Populäre sächsische Hofgeschichten - Henner Kotte - E-Book

Populäre sächsische Hofgeschichten E-Book

Henner Kotte

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Beschreibung

"Zu Dir, o König, schaut in Treuen dein glücklich Sachsenvolk empor." – Der Sachsen Dank an die Monarchen des Landes ward stets hochgehalten, und ein bisschen Monarchie ist bis heute in Sachsen geblieben. 900 Jahre standen die Wettiner dem Lande vor. In Dresden sind alle einstigen Herrscher des Fürstenhauses im Fürstenzug auf Meißner Porzellan verewigt. Sachsenkönige lieferten sich sagenhafte Schlachten, protzten mit Prunk und hinterließen sehenswerte Burgen, Schlösser und Verließe. Landeskinder erzählen gern von den Monarchen. Manche der überlieferten Hofgeschichten haben sich genau so abgespielt: So liebte August der Starke das weibliche Geschlecht und fraß. Sein Sohn zelebrierte im Jahre 1719 eine himmlische Planetenhochzeit. König Johann dichtete, und Königin Carola handelte wie eine gute Fee. Auch anderer Nationen Herrscher waren dem Sachsenland verbunden: Schweden, Polen, Preußen. Und Sachsens einstiger Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wird noch heute "König Kurt" genannt. Henner Kottes lustvoll zusammengetragenen Fakten, Schnurren, Halbwahrheiten und Tipps zu Originalschauplätzen bieten eine informative sowie unterhaltsame Lektüre und sind eine Hommage an die Sachsen und ihre Regenten – getreu dem Motto: "Dein edles Herz, das uns entflammt: Noch ferne Tage werden loben den Segen, der von Dir entstammt!"

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Henner Kotte

Populäre

sächsische

Hofgeschichten

Bild und Heimat

eISBN 978-3-95958-778-5

1. Auflage

© 2019 by BEBUG mbH / Bild und Heimat, Berlin

Umschlaggestaltung: BEBUG mbH / Bild und Heimat, Berlin

Umschlagabbildungen: links oben: Augustus III., Öl auf Leinwand, Pietro Rotari, Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden; rechts oben: Maria Josepha, Erzherzogin von Österreich, Öl auf Leinwand, Anton Raphael Mengs, Museo Nacional del Prado; rechts Mitte: August der Starke, Öl auf Leinwand, 18. Jhdt., Burg Stolpen: © Wikimedia Commons; unten: Residenzschloss Dresden mit Wettiner Obelisk: Postkarte aus dem Privatarchiv von Eberhard Hofmann, Chemnitz.

Ein Verlagsverzeichnis schicken wir Ihnen gern:

BEBUG mbH / Verlag Bild und Heimat

Alexanderstr. 1

10178 Berlin

Tel. 030 / 206 109 – 0

www.bild-und-heimat.de

Der Sachsen Dank

Zu Dir, o König, schaut in Treuen

Dein glücklich Sachsenvolk empor.

Was Du ihm bist, in immer neuen

Und freud’gern Liedern quillt’s hervor,

Wie auch des Schicksals Lose fallen

In Zukunft unserm Vaterland:

Um Deinen Thron die Fahnen wallen,

Gelobend hebt sich Herz und Hand.

In großer Zeit hast Du gerungen

Für unser Reiches Herrlichkeit.

Um Deine Stirne ist geschlungen

Der Lorbeerkranz für alle Zeit.

Drum, wenn sich ringsum Wolken türmen,

Blickt man auf Dich voll Zuversicht:

Du Säul’ des Reichs, erprobt in Stürmen,

Wir rufen’s stolz: Du wankest nicht!

Nun ist in goldnen Friedenjahren

Dein königliches Haar gebleicht.

Das höchste Glück hast Du erfahren,

Dem wohl auf Erden keines gleicht;

Nicht einsam stehst Du auf dem Throne,

Fremd Deinem Volk und Deiner Zeit:

Nein, jugendfrisch trägst Du die Krone,

Die Du dem höchsten Dienst geweiht!

Was Deines Volkes Wohlfahrt mehrte,

Mit Vatersinn brachst Du ihm Bahn.

Was Edles uns die Kunst bescherte,

An Deinen Namen knüpft sich’s an.

So ist’s Dein Geist, der uns erhoben,

Dein edles Herz, das uns entflammt:

Noch ferne Tage werden loben

Den Segen, der von Dir entstammt!

Und Dir, o Königin, gebühret

In gleicher Treu der tiefste Dank,

Den Dir so manches Herz gerühret

Im Stillen widmet lebenslang!

Wir brauchten des nicht Zeugnis geben,

Was innig jeder Mund bekennt:

Du weihtest Dein erhabnes Leben

Dem Volke, das Dich Mutter nennt!

Wann hätte je die Not gefunden

Dich, hohe Frau, nicht hilfsbereit?

Und für des Unglücks tiefe Wunden

Fandst Du nicht Balsam alle Zeit?

Die Armut ging mit reichen Gaben

Von Deiner königlichen Thür:

Ihr Dankblick möchte reich Dich laben!

O sei gesegnet für und für!

Heil uns, daß wir die Zeiten schauen,

Die unsre Väter einst erharrt,

Und treuen Sinns am Werke bauen

Im Friedensglück der Gegenwart!

Heil Dir, dem edlen Fürstenpaare!

Du schreitest uns auf lichter Bahn

Für alles Große, Gute, Wahre

Mit königlichem Sinn voran!

Rudolf Schlitterlau

Herrschaftszeiten und -geschichten

Stumme Denkmale, geschwätzige Sagen, öffentliche Urkunden und Actenhaufen der Archive, Berichte von Augenzeugen, Jahrbücher von gleichzeitigen, Sammlungen der Nachkommen sind die eigentlichen Spuren entwichener Geschlechter. Obschon sie übrigens oft nicht mehr als die Fußtapfen enteilter Wanderer, die Puppen ausgeflogener Schmetterlinge, die Zellengebäude erstarrter Bienen oder die abgeworfenen Costüme, Masken, Schminktöpfchen und Rollenbücher einer entlaufenen Schauspielergesellschaft sind, deren größtes Angedenken in ihren hinterlassenen Schulden verblieb, so kann sie doch die Geschichte nützen und auf ihrem Felde palingenisiren.

Wilhelm Schäfer

Der letzte König Sachsens, Friedrich August III., dankte im November 1918 mit den legendären Worten ab: »Na, dann macht doch eiren Dreck alleene!« Doch wirklich ganz gegangen ist der König nie; ein bissel ein Königreich ist Sachsen auch danach geblieben. Dresden gilt immer noch als die »Residenz«. Einen Ministerpräsidenten nennt der Volksmund gern »König« und seine Frau ganz einfach »Mutti«. Und immer wieder tauchen die alten Geschichten aus dem Königshause auf. Die erzählt man auch heute landauf, landab. Sie sind unvergessen, und damit dies so bleibt, ist dieses Buch geschrieben. Ob die Geschichten stattgefunden haben, ob sie ausgedacht sind – es ist egal, denn eine Sehnsucht ist dem Freistaat Sachsen eigen, die ihn in eine Reihe mit den Königshäusern Englands, Frankreichs oder Schwedens stellt. Gern verweist man auf die Pracht, die August der Starke Sachsen hinterließ, auf die Galerien und die Schätze. Man vergleicht sich mit dem Zarenhof Sankt Petersburgs, mit Frankreichs Sonnenkönig, mit dem Prado in Madrid. Parallelen sind durchaus zu finden, denn Spuren haben die Regenten Sachsens hinterlassen in den Museen wie in den Köpfen. Noch immer ist der Sachse den Preußen gram, die ihre Kriegsgewinne zum Schaden sächsischen Landes und zum Schaden seiner Kassen nahmen. Und was tat Preußen? Es verbreitete übers Sachsenland Gerüchte vom Kaffeesachsen bis zu Augusts vielen Kindern. Dabei zog Berlin die Sachsen immer an, ob in die Künstlerszene, zur »FDJ-Initiative Berlin«, ob in die Ministerien oder Universitäten. Und dann, es ist fast unverschämt: Sachsenkinder wurden zu Preußens Inbegriffen – Funkturm, »Berliner Luft« und Zillebilder. Wirklich: All das schufen Sachsen an der Spree! Selbst der Fluss – ein Sachsenkind. Aber, erst recht im Glück und in ferner Gegend, der Sachse kann von seinem Heimatlande nicht wirklich lassen. Auch die Spree kehrt ins Sachsenwasser der Elbe zurück. Und wenn dem Fortgezogenen die Rückkehr schlicht unmöglich ist, erzählt er sich von seiner königlichen Heimat Anekdoten, Schnurren, all die Geschichten von Fürsten, Prinzessinnen und den Skandalen, die vielleicht doch (nie) wahr gewesen sind. Natürlich erzählen sie die in der Heimat Gebliebenen erst recht! Wir auch.

Sagenhaft: Tausend Jahre Sachsen

Seit jeher kämpfen Herrscher gegen andere Völker, um politisch Macht und Einfluss sowie Territorium zu gewinnen. Karl der Große (*747; †814) führte die Sachsenkriege, um sein großes Reich noch größer zu machen und die Verbreitung des Christentums zu fördern. Doch begegneten dem neuen Glauben viele germanische Stämme mit Unverständnis und Angst, sollte man den alten Göttern doch abschwören und dem neuen Herrn seinen Zehnten geben. Vor allem die Sachsen leisteten erbittert Widerstand, »welchen Karl der Große nur in Strömen von Blut zu ersticken vermochte, denn die größte Bekehrungskraft wohnte dem Schwerte inne«. Im Jahr 782 kam es zur Schlacht bei Verden, wo 4.500 Sachsen gefangen genommen worden seien, weil sie die Taufe verweigert hatten. Also habe Karl gesprochen: »Ihre Köpfe werden in den Sand rollen, und ihr Blut wird in den Graben laufen, der sich zwischen gelben Sandwällen nach der Beeke hinzieht. Witwen und Bräute werden im Lande weinen, und alle Adler und Raben, alle Wölfe und Füchse werden bersten vor reichlichem Fraße.« Und tatsächlich sei all diesen Sachsen bei diesem »Verdener Blutgericht« dann auch der Kopf abgeschlagen worden. Mittelalterliche Epen berichten davon. Ob dies wirklich so geschehen ist, bezweifeln Historiker; andere nennen Karl »den großen Sachsenschlächter«.

Karls Inbesitznahme des Sachsenlandes zwischen Nordsee und Harz sowie Rhein und Elbe dauerte dreiunddreißig Jahre und wurde brutal geführt. 804 war Nordelbien endlich erobert und ein eignes Stammesrecht, das Lex Saxonum, etabliert. Doch ließ sich der Sachsen Selbstvertrauen nicht einfach unterdrücken. Das Riesenreich Karls des Großen verfiel, und es wurde erneut um Einfluss und Macht gestritten. Der Mainzer Bischof Hatto I. (*850; †913) und der Frankenkönig Konrad I. (*881; †918) planten den Tod des Sachsenfürsten. Doch hinterbrachte man jenem Heinrich I. (*876; †936) das Mordkomplott. Und vor seinem Tod ließ Konrad I. seinem Feind Heinrich I. die Königswürde antragen – mit verblüffendem Resultat, denn »der Aufstieg und Erfolg der Sachsen von einem unterworfenen und zwangsmissionierten Volk hin zum führenden Reichsvolk innerhalb eines Jahrhunderts nach der Unterwerfung gehört zu den bemerkenswertesten historischen Entwicklungen des Mittelalters«.

Heinrich entstammte dem Geschlecht der Liudolfinger, die im Territorium des heutigen Niedersachsens herrschten. Daher erklärt sich auch die Bezeichnung: »Sachsenkönig«. Klug handelte Heinrich I. bereits bei seiner Krönung im Mai 919, denn er verzichtete auf die vom Bischof angetragene Salbung. »Es genügt mir vor meinen Vorfahren das voraus zu haben, dass ich König heiße und dazu ernannt worden bin.« So stand Heinrich I. zwischen der Macht der deutschen Fürsten und der Kirche. Doch kennzeichneten Kriege wie Verhandlungen über Frieden, Vormacht und Einfluss seine Regierungszeit. Trotz eines Schlaganfalls berief Heinrich I. im Sommer 936 einen Hoftag in Erfurt ein, um über den Zustand des Reiches zu beraten. Dann kehrte er auf die Pfalz Memleben zurück, wo ihn der zweite Schlag am 2. Juli 936 tödlich traf. Er wurde in der Stiftskirche zu Quedlinburg bestattet.

Nachdrücklich hatte Heinrich I. den Fürsten seinen Sohn Otto (*912; †973) als Nachfolger empfohlen. Mit ihm wurde die Herrschaft der Liudolfinger fortgesetzt. Vielleicht stimmten nicht alle Fürsten seiner Wahl zu, doch Otto I. knüpfte während seiner Regentschaft bewusst an karolingische Traditionen an. 955 siegte er auf dem Lechfeld über die Ungarn, auch die Slawen konnte er unter seine Macht zwingen. Unbestritten galt er als erfolgreicher Beschützer der Christenheit. Durch die Heirat mit der Königinwitwe Adelheid wurde Otto I. italienischer König und 962 vom Papst in Rom zum römischen Kaiser gekrönt, im deutschen Lande wusste er seine Herrschaft gegen den aufständischen Adel zu verteidigen. Man nannte ihn Otto I., »der Große«, sein Name gab der Herrschaftszeit der Liudolfinger ihre Bezeichnung als die »Ottonische« oder »Herrschaft der Ottonen«. Wie sein Vater starb der Sachsenkönig/-kaiser auf der Pfalz Memleben, am 7. Mai 973. Im Dom zu Magdeburg wurde er bestattet.

Otto I. folgte Otto II. (*955; †983), ihn hatte sein Vater bereits 961 zum Mitkönig, 967 zum Mitkaiser berufen. Otto II. versuchte, seinen Einflussbereich neu zu ordnen, und das führte zu Konflikten mit Byzantinern, Sarazenen und den Slawen. Auch das war eine sehr blutige Zeit. Wahrscheinlich an Malaria ist Otto II. am 7. Dezember 983 im Alter von nur achtundzwanzig Jahren verstorben. Seine Herrschaftszeit galt als glück- und glanzlos kurz. Im Petersdom zu Rom liegt er im Grab. Ottos Sohn, der dreijährige Otto III. (*980; †1002), war zum Regieren noch nicht fähig. So übernahmen seine Mutter, Kaiserin Theophanu (*um 955; †991), und seine Großmutter, Kaiserin Adelheid (*um 931; †999), die Regentschaft. Späterhin führte die Schwester Ottos des II., Mathilde (*955; †999), Äbtissin im Kloster zu Quedlinburg, bis zu ihrem Tod die Regierungsgeschäfte für ihren in Italien weilenden Neffen. In seiner folgenden Regentschaft verlegte Otto III. den Schwerpunkt des politischen Handelns nach Italien und galt damit als »undeutscher« Kaiser. Es folgte ihm Heinrich II. (*973; †1024) aus der bayerischen Familienlinie. Mit seinem Tod erlosch 1024 die Dynastie der Ottonen und Sachsenkönige in Deutschland.

Sachsenkriege allerdings wurden nochmals 1073–75 unter Heinrich IV. (*1050; †1106) aus dem Geschlecht der Salier geführt, auch da war der sächsische Adel erneut zum bewaffneten Aufstand gegen das königliche Herrscherhaus bereit, da dieses seine Macht auch über ihn ausweiten und stabilisieren wollte. Unter Heinrich dem Löwen (*1130; †1195) aus der Welfen-Dynastie erreichte das Stammherzogtum (des alten) Sachsen seine größte Ausdehnung und umfasste ganz Nordwestdeutschland bis hin nach Mecklenburg. Nachdem Heinrich der Löwe entmachtet worden war, zerfiel das große (nieder-)sächsische Sachsenreich, wurde verschenkt, vererbt und aufgeteilt. Auch wenn man sich auf die großen Vorfahren beruft: Das heutige Sachsen verbindet mit den Sachsenkönigen, Angel- und Niedersachsen allein der Name. Das sächsisch-wittenbergische Gebiet und die damit verbundene Kurwürde fiel 1422 durch Erbfolge dem Markgrafen von Meißen zu und somit auch der Name: Sachsen, der diesem Gebiet fortlaufend erhalten blieb.

Pfalz und Kloster Memleben: Thomas-Müntzer-Straße 48, 06642 KaiserpfalzStiftskirche St. Servatius (Quedlinburg): Schloßberg 1, 06484 QuedlinburgMagdeburger Dom: Am Dom 1, 39104 Magdeburg

Wiprecht eint das Sachsenland

Im Dreiländereck von Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen liegt am Ufer der Weißen Elster die kleine Stadt Groitzsch. »Abseits der vom Norden her zuführenden Straße weht der Wind über Bäume im halben Rund, ihnen zu Füßen sieht man verfallene Mauern, die der Geschichte unseres Landes ein Neuanfang gewesen. Der erahnbare Graben und ein paar wenige Steine von Kapelle und Wohnturm zeugen von ihrem einstigen Bewohner: Wiprecht von Groitzsch« (*um 1050; †1124). Diesem, seinem Ziehsohn, hatte der Markgraf der Nordmark, Lothar Udo II. von Stade (*um 1020; †1082), die verwahrloste Burg Groitzsch im Osterland überlassen. Wiprecht sollte ihm bei seinen östlichen Eroberungsplänen die Speerspitze sein. Doch kam er zunächst »mit den benachbarten Rittern, mit Betherich von Teuchern, Hagen von Tubichin, Friedrich von Kitzen, Vicelin von Profen und dessen Bruder in Elstertrebnitz, in harten Streit. Die schlossen ein Bündnis und wollten Wiprecht unverzüglich aus dem Lande jagen.«

Wiprecht zog in den Krieg und bekämpfte aufseiten Heinrichs IV. (*1050; †1106) den Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden (*um 1025; †1080). Nach Heinrichs verlorener Schlacht bei Hohenmölsen, bei der sein Rivale jedoch den Tod fand, diente sich Wiprecht dem König weiterhin an. Er nahm am siegreichen Italien-Feldzug teil, mit dem Heinrich IV. seine Schmach von Canossa rächen wollte. Wiprecht »zeichnete sich durch große Tapferkeit, besonders bei der Eroberung Roms aus; ja, er soll sogar als der erste die Festung erstiegen und in die Stadt gelangt sein«.

Daraufhin erhielt Wiprecht weitere Lehen: die Burggrafschaft Leisnig und Dornburg an der Saale. Durch Heirat kamen die Gaue Budissin und Risani (Bautzen und Görlitz) hinzu. Mit seiner Gattin Judith von Böhmen (*um 1070; †1108) lebte Wiprecht zu Leisnig, Groitzsch und Budissin. Er gründete für seine Frau den Ort Schworza (Schwärza) und entledigte sich seiner örtlichen Feinde durch die »Bluttat von Zeitz«: Dabei überfiel eine erlesene Schar seiner Getreuen von Schworza aus unversehens die Stadt Zeitz, wo sich seine Rivalen versammelt hatten. »Wiprecht nahm Vicelin gefangen und ließ ihn mit siebzehn anderen erdrosseln. Hagen hatte sich mit den übrigen in die Jakobskirche geflüchtet, und da sie durchaus nicht heraus wollten, wurde das Gotteshaus niedergebrannt, die herausstürzenden Feinde aber nach dem grausamen Brauche jener Zeit geblendet.« Die Untat verursachte dem strenggläubigen Wiprecht fortan Gewissensqualen. Er »wallfahrte nach Rom zum Papste Clemens III. Dieser aber legte ihm als Buße eine Pilgerfahrt zum heiligen Jakob nach Compostela in Spanien auf. Hier erhielt er die Weisung, ein größeres Kloster zu bauen. Nach seiner Rückkehr in die Heimat errichtete er nun von 1091 bis 1096 das Kloster Pegau.«

Als Parteigänger Heinrich IV. versuchte Wiprecht, den Regenten zur Abdankung zu überreden, was nicht geschah. So unterstützte Wiprecht dessen Sohn Heinrich V. (*1081; †1125). Als dem die Macht seines Vasallen jedoch gefährlich zu werden drohte, »ließ der Kaiser ohne weiteres Wiprechts Sohn, den jüngeren Wiprecht, gefangen nehmen und auf die Burg Hammerstein am Rhein bringen. Nur mit schweren Opfern, durch die Abtretung der Gaue Budissin und Risani und der Burg Leisnig, konnte der Vater seinen Sohn wieder aus der Gefangenschaft befreien.« Durch seine Härte und Habgier brachte Heinrich V. bald die Fürsten in Sachsen und Thüringen gegen sich auf, »die sich ihm zu Beginn seiner Regierung so willig gezeigt hatten. Er nahm den Fürsten, auch der Gemahlin Wiprechts, ohne weiteres ihre Familiengüter, und so entstand eine allgemeine Verschwörung gegen ihn, an der auch Wiprecht teilnahm.« Doch gelang es Heinrich V., eine Schar seiner Gegner gefangen zu nehmen, darunter auch den schwerverletzten Wiprecht von Groitzsch. »Zwar gelang es dem jüngeren Wiprecht durch Abtretung der Burg Groitzsch an den Kaiser, seinem Vater wenigstens das Leben zu retten; trotzdem wurde dieser in festen Gewahrsam auf das Schloß Trifels am Rhein gebracht. Aller ihrer Güter verlustig erklärt und in die Reichsacht gethan, mußten sich Wiprechts Söhne mit den Ihrigen in dem Gundorfer Walde bei Leipzig verstecken, wo sie wie die wilden Tiere und als Räuber ihr Leben fristeten.« Nachdem Heinrich V. die Schlacht am Welfesholz in der Gegend von Mansfeld gegen die sächsischen Aufständischen verloren hatte, gelang es Wiprechts Kindern, einiges vom Besitze zurückzuerhalten. Jedoch schmachtete Wiprecht senior weiter in den Verließen – bis es gelang, des Meißner Burggrafen und Kaisers Kumpan, Heinrich Haupt, habhaft zu werden und die Gefangenen zu tauschen. Versöhnt mit Heinrich V., erhielt Wiprecht Ländereien zurück, wurde gar Markgraf von Meißen. Das Amt musste er jedoch 1123 an Konrad I. (*um 1098; †1157) abgeben, der damit die Herrschaft der Wettiner begründete.

Wiprechts Handeln aber hatte die Kultur im Lande verändert. Die Pegauer Mönche missionierten nachdrücklich. Franken kamen und modernisierten die Landwirtschaft, Wälder wurden gehauen, Sümpfe trockengelegt, Feld-, Obst- und Weinanbau gefördert. Ortschaften zeugen noch heute mit ihrem Namen davon: Frankenheim, Ober- und Niederfrankenhain. Auch die Kirche zu Eula zeugt von Wiprechts Wirken: »Als Wiprecht 1106 von Leisnig nach Groitzsch reiste, kam er durch ein Dorf, Hila (Eula bei Borna) genannt. Dieses hatte eine hölzerne, ganz verfallene Kirche; in diese ging er mit einem seiner vertrauten Ritter, namens Giseler, auf daß sie allda beten möchten, wie es sein Gebrauch war, wenn er an einer Kirche vorüberzog. Nachdem er gebetet hatte und von der Erde aufgestanden war, wurde er gewahr, daß auf dem Altar ein Kasten voller Heiligtümer in Gestalt eines Buches sich öffnete, aus dem hervor ein großer heller Schein ging. Darüber erschrak der mutige Held so, daß er kaum stehen konnte, und ehe er fortzog, erklärte er, er wolle die Kirche auf seine Kosten neu aufbauen lassen. Dies geschah denn auch bald.« Im Kloster zu Pegau ist Wiprecht am 22. Mai 1124 gestorben, in der dortigen Stadtkirche St. Laurentius ist er bestattet.

Sein »Grabmal, eines der schönsten Kunstdenkmäler aus dem Anfange des dreizehnten Jahrhunderts, ist eine Zierde und Sehenswürdigkeit und wird von Künstlern und Gelehrten viel besucht und bewundert. Ganz sicher stellt es Wiprecht lebensgetreu dar. Mit offenen Augen, hoher Stirn, langem Lockenhaar und kurzem Vollbart liegt der Held in fürstlichem Gewande da. Das ruhige, mehr gemütvolle als kriegerisch-energische Gesicht kennzeichnet ihn als einen Mann, der unsere volle Achtung verdient. Gewiß ist er in seinen jüngeren Jahren von Grausamkeit nicht frei gewesen; aber sowie einmal die Sturmzeit hinter ihm lag, sorgte er treu für das Wohl seiner Untergebenen und widmete sich hauptsächlich den Werken des Friedens.«

Kirche St. Laurentius: Kirchplatz 6, 04523 PegauWiprechtsburg: Graf-Wiprecht-Straße, 04539 GroitzschWiprechtskirche: Wiprechtstraße, 04552 Eula

Der erste der Wettiner

Stammvater Thimo von Wettin (*vor 1034) starb 1091, 1101 oder 1118, doch gilt er Historikern als Vater von Konrad dem Großen (*um 1098; †1157), dem ersten Wettiner, der von Meißen aus seine Macht übers heutige Sachsenland ausübte. Nach dem frühen Tod des Vaters trat zunächst Konrads älterer Bruder, Dedo IV. (*1086; †1124), das wettinische Erbe an; durch die Ehe mit der Tochter Wiprechts von Groitzsch wurde er noch Markgraf der Niederlausitz. Die Ehepartner waren sich gram: In heftigem Streite verstieß Dedo seine Gattin und nahm sie später aufgrund eines bischöflichen Befehls zu sich zurück. Sein Bruder Konrad war mittlerweile Herr von Brehna, Torgau und Hamburg.

Beider Vetter Heinrich I. (*um 1070; †1103), der Markgraf der Lausitz und Markgraf von Meißen, war bereits 1103 ohne männliche Nachkommenschaft gestorben. Dedo und Konrad hatten Hoffnung aufs Erbe, doch war Heinrichs Frau Gertrud (*um 1060; †1117) nach dem Tod ihres Gatten noch von einem Knaben entbunden worden und erhielt ihrem Sohn Heinrich II. (*1103; †1123) das Erbe. Als alle Knaben nun mündig waren, verstärkten sich die Gerüchte, dass jener nachgeborene Heinrich II. illegitim und wohl ein Mädchen gewesen sei, man hätte Mutter Gertrud der Erbfolge wegen den Sohn einer armen Frau ins Wochenbett gelegt. Andererseits soll »Konrad im Gespräch mit einem Dritten gesagt haben, der Sohn eines Koches sei nicht sein Verwandter«.

Die üble Nachrede konnte ein Markgraf nicht dulden: Heinrich II. warf Vetter Konrad ins Verließ der Veste Kirchberg (im heutigen Österreich). Urplötzlich aber verstarb Heinrich II., man munkelte an heimlich verabreichtem Gift. Konrad kam aus der Veste in Freiheit. Bruder Dedo IV. begab sich auf Pilgerreise nach Jerusalem. Von dort schickte er ein echtes Stück vom Kreuze Christie. Die Reliquie fand Platz im von ihm gegründeten Kloster auf dem Petersberg bei Halle. Aber auf der Rückreise erkrankte Dedo und starb am zweiten Weihnachtsfeiertage im Jahre 1124. Auch er hinterließ keine männlichen Nachkommen. So sah sich Konrad als legitimen Erben von Heinrich I. und Dedo IV. Doch um diese Hinterlassenschaft entbrannte ein erbitterter Streit. Der Kaiser erkannte Konrads Rechte nicht an. Heinrich V. (*1081; †1125) zog beide Marken als heimgefallene Reichslehen ein und übertrug auf dem Hoftage zu Worms Meißen und die Lausitz an den Grafen Wiprecht von Groitzsch und die erledigte Grafschaft Thüringen an Hermann von Winzenburg (*um 1083; †1137). Hierin aber erblickte der Herzog Lothar von Sachsen (*1075; †1137), welcher sich schon vorher gegen Heinrich V. erhoben hatte, Schmach und eine Verletzung der guten Sitten; er führte gegen den Kaiser einen blutigen Krieg. Konrad I. schloss sich ihm im eigenen Interesse an.

Aus diesem Kampf ging Lothar von Sachsen als Sieger hervor und wurde selbst 1125 König und 1133 Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Er übertrug Konrad I. die Markgrafschaft Meißen, die Mark Lausitz erhielt Albrecht I. (*um 1100; †1170; auch Albrecht der Bär genannt) aus dem Hause Brandenburg. Um Besitz und Ansehen zu wahren, führte Konrad I. nun zahlreiche Kriege, unter anderem mit dem Markgrafen der Nordmark, Albrecht dem Bären, und König Konrad III. (*1093; †1152), dem Nachfolger Lothars. Lothar aber begleitete er noch 1136 auf dessen zweiten Feldzug nach Rom. »In demselben Jahre erhielt Konrad vom Kaiser die Mark (Nieder-)Lausitz, welche durch den Tod des bisherigen Inhabers erledigt war, und 1143 empfing er die Grafschaft Rochlitz als Eigentum für sich, seine Frau und seine Nachkommen, 1144 aber auf Lebenszeit den Gau Risani und das Milzenerland (Budissin). So erstreckte sich jetzt die Wettinische Herrschaft auf Meißen, Budissin (Bautzen) und die Niederlausitz; dazu kamen die Eigengüter in den alten Marken Zeitz und Merseburg (Osterland).«

1145 pilgerte der strenggläubige Konrad ins Heilige Land und versprach den Klosterbrüdern des Heiligen Grabes zu Jerusalem, jährlich zu Michaelis zwei Mark Silber zu schicken, damit sein, seiner Gemahlin und seiner Söhne Andenken hier fortlebe. In Deutschland setzten sich die Kriege über Marken und Ländergrenzen hinweg fort. Konrad wirkte als Vermittler in Polen, kämpfte gegen die Wenden, war Gefolgsmann derer von Dänemark. »1156 bedachte der betagte Markgraf die Unbeständigkeit seines Lebens und fürchtete, daß, wenn er noch länger in der sündigen Welt leben wollte, er auch selbst in ihren Untergang gezogen würde, und deshalb beschloß er, sie zu verlassen, und faßte den festen Entschluß, ins Kloster zu gehen. Da er aber für die Zukunft der Kirche sorgen wollte, nach welcher er sich von Herzen sehnte, das heißt für die Kirche auf dem Petersberge, welche er schon ausgiebig, wie es für sie günstig war, bedacht hatte, so rief er den Erzbischof Wichmann und den Markgrafen Albert von Brandenburg, auch all seine Söhne und viele andere Geistliche und Weltliche, Edle und Dienstmannen zusammen und kam selbst dorthin, um in ihrer Gegenwart seine Absicht zu verwirklichen. Und so verteilte er zuerst alle Besitzungen, welche er selbst oder seine Gemahlin an diesem Orte hatten, damit nicht etwa nach seinem Tode über die Länder ein Streit entstünde, in die Hände seiner Söhne, das heißt: Otto wurde Markgraf von Meißen, Dietrich Markgraf der Lausitz, Heinrich Graf von Wettin, Dedo Graf von Rochlitz, Friedrich Graf von Brehna. Dann bestimmte er, daß allemal der älteste der Söhne oder Erben die Vogtei des Klosters stiftungsgemäß ausüben sollte, daß die Vogtei selbst keinem jemals als Lehen überlassen werden sollte, und daß seine Söhne, was sie auch versprachen, und ihre Dienstmannen in diesem Kloster ihr Begräbnis haben sollten. Nachdem dies geordnet worden war, legte Konrad vor dem Altar des heiligen Petrus seine weltlichen Gewänder ab, ließ sich mit der Mönchkutte durch Erzbischof Wichmann bekleiden und nahm freiwillig die Armut auf sich aus Liebe zu Christus, unter dem großen Beifalle der anwesenden Fürsten, denen auch seine Demut gar reiche Thränen entlockte, weil sie an einem Manne von solcher Bedeutung eine so große Umwandlung erblickten, wie an ihm, allen sichtbar, Gottes Gnade und Erbarmen seine unübertreffliche Gesinnung heller als das Licht offenbarte. Dann erst ruft er, schon ein Streiter Christi, seine Söhne herbei und übergibt ihrer Huld seine Kirche, deren Mitglied er eben geworden war, damit sie immer und überall sich angelegen sein ließen, der Kirche ihre Hilfe zu gewähren, in welcher, wie sie wüßten, ihre Mutter bereits ruhe und auch er, ihr Vater, im Leben wie im Tode, und auch sie dereinst ruhen würden. Das ereignete sich am Tage des heiligen Andreas (30. November). Konrad von Wettin lebte nach seinem Eintritte in das Kloster noch 2 Monate und 5 Tage. Er starb am 5. Februar 1157 im 59. Lebensjahre, und er wurde begraben vom Erzbischof Wichmann in der Mitte der Kirche, in welcher zu seiner rechten Seite seine Gemahlin und nach dieser an derselben Seite seine Schwester Mathilde begraben wurden.«

Kloster auf dem Petersberg: Bergweg 11, 06193 Petersberg bei Halle (Saale)

Kassandra auf der Burg Wettin

Der Wanderer empfand um 1900: »So, wie es da vor mir lag, und nicht anders hatte ich mir das alte Bergstädtchen Wettin gedacht: im Äußeren unberührt vom Strome der Neuzeit, ein Denkmal ferner, schöner Vergangenheit, ein würdiger Zeuge deutschen Fürstenruhms und deutscher Fürstengröße! Voll Freude und Stolz hing mein Blick an den hohen Mauern und an den Turmzinnen der alten Burg, die sich im Süden auf einer scharf vorgestreckten Felszunge trotzig und kühn erhebt und die Dächer der Stadt weit überragt. Dieser ehrwürdige, schlichte, feste Bau, der mit dem Fels verwachsen scheint, der den Stürmen und Wettern fast eines Jahrtausends getrotzt hat, ist das schönste Symbol des edlen ruhmreichen Fürstenhauses der Wettiner. Nicht der romantische Hauch der Sage umweht die alten Mauern – unser Volk weiß nichts Wundersames von dieser Burg zu singen und sagen –, wohl aber der Geist hoher, tapferer und großherziger Ahnen und der Geist einer glorreichen achthundertjährigen Vergangenheit! Sie schützen die Wiege unseres teuren Herrschergeschlechtes und werden auch das Haus Wettin auf stolzer, sonniger Höhe erhalten, wenn Bau und Fels längst in Trümmer gesunken sind!«

Einige führen die Gründung der Burganlage in römische Zeiten zurück. Der Bruder des Tiberius, Feldherr Nero Claudius Drusus (*38 v. Chr.; † 9 v. Chr.), hatte mit seinen Heereszügen den Saaleraum erreicht und soll das feste Kastell der jetzigen Burg Wettin und auf dem Petersberge einen Tempel zu Ehren des Mars und der Bellona errichtet haben. Dann allerdings sei ihm eine riesige Frau erschienen, die schreckliches Unheil prophezeite, worauf Drusus vom Weitervorrücken gen Osten absah. Beim Rückmarsch stürzte der Kriegsheld vom Pferde. An einem Schenkelbruch starb er. Tiberius holte die Leiche des Bruders heim nach Rom und sprach von einem »unglückseligen Lager«. »Germanicus« gab man fortan Drusus als Name, den er den Seinen weitervererbte.

Andere Historiker führen den Namen »Wettin« auf Herzog Witte­kind­/Widekind/Widukind(*unbekannt;†1136/37) zu­rück, dem getreuen Gefolgsmann des Lothar von Sachsen. Anzunehmen ist, dass bereits im 9. Jahrhundert an der Stelle die Wenden eine Burg erbaut hatten; auch der Name »Wettin« scheint auf slawischen Wurzeln zu fußen. In den ältesten Chroniken wird die Stadt »Vidin« genannt und bereits im Jahre 960 n. Chr. als civitas (Stadt) in pago (Distrikt) Ruzini oder Buzini gelegen beschrieben. »In alter Zeit hatte die Grafschaft Wettin einen bedeutenden Umfang. Außer dem eigentlichen Burglehn gehörte der Petersberg mit allen seinen Gütern, das Schloß Krosigk, Löbejün mit seinen Dörfern und vielleicht auch die Stadt Halle zu diesem Distrikt. Die stark befestigte Burg Wettin galt als eins der besten und sichersten Bollwerke, die man im Elb- und Saalgau errichtet hatte, um dem energischen Vordringen der kriegerischen, Ackerbau treibenden Sorben/Wenden Einhalt zu gebieten. Das Wappen der Grafen zu Wettin zeigte einen roten Löwen in silbernem Felde. Auf dem Wappenhelme stieg aus silbernem Grund ein roter Adler mit schwarzen Flügeln auf. Die Flügel waren mit goldenen Herzchen oder kleinen Kleeblättern besetzt.«

Der erste bekannte Graf von Wettin ist Dietrich I. (* und † im 10. Jahrhundert) und gilt als Ahnherr des Herrschergeschlechts, seine Lebensdaten sind nicht überliefert. Diet­rich I. begleitete Kaiser Otto II. (*955; †983) aus dem Geschlecht der Liudolfinger auf seinem Zuge nach Italien. Dietrichs Söhne sind beide auf der Burg geboren. Dedo I. (*um 960; †1009) erbte Wettin und Friedrich (*um 960; †1017) die Grafschaft Eilenburg. Friedrich starb kinderlos, und Dedos Sohn, Dietrich II. (*um 990; †1034), vereinigte beider Erbteile wieder. Er hinterließ sechs Söhne, von denen Thimo, ab 1090 Markgraf von Meißen, sich als Erster nach seiner Burg »Graf von Wettin« nannte. Als sein Sohn und Nachfolger Dedo IV. (*1086; †1124) auf der Heimfahrt aus dem gelobten Lande starb, fiel Wettin an seinen Bruder, den Markgrafen Konrad den Großen von Meißen (*1098; †1157). 1288 schenkte Graf Otto III. von Brehna Wettin und Salzmünde dem Erzstift Magdeburg, und so ging die Stammburg mitsamt dem Besitz dem sächsischen Fürstenhause für immer verloren.

Die Besitzer wechselten fortan, die Anlage wurde in Unter- und Oberburg geteilt und mit dazugehörendem Land verliehen. Altes Gemäuer, wie den Burgward, riss man ab, Neues, wie das Torhaus der Oberburg, wurde errichtet, anderes dem Geschmack der Zeit angepasst. 1440 gehörte Wettin zum Besitz jener von Trotha, später war’s landesfürstlicher brandenburgischer Besitz. 1803 verkauften die Eigner das Burgschloss an Prinz Louis Ferdinand von Preußen (*1772; †1806), er »weilte oft und gern auf der alten Burg. Von seinem leutseligen Wesen und seinen lustigen Streichen wissen die lieben Wettiner noch heute zu erzählen. 1806, in der unseligen Schlacht (gegen Napoleon) zu Saalfeld, ist er gefallen.« Nach seinem Tode braute man Bier hier und brannte Alkohol in der Unterburg.