Lore-Roman 205 - Eva Berger - E-Book

Lore-Roman 205 E-Book

Eva Berger

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Beschreibung

Imke träumt von Abenteuer, doch ihre Welt ist von strengen Regeln und Peters ständiger Sparsamkeit geprägt. Kein Wunder, dass ihre Sehnsucht nach Veränderung ständig wächst. Als ein Brief aus Amerika eintrifft, scheinen Imkes Träume wahr zu werden: Onkel Charles, der reiche Verwandte aus Übersee, lädt sie zu sich ein. Doch Peters Pragmatismus ist unerschütterlich. Er zweifelt an der Einladung, dreht jeden Pfennig zweimal um und lässt Imkes Begeisterung verpuffen. Erst als sie verspricht, die Reise von ihrem Ersparten zu finanzieren, stimmt er widerwillig zu. Die Reise über den Atlantik soll der Anfang eines neuen Kapitels sein. Doch auf dem prächtigen Luxusdampfer beginnt sich Imkes Beziehung zu Peter zu verschieben. Kleine Streitigkeiten enthüllen große Gräben, und ein charismatischer Fremder, Thorben Sörensen, weckt in Imke ein unbestimmtes Gefühl von Unruhe und Neugier ...

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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Imkes abenteuerliche Schiffsreise

Vorschau

Impressum

Imkes abenteuerliche Schiffsreise

Schicksalsroman für besondere Stunden

Von Eva Berger

Imke träumt von Abenteuer, doch ihre Welt ist von strengen Regeln und Peters ständiger Sparsamkeit geprägt. Kein Wunder, dass ihre Sehnsucht nach Veränderung ständig wächst. Als ein Brief aus Amerika eintrifft, scheinen Imkes Träume wahr zu werden: Onkel Charles, der reiche Verwandte aus Übersee, lädt sie zu sich ein. Doch Peters Pragmatismus ist unerschütterlich. Er zweifelt an der Einladung, dreht jeden Pfennig zweimal um und lässt Imkes Begeisterung verpuffen. Erst als sie verspricht, die Reise von ihrem Ersparten zu finanzieren, stimmt er widerwillig zu.

Die Reise über den Atlantik soll der Anfang eines neuen Kapitels sein. Doch auf dem prächtigen Luxusdampfer beginnt sich Imkes Beziehung zu Peter zu verschieben. Kleine Streitigkeiten enthüllen große Gräben, und ein charismatischer Fremder, Thorben Sörensen, weckt in Imke ein unbestimmtes Gefühl von Unruhe und Neugier ...

»Nun, mein Schatz?« Peter Junker sah sich selbstgefällig um, rieb sich die Hände und strich dann über sein welliges dunkles Haar, auf das er besonders stolz war.

»Hm«, erwiderte Imke ein bisschen ungewiss.

Sie erriet die Gefühle und Gedanken ihres Verlobten. Er war ein äußerst sparsamer Mensch. Aber vielleicht musste man das ja in seinem Beruf auch sein. Peter war Buchhalter und hatte demnächst berechtigte Aussichten, in der Firma zum Oberbuchhalter aufzusteigen.

Einmal in der Woche führte er sie aus. Sie gingen immer zum »Chinesen« essen. Hier waren die Portionen, Peters Meinung nach, größer als anderswo und die Preise solider.

Imke hätte dagegen gern einmal ein anderes Restaurant aufgesucht. Auf die Dauer schmeckte ihr die chinesische Küche nicht, und schließlich gab es in der Stadt noch andere Spezialitätenrestaurants. Ihre Kolleginnen schwärmten von dem neu eröffneten Balkangrill. Aber Peter winkte nur schnell ab, wenn Imke das Gespräch darauf brachte.

»Was soll mich so ein Abend kosten! Bedenke nur, wie viel wir für Essen und Trinken ausgeben würden!«

Da Imke längst herausgefunden hatte, dass Peter bei einem Streit ausdauernder als sie war, ließ sie es erst gar nicht darauf ankommen. Und so blieb alles beim Alten und sie landeten jeden Sonnabend hier beim Chinesen!

Zuweilen fragte sich Imke auch, warum sie sich eigentlich so erregte, dass sie stets und ständig den Sonnabend dafür nahmen. Denn im Grunde genommen hatte Peter schon recht. Der Samstag war der günstigste Tag! Dann konnten sie am anderen Morgen ausschlafen. Aber dieses sture Schema brachte sie dennoch innerlich auf.

Heute wählte Peter mit Bedacht, wie immer. Dabei wusste Imke ganz bestimmt, dass er sich ohnehin süßsaures Hühnerfleisch aussuchen würde.

Wie nervös sie war, merkte er gottlob nicht.

So aß Peter Junker wenig später mit großem Appetit, während Imke sich dazu zwingen musste, ein wenig zu verspeisen.

»Es ist wie immer großartig«, lobte ihr Verlobter das Essen.

Imke nickte. Sie wusste eigentlich stets, welche Worte Peter an bestimmten Zeitpunkten des Abends sagen würde. Aber sie wusste nicht, warum sie plötzlich von panischer Furcht erfüllt war, Furcht vor einem Leben mit Peter. Dabei hatten sie es sich doch zuweilen so nett und schön ausgemalt.

»Fühlst du dich nicht wohl?«, fragte Peter sie plötzlich. »Oder warum isst du nicht mehr?« Das klang nicht mitfühlend, sondern vorwurfsvoll.

»Ich bin satt.«

»Ich eigentlich auch, aber stehen lassen wollen wir es auch nicht. Wir müssen ja alles bezahlen.« Er angelte nach Imkes Teller.

»Letzten Sonntag war dir doch unwohl, weil du zu viel gegessen hattest«, warnte Imke.

Auf seinen Zügen zeigte sich deutlich ein Zug von Unwillen.

»Ist das meine Schuld? Du hast ja kaum die halbe Portion gegessen.«

»Ich hatte keinen Hunger, weil ich so erkältet war.«

»Unsinn«, entgegnete er eine Spur zu heftig. »Du bist nur ein wenig überempfindlich.«

Imke stieg ein ärgerliches Rot ins Gesicht, aber sie schluckte die Antwort hinunter. Sie wollte sich mit Peter nicht streiten – nicht heute, da sie so etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen hatte.

Peter aß den Rest auf den Tellern noch auf.

»So, nun bin ich tatsächlich wie genudelt«, schnaufte er dann. »Weißt du, wenn ich erst Oberbuchhalter bin, können wir vielleicht auch ab und zu sonntags essen gehen. Mein Gehalt und dein Gehalt zusammen betragen ...«

Er rechnete und sah gar nicht, wie unglücklich Imke aussah. Peter interessierte sich wahrhaftig nur für Zahlen und Geld. Früher hatte es sie amüsiert, doch jetzt empfand sie es unangebracht.

»Peter, ich habe einen Brief aus Amerika bekommen«, erwähnte Imke leise.

Sie war der Meinung, ihr Verlobter sei nun gut gesättigt und darum allem Neuen gegenüber aufgeschlossener als sonst.

»Tatsächlich? Ist irgendeine Freundin von dir dort?«

Imke unterdrückte einen Seufzer.

»Ich habe dir doch des Öfteren von Papas ältestem Bruder erzählt, der in den Staaten lebt und sehr reich ist.«

»Ach ja, ich erinnere mich«, erwiderte ihr Verlobter ohne großes Interesse.

»Peter, jetzt hat er mich und dich zu sich eingeladen. Er will uns kennenlernen.«

»Aber warum? Hat er auch einen Scheck beigelegt, damit wir die Reise bezahlen können?«

Nein, das war der springende Punkt, weswegen Imke schon seit Erhalt des Briefes das Gespräch mit Peter scheute.

»Nein. Aber er wird uns die Reisekosten ganz bestimmt wiedergeben«, äußerte sie eine Spur zu sicher.

Ihr Verlobter sah sie skeptisch an.

»Wenn du dich nur nicht irrst. Gerade reiche Menschen sind oftmals sehr geizig. Und ein Flug in die Staaten und zurück ist für uns viel zu teuer. Außerdem wüsste ich nicht, was wir dort sollen.«

»Er prüft nacheinander seine in Deutschland lebenden Neffen und Nichten, wer dafür infrage kommt, ihn einst zu beerben«, erklärte Imke mit einem gewissen Trotz.

»Wunderbar – und wie viele lässt er antanzen?«

»Drei waren schon bei ihm, ich bin die vierte und die letzte.«

Wieder klang ihre Stimme herausfordernd.

»Imke, nimm es mir nicht übel, aber auf dieses Unternehmen lasse ich mich auf keinen Fall ein. Am Ende kommt der schrullige Herr dann zu dem guten Schluss, dass er sein Geld dem Tierschutzverein vermacht, oder er besitzt am Ende gar nichts und will sich mit seiner Verwandtschaft nur einen Spaß erlauben.« Peter schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, meine Liebe, da sehe ich mehr Risiko als Chance.«

Imke hatte diese Einwände natürlich befürchtet und kämpfte gegen Tränen, als sie ihn beschwor: »Peter – und wenn dem so wäre! Warum sollten wir uns nicht einmal eine Seereise auf einem Luxusdampfer gönnen? Wir kommen sicher in unserem ganzen Leben nicht wieder dazu, in die Staaten zu reisen. Außerdem träume ich schon seit Jahren von einer Schiffsreise.«

»Dann träume ruhig weiter – ohne mich! Für das Geld könnten wir etliche Quadratmeter Grund und Boden für unser zukünftiges Haus kaufen. Nein, bleibe mit beiden Beinen auf dem Boden, Imke. Schreibe dem alten Herrn, er soll einen Scheck schicken, dann bist du gern bereit, dich und deinen Verlobten vorzuführen, andernfalls muss er auf uns verzichten.«

»Aber ich möchte Onkel Charles gern einmal kennenlernen, er ist doch mein einziger Onkel«, gab Imke zu bedenken. »Außerdem haben wir eine echte Chance, ihn zu beerben.«

»Das sind Hirngespinste«, wies Peter ihre Argumente zurück.

Imkes war den Tränen jetzt noch näher. Sie hatte den Brief des Sekretärs ihres Onkels gestern bekommen, und seitdem träumte sie von der Schiffsreise. Eine Flugreise kam wirklich nicht infrage, aber von einer Reise per Schiff in die Staaten hatte man ja auch sehr viel mehr. Sie hatte sich heute Vormittag bereits nach allem erkundigt.

»Hier, lies den Brief«, murmelte sie mit bebender Stimme.

Sie öffnete ihr Handtäschchen und reichte ihrem Verlobten das Schreiben. Der überflog es. Es waren nur wenige Sätze.

»Sehr geehrtes Fräulein Sembach«, las Peter halblaut vor sich hin, »als Sekretär Ihres Onkels Charles Sembach bin ich von ihm beauftragt worden, Sie und Ihren Verlobten nach hier einzuladen. Ihr Onkel möchte Sie und Ihren zukünftigen Gatten kennenlernen, um sich ein Bild über Sie beide zu machen. Teilen Sie mir bitte den Termin Ihrer Ankunft mit. Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Ihr Onkel nicht damit einverstanden wäre, wenn Sie allein kämen. Hochachtungsvoll Tom Frazer. – Verwandtschaftlich herzlich ist der Wisch wahrlich nicht«, stellte Peter trocken fest.

»Das stimmt«, gab Imke leise zu. »Aber du darfst ja auch nicht vergessen, dass Onkels Sekretär den Brief verfasst hat.«

»Ich wette, von diesem schrulligen Menschen siehst du keinen Pfennig«, nörgelte ihr Verlobter weiter.

»Oh, Peter, aber es ist doch eine Chance«, flehte Imke daraufhin geradezu. »Vielleicht mag er dich und mich. Dann können wir uns hier gleich ein schönes Haus bauen, wir können uns ein Auto kaufen. Ich brauche nicht mehr mitzuarbeiten, sondern kann den Haushalt führen. Wir können Kinder bekommen ...«

»Du hast schon immer zu viel geträumt«, erwiderte Peter nüchtern.

»Peter – und wenn ich die Überfahrt für uns beide bezahle?«, rückte Imke heraus und sah ihren Verlobten gespannt an.

»Hm, das wäre natürlich eine andere Sachlage. Aber im Grunde genommen wäre es ja unser Geld – selbst wenn es von dir käme«, sinnierte er laut.

Imke hatte Tränen in den Augen. Dieses Feilschen war nicht nach ihrem Geschmack.

»Das stimmt nur im gewissen Sinne«, sagte sie dann so sachlich wie möglich. »Du erinnerst dich vielleicht daran, dass wir uns schon häufig über den Rahmen unserer Hochzeit unterhalten haben.«

»Ja. Du hegst den unvernünftigen Wunsch, in Kranz und Schleier mit allem Drum und Dran in die Kirche zu gehen und alle unsere Freunde und Verwandten einzuladen. Ich dagegen stehe auf dem Standpunkt, das Vermögen, das wir da ausgeben, nutzbringender anzulegen«, antwortete Peter.

Imke nickte mit zusammengepressten Lippen. Es ging Peter bei allen Gelegenheiten immer nur um das leidige Geld.

»Nun, seitdem ich deinen Standpunkt kenne, habe ich heimlich Geld für die Hochzeit gespart. Es sind inzwischen zweitausend Mark geworden. Ich würde sie für die Überfahrt opfern und dafür auf die größere Hochzeitsfeier verzichten.«

Dieses Angebot machte Imke wahrlich nicht gern.

Ihr Verlobter blickte sie erstaunt an.

»Wie hast du es nur fertiggebracht, so viel Geld zu sparen?«, fragte er mit ehrlichem Staunen.

»Ich habe auf vieles verzichtet«, erklärte Imke leise.

Oh ja, das hatte sie wirklich. Nötige Anschaffungen hatte sie stets aufgeschoben und so manches kleine Opfer gebracht.

»Aber das Geld könnten wir in die Bausparkasse zahlen, Imke. Bedenke, dann wären wir unserem Traum, ein Häuschen zu besitzen, wieder einen Schritt näher.«

»Nicht unserem, sondern deinem Traum, Peter«, erinnerte Imke ihn. »Ich wäre auch mit einer Mietwohnung zufrieden. Schlage dir aus dem Kopf, dass ich dieses Geld für einen anderen Zweck als für die Amerikareise hergebe. In diesem Fall bestünde durchaus die Möglichkeit, dass es reiche Früchte trägt«, sagte sie ein wenig überlegen.

Sie wusste, wie man Peter locken konnte.

Er überlegte einen Moment und nickte dann.

»Du hast recht, vielleicht bringt uns diese Vorstellung doch etwas ein. Außerdem bekommen wir eventuell das Reisegeld wieder, und der Aufenthalt im Hause deines Onkels ist sicherlich für uns umsonst.«

Imke nickte und schien zufrieden zu sein.

Peter wollte sie nach dem Essen sogar noch zu einem Gläschen Wein einladen.

»Nimm es mir nicht übel – ich habe starke Kopfschmerzen und möchte mich lieber ins Bett legen«, lehnte sie aber ab.

»Wie du meinst, Liebes«, stimmte Peter ihr sofort zu.

Da lächelte Imke wieder bitter und dachte still bei sich: Sicher rechnet er sich aus, wie viel Geld er spart.

Als Peter sie zum Abschied küsste, fühlte sie nichts. Das war so erschreckend für sie, dass sie den Abschied nicht weiter ausdehnte, sondern gleich in das große Mietshaus schlüpfte, in dem sie ein möbliertes Zimmer bewohnte.

Da Peter auch möbliert wohnte und er keinen Damen-‍, beziehungsweise Imke keinen Herrenbesuch empfangen durfte, konnten sie sich nur in der Firma, auf der Straße oder in Gaststätten sehen.

Imke stieg heute mit bleischweren Beinen die Treppe hinauf. Sie fühlte sich tatsächlich einfach scheußlich. Dabei hätte sie doch glücklich sein müssen, weil letzten Endes doch noch alles geklappt hatte. Aber sie war es nicht.

***

Imke schrieb am nächsten Tag sofort eine Zusage nach Amerika. Bei Tageslicht sah die Welt wieder anders aus, und sie konnte über Peters Reaktion sogar nachsichtig lächeln.

Jeder hing eben anderen Träumen nach. Sie konnte ihm deswegen nicht zürnen. Ihr bedeutete eine größere Hochzeit so viel, dass sie dafür bereit war, Opfer zu bringen. Ihm lag so unendlich viel an einem eigenen Haus.

Postwendend erreichte Imke eine Rücknachricht von ihrem Onkel. Sie war allerdings wieder von dessen Sekretär geschrieben. Ihr Onkel freue sich auf ihren und ihres Verlobten Besuch, lautete im Großen und Ganzen die kurze Antwort.

In den nächsten Tagen holte sich Imke Prospekte aus dem Reisebüro. Allmählich schien ihr Verlobter offenbar auch ein wenig Spaß an der Reise zu bekommen. Allerdings gerieten sie sich noch einmal ernsthaft in die Haare, als er einen Frachter aussuchen wollte, auf dem die Passage um etliches billiger war als auf einem Luxusschiff. Imke setzte jedoch ihren Willen durch.

Endlich war alles perfekt. Der Urlaub der beiden Verlobten konnte zusammengelegt werden, die Überfahrt war bezahlt. Imke saß nun in jeder freien Minute und sah ihre Garderobe durch.

Gottlob besaß sie zwei Abendkleider, die modisch zeitlos waren. Außerdem kaufte sie sich zu ihrem Abendrock noch eine elegante Bluse sowie ein neues Kostüm und setzte sich mit ihrer Kusine in Verbindung, die bereits in Amerika gewesen war.

Nun, sie mochte Agathe nicht, aber es gab bestimmt genug Menschen, die auch sie, Imke, nicht leiden konnten. Agathe war immer griesgrämig und leidend, und sie ließ kein gutes Haar an Onkel Charles.

»Du musst verrückt sein, seiner Bitte nachzukommen. Er ist ein schrulliger, widerwärtiger, geiziger alter Mann, der zwei entsetzliche Köter besitzt, vor denen man sich fürchten muss. Na, du wirst es ja selbst sehen.« Sie lachte am Telefon hart. »Du hättest mich anrufen sollen, bevor du die Reise perfekt gemacht hast. Dann hättest du viel Ärger und Geld gespart.«

Imke war nach diesen Nachrichten sehr deprimiert. Natürlich erzählte sie Peter nichts davon.

Vielleicht schätzte Agathe den Onkel auch nur falsch ein und er war im Grunde genommen doch ganz nett, überlegte sie dann. Ihr Optimismus siegte wieder. Sie wollte ihn auf jeden Fall kennenlernen.

An einem schönen Tag im Mai fuhr ein Kollege von Peter die beiden vor Tau und Tag nach Bremerhaven. So sparten sie Peters Rechnung nach eine Übernachtung in einem gewiss teuren Hotel. Peter gab dem Kollegen so viel Benzingeld, wie die Bahnreise gekostet hätte. So machte der dabei auch ein kleines Geschäft.

»Ging doch alles prima«, freute sich Peter Junker.

Imke war müde. Sie hatte in dieser Nacht so gut wie nicht geschlafen und hätte ihre große Traumreise viel lieber munter begonnen. Auf eine Hotelübernachtung mehr wäre es ihr nicht angekommen. Peters übergroße Sparsamkeit brachte sie wahrlich immer mehr auf.

Als ein Gepäckträger die Koffer auf das stolze weiße Schiff tragen wollte, das da so majestätisch am Kai lag, winkte Peter sofort ab.

»Nein, danke, das ist nicht nötig, das besorgen wir selbst.«

Imke errötete vor Scham ein wenig und sah das spöttische Lächeln um die Mundwinkel von Peters Kollegen. Ihr Hochgefühl, das sie beim Anblick des Ozeanriesen gehabt hatte, sank beträchtlich.

Der Kollege schleppte dann die Koffer mit an Bord.

»Ein tolles Schiff, was?« Peter führte sich plötzlich so auf, als sei er der Kapitän.

Der erste Offizier empfing sie und hieß sie an Bord willkommen, ein Steward führte sie zu ihren Kabinen, ein anderer beförderte das Gepäck dorthin.

»Der Service ist wirklich erstklassig«, lobte Imkes Verlobter und stellte voller Befriedigung fest, wie beeindruckt sein Kollege offenbar war. »Wenn man sich schon eine Schiffsreise gönnt, soll man auch den richtigen Kahn wählen«, protzte er ein wenig.

»Das habt ihr allerdings getan«, stimmte der Kollege mit ein. »Donnerwetter, ich beneide euch.«

Peter lächelte eitel, während Imke ein bitteres Lächeln unterdrückte. Offenbar hatte ihr Verlobter inzwischen vergessen, wer die Reise finanzierte und wie er sich gegen die Fahrt gesträubt hatte.

Die Kabinen waren erstklassig und modern eingerichtet, nicht groß, aber man konnte sich in ihnen durchaus wohlfühlen.

»So ein großes Schiff ist wie ein schwimmendes Luxushotel«, bemerkte Peter Junker zufrieden.

»Ob man sich die Aufenthaltsräume einmal ansehen kann?«, wollte sein Kollege wissen.

»Aber sicher doch. Komm, ich führe dich ein bisschen herum. Kommst du mit, Imke?«

»Nein, ich möchte am liebsten den Koffer mit meinen Kleidern auspacken, damit sie nicht kraus werden. Aber ich komme nach und werde euch sicher irgendwo finden.«

»Ganz bestimmt.« Peter lachte und schien jetzt bestens gelaunt zu sein.

***

Imke packte den Kleiderkoffer aus, erfrischte sich und warf einen schnellen Blick in den Spiegel. Sie sah trotz des wenigen Schlafs der vergangenen Nacht ganz passabel aus.

Ihr weizenblondes Haar schimmerte seidig, und das neue Frühjahrskostüm stand ihr ausgezeichnet. Früher einmal hatte sie sich brennend gewünscht, eine Augenfarbe wie die meisten Menschen zu haben. Jetzt war sie ein wenig stolz auf die meergrüne Färbung. Ihre Augen wurden von einem Kranz langer dunkler Wimpern umrahmt, darüber schwangen sich akkurat gezupfte Brauen.

Imke biss sich auf die üppigen Lippen und strich sich über ihre kleine, gerade Nase. Leider zeigten sich im Sommer etliche Sommersprossen darauf. Sie hoffte, die intensive Sonne während der Fahrt würde diese nicht wieder herauslocken.

Sie wandte sich nun ab, um Peter und dessen Kollegen zu suchen. Welches Ausmaß das Schiff besaß, merkte sie allerdings erst, als sie etliche Gänge heruntergegangen war. Endlich fand sie einen Steward und fragte ihn nach den Aufenthaltsräumen.

Irgendwie kam sich Imke wie ein Kind auf Entdeckungstour vor, als sie eine Eisentreppe hinunterging. Vielleicht legte sie dabei zu viel Eifer an den Tag, denn sie stolperte. Wahrscheinlich hätte für sie die Überfahrt gleich in der ersten Stunde mit einem Malheur geendet, wenn sie nicht in die Arme eines fremden Mannes gefallen wäre.

Imke war vor Schreck sekundenlang wie erstarrt, der Fremde lachte dagegen fröhlich.

»Das ist ja gottlob noch einmal gut gegangen«, stellte er fest.

Sie lag an einer breiten Brust. Als es ihr bewusst wurde, schämte sie sich und strebte von dem baumlangen Fremden fort.

»Entschuldigen Sie«, stammelte Imke.

Durch den Blick des Mannes wurde sie vollends verwirrt. Sie konnte nicht genau definieren, was er ausdrückte.