Wo ist Kathy Kappenstein? - Karin Fruth - E-Book

Wo ist Kathy Kappenstein? E-Book

Karin Fruth

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Wo ist Kathy Kappenstein? geblieben? Erst schickt ihr ihre Tochter einen Serienkiller ausgerechnet am Weihnachtsabend. Danach wird sie nach Thailand in ein Altenheim verschleppt. Der Anschlag misslingt, Kathy kämpft sich zurück ins Leben und ihre verlorengegangene Identität. Sie gewinnt sogar eine Reise mit dem Kreuzfahrtschiff. Das Schiff versinkt. Und Wo ist Kathy Kappenstein??

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Seitenzahl: 246

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Über den Autor

Karin Fruth

Guten Tag,

ich heiße Karin Fruth und lebe schon seit vielen Jahren in Köln.

Mit meinem Mann, dem Archäologen, war ich viele Jahre mit dem Campingbus unterwegs gewesen und habe Land und Leute kennengelernt.

Mit der Kunstvermittlung TRAdeArt habe ich 80

Kunstausstellungen für Künstler aus Osteuropa organisiert.

Dieses Buch ist allen meinen Freunden gewidmet, die mir in schwerer Zeit geholfen haben

Karin Fruth

Wo ist KathyKappenstein?

© 2022 Karin Fruth

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

Verlagslabel: TRAdeART

ISBN Softcover: 978-3-347-59374-9

ISBN Hardcover: 978-3-347-59375-6

ISBN E-Book: 978-3-347-67333-5

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Was ist das bloß für ein trüber Tag. Heute ist Freitag, Wochenmarkt-Zeit, den darf ich nicht verpassen und darum muss ich mich mit meinen Einkäufen beeilen. Nur hier gibt es das beste Obst, frische Eier, Gemüse, Fisch und ein Weihnachtsgesteck. Morgen ist Weihnachten, und der Markt ist rappelvoll.

Auf dem Rückweg war mein Hacky (Hackenporsche) voll wie nie, und darum mochte ich jetzt unterwegs keine Tasse Kaffee mehr trinken. Nur schnell nach Hause, die hastenden Menschen gehen mir auf die Nerven. Als ob es morgen nichts mehr zu essen gibt.

Schwitzend und mit zitternden Fingern schließe ich die Haustür auf. Ein frischer Zitronengeruch weht mir entgegen, Frau Schmitt, mein Putzteufelchen, hatte wie jeden Freitag überall richtig saubergemacht und sogar die Fenster hatte sie blitzeblank geputzt. Im Wohnzimmer liegt meine gebügelte Wäsche auf dem Tisch, alles picobello. Den Weihnachtsurlaub hat sie sich redlich verdient.

Jetzt kann ich in aller Ruhe allein Weihnachten feiern, ich erwarte sowieso niemanden und ich darum brauche auf niemanden Rücksicht zu nehmen. Für mich ist es ein Tag wie jeder andere.

Aber warum fühle ich mich seit ein paar Tagen irgendwie beklommen? Ich kann einfach nicht sagen, was mir fehlt und warum das so ist. Wahrscheinlich liegt es am trüben Wetter.

Nach einer Tasse Tee fasse ich wieder Mut, das weihnachtliche Fernsehprogramm ist immer dasselbe, ich lasse es im Hintergrund laufen. Dann gehe ich sinnend von Zimmer zu Zimmer. Ja, hier in diesem Haus im Hahnwald hatte ich fünfundvierzig Jahre mit meinem Paule froh und zufrieden gelebt, aber das ist nun alles für immer vorbei. Nun ist er schon zwei Jahre tot und hat mich allein zurückgelassen.

Da stehen ein paar gerahmte Fotos aus den guten alten Zeiten, daneben steht das geschnitzte Kästchen aus Syrien mit meinem Schmuck, im Regal darüber nach Jahren sortiert die Fotoalben, lauter vergilbte Erinnerungen an eine schöne Zeit. Alle wichtigen Papiere sind im Gefrierschrank in einer Plastik-Gefrierbox verstaut, und das gemeinsame Testament ist gut versorgt in einem Bankschließfach bei der Bank. Und allzu viel Bargeld habe ich nie im Haus, ein Einbruch würde sich hier sicher nicht lohnen.

Ich fühle mich so müde. Erschöpft lasse ich mich in meinen Sessel fallen, um etwas zu dösen. Nach einer Stunde wache ich mit drückenden Kopfschmerzen auf, aber ich will keine Schmerztabletten nehmen.

Woher kommt nur dieses hässliche Gefühl, dass mich jemand beobachtet? Ich gehe an den dunklen Fenstern vorbei. Überall starren mich fremde Augen aus den Fenstern an, aber draußen ist wirklich nichts zu sehen. Habe ich jetzt schon Halluzinationen?

Gestern sprach ich mit meinem Hausarzt darüber, aber der tat das als reines Hirngespinst ab, ja, ich glaube, er nahm mich gar nicht richtig ernst. Er drückte mir nur ein paar Beruhigungspillen in die Hand, und als ich die Nebenwirkungen las, schob ich sie in die Medikamentenschublade, wo schon einige andere Pillen lagerten, die ich nicht sowieso nicht einnehmen wollte.

Plötzlich klingelt es an der Haustür, laut und fordernd. Wer kann das sein? Ich erwarte doch niemanden. Zu meiner großen Verwunderung steht meine Tochter Justine vor der Tür. Ich hatte sie mindestens seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen, denn sie hatte im Streit sehr frühzeitig ihr Elternhaus verlassen. Sie wollte endlich auf ihren eigenen Beinen stehen, sagte sie damals, und lebte dann ein paar Jahre in Spanien und England, um schließlich einen braven Züricher Geschäftsmann zu heiraten. Soweit ich wusste, hatten sie keine Kinder.

Meine Tochter war mir so unendlich fremd geworden, so dass ich sie anfangs beinahe gar nicht mehr wiedererkannt hätte. Vor mir steht jetzt eine dünne, verhärmte Frau, die mit ziemlich verzerrtem Gesicht versuchte, mir frohe Weihnachten zu wünschen.

Für mich bricht eine Welt zusammen, als sie mir plötzlich klipp und klar an den Kopf wirft, dass ich ihr endlich ihren Pflichtanteil am Erbe ihres Vaters auszahlen müsste. Das wäre ihr gutes Recht, sonst würde sie mich nämlich verklagen, auch wenn ich ihre Tochter wäre. Ob mir denn nicht klar wäre, dass ich mit dieser Weigerung ihr ganzes Leben zerstört hätte.

Ihre hellen, kalten Augen signalisieren mir, dass sie mich aus irgendwelchen Gründen tief zu hassen scheint. Wofür nur, sie ist doch schließlich meine Tochter, und ich hatte ihr in all den Jahren doch gar nichts getan. Ich hatte sie sogar sehr geliebt und sie hatte uns doch im Streit verlassen.

Ich antworte klipp und klar, dass wir alles sofort im Neuen Jahr und in Ruhe mit meinem Anwalt klären sollten. Dort wären alle Dokumente und der könnte auch über alles Auskunft geben. Außerdem war mir nicht bekannt gewesen, dass sie noch irgendwelche Forderungen an mich hätte. Und wenn sie doch noch Anspruch auf etwas hätte, wird sie es bestimmt alles bekommen, was ihr zusteht.

Es tut mir in der Seele weh, dass wir nach so langer Zeit über nichts anderes als über eine längst vergangene Erbschaft reden zu können. Und sie bleibt eisern auf dem Flur stehen, sie will noch nicht mal ins Wohnzimmer kommen.

Wenn ich ehrlich bin, war ich sogar sehr erleichtert, als sie nach fünf Minuten in ihrer Gucci-Parfumwolke und ihren Highheels empört wieder aus dem Haus stöckelt. Aus – Ende – over, sie kann ruhig wieder aus meinem Leben verschwinden, dabei hätte ich keinen Verlust. Mein Anwalt würde schon alles regeln, und es war sowieso genug Geld da, um sie abzufinden.

So, jetzt ist Ruhe, jetzt feiere ich Weihnachten wieder allein in Ruhe wie jedes Jahr. Ich trinke in Ruhe mein Glas Merlot. Es dämmert, im Fernsehen läuft das Weihnachtsprogramm, aber ich finde keine Ruhe mehr. Wieder laufe ich durchs Haus, es ist doch alles verschlossen. Werde ich jetzt verrückt? Irgendwie fühle ganz genau, dass da draußen eine unbekannte Gefahr lauert. Aber ich sehe nichts. Ich kann mich doch endlich mal beruhigen, schimpfe ich mit mir selber.

Zwei Stunden später sah ich ganz genau, dass da draußen wirklich jemand war. Direkt hinter der Wohnzimmerscheibe starren mich plötzlich seelenlose, grausame Augen an. Mein Herz machte einen entsetzten Satz, ich schwitzte und ich fühle plötzlich eisige, grenzenlose Angst.

Die Augen verschwinden sofort wieder im Dunkel, war das eine Halluzination, werde ich nun völlig verrückt?

Da war es wieder - ein Geräusch wie von etwas, das an der Wand entlang kratzt. Ich presse das Gesicht so dicht wie möglich an die Scheibe und sehe für einen Sekundenbruchteil einen dunklen Schatten, der an der vorderen Hausecke vorüberhuscht. Was war das nur? Doch ein Einbrecher?

Ich erstarrte und horchte vollkommen reglos, draußen heult ein Windstoß um das Haus, die Fensterläden rattern, ist das etwa auch ein Zufall? Nein, da ist tatsächlich ein Eindringling, der da an der Haustür herumschleicht. Im Dunkeln taste ich nach meinen Schlappen, das Licht will ich nicht einschalten, damit ich mein Nachtsichtvermögen bewahre.

Aber dann ist da plötzlich ein leises Kratzen an der Haustür. Es klingt wie das Krallen eines Tieres, das einzudringen versucht.

Barfuß schleiche ich hinaus auf den Flur und taste mich im Dunkeln in Richtung Wohnzimmer voran. Dort zwänge ich mich an einem Teetischchen vorbei und spähe zwischen den Orchideen aus dem Fenster. Da draußen ist tatsächlich jemand. Fast wäre mein Herz stehen geblieben. Ich muss sofort die Polizei anrufen, aber da war kein Freizeichen, die Leitung war tot. Die Panik durchfährt mich wie ein eisiger Windstoß. Da hat jemand die Telefonleitung gekappt.

Wo ist nur mein Handy geblieben? Ich benutze es fast nie, aber zuletzt war es immer in meiner Handtasche, aber da drin sind nur die Geldbörse, die Ersatzschlüssel, Kugelschreiber, und eine Haarbürste. Das Handy, wo war nur das verfluchte Handy abgeblieben? Ich kann es doch nicht irgendwo vergessen oder verloren haben?

Draußen auf dem Flur steht das Festnetz-Telefon. Also schnell bei der Polizei anrufen. Eine junge Polizistin gab mir den Tipp, dass ich mich doch nicht in alles so hineinsteigern sollte, wozu lebte ich schließlich im Hahnwald, das wäre doch eine sehr sichere Gegend für reiche Leute. aber sie versicherten mir, dass sie im

Notfall in zehn Minuten bei mir sein würden, mehr könnte sie im Moment leider nicht für mich tun. „Frohe Weihnachten“, und das war es.

Im Fernsehen singt der Chor „Stille Nacht, heilige Nacht“, aber da ist ein Geräusch von splitterndem Glas, war das von vorne oder von hinten gekommen? Wo versucht der Fremde jetzt, einzudringen? Hastig stolpere ich zurück auf den Flur, aber da liegen überall Glassplitter. Schon ist es passiert, die Fußsohle ist feucht von Blut, ein Glassplitter hat sich tief in ihre Sohle gebohrt, und dort, wo ich gerade entlanggegangen war, war der Boden bereits rot von meinem Blut. Warum kann ich nur überhaupt nichts erkennen?

Stoisch ignoriere ich die pochenden Schmerzen in meinem Fuß, ich drücke die Terrassentür auf, schlüpfe hindurch und hörte im gleichen Moment, wie irgendwo wieder im Haus eine Scheibe zerbricht und die Splitter zu Boden regnen. Ich bekomme kaum noch Luft, mein Atem geht in kurzen, krampfhaften Stößen, mein Puls jagt. Nur jetzt keinen Lärm machen. Mein Blick geht über den Terrassenboden, tatsächlich, dort liegt mein Smartphone. Ich klappe es auf und stelle erleichtert fest, dass die Leuchtanzeige der Batterie auf Voll steht. Gott sei Dank, 112, und die Notrufnummer eintippen.

"Hier Notrufzentrale.“ Meldete sich sofort eine Männerstimme.

"Hier ist Waldweg 30 in Hahnwald, Katharina Kappenstein“, flüsterte sie. „Kommen Sie schnell. Jemand bricht gerade in mein Haus ein. Er hat schon ein Fenster zerschlagen.“

"Können Sie die Adresse wiederholen? Ich kann Sie leider nicht verstehen.“ „Waldweg30, Frau Kappenstein! Ein Einbrecher…“ Da fällt ein dünner Lichtstreifen durch die Ritzen. „Er ist jetzt drin und durchsucht das Haus, was soll ich nur tun? Ich habe solche Angst.“ flüstere ich aufgeregt.

.

„Wir kommen sofort, Waldweg 30. Verhalten Sie sich ganz ruhig.“

Das Licht ist aus, der Mond wird von Wolken bedeckt, nun liegt der Garten in völliger Dunkelheit. Verhalte dich einfach ganz ruhig, vielleicht denkt er ja, du bist nicht zu Hause. Ein Geräusch kommt näher, etwas raschelt und schlurft über das Parkett. Jemand scheint meinen blutigen Fußspuren aus der Küche auf den Gang zu folgen. Nee, so schnell werde ich nicht aufgeben.

Einen Moment lang kann ich vor Entsetzen kein Glied rühren, ich hocke da in völliger Dunkelheit, umfangen von eisiger Kälte, die mir jegliches Gefühl raubt, trotzdem empfinde ich weder Schmerzen noch Angst.

Plötzlich greift einer nach meinem Hals und beginnt, mich zu würgen, und dann zum Boden zu werfen. Plötzlich werde ich losgelassen. Wie vom Blitz getroffen stürze ich plötzlich, ich schmeckte Blut auf der Zunge.

Mit letzter Kraft stemme ich mich wieder hoch und krabbele auf allen vieren weiter. Nur nicht aufgeben. Noch bin ich nicht bereit zu sterben. Meine Beine schleppe ich gefühllos hinter mir her, da ist mein Bett, jetzt kann ich mich nur noch verkriechen.

Wie aus großer Ferne dringen draußen Schüsse an mein Ohr. "Kommen Sie raus, Sie haben keine Chance, wir sind bewaffnet. Jetzt ist es vorbei, jetzt wir haben dich endlich erwischt.“

„Ich habe doch niemandem etwas getan.“ lalle ich nur noch leise, und dann falle ich in ein tiefes, schwarzes Loch.

Ich liege im flachen Wasser und wiege mich in den Wellen, immer auf und nieder im harmonischen Rhythmus. Ich schwebe reglos ohne Verbindung mit der Erde, das monotone Plätschern des Wassers wirkt einschläfernd und aufreizend zugleich. Ich fühle die Wellen der Brandung und entferne mich immer weiter weg von mir.

Da war ein wilder Schmerz überall, er fraß alles, aber dann hat mich das tröstende Meer wiederaufgenommen, wie man in der Lust des Begehrens einen Körper nimmt. Alles ist verdreht und neu, es zerfließt, zerreißt und wird immer wieder neu geformt. Nur das Meer ist gut zu mir, und nur in ihm kann ich existieren, alles andere ist sehr gefährlich.

Die Zeit knirscht im Sand, Dunst steigt aus dem Wasser und der Nebel hüllt meinen Körper tröstend ein. Den hellen Sand überdecken angeschwemmte Muscheln und Seegras. Meine Finger graben sich in den gerippten Sand und suchen Halt. Ich fühle Muscheln in meiner Hand und hörte das uralte Gedächtnis des Meeres im Rauschen einer großen Muschel. Alles, was meine tastenden Hände finden, stammt aus einer anderen, fremden Welt.

Ich schaudere zusammen, denn plötzlich hat sich etwas um mich herum und in mir verändert. Wo war ich nur? Das Wasser verschwindet, ich schwebe im Windhauch, aber mein Körper berührt den Boden nicht, ich fühle mich dahingetrieben wie etwas Kreisendes, Lauschendes, planlos Wartendes, da ist das Meer, dann sinke ich endlich wieder auf den Boden und komme wieder zur Ruhe.

Meine Finger berühren mein raues Gesicht, es fühlte sich wie Seegras an, es hat Ritzen und Falten wie das Gestrüpp auf den Dünen. Um mich schleicht die Dämmerung heran, und ich falle wieder zurück in todesschwarzen Schlaf, mein Orientierungssinn löste sich auf wie Eis in der Wärme der Sonne.

Ach, da ist die Sonne, Licht, Wärme, Wasser, aber nur das wiegende Meer ist mein Trost. Über mir fliegen Wolkenbälle, Wellenkronen, Baumkronen, grün, blau, weiß, Boote, weiße Segel, Fischer, Himmel und Erde, Himmel blau, Wellen weiß, blau, die Schreie der Möwen, die Zeit bleibt stehen, und sie ist von Ewigkeit zu Ewigkeit gleich.

Warum muss ich denn weinen? Mein Bewusstsein besteht wieder aus Schweben, schlafen, stöhnen. Schwebende Gestalten strecken mir helle Teile entgegen, berühren mich, da war etwas Festes, Hartes und Schmerzen Verursachendes in meinem Arm. Dann versank ich wieder im endlos wohltuenden Meer.

Da waren wieder schemenhafte Gestalten, fremde Hände, die meinen Körper abtasten, und mich ergriff eine unerklärliche Erregung. Aus einer ungewissen, undefinierbaren Ferne rufen Stimmen: Katharina komm, jetzt mach doch endlich die Augen auf!

Ein dumpfer Schlag erschüttert mich. Ich fühle heißen Schmerz im Gesicht, im Kopf, im Rücken, ich will nur noch schreien, aufbäumen, aber irgendeine Gewalt hält mich zurück, und ich kann nicht weglaufen, wer reißt mich so plötzlich aus dem sanften Wasser in diese quälend fremde Umgebung? Ich wehre mich mit allen Kräften dagegen, und dann sinke ich trotzdem wieder in zurück in die unendliche Tiefe des Meeres.

Als ich zum ersten Mal richtig erwache, sehen meine Augen zuerst nur Dämmerlicht. Ich atme und halte atemlos Ausschau nach Verlässlichem, Bekanntem, aber meine Gedanken verstellen mir die Sicht.

Aber dann werde ich mit Macht in eine beißende Helligkeit geschleudert. Gewaltsam bemühe ich mich, irgendetwas zu sehen. Dunkelheit wechselt mit Helligkeit, beunruhigende Schatten schweben durch den Raum, kommen näher und werden spürbar.

Scharfe, spitze Dinge zerschneiden mein Gesicht und zerteilen meinen Kopf mit einem Hammer. Schatten formen sich, manchmal blitzt es hell auf, dann verdunkelt sich alles wieder. Da ist wieder diese eindringliche Stimme: „Katharina, jetzt komm schon! Mach endlich die Augen auf.“

„Katharina? Bin ich etwa damit gemeint? Wer ruft da nach mir? Mein Jupp, bist du das? Warum bist du da? Wie kann das sein?“

Wieder wird es hell, um mich herum tauchen Schatten fremder, unnahbarer, huschender Gestalten auf. Sind das umherirrende Geister oder sind es nur Gedanken, die mein Bewusstsein noch nicht kennt? Ich spüre eisige Kälte, obwohl in mir ein Feuer zu brennen scheint. Es krabbelt in meinem Rücken, als ob Ameisen auf meinem Körper laufen, durch meinen Leib zucken Stromimpulse und mein Körper ist ein einziger geballter Schmerz. Mein Herz blutet, ich will es aufhalten und ich schreie laut, nur einmal frei sein von diesen Zwängen, von diesen bedrohlichen einprasselnden Gefühlen.

Ich vergaß das Atmen und stürze in die bodenlose Tiefe. Ich fühle Schmerzen und falle dann wieder in den Rhythmus des Wassers, das mich sanft wiegt. Etwas zieht über meine Stirn hinweg, friedliches Schweigen tritt ein und lässt mich wieder erstarren. Da ruft jemand. Katharina, jetzt komm endlich! Du sollst endlich wach werden.

Als wäre dieser Name die einzige Möglichkeit, mich irgendwo festzuhalten. Langsam gewöhnen sich meine Ohren daran und direkt neben mir höre ich gleichförmiges Murmeln. Ich fühle mich wie ein gehetztes, gefangenes Tier das sich befreien, weglaufen, und schreien will, aber es geht nicht, ich sehne mich zurück in die tröstende Dunkelheit der Meereswellen. Da sind schattenhafte Gesichter, Bewegungen großer Öffnungen, jemand streichelt mein Gesicht, und große Schatten fallen auf mich.

Jemand drückt meine Nase zu und schiebt ein Röhrchen hinein, immer tiefer, bis ich würge und nach Atemluft ringe, mich aufbäumen will, aber festgehalten wurde. Was für stechende Schmerzen! Ich fühle mich viel zu schwach, um mich zu wehren oder aufzustehen und wegzulaufen. Was soll das ganze? Warum tut man das mir an? Ich bin in meinem Unwissen allein und spüre nur ein Kratzen in meinem Hals, als ich versuche, Töne hervorzubringen. Helligkeit und Dunkelheit wechseln sich ab. Wie oft?

Jemand piekt in meinen Arm, streichelte darüber und geht wieder. Da nimmt mich wieder das tröstende Meer in die Arme, und höre sein Rauschen, berühre die Muscheln, spüre den Sand und sehe viele bunte Fische. Diese Träume sind meine Welt, in meiner schauenden Einsamkeit fühle ich mich geborgen, ich will nur noch das Meer hören und seine Endlosigkeit fühlen.

Die Dunkelheit wird wieder zur Helligkeit, jemand wäscht meinen Körper mit Wasser, ich werde von einer Körperseite auf die andere gelegt. Jemand streichelt mit weichen, sanften Händen meinen Rücken und ich spüre ein sich ausbreitende Wohlgefühl. Mein widerstrebender Mund fühlt warme Flüssigkeit, ein wärmendes Gefühl fließt durch den ganzen Körper, das Gefühl ist mir ganz neu. Starke Schmerzen durchzucken plötzlich meinen Rücken, ich schließe gequält die Augen, und die Schatten verschwinden wieder.

Und nun? flüsterte ich in die hereinbrechende Nacht. Ich bin allein, und um mich herum steht das Schweigen wie eine undurchdringliche Mauer. Ich weine, meine zitternden Finger streichen über die Risse und Furchen in meinem Gesicht. Ich schreie in höchster Qual, aber niemand hört mich, warum muss ich nur so leiden? Unsägliche Angst überfällt und entfernt sich wieder, kleine Lebewesen krabbeln über meine Beine, der Wind hat sie dorthin geblasen und sie funkeln wie Glühwürmchen.

Jemand streichelt meinen Arm, sticht mich, streichelt mich kurz und ist wieder verschwunden. Das Pochen und Reißen in meinem Kopf lässt nach, da ist wieder die Helligkeit des Augenblicks, das tröstende Wasser senkt sich auf meinen Körper, bedeckt mein Gesicht und nimmt es selig auf.

Es macht mir Freude, wenn sich diese Körper mit mir beschäftigen, wenn sie mich waschen, neue Tücher auf mein Lager ziehen oder mich mit einer leichten Decke einhüllen. „Katharina, jetzt komm endlich, mach die Augen wieder auf.“

Wer ruft mich da? Katharina, das bin ich doch. Plötzlich bin ich nicht mehr namenlos, da wollte jemand Verbindung zu mir aufnehmen. Ich wollte antworten, Töne hervorbringen, um auf mich aufmerksam zu machen. Ich will zurück in diese Welt, das ist jetzt mein einziger Gedanke

„Das wird ja doch nichts mehr mit ihr, sie ist jetzt schon sechs Wochen ohne Bewusstsein. Warum wollen Sie unbedingt die lebenserhaltenden Maßnahmen weiterführen? Wozu soll man die alte Frau noch unnötig quälen? Das bringt doch nur dem Krankenhaus einen Vorteil, denn sie ist ja schließlich Privat-Patientin. Bitte schalten Sie endlich die Geräte ab.“

„Sie sind schließlich ihre Tochter, aber Sie sollten noch etwas Geduld aufbringen, Sie brauchen doch so schnell noch keine endgültige Entscheidung zu fällen.“

„Meine Entscheidung war sowieso von Anfang an klar, außerdem kriegt sie doch sowieso gar nichts mehr mit, was soll das also alles? Ich habe schon alles mit dem Professor besprochen, denn wenn sie jemals wieder aufwachen sollte, wird sie sowieso den Rest ihres Lebens ein Pflegefall ohne jede Hoffnung sein.

Und mein Mann ist der gleichen Meinung, lassen wir sie lieber gleich in Frieden sterben, das ist dann besser für alle Beteiligten. Und wissen Sie eigentlich, was so eine Rundumpflege im Heim kostet? Ich lebe in der Schweiz und wer soll das alles bezahlen? Wozu sie also noch unnötig leiden lassen?“

Aber das ist doch die Stimme meiner Tochter, wie kann sie nur so etwas schreckliches sagen? Was habe ich ihr denn getan? Sie ist doch unser einziges Kind, und wir hatten doch immer ein gutes Verhältnis miteinander gehabt, bis sie unbedingt diesen bösartigen Mann in der Schweiz heiraten musste.

„Nein,“ schreie ich, „nein, ich lebe doch noch, und ich höre doch alles, was ihr da für einen Blödsinn über mich redet. Nein, aber warum hört mich nur keiner? Nein, nein, nein, ich will leben, hört ihr? Über mein Leben habt ihr gar nicht zu bestimmen! Das darf nur ich ganz allein. Ich will doch leben, leben, leben.“

„Ich sehe ja ein, dass die Kopfverletzungen Ihrer Mutter möglicherweise wirklich irreparabel sind, aber ihr Herz schlägt noch einwandfrei und auch der Blutdruck ist stabil. Warten wir also lieber ab, was der Chefarzt gleich in der Visite dazu sagen wird.“ Höre ich Schwester Irmela entschlossen sagen, ich kenne ihre Stimme inzwischen ziemlich genau. Sie war vorhin ziemlich ruppig beim Umlagern gewesen, also hatte sie mich wahrscheinlich schon genauso wie meine eigene Tochter längst aufgegeben.

Ein kurzes Pieken im Arm und schon nehmen mich wieder die tröstenden Meereswogen in die Arme. „Liebe Frau Kappenstein, alles wir wieder gut, bestimmt wird bald alles wieder gut. Jetzt träumen Sie was Schönes. Hier sind Sie sicher und niemand tut Ihnen etwas Böses. Ich passe auf Sie auf,“ Wispert mir eine leise Stimme ins Ohr. Dann versinke ich in einen tiefen, bodenlosen Schlaf.

In der nächsten Zeit träume ich überhaupt nichts Schönes. Da sind viele fremde Geräusche, Ansagen, fremdes, babylonisches Sprachgewirr, Gezwitscher, und dann wieder Stille, friedliche Stille.

Dann höre ich einen Motor, ich bin irgendwo als Frachtgut zwischen Koffern und Kisten in einem Rollstuhl, aber ich kann nicht aufstehen und mich nicht bewegen, ich bin in dem Ding festgeschnallt, jemand gibt mir eine Injektion.

Ich höre ein Ding Dong, dann eine säuselnde englische Stimme, aber ich kann überhaupt nichts verstehen. Und wieder tönt dieses Dingdong und die säuselnde Stimme, dann tauche ich in einem schwülen Wind, da sind wieder viele fremde Stimmen. Ach, das ist nur alles ein fremder Traum, aus dem ich gleich erwachen werde.

Im Express vom 08. Januar 2016 fand sich auf der ersten Seite folgender Artikel:

Frau Katharina Kappenstein, geb. am 18.09.1944,

wurde in der Weihnachtsnacht 2015 heimtückisch in ihrem Bett in den Kopf geschossen.

Dank einer schnellen Notoperation hatte sie zunächst schwerverletzt überlebt und wurde in der Uni-Klinik in ein künstliches Koma versetzt.

Aus völlig unerfindlichen Gründen ist sie in diesem Zustand seit dem 04. Januar spurlos verschwunden. Das Universitäts-Klinikum konnte auch auf Rückfragen nicht mitteilen, ob sie verstorben ist. Es besteht jedoch der dringende Verdacht, dass die Patientin aus der Intensiv-Station entführt worden ist.

Die Millionen-Erbin lebte allein und zurückgezogen in Hahnwald, sie hinterlässt aber eine 40- jährige Tochter in der Schweiz, die über diese Situation bereits benachrichtigt wurde.

Der/die Täter sind flüchtig, die genauen Tatmotive sind bisher unbekannt.

Hinweise zur Aufklärung des Falles oder zur Ergreifung des Täters werden mit 100.000 € belohnt.

Oh, jetzt riecht es intensiv nach Knoblauch, Zitronen und gebratenem Huhn, und ich bekomme sofort einen Riesenhunger.

„Mann, ich habe einen Bärenhunger und ich habe fürchterliche Kopfschmerzen, und ich.“ Murmele ich beim Aufsetzen und dann reiße ich erschrocken die Augen auf. Ich bin plötzlich hellwach und das hier ist kein Traum, sondern scheint irgendwie mit der Wahrheit zusammen zu hängen. Sofort kneife ich die Augen wieder zu, und reiße sie danach wieder auf, aber es ändert sich nichts an dem, was ich da sehe.

Direkt vor meinem Bett kichert jemand, ein kleines, und rundes Gesicht mit schwarzbraunen Augen lacht mich freundlich an. Ob das wohl ein Kind ist? Was macht es dann da unten an meinem Bett?

„Guten Morgen, Frau Kappenstein, ich bin See Sue, Ihre Pflegerin. Schauen Sie mal, ich habe Ihnen ein schönes Schild gemalt, und das werden wir gleich an den Kleiderschrank kleben.“

„Wir, wieso ein Schild? Was steht denn da drauf? Kann ich es nicht vorher mal lesen, das betrifft mich doch? Wo ist meine Lesebrille? Und wer sind Sie überhaupt?“

„Ihre Brille habe ich direkt an Ihr Bett gelegt, da, neben dem Wasserglas. Da werde ich sie jetzt immer hinlegen, und dann finden Sie die auch immer wieder.“

„Was soll das denn heißen? Ich verstehe überhaupt nichts, denn auf dem Blatt steht in Großbuchstaben: „Ich bin in Thailand. Dies ist eine Alzheimer-Einrichtung.“

„Dies ist ein kurzes Memo, damit Sie sich jeden Morgen erinnern können, wo Sie sind. Gleich werde ich es mit Tesafilm hier an den Kleiderschrank kleben, und jeden Morgen, wenn Sie aufwachen, die Augen öffnen und sich aufsetzen, dann schauen Sie direkt darauf.

Warum gucken Sie denn so böse? Das ist doch sehr praktisch, oder habe ich einen Fehler bei Ihrem Namen gemacht?“

„Halten Sie mich denn für so blöde und vertrottelt? Meinen Namen und meine Adresse kenne ich ganz genau. Ich wüsste aber viel lieber, warum ich hier in diesem fremden Zimmer aufwache. Und vor allen Dingen: Wenn ich tatsächlich in Thailand bin, dann wüsste ich wirklich nur zu gerne, wie ich ausgerechnet hierhergekommen bin. Oder vielleicht träume ich das alles nur?“

„Nein, nein, Sie träumen nicht. Alles steht auf dem Schild, damit Sie sich jeden Tag daran erinnern, wo Sie sind. Ich bin in Thailand. Das ist eine Alzheimer-Einrichtung.“ Kichert die Pflegerin und drückt mir ein lustiges Stoffbärchen in den Arm, nachdem sie es vor meiner Nase hat tanzen lassen.

„Lassen Sie doch den Blödsinn, was soll ich mit so einem dämlichen Stofftier? Ich frage Sie noch einmal: Wie bin ich hierhergekommen und wieso bin ich hier in einer Alzheimer-Einrichtung? Ich kann mich zwar dummerweise an gar nichts erinnern, aber bis jetzt war mein Gedächtnis doch noch ganz in Ordnung. Wie lange bin ich schon hier?“

„Schon eine ganze Woche, und Sie waren früher ein schwerkranker Pflegefall gewesen.“

„Was, ich, ein Pflegefall? Und wann kann ich wieder zurück nach Hause? Ich habe doch keinen Thailand-Urlaub gebucht, so etwas absurdes wäre mir niemals in den Sinn gekommen, Europa zu verlassen.“

„Nach Hause gar nicht mehr.“

„Was? Und wieso denn nicht? Soll ich hier etwa sterben?“

„Ja, natürlich. Sie sind für immer in Thailand und das ist eine Alzheimer-Einrichtung, mehr kann ich leider nicht dazu sagen. Vielleicht fragen Sie heute Nachmittag den Chef, der hat die Akte und da steht alles drin.“

Ich schweige verbissen. Ich bin jetzt 70 Jahre alt, und ich merke genau, dass sich diese kleine Kindfrau mit dem Schmollmund nicht auf lange Diskussionen mit mir einlassen will. Na, dann habe ich eben auch keine Lust mehr. „Wie heißt denn der Chef?“

„Martin Woodtli heißt er, ein guter Mann.“ Strahlt mich die Pflegerin plötzlich an. Ich stehe unbeholfen auf und gucke mich um. Vor dem kleinen Fenster ist ein Spielplatz. An dem rostigen Klettergerüst hängen nasse T-Shirts und Hosen an Kleiderbügeln zum Trocknen in der Sonne. Der Rasen unter dem Spielgerät ist verdorrt. Die Luft ist sehr warm und schwül.

Jetzt will ich mehr sehen, noch im Schlafanzug greife ich nach meiner kleinen schwarzen Handtasche, hänge sie mir um und geht durch den Flur hinaus auf die Terrasse. Die Pflegerin schüttelt inzwischen mein Bett auf und rollt die Matratze ein, auf der ich geschlafen hatte. Links steht ein Gartentisch mit Stühlen, hier sitzt eine ältere Frau im Schatten und lächelt selig ins Nichts. Mopeds knattern, auf der Straße hinter einer Hecke. Es riecht intensiv nach gebratenem Hühnchen, Sojasauce und geröstetem Knoblauch.

Ich biege nach rechts: In dem Vorgarten steht eine mickrige Palme. Ich fasse mich an den Kopf, und hoffe, dass wenigstens der noch da oben ist, wo ich ihn erwarte. Ich begreife gar nichts mehr. Vielleicht ist das nur ein böser Traum?

Was für ein absurder Gedanke, plötzlich in Thailand in einem Alzheimer-Altersheim gelandet zu sein. Außerdem kommt man doch nur mit dem Flugzeug nach Thailand? Und ich wohne doch in Wahrheit ganz woanders, aber wo nur genau? Zum Glück habe ich jetzt keine Kopfschmerzen mehr. Klar doch, ich wohne in Köln im Hahnwald, wie konnte ich das nur vergessen? Dies soll jetzt mein Leben sein? Wieso kann mich an gar nichts mehr erinnern?

Auf meiner Armbanduhr steht, dass es morgens um neun ist. Jemand ruft mich, ach so, es ist Zeit fürs Frühstück. Die Frau, die eben noch auf der Terrasse lächelnd ins Nichts geblickt hat, ist inzwischen aufgestanden. Sie steht in der Einfahrt an der Hand ihrer thailändischen Pflegerin, die ihr zum Schutz vor der Sonne einen aufgespannten Regenschirm über den Kopf hält.

Ich setze mich an einen unbesetzten Tisch und lasse mich bedienen. Es gibt Milchreis mit frischem Obst, kein Brot, und Milchkaffee, so viel ich will. Und mir ist klar: Ich bin keineswegs dement oder bekloppt. Danach trödele ich noch etwas in der Toilette herum, um ungestört nachzudenken, aber sofort kommt die Pflegerin herein, fragt freundlich, ob ich Hilfe brauche, und sie wartet so lange beharrlich, bis wir gemeinsam wieder hinausgehen. Sofort lerne ich: besser nicht groß auffallen, und sich immer schön blöd stellen.

Nun bin nie mehr allein, und immer wieder passiert etwas anderes. Jetzt sollen wir uns draußen genauso wie die anderen aufstellen: nebeneinander, unter einem Schirm, Hand in Hand.