Mein Freund Robby - Karin Fruth - E-Book

Mein Freund Robby E-Book

Karin Fruth

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Beschreibung

Tim wird gemobbt, weil er nicht so aussieht wie seine Schulkameraden, und weil er aus Chorweiler stammt. Dabei ist er ein sehr sensibler Junge mit vielen Problemen. Eines Tages trifft er in der U-Bahn eine Ratte, mit der er schnell Freundschaft schließt. Beide machen jetzt gemeinsame Sache und campieren am Fühlinger See. Hier treffen sie auf Martin, der eine tierische Seniorenresidenz betreibt, und alte Tiere aufnimmt und pflegt. Der entdeckt schnell, dass Robby weiblich ist, so ein Schreck, denn es gibt Nachwuchs. Schließlich schreibt Tim ein lustiges Buch über Ratten und ihre besonderen Erlebnisse.

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Über den Autor

Karin Fruth

Hallo,

ich heiße Karin Fruth und wohne seit vielen Jahen in Köln. In meinem ziemlich langen Leben habe ich immer eine große Liebe zu Tieren, egal, um welche es sich handelte. Und als ich zum ersten Mal ein Foto von Robby sah, wusste ich sofort:

Über den (die) muss ich unbedingt etwas schreiben.

Und so entstand dieses Büchlein.

Karin Fruth

Mein Freund Robby

© 2022 Karin Fruth

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

Verlagslabel: TRAdeART

ISBN Softcover: 978-3-347-59696-2ISBN Hardcover: 978-3-347-59697-9ISBN E-Book: 978-3-347-67455-4

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Mein Freund Robby

„Lumpenkerl, Fettsack, Rattenpack, gleich schneid ich dir die Eier ab….. Hähähä. Na komm schon, du Asi, willst du eins in die Fresse? Na los..“

„Lasst mich doch endlich mal zufrieden, ihr Blöden. Ich sag ja auch nicht Sojafresser zu dir, du blasser Lulatsch, nur weil du dauernd Sojawurst frisst. Und dir hat ein Esel ins Gesicht geschissen, du Roter, du stinkst doch schon von weitem.“

So geht das jeden Tag, warum lassen die Typen mich nicht einfach in Ruhe? Wieso brauchen sie immer jemanden zum Quälen?

„Du willst wohl Dresche haben, na warte, da haben wir heute was besonders Schönes für dich.“ Einer zieht eine Fahrradkette aus der Schultasche, schwingt sie kurz und schlägt ihm mitten ins Gesicht, Blut spritzt und dann rennen sie weg, ohne sich um ihn zu kümmern. „Wir kommen wieder, du Opfer, du wirst schon sehen. Morgen schlagen wir richtig zu und da stehst du nicht mehr auf.“

„Ihr blöden Arschlöcher!“ Tim geht zu Boden, er weint fassungslos über den brutalen Angriff. Er berührt sein Gesicht, das Blut rinnt ihm nur so durch die Finger und pladdert auf sein sowieso nicht mehr ganz sauberes T-Shirt. „Mann, das tut verdammt weh, warum müssen die nur so fies zu mir sein? Nur, weil ich dick und etwas anders bin? Nur, weil ich etwas schlauer bin als die, und nur, weil ich hier in diesem Asi-Block wohnen muss? Trotzdem haben die kein Recht, mich so zu schlagen. Warum wehre ich mich nicht einfach? Das ist gar nicht so einfach.

„Aua, Hilfe, ihr blöden Typen, warum hilft mir denn keiner?“ schnieft er, aber drei, vier Menschen gehen einfach achtlos an ihm vorbei, ohne sein blutiges Gesicht zu beachten. Seine Turnschuhe haben auch schon bessere Zeiten gesehen und seine Jeans sind jetzt ganz dreckig geworden, denn der Boden ist nass und glitschig. Na, das gibt Ärger zu Hause, aber Zoff ist er ja gewöhnt.

Dieses Chorweiler-Zentrum hat auch schon bessere Zeiten gesehen, die meisten Hochhäuser stehen leer und die Läden sind inzwischen mit Brettern zugenagelt, in diesem Viertel lebt kein normaler Mensch mehr, und dieser Untergrund ist mit seinem Gesindel brandgefährlich, da trauen sich nur noch Junkies hin, um sich den letzten Schuss zu setzen. Angeblich soll sich sein großer Bruder auch hier ab und zu mal aufhalten, aber er hat den monatelang schon nicht mehr gesehen.

Er muss nach Hause, sein Hunger wird scharf und fordernd. „Vielleicht kann ich alles heimlich in die Waschmaschine tun? Ach nee, die ist doch gerade kaputt, wir brauchen eine neue und wir haben gar kein Geld dafür.“ Wenn ich so schmutzig nach Hause komme, knallt mir meine Mutter sowieso eine, aber nur, wenn sie nicht total besoffen ist. Aber das ist sie in der letzten Zeit ja fast immer, aber man weiß ja nie, wie die gerade drauf ist.

Ach, ich habe sowieso keine Wahl, ich muss nach Hause, ich hab nämlich Hunger, und Hunger habe ich sowieso immer. Warum nur sind die Menschen so fies zu mir? Nur, weil ich nicht so klapperdürr bin, sondern moppig, und weil ich aus Chorweiler bin, haben sie das Recht dazu, mich zu mobben und heute sogar zu schlagen? Was habe ich denen denn getan?

Zurück auf das Bahngelände, und im Hochhaus wartet nur die Prügel mit der Mamm. Es gibt einfach keinen Ausweg und keine Gerechtigkeit.

Ach, das ganze Leben ist Scheiße, ich glaub, ich hab jetzt endgültig die Schnauze voll, ich will nicht mehr. Ich schmeiße mich vor die nächste Bahn, das habe ich sowieso schon längst beschlossen. Die richtige Stelle weiß ich auch schon, ich habe sie mir schon ausgesucht, nämlich genau da, wo die Bahn mit Vollgas aus dem Tunnel in die Station einfährt, da hat der Fahrer nämlich keine Chance mehr, zu bremsen, dann geht alles ganz schnell, und dann ist es einfach vorbei.

Die Rolltreppe der KVB steht mal wieder, die Fahrstühle sind natürlich kaputt, dann muss er sich eben die Treppe rauf schleppen. Sein Kopf tut weh vom Schlag mit der Fahrradkette, zum Glück blutet es nicht mehr. Da ist die Stelle, und auf der Anzeigetafel wird angezeigt: die Bahn Nr. 18 kommt in drei Minuten.

Er setzt sich auf das Sperrgitter und wartet. Hier hat er schon oft gesessen, aber jetzt wird er es wirklich tun. Wer wird ihn schon vermissen oder traurig sein, wenn er nicht mehr da ist? Keine Sau, und seine Mutter wird sogar froh darüber sein, endlich keinen unnötigen Fresser mehr mit durchzuziehen. Schulfreunde hat er sowieso keine, also ist das für ihn das Beste, wenn er jetzt gleich für immer von dieser Welt verschwindet. Vielleicht gibt es ja wirklich ein Paradies?

Noch zwei Minuten warten. Oh, da zerrt was an meiner Jacke, bin ich etwa irgendwo hängen geblieben? Oh, da sind zwei blanke Augen, und die gehören zu etwas Lebendigen, zu einem braunen Tier mit blankem Fell und großen Augen. „He, lass das sein, was soll das? Hörst du nicht, lass endlich meine Jacke los, und jetzt knurrst du mich auch noch an. Was bist denn du für ein komisches Tier? Außerdem, was machst du hier unten in der U-Bahn?

Nee, ein richtiger Hund bist du auch nicht. Aber du hast so schönes weiches Fell und so blanke Augen und eine niedliche rosa Schnauze. Warum hast du denn gar keinen buschigen Schwanz wie ein Eichhörnchen, sondern einen langen, schuppigen, und den finde ich ziemlich komisch. Was bist du dann? Igitt, bist du etwa eine Ratte? Aber ich wusste gar nicht, dass die so schön aussehen können.

Mann, jetzt fährt gerade die Bahn ein, geh doch endlich weg, zisch endlich ab, da kannst du noch so treuherzig gucken, mein Plan steht sowieso schon fest. Warum störst du mich dabei? Gleich werde ich ein schmaler Engel mit Flügeln sein, dann wird tut mir nichts mehr wehtun, im Paradies wird mich keiner mehr schlagen und mobben und auslachen, weil ich nur alte Klamotten anhabe und dick bin. Dann brauche ich auch nie mehr in die Schule, und da im Paradies gibt es nur noch Fritten, Mars, Snickers und Cola, soviel ich will, jawohl.

Jetzt guck mich nicht so komisch an, als ob du alles verstanden hättest. Und lass endlich meine Hosenbeine in Ruhe, die Jeans gehen sonst noch ganz kaputt, hörst du denn nicht?

He, was machst du da an meinem Ranzen? Da ist nichts Gescheites für dich drin. Glaubst du mir etwa nicht? Na, dann guck doch selber nach, da ist nichts essbares mehr drin, und die Butterbrotdose ist seit drei Tagen leer. Da waren mal Salamibrote drin, die Dose riecht sogar noch danach. Weißt du, seitdem meine Mutter so viel trinkt, schmiert sie mir keine mehr, ich muss alles selber machen, und morgens vor der Schule bin ich meistens ziemlich müde, weil sie die die ganze Nacht Remmidemmi gemacht hat.

Ach, du guckst so schlau, aber was verstehst du schon von der Schule? Du hast doch die große Freiheit hier, du kannst gehen, wohin du willst, keiner mobbt dich, und keiner sagt dir andauernd, dass du viel zu dick bist und unbedingt abnehmen musst. Und ich habe immer fürchterlichen Hunger, was bleibt einem denn sonst noch auf der Welt? Aber was frisst du eigentlich so und was machst du den ganzen Tag hier in der U-Bahn? Wird dir denn nie langweilig hier unten?

Oh, guck mal, das ist aber nicht sehr fein, was deine Kollegen da hinten machen, die räumen einfach die Mülleimer aus? Nee, das solltet ihr aber lieber nicht machen, und wer soll denn die ganze Schweinerei hinterher wieder aufsammeln?

Ach so, ihr seid nur scharf die Mac-Donalds Hamburger-Kartons? Da hast du recht, das habe ich auch schon oft gesehen, dass die Hamburger oft nicht bis zu Ende aufgegessen werden, aber vielleicht kann man sich davor ekeln, wenn davon schon ein anderer angebissen hat? Du meinst, nein? Nee danke, das will ich gar nicht erst ausprobieren, aber wenn man doch richtigen Hunger hat, warum eigentlich nicht? Der hat doch mal richtig Geld gekostet, das war doch teures Essen, und welcher Asi schmeißt denn sowas weg? Und ich habe tierischen Hunger.

So, meine Lieben, jetzt macht euch mal schnell vom Acker, da kommt nämlich ein Müllmann, der wird hier gleich kehren, und der sieht dann die ganze Sauerei, die ihr gemacht habt. Da werde ich lieber auch abhauen, denn ich war es ja nicht gewesen. Tschüs, vielleicht sehen wir uns bald mal wieder.“

Den Selbstmordgedanken hat er glatt vergessen, er nimmt die Treppe zum Park hinauf, die benutzt meistens niemand. Draußen regnet es wie Sau, und das soll Sommer sein! Dann trabt er vier Blocks entlang bis zu Nr. 12, der sieht besonders schäbig aus. Schnell rein in den Flur zu den Briefkästen, ihrer quillt langsam über, den hat schon lange keiner mehr leer gemacht.

Zutage kommt Immer das übliche: Rechnungen, Mahnungen, Kataloge, ein Brief von der Bank und einer von der Schule. Alle werden sofort in winzige Schnipsel zerrissen und landen dann im Müllcontainer, er will sich und seiner Mutter ja schließlich nicht den restlichen Tag verderben.

Der Aufzug ist mal wieder kaputt, außerdem hat jemand da drinnen einen dicken Haufen hinterlassen, also muss er wieder die Treppe hochlaufen, das artet ja schon langsam in Training aus. Im 4. Stock hört er schon von weitem das Remmidemmi, denn seine Mutter hat mal wieder ihre Lieblings-CD erwischt, und die kann man angeblich nicht leise hören.

Mit ein paar Schritten steht er auf dem Flur und will sich gerade in der Küche verdrücken, aber da steht schon seine Mutter perfekt geschminkt und passt ihn ab. „Wo kommst du denn auf einmal her? Und wie siehst du überhaupt aus? Hast du dich etwa geprügelt? Deine Sachen sind ja ganz kaputt, die kann man nur noch in den Müll werfen. Außerdem stinkst du, geh sofort duschen.“ Lallt sie, und er wird fast von ihrer Alkoholfahne erschlagen.

„Halt, du kannst nicht ins Wohnzimmer, ich hab gerade Besuch, wir feiern noch ein bisschen, denn Bernie hat wieder einen neuen Job bekommen. Und in deinem Zimmer steht eine Tüte mit neuen Klamotten aus dem KIK, die hat der extra für dich mitgebracht, daher muss ich natürlich jetzt ziemlich nett zu ihm sein. Jetzt freu dich doch ein bisschen. Wir reden nachher über alles, ja?

Aber weißt du was, zieh dir schnell was anderes an, dann geh dir erst mal einen Hamburger bei Burger King holen, die haben heute nämlich Angebote, drei Hamburger kaufen, einen bezahlen. Hier ist noch ein Zehner, und komm am besten erst in drei Stunden wieder, dann ist er wieder gegangen. Tschüs. Nun mach schon, ich muss wieder rein.“

Tim ist verzweifelt, auch das noch. Wieso ist seine Alte denn plötzlich so spendabel? Wo hat die denn auf einmal das ganze Geld her? Da hat irgend sie so ein Kerl mal wieder flachgelegt, und dafür gibt es Geld, einen Fuffi pro Mal. Den Namen kennt er nicht, Bernie, so ein blöder Name. Und warum bringt der mir neue Klamotten mit, bestimmt nicht aus reiner Menschenliebe. Vielleicht will er die etwa heiraten?

Ach, das ist ihm inzwischen alles egal, soll sie doch machen, was sie will. Gleich werden sich sowieso die Nachbarn beschweren kommen. Nee, dieses Leben hat er einfach satt, er geht jetzt endgültig weg, möglichst weit weg und er wird ganz bestimmt niemals mehr wiederkommen.

„…..Nein, sorg' dich nicht um mich - du weißt ja, ich liebe das Leben und weine ich manchmal noch um dich - das geht vorüber sicherlich.

Was kann mir schon geschehn? Glaub' mir ich liebe das Leben.

Das Karussell wird sich weiterdrehn, auch wenn wir auseinander gehen,“

Schreit Vicky Leandros in voller Lautstärke über den Flur.

Die Haustür klappt hinter ihm zu, und er trottet die Treppe wieder runter nach unten. Was soll er jetzt bloß drei Stunden lang anfangen? Draußen regnet es wie Sau, keiner spielt Fußball, im Park knutscht ein Paar, und ein Junkie hockt unter einer Birke und verdreht gerade genussvoll die Augen. Hoffentlich ist dem bei seinem Schuss nicht die Nadel abgebrochen, sonst kriegt der gleich echt noch Probleme, denn sie haben schon 18 Drogentote dies Jahr im Viertel. Die Penner haben sich zum Glück verzogen, seit einige Jugendliche Jagd auf sie gemacht hatten.

Er hat auch keine Freunde, zu denen er gehen könnte, keiner mag ihn, weil er oft nicht mitreden kann, und außerdem hat er kein Smartphone. Was hat ihm seine Mutter gerade gesagt, er soll drei Hamburger bei Burger King auf einmal essen? Nee, lieber nicht dahin, da hängen seine Schulkameraden rum, und bei dem Gedanken hat er überhaupt keine Lust zu gar nichts mehr. Drei Hamburger…..