend.«

»Schnell, sie kommt«, flüsterte Tommi.

Das Vogelhaus stand wieder in halbwegs würdiger Position, kurz bevor Marie um die Hausecke kam.

»Tommi?« Sie stutzte, als sie Hannes neben ihrem Sohn erblickte. Doch das freundliche Leuchten kehrte schnell in ihr Gesicht zurück.

»Hannes! Das ist ja eine Überraschung! Wir haben uns ewig nicht gesehen. Hast du dich schon gut wieder eingelebt?« Sie sprach zu hektisch. Ein Hauch Röte flog über ihre Wangen. Langsam trat sie zu ihnen heran.

Hannes nickte ihr zu. »Hallo, Marie. Ich wollte nur Tommi helfen, das Futterhäuschen wieder aufzurichten. Aber wir ...«

Ein kleiner Schrei ließ sie herumfahren. Sie stürzten beide zu Tommi und rissen ihn vom Vogelhaus weg, das sich bedenklich zur Erde neigte. Dabei rutschten sie auf dem durchweichten Boden und fanden sich in unvermutet inniger Umarmung wieder. Tommi gelang es indessen, rechtzeitig beiseite zu springen. Beim Anblick seiner verunglückten Retter kicherte er. Wahrscheinlich sahen sie zu komisch aus. Hastig trennten sie sich.

Tommi verstummte schuldbewusst. »Es war umgefallen, Mama«, beichtete er unvollständig. Er hatte bei seinem kühnen Rettungssprung seine Mütze verloren. »Ich wollte das mit dem Hannes reparieren.«

»Was uns leider nicht gelungen ist«, bekannte Hannes zerknirscht. Diese erste Berührung nach so langer Zeit hatte ihn in Verwirrung gestürzt. »Ich besorge einen neuen Pfahl und dann bauen wir es richtig wieder auf, was, Tommi?« Er reichte Tommi seine Mütze und strubbelte ihm durch das Haar.

»Ja, das machen wir«, versicherte der Junge. »Bald haben die Vögel wieder ein neues Zuhause. Du wirst schon sehen, Mama.« Er umschlang seine Mutter mit beiden Armen. Da entdeckte er die Katze Mimi auf dem Fenstersims und lief zum Haus, um sie hineinzulassen.

Marie sah ihm lächelnd hinterher, bevor sie sich wieder Hannes zuwandte. »Das wäre wirklich schön, Hannes«, sagte sie. »Mit dem Spaten bin ich leider nicht so geschickt. – Wir haben uns lange nicht gesehen,« wiederholte sie. Nervös zupfte sie an ihrer Jacke. »Wie geht es dir?«

Hannes machte sich eifrig am Pfahl des Vogelhauses zu schaffen, während er nach einer glaubwürdigen Antwort suchte. »Ganz gut«, log er halbherzig. »Es ist halt nicht so einfach, wieder Fuß zu fassen in der Heimat nach so langer Zeit.«

»Das kann ich mir vorstellen.«

»Ich habe eine recht anspruchsvolle Chefin und muss mich ordentlich ins Zeug legen. Da bleibt nicht viel übrig vom Tag.«

»Ja, und dann musst du dich ja auch noch um deinen Vater kümmern«, ergänzte Marie mitfühlend.

Sie schwiegen eine Weile verlegen. Marie bückte sich, um etwas vom Reisig einzusammeln, während Hannes das Futterhaus aufrichtete und das geborstene Stück vom Pfahl beiseite rollte. So vermieden sie eine Weile den Blickkontakt. Zeitgleich richteten sie sich wieder auf. Für einen Wimpernschlag sahen sie sich in die Augen.

Marie drückte ihre Mütze tiefer ins Gesicht. »Aber am Sonnabend zum Adventskranzbinden sehen wir uns?«

»Das denke ich doch«, erwiderte Hannes. Er hatte den Kopf rasch wieder gesenkt, um sich eingehend vom Zustand seines Schuhwerks zu überzeugen, das knöcheltief im Morast steckte. »Die Werkstatt blitzt schon und alles ist bereit. Vater hat mich gehörig gescheucht, alles auch genau so zu machen, wie es immer war.« Er putzte sich etwas Schlamm von der Hose. »Wenn in der Firma nicht wieder der Notstand ausbricht, bin ich hier. Zweigezuschneiden, Stollen verkosten und so weiter.« Endlich brachte er es fertig, ihr geradewegs in die Augen zu schauen. Ihr Gesichtsausdruck verwunderte ihn. »Was ist?«, fragte er. »Du siehst besorgt aus.«

»Diesmal wollen wir uns mit der Nachbarschaft bei mir in der Blumenstube zum Adventskranzschmücken treffen.«

»Oh! Das kommt überraschend.« Hannes schob sich die widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. »Und das wird Vater nicht gefallen, glaub mir«, sagte er. »Habt ihr es ihm schon gesagt?«

»Das wollten die Nachbarn übernehmen, Frau Schreiber hat es mir versprochen.«

»Die Ärmste«, scherzte Hannes, um seinen Zweifeln die Schärfe zu nehmen. »Mit Neuerungen hat mein alter Herr immer so seine Schwierigkeiten.«

»Es war meine Idee«, beeilte sich Marie zu versichern. Sie war bis unter den Rand ihrer Strickmütze errötet. »Weil ich doch jetzt die Blumenstube eröffnet habe und es für meine Oma Irmi zum Gedenken machen wollte. Alle waren gleich begeistert davon. Da sind wir gar nicht auf die Idee gekommen, dass ihr schon Vorbereitungen getroffen habt. Ist es nicht auch eine Entlastung für deinen Vater? Frau Schreiber findet bestimmt die richtigen Worte.« Sie stockte und holte tief Luft. »Wie geht es Kurt eigentlich? Ich habe ihn lange nicht mehr im Garten gesehen.«

»Die Ärztin ist sehr streng mit ihm«, sagte Hannes. »Nach der Operation Ende August hat er sich zu schnell wieder belastet. Das ist ihm nicht gut bekommen. Jetzt hat ihm die Doktorin strikte Schonung verordnet. Das passt ihm natürlich gar nicht, wie du dir denken kannst. Er ist entsprechend reizbar.«

Sie sahen hinüber zum Haus. Täuschte Hannes sich, oder war dort Vaters Schatten am Küchenfenster zu sehen? Marie schien ihn ebenfalls entdeckt zu haben. Rasch wandte sie sich wieder um, so dass sie zwischen ihm und seinem Vaterhaus stand. »Oh, bitte, Hannes: überzeuge deinen Vater, dass das eine gute Idee ist mit meiner Blumenstube.«

»Ich kann es versuchen«, sagte Hannes zweifelnd.

»Es wäre mir so peinlich, wenn ich Kurt enttäusche«, versicherte Marie aufgeregt. »Ich will, dass sich alle wohlfühlen. Wenn du mit ihm sprichst und alles von der Werkstatt mit hinüber ins Dorf bringst, kann Kurt doch nicht böse sein, oder? Bitte versprich mir, dass du kommst und einen versöhnlichen Kurt mitbringst.«

Sie sah ihn so flehentlich an, dass Hannes lächeln musste. Eine Sehnsucht, sie jetzt einfach in den Arm zu nehmen, flammte in ihm auf. »Es ist mir zwar noch nie gelungen, bei meinem alten Herrn für gute Laune zu sorgen, aber ich werde da sein und den alten Brummbären schon irgendwie besänftigen.«

»Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll.« Röte flutete ihr Gesicht. »Es tut mir leid, dass ich hier für eine solche Unruhe sorge.«

»Aber nicht doch«, wehrte Hannes ab. »Mach dir keine Gedanken.«

»Bis bald, Hannes. Und tausend Dank!« Sie hob die Hand zum Abschied und lief dann so schnell ins Haus, dass es einer Flucht glich.

***

Kurt hatte die kläglichen Rettungsversuche am Vogelhaus schon geraume Zeit beobachtet. Es juckte ihm in den Fingern, mit anzupacken und vor allem, es richtig zu machen. Das war doch einfach blamabel, was sein Sohn da herumpfuschte. Ein Jammer, dass sich ausgerechnet heute die Doktorin angesagt hatte. Sonst wäre er schon lange hinübergeschlurft und hätte den beiden Amateuren gehörig Bescheid gestoßen. Da nannte sich sein Herr Sohn Diplomingenieur. Wollte neuerdings sogar mit Häuserbauen nach neuesten Energiesparmethoden anfangen, aber so ein Futterhaus bekam er nicht aufgerichtet.

Es pochte an der Haustür. Mit einem leisen Ächzen drehte sich Kurt vom Fenster weg und rutschte auf der Bank der Essecke nach vorn.

»Es ist offen«, rief er, so laut er es vermochte. Er stemmte sich hoch und hielt sich an der Tischkante fest, da er dabei wankte. Tatsächlich war er noch ein bisschen schwach auf der Brust, wie er widerwillig zugestehen musste. Höchste Zeit, dass sich die Doktorin dagegen etwas einfallen ließ. Sie hatte das schließlich studiert.

Nach einem erneuten Klopfen an der angelehnten Küchentür erschien keine Ärztin, sondern seine Nachbarin, die Schreiber-Traudel.

»Grüß dich, Kurt«, rief sie und kam gleich hereinspaziert. »Wie geht es dir?«

»Geht so«, brummte er. »Ich erwarte die Doktorin zum Hausbesuch.«

»Ach, deswegen guckst du so enttäuscht«, lachte Traudel. »Keine Sorge, ich bin gleich wieder weg.« Dennoch setzte sie sich ungefragt neben ihn auf einen der Küchenstühle.

Immerhin musste er diese Nervensäge von einer Nachbarin nicht allzu lange ertragen. Wie er sie kannte, hatte sie gleich wieder irgendwelche Ideen.

»Ich komme wegen Sonnabend«, bestätigte Traudel seinen Verdacht mit frischer Stimme. »Unser Adventskranzbinden, du weißt schon.«

»Klar weiß ich das. Es ist alles bereit.«

»Wir haben uns überlegt, das Adventkranzbinden diesmal bei Marie in ihrer Blumenstube zu machen. Irmis alter Blumenladen. Sie hat ein kleines Schmuckstück daraus gemacht.« Traudel war nicht zu bremsen. »Da habt ihr auch nicht diese Dreckerei in deiner Werkstatt. Du musst dich doch sicherlich noch schonen.«

»Wer sagt das?«, blaffte Kurt, dem zornige Hitze ins Gesicht schoss. »Mich fragt ja keiner!«

Traudel tat so, als habe sie ihn nicht gehört. »Es ist natürlich schön, wenn ihr wieder die Zweige mit vorschneidet«, fuhr sie ungerührt fort. »Da kann dir bestimmt dein Hannes helfen. Wo steckt der eigentlich, immer noch bei der Arbeit?«

Kurt prustete verächtlich und schlurfte zum Fenster hinüber. Ihm war übel von dieser Nachricht, so als hätte ihm jemand in den Bauch geboxt. Ob Hannes davon wusste? Hatte er ihm diese Neuigkeit gar vorenthalten? Wollte ihn schonen, oder was? Hielt man ihn hier wieder einmal für einen hinfälligen Tattergreis?

»Was ist mit Käthes berühmten Apfelpunsch?«, fragte Traudel derweil. Unerbittlich ging sie ihre Liste durch. »Den bringt ihr doch mit? Ihr habt doch sicherlich das Rezept? Glühwein, Stollen und meine berühmten Fruchthäufchen haben wir schon mehr als reichlich. Aber Käthes Apfelpunsch wäre auch was für die Kinder.«

»Apfelpunsch?«, unterbrach Kurt und drehte sich halb zu ihr um. In ihm tobte der Zorn wie ein Unwetter auf hoher See. Er kämpfte, um nicht darin unterzugehen. »Käthes Rezept? Da musst du schon am Himmelstor anklopfen, Frau Nachbarin. Falls es dir entgangen sein sollte, ist meine Frau seit drei Jahren tot!« Schwer ließ er sich in seinen Sessel am Fenster fallen. »Nu sei doch nicht so empfindlich, Kurt«, schoss Traudel vom Küchentisch her zurück. »Nimm dir ein Beispiel an meiner Schwägerin Vera, die jetzt bei mir wohnt. Acht Jahre hat sie meinen Bruder gepflegt und ihn erst kurz vor Ostern zu Grabe tragen müssen. Da hörst du keine Klage! Die kämpft sich ins Leben zurück, ganz tapfer. - Wo bleibt sie denn eigentlich? Sie wollte doch gleich nachkommen?«

Kurt verschränkte die Arme vor der Brust, damit Traudel das Beben in seinem Körper nicht sah. Er sah hinaus, um seinen umherwandernden Zornesblicken einen Halt zu bieten und sich abzulenken. Marie war nach Hause gekommen. Sie stand bei Hannes und ihrem Jungen.

Traudel war hinter ihn getreten und folgte seinem Blick hinaus. »Bei Marie ist sie offensichtlich nicht mehr, wie ich sehe«, meinte sie und reckte ungeniert ihren Kopf.

In dem Moment klopfte es und eine kleine, rundliche Person trat ein. »Entschuldigung? Die Haustür stand offen, ich bin einfach ...«

»Komm rein, Vera!«, rief Traudel, als sei sie die Herrin dieses Hauses. »Erinnerst du dich noch an Vera, Kurt?«

»Klar erinnere ich mich«, brummte Kurt und stemmte sich aus seinem Sessel hoch.

»Oh, bitte bleib sitzen«, rief Vera und kam zu ihm geeilt. »Wir haben uns nur ein paar Jahre nicht gesehen, nicht wahr?«

»Ganz paar Jahre«, bestätigte Kurt. Zu seinem Erstaunen fühlte er sich unter seinem Stoppelbart erröten. Seine Augen suchten das Küchenbord hinter Vera ab, während sie sich die Hand reichten zur Begrüßung.

»Kurt hat sich noch etwas sperrig«, erklärte Traudel. »Wir müssen ihn wohl gemeinsam überzeugen.«

»Da gibt es nichts zu überzeugen«, fuhr Kurt auf. »Die Doktorin hat mir noch Schonung verordnet und wie Käthe ihren Apfelpunsch gebraut hat, weiß der Kuckuck.«

Traudel ließ sich nicht beirren. »Was ist denn mit deinem Hannes? Der ist doch jetzt wieder daheim?«

»Der Hannes und daheim!«, entfuhr es Kurt bitter. »Bist du dir da sicher?« Er wandte sich dem Fenster zu. »Schaut doch selbst!«

Die Frauen traten neben ihn. »Mhm!«, machte Traudel unzufrieden. »Das sah doch Anfang des Jahres so hoffnungsvoll aus.

---ENDE DER LESEPROBE---