Morgen geht das Leben weiter - Evelyn Holst - E-Book
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Morgen geht das Leben weiter E-Book

Evelyn Holst

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Beschreibung

Was machst du, wenn der glücklichste Tag im Leben deiner besten Freundin gleichzeitig dein unglücklichster ist? Für ihre Freundin läuten die Hochzeitsglocken, doch für Britta ist es der reinste Regentag. Frisch verlassen wegen einer anderen Frau, ist ihr so überhaupt nicht nach Tanzen zumute. Selbst der gutmütige, aber unscheinbare Fotograf Helmut kann sie heute nicht aufmuntern. Doch dann scheint das Universum ihre Wünsche ausnahmsweise zu erhören und wenig später läuft Britta geradewegs ihrem Traummann in die Arme. Nur, ist er vielleicht zu schön, um wahr zu sein? Und warum wird Britta das Gefühl nicht los, dass sie womöglich einen kleinen, aber entscheidenden Wegweiser zum Glück übersehen hat? Tauchen Sie mit dem gefühlvollen zweiten Roman der Glückssucherinnen-Reihe in Brittas Geschichte ein – der Roman kann unabhängig vom ersten Band gelesen werden. »Ein tolles Buch zum Lachen und Weinen. Absolut lesenswert.« Neue Welt für die Frau

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Seitenzahl: 218

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Über dieses Buch:

Für ihre Freundin läuten die Hochzeitsglocken, doch für Britta ist es der reinste Regentag. Frisch verlassen wegen einer anderen Frau, ist ihr so überhaupt nicht nach Tanzen zumute. Selbst der gutmütige, aber unscheinbare Fotograf Helmut kann sie heute nicht aufmuntern. Doch dann scheint das Universum ihre Wünsche ausnahmsweise zu erhören und wenig später läuft Britta geradewegs ihrem Traummann in die Arme. Nur, ist er vielleicht zu schön, um wahr zu sein? Und warum wird Britta das Gefühl nicht los, dass sie womöglich einen kleinen, aber entscheidenden Wegweiser zum Glück übersehen hat?

Über die Autorinnen:

EVELYN HOLST studierte Geschichte und Englisch auf Lehramt. Nach dem ersten Staatsexamen arbeitete sie dreizehn Jahre als Reporterin für den »Stern«, u. a. als Korrespondentin in New York. Für ihre Reportage »Es ist so still geworden bei uns« wurde sie mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet. Seitdem verfasste sie zahlreiche Romane, die auch verfilmt wurden, sowie Originaldrehbücher für Fernsehfilme. Evelyn Holst ist mit dem Filmemacher Raimund Kusserow verheiratet, mit dem sie gemeinsam zwei erwachsene Kinder hat.

STEPHANIE OLSEN studierte Arabisch und Italienisch und arbeitete dann als Flugbegleiterin. Sie lebt in Hamburg und Abu Dhabi.

Evelyn Holst und Stephanie Olsen veröffentlichten bei dotbooks ihre Glückssucherinnen-Reihe mit den Romanen »Wenn das Leben anklopft« und »Morgen geht das Leben weiter«.

Bei dotbooks erscheint von Evelyn Holst außerdem:

»Ein Mann für gewisse Sekunden«

»Aus Versehen Liebe«

»Ein Mann aus Samt und Seide«

»Du sagst Chaos, ich sag Familie«

»Ein König für gewisse Stunden«

»Gibt’s den auch in liebenswert?«

»Der Mann auf der Bettkante«

Ebenfalls bei dotbooks erscheint Evelyn Holsts Hamburg-Krimireihe:

»Die Sünde – Alexa Martini ermittelt«

»Der Verdacht – Alexa Martini ermittelt«

»Das Verlangen – Alexa Martini ermittelt«

Gemeinsam mit Uschi von Grudzinski veröffentlichte Evelyn Holst bei dotbooks den Mallorcaroman »Küsse unter Mandelblüten«.

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eBook-Neuausgabe August 2024

Dieses Buch erschien bereits 2011 unter dem Titel »Punktlandung auf Wolke 7« im Diana Verlag.

Copyright © der Originalausgabe 2011 by Diana Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motives von © Adobe Stock / Andrea Izzotti sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-98952-037-0

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dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/support-children-and-young-people. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit gemäß § 31 des Urheberrechtsgesetzes ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Evelyn Holst & Stephanie Olsen

Morgen geht das Leben weiter

Die Glückssucherinnen, Band 2

dotbooks.

Für immer und ewig

… in guten wie in schlechten Zeiten.

Hört sich toll an.

Ist aber verdammt schwer.

Ganz besonders unter Freundinnen.

Besten Freundinnen.

Der glücklichste Tag im Leben von Steffi ist deshalb mein bislang vermutlich unglücklichster. Nichts ist dem Seelenfrieden einer unfreiwillig eingefleischten Junggesellin wie mir ja abträglicher als die Hochzeit der allerbesten Freundin. Klingt fies und eigensüchtig, ist es aber nicht, denn natürlich gönne ich ihr von Herzen, dass sie jetzt mit ihrem Mann Igor, russischer Heilpraktiker und Nachbar in Personalunion, den Bund fürs hoffentlich ganze Leben schließt. In der kleinen Barockkirche vor den Toren Hamburgs, in der sie unbedingt kirchlich getraut werden will, habe ich deshalb höchstpersönlich dafür gesorgt, dass die kleinen Blumenmädchen (von Freunden und Kollegen geborgt) sich nicht die Blumen aus den Körbchen klauen und dass Wölfchen, Steffis vorehelicher Sohn, sechs extrem niedliche, extrem anstrengende Monate alt, die feierliche Zeremonie nicht durch lautes, zahnloses Schreien stört. Nein, nicht mit einem Mundknebel, aber mit einem zuckerfreien Lolli.

Da ich meinen Status als allerbeste Freundin nicht aufs Spiel setzen möchte, habe ich mich keiner noch so schmerzlichen (für mich) Hochzeitsvorbereitung verweigert, und das, obwohl mich Paul, mein letzter Lover, fünf Tage vor dem Standesamt nach drei Monaten wegen einer Brasilianerin verlassen hat, weil, wie er behauptet: »… es mit den Südamerikanerinnen im Bett einfach besser läuft. Ihr deutschen Frauen seid so nordeuropäisch krampfig in den Hüften! Muss eine genetische Fehlprogrammierung sein, du kannst nichts dafür, Schatz. Lass uns Freunde bleiben.«

Wenn ich diesen Satz aus Männermund noch einmal höre, werde ich zur Massenmörderin!

In einer Stimmung allerschwärzesten Liebeskummers, präziser formuliert, Liebesärgers, wenn nicht sogar rasender Liebeswut, habe ich trotzdem mit einem sonnigen Lächeln, das ich bis in die Zahnwurzeln spürte, die Tischkarten beschriftet, den Blumenschmuck ausgewählt und die Namenskärtchen der Gäste für die Sitzordnung hin und her geschoben. Ich habe es mir nicht anmerken lassen, dass ich im Moment weniger denn je an ein dauerhaftes Liebesglück zwischen zwei Menschen glaube, ich vielmehr Männer derzeit für die treuloseste und überflüssigste Spezies halte, die der liebe Gott, natürlich auch ein Mann, erschaffen hat. Im Gegenteil, ich habe die ganze Zeit so gelächelt, dass mein Unterkiefer Muskelkater hat.

Daher wird mir wohl niemand verübeln, dass ich mir jetzt, nachdem ich das Standesamt, die Kirche und alle Reden überstanden habe, einen doppelten, eher ins dreifache tendierenden Whiskey genehmige. Prostata, wie mein Vater sagen würde, ein im Grunde ekelhafter Männertrinkspruch. Zum Glück sieht Igor noch nicht so aus, als ob er damit schon Probleme hätte.

Am anderen Ende des Tisches sitzt das glückliche Brautpaar und ist noch immer schwer verzückt voneinander. Ich weiß nicht, ob es anderen Menschen ohne Amorpfeil im Hintern auch so geht, aber verliebte Menschen sehen für mich immer ein bisschen wie Kühe aus, glücklich und zufrieden, doch auch ein bisschen dämlich. Kein großer Trost, aber ein klitzekleiner, immerhin.

Um Missverständnissen gleich vorzubeugen – natürlich gönne ich Steffi ihr Glück. Aus ganzem Herzen. Gerade weil sie es sich so schwer erkämpft hat.

Sie ist Flugbegleiterin, genau wie ich, und wollte eigentlich einen gewissen Wolf Clausen, den attraktivsten Piloten dies- und jenseits des Äquators, heiraten. Ich hatte damals auch ein winzig kleines Auge auf ihn geworfen und war ein bisschen eifersüchtig, dass ausgerechnet sie ihn sich geschnappt hatte, schließlich ist sie weder hübscher noch blonder, noch hat sie wesentlich mehr in den Körbchen als ich.

Sorry, das soll nicht zickig klingen, bin wohl doch etwas angenervter, als ich dachte. Besser, ich hole mir noch einen Doppelten von der Bar. Nee, geht nicht, da steht schon Helmut, ein alter Schulfreund der Braut und nicht gerade erfolgsverwöhnter Fotograf (seine Spezialität sind Kleinanzeigen für geriatrische Produkte), und winkt mir zu. Ach, wie gern wäre ich jetzt unsichtbar. Zu spät.

»Hallo, schöne Frau! Na, wann heiraten wir beide denn endlich? Was Besseres als uns finden wir ja sowieso nicht mehr!«

Ich lächele mein kleines Raubtierlächeln, von dem ich hoffe, dass es das dicke Frettchen, dem das Brusthaar aus dem Hemd quillt, möglichst für immer abschreckt.

»Wenn die Hölle überfriert, George Clooney«, erwidere ich zuckersüß und kippe meinen Doppelten auf ex.

»Du hast mal wieder völlig recht.« Das muss der Neid ihm wirklich lassen, empfindlich ist dieser Mann nicht, oder einfach nur total unsensibel? »Wozu heiraten? Mir reicht die Hochzeitsnacht. Wie wär’s damit? Gleich nach der Feier? Zu dir oder zu mir?«

Die Vorstellung ist so absurd, dass ich laut lachen muss. Helmut und ich, also – bei aller nicht vorhandenen Liebe! Klar weiß ich, dass ich in der Liebeslotterie nicht mehr das ganz große Los bin und leider nie war, aber ich bin auch noch nicht die »Sie haben leider eine Niete gezogen«–Frau. Vielleicht eins der kitschigen Plastikteile, die man auf dem Jahrmarkt … stopp – dieser Gedanke darf jetzt nicht vertieft werden.

»Ein andermal, aber dann bis die Laken glühen, Cowboy«, flüstere ich deshalb Helmut ins Ohr und stürze mich wieder ins Getümmel.

Wo bin ich unterbrochen worden?

Ach ja, bei Steffis Liebesdramen. Sie und Wolf, das war wirklich die ganz große Liebe. So eine, die sich nicht in Frage stellt, sondern einfach da und über alles erhaben ist. Eine, die eine Frau so schön wie nie macht, bei der alles gut und richtig ist. Also eine, wie ich sie noch nie erlebt habe und, so wie es aussieht, auch nie erleben werde.

Doch dann passierte damals etwas ganz Schreckliches.

Kurz vor der Hochzeit starb Wolf auf einem Gewürzmarkt in Dubai bei einer Messerstecherei, Steffi war bereits schwanger, was sich aber erst nach Wolfs Beerdigung herausstellte. Igor tröstete sie – et voilà! Die Liebe schlug zu.

Steffi hat eben eindeutig mehr Glück mit den Männern als ich. Wie viele Frösche, glatzköpfige, weichwampige, knorpelfüßige, mundgerüchige, geizige und fremdgängerische Kröten ich schon geküsst habe, kann ich gar nicht mehr zählen. Man sieht bei einem Mann ja immer nur die äußerlichen Pickel und Warzen, die innerlichen sind leider unsichtbar. Deshalb ist bei mir noch kein Frosch zum Prinzen avanciert, auch nicht, nachdem ich mit ihm im Bett war! Um mich herum wird sich eifrig gepaart und geheiratet, dann werden Kinder in die Welt gesetzt, nur ich bin noch Single!

Fühle mich langsam wie aussätzig. Will endlich auch einen Mann! Und zwar zur Abwechslung mal den Richtigen! Lecker, dieser Whiskey … Oh Gott, da kommt Helmut schon wieder an … dieses Funkeln in seinen Augen bedeutet nichts Gutes. Oder doch?

Kapitel 1

Der Tag nach einer Hochzeit ist für eine unverheiratete Frau in den allerbesten Jahren (wann fingen die eigentlich an, wann hörten sie auf?) ja immer eine heikle Sache. So eine Mischung zwischen Erleichterung, weil es vorbei war, und unerfüllter Sehnsucht, weil es wieder nicht man selber war, die jetzt neben dem Mann ihres Lebens aufwachte und in die Flitterwochen fuhr. Und wenn man wie ich diese Hochzeit größtenteils im Zustand wachsender alkoholisierter Auflösung verbracht hatte, drohte zusätzlich der Anblick im Spiegel.

Dank meiner starken Kurzsichtigkeit sah ich ohne meine Kontaktlinsen alles wie durch einen weichen, grauen Schleier, jedenfalls bis zum Moment des Einsetzens, aber da ich dies immer erst tat, kurz bevor ich meine Wohnung verließ, ersparte ich mir viel optisches Herzeleid.

Nur im Fall von männlichem Übernachtungsbesuch schlief ich vorsichtshalber mit meinen Kontaktlinsen, weil ich es peinlich fände, morgens aufzuwachen und statt »Hallo, Paul« womöglich »Hallo, Leo« zu sagen. Manchmal wäre es allerdings günstiger gewesen, die männliche Beute nicht im harschen Morgenlicht betrachten zu müssen. Dann wüsste ich jetzt zum Beispiel nicht, wie viele und wo überall Männern, übrigens auch schon in jüngeren Jahren, Haare aus Nase und Ohrmuscheln sprießen können. Vielleicht sollte ich aber auch in Zukunft bei meinen Galanen, ein Lieblingswort meiner Omi, einfach auf den alten Männertrick zurückgreifen und sie alle »Liebling«, »Hase« oder »Schatz« nennen.

Am Morgen nach Steffis Hochzeit fühlte ich mich jedenfalls, noch bevor ich die Augen aufschlug, wie Labskaus mit Pickeln, außerdem hatte ich brüllende Kopfschmerzen. Blind tastete ich nach dem Handspiegel, der auf meinem Nachttisch lag, und hielt ihn mir dicht vor die Nase, dann hob ich mühsam meine verklebten Augenlider. Meine Güte, sah ich schifferscheiße aus! Tiefdunkel erinnerte ich mich an meine Jugendblüte, als ich noch unabgeschminkt ins Bett ging, täglich mindestens eine Schachtel Zigaretten qualmte und trotzdem morgens wie eine Rose aussah. Vom Winde verweht, diese glückliche Zeit, die man damals für selbstverständlich hielt. Jetzt bin ich schon froh, wenn ich vor dem Schminken nicht wie ein depressiver Kaktus aussehe.

Mein Schädel schmerzte, als hätte Igor, Steffis Liebster, ruppig und grob all seine Akupunkturnadeln in mein Hirn gestochen, vielleicht um mir meine unfestlichen, bösen und männerfeindlichen Gedanken daraus zu vertreiben, aber dann fielen mir die viel zu vielen hochprozentigen Grüße an meinen Papa wieder ein, und ich musste die Schuld für meinen Zustand leider bei mir selbst suchen.

Aber es sollte noch viel schlimmer kommen.

Als ich stöhnend meinen schmerzenden Kopf hochzuheben versuchte, leuchtete mir vom Nachbarkopfkissen verschwommen ein verschlafenes Gesicht entgegen, aus dem es heiser grunzte. Offenhörig ein Mann. Wer war das? Ich rückte ganz nah an ihn heran und betastete ihn vorsichtig.

War das ein schönes Aufwachen! Und ich wäre fast nicht zu dieser kitschigen Hochzeit gegangen, ohne Date war das keine Veranstaltung, auf die ich große Lust hatte, all diese Paare und so viel Liebe in der Luft. Das war nichts für den kleinen Helmut. Aber der Abend verlief super, und als Krönung hatte ich Britta, nun eigentlich eher sie mich, abgeschleppt, nur darauf kam es an. Ich fand sie schon lange richtig scharf, aber bis gestern hatte sie mich immer abblitzen lassen. Schlimmer, sie hat mich total ignoriert. Was mich emotional nicht in die Knie zwang, Kummer mit Frauen bin ich gewöhnt. Umso erstaunter war ich, als ich dann neben ihr aufwachte!

Und sie sah so süß aus, noch ganz verschlafen, sie streckte die Arme nach mir aus, wollte sich wohl einen Nachschlag holen, kein Problem, ich war bereit! Die Augen hielt ich lieber geschlossen, weil ich so unschuldiger aussah als mit offenen. Und Unschuld kam immer gut bei Frauen, das wusste ich.

»O Gott, bitte nicht!« Ich zuckte zurück, böse Bilder stiegen in mir auf, die ich sofort wieder verdrängte. »Das darf doch wohl nicht wahr sein!« Wieder grunzte es.

»Guten Morgen, meine Rosenknospe, die Dornen schon wieder in Stellung?«, sagte das grunzende Wesen neben mir. Blind griff ich zum Nachttisch, setzte meine Brille auf und stieß einen kleinen, sehr unpassenden, sehr uncoolen Schrei aus.

»Du siehst auch nicht viel besser aus«, grinste Helmut und rückte näher, »aber egal. Ich hätte Lust auf Nachschlag. Du auch?«

Er schlug seine Bettdecke zurück, mühsam unterdrückte ich einen zweiten Schrei, der liebe Gott hatte ganz offensichtlich fehlende Schönheit durch etwas anderes wettgemacht. Helmut hatte ein Mörderteil, Betonung auf Mord!

»Na los, meine Wunderschöne, kleine Nummer und dann großes Frühstück«, forderte er mich auf, und ich hätte liebend gern aufs Kopfkissen gekotzt.

Aber es war mein Kopfkissen, ich müsste die Schweinerei anschließend selber wieder in Ordnung bringen, also konzentrierte ich mich jetzt lieber auf blitzschnelle Schadensbegrenzung. Zuallererst musste ich meinen ungebetenen (wobei ich Letzteres leider wegen meines Filmrisses nicht punktgenau beschwören könnte) Übernachtungsgast loswerden, und zwar pronto. Vorher allerdings hätte ich gern noch gewusst, was genau passiert war und was ich ab sofort energisch würde verdrängen müssen.

»Erst mal Kaffee, dann …« Meine krächzende Stimme blieb mir einfach im Halse stecken, also flüchtete ich in die Küche, griff mit zitternden Händen zur Kaffeedose und setzte einen Kaffee mit doppelt so viel Pulver wie sonst auf, denn die Nebelschwaden um mein schmerzendes Hirn mussten sich endlich lichten.

»Komm Kuscheln«, ich zuckte zusammen, als Helmut plötzlich in der Küche stand und mich von hinten umarmte, »du bist noch so mollig bettwarm, der kleine Helmut liebt das. Der große natürlich sowieso.«

Er lachte, was sich an diesem Unglücksmorgen wie das Kratzen eines schmutzigen, eingerissenen Fingernagels auf der Wandtafel anhörte.

Mein erster Impuls war, ihm eine saftige Ohrfeige zu verpassen, doch dann siegte mein Gerechtigkeitssinn. Ich erteilte der amtierenden Zicke in mir Rede- und Handlungsverbot. Helmut war völlig unschuldig an der Situation – er hatte sich nur genommen, was die Schlampe in mir ihm offensichtlich angeboten hatte, das konnte ihm nun wirklich keiner übel nehmen. Ich war die Böse. Die sich vermutlich total danebenbenommen hatte und jetzt versuchen musste, möglichst charmant aus dieser Zwickmühle wieder herauszukommen.

»Kaffee? Mit Milch und Zucker?« Wie oft hatte ich diesen Satz schon gesagt, in allen möglichen Sprachen, im Luftraum über allen Kontinenten und Weltmeeren. Manchmal schien mir mein Leben hauptsächlich aus diesem einen profanen Satz zu bestehen, eine erschreckende Lebensbilanz mit über dreißig. Aber er zeigte wieder einmal Wirkung. Helmut lächelte mich glücklich an, und ich dachte kurz, also rund 20 kg weniger, dann wären Bauch und Männertitten weg, und dazu ein kleiner Dreitagebart und eine neue Frisur, hhmm, gar nicht mal so übel …

»Schwarz wie deine Fußsohlen«, sagte Helmut, »kein Wunder, wir haben ja auch die ganze Nacht barfuß getanzt.«

Ich versuchte, die peinigend deutlichen Erinnerungen, die bei seinen Worten in mir aufstiegen, durch einen möglichst entspannten Gesichtsausdruck zu kaschieren, und während ich mit der Kanne, den Löffeln und den Bechern herumhantierte, überlegte ich verzweifelt, wie ich die entscheidende Frage formulieren sollte.

Er kam mir zuvor. »Danke übrigens für die schöne Nacht! Du hast mich sehr glück…«

»WIE glücklich?«, platzte ich heraus. Er lächelte, und ich stellte ein bisschen widerwillig fest, dass er ein gar nicht mal so übles Grübchen im Kinn hatte. Das einzig gar nicht mal so Üble an ihm.

»Du weißt natürlich längst, dass du eine Offenbarung im Bett bist?«, fragte er und nahm mir die Kaffeetasse aus der Hand, trank sie leer, heiß wie sie war, und hielt sie mir wieder hin.

Ehrlich gesagt, erinnerte ich mich nur noch sehr nebulös an die Wonnen der vergangenen Nacht. Nur an eine sehr weiche Haut und an sehr erotische Seufzer. Oder war alles nur ein schöner Traum gewesen, hatten wir beide nur volltrunken nebeneinander geschlafen und sonst gar nichts? Offenbarung im Bett! Ein ziemlich blöder Satz, aber ich hatte noch keine Frau erlebt, die ihn nicht gern hörte. Britta war ganz offensichtlich keine Ausnahme.

»Oh! Tja, danke.« Ich musste zugeben, dass ich trotz allem auf einmal ganz außerordentlich geschmeichelt war, das hatte mir noch niemand gesagt.

Nur schade, dass ich selbst nichts von meinen Qualitäten gehabt hatte.

Wir hatten also. Und ich war eine Granate im Bett. Von Brad Pitt hätte ich das zwar lieber gehört, aber ich war ja auch keine Angelina Jolie. Außerdem hatten die beiden dauernd Stress. Schön bescheiden bleiben, Britta, sonst geht es dir wie Fischers Fru, und du landest im Pisspott. Obwohl – männermäßig war ich da ja schon.

Eine Stunde später hatte sich Helmut mit einem viel zu innigen Kuss von mir verabschiedet, er hatte mich quasi überrumpelt, und so mit geschlossenen Augen war es … nun, gar nicht so unangenehm, er hatte volle, weiche Lippen, ich hatte sogar ein bisschen zurückgeküsst. Aber nur ein bisschen, schließlich wollte ich keine Gefühle wecken, wo ich selbst keine erwiderte.

Ich ging unter die Dusche, wo ich eine gefühlte Stunde lang blieb und beschloss, das Thema Männer und Sex erst mal abzuhaken. Keine halben oder viertel Sachen mehr. Sollten andere Singlefrauen Frösche küssen, bis sie Blasen an den Lippen hatten, ich würde eine Liebespause einlegen. So lange, bis mein Prinz kam. Und wenn er nicht kam, würde ich eben zu einer alten Jungfer vertrocknen.

So wie meine Patentante Käthe, die immer sagt: »Als der liebe Gott den Mann erschuf, muss er betrunken gewesen sein. Stockbetrunken.«

Als ich, völlig verschrumpelt, aber supersauber, aus der Dusche stieg, klingelte mein Telefon. Ich ging nicht ran, weil ich Helmut vermutete. Oder meine Mutter, die mich fragen wollte, ob ich vielleicht einen netten, jungen Mann auf der Hochzeit kennengelernt hätte. Ihren Lieblingssatz »Du wirst nicht jünger, Schätzelchen« konnte ich jetzt beim allerbesten Willen nicht ertragen. Der Anrufbeantworter sprang an. Es war Steffi. Ich hörte noch ihr »Wollte dir nur kurz sagen, dass wir gerade in unserem traumhaften Hotel in Venedig …«, bevor ich das Zimmer verließ. Ich war einfach nicht in der Stimmung für Liebesglück in Venedig, zu diesem Thema fiel mir höchstens der Filmtitel »Wenn die Gondeln Trauer tragen« ein, und das würde Steffi jetzt nicht witzig finden.

Kapitel 2

Am nächsten Morgen weckte mich mein Radiowecker mit dem Wetterbericht: »… Nieselregen, böiger Wind, einige sonnige Momente …« Na großartig. Schlechtes Wetter macht mir in der Regel nicht viel aus, schließlich bin ich als echte Hamburgerin in dieser Hinsicht Kummer gewöhnt, aber mein seelischer Kater hatte sich seit gestern eher noch verschlimmert. Ich duschte kurz, zum Schluss eiskalt, diese Gewohnheit stammt noch aus meinen Kindertagen, mein Vater hatte für Warmduscher immer nur tiefste Verachtung übrig, und Papis Meinung war für mich Gesetz. Und ich fühlte mich auch sofort etwas besser, der Tag konnte beginnen. New York stand auf dem Dienstplan, meine absolute Lieblingsstadt, die mich, da war ich sicher, von meinem allgemeinen Liebes- und Lebenselend ablenken würde. Meine Uniform lag bereit, die Schuhe waren geputzt, jetzt noch Haare föhnen und schminken, dann sah ich so aus, wie meine Fluggesellschaft sich das vorstellte – fleißig, adrett, belastbar.

Auf dem Weg zum Flughafen besserte sich meine Stimmung von Sekunde zu Sekunde. Ich liebe meinen Job, und bin jeden Tag froh, nicht Lehrerin, sondern Flugbegleiterin geworden zu sein. Ich hatte nach dem Abitur zwei Semester Germanistik und Englisch auf Lehramt studiert, aber dann hatte Steffi, schon damals meine beste Freundin, diese Anzeige entdeckt, in der Flugbegleiter gesucht wurden, und wir hatten uns beide kurz entschlossen beworben. Statt in ungelüfteten, seit 30 Jahren nicht renovierten Klassenzimmern zu stehen und in die zutiefst gelangweilten Gesichter meiner Schüler zu blicken, waren meine Tage jetzt wie ständig wechselnde Überraschungseier. Zwar sind die Arbeitsabläufe immer dieselben, aber jede Crew ist anders zusammengesetzt, die Flugziele sind vielfältig und die Passagiere natürlich immer wieder andere. Es könnte, rein theoretisch, jemand ganz Spannendes auf jedem Flug sein, es könnte alles Mögliche passieren, wie bei einem Kaleidoskop, das bei jeder neuen Drehung ein weiteres schönes Mosaik bildet. Hab ich das nicht einfach wunderbar ausgedrückt?

Ich freute mich sehr auf New York, ich war schon oft dort gewesen, kannte mich inzwischen so gut aus, dass ich nicht mehr mit zurückgelehntem Kopf, »Ohhhhhhh« seufzend, auf der 5th Avenue stand und die Wolkenkratzer bestaunte. Oder die typischen Touristenfehler beging und mich mit einer Kutsche durch den Central Park fahren ließ, weil die nur von alten, müden Pferden gezogen werden, die derart stinken, dass man heilfroh ist, wenn der Kutscher endlich wieder anhält und seine meist schmutzige Hand nach dem Trinkgeld ausstreckt.

Aber da der Big Apple bekanntlich eine Stadt ist, die niemals schläft, gibt es jedes Mal wieder eine Menge Neues zu entdecken, eine hippe Bar, eine angesagte Ausstellung, ein Musical am Broadway – irgendein Kollege hat immer einen Geheimtipp parat. Wer sich also in dieser Stadt langweilt, hat selber Schuld. Der einzige Wermutstropfen sind die Männer: attraktiv, super gepflegt, durchtrainiert, sehr sexy – und fast alle schwul. Warum immer nur die attraktiven Männer schwul sind und die Helmute dieser Welt nie, war eine Frage, die mir das Universum leider nicht beantworten konnte.

Genauso schwul wie viele meiner Crewkollegen, was mein Berufsleben nicht aufregender machte. Es ist einfach total demoralisierend, wenn man in freundliche Männeraugen blickt, die absolut frei von Begehren sind. So wie bei meinem letzten New-York-Besuch, als ich mit meinen Kollegen in Xes Lounge saß, einer Schwulenbar, die gerade »Desperate Housewives«-Night hatte. Ich war die einzige Frau unter hemmungslos knutschenden Männern, was ich eine halbe Stunde lang ganz witzig fand, aber dann nicht mehr aushalten konnte. Keiner sah mich, keiner wollte mich! Keiner hatte mich lieb! Sehr deprimiert habe ich anschließend in meinem Hotelzimmer die halbe Minibar geleert und überlegt, ob ich nicht alterslesbisch werden sollte.

Am Flughafen parkte ich meinen knallroten UraltMini auf dem Mitarbeiterparkplatz, nahm meinen Koffer aus dem Wagen und ging zum Hauptgebäude unserer Firma, wo neben vielen Büros auch der Crew-Check-in untergebracht ist. Ich trug mich in die Liste für den New-York-Flug ein und scannte schnell die anderen Namen. Ich kannte etwa die Hälfte der Crew von anderen Flügen, keine Diven, Zicken oder Muffelköpfe dabei. Das versprach ein entspannter Flug zu werden. Ich war früh dran und beschloss, noch auf einen Cappuccino in unsere Kantine, den sogenannten »Blauen Salon«, zu gehen, der seinen Namen wohl der Farbe unserer Uniform verdankt, denn Alkohol wird dort leider nicht serviert.

Keine so gute Idee. Ich wollte mich gerade an einem der Tische niederlassen, da schaute ich in das süffisante Grinsen unseres Kollegen Holger Winter, der auch auf der Hochzeit gewesen und dem ganz sicher nicht entgangen war, mit wem ich die Feier verlassen hatte. Ihn, den berüchtigten Großmeister des Klatsches und Tratsches, hätte ich im Moment lieber nicht getroffen, aber da kam er schon grinsend auf mich zu.

»Schätzchen, du siehst fan-taaas-tisch aus, gut durchblutet, wenn ich das mal so formulieren darf … Ja, so eine Hochzeit beflügelt allerseits die Hormone, findest du nicht?«

Ich zwang meine Gesichtsmuskeln in eine freundliche Form, eine oft erprobte Fähigkeit, die mir im Job immer wieder sehr nützlich ist, und nahm ihm voll den Wind aus den Segeln. »Allerdings, du sagst es. Schade, dass dir das nichts genützt hat! Dieser Rainer, auf den du deine beiden Äuglein geworfen hattest, soll sich ja partout geweigert haben, es mal mit einem Mann zu probieren. Dein Bekehrungsversuch ist wohl voll in die Hose gegangen. Oh, entschuldige die unpassende Wortwahl.«

Ich strahlte ihn an, ja, offensichtlich ein Volltreffer, sein Grinsen verrutschte, und wir beiden Liebesverlierer tranken schweigend unseren Kaffee aus.

»Also dann, ich muss jetzt los, nach New York. Und du?«

»San Francisco, also guten Flug, Süße!« Wir küssten uns rechts und links auf die Wange, wir Flieger sind eben berufsbedingt ein freundliches Völkchen, das vieles versteht und wenig übel nimmt, dann machte ich mich auf ins Briefing.

Vor jedem Flug findet so ein Briefing statt. Die Crew lernt sich kennen, dann werden zuerst die Arbeitspositionen verteilt. Wie die meisten meiner Kollegen habe ich da so meine Vorlieben, ich mache zum Beispiel ungern die Küche, dort hat man mit den Passagieren kaum etwas zu tun, und ich liebe das Bad in der Menge. Auch die Bordverkaufspositionen, bei denen man für den zollfreien Verkauf von Zigaretten, Parfums und immer mehr Luxusschnickschnack zuständig ist, sind unbeliebt, wer in Mathe früher eine Fünf hatte, überlässt diesen Teil der Arbeit meist lieber den anderen, denn Fehlbestände in der Kasse müssen wir aus unserem Privatportemonnaie ausgleichen.