Lassen Sie mich durch, ich muss zum Yoga - Sabine Bode - E-Book
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Lassen Sie mich durch, ich muss zum Yoga E-Book

Sabine Bode

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Beschreibung

Wie oft muss man den Kopf auf die Tischkante knallen, damit das Qi wieder richtig fließt? In welchem Zeitfenster kann man einen Nervenzusammenbruch einbauen, damit man noch rechtzeitig zum Hormonyoga kommt? Und wer holt einen aus der Klinik raus, nachdem man mit der Urschrei-App nackt und wild auf die Brust trommelnd durch die Gärten der Nachbarn gerannt ist? Unser Leben könnte so schön sein, wenn man nicht an jeder Ecke Entschleunigung, Entspannung und Achtsamkeit verordnet bekommen würde. Wie sollen gestresste Großstädter denn jemals zu innerer Ruhe finden, wenn sie schon beim Nachhausekommen über Bastkorb-Arrangements stolpern, die randvoll sind mit Aroma-Schlafbrillen und Yogamatten? Eine immer gewaltigere Wohlfühl- und Lifestyle-Welle zwingt die Middle-Ager schöööön zum Entspannen. Ein Trend, der vor allem eins bedeutet: Noch mehr Stress. Das muss aber nicht so sein. Die erklärte Speed-Yoga-Anhängerin und Bestsellerautorin Sabine Bode hat keine Lust auf ständigen Entstressungs-Struggle und lässt lieber den Mittelfinger hochfahren als die Seele baumeln. Turbotrockener Haudraufhumor ganz ohne Gutfühlgarantie!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 225

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Das Buch

Nach ihrem erfolgreichen Bestseller »Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr« holt Sabine Bode erneut die Wort-Keule heraus und liefert sich einen urkomischen Schlagabtausch mit der immer gewaltiger werdenden Wohlfühl- und Lifestyle-Welle. Diese überflutet uns nämlich tagtäglich mit neuen Tipps zur Entschlackung und mentalen Selbstoptimierungseffizienz und zwingt uns geradezu zum Entspannen – und das zwischen Job, Kindererziehung und internalisiertem Bodyshaming. Heraus kommt: nur noch mehr Stress. Gewohnt unverblümt erzählt Sabine Bode also, wie sie dem Entstressungswahnsinn entkommt, und zeigt, wie auch wir achtsam stöhnend den Mittelfinger in Richtung obligatorischer Sonnenaufgangsmeditation halten können. Ihre unterhaltsamen Anekdoten garniert sie mit witzigen Tests, Listen und einfachen Anleitungen, wie man’s richtig falsch macht: ommmm!

Die Autorin

Sabine Bode, ehemalige Autorin von Harald Schmidt, Anke Engelke und Hape Kerkeling und vielen anderen, kommt immer ohne Komma auf den Punkt. Mit »Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr« hat die Komikerin, der die Gags nur so aus dem Kopf purzeln, einen Megabestseller geschrieben.

Die Bochumerin zählt sich zur gesellschaftlichen Randgruppe »verheiratet, zwei Kinder, kein Webergrill«. Online findet man sie unter: www.fraubode.de

Sabine Bode

Lassen Sie mich durch, ich muss zum Yoga

Achtsames Ausatmen für Postjugendliche mit aufgehendem Mittelfinger im Morgenrot

Dieses Werk ist ein humoriges Sachbuch. Es schildert Geschichten und beruht auf Erfahrungen, Erlebnissen und Aufzeichnungen. Ich gebe hier meine persönliche Sicht wieder, die keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit hat. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Originalausgabe März 2021

Copyright © 2021 by Wilhelm Goldmann Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Copyright © 2021 by Sabine Bode

Covergestaltung: UNO Werbeagentur, München,

unter Verwendung eines Fotos von © FinePic®, München

Illustrationen im Innenteil: © FinePic®, München

Redaktion: Dr. Marion Preuß

MP · Herstellung: kw

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-27447-4V002

www.goldmann-verlag.de

Inhalt

Mail an meine Lektorin im Sommer 2020

Leicht angespannt oder kurz vor Kinski: Wie dringend brauchen Sie dieses Buch?

Worst of Wellnepp: Smells like Kartoffelsalat

Anti-Stress-Übung #1

Das Runde muss ins Eckige: Offener Brief an einen Massageball

Whole Lotta Wellness: Led Zep im Lagunenknast

Sagen Sie's jetzt nicht: Konfliktvermeidung für Dummies

Willkommen in der Wohnfühlhölle: 50 Sorten von Weiß

Anti-Stress-Übung #2

Sangria und Sagrotan: Irgendwas mit Palmen

Das Gesetz der Straße: Mein Spießer-Rutenlauf

Man schenkt sich ja sonst nichts: Segwayfahren im Senegal

Zahlen, bitte! Drei Arten, eine Avocado auszulöffeln

Anti-Stress-Übung #3

My Home Is My Office: E-Mails im Wäschekorb

Vom Anlageberater zum Zahnarzt (m/w/d): Erkennen Sie Ihr Stresslevel ganz einfach an typischen Sätzen

Die Lehre von der Leere: Sockenfalten für Sinnsucher

Pudding für die Seele: Glück ist keine Marmelade

Blumen-Druck: Sonntags halb drei in Deutschland

Anti-Stress-Übung #4

Persönlichkeit 2.0: Selbstwertgefühl – ein Sommermärchen

Leise raschelt’s im Blätterwald: Leselavendel für Agrarromantiker

Helden der Entspannung: Wer hat’s gesagt?

Yes? No way! Sag »Ja« zum bösen N-Wort

Birth, School, Work, Death oder Eine kurze Geschichte der Zeiträuber

Meditation für Menschenhasser: Sieben Tage im Tea-Bed

Highway to Well: neulich beim Selfcare-Stammtisch

Rohes Fest: Jahresendzeit? Stimmuuuung!

Anti-Stress-Übung #5

Brief an meine Lektorin im Spätsommer 2020

Wohlfühlterror-Glossar

Danksagung

Mail an meine Lektorin im Sommer 2020

Liebe Marion,

ich weiß, ich weiß, du wartest schon lange auf einen Vorschlag von mir für ein neues Buch. Schon im Februar wollte ich dir ein Exposé schicken, jetzt ist August. Aber ich habe einfach keine Ahnung, worüber ich schreiben soll. In meinem Kopf ist es so leer wie auf der Mitgliederversammlung der SPD.

Ich weiß auch nicht, irgendwie kriege ich nix geschafft, dabei tue ich alles für eine ausgewogene Work-Life-Kids-Mann-Koch-Putz-Seelenfrieden-Balance:

Morgens komme ich nicht raus und höre nicht mal die »Was gibt’s zum Mittagessen?«-Rufe meiner Kinder. Abends gucke ich bis zwei Uhr nachts fern. Gerade gestern kam so eine interessante Doku darüber, warum viel Schlaf so wichtig ist.

Montags gehe ich jetzt immer zum Qigong. Weiß aber noch nicht so recht, ob das was taugt. Sobald es fernöstlicher wird als Holzwickede, bin ich raus. Meine wichtigste Energiebahn verläuft nämlich vom Schlafzimmer zum Kühlschrank.

Auch mittwochs beim Persönlichkeitsentwicklungstraining, freitags beim Grünkohl-Smoothie-Gurgeln und jeden Abend von 20 bis 21 Uhr beim rituellen Den-Tag-loslassen in der Gürteltier-Position ist mir noch keine große Erleuchtung gekommen. Und am Samstagmorgen wollte ich zu einem Zeitmanagement-Seminar in der VHS, kam aber zwei Stunden zu spät. Ich war auch schon bei einem Wunderheiler, der meine Stirn mit heißen Aprikosenkernen bespuckt und dabei Bahnsteigdurchsagen auf Sanskrit gesungen hat. Dann habe ich versucht, bei Vollmond hinter der Regentonne in unserem Garten mein inneres Kind wiederzugebären, habe mich dabei aber so in die Brennnesseln gesetzt, dass ich eine Woche in einem Kamillensitzbad hocken musste.

Meine Freundin Tina will mich dauernd mitschleppen zur Hot Stone Massage. Mann, ich bin 51, da bringt mir so ein 80 Grad heißer Felsbrocken höchstens Abkühlung!

Letzte Woche hatte ich mal eine coole Idee, aber nachdem ich beim Schreiben stundenlang auf meinem ergonomischen Sitzhocker wirbelsäulenentlastend rumgewippt bin, bin ich schließlich vor Anstrengung mit der Stirn auf der Tastatur eingeschlafen und später vor einem Word-Dokument wach geworden, auf dem nur stand:

Llafjksjfisjfiasjfisjvoirfaojgorhjaknvierhieherhmöööö

Dann hatte ich neulich bei netto an der Kasse einen Mördereinfall. Den habe ich sofort auf den Einkaufszettel geschrieben, diesen abfotografiert und im »Wichtig«-Ordner abgespeichert. Kurz darauf war der Handyakku leer. Leider habe ich in diesem Ordner auch die PIN-Nr. gespeichert, mit der ich das Ding wieder ankriege. Jetzt komme ich nicht mehr an meinen Ideenordner, meine Telefonkontakte, meine WhatsApps, meine Urlaubsfotos der letzten 10 Jahre und meine Mental-Decluttering-App.

Als ich bei Google »Wie werde ich wieder kreativ?« eingegeben habe, bin ich auf YouTube-Videos gestoßen, auf denen senile Menschen vor einem Bauwagen auf einem ökologischen Begegnungsbauernhof nachhaltig basteln. Jetzt stehen vor meinem Monitor 18 Stifthalter aus Klopapierrollen, und ich weiß gar nicht mehr, wo ich die Käse-Nachos hinstellen soll.

Mein Hausarzt sagt, ich müsse mal raus. Also habe ich einen Wochenendworkshop zum Thema Kreatives Schreiben auf La Gomera gemacht. Dort habe ich mit 11 anderen blockierten Zeilenknechten in einer Höhle gewohnt. Morgens haben wir uns zum Frühstück Agavendicksaft selbst gezapft und mittags vor dem örtlichen Supermarkt ein wenig Geld verdient, indem wir vorbeireitenden Beduinen die Serviceleistung »Dein Name auf einer Wassermelone« angeboten haben. Abends haben wir alle so lange auf Runzelkartoffeln mit roter Mojo-Soße gestarrt, bis wir daraus unser Lebensthema ablesen konnten. Bei dem Hippie neben mir hat’s funktioniert, da stand tatsächlich »Herbstblond«. Bei mir stand nur: »Mehr Soße!«

Kurz, ich renne ständig von Pontius zu Pilates, zähle den ganzen Tag meine Schrittzähler, esse nur noch Lebensmittel, die keine Umlaute im Namen tragen und sitze vor lauter Relax-Overkill seit Monaten ideen- und tatenlos am Schreibtisch. Ich komme mir schon vor wie Julia Klöckner.

Vielleicht ist es auch in meinem Büro zu unordentlich. Der Feng-Shui-Berater hat gesagt, man muss seine Steuerordner nur zehn Jahre aufbewahren, nicht 30. Außerdem soll ich die sieben Wäscheständer aus meinem Sichtfeld verbannen. Jetzt gucke ich auf diese schäbige lila Wandfarbe, die ich schon ewig überstreichen will und fühle mich wie Oscar Wilde, der angeblich zu dem extrem hässlichen Wanddekor in seinem Sterbezimmer gesagt haben soll: »Entweder geht diese scheußliche Tapete oder ich.«

Ich habe auch schon versucht, mich wie ein französischer Existentialist mit einer Notizkladde rotweinschlürfend in ein Café zu setzen. Aber ich komme mir immer doof vor, allein in der Gastronomie herumzusitzen. Ich fühle mich dann immer wie bestellt und nicht abgeholt, mache Fake-Anrufe (»Waaas, Petra, du schaffst es doch nicht?«) und fange vor lauter Unwohlsein damit an, auf der Speisekarte die Rechtschreibfehler bunt anzumalen: Belecktes Brötchen, kackiger Salat, Waffen mit Pudelzucker … China-Panne – oh, die war wohl Absicht?

Jetzt sitze ich hier desillusioniert zu Hause und warte auf meinen energetischen Heilstein aus Honduras, der nach sechs Wochen immer noch nicht angekommen ist. Rufe schon den ganzen Tag bei der Hotline von Astro-TV an, aber die sagen immer nur stundenlang durch: »Danke, dass Sie uns pro Minute, die Sie in dieser Leitung hängen, 2.368,99 Euro überweisen!«

Es ist zum Verrücktwerden. Wie soll ich meine innere Ruhe finden, wenn ich nicht mal weiß, wo mein rechter Hausschuh ist? Warte mal, gerade ploppt meine tägliche Motivationsmail aus meiner »Selbsthilfegruppe für Kreative in der Krise« auf. Da steht: »Schreib einfach über Dinge, die du gut kennst.« Fips Asmussen hätte gesagt: »Sieh, die Ute liegt so nah!« Hmm, vielleicht sollte ich … kannst du dir vorstellen, dass ich einfach über DASHIER schreibe? Ich meine, vielleicht gibt es ja noch mehr Leute da draußen, die es langsam leid sind, ständig auf noppenbestickten Wellness-Socken ihrem eigenen Glück hinterherzuhecheln? Die nicht gleich ein Dankbarkeitsritual ausführen wollen, weil sie die Anlage N bei der Steuererklärung richtig ausgefüllt haben? Was meinst du?

Liebe Grüße

Sabine

Liebe Sabine,

das ist eine tolle Idee! Meinst du, du schaffst es, mir bis Mitte übernächster Woche das fertige Manuskript zu schicken?

Herzlich

Marion

Hey Marion,

kein Ding! Muss nur mir noch schnell meinen im Möhnesee galaktisch aufgeladenes Energieamulett umhängen, mir dreimal Relax-Spray in die Handinnenflächen sprühen, den Eimer mit abgestandenem Lavendelfußbad unterm Tisch zur Seite kicken, und los geht’s!

Tschaka!

Liebe Grüße

Sabine

Leicht angespannt oder kurz vor Kinski: Wie dringend brauchen Sie dieses Buch?

/ Sie reden Familienmitglieder an mit »Nein, nicht du, das andere Kind!«.

/ Sie glauben, ein Mantra ist ein Asi-Opel aus den Neunzigern.

/ Bevor Sie ins Bett gehen, quatschen Sie noch kurz mit dem Zeitungsboten.

/ Sie suchen drei Stunden ihren Schlüssel, und wenn Sie ihn finden, wissen Sie nicht, in welche Tür er passt.

/ Der Einzige, der Ihnen gegenüber immer offen ist, ist Ihr Kühlschrank.

/ Sie melden sich am Telefon mit »Ich ruf zurück!«.

/ Sie fragen bei Decathlon, ob Sie die Yoga-Matte probeliegen dürfen – 12 Stunden.

/ Sportliche Betätigung ist für Sie, sich im Schlaf von einer Seite auf die andere zu wälzen.

/ Sie haben Ihren Kalender nur noch, um mit den anderen Patienten im Wartezimmer »Stadt, Land, Fluss« zu spielen.

/ Vor lauter Herzrasen spüren Sie Ihre Migräne nicht mehr.

/ Sie setzen sogar in der Waschstraße den Linksblinker und rufen: »Lassen Sie mich durch, ich muss zum Yoga!«

/ Sie glauben, die Wand aus Pizzakartons neben Ihrem Schreibtisch ist so ein Deko-Hack.

/ Sie bestellen sich einen XXL-Bodenstaubsauger, nur um auf dem Sofa zu sitzen und das mitgelieferte Knallpapier ploppen zu lassen.

/ Sie steigen wahllos in irgendeinen Bus, der gerade kommt, um irgendein Ziel vor Augen zu haben.

Auswertung

Wie viele Kästchen haben Sie angekreuzt?

Gar keins: Herzlichen Glückwunsch. Sie brauchen dieses Buch nicht. Basteln Sie einfach aus den Seiten 178, 81 und 111 kleine Papierkraniche.

3 bis 5: Ihre Angespanntheit ist deutlich im Grenzbereich. Vielleicht sollten Sie Ihre Hanfpantoffeln mal anzünden und rauchen?

Alle: Kennen Sie den Film Falling Down aus dem Jahr 1993 mit Michael Douglas, wo ein Typ eigentlich nur zur Geburtstagsparty seiner Tochter will, stattdessen aber mit dem Baseballschläger durch L. A. läuft und bereit ist, die ganze Stadt kurz und klein zu hacken? Ich mein’ ja nur.

So, jetzt liegt es an Ihnen. Entweder Sie holen sich jetzt einen schönen »Hol-dir-Kraft-durch-Holunder-und-Himalaya-Hibiskus-Hokuspokus«-Tee. Oder Sie befüllen Ihre 37 Klangschalen mit unterschiedlich großen Mengen an Bügelperlen und klopfen mit einem Mahagoni-Suppenlöffel dagegen, bis die Melodie von Stressed Out erklingt.

Wenn das nix hilft, dann bleibt nur noch, dieses Buch zu lesen. Vielleicht hilft es Ihnen ja bei der Suche nach sich selbst und Sie finden innere Balance, Seelenfrieden oder zumindest Ihren rot-gepunkteten Einkaufsbeutel. Wenn Ihnen das zu lange dauert, nehmen Sie doch einfach die Instant-Stress-Relief-Option. Dazu müssen Sie einfach folgende aus dem westlichen Ruhrgebiet tradierte Weisheit verinnerlichen:

Stress, das sind all die Dinge, die passieren, wenn man nicht schläft.

Worst of Wellnepp: Smells like Kartoffelsalat

Letztes Jahr beim Schrottwichteln mit Freunden habe ich eine DVD erwischt, die den verheißungsvollen Titel trägt: »Paternoster – Zuhören, Zusehen, Entspannen«. Da ich nicht glauben konnte, dass so etwas wirklich existiert, und ich meine Mitwichtler in Verdacht hatte, das Ding extra für diesen Zweck am Farbdrucker zusammengebastelt zu haben, habe ich direkt auf Amazon nachgeschaut und ungläubig festgestellt: Es gibt dieses suspekte Sedativum nicht nur wirklich, nein, es hat sogar fünf Sterne von einer Person namens »Semmeltaster« bekommen. Der Rezensent lobt das Produkt, weil man damit so entspannt einschlafen kann. O-keh. Noch mal zum Mitschreiben: Es gibt da draußen also irgendwo Leute, die nicht Bubu machen können, ohne vorher Bewegtbilder anzusehen, in denen wildfremde Menschen in einen merklich in die Jahre gekommenen Offen-Lift reinhopsen. Ich habe Fragen! Und zwar: Wissen die Stockwerk-Hopper, dass sie gefilmt wurden und jetzt Insomnia-Patienten als Lebendfutter zum Wegnicken dienen? Wer fährt eigentlich noch so einen Retro-Personenumlaufaufzug, außer kurz vor der Pensionierung stehende Bauamtsbedienstete, die Kai-Uwe heißen, Karo-Wollwesten über Kurzarmhemden tragen und gerne mal eben aufspringen, um ein Stockwerk höher der Gaby aus der Abteilung Gewerbeauskunft was von ihrem hausgemachten Kartoffelsalat abzuluchsen? Und wer, bitte, guckt solchen Menschen bei eben dieser Tätigkeit freiwillig zu? Leute, die Angst vorm Schafe-Zählen haben, weil ihnen dann immer die Stimme von Hannibal Lecter dazwischengrätscht, der in wohlerzogener Gentlemanmanier flüstert: »Ich muss Ihnen gestehen, dass ich ernsthaft in Erwägung ziehe, Ihre Frau zu verspeisen«? Und wieso guckt man, wenn man einen Film ohne Handlung und Charaktere will, nicht einfach den Wiener Tatort?

Lange Zeit habe ich geglaubt, diese DVD sei als Sinnbild des Sinnlosen nicht mehr zu überbieten. Bis ich einen Rundgang durch das Museum Of Failure im schwedischen Helsingborg gemacht habe. Hier werden Produkte ausgestellt, die gnadenlos gescheitert sind. Etwa eine weiße Gesichtsmaske mit integrierter Elektro-Schock-Behandlung aus den 80ern, die den Käuferinnen damals versprach, dass sie danach aussähen wie Linda Evans (für die Jüngeren: die Krystle aus Denver-Clan. Für die noch Jüngeren: wie eine amerikanische Schauspielerin mittleren Alters mit Silikonbäckchen und Föntornadofrisur). Nun, es hat nicht funktioniert, offenbar sahen die Testpersonen danach aus wie Cliff Barnes aus Dallas, der besoffen in der Badewanne liegt. Und so staubt die kuriose Gerätschaft jetzt neben anderen Product Fails in der Vitrine vor sich hin. Da wäre etwa der ans WiFi angeschlossene Entsafter, der einzeln verpackte Portionen mit fertig geschnittenem Obst verarbeiten und 700 Dollar kosten sollte. Schöne Idee, aber wer braucht so was, wo es doch püriertes Obst inzwischen sogar mit Zuckerzusatz und jeder Menge Verpackungsmüll in jeder Ecke als Quetschie zu kaufen gibt?

Man muss allerdings nicht nach Schweden fahren, um die Teufelstaten verkappter Daniel Düsentriebs live und in Farbe zu erleben. Oft reicht schon ein Besuch bei Tchibo.

Dort ist etwa ein Fingertrainer im Angebot, der sogar die Wiederholungen zählt. Ich würde sagen, meine Finger sind trainiert genug, um bei so einem Produkt den mittleren gaaanz geschmeidig hochfahren und sehr lange in dieser Position verharren zu lassen. Ich will ja nix sagen, aber ich habe noch nie eine Bekannte beim Einkaufen getroffen und auf die Frage »Und, wie geht’s?« geantwortet: »Muss, muss, aber meine Finger sind gerade der-ma-ßen schlapp!«

Ein weiteres Beispiel für unsere perfide durchgetaktete Zeit ist auch die hier erhältliche Vanillekipferl-Backmatte. Sie ist quasi das Silikon-Pendant zum Weihnachtsgruß für Faule, der im Gleichklang über die Funktion »Sende an alle Kontakte« verschickt wird. Da zahlen wir Unmengen von Kohle für Selbsthilfeliteratur und Gurus, die uns ins Ohr raunen, wir sollen Mut zur Muße haben. Und dann kommt so eine wabbelige Förmchenmatte daher und zeigt uns, wo es wirklich langgeht: Plätzchen backen, okay, aber es muss schnell gehen, am besten mit Fertigbackmischung und vorgestanzten Kipferl-Kuhlen, sodass man die Sauerei noch in das Zeitfenster von 16.30 Uhr bis 17.05 Uhr zwischen Trommelworkshop und Blinddarmreflexzonenmassage stopfen kann. Jedes Plätzchen von Hand zu formen, sodass es womöglich noch eine eigene, persönliche Note bekommt, das ist nun wirklich zu viel des Guten. Was, wenn wir heute noch kein Fingertraining gemacht haben und die Kipferl dann aussehen wie Kackwürste? Nee, dieses Teil kommt mir nicht ins Haus, und wenn unsere handgeformten Vanilleplätzchen aussehen wie die Hufeisen eines lahmen Bergesels in Kathmandu.

Auch die Prospekte von Ernsting’s family bis Otto sind randvoll mit Tand und Tinnef gefüllt. Hier gibt’s etwa Multifunktions-Massageroller (lassen sich offenbar vorwärts und rückwärts rollen) oder eine Fitnessuhr mit Körpertemperaturmessung, Kalorienzähler und Bewegungserinnerung. Alle zwei Stunden piept diese wohl und erinnert einen daran, das Ding endlich in den Müll zu schmeißen (was immerhin zwei Kalorien verbraucht).

Allerdings wirft die dort ebenfalls beworbene sprechende Personenwaage, die das Gewicht auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch ansagt, bei mir Fragen auf: Wie soll das gehen? Was um Himmels willen sagt die Waage? Murmelt sie ein unfreundliches »Good morning in the morning«, damit wir gleich ins Waschbecken kotzen und zwei Kilo weniger wiegen? Oder grüßt sie uns mit einem freundlich sachlichen: »Bitte stellen Sie ein, welche Stimme Ihnen das Gewicht durchsagen soll: männlich, weiblich oder Echolot?« Und sagt die Waage die Wahrheit auf Französisch vielleicht ein bisschen netter (»Oh Chérie das ist eine sehr große Po-Poo, aber isch liebe jedes Grämmschen!«)? Ich würde auf jeden Fall die englische Variante einstellen: einfach draufstellen und dann vier Jahre auf eine Ansage warten.

Wer jetzt sagt »so einen Tinnef brauche ich nicht«, sollte mal ganz schnell in seine Einkaufstüte gucken. Es gibt ja kaum noch Sachen ohne Entschleunigungsversprechen: Slowdown-Socken, Tantra-Tee, Wellness-Winkelschleifer. Selbst eine schnöde Plastik-Stapel-Box bei Aldi wird als »Lifestyle-Box« angepriesen. Dabei möchte ich behaupten, dass es keinen einzigen Lifestyle gibt, weder Bohemian-Urban-Relaxed noch Organic-Wholesome-Sensitive, der eine taubengraue ineinander stapelbare PVC-Wanne, in der sich sogar hineingeworfene Schraubenzieher vor Unwohlsein drehen und winden würden, auch nur ansatzweise lebensbereichernd finden würde.

Seit Kurzem wird mir auch in meiner Facebook-Timeline ständig eine Therapiedecke angepriesen, von der ich erst bei näherer Betrachtung erfahren habe, dass diese nicht für Pferde gedacht ist, sondern für Menschen. Das besonders schwere Teil soll eine kettenhemdartige Bastion gegen Stress, Angst und Schlaflosigkeit, ja, die ganze böse Welt da draußen sein. Ja, wieso sind wir denn alle so gestresst? Vor allem deshalb, weil wir morgens mit Heilkräutersud gurgeln, mittags die Sushi-Matte zur Yoga-Unterlage umfunktionieren und abends in einem Bottich mit lauwarmer Tonerde baden. Und das alles nur, weil wir ständig auf der Suche nach der best possible version von uns selbst sind, als müssten wir unsere Persönlichkeit ständig updaten wie ein Computervirenschutzprogramm.

Eine Vorreiterin dieses permanenten äußeren und inneren Waschzwangs ist die US-Schauspielerin Gwyneth Paltrow. Die Dame hat inzwischen auf Hohepriesterin der »Heilung to Go«-Wissenschaften umgeschult. Goop heißt ihr Gaga-Gutfühl-Gemischtwarenladen, der da weitermacht, wo Jean Pütz in den Achtzigerjahren aufgehört hat, als er in der WDR-Hobbythek auf dem Waschbecken kauernd die Vorzüge der Darmreinigung pries. GP sind natürlich ihre Initialen, vielleicht spielt der Name auch auf die englische Bezeichnung »General Practitioner« an, also Hausarzt, um seriöser zu wirken. Die zwei Nullen in Goop sind offenbar ein Sinnbild für »Griff ins Klo«. Oder wie sonst soll man Kerzen nennen, die nach Geranien, Zedernholz und Rosen riechen und den Aufdruck »Smells like my vagina« tragen? Wie die ambitionierte Actrice das geschafft hat, verrät sie nicht – vielleicht jedes einzelne Stück der 5000er-Charge fünf Minuten beim morgendlichen Workout in die hautsympathische Casual Homewear geklemmt und damit leicht staksig auf den Beinen den Morgengruß mit Blick auf die Hollywood Hills geturnt? Und spätestens seit sie das Nachfolgeprodukt »Candles that smell like my orgasm« auf den Markt gebracht hat, hört man auf zu glauben, dass die Urzeitkrebse aus dem Yps die größte Verarsche aller Zeiten waren.

Goop offeriert auch ein Aura-Spray, das hyperaktive Kinder beruhigen soll. Diese können offenbar empfindlich die Fotosession stören, wenn Mama gerade in der Kriegerposition auf dem Balkon für neue Werbefotos posiert. Auch eine 100-Dollar-Creme, die angeblich »angebetet und angesungen« wurde, ist im Portfolio. Nur eines möchte ich wissen: Was zum Henker hat man der Creme vorgesungen und vor allem: WER? Es muss doch für den Verbraucher auf der Packung deklariert sein, ob die Tuben von Barry Manilow angerotzt wurden oder ob Cher bei ihrer Tagesabschlusspflege »If I Could Turn Back Time« in den Tiegel geflennt hat?

Über allem schwebt das Zauberwort »healing«, das uns suggeriert, dass wir alle krank sind. Sind wir wohl auch, wie sonst ist es zu erklären, dass es offenbar Menschen gibt, die 35 Dollar für ein Emotional Detox Bath Soak ausgeben oder sich auch mal zum Namenstag ein 15.000 Dollar teures goldenes (!) Bedroom Toy For Ladies gönnen. Was soll der Quatsch, die bessere und billigere goldene Bedroom-Beschäftigung sind doch wohl immer noch Ferrero Rocher.

Ich weiß gar nicht, was sie ständig mit dem ganzen Hipster-Heiler-Zeugs will. Sie müsste doch schon das zufriedenste Leben der Welt führen, seit ihr Ex-Mann Chris Martin nach der Trennung alle Coldplay-CDs mitgenommen hat.

Übrigens hat Frau P. ihr Liebesaus damals als eigenes Konzept mitvermarktet: »Conscious Uncoupling«, offenbar so was wie achtsames Arschlecken. Die logische Folgerung dieser bezahlten Lebenseinblicke ist ihre Netflix-Serie The Goop Lab. Diese richtet sich offenbar an Konsumentinnen, denen QVC zu intellektuell ist und ist wissenschaftlich so ausgereift wie eine Handlese-Session auf der Cranger Kirmes.

In einem Setting zwischen Hipster-Kaffeekränzchen und High-Tech-Labor redet Frau P. mit Experten, deren Erklärungen selbst für Querdenker zu wenig faktenbasiert wären. Dann schickt sie ihre Selfcare-Crew auf große Fahrt. Zum Beispiel nach Jamaika, um in einer munteren Runde Pilz-Trips einzuschmeißen und dabei zu kichern wie Teenies beim Flaschendrehen. Der muntere Bediensteten-Bunch darf dann auf der ganzen Welt Extremerfahrungen machen, bei denen man irgendwie die ganze Zeit »Monotonie« von Ideal im Ohr hat: »Campari auf Tahiti, Bitter Lemon auf Hawaii«. Während die Chefin in der Zentrale offenbar jeden Raum mit Aura-Spray Marke »Morgenurin« beduftet, macht das Fußvolk Snoga (Yoga im Schnee) oder springt in sieben Grad kaltes Wasser, weil einem das hilft, mit Stress umzugehen. Schade, dass die meisten Menschen, die akutem Stress ausgesetzt sind, selten sieben Grad kaltes Wasser vor der Haustür haben und stattdessen in 40 Grad heißen Fabriken stylische Zweiteiler nähen, damit etwa toughe Goop-Forscherinnen ihre Panikattacken, Depressionen und abgebrochenen Fingernägel kurieren können. Am Ende sitzen wieder alle in der Zentrale bei der weisen Oberhexe Rumpumpel und berichten von ihren totally amazing experiences: »Das war wie fünf Jahre Therapie in fünf Stunden« – frei nach dem Motto: Seelenheilung, ja bitte, aber bei mehr als einem halben Tag Sonderurlaub gibt’s Probleme mit der Spesenabrechnung bei Goop.

Vielleicht sollte ich auch mal so einen Lifestyle-Shop launchen. Da verkaufe ich dann Keksausstechmatten mit integrierter Verzier- und Anbrennfunktion für noch mehr Effizienz und Authentizität. Oder eine mit heiligem Bergquellwasser angereicherte Creme 21, mit der man nach 3478-maliger Anwendung aussieht wie Frauke Ludowig. Steigen Sie ein, springen Sie auf, wir machen eine kleine Werbefahrt im Paternoster direkt in den 12. Stock zum Bauamt. Dort inszenieren wir dann Kai-Uwe aus Zimmer 114, Baulasteintragungen und Schornsteinfegerwesen, der dort ein Promo-Video für seinen Karopullunder »Relax« aus handgeschorener Murmeltierwolle und sein neues After Shave »Riecht wie mein Zehenzwischenraum« macht. Geht beides bestimmt weg wie lauwarmer Kartoffelsalat.

Tinnef aus der Tube: Dinge, die wirklich kein Schwein braucht

Knautschplastik-Voodoo-Puppe

Formbarer Softball in Form einer Voodoo-Puppe, wahlweise mit der Aufschrift »Boss« oder »Ex«. Warum? Hass ist ein viel zu starkes Gefühl, um es jemandem entgegenzubringen, den man nicht mag.

Malbücher für Erwachsene

Mal ehrlich, geht’s noch? Wozu brauchen wir Malbücher zum Entspannen, wenn der Grund, warum wir überhaupt aggro sind, ist, dass wir den ganzen Nachmittag auf das wimmernde Wesen am Küchentisch einreden: »NICHT über die Linien malen! Und nicht immer für jedes Krickel-Krackeln ein neues Blatt handgeschöpftes Büttenpapier nehmen!«

Wen es entspannt, auf ein surreales Naturmotiv mit wirr ineinander verschlungenen Pantoffeltierformen zu stieren, der soll doch einfach mal zehn Minuten auf den Wäschekorb mit den Einzelsocken starren.

P. S.: Absolut legitim ist natürlich das Special-Interest-Malbuch Kackende Tiere. Es ist immer noch besser, kackende Tiere auszumalen, als seinen Burnout-Berater spurlos verschwinden zu lassen.

Duschgel und Hautcreme in einem

Schöne Idee, Duschen und Eincremen zu einem einzigen Vorgang zusammenzulegen, damit man noch schneller zum Manga-Meditations-Morgenkurs losdüsen kann. Richtig zeitsparend wird’s aber erst, wenn vor der Badezimmertür bereits der Notarzt wartet, der einen nach dem Ausrutschen auf den cremig-verklebten Keramikbodenfliesen mit ausgedrehter Kniescheibe auf die Liege wuchtet.

Relax-Massagesessel für zu Hause

Kann man machen, wenn man auch gerne im Wohnzimmer Astronautennahrung aus der Tube zu sich nimmt. Aber mal ehrlich, so richtig entspannen können wir uns in diesen Kunstleder-Katapultsitzen doch nur, wenn diese im proppenvollen Einkaufszentrum stehen, wo alle zwei Minuten Falschparker durchgesagt werden und wir dem hinter uns wartenden Takko-Fashion-Einkaufstaschen-Mob zuraunen können: »Sorry, dauert noch was, habe gerade noch 20 Euro nachgeworfen.«

Parfümierte Müllbeutel

Umweltschädlich und einfach überflüssig. Schließlich weiß doch jeder: Abgestandenen Inhalt so verpacken, dass er für kurze Zeit gut riecht, das kann nur Dieter Bohlen.

Mindblowing Morning Sun Bath Balls mit flüssigem Kern aus Original-Achselschweiß-Extrakt von Bastian Yotta

Wie, gibt’s noch gar nicht? Na, da hat ja wohl mal wieder irgendein ketogen koksender Leck-mich-fett-wenn-das-nicht-genial-geil-ist-Lifestyle-CEO ordentlich den Zeitgeist verpennt.

Anti-Stress-Übung #1

Malen Sie dieses Dromedar aus.

(Wenn Sie hier ein Dromedar sehen, sollten Sie den Yogalehrer wechseln.)

Das Runde muss ins Eckige: Offener Brief an einen Massageball

Es gibt ja viele Dinge, die man im Haus herumfliegen hat und die für nix gut sind. Manche heißen »Carsten« oder »Klaus«. Aber du, mein lieber Massageball, bist der kugelrunde König der Nutzlosigkeit, der Predator of Plastikscheiß, der Gottvater der sinnfreien Gadgets.

Jeder hat dich, keiner braucht dich: Du bist wahlweise knallrot, quietschgrün oder ferkelrosa und siehst aus wie ein dreidimensionales Coronavirus-Schaubild bei einem fingierten Arzt-Interview im Frühstücksfernsehen.

Für was bist du eigentlich gut? Wenn man erst mal googlen muss, warum man dich überhaupt besitzt, was ist dann deine Daseinsberechtigung? »Fördert die Wahrnehmung«, steht da – toll, für all jene bemitleidenswerten Menschen, die gerade kein Kokain im Haus haben, oder wie? »Ideal für Greifübungen«, heißt es weiter. Wer braucht das? Wenn ich sinnvolle Fingerübungen machen will, lege ich lieber die Erfrischungsstäbchen im Kühlschrank ganz nach hinten. Und angeblich bist du auch DAS Wundermittel gegen Cellulite. Natürlich nur, wenn man dich gemeinsam mit der »Arschfalten-Adé«-Creme aus dem HSE-Nachmittagsprogramm mit Hyper-Soothing-Boosting-Effect für 39,90 Euro pro 100 ml anwendet, mit der man sich nur dreimal am Tag mit zwei Eimern voll einreiben muss.

Wir haben schlichtweg keine Ahnung, was wir mit dir anstellen sollen. Aber allein durch deinen Besitz fühlen wir uns ganzheitlicher, gesundheitsorientierter und gutwilliger, genau wie im Supermarkt, wenn wir unser Obst besonders genüsslich in einen unserer sieben mitgebrachten Baumwoll-Beutel gleiten lassen, wenn vor uns ein gestresster Büromensch ein in Plastik eingeschweißtes Käsesandwich und mundgerecht geformte Melonenstücke im dicken PVC-Eimer kauft. Aber unser Verhältnis zu dir ist ambivalent. Wir sind weit davon entfernt, dich wie einen Traumfänger oder eine Kuscheldecke sichtbar in unserer Wohnung zu platzieren, um unser sekündlich mit voller Kraft in sich hineinspürendes Wesen zur Schau zu stellen. Nein, lieber Massageball, dafür bist du einfach zu hässlich. Du bist aus PVC und hast damit schon mal einen Nachhaltigkeitsfaktor von minus 3. Dein niedliches Synonym »Igelball« macht es auch nicht besser, denn mit güldenem Herbstlaub in der Septembersonne hast du so viel zu tun wie Horst Seehofer mit einem Intimpiercer.