Rusalka und ihre Kinder - Karin Fruth - E-Book

Rusalka und ihre Kinder E-Book

Karin Fruth

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Beschreibung

Moderne Geschichten aus unserer Zeit, märchenhaft erzählt, mit ungewohnten Charakteren der speziellen Landschaften wie Tschechien, Korsika, Deutschland oder den schneebedeckten Alpen.

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Über den Autor

Karin Fruth

Guten Tag,

ich heiße Karin Fruth und lebe schon seit vielen Jahren in Köln.

Mit meinem Mann, dem Archäologen, war ich viele Jahre mit dem Campingbus unterwegs gewesen und habe Land und Leute

kennengelernt.

Mit der Kunstvermittlung TRAdeArt habe ich 80 Kunstausstellungen für Künstler aus Osteuropa organisiert.

Karin Fruth

Rusalka und ihre Kinder

Neue Märchen

© 2022 Karin Fruth

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

Verlagslabel: TRAdeART

ISBN Softcover: 978-3-347-71335-2

ISBN Hardcover: 978-3-347-71341-3

ISBN E-Book: 978-3-347-71342-0

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

„Oh, Jörg, sieh mal, die Sonne geht schon unter, und der Nebel steigt auf. Komm endlich weiter, denn wir haben noch einen ziemlich weiten Weg vor uns. Ich bekomme es langsam mit der Angst zu tun, denn die Gegend ist hier sehr gefährlich.

Nicht nur, dass man sich hier schnell verlaufen und dann im unwegsamen Moor versinken kann, sondern in der Abenddämmerung kommen die Rusalken und Wasserwesen heraus und treiben ihr Unwesen mit uns. Und hier in den Mooren von Litomysl treten sie besonders häufig auf.“

Was meinst du denn mit Rusalken? Ich kenne keine Rusalken und auch keine Wassermänner, denn die gibt es nur im Märchenbuch. Und außerdem sieht es hier ganz friedlich aus, und außer Mücken gibt es sowieso hier draußen keine Tiere. Du spinnst doch, was soll ich mir denn nun unter solchen Rusalken im Moor vorstellen? Hier ist es doch ganz ruhig.

Komm, lass uns hier die Proben nehmen, hier ist das Ufer ist schön flach, komm reich mir mal die Wasserflaschen, ich habe sie schon mit dem heutigen Datum beschriftet.“

„Wieso kennst du denn keine Rusalken? Ach ja, du bist ja nicht aus dieser Gegend. Rusalken sind weibliche Wasserwesen, die meistens nur im Wasser leben, manchmal aber auch im Feld oder in den Blumen. So etwas wie Nixen oder Meerjungfrauen, und die haben meistens einem Fischschwanz als Unterkörper.

Die sind ziemlich gefährlich, und du hast von ihnen nichts Gutes zu erwarten. Ja, die Biester kennt jeder hier aus der Gegend. Sogar Antonin Dvorak hat eine komplette Oper über eine Rusalka geschrieben.

Rusalken leben tagsüber am Seengrund und gehen nur abends oder nachts an Land, wo sie in Vollmond-Nächten mit schrecklichem Gelächter tanzen und ihre wilden Feste feiern.

Je nachdem, ob sie auf Männer oder Jungen treffen, reagieren sie total unterschiedlich. Derjenige, der ihr Gelächter hören, ist schon so gut wie tot. Sie nehmen sie oft mit Gewalt und stellen ihnen drei Fragen. Wer alle drei beantworten kann, dann lassen sie ihn hinterher wieder gehen, aber erst, wenn man mit ihnen getanzt und geschlafen hat, lassen sie ihn wieder frei, denn sie brauchen Nachwuchs. Und die Männer werden dann nie mehr wiedergesehen, oder sie werden am nächsten Morgen tot am Strand gefunden.“

Und in der slawischen Mythologie sind Rusalken ertrunkene Jungfrauen oder die von einem Wassermann gewaltsam entführten Frauen in sein Reich. Manchmal sind es auch vergewaltigte oder tot geschlagene heimatlose Frauen. Oder ertrunkene Babys, deren Mütter nicht gut auf sie aufgepasst hatten oder die sonst wie viel zu früh zu Tode gekommen sind. Zu denen sind die Rusalken besonders freundlich und hier finden sie ein neues glückliches Zuhause zum Aufwachsen. Nur für die Welt hier draußen sind sie für immer verloren.“

„Und solchen Unsinn glaubst du? Jetzt spinnst du aber total. Trotzdem ist mir bei dieser Dunkelheit irgendwie ganz unheimlich geworden. Hoffentlich haben wir uns jetzt nicht verlaufen, denn die ganze Gegend kommt mir irgendwie nicht ganz geheuer vor. Und wo ist der Weg geblieben, er war doch eben noch ganz deutlich zu sehen.“

„Ach, hast du jetzt plötzlich doch Angst bekommen? Wir sind doch ausgewachsene Männer, die mit einem Forschungsauftrag in diese traurige und einsame Gegen gekommen sind, um die Wasserqualität der moorigen Seen zu erforschen und Wasserproben zu nehmen.

Sieh mal, diesen Teich da haben wir noch gar nicht kartografiert, der scheint mir ganz gut geeignet zu sein, Wasserproben zu nehmen, außerdem lässt sich das Ufer ganz leicht erreichen.

„Huj, guck mal, was ist das da hinten? Siehst du auch die Nebel tanzen? Da,

direkt vor uns.“

„Ja, das sind wirklich die Rusalken, guck bloß nicht so genau hin, sonst bist du gleich verloren und sie ziehen dich ins Wasser. Komm schnell weg vom Ufer, vielleicht haben sie uns schon entdeckt!“

„Hörst du, wie herrlich sie singen? Sieh mal, sie kommen immer näher und sie wollen uns berühren, sie sind doch…“

„Hör einfach nicht drauf, was sie flüstern, und lass uns lieber sofort verschwinden, halte dir am besten die Ohren zu. Da, da hinten ist schon der Weg, weg, weg, bloß weg hier.“ So schnell sie können, rennen sie weg von dem unheimlichen Spuk im Nebel, da ist der Wald, und noch lange hören sie ihren betörenden Gesang.

Sie sind doch zwei ausgewachsene Männer, wieso haben sie sich von solchen Ereignissen so erschrecken lassen?

Erst als sie wieder in der Hütte angekommen sind und die Tür hinter sich zu werfen, starren sie durch das Fenster, von wo aus sie den Weg zum See ganz deutlich erkennen können. Der Nebel ist am See zurückgeblieben und nur die alten Bäume rauschen im Wind.

„Du kneif mich mal, das da eben war doch ein böser Spuk gewesen, ich zittere richtig.“

„Ja, ich auch, ich denke, ich brauche erst mal einen Schnaps. Sowas gibt es doch nicht in der Wirklichkeit, solche Geschichten kenne ich nur aus der Schule.

Da fällt mir doch glatt etwas aus meiner Schulzeit ein. Musstet ihr auch das Gedicht „Erlkönig“ lernen? Dem Vater mit seinem kranken Kind war doch auch der Erlkönig begegnet. Ja, „Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an, Erlkönig hat mir ein Leid getan.“

„Ja, und in den Armen sein Kind war tot.“ Damals fand ich das Gedicht gar nicht gruselig, sondern ziemlich blöd.“

„Ja, und meine kleine Schwester hatte Mädchenbücher mit kleinen

Seejungfrauen und Nixen. Lauter Märchen und Gruselgeschichten.

Und hatte sich am letzten Karneval so ein Nixen-Kostüm genäht wie alle Mädchen in ihrer Klasse. Es gibt sogar Fotos von den niedlichen Mädchen mit ihren kleinen Brüstchen und den Fischschwänzen, hihi.“

„„Nee, das mit den Fischschwanzwesen, das sind doch Märchen.

Und warum hast du eben von Rusalken gesprochen? Sind das auch Nixen? Von denen habe ich nun wirklich noch nie etwas gehört.“

„Frau Ribakova erzählte mir letztens von diesen gefährlichen Wasserwesen, die hier herumspuken sollen. Angeblich sollen sie in den Vollmondnächten Jagd auf Menschen machen, um sie in ihre Unterwasserwelt zu entführen. Und wir sollten uns sehr vor ihnen vorsehen.“

„Wer glaubt denn an solchen Blödsinn? Weibergeschwätz, sonst nichts. Aber da draußen die Musik und der wabernde Nebel haben mich ganz nervös gemacht.“

„Ja, da hast du wirklich recht, wir haben uns ganz bestimmt von einem Spuk täuschen lassen.“

„Zum Glück haben wir die Wasserproben heil mit zurückgebracht. Am besten schreibst du sie sofort auf, und die Analyse machen wir morgen früh. Es ist schon fast dunkel, und zu mehr habe ich heute Abend einfach keine Lust.“

„Oh, ich habe im Moment gar kein Analyseglas, die sind alle im Gebrauch.“

„Hm, so was blödes, dann schütte die Probe hinterher einfach in das

Goldfischglas, dann kriegt der auch mal wieder frisches Wasser.

Dieses doofe Vieh nervt mich sowieso schon die ganze Zeit, warum bloß hast du dir das Ganze bloß von Frau Ribakova aufschwatzen lassen? Ich war von Anfang an dagegen, denn ich hasse Fische in einem Aquarium, und in einem Goldfischglas schon allemal.

Aber wieso kapiert sie nicht, dass wir Limnologen, nämlich Gewässerwissenschaftler sind, die sich um die Wasserqualität einer Gegend kümmern sollen, nämlich um speziell dieses Moor, und da kommen keine Goldfische vor Nur weil wir Wasser-Spezialisten wären. Was erwartet die eigentlich von uns?“

„Ach, die will sich doch nur wichtigmachen, aber ich habe keine Lust, stundenlang mit ihr über ihren Goldfisch zu quatschen. Die soll hier saubermachen und unsere Einkäufe aus der Stadt mitbringen, und manchmal etwas kochen. Mehr nicht.“

„Du hast ja vollkommen recht, ich schütte die Gläser gleich ins Aquarium Glas, da ist ja noch genug Platz drin.

Komm, das war es für heute mit der Wissenschaft. Jetzt essen wir noch eine Kleinigkeit, und dann müssen wir uns aufs Ohr legen, denn ich bin hundemüde.

„Was für ein Glück, dass wir keinen Fernseher haben.“

„Gute Nacht.“

Wie jeden Morgen hat Frau Ribakova den Frühstückstisch für die jungen Limnologen gedeckt, sie ist die gute Seele der beiden jungen Limnologen und sie sorgt immer für eine sauber aufgeräumte Forschungsstation.

Nur das Labor ist für sie tabu, dort wird nicht geputzt, sie würde dort nur alles durcheinanderbringen, das hatte man ihr schon am zweiten Tag gesagt. Und eigentlich war sie darüber ziemlich beleidigt, aber sie liebte ihre zwei großen Jungens schon vom ersten Tag an und wollte sie bemuttern.

Jörg und Mike, lang aufgeschossen und für ihre 24 Jahre und sie sind für ihren Geschmack viel zu dünn. Sie müssten mehr essen, und darum kocht sie ihnen jeden Tag einen Riesen-Eintopf, der am nächsten Morgen komplett leergegessen ist.

Sie weiß natürlich nicht, dass die Katze immer davon etwas abbekommt, und dass der letzte Koh-Eintopf mit Schweinebauch komplett entsorgt worden ist, das würde natürlich einen Riesenärger bedeuten, wenn sie dahinter käme.

Als die beiden nach Rusalka fragen, fängt sie sofort weitschweifend an, die ganze Oper zu erzählen. Sie singt ihnen hingebungsvoll das Hauptlied aus Dvoraks Rusalka „Ode an den Mond“ vor, in dem ein Mädchen Rusalka von in einen Prinzen verliebt war.

Morgen wird sie den Opernführer mitbringen, und auch das Märchenbuch, da steht viel von den gefährlichen Wasserwesen drin.

Und wir sollten ihr ruhig glauben, dass auch die Rusalken hier ihr Unwesen treiben würden, denn es gab in der Vergangenheit einige verschwundene junge Menschen, von denen nur zwei viel später wiedergefunden worden waren. Und die waren seitdem so seltsam gewesen, dass sie irgendwann mal freiwillig wieder im Wasser verschwunden waren.

„Ihr braucht gar nicht so zu grinsen, Rusalken gibt es wirklich hier in der Gegend, also seid immer vorsichtig und in der Dämmerung müsst ihr hier in der Hütte sein, denn dorthin folgen sie euch nicht.

Zwei so schöne junge Männer wie ihr seid die beste Beute für die liebeshungrigen Rusalken, wenn sie Nachwuchs brauchen. Na ja, viel ist zwar an euch ja nicht dran, aber passt auf, denn man kann ja nie wissen…

So, heute muss ich pünktlich nach Hause kommen, denn meine Tochter kommt mit ihrem Enkelchen vorbei. Ich habe zwar noch nicht bei meinem Goldfischlein vorbeigeschaut, aber ihr macht das ja schon. Ahoi.“ Dann schwang sie sich auf ihr quietschendes, altersschwaches Fahrrad und war auf dem Weg bald nicht mehr zu sehen.

„Ahoi sagt man hier zum Abschied, und ich denke jedes Mail, ich bin auf einem Schiff gelandet. Gott sei Dank, die ist endlich weg, die geht mir langsam wirklich auf die Nerven. Und ewig das Getue mit ihrem Goldfisch, was will sie eigentlich damit bezwecken?“

„Ach ja, so ist sie eben. Lass mal gucken. Was hat sie heute denn gekocht? Bohneneintopf mit geräucherter Wurst, na ja, das geht ja gerade noch. Ich geh mal schnell in den Schuppen nach dem Goldfischglas gucken.“

„Und gib dem nicht so viel Futter, sonst wird er noch zu fett und passt hinterher

nicht mehr in das Glas.“

Plötzlich ertönt ein Schrei aus der Hütte. „Jörg, komm schnell mal ins Labor und sieh dir das an. Erinnerst du dich, dass wir gestern einfach aus Zeitgründen die Probe aus dem See ins Goldfischglas geschüttet hatten, damit der Goldfisch auch mal wieder frisches Wasser bekäme?“

„Ja, das war eine blöde Idee, was ist denn damit?“

„Dann schau doch mal genauer hin, was da jetzt plötzlich alles im Glas herumschwimmt? Frau Ribakovas Katze hatte es zuerst entdeckt, dass da noch etwas anderes herumschwamm, und ich konnte es gerade noch verhindern, dass sie das Glas umgeworfen hatte, um es auszurauben…“

„Der Goldfisch ist weg, und stattdessen ist eine kleine Nixe mit roten Haaren da drin. Ob wir die versehentlich aus dem See gefischt haben? Guck mal, die guckt uns an und klopft an das Glas, und sie winkt und klopft die ganze Zeit, so als ob sie raus will.“

Also was machen wir jetzt damit? Einfach wieder in den See schütten? Und wo ist der Goldfisch abgeblieben? Siehst du ihn vielleicht?

Oh, das riecht nach Ärger. Vielleicht hat er sich da hinten irgendwo in einer

Ecke verdrückt?“

„Quatsch, das Glas ist rund, da gibt es keine Ecken zum Verstecken. Aber

trotzdem bleibt die Frage, wo das Vieh hingekommen ist.“

„Oder ob sie nur eine Verbindung mit uns aufnehmen will? Sie guckt so aufgeregt, ihr scheint es überhaupt nicht zu gefallen, in so einem winzigen Glas gefangen zu sein. Sollen wir sie mal rausholen? Sowas glaubt uns keiner, aber wir haben doch keine Halluzinationen, oder? Mann, sperr doch mal die Katze weg, die nervt!“

„Lass die bloß drinnen. Wenn das wirklich eine Rusalka, also eine kleine Wassernixe ist, könnte sie vielleicht giftig sein. Schieb einfach wieder die Glasplatte drüber, und scheuche vor allen Dingen die blöde Katze weg, die will schon wieder mit den Pfoten reinangeln.“

„Du glaubst doch wohl nicht im Ernst an solchen Blödsinn? Nein, dieses kleine rothaarige Wesen ist doch keine richtige Nixe, sondern nur ein besonderer Fisch, der vielleicht nur so aussieht. Später werden wir ihn mal gründlich untersuchen und mal im Internet spezifizieren, um ganz auf Nummer sicher zu gehen.

„Wenn wir das publizieren, dann halten uns die Kollegen für vollkommen durchgeknallt oder total besoffen, so was gibt es doch gar nicht. Ich werde sofort ein paar Fotos davon machen.

Jetzt lass uns lieber erst mal in Ruhe zu Ende frühstücken. Warum bloß habe ich hier immer so einen tierischen Hunger? Das muss bestimmt die gesunde Luft hier sein.“

Nach dem dritten Brötchen holen sie ihren Rechner hervor und schnell werden sie bei Wikipedia fündig: Also: Rusalka ist eine erfolgreiche Oper von Antonín Dvořák. Die Oper mit dem Untertitel Lyrisches Märchen wird auch als

„tschechische Undine“ bezeichnet.

Sie entstand im Jahr 1900 nach einem Libretto von Jaroslav Kvapil und wurde am 31. März 1901 am Prager Nationaltheater unter der Leitung von Karel Kovařovic uraufgeführt.

Das Libretto geht auf slawische Volksmythen über die rusalky (Wassergeister, Nixen) zurück und ähnelt der deutschen

Erzählung Undine von Friedrich de la Motte Fouqué oder Hans Christian Andersens Märchen: Die kleine Meerjungfrau.

So, hör mal zu, hier steht: Rusalka - Erster Akt

An einem nächtlichen Waldsee necken drei weibliche Waldwesen einen alten Wassermann. Er versucht vergeblich, eine von ihnen in das Wasser zu ziehen.

Die Nixe Rusalka gesteht ihrem Vater, dass sie eine menschliche Seele erhalten will, die den Wasserwesen nicht gegeben ist. Ihr Vater ist entsetzt und warnt sie vor der Menschenwelt, bevor er wieder zum Grund des Sees abtaucht.

Rusalkas tiefe Sehnsucht nach Liebe kommt im Lied an den Mond zum Ausdruck. Der See wird kälter, als der Mond verschwindet, und die Hexe Jezibaba erscheint.

Höhnisch gewährt sie Rusalka ihren verzweifelt vorgebrachten Wunsch und macht aus ihrem Fischschwanz zwei Beine, dafür nimmt sie ihr aber die Sprache.

Auf der Jagd nach einem weißen Reh ist der Prinz vom Weg abgekommen und findet sich schließlich am Ufer des Sees wieder. Hier trifft er auf die stumme, hilflose Rusalka. Er nimmt sie, bereits in sie verliebt, mit auf sein Schloss.

Zweiter Akt

Kurz vor der Hochzeit haben sich alle Gäste im Schloss versammelt. Die Stummheit und Eigentümlichkeit Rusalkas löst bei ihnen unterschwelliges Befremden aus.

Rusalka ist als Wasserwesen nicht für die Liebe geschaffen und kann die Gefühle des Prinzen daher auch nicht in der erwünschten Weise erwidern. Da verführt eine fremde Fürstin den Prinzen.

Als Rusalka die Untreue des Prinzen erkennt, bricht ihr das Herz. Sie sehnt sich zurück in ihre Wasserwelt. Ein Wassermann erscheint und nimmt sie zurück in ihre Welt.

Der Prinz ist schockiert über seine Entdeckung, dass seine ursprünglich Angebetete kein menschliches Wesen ist. Die fremde Fürstin lacht schallend über ihren Triumph, ihre Liebe war nur Koketterie und Verführung ohne Hintergrund.

Dritter Akt

Rusalka kann nach ihrer Verzauberung nun auch kein Wasserwesen mehr sein. Sie ist aus dem Kreis ihrer Schwestern ausgeschlossen und muss fortan als todbringendes Irrlicht umherwandern.

Ein Koch und ein Küchenjunge treten bei der Hexe Jezibaba vor und bitten um ein Gegenmittel für ihren von einer stummen Frau verhexten Prinzen. Sie werden davongejagt.

Der Prinz selbst erscheint reumütig wieder am See und bittet Rusalka um Vergebung.

Rusalka, die ihn immer noch liebt, warnt ihn, dass ihr Kuss ihn töten wird. Der Prinz verzehrt sich so sehr nach ihr, dass er dennoch darum bittet.

Rusalka küsst den Prinzen, der darauf stirbt, und dann verschwindet sie einfach im Wald.

„Na, das ist ja eine total romantische Story, das hätte ich in dieser an sich ziemlich traurigen Gegend nicht vermutet. Vielleicht sollten wir das als besonderes Highligt in unsere Diplomarbeit mit aufnehmen, als nettes Anhängsel sozusagen. Vielleicht gucken wir uns später mal zu Hause mal diese Oper an? Schaden kann es ja nicht.“

Hast du jetzt einen total kulturellen Ausraster? Wir sind Wissenschaftler und keine Märchenerzähler. Schieb mir lieber noch mal die Teekanne rüber, ich habe noch Durst.

He, wer klopft denn da ans Fenster. Frau Ribakova hat doch schon Feierabend, wer kann das sein? He, derjenige schlägt uns gleich das Fenster ein.

Hallo, was soll das?“ ruft Jörg und rennt zum Fenster. He, da draußen ist niemand, guck doch selber nach, wenn du es mir nicht glaubst.“

„Aber da klopft schon wieder jemand an die Scheibe, ich spinne doch nicht.

Warte mal, ich gucke jetzt auch mal im Schuppen nach.

Ach, da ist wirklich niemand, bloß die blöde Katze hätte beinahe das Goldfischglas runtergeworfen, sperr sie doch endlich mal ein und mache die Glasplatte richtig fest drauf. Und dann ziehen wir uns das Ölzeug an und wir bringen dann das Glas zurück zum See und schütten es wieder dort aus.“

„Und wenn der Goldfisch auch mit im Teich verschwindet, was sagen wir dann Frau Ribakova?“

„Goldfisch, wieso? Der war doch eben schon weg gewesen, Im Glas war wirklich keiner mehr drin.“

„Na, das ist doch ganz einfach, wir sagen, die Katze hätte das Glas umgeworfen und ihn gefressen, so einfach ist das. Mann, da ist die blöde Katze ja schon wieder, hast du etwa die Tür nicht richtig zugemacht? Oh, jetzt ist auch das Glas weg, es steht nicht mehr da.“

„Hast du etwa Halluzinationen? Eben war es doch noch da. Wo hast du es denn genau hingestellt?

Oh, wer bist du denn? Wo kommst du denn so plötzlich her?“

„Das geht dich eigentlich gar nichts an, ich frag ja auch nicht, wie du dazu kommst, ohne jeden Grund unser friedliches Leben zu stören, du hässlicher Mensch.

Wie konntet ihr nur so widerlich sein, und meine kleine Schwester Raimundas in das Glas mit dem fetten, fiesen Fisch zu sperren. Das ist ja mehr als Vergewaltigung, sowas. Ich werde sie jetzt sofort befreien und das Glas in den nächsten Teich da hinten schütten, und dann findet sie schon allein nach Hause.“

„Lass das Glas stehen, es gehört uns.“

„Aber der Inhalt gehört euch nicht. Ich sorge jetzt jedenfalls sofort dafür, dass Raimunda sofort wieder freikommt, sonst passiert gleich noch was. Dieser hässliche fette Fisch hatte sie schon beinahe angefressen. Guck doch bloß, wie er sie so gierig anglupscht. So einen fiesen Gesellen wie den würde noch nicht mal das kleinste Seerosenmädchen zum Spielen nehmen.“

„Oh, jetzt krieg ich aber schreckliche Angst vor dir,“ lacht Jörg, „du bist aber ziemlich klein und grün, und ziemlich hässlich bist du auch. Also, nun sag schon, wer bist du und was willst du von uns?“

„Ich bin Raimundas kleine Schwester, und eigentlich sollte sie auf mich aufpassen, weil ich angeblich noch ziemlich unerfahren bin, aber sie konnte es einfach nicht lassen und tanzte den Reigen mit, und dann seid ausgerechnet ihr dazwischen gekommen und habt sie eingefangen und zur Strafe in dieses Glas zu diesem hässlichen Vieh gesperrt.

Also, her mit dem Glas, aber sofort. Und wenn ihr das nicht macht, werde ich es jetzt auf den Boden werfen, dann ist Raimunda sowieso frei, aber das wird dann dieser fiese Fisch auch nicht überleben.“

„Das wirst du nicht tun, der Goldfisch muss im Glas bleiben, der gehört nämlich Frau Ribakova. Und ich kann dir nur zu unserer Entschuldigung sagen, dass wir deine kleine Schwester hier ganz bestimmt nicht fangen wollten. Wir wollten nur Wasser aus dem Teich zu einer Probe nehmen.

Warum sollten wir das auch tun? Nein, wir werden niemals irgendwelchen fremden Wesen Leid zufügen. Wir sind zwei Forscher, die die hier in der Station in den Sommerferien arbeiten, und wir wussten ja nichts von solchem Wesen wie von dir, aber es ist hochinteressant, dass es so etwas wie dich wirklich gibt.“

„Aber wenn ich dich gegen das Schienbein trete, dann weißt du genau, dass

es mich als Wesen wirklich gibt, oder etwa nicht? Ich fasse es einfach nicht.

Na gut, ich verzeihe euch noch dieses Mal, denn ihr Menschen seid wirklich blöde Wesen, euer Verstand reicht einfach nicht aus, das allereinfachste zu verstehen. Wie kann es auch anders sein?“

„Du bist aber ziemlich fies zu uns, Kleine, also, was führt dich zu uns?

„Heute Abend ist der große Frühlingsball, und da dürfen eingeladene Menschen auch mittanzen. Wartet bis zur Dämmerung, und dann kommt einfach an den Teich da hinten, dort werdet ihr etwas einmaliges und wunderbares erleben, dass ihr bestimmt nicht mehr vergessen werdet.“

„Ja, gut, wir werden kommen. Das wird bestimmt sehr interessant werden.“

„Also bis zum Sonnenuntergang. Auf Wiedersehen. Die Tür klappt zu, und das kleine grüne Mädchen ist verschwunden. Da, wo sie eben noch gestanden hatte, ist eine nasse Pfütze zurückgeblieben, die sie kopfschüttelnd hinterher aufwischen müssen.

„Mike, du bist ja vollkommen verrückt geworden, diese Einladung anzunehmen. Ich jedenfalls gehe ganz bestimmt nicht dahin mit, das ist doch purer Leichtsinn. Hier sind schon einige Menschen einfach so im Moor verschwunden und nie mehr aufgetaucht, das kann doch kein Zufall gewesen sein.“