Hundstage in Anafiotika - Karin Fruth - E-Book

Hundstage in Anafiotika E-Book

Karin Fruth

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Beschreibung

Laura lebt in Chorweiler, und die alte Fofo, die Griechin, wird ihre beste Freundin. Gemeinsam fahren sie mit dem Bus nach Griechenland. Fofos Heimat ist Anafiotika, ein altes Stadtviertel direkt unterhalb der Akropolis. Hier fanden vor 100 Jahren Flüchtlinge, die von der Insel Anafi stammten, ihre neue Heimat. Als Fofo stirbt, erbt Laura Fofos Häuschen, aber es dauert nicht lange, und Fofos Sohn taucht auf und macht ihr das Erbe streitig. Da taucht ein griechischer Hund auf, den Laura in ihr Herz nimmt. Gemeinsam machen sich die beiden Flüchtlinge auf den Weg nach Salamis, einer untypischen griechischen Insel. Sie lernt Christos, den Tavernenwirt kennen, die große Liebe ist es nicht, und sie kehrt nach Deutschland zurück.

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Über den Autor

Karin Fruth

Guten Tag,

ich heiße Karin Fruth und lebe seit vielen Jahren in Köln.

Mein Mann war Archäologe und wir unternahmen gemeinsam viele Reisen mit dem

VW-Bus durch Griechenland, Osteuropa und Tschechien.

Mit viel Engagement organisierte ich mit TRAdeArt über 80 Kunstausstellungen in

Deutschland und Athen für osteuropäische Künstler. Dabei lernte ich viel über ihr

Leben in ihren Heimatländern kennen.

Meine Bücher lassen sich nicht in ein festes Raster pressen, sie sind oft etwas

sentimental, machmal etwas zu phantastisch, fast frei von Gewalt und Horror, aber

sie haben immer ein happy end.

Neuerdings kann man auch einen Beitrag über mich bei youtube sehen.

Karin Fruth

Ich bin seit dem 27.07.2022 auch auf youtube zu sehen:

https://youtu.be/Bccj10ZHuko

Darin stelle ich mich und die griechischen Bücher vor.

Weitere Videos folgen !

In Erinnerung an den Archäologen Hermann-Josef Fruth, M.A.

der mit 67 Jahren leider viel zu früh verstorben ist.

Karin Fruth

Hundstage in Anafiotika

© 2022 Karin Fruth

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

Verlagslabel: TRAdeART

ISBN Softcover: 978-3-347-57406-9

ISBN Hardcover: 978-3-347-57407-6

ISBN E-Book: 978-3-347-57412-0

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Hundstage in Anafiotika

Meine alte Freundin Fofo hatte alles vorher ganz genau gewusst und sie fühlte ganz genau, dass dies ihre letzte Reise nach Griechenland sein würde.

Wann war das nur gewesen? Ich blättere in meinem alten Tischkalender, ja, da steht: „Abfahrt am 15. August um 22:00 Uhr vom Busbahnhof nach Athen mit Fofo.“

Ach, das ist schon Ewigkeiten her. Ohne Fofo wäre ich niemals nach Griechenland gekommen und dann säße ich auch nicht hier.

Anfangs hatte ich nie viel mit ihr zu tun, aber nach und nach wurde sie zum einzigen Menschen, zu dem ich Kontakt hatte und der mich irgendwie brauchte.

Sie lud mich immer häufiger zu einem Kaffee ein, zeigte mir ihre alten Fotos und so nach und nach erzählte sie mir ihr ganzes Leben. Nur mit einem einzigen Satz erwähnte sie ihren ungeratenen Sohn Stelios, der mit 14 Jahren

einfach mit einem Schiff verschwand, sich nie wieder meldete und der angeblich wohl irgendwo in Brasilien leben sollte.

Sie hatte sich in Deutschland nie richtig heimisch gefühlt und ihr ganzes Leben in diesem kalten Land war für sie immer nur eine Übergangslösung gewesen, und sie konnte sich als echte Heimat nur Griechenland vorstellen.

Nach dem Tod ihres Mannes Jorgo vor zwei Jahren war sie einsam geworden und hockte nur noch trübsinnig in ihrem überladenen Wohnzim- mer mit schweren Polstermöbeln, dunkelroten Samtvorhängen und einem hässlichen Alpenpanorama an der Wand, und oft schallten ihre Rembetika- Schallplatten lautstark durch das ganze Treppenhaus. Schließlich sprach sie nur noch mit dem Foto ihres Jorgos, das auf der Anrichte stand, umrahmt von brennenden Kerzen zum ewigen Angedenken, und darüber wachte eine Ikone mit einem ewigen Licht.

Dann traf es Fofo besonders hart: die vernichtende Diagnose „Krebs im Endstadium“ und es folgte eine endlos lange Chemotherapie. Ich war immer für sie da und besuchte sie täglich im Krankenhaus. Die grausame Krankheit hatte sie in ein paar Monaten in ein kleines Frauchen mit vollkommen kahlem Kopf verwandelt. Nur in ihrem verrunzelten Gesicht brannten ihre kohlschwarzen Rosinenaugen voller Energie und Lebensfreude, als sie danach endlich wieder ihre Wohnung betrat.

Aber wie sollte es jetzt mit ihr weitergehen? Als wir über ihre Zukunft sprachen, kicherte sie leise in sich hinein. Es vergingen mal gerade drei Tage, und dann platzte die Bombe. Fofo hatte sich entschieden, einfach ihre Wohnung gekündigt und allen Hausrat an die Emmaus-Brüder verschenkt. Ihre wichtigsten Habseligkeiten hatte sie in drei großen Koffern verstaut, die plötzlich wie ungebetene Gäste in meiner kleinen Wohnung herumstanden.

Zu allem Überfluss hatte sie zwei Europa-Bustickets nach Athen gekauft, zweimal die einfache Strecke, für sie und für mich, denn für sie soll es kein Zurück mehr geben. Sie hatte ja eigentlich recht, was sollte sie noch in einer

viel zu großen Wohnung im vierten Stock in einer hässlichen und lauten deutschen Stadt wie Köln?

Zuerst war ich empört und erschrocken, dass sie einfach so über mich entschied, in mein Leben eingriff und alles durcheinanderbrachte, was mir bisher wichtig gewesen war. Fofo lachte nur über meine Bedenken, und dann erwachte in mir die Abenteuerlust, warum sollte ich eigentlich nicht mit ihr nach Athen fahren? Die Arge bewilligte anstandslos drei Wochen Griechenland, Sonne und Meer, also nichts wie los.

Wir verbrachten zwei lange Nächte und ein Tag in einem neuen, aber ziemlich unbequemen Omnibus, wir waren auf dem Landweg nach Athen, draußen pochte und trommelte der Regen auf die Scheiben. Ich lag meistens schlafend mit dem Kopf auf Fofos Schoß und wir rasten durch endlos lange Tunnel durch die Nacht über den Autoput, nur durch Halte an Grenzübergängen und Mautstationen unterbrochen, ein verwirrendes Herumstolpern mitten in der Nacht an Autobahn- Raststätten auf der Suche nach Toiletten oder Erfrischungsgetränken, und bis in den unruhigen Schlaf verfolgte mich das ewig eintönige Motorengeräusch.

Endlich Ankunft gegen Mitternacht in einem lärmenden stinkenden heißen Busbahnhof, irgendwo im Niemandsland der Betonwüste Athens. An meinen Arm klammerte sich eine weinende schwerkranke Fofo, vor mir standen vier große Koffer und nirgendwo war ein Taxi aufzutreiben.

Endlich tauchte doch eins auf, der Fahrer packte schweigend die Koffer in den Kofferraum, mit letzter Kraft flüsterte Fofo „Odos Tripodon, Anafiotika“, kletterte zittrig auf den Rücksitz, ich saß vorn. Das klapprige Taxi hatte keine Klimaanlage, es stank nach Zigaretten, der Fahrer rauchte schweigend, er sah mit einem Blick, dass ich eine Fremde war. Worüber sollte er mit zwei alten Frauen reden, er hatte keinen Gesprächsbedarf.

„He, Taxifahrer, wo kommen denn hier die ganzen Schwarzen auf einmal her, Sie sind doch nicht zufällig über Kenia gefahren?“ Der Fahrer grinste

und redete plötzlich auf Fofo ein, die nur kopfschüttelnd heraus sah.

„Weißt du, was der Typ mir gerade erzählt hat?

Die vielen Bootsflüchtlinge aus Afrika und aller Welt sind nun hier andauernd in Athen ankommen, man hat sie einfach aus Patras rausgeschmissen, und nun sind sie alle hier in den allerärmsten Stadtteilen gelandet. Hier darfst du niemals zu Fuß unterwegs sein, hier herrscht Prostitution, Drogenhandel, Mord und Totschlag, hier wagt sich noch nicht mal ein Polizist her.

Und sieh jetzt mal raus, in den nächsten Straßen darfst du dich wie in China fühlen, da hinten gibt es sogar einen echt chinesischen Pyjamaladen, ich fasse es einfach nicht, was hier so in den letzten drei Jahren passiert ist. Der Taxifahrer sagt, dass es mindestens zwei Millionen solcher Illegaler in der Stadt gibt, keiner hat sie jemals registriert und manchen hausen und leben hier unter unmenschlichen und erbärmlichen Bedingungen. Der Fahrer sagt, dass wir hier im Taxi Moment die einzigen Europäer wären, aber an der nächsten Kreuzung sind wir wieder in Sicherheit, denn dann kommen wir wieder in Stadtteile, in denen auch noch richtige Griechen leben.

Wir rasten immer weiter durch den Moloch Athen, durch Konglomerate von Häuserschluchten, Gewerbegebieten, Lichtreklamen, durchbrochen von matter Straßenbeleuchtung, auf den vielen Ab- und Anfahrten fingerten biegsame Autoscheinwerfer herüber und von der Gegenseite blinkten rote Rücklichter wie an einer Schnur gezogen.

„Das ist typisch für Athen, die Menschen hier sind vollkommen bekloppt und geben niemals Ruhe, sie sind ewig unterwegs und fahren sogar noch nach Mitternacht mit Kind und Kegel Eis in Vougliameni essen.

Sieh mal, da ist schon die Odos Athinon, jetzt biegen wir in die Plaka ab, hier ist es viel ruhiger als da hinten, sieh mal, da ist auch die Metropolitenkirche, die Adrianou-Straße ist leider zur Fußgängerzone geworden, aber gleich sind wir da, sieh mal,“ flüsterte Fofo heiser.

Das Taxi schlich durch enge Gässchen mit schiefen grellen Leuchtreklamen, die Häuser wurden einstöckig, der Taxischeinwerfer erfasste ruinöse Trümmerreste mit verfilztem Macciagestrüpp, dann stoppte es abrupt vor einer Treppe, die mit zwei Pflöcken abgesperrt war.

„Gib ihm ruhig zwanzig Euro, das ist ok, ich komme gerade nicht an mein Geld heran.“ Flüstert Foto mit letzter Kraft.

Die Luft war sehr schwül und in der Straße war es atemberaubend still. Da standen nun unsere Koffer auf dem Fußweg, das Taxi verschwand wieder im Straßengewirr um die Ecke. Wir waren tatsächlich in Fofos Heimat angekommen, beim Licht einer trüben Straßenlaterne sah ich ein steiles Sträßchen, das an einer Graffiti besprühten Mauer steil nach oben hinaufführte.

„So, den Rest müssen wir zu Fuß gehen, aber es ist nicht mehr sehr weit bis zu meinem Häuschen, nur diese kleine Gasse entlang. So, das vierte Haus, da sind wir schon. Sie blieb aufatmend an einem Häuschen mit einem abblätternden himmelblauen Tor stehen.

„Wo habe ich nur meine Schlüssel gelassen, ach, da sind sie ja,“ ächzte Fofo und schloss zitternd das blaue Tor auf, das erst nach dem zweiten Versuch quietschend nachgab. Wir traten in einen verwilderten Garten, es roch betäubend nach Jasmin und Orangenblüten.

„So, meine Liebe, willkommen zu Hause, aber pass auf, wohin du trittst, der Boden ist uneben. Komm weiter, die Haustür ist immer offen, hier muss man nicht abschließen wie in Köln.“

„Das kann doch wohl nicht wahr sein, du läßt die Haustür einfach offen, ist das denn nicht ziemlich leichtsinnig von dir?“

„Ach was, hier hat noch nie jemand etwas geklaut, hier kennt jeder jeden und Fremde kommen sowieso nie her. Dieses Haus gehört schon seit Ewigkeiten unserer Familie, hier bin ich geboren, und als ich sieben Jahre

alt war, ging die ganze Familie als Gastarbeiter nach Köln, aber jeden Urlaub haben wir hier verbracht. Nun bin ich in der Fremde alt geworden, und hier werde ich jetzt endlich in Frieden sterben.“

„Fofo, rede doch nicht immer vom Sterben. Ich weiß ja, dass du ziemlich krank bist, aber hier bist du doch zu Hause, hier wirst du es noch bestimmt noch ein paar Jährchen aushalten. Du hast mich schließlich eingeladen, und wie soll ich mich denn hier ohne dich zurechtfinden?“

„Ach, Laura, meine Liebe, du hast ja recht, aber Unkraut vergeht nicht. Mann, es mufft hier ganz ordentlich, die Nachbarn sollten doch lüften und etwas aufräumen, und ich hatte noch vorgestern mit Christos, unserem Nachbarn, telefoniert.

Zum Glück funktioniert das Licht überall, mach zuerst mal die Fensterläden auf, aber zieh vorher die Moskitorollos runter, sonst ist hier gleich alles voller Mücken.

Ach, wunderbar, endlich wieder zu Hause zu sein. Jetzt müssen wir nur noch das ganze Gepäck herschleppen, und dann haben wir es geschafft.“

Wir saßen noch ein Weilchen am wachstuchbezogenen Küchentisch und ich sah mich verstohlen um. Viel stand nicht drin, der uralte mit Deckchen verzierte Kühlschrank mit einem Brotkörbchen, daneben einen Porzellan-Spülstein, daneben ein Regal mit Töpfen und Pfannen, darauf eine Kochplatte, einen Campinggaskocher und ein großer blau angestrichener wackeliger Küchenschrank neben der Tür, aus dem Fofo eine halbvolle Flasche Ouzo und zwei halbblinde Gläser hervorkramte, die sie umständlich mit ihrem Blusenzipfel auswischte. „Jamas,“ auf dein Wohl und auf unsere Ankunft. Ich bin ja so froh, endlich wieder zu Hause zu sein.“

Die Flasche war schnell leer geworden und wir sanken todmüde in die harten, mit steifen Leinenlaken bespannten quietschenden Betten.

Im Traum sah ich Fofo, wie sie aus einem strahlenden Sternenpunkt am Himmel herausgewachsen kam und dann wie ein schwarzer Todesengel

mit sanftem Gesichtsausdruck mit ausgebreiteten Flügeln direkt über meinem Bett schwebte. Kurz, bevor sie ihre schwarzen Fledermausflügel über mir ausbreiten konnte, hatte ich das Gefühl, ersticken zu müssen.

Ich erwachte schweißgebadet, es war stockdunkel und es roch süßlich und blütenschwer im ganzen Zimmer. Ich stand auf und trat ans Fenster, von draußen wehte ein erstickender Blütenduft herüber, diese himmlische Ruhe, der Himmel schwarzblau, gespickt mit unendlich vielen glitzernden Sternen.

Im Zimmer lag Fofo schweratmend stöhnend wie aufgebahrt in ihrem Bett. Ich hatte schrecklichen Durst, der Ouzo hatte einen fiesen Nachgeschmack hinterlassen. Ich tastete mich in die Küche und stand vor dem Kühlschrank, aber dort drinnen gähnte mir nur ein halbleerer Wasserkrug entgegen. Zum Glück war das Wasser eiskalt, aber es schmeckte unangenehm leicht chlorig. Plötzlich fühlte ich mich taumelig, der Alkohol kam mir wieder hoch, wieso kann man von Wasser wieder betrunken werden?

Dann lag ich wieder im Bett und fühlte mich wie auf einem schwankenden Schiff und schlaflos grübelte ich vor mich hin. Worauf hatte ich mich hier nur eingelassen? Zu Hause hatte ich nie Alpträume, und vor allen Dingen, in Köln war es nicht so schwül und so heiß wie hier.

Ich wollte doch immer frei und unabhängig sein, und nun war ich in einem fremden Land und vollkommen auf Fofo angewiesen. Wollte ich wirklich nur Urlaub machen, oder war es vielleicht doch eine Flucht vor meinem bisherigen Leben gewesen?

Als der frühe Morgen dämmerte, erwachte ich mit schweren Gliedern, von der anderen Seite des Zimmers höre ich Fofo schnarchen und auf dem Nachttisch neben ihr grinste mir ihr rosaweißes Gebiss im Wasserglas entgegen.

Ich hielt es drinnen nicht mehr aus und trat hinaus in den verwilderten Garten, aber trotz der Morgenkühle fühlte ich den aufkommenden heißen Wind, der in mir sofort eine kribbelige Unruhe erzeugte.

Die rote Gartenerde zeigte Risse und schrie nach Wasser, direkt vor mir standen mächtige Kräuterbüschel wie magere Gliederpuppen, ausgedörrt von der gleißenden Sonne, deren intensiver Duft alles auszufüllen schien. Von den Pinien hörte man das Sirren sägender Zikaden, die die Morgenstille zerrissen.

„Guten Morgen, Laura, hast du gut geschlafen? Willkommen in Anafiotika, na, wie gefällt dir dein neues Zuhause?“ hörte ich Fofo plötzlich direkt hinter mir, sie schien ausgeschlafen und guter Dinge zu sein.

Ich konnte nur „gut“ stammeln und das schien ihr fürs erste zu genügen. Nur mit einer alten geblümten Kittelschürze bekleidet, trippelte sie eifrig hin und her. „Laura, riech mal an diesem Kraut hier, es riecht nach Hustensaft, das ist Fenchel, Marathonisi.

Aber komm lieber hierher in den Schatten, unter dem Feigenbaum ist es viel kühler, ich werde dir einen schönen Kaffee kochen. In Griechenland frühstücken wir nie, meistens holen wir uns unterwegs einen Sesamkringel, mehr kann man sowieso so früh nicht runterkriegen. Setz dich hierher, ich bin gleich wieder da.“

Es duftete nach sonnenwarmen Feigenblättern. Weit oben im Himmelsblau löste sich gemächlich ein Kondensstreifen auf. Der Wind hielt sich still, selbst die Feigenbaumblätter rührten sich nicht.

Der Stuhl war geflochten, hart, wackelig und äußerst unbequem. Ich strich über den Tisch aus verwittertem Holz, sein roter Anstrich hatte ein paar

Blasen geworfen. Wenn man mit dem Finger draufdrückte, zersplitterten sie, und darunter kam der Rost heraus.

Ich fühlte mich still werden und beobachtete zufrieden die neue ungewohnte Umgebung, dabei trank ich meinen ersten griechischen Kaffee, den Fofo auf dem Propangaskocher zubereitet hatte. Er war heiß, süß und im Geschmack vollkommen ungewohnt, dazu reichte sie mir ein eiskaltes Glas Wasser.

Von irgendwo aus einem Fenster scholl Musik. „Paraponemena loya, echoun ta tragouthia mas.“ Das Fenster wurde mit einem Knall geschlossen, eine lästige Fliege summte irgendwo gegen ein Fenster und störte die Stille, ihr Summen wurde lauter, leiser, lauter und verstummte schließlich.

Das Gartentor des Nachbarn quietschte, fiel ins Schloss und schnappte zu wie eine Falle. Wasser plätscherte, der Garten wurde bewässert, man konnte das Wasser sogar riechen, wie es auf den heißen Platten verdunstete. Der Gartenschlauch machte ein Geräusch, als die Messingkupplung über die Betonplatten schliff, der Wasserstrahl traf auf ein Metallgefäß, er sang hell und heller, bis der Ton vom Wasser geschluckt wurde.

„Na, Laura, bist du zufrieden mit deiner neuen Heimat?“

„Danke, Fofo, aber irgendwie kann ich es immer noch nicht fassen, dass ich hier bin, aber du hattest mich ja förmlich dazu gezwungen. Wahnsinn, dass es hier im September noch so heiß sein kann.“

„Hier ist es immer heiß, aber mir macht die Wärme gar nichts aus, im Gegenteil, hier lebe ich erst richtig auf. Ach wie schön, endlich wieder zu Hause zu sein, auch wenn ich schon bald sterben muss.“