Mistakes Like Us - Mia Kingsley - E-Book

Mistakes Like Us E-Book

Mia Kingsley

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Beschreibung

 Wer beschützt dich, wenn das Monster kommt?  Nachdem Blanche einen Blick auf mein wahres Ich geworfen hat, will sie nichts mehr mit mir zu tun haben. Das ist ein Problem, denn ich kann mich unmöglich von ihr fernhalten, wie sie es verlangt. Ich habe nur ihr Bestes im Sinn, doch sie glaubt mir einfach nicht, dass sie in Gefahr schwebt. Die einzige Gefahr, die sie sieht, bin ich …  Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Beide Teile des Mistakes Duets sind bereits erhältlich. 

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MISTAKES LIKE US

MISTAKES DUET

BUCH ZWEI

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

INHALT

Mistakes Like Us

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Epilog

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Über Mia Kingsley

Copyright: Mia Kingsley, 2023, Deutschland.

Covergestaltung: Mia Kingsley

Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu

ISBN: 978-3-910412-20-0

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

MISTAKES LIKE US

MISTAKES DUET 2

Wer beschützt dich, wenn das Monster kommt?

Nachdem Blanche einen Blick auf mein wahres Ich geworfen hat, will sie nichts mehr mit mir zu tun haben. Das ist ein Problem, denn ich kann mich unmöglich von ihr fernhalten, wie sie es verlangt.

Ich habe nur ihr Bestes im Sinn, doch sie glaubt mir einfach nicht, dass sie in Gefahr schwebt.

Die einzige Gefahr, die sie sieht, bin ich …

Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Beide Teile des Mistakes Duets sind bereits erschienen.

KAPITEL 27

BLANCHE

Ich saß eine ganze Weile im Flur, den Rücken an die Wand gelehnt, der Revolver neben mir auf dem Boden.

Ich war ratlos, was ich tun sollte. Und noch ratloser, was ich glauben sollte.

Es war mir ein Rätsel, wie Victor es geschafft hatte, aber aus einem mir nicht erklärlichen Grund … glaubte ich ihm. Was absurd war, denn wer sollte hier sonst eingebrochen sein?

Als Victor aufgetaucht war, hatte ich gedacht, dass ich genau wüsste, was er sagen würde. Die gleichen Sachen, die er mir beim Sex zugeraunt hatte – dass ich es so wollte, dass ich selbst schuld war, dass ich es brauchte, dass ich darum gebettelt hatte.

Doch stattdessen hatte er alles abgestritten, und das sehr überzeugend. Er hatte mir nicht gesagt, dass ich selbst schuld war, dass ich nachts überfallen worden war. Nein. Er hatte angewidert und wütend gewirkt. Nicht wütend auf mich, wütend auf den Einbrecher.

Und seine Argumentation war irgendwie nachvollziehbar. Es war sein Kink, mich zu überwältigen und vermeintlich gegen meinen Willen zu ficken – wo sollte der Reiz für ihn sein, wenn ich bewusstlos war?

Auf der anderen Seite wusste ich nicht, wer sonst infrage kommen sollte. Cooper? Das war völlig ausgeschlossen. Der arme Mann würde aus allen Wolken fallen, wenn er erfuhr, worauf ich beim Sex stand. Nein, Cooper war ganz sicher nicht in meine Wohnung eingebrochen und hatte mich ans Bett gefesselt.

Trotz der Kopfschmerztablette ließ das Hämmern hinter meinen Schläfen einfach nicht nach. Meine Gedanken drehten sich wieder und wieder und wieder im Kreis und ständig schwankte ich zwischen Wut, Selbstmitleid und einem merkwürdig schlechten Gewissen hin und her, als wäre ich – in der Tat – selbst schuld.

Meine Augen sahen wahrscheinlich aus, als hätte ich meinen Kopf in eine Schüssel voller frisch geschnittener Zwiebeln gesteckt, doch ich konnte nicht aufhören zu weinen.

Was zum Teufel sollte ich tun?

Ich blinzelte, neue Tränen liefen über meine Wangen und ich musterte den Revolver auf dem Boden. Ich konnte nicht fassen, wie spielend leicht Victor ihn mir abgenommen hatte. Mehr noch – er hatte mir gezeigt, wie ich ihn richtig benutzen konnte, ehe er ihn mir wiedergegeben hatte. Mir war absolut klar, dass ich in Victors Augen keine Bedrohung darstellte. Nicht einmal mit einem Revolver in der Hand, was seine Argumentation unterstützte. Warum sollte er mich betäuben und fesseln?

Mein Zittern nahm zu, denn wenn Victor nicht der Schuldige war, kam eine ganz neue Reihe von Problemen auf mich zu.

Mir wurde kalt, mein Magen verkrampfte sich, und ich wusste, dass ich nicht hier sitzen bleiben konnte.

Ich rappelte mich hoch, nahm den Revolver und ging in die Küche. Nachdem ich die – ohnehin irgendwie nutzlose – Waffe weggelegt hatte, kehrte ich mit einem der Küchenstühle in den Flur zurück und klemmte ihn unter die Klinke der Wohnungstür.

Zwar blockierte er die Tür nicht wirklich, aber die Kette lag davor, und sollte jetzt jemand versuchen, die Tür zu öffnen, würde der Stuhl über den Boden rutschen und wahrscheinlich umfallen, sodass ich es auf jeden Fall hörte.

Dann holte ich drei Tassen aus der Küche und positionierte sie jeweils auf den Fenstergriffen. Es war eine überaus wacklige Angelegenheit, doch das war der Sinn. Sollte jemand von außen das Fenster öffnen wollen, würden die Tassen herunterfallen.

Ich war noch immer vollkommen fertig mit den Nerven, aber wenigstens wurde so meine Angst gelindert, dass jemand sich an mich ranschleichen könnte.

Trotzdem schloss ich in meiner eigenen Wohnung – der Ort, an dem ich mich eigentlich sicher fühlen sollte, mein Rückzugsort – die Schlafzimmertür ab, ehe ich mich aufs Bett setzte.

Wie ging es jetzt weiter?

Für einen langen Moment starrte ich ins Nichts. Meine Strategie hing stark davon ab, ob ich Victor glaubte oder nicht. Ob ich also wusste, wer mein Angreifer war, oder nicht.

Die Kälte in meinem Bauch verstärkte sich, strahlte in alle Zellen aus.

Ich nahm mein Handy in die Hand, öffnete den Browser und tippte »Einbruchschutz« in die Suchzeile. Fensterschutz, Türschutz, abschließbare Fenstergriffe, Türstopper mit Alarmfunktion, Sicherungsstangen, Sensoren …

Ich klickte und klickte, packte einen ganzen Warenkorb, bis es vermutlich aussah, als würde ich ein Millionenvermögen in bar in meiner Wohnung aufbewahren wollen. Mein Finger schwebte bereits über dem Kaufen-Button, als die Wut überhandnahm.

Wut auf mich, Wut auf meinen Angreifer, Wut auf die Hilflosigkeit, die ich verspürte. War das meine einzige Option? Mich zu schämen und für den Rest der Zeit in meiner Wohnung mit zehn Ketten vor der Tür und Riegeln an den Fenstern, einem Dutzend Überwachungskameras und einem Taser in der Hand zu verstecken?

Ich warf mein Handy weg, drehte mich um und boxte mit aller Kraft in mein Kissen. »Scheiße!«, schrie ich dabei. Dann schlug ich wieder zu. Und wieder. Und noch einmal. Und noch mal mit der anderen Hand.

Es dauerte nicht lang, bis ich wie getrieben auf mein Kissen einprügelte. Ich keuchte, grunzte, ächzte und schwitzte, schlug zu und zu und zu, bis meine Arme schmerzten, mein Rücken nass geschwitzt war und meine Schultern brannten.

Mit einem lauten »Fuck!« warf ich das Kissen durch den Raum und ließ mich auf den Rücken fallen.

Es klirrte, weil das Kissen zwei Bilderrahmen von der Wand geholt hatte, doch das war mir in diesem Moment egal.

Ich wollte mich nicht mehr so fühlen. Es musste doch etwas geben, was ich tun konnte.

Die Zähne in meine Unterlippe gegraben, dachte ich nach. Ich zerbrach mir den Kopf, suchte nach einer Lösung oder wenigstens einer Strategie.

Nur leider drehte ich mich im Kreis. Es musste Victor gewesen sein, auch wenn mein Instinkt etwas anderes sagte. Oder? Was war, wenn er es nicht gewesen war?

Was sollte ich dann machen? Was sollte ich machen, wenn es nicht Victor gewesen war?

Ich kam nicht vorwärts. Momentan schien ein schneller Umzug ohne Nachsendeadresse meine beste Option. Wenn ich einfach verschwand und eine neue Wohnung fand, konnten weder Victor noch ein möglicher unbekannter Täter mich überfallen.

Einbruchschutz oder Wohnungsanzeigen – das war hier die Frage.

Ich stand auf und schleppte mich zur Wand, warf mein Kissen zurück aufs Bett. Vorsichtig hockte ich mich hin, um die Scherben einzusammeln, weil die Glasscheibe aus einem der beiden Rahmen gebrochen war, als ich einen schwarzen Krümel auf meinem Teppich bemerkte.

Nur war es kein Krümel. Es war ein winzig kleines Mikrofon, kaum größer als ein Sonnenblumenkern.

Ich hielt es hoch, drehte das Ding zwischen den Fingern. Mein Herz klopfte schneller und schneller. Als ich den anderen Bilderrahmen umdrehte, entdeckte ich eine zweite ähnliche Vorrichtung, lediglich etwas größer, an der Vorderseite, nahezu unsichtbar auf dem schwarzen Holz, allerdings spiegelte sich das Licht der Zimmerlampe darin, als ich den Rahmen bewegte. Das war definitiv eine Kameralinse.

Irgendjemand beobachtete mich, belauschte mich.

War Victor deshalb so gelassen gewesen, als er hergekommen war? Hatte er meine Reaktionen nach dem Aufwachen beobachtet, sie womöglich genossen und war deswegen nicht überrascht gewesen, als ich ihn angerufen hatte? Waren seine Sorge, sein Abscheu bloß gespielt gewesen?

Ich schloss die Finger um die beiden Geräte und stand auf. Mir war nicht länger kalt. Ganz im Gegenteil. Heiße Wut ballte sich in meinem Bauch.

Ich legte die Kamera und das Mikro auf meinen Nachttisch, schob meine Ärmel hoch und machte mich auf die Suche.

Jetzt, da ich wusste, wonach ich Ausschau halten musste, war es nicht schwer, noch mehr von den Dingern zu finden. Insgesamt zwei Durchgänge machte ich, stellte die ganze Wohnung auf den Kopf, schaute in jede Ecke, hinter alle Schränke und Bilderrahmen, räumte sogar – um wirklich ganz sicherzugehen – den Kühlschrank aus.

Am Ende hatte ich fünf Kameralinsen und vier Mikros zusammen. Ich wusste nicht, ob es die Dinger nur paarweise gab und ich das fünfte Mikro nicht gefunden hatte, oder ob vier reichten, um meine ganze Wohnung abhören zu können.

Wer auch immer die Sachen angebracht hatte, würde meinen gesamten Zorn zu spüren bekommen. Die Angst verbannte ich in den Hinterkopf, denn jetzt hatte ich Beweise, dass sich wirklich jemand Zutritt zu meiner Wohnung verschafft hatte.

Es war keine unsichtbare Ahnung mehr und kein ausgespültes Kondom, das so an sich nichts aussagte und eher wirkte, als hätte ich den Verstand verloren. Ich hatte Kameras und Mikros, die ich nicht gekauft oder angebracht hatte, deren Einsatz in Privatwohnungen illegal war. Ich hatte im wahrsten Sinne des Wortes etwas in der Hand.

KAPITEL 28

VICTOR

»Victor, was ist denn los?«, fragte Walt hinter mir.

Ich fuhr herum, und als selbst mein Mentor vor mir zurückzuckte, wurde mir klar, dass der Ausdruck in meinen Augen wohl ziemlich bedrohlich sein musste. Auftragskiller mit einem Hauch von »dem Wahnsinn verfallen«.

»Was weißt du über ihn? Ich brauche alles, was du hast. Sämtliche Infos, Hinweise, Gerüchte, egal wie fadenscheinig oder abstrus oder ob es von einer unzuverlässigen Quelle stammt – ich brauche alles.« Mit der Hand deutete ich auf Coopers Bild.

Walt sah Eliza an und nickte knapp, woraufhin sie verschwand. Dann ging er zum Tisch, setzte sich mit einem schweren Seufzen und klappte seinen Laptop auf. Mit gerunzelter Stirn und zusammengekniffenen Augen musterte er den Bildschirm, ehe er nach seiner Brille tastete.

»Kniffeliger Fall, den du dir da ausgesucht hast. Du bist persönlich involviert, nehme ich an?« Er musterte mich über den Rand seines Bildschirms durch die erstaunlich großen Brillengläser. Es war das erste Mal, dass er mich sein wahres Alter sehen ließ.

»Ja. Da … ist eine Frau.«

»Verstehe.« Er klickte auf der Tastatur herum und atmete laut aus. »Okay, hier ist es. Dr. Cooper Adams. Kein Serienkiller im herkömmlichen Sinne, das ist eher eine Begleiterscheinung.«

Ich ertrug die Anspannung nicht und bedeutete Walt, dass er einfach weitersprechen sollte, während ich mit unruhigen Schritten im Kreis durch seinen Salon marschierte.

»Cooper Adams, am 04. August 1982 in Norwich geboren. Eltern Eileen und Wilbur Adams sind bei einem Hausbrand ums Leben gekommen, als Cooper siebzehn war. Es gab keine Hinweise auf Brandstiftung, für das Feuer verantwortlich war ein alterungsbedingter Windungsschluss in einer Spule, die sich wohl aufgrund des erhöhten Stromflusses erhitzt hat. Die einzige Notiz, die ich dazu finden konnte, war eine Anmerkung einer der Ermittler, dass das alles ein bisschen komisch sei, weil Wilbur Adams Elektriker war und sich der Gefahr eigentlich hätte bewusst sein müssen. Die Ermittlungen wurden schnell eingestellt und Cooper hat die zwei Wochen bis zur Volljährigkeit bei seiner Großmutter väterlicherseits gewohnt. Sehr guter Schüler, der bereits während der Schulzeit einige Einführungskurse Psychologie an der Uni besucht und im Büro eines Psychotherapeuten gearbeitet hat. Hat Psychologie studiert, angefangen, Scotland Yard, Interpol und auch das FBI zu beraten, indem er die Fälle analysiert und behauptet, zwar die Verbrechen nicht aufklären zu können, aber dabei zu helfen, indem er das ›Warum‹ hinter den Taten beleuchtet.« Walt schaute auf. »Ich denke, dass Dr. Cooper Adams ein Serienvergewaltiger ist.«

Mein Magen verkrampfte sich, weil ich befürchtet hatte, Walt könnte genau das sagen. Ich fühlte mich wie ein Idiot, dass ich Blanche allein gelassen hatte. Sobald ich alle Infos hatte, die ich brauchte, würde ich Blanche zu mir bringen, sie einschließen und nie wieder vor die Tür lassen.

Und ich würde Cooper töten. Er würde den Tag bereuen, an dem er geboren worden war.

»Victor«, sagte Walt mit scharfer Stimme.

Scharf genug, damit ich mich wieder wie nach meinem ersten Mord fühlte, bei dem so ziemlich alles schiefgelaufen war, was hätte schieflaufen können. Walt hatte mir so viel beigebracht und dann trotzdem ein heilloses Chaos beseitigen müssen, das ich angerichtet hatte. Damals hatte er ähnlich scharf geklungen, nachdem ich die ersten paar Male nicht auf meinen Namen reagiert hatte.

Ich zwang mich, ihn anzusehen.

Er schüttelte den Kopf. »Was auch immer du gerade denkst – tu es nicht. Zumindest nicht voreilig. Dr. Cooper Adams ist …«

»Perfekt auf dem Papier. Zu perfekt.«

»Ja.« Walt nickte. »Die Frau, die du erwähnt hast, denkst du, dass Cooper sie vergewaltigt hat?«

»Momentan sieht es sehr danach aus.« Ich ballte die Fäuste.

»Ich verstehe jeden Impuls, den du gerade verspürst, aber du weißt, was alle an dieser Wand vereint.« Er deutete auf die Wand der Serienkiller.

»Die Familien der Opfer, die Frieden verdienen.«

»Richtig.« Er stand auf, ging zu Coopers Foto und rieb sich übers Kinn. »Wirklich ein schwieriger Fall. Ich bin mir verdammt sicher, dass er schuldig ist, aber ich habe keine Spur. Keine einzige. Er ist bloß aufgrund eines Zufalls in mein Visier geraten, weil eine seiner Patientinnen Selbstmord begangen hat. Der Mann der Toten hat eine kriminelle Vergangenheit und wollte, dass ich den Verantwortlichen finde, weil er nicht glauben konnte, dass seine Frau sich selbst das Leben nehmen würde. Ich habe herausgefunden, dass sie in psychologischer Behandlung war, und habe das überprüft. Dabei habe ich zwei weitere tote Frauen in Coopers Dunstkreis gefunden, die sich das Leben genommen haben. Die dritte, Simone Parry, hat überlebt, ihre Mitbewohnerin hat sie früh genug gefunden.

Offiziell hat sie keine Aussage gemacht – inoffiziell hat sie Cooper beschuldigt, sie vorsätzlich in den Wahnsinn getrieben zu haben. Natürlich hat ihr niemand geglaubt, denn du weißt selbst, wie reinweiß Dr. Adams’ Weste ist, mit seiner Polizeiarbeit, dem ehrenamtlichen Engagement und seinen erfolgreichen Büchern.«

»Aber du glaubst ihr?«, wollte ich wissen.

»Ich glaube meinem Bauchgefühl, und das sagt mir, dass niemand so toll sein kann, wie Dr. Adams sich gibt.«

»Das war auch mein Gedanke. Die Frau … ihr Name ist Blanche. Blanche hat mich abserviert, weil ich nicht gerade Beziehungsmaterial bin, und sich dann mit Cooper getroffen. Heute Morgen ist sie mit Fesselspuren an den Hand- und Fußgelenken aufgewacht, in ihrem Waschbecken lag ein ausgespültes Kondom.«

Walt presste die Lippen aufeinander. »Du bist wütend.«

»Du wärst auch wütend.«

»Natürlich.« Er drehte sich zu mir. »Victor, ich weiß, dass du clever und vorsichtig bist. Auch wenn ich bestreiten werde, das jemals gesagt zu haben, bist du inzwischen wahrscheinlich besser, als ich je werden kann, aber du musst vorsichtig sein. Extrem vorsichtig. Ich habe keinerlei Beweise, weil Dr. Cooper Adams seine Spuren geschickt verwischt, unfassbar geschickt. Du solltest unter der Prämisse agieren, dass er dir selbst jetzt drei Schritte voraus ist. Mir ist klar, dass du das nicht hören willst, doch leider ist es die Wahrheit.«

Meine Backenzähne schmerzten, weil ich nicht aufhören konnte, sie zusammenzubeißen. In mir tobte es. Wäre ich in meiner Wohnung gewesen, hätte ich sie vermutlich schon längst verwüstet. Ich hatte mich gerade lediglich unter Kontrolle, weil Walt es nicht verdiente, wenn ich seine Tische umwarf, die Akten durcheinanderbrachte und seinen Laptop zerstörte – einfach nur weil ich nicht wusste, wohin mit meiner Wut.

Ich musste Dr. Cooper Adams in die Finger bekommen, ehe mein Zorn die Vernunft überschrieb und ich etwas Dummes tat. Bevor der Sturm in mir katastrophale Ausmaße annahm.

Ich sah Blanches Tränen vor mir, hörte ihre brüchige Stimme. Warum tust du das?

Eliza kehrte mit einer roten, ungefähr zwei Zentimeter dicken Akte zurück, die sie mir wortlos hinhielt.

»Danke«, sagte ich, nachdem ich einen Blick hineingeworfen hatte. Es war – wenig überraschend – Coopers Akte.

Walt legte mir die Hand auf die Schulter. »Versprich mir, dass du vorsichtig bist.«

»Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann.«

Mit erstaunlicher Kraft drückte Walt die Finger in meine Haut. »Victor!«

Ich zuckte zusammen, weil Eliza mir mit der flachen Hand gegen den Hinterkopf schlug.

»Darüber macht man keine Witze, Victor. Ich habe nicht viele Menschen in meinem Leben, die wie Familie für mich sind.«

Für einen Moment schnürte sich meine Kehle zu, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Walt wandte den Blick nicht ab, sah mir geradewegs in die Augen. »Versprich es mir.«

»Ich verspreche es. Ich bin vorsichtig.«

»Und denk an die Familien der Opfer.«

»Ich werde es versuchen. Wirklich.«

»Gut. Eliza bringt dich zur Tür. Ich muss dringend ins Bett.« Er streckte den Rücken durch und verzog das Gesicht aufgrund des deutlich hörbaren Knackens. »Meld dich, falls du Hilfe brauchst.«

»Werde ich machen. Danke.« Ich nickte ihm zu und verließ den Salon. Eliza lief mit leisen Schritten neben mir. Ich packte ihr Handgelenk, als sie ohne Vorwarnung die Hand in meine Hosentasche schob.

Da sie bloß ihre Augenbraue hob, ließ ich sie los. Sie nahm mein Handy und speicherte ihre Nummer ein.

Ich war merkwürdig gerührt. »Danke.«

Sie zuckte mit den Achseln, sah mich betont gleichgültig an.

»Hab ein Auge auf Walt für mich, okay?«

Sie öffnete die Tür und bedeutete mir mit einer Bewegung ihres Kopfes, dass sie mich verstanden hatte.

Ich ging zum Aufzug und wartete ungeduldig, denn ich hatte es eilig. Ich wollte Dr. Cooper Adams umbringen, noch bevor die Sonne heute wieder untergegangen war.

KAPITEL 29

BLANCHE

Ich vergewisserte mich, dass ich an der richtigen Adresse war, bevor ich die schwere Glastür aufzog und den Laden betrat.

Der Angestellte hinter dem Tresen pflasterte sich ein breites Lächeln ins Gesicht. »Hallo, wie kann ich helfen?«

»Hi.« Ich umfasste den Träger meiner Handtasche fester. »Ich interessiere mich für eine dieser Türklingelkameras. Auf der Website stand, dass Sie welche hier haben?«

»Ja, wenn Sie mitkommen würden. Wir haben hinten direkt eine Ausstellung, um die Funktionsweisen und die Blickwinkel zu demonstrieren.«

Ich folgte ihm durch die Regale mit den Kameras, Drohnen und Laptops, bis er vor der Wand stehen blieb. Ein Dutzend gehetzt aussehende Blanches starrten mir entgegen. Ich schluckte und zwang meine Mundwinkel wenigstens ein bisschen nach oben.

»Funktionieren die alle mit Bewegungsmelder? Oder gehen die Kameras erst an, sobald die Klingel betätigt wird?«, fragte ich.

Der Mann zeigte auf die obere Reihe. »Diese Modelle können eingestellt werden, wie Sie das möchten. Die meisten zeichnen auf, wenn sich jemand ungefähr drei Meter von der Klingel entfernt befindet. Die Klingel ganz rechts kann sogar fünf Meter – auch im Dunkeln. Die Frage ist natürlich, ob sie an den Strom angeschlossen werden soll oder über Akku läuft. Modelle mit Akku reagieren meist leider noch etwas verzögert, wobei wir da mit jedem Softwareupdate Verbesserungen sehen.«

»Die Vermieterin sagt, dass ich die Klingel von einem Elektriker an den Strom anschließen lassen kann.«

»Okay, dann wäre das hier die Luxusvariante, da liegen wir bei knapp zweihundert Pfund, die zweite Reihe bildet das Mittelfeld ab. Die Preise rangieren zwischen siebzig und hundertzwanzig Pfund. Ganz unten – die Modelle müssen wir führen, Anordnung von ganz oben, aber sie sind nicht zu empfehlen.«

»Ich würde die Luxusvariante nehmen.«

»Gute Wahl.« Er nickte, beugte sich vor und öffnete einen Schrank, aus dem er einen Karton holte. »Ach, bevor ich es vergesse. Die meisten Anbieter haben inzwischen Abo-Modelle. Wenn Sie beispielsweise wollen, dass die Aufzeichnungen der Kamera in der Cloud gespeichert werden, kostet das zwischen fünf und acht Pfund im Monat.«

»Danke.«

»Kein Problem. Kann ich Ihnen sonst noch helfen?«

»Ja.« Mein Herz klopfte mit einem Mal ganz hinten in der Kehle. Ich holte eine der Kameralinsen aus meiner Handtasche. »Führen Sie so etwas auch?«

Er pfiff durch die Zähne und deutete auf die Linse. »Darf ich?«

»Natürlich.«

Er hob sie hoch und drehte sie zwischen den Fingern. »Wow, so eine habe ich noch nie live gesehen. Für unsere Kundschaft ist solche Technik nicht interessant – zu teuer. Viel zu teuer. Das ist, was wir ›Military Grade‹ nennen, Spezialausrüstung fürs Militär. Mein Boss kennt sich damit besser aus. Einen Moment.« Er gab mir die Kamera zurück. »Ihre Klingel lege ich schon mal an der Kasse hin.«

Er verschwand und ich wartete. Obwohl ich wusste, dass ich nichts falsch gemacht hatte, fühlte ich mich irgendwie schlecht, als würde ich etwas Illegales tun.

Der Boss entpuppte sich als Frau mit feuerrot gefärbten Haaren, ihr Namensschild identifizierte sie als »Katie«.

»Hallo, Sie haben eine Frage zur Ihrer Überwachungskamera? Daniel hat sich nicht ganz klar ausgedrückt.«

»Ähm, fast. Hier.« Ich hielt die kleine Kamera, Military Grade, wie ich jetzt wusste, hoch.

»Shit«, sagte sie und sah von der Linse zu mir. »Ex-Partner?«

»So in etwa. Ich habe fünf hiervon und vier Mikros in meiner Wohnung gefunden.«

Katie verzog das Gesicht. »Das hören wir in letzter Zeit immer öfter. Allerdings sind es meist Nanny-Cams und Apple AirTags. Das hier ist schon eher James-Bond-Level.«

»Ich habe ein bisschen gegoogelt, aber es scheint relativ aussichtslos zu sein, zur Polizei zu gehen, weil sie im Grunde nichts machen können. Deshalb dachte ich, dass ich vielleicht erst mal hier frage, ob es eine Möglichkeit gibt, die Dinger vielleicht zu ihrem Besitzer zurückzuführen? Über eine Seriennummer oder was auch immer es da gibt?«

Katie nickte. »Ich kann es mir zumindest mal ansehen. Ich wurde zwei Jahre lang gestalkt, sodass ich da leider mehr Erfahrung habe, als mir lieb ist. Wollen Sie mit nach hinten durchkommen? Ich müsste an meinen Laptop. Die Computer mit dem Kassensystem laufen praktisch noch auf Windows 95 – damit komme ich nicht weit.«

»Oh, okay. Danke.«

»Kein Problem. Ich wünschte, ich könnte mehr machen. Etwas zu trinken? Wasser, Kaffee, Tee?«

»Nein, danke.«

Katies Büro war winzig, und sie räumte mir eilig einen Stuhl frei, auf dem sich vorher Aktenordner gestapelt hatten. »Merkt man, dass ich die Inventur vor mir herschiebe?«

»Das klingt auch nicht gerade verlockend.« Ich setzte mich hin und versuchte, meinen jagenden Puls zu beruhigen. Es war relativ unwahrscheinlich, dass Katie mir gleich den Namen und die Adresse meines Angreifers nennen würde.

Sie warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu, weil sie offenbar wusste, dass mir nicht wirklich nach Small Talk zumute war. »Ich bin Katie.«

»Blanche.«

»Soll ich mir auch dein Handy ansehen?«

»Ich habe es selbst erst kürzlich durchgecheckt und nichts gefunden.«

»Verstehe.« Sie nickte langsam und tippte auf ihrer Tastatur herum. »Ich würde dir niemals unterstellen, dass du nicht gründlich warst, wenn du um deine Sicherheit und Privatsphäre besorgt bist, aber ich weiß genau, wonach ich suchen muss.«

»Okay.« Ich holte mein Handy aus der Handtasche und reichte es ihr. »Dann sollte ich meinen Laptop wahrscheinlich besser auch noch mal überprüfen, oder?«

»Am besten alles, was du hast. Smart-TV, Saugroboter, Zahnbürste mit Bluetooth und so einer App?«

Ich schluckte. »So langsam bekomme ich wirklich Angst.«

Katie schüttelte den Kopf. »Es ist andersherum. Sobald du weißt, was alles manipuliert werden kann, kannst du dich besser wehren. Ich habe auch einen Saugroboter und sogar einen Teekocher mit WLAN, den ich morgens noch im Bett über eine App starte – nur überprüfe ich alles regelmäßig gründlich.«

Das klang in der Tat beruhigend. »Kannst du mir zeigen, wie das geht?«

»Klar. Und außerdem folgen wir auch hier Ockhams Rasiermesser – die einfachste Theorie ist allen anderen vorzuziehen. In über neunzig Prozent der Fälle wird man auf dem Handy fündig. Das ist am leichtesten zu manipulieren. Es reicht schon, es einem Fremden in der Bar zu geben, damit er seine Nummer einspeichert. Er muss nur den richtigen Download im App-Store starten und die Tür ist sozusagen offen.« Sie drehte ihren Laptop um und zeigte auf eine Zeile Code. »Weißt du, was Code Injections sind?«

»Nein.«

»Hm, im Grunde sind es … Wie erkläre ich das vernünftig? Okay, angenommen, du meldest dich im Browser bei deinem Mailprogramm an. Du gibst deinen Benutzernamen und dein Passwort ein, zack, bist angemeldet. Nichts Auffälliges passiert. Eine Code Injection könnte aber zum Beispiel dafür sorgen, dass du mit der Anmeldung Malware auf deinem Computer oder deinem Handy installierst, weil jemand das Anmeldefenster sozusagen gehackt hat. Es passiert nichts, du siehst und merkst nichts davon, aber die Tür ist offen, weil jemand eine Schwäche im Code der Seite, auf der du dich befindest, ausgenutzt hat.«

»Verstanden.«

»Gut, dann hier die schlechte Nachricht – du hast dich gestern Nacht auf einer Website angemeldet, die genau das gemacht hat. Ein … Onlineshop? Die Anmeldedaten sind rausgegangen und reingekommen ist ein bisschen Malware. Die gute Nachricht: In den paar Stunden sind kaum Daten übertragen worden.«

Mir wurde schlecht. Katie konnte nicht wissen, dass ich gestern Nacht definitiv kein Onlineshopping betrieben hatte, weil ich bewusstlos gewesen war. Wer auch immer in meiner Wohnung gewesen war, hatte erst gestern Nacht Malware installiert.

So ungern ich das zugab, sprach es gegen Victor als Täter, denn er hatte vorher schon gewusst, wo ich mich mit Cooper verabredet hatte. Wenn er einen Weg hatte, mich auszuspionieren, wozu sollte er Malware auf meinem Handy installieren?

»Kannst du sehen, was für Daten das sind?«

»Textnachrichten, Kalender, eingehende und ausgehende Anrufe. Ortungsdienst.«

»Das heißt, wer auch immer das war, weiß gerade im Grunde, wo ich bin?«

»Ja. Ich kann es abschalten.«

»Nein«, brach es aus mir heraus. »Genau in diesem Moment bin ich einen Schritt voraus. Wenn du die Verbindung unterbrichst, weiß der oder die Unbekannte, dass ich die Malware gefunden habe. Ich kaufe mir einfach eine neue SIM-Karte und benutze mein altes Handy, bis ich weiß, wer dahintersteckt.«

»Smart.« Katie nickte. »Gut, dann schaue ich mir jetzt die Kameras an. Und ich habe etwas für dich.« Sie zog ihre Schreibtischschublade auf. »Das ist eine detaillierte Anleitung, wie du all deine Geräte überprüfen kannst. Wenn du etwas findest, sag mir einfach Bescheid. Hier ist meine Karte. Wir haben eine kleine Selbsthilfegruppe und treffen uns einmal in der Woche an immer wechselnden Locations. Du hast nämlich leider recht. Die Polizei kann erst tätig werden, wenn etwas passiert ist, und mich hat das Warten damals fast gekillt.«

Ich schloss die Finger um die Visitenkarte und konnte kaum in Worte fassen, wie viel die Geste mir bedeutete. »Danke.«

»Kein Ding. Und … egal was irgendwer sonst sagt – du bist nicht schuld daran, dass ein irrer Stalker dich belästigt. Bei mir war es damals ein One-Night-Stand, der das Konzept mit einer einmaligen Sache nicht verstehen wollte. Bei dem ersten Dutzend Besuchen bei der Polizei wurde mir praktisch gesagt, dass ich selbst schuld sei, weil ich unverbindlichen Sex gehabt habe, und mich nicht wundern müsste. Das Wort Schlampe wurde zwar nicht laut ausgesprochen, aber es hing ständig im Raum – in fetten Neonlettern.«