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Eine Zofe für den Prinzen … Für Caroline gibt es nichts Schöneres, als im königlichen Palast von Mitena zu leben. Schließlich hat sie schon als Kind von nichts anderem geträumt. Als Zofe von Prinzessin Isabella geht sie völlig in ihrer Arbeit auf, zumal diese nicht nur eine Royal ist, sondern auch ihre beste Freundin. Alles könnte also perfekt sein, wäre da nicht Martin, der große Bruder von Isabella und der zukünftige König von Mitena. Obwohl sie weiß, dass seine Braut eine Adlige sein muss, kann Caroline nichts gegen ihr Herzklopfen tun, sobald sie dem attraktiven Kronprinzen auch nur begegnet. Und als dann auch noch beschlossen wird, dass sie als Zofe für Martin tätig sein soll, scheint ihre ganze Welt kopfzustehen … //Alle Bände der romantischen »Royally in Love«-Reihe: -- Band 1: Princess in Disguise -- Band 2: Princess on the Run -- Band 3: Princess in Waiting Alle Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden und haben ein abgeschlossenes Ende.//
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
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Annie Laine
Princess in Waiting (Royally in Love-Reihe)
**Eine Zofe für den Prinzen…**Für Caroline gibt es nichts Schöneres, als im königlichen Palast von Mitena zu leben, schließlich hat sie schon als Kind von nichts anderem geträumt. Als Zofe von Prinzessin Isabella geht sie völlig in ihrer Arbeit auf, zumal diese nicht nur eine Royal ist, sondern auch ihre beste Freundin. Alles könnte also perfekt sein, wäre da nicht Martin, der große Bruder von Isabella und der zukünftige König von Mitena. Obwohl sie weiß, dass seine Braut eine Adlige sein muss, kann Caroline nichts gegen ihr Herzklopfen tun, sobald sie dem attraktiven Kronprinzen auch nur begegnet. Und als dann auch noch beschlossen wird, dass sie als Zofe für Martin tätig sein soll, scheint ihre ganze Welt kopfzustehen…
Buch lesen
Vita
Danksagung
© Studioline Photography
Annie Laine wurde im schönen Osthessen geboren. Nach dem Realschulabschluss führt sie ihr Leben zunächst in ganz verschiedene Richtungen. Sie schließt eine Ausbildung ab und arbeitet ein halbes Jahr auf der Kanareninsel Teneriffa, findet aber nicht ihre Passion darin. Das zieht sie schließlich zurück zu den Büchern. Während sie tagsüber Buchhandel/Verlagswirtschaft studiert, verbringt sie ihre Nächte mit dem Schreiben eigener Texte und betreibt einen Bücherblog.
Für Caro.Weil du nicht nur einen Prinzen verdienst, sondern einen König.
Und für Eva.Mit dir hat der Himmel einen Engel dazugewonnen. Wir werden dich ewig in unseren Herzen tragen.
Werde Zofe, haben sie gesagt.
Das macht eine Menge Spaß, haben sie gesagt.
Wenn ich es mir recht überlege, haben sie echt verdammt viel gesagt, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben.
Schade, dass ich das damals noch nicht gewusst habe. Ich habe einfach alles geglaubt. Jedes einzelne Wort. Aber wer hätte es mir auch verdenken können?
Ich war jung und ich hatte einen Traum. Wie viele kleine Mädchen wollte ich das Unmögliche. Ich wollte das Märchen, den Prinzen auf dem weißen Pferd, der mich aus meinem einfachen Dorfalltag in eine Welt mit teuren Kleidern, funkelnden Juwelen und extravaganten Bällen entführt.
Tja, Kinder eben. Wer träumt schließlich nicht als junges Mädchen davon, einmal Prinzessin zu sein und in einem Schloss in Saus und Braus zu leben?
Ich gebe zu, ich war eins von diesen Mädchen, aber Träume sind Schäume und Prinzessin zu werden, lag damals schon weit außerhalb meiner Möglichkeiten.
Irgendwann musste ich den Tatsachen ins Auge sehen. Es würde niemals eine Prinzessin Caroline geben, sondern einfach nur Caro, ein Bauernmädchen aus dem ländlichen Süden von Kinnella. Ein Nichts.
Aber ich wollte nicht aufgeben. Ich hatte schließlich einen Traum.
Ja, ich musste ihn etwas zusammenschrumpfen und mir die schönen Kleider mit all dem Prestige aus dem Kopf schlagen, aber im Palast leben … das war etwas, was ich unbedingt erreichen wollte.
Und hier kamen sie ins Spiel.
All jene, die nie an mich geglaubt haben.
All jene, die sich immer wieder Scherze über mich erlaubt haben.
All jene, die behaupteten, dass ich als Dienstmädchen noch die größten Chancen hätte, einmal den Königspalast zu betreten.
Hinter meinem Rücken haben sie über mich gelacht, während sie mir ins Gesicht immer nur Mut und Durchhaltevermögen gewünscht haben.
Niemand von ihnen hat geglaubt, dass ich es jemals auch nur in die Nähe des Palastes schaffen würde.
Aber sie haben sich getäuscht.
»Wann schläfst du eigentlich, Caroline?«
Berta, die Chefin der palasteigenen Wäscherei, sieht mich kopfschüttelnd an, als ich mit einem vollen Wagen Wäsche durch die Tür in ihre heiligen Hallen komme, um ihr die nächste Ladung zu bringen.
Wie immer setze ich ein fröhliches Lächeln auf und versuche, ihre Aussage mit Humor zu nehmen. »Schlaf? Was ist das? Kann man das essen?«, scherze ich, was Berta jedoch nicht einmal ansatzweise so lustig findet wie ich. Schade eigentlich.
Die Frau Mitte fünfzig stemmt die Hände in die Taille und seufzt, was sie zehn Jahre älter erscheinen lässt.
Berta ist eine meiner liebsten Kolleginnen und fast schon eine Art Ersatzmutter für mich, denn meine Mom kann ich leider nur selten besuchen, seitdem ich im Palast arbeite. Berta hat einen eher kräftigeren Körperbau. Wenn man sie darauf anspricht, beharrt sie allerdings darauf, dass das ihr Wohlfühlgewicht ist und eine Diät ohnehin nichts bringen würde, weil sie einfach viel zu gern Chocolate Chip Cookies isst. Am liebsten die von Laurence, dem Koch. Ihr brünettes Haar trägt Berta meist in einem Dutt, der ihr eine gewisse Strenge andichtet, die im Grunde nicht vorhanden ist. Und auf den ersten Blick könnte man von ihr eingeschüchtert sein. Allerdings nur, bis man sie besser kennt. Es gibt keine herzlichere Person im ganzen Palast!
»Ach Kindchen. Du kannst doch nicht immer nur arbeiten. Irgendwann musst du auch mal zur Ruhe kommen.«
»Tue ich doch. Nachts. Wenn ich schlafe«, erwidere ich und manövriere den Wagen an ihr vorbei in die Mitte des Raumes, um dort die angefallene Wäsche zu sortieren.
»Du kannst dir auch freinehmen. Du wirst nicht direkt entlassen, wenn du mal einen Tag für dich möchtest. Schließlich hast du auch nur eine Vierzig-Stunden-Woche.«
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal in einer Woche nur vierzig Stunden gearbeitet habe. Das muss in der Zeit gewesen sein, als die Prinzessin im Ausland war. Das ist allerdings drei Jahre her.
»Sei nicht albern. Eine Vierzig-Stunde-Woche im Palast ist eigentlich eine Hundertachtundsechzig-Stunden-Woche, und das weißt du«, erinnere ich sie. Ich könnte genauso gut sagen, dass ich immer im Dienst bin, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wann ich eben gebraucht werde.
»Ich weiß nicht, wie das bei deinem vorherigen Arbeitgeber war, aber Königin Davina achtet sehr auf die Arbeitsbedingungen.«
»Was willst du damit sagen?« Ich runzle die Stirn und wende den Blick ab. Dabei fällt mir auf, dass ich aus Versehen ein paar von Isabellas roten Gryffindor-Socken zu den weißen Bettlaken gepackt habe, und korrigiere meinen Fehler schnell. Ob König Neil und Königin Davina ihre neuen rosaroten Bettbezüge gefallen hätten? Ich glaube kaum.
»Nimm dir frei. Für ein paar Tage. Unternimm etwas mit Freundinnen in der Stadt und entspann dich. Du hast es dir verdient.«
Ich kann mir ein Kichern kaum verkneifen. »Meine beste Freundin ist die Prinzessin, Berta. In gewisser Weise arbeite ich auch, wenn wir etwas unternehmen«, lasse ich sie wissen, obwohl sich alle Palastangestellten schon vor drei Jahren die Mäuler darüber zerrissen haben, dass Izzy und ich ganz dicke miteinander sind.
»Das ist etwas anderes.«
»Ist es nicht. Ich bin ihre Zofe, also für ihr Wohlbefinden zuständig. Ich müsste ihr eigentlich auf Schritt und Tritt folgen.«
»Aber das will sie nicht?« Berta hebt eine Braue und schaut mir dabei zu, wie ich die einzelnen Socken ganz unten aus dem Wagen klaube.
»Nein. Sie will ja nicht einmal, dass ich ihr beim Ankleiden helfe, obwohl das mein Job ist.«
»Dann hättest du eigentlich mehr Freizeit. Und was machst du stattdessen?«
»Offensichtlich deine Arbeit«, erwidere ich und nachdem ich die Socken alle in die dafür vorgesehenen Körbe verfrachtet habe, klatsche ich zufrieden in die Hände. »Und wenn ich gerade dabei bin, nehme ich direkt die neuen Handtücher für die Bäder mit. Wenn du erlaubst.«
Berta seufzt erneut und ich glaube, sie fragt sich gerade ernsthaft, wieso sie eigentlich versucht, mich zu überreden, ein paar meiner unzähligen unangetasteten Urlaubstage aufzubrauchen. »Nimm den linken Stapel von dahinten. Die sind für die Bäder im Gästeflügel. Um den Rest kümmert Magda sich nachher. Sonst hat sie ja nichts mehr zu tun, weil du so eifrig bist.«
»Ich kann nicht aus meiner Haut«, rufe ich ihr zu, als ich schon auf halbem Weg zu den Handtüchern bin, um diese in meinen Wäschewagen zu laden.
»Aber versprich mir eins, Kindchen.«
»Ja?«
»Lass es etwas ruhiger angehen. Du bist nicht allein für alles zuständig«, bittet sie mich – wie schon so oft.
Ich verspreche es ihr, obwohl ich mich doch nicht daran halte, wünsche ihr einen wunderschönen Tag und später einen schönen Abend – den wird sie sicherlich mit Laurence verbringen – und verlasse die Wäscherei.
***
Leise vor mich hin summend, erledige ich meine Aufgabe und nachdem ich alle Badezimmer mit den akkurat zusammengelegten Handtüchern bestückt und nachgeschaut habe, ob auch ansonsten in den Gästezimmern alles in bester Ordnung ist, erkläre ich meine Arbeit für erledigt.
Ein Blick auf die Armbanduhr, die ich unter dem Ärmel meines Kleides trage, verrät mir, dass es schon fast drei Uhr ist – Zeit für den Nachmittagstee der Königin. Heute ist zwar Magda eingeteilt, alles fertig zu machen, aber ich wollte ihr dabei zur Seite stehen, schließlich ist sie neu im Palast. Vor vier Jahren, als ich hier angefangen habe, war ich oft unsicher. Ich hätte mir gewünscht, dass jemand mir hilft und mir alles erklärt, also habe ich beschlossen, dieser Jemand für Magda zu sein.
Schnell bringe ich meinen Wäschewagen in den Keller, wo er hingehört – wer von den adeligen Bewohnern des Palastes will schon so etwas Unschönes neben all den teuren Gemälden sehen? –, und mache mich schnellen Schrittes auf den Weg in die Küche, die leider im anderen Flügel des Palastes liegt.
Nun aber schnell!
Ich laufe zügig, hüte mich aber davor, durch die Gänge zu rennen, und komme meinem Ziel so in kurzer Zeit sehr viel näher. Ich sollte es rechtzeitig schaffen, doch dann erklingen Stimmen in nicht allzu weiter Ferne und lassen mich innehalten.
»Das könnt ihr nicht machen!«
Eindeutig Isabella. Sie klingt aufgeregt, erschüttert. Wenn sie so drauf ist, sollte man sich nicht mit ihr anlegen. Die Prinzessin mag wie ein zerbrechliches Mädchen aussehen, doch sie hat es faustdick hinter den Ohren.
Eigentlich sollte es mich nicht kümmern, wo sie ist oder mit wem sie gerade spricht, aber ich kann nicht anders, als den Ursprung ihrer Stimme zu ergründen.
»Isabella, das ist mein letztes Wort!«
Oh, oh. Wenn der König die Stimme erhebt, ist es wirklich ernst.
Im Thronsaal! Dort müssen sie sein.
So leise ich kann, nähere ich mich diesem und stelle erfreut fest, dass die schwere Doppelflügeltür einen Spalt geöffnet ist. Ich pirsche mich heran und riskiere einen kurzen Blick.
Isabella steht – stilecht, wie nur sie es tragen kann – in einem kurzen blauen Kleid, das perfekt zu ihren seit gestern dunkelblauen Haaren passt, vor ihren Eltern, hat die Hände in die Taille gestemmt und sieht so richtig wütend aus.
»Das ist nicht das letzte Wort! Ich bin erwachsen, ihr könnt mir das nicht vorschreiben!«, beharrt sie stur.
So ist sie eben. Ich wüsste zu gern, worum es geht.
»Wir sind deine Eltern und du kannst als Prinzessin keinen Bürgerlichen heiraten!«, mischt sich nun auch die Königin ein und ich kann es kaum glauben. Izzy will heiraten?
»So? Ich darf mit eurem Segen drei Jahre lang mit Tom zusammen sein, aber wenn ich ihn heiraten will, ist es vorbei oder was?«, schnauzt sie ihre Eltern an und wo sie recht hat, hat sie recht. Dass die beiden ein Paar sind, ist nun wirklich kein Geheimnis. Tom ist inzwischen auch in der Öffentlichkeit als ihr Freund bekannt, begleitet die Prinzessin auf wichtige Termine und bei Staatsbesuchen ist er meist auch mit von der Partie.
»Du kannst keinen Bürgerlichen heiraten!«, wiederholt König Neil mit Nachdruck.
»Oh, und ob ich das kann! Seid doch froh, dass ich überhaupt einen Mann gefunden habe, der mich heiraten will, obwohl wir schon so lange zusammen sind. Ich erinnere mich noch gut daran, dass es eine Zeitlang ganz anders ausgesehen hat.«
Leider ändert das nichts an ihrer Meinung und ohne den Segen des Königspaars wird es in der nächsten Zeit wohl keine royale Hochzeit geben. Schade eigentlich. Die beiden sind ein wirklich süßes Paar.
Wenig später stürmt eine vor Wut kochende Isabella aus dem Raum, ruft ihren Eltern wüste Beschimpfungen hinterher, über die ich am besten gar nicht länger nachdenke, und erst als sie mich erblickt, hellt sich ihre Miene auf.
»Caro!«, freut sie sich. »Ich hoffe, du hast alles gehört!«
»Ähm … ja«, räume ich ein. »Zumindest den Großteil.«
»Das ist gut. Dann weißt du ja Bescheid. Am besten gehst du gleich auf dein Zimmer und packst ein paar Sachen zusammen«, weist sie mich an und ich … bin verwirrt. Ja, ich habe den Großteil des Gesprächs mitbekommen – glaube ich zumindest –, aber wieso soll ich jetzt auf mein Zimmer gehen und packen?
Anstatt es mir aber zu erklären, zückt die Prinzessin ihr Handy aus der Tasche im Rock ihres Kleides und betätigt eine Kurzwahltaste. »James, Plan B.«
Zwei Sekunden später beendet sie das Gespräch, lässt mich aber immer noch warten. Ein weiterer Anruf folgt, wieder mit den Worten »Plan B«, ehe sie sich wieder mir zuwendet.
»Du bist ja immer noch hier! Na los. Wir haben keine Zeit zu verlieren!« Voller Tatendrang schiebt sie mich in Richtung Angestelltenflügel.
»Was ist denn überhaupt los? Wieso muss ich packen? Wohin gehen wir?« Diese und noch viele weitere Fragen fahren in meinem Kopf Karussell und ich hoffe, ich bekomme auf zumindest ein paar davon eine Antwort.
Izzy kichert. »Ich heirate morgen und du wirst dabei sein! Und jetzt los! Du musst noch packen!«
Sie macht keinen Hehl daraus, dass ihr die Entscheidung ihrer Eltern – dem Königspaar! – nicht gefällt, sondern wirft auch noch einen wütenden Blick in Richtung Thronsaal.
»Aber …«
»Aber ich kann keinen Bürgerlichen heiraten? Ja, ich weiß. Das habe ich heute wirklich oft genug gehört und es ist mir egal«, unterbricht sie mich und schiebt mich weiter.
Ich fürchte, Magda wird den Tee heute wohl doch allein durchstehen müssen, denn wenn Isabella sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, wird das auch durchgezogen.
Wenn sie etwas von einer Prinzessin hat, dann ist es mit Sicherheit ihre Autorität. Blöderweise besitzt sie obendrein einen Sturkopf und möchte diesen ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen.
»Okay, okay. Verstanden«, räume ich ein, sorge aber im selben Moment dafür, dass sie mich nicht länger vor sich herschiebt, sondern ich wieder auf meinen eigenen Beinen stehe.
»Sehr schön. Aber wir haben keine Zeit, in drei Stunden geht unser Flug nach Las Vegas. James ist schon mitten in den Vorbereitungen und DU MUSST NOCH PACKEN!«
Ihre letzten Worte sind nur noch panische, hysterische Rufe. Aber diese Situation ist einfach so komisch, dass ich lachen muss.
»Kannst du nicht auch später heiraten?«, schlage ich vor, doch es dauert nur gut eine halbe Sekunde, bis ich es bereue. Izzy sieht mich an, als hätte ich ihr soeben vorgeschlagen, sich von Tom zu trennen, statt ihn zu heiraten.
»Später? Nein! Ausgeschlossen! Wir müssen morgen heiraten! Wir müssen, müssen, müssen!«, erklärt sie mir auf diese überaus sachliche Art und Weise, wie nur Prinzessin Isabella von Mitena es beherrscht.
»Okay.«
Ich werde das einfach mal so hinnehmen und meine Sachen packen. Ich hoffe nur, dass ich keinen Ärger dafür bekomme, dass ich morgen wohl nicht pünktlich meine Arbeit antreten kann. Allerdings ist es meine Aufgabe, der Prinzessin zu dienen, also erfülle ich nur meine Pflicht, wenn ich sie nach Las Vegas begleite.
Wir beide setzen uns in Bewegung.
»Du verstehst nicht«, stellt meine beste Freundin fest, als wir die Treppen erreichen – nach oben und man gelangt in ihre Gemächer, nach unten und man kommt zu den meinen.
»Nein. Nicht wirklich. Aber das tue ich doch selten, wenn du irgendwas planst. Du wirst schon wissen, was du tust.«
Ich trete auf die erste Stufe ins Erdgeschoss, während Isabella oben zurückbleibt. Ein Lächeln liegt auf ihren Lippen.
»Morgen ist Toms und mein Jahrestag. Wir kennen uns nun schon drei Jahre. Es ist der perfekte Tag zum Heiraten.«
Nun muss ich auch lächeln. Ich hätte Izzy gar nicht wie jemanden eingeschätzt, der auf solche Tage einen besonderen Wert legt. Offenbar habe ich mich getäuscht.
Allerdings …
»Wenn deine Eltern der Hochzeit zugestimmt hätten, hättest du aber nicht morgen …«, beginne ich, doch als Isabellas Lächeln zu einem breiten Grinsen wird, fange ich an zu verstehen. »Du wusstest, dass Plan B zum Einsatz kommt, oder?«
»Als ob meine Eltern Tom je als zukünftigen Schwiegersohn akzeptiert hätten«, bestätigt sie. »Das ist alles Teil des Plans. Ich erkläre es dir später. Und jetzt …«
»… gehe ich packen«, ergänze ich das, was sie sonst gesagt hätte.
Sie nickt. »Du hast es erfasst.«
Zwei Stunden später geleitet mich einer der Wachleute, der gleichzeitig auch meinen kleinen Rollkoffer hinter sich herzieht, zum Eingang des Palastes. Immer wenn mir eine andere Angestellte entgegenkommt, nicke und lächle ich und lasse mir dabei nicht anmerken, dass ich gerade auf dem Weg bin, um die Prinzessin dabei zu begleiten, wie sie mit ihrem Freund nach Vegas durchbrennt. Es ist einfach ein ganz normaler Ausflug.
Isabella ist zum Glück oft auf den umliegenden Inseln unterwegs, sodass die Nutzung des Privatjets nichts Neues darstellt. Trotzdem bin ich nervös. Was, wenn wir kurz vorm Take-Off aufgehalten werden? Isabella ist nicht gerade leise gewesen, als wir uns auf dem Flur unterhalten haben, und wenn das irgendjemand spitzgekriegt hat – und ich dabei auch noch helfe … Ich will gar nicht daran denken, was für Konsequenzen es für mich und meine Arbeit im Palast haben könnte.
Besser, ich denke gar nicht weiter darüber nach. Doch egal, wie oft ich mir das auch sage und wie sehr ich auch versuche, es in meinen Schädel einzuprügeln, die Gedanken schweifen immer zum Worst-Case-Szenario und enden damit, dass ich heimat- und arbeitslos vor die Palasttür gesetzt werde.
Keine schöne Vorstellung.
Als wieder Schritte auf dem Gang ertönen, versteife ich mich unwillkürlich und kann froh sein, dass meine Beine das Gehen nicht verlernt haben. Beinahe auffällig schnell überhole ich den Wachmann, dessen Namen ich mit Sicherheit schon mal gehört habe, der mir aber gerade einfach nicht einfällt. Trotzdem wird aus meiner ›Flucht‹ nichts, denn die Schritte werden immer lauter und als jemand meinen Namen ruft, schrecke ich ertappt zusammen.
»Caroline!«
Jeder Knochen meines Körpers versteift sich, sodass mein Begleiter mir beinahe in die Hacken läuft, aber das ist unwichtig, denn da spricht er schon weiter.
»Na, wo soll es denn hingehen?«
O nein.
Wieso er?
Von allen, die mir auf dem Gang über den Weg hätten laufen können, treffe ich ausgerechnet auf ihn. Heute habe ich echt kein Glück, und es ist erst Nachmittag.
Zögerlich drehe ich mich zu ihm um und schaffe es, ein schwaches, nicht ganz so verdächtig wirkendes Lächeln aufzusetzen. Mein Herz flattert, in meinem Magen kribbelt es und es fällt mir schwer, meine Gedanken vom Abdriften abzuhalten. Ich möchte meine Augen schließen und uns an einen anderen, fremden Ort träumen, an dem wir nicht Prinz und Dienstmädchen sind. Es wäre so viel einfacher.
»Guten Tag, Eure Hoheit«, sage ich stattdessen und vollführe einen Knicks, der ihm nicht den Hauch einer Gefühlsregung entlockt, bevor er sich zu der Wache umdreht.
»Würdest du uns für einen Moment allein lassen?«, bittet er den Mann höflich, der sich kurz darauf entfernt. Erst als seine Schritte verklungen sind, dreht sich Isabellas großer Bruder Martin wieder zu mir um und sieht mich abschätzig an.
Für einen Moment bin ich wie gelähmt. Seine strahlenden Augen nehmen mich gefangen und ich ertrinke förmlich im Blau seiner Iriden. Wie sehr wünsche ich mir, er würde diese Gefühle, die ich für ihn hege, ebenfalls fühlen. Würde sie erwidern. Doch das ist nur Wunschdenken. Es wird sicherlich nicht passieren und er sieht mich auch nicht an, weil er in meinen braunen Augen versinken will, sondern um mir etwas verständlich zu machen, das ich für einen Augenblick vollkommen vergessen habe. Aber dann fällt es mir wieder ein und damit folgt die Erkenntnis: Ich kann ihm erzählen, was ich möchte. Er kennt die Wahrheit bereits.
»Also? Wohin des Weges?«, wiederholt er seine anfängliche Frage und ich kann ein Seufzen nicht unterdrücken.
»Wieso fragt Ihr? Ihr wisst es doch bereits«, erwidere ich.
»Ach, weiß ich das?« Er zieht eine Braue nach oben und sieht mich erwartungsvoll und ein wenig ungeduldig an. Mir ist direkt klar, dass ich Klartext sprechen muss, wenn ich nicht möchte, dass er mich auf der Stelle zur Königin bringt. Auch wenn er genau das danach sicher trotzdem tun wird.
»Isabella möchte durchbrennen. Sie bat mich, sie zu begleiten.« Und ich hege keine Zweifel daran, dass die Prinzessin mich auf ewig hassen wird, wenn sie erfährt, dass ich ihre Pläne vereitelt habe.
Obwohl ich damit rechne, dass Martin nun zu einer Standpauke ansetzen und dann alle Hebel in Bewegung setzen wird, um mich rauszuwerfen und seine Schwester aufzuhalten, ist es genau das, was nicht passiert. Das verwirrt mich, doch der Prinz seufzt bloß.
»Sie ist schon immer ein Sturkopf gewesen und sie hat vor ein paar Wochen schon davon geschwärmt, wie schön sie es fände, an ihrem Jahrestag zu heiraten. War mir klar, dass man sie davon nicht abhalten kann«, erzählt er mir bereitwillig und fährt sich durch das kurze blonde Haar. »Ich liebe meine Schwester, doch ich wünschte, sie würde ihre Hochzeit nicht im Geheimen durchziehen.«
Auf einmal wirkt er schrecklich hilflos und traurig. Es tut mir in der Seele weh, ihn so zu sehen. Ich erinnere mich daran, dass er kaum anders ausgesehen hat, als er vor zweieinhalb Jahren zu mir gekommen ist und sich bei mir erkundigt hat, wie es Izzy geht. Damals, als er mitverantwortlich dafür gewesen ist, dass seine Schwester von dem Mann, den sie über alles liebt, verlassen wurde. Isabella ist daraufhin in ein tiefes Loch gefallen und er hat viel zu lange nicht gemerkt, wie schlecht es ihr ging. Erst als ihm das klar wurde, sah er ein, dass er einen Fehler begangen hat.
Es ist die gleiche Hilflosigkeit und der gleiche Drang, irgendwas zu tun, um zu helfen. Es hält nur für eine Sekunden an, ehe er sich räuspert und die Verletzlichkeit aus seinen Zügen verschwindet, um der Ernsthaftigkeit von zuvor Platz zu machen.
»Weil es die einzige Möglichkeit für sie ist, an eine königliche Hochzeit zu kommen, wenn sie vorher heiraten und diesen Umstand als Druckmittel benutzen, lasse ich euch davonkommen. Aber ich garantiere für nichts weiter«, erklärt er mir.
Obwohl ich diese Theorie noch nicht vorher gehört und selbst ebenso wenig in diese Richtung gedacht habe, erscheint sie mir logisch. Ist Izzy verheiratet, wäre es natürlich nicht schön, wenn das Volk oder irgendein Klatschreporter herausfindet, dass Prinzessin Isabella, die Skandal-Prinzessin schlechthin, ihren bürgerlichen Freund entgegen dem Willen ihrer Eltern in Las Vegas geheiratet hat. Die einzige Möglichkeit, dem entgegenzusteuern, wäre selbstverständlich, in kürzester Zeit eine königliche Trauung zu organisieren.
Trotzdem macht sich Verwunderung in mir breit, weil er nicht vorhat, etwas dagegen zu unternehmen. »Ähm … selbstverständlich, Eure Hoheit. Ich werde es der Prinzessin ausrichten.«
»Das erwarte ich auch. Und wenn du gerade dabei bist … Kannst du ihr ausrichten, dass ich ihr alles Glück der Welt wünsche und gern dabei gewesen wäre?«
Für einen Moment bin ich wie versteinert, dann erst kommen seine Worte wirklich bei mir an und ich beeile mich, zu nicken und ihm dieses Versprechen zu geben. »Das mache ich«, lasse ich ihn wissen. »Es tut mir leid, dass sie Euch nicht eingeweiht hat.«
Martin presst die Lippen fest zusammen, als hätte ich etwas ganz Schreckliches gesagt, doch ich wage, so etwas wie Bedauern in seinen Augen zu erkennen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er die Emotion wieder versteckt. Dennoch ist es genug, um zu verstehen, wie sehr er bereut, was er damals heraufbeschworen hat.
»Das ist in Ordnung. Von meiner Schwester habe ich nichts anderes erwartet. Ich werde Melvin jetzt zurückholen, damit ihr weiterkönnt.«
Melvin! So heißt der Wachmann!
Es sollte mir zu denken geben, dass ich nicht weiß, wie meine Kollegen heißen, der Prinz sich aber die Namen aller Angestellten merken kann. Doch das ist ein Thema, über das ich mir ein anderes Mal Gedanken mache.
Martin kommt nicht zurück, aber Melvin erscheint kurz darauf mit meinem Trolley hinter der nächsten Ecke und wir setzen den Rest unseres Weges gemeinsam fort. Obwohl ich ihm ansehe, dass er wissen will, was ich unter vier Augen mit dem Kronprinzen zu besprechen hatte, schweigt er dazu und ist ganz diskret, als wir mit einer zweiminütigen Verspätung am Eingang des Palastes ankommen und Izzy schon ungeduldig auf uns wartet.
Neben ihr stehen ein bunt gestreifter Rollkoffer und ebenfalls ein Wachmann – seinen Namen kenne ich sogar, er heißt George. Unruhig wippt sie mit den Füßen und hat dabei die Hände in die Taille gestemmt.
»Da bist du ja!« Freudig wirft sie die Arme in die Luft. »Na endlich!«
»Entschuldige. Ich musste deinem Bruder erst erklären, dass wir bloß einen Ausflug nach Avelonia machen. Er wollte mir nicht glauben, dass Prinzessin Melissa uns eingeladen hat«, lüge ich und schüttele enttäuscht den Kopf, als könnte ich echt nicht glauben, dass Martin so an uns zweifelt.
Izzy versteht selbstverständlich und seufzt. »Jedes Mal dasselbe. Als wäre es so verwunderlich, wenn wir eine Freundin besuchen wollen. Was dachte er denn, was wir vorhaben?«
»Er dachte, du würdest weglaufen und ich würde dich dabei begleiten.«
»Und mein Nutella hierlassen? Echt jetzt? Martin hat einfach keine Ahnung. Na ja, wir müssen jetzt wirklich los, also lass uns keine weitere Zeit verlieren«, schlägt sie vor.
Die beiden Wachmänner tauschen kurze Blicke. Sie glauben uns nicht, aber sie wissen zumindest nicht, was wir eigentlich vorhaben. Und das ist schon einmal viel wert. Ohne Fragen zu stellen, schaffen sie unser Gepäck nach draußen und dort in die schwarze Limousine, die bereits auf uns wartet.
Für mich ist es jedes Mal etwas Besonderes, wenn ich mit der Prinzessin verreise. Isabella mag meine beste Freundin sein, doch sie ist nach wie vor eine Prinzessin und ich bloß ihre Zofe. Eigentlich dürfte ich nicht mit ihr in der piekfeinen schwarzen Limousine fahren, aber irgendwann hat Izzy sich durchgesetzt, dass es doch vollkommen unlogisch ist, mit zwei ›Autos‹ – ja, sie nannte diese Limousine ein gewöhnliches Auto – zum Flughafen zu fahren, wenn ich auch mit ihr fahren könnte.
Gegen diese Argumentation ist niemand angekommen.
Wir steigen ein und nehmen auf den schwarzen Ledersitzen Platz, während unser Chauffeur die Tür schließt und um den Wagen herum zum Fahrersitz läuft.
Zufrieden und – wie ich glaube – auch erleichtert atmet Izzy durch. Wir haben es tatsächlich bis hierher geschafft. Wenn wir jetzt auch noch in das Flugzeug kommen und dann die Landesgrenzen passieren, kann uns nichts und niemand mehr aufhalten.
»Tom trifft sich am Flughafen mit uns«, murmelt Izzy. »Er hat mein Kleid dabei. Ich habe es selbst genäht und bei ihm deponiert, damit niemand es sieht. Es ist nicht perfekt, aber es ist mein Kleid und ich liebe es.«
»Dann ist es doch perfekt«, widerspreche ich. »Du musst dich in deinem Hochzeitskleid wohlfühlen, Izzy.«
Dankbar lächelt sie mich an. »Danke, Caro. Sara und Leo machen sich übrigens auch gerade auf den Weg. Sie und du sind die einzigen Gäste. Außer dir natürlich. Eine kleine Hochzeit. Es wird wundervoll werden.«
Und nicht für eine Sekunde bezweifle ich es.
Die weitere Reise verläuft ohne Komplikationen. Niemand hält uns auf, Izzy verfällt nicht aufgrund ihrer herannahenden Hochzeit in Panik und Hysterie und wir haben auch nichts vergessen – zumindest nicht, dass ich wüsste.
Und schon bald befinden wir uns über den Wolken auf dem Weg in die Vereinigten Staaten. Ich komme mir in meiner schwarz-weißen Uniform mehr als fehl am Platz in der luxuriösen Kabine vor, die eigentlich nur für Wohlhabende oder Adelige erschwinglich ist.
Während Izzy und Tom fröhlich ihre Zukunft planen – ich versuche, nicht allzu genau zuzuhören, um ihre Privatsphäre nicht zu verletzen –, lese ich in einem Buch, das ich auf die Schnelle aus meinem Regal gezogen habe. Meine Wahl hätte besser sein können, denn die Geschichte ist eher uninteressant, aber irgendwie muss ich mich auf dem fünfstündigen Flug beschäftigen, sonst erinnere ich mich nur wieder daran, dass ich mich im Moment in vielen Meilen Höhe befinde und jederzeit etwas Unvorhergesehenes dafür sorgen kann, dass wir nicht heil ankommen.
»Hey, Caroline«, holt Izzy mich aus meinen Gedanken, die gerade irgendwo zwischen unserem dramatischen Tod durch einen Flugzeugabsturz und dem übermäßig kitschigen Liebesglück von Amanda in dem Buch liegen. Sie wedelt dabei mit einer Hand vor meinem Gesicht herum, also muss ich wohl wirklich weggetreten gewesen sein.
»Hey, Izzy«, erwidere ich äußerst schlagfertig und lächle sie an. »Sind wir bald da?«
»Noch gut zwei Stunden, aber du hast so abwesend ausgesehen, dass ich sichergehen wollte, dass es dir gut geht.«
»Alles in bester Ordnung«, versichere ich ihr. »Nur ein wenig Flugangst, aber das ist halb so wild.« Über ihre Schulter sehe ich zu Tom, der sich mir gegenüber auf einem Sitzplatz niedergelassen hat. »Wieso eigentlich Las Vegas?«, will ich wissen.
Isabella kichert. »Ja, ich weiß, es ist schon ein wenig Klischee, oder? Aber in Las Vegas ist es einfach, schnell an eine Heiratslizenz zu kommen und sich direkt trauen zu lassen. Das toppt keine andere Stadt«, erklärt sie mir und ich bin sicher, sie könnte mir ihren Plan Schritt für Schritt erläutern, aber dazu kommt es nicht.
»Und wie kam es zu eurer … Verlobung?« Die Antwort auf diese Frage interessiert mich schon eine ganze Weile. Ich habe mich bloß nicht getraut, sie zu stellen.
Der Prinzessin entweicht ein weiteres Kichern. Dann entfernt sie sich von mir, um sich neben Tom auf die Bank zu kuscheln. »Willst du es ihr erzählen oder soll ich?«, fragt sie ihn und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.
Sie wirken so vertraut und glücklich miteinander, dass ich mir beinahe etwas schuldig vorkomme, weil ich ihre Zweisamkeit störe. Ich sollte ohnehin nicht hier sein, sondern im Palast, um Magda zu helfen, mit allem klarzukommen, was die Arbeit für die Königsfamilie verlangt.
»Erzähl du ruhig. Du kannst das mit mehr … Temperament«, erwidert Tom und lächelt Izzy zufrieden an. Die wiederum setzt ein strahlendes Grinsen auf, weil sie die Geschichte zum Besten geben darf.
»Also, es war so: Tom und ich sind gerade aus der Vorlesung gekommen und wollten noch zu ihm. Du weißt, die Klausuren stehen vor der Tür und wenn ich mich im Palast darauf vorbereiten will, will immer irgendjemand was von mir, also haben wir beschlossen, bei ihm zu lernen«, beginnt sie und zunächst hört es sich wie eine vollkommen normale Erzählung an.
Sie gehen zu ihm in die kleine Wohnung, die er sich in den letzten beiden Jahren aufzugeben geweigert hat, und beginnen, ihre dicken Bücher zu wälzen. Alles normal, ein gewöhnlicher Nachmittag.
»Als ich dann kurz telefonieren war, weil meine Eltern ja immer wissen wollen, wenn ich über Nacht wegbleibe, hat er alles vorbereitet. Rosenblätter auf dem Boden, Kerzenschein, sogar ein Jackett hat er sich angezogen. Er ist vor mir auf die Knie gesunken, und hach … es war der romantischste Antrag aller Zeiten«, schwärmt sie und nun verstehe ich auch, wieso sie so versonnen lächelt. Es muss wundervoll gewesen sein.
»Obwohl ich nie dazu gekommen bin, sie zu fragen«, ergänzt Tom an dieser Stelle, was mich wiederum dazu bringt, zu kichern.
»Ich wusste, dass du fragen würdest, Hase. Also habe ich Ja gesagt.«
»Du hast mich nicht mal zu Wort kommen lassen. Weiter als ›Isabella, willst du …‹ bin ich nie gekommen«, beharrt Tom und legt seine Arme um Izzy.
»Aber du hast mir trotzdem einen Ring an den Finger gesteckt.«
»Weil ich gemerkt habe, dass es keinen Sinn hat, es weiter zu versuchen. Dafür kenne ich dich wirklich zu gut.«
»Wie schön für euch«, murmle ich, doch sie hören mich gar nicht, sind so sehr miteinander beschäftigt, dass ich dabei in den Hintergrund gerutscht sein muss.
Vielleicht hätte ich doch nicht mitkommen sollen. Izzy hat doch Prinzessin Sarafina als Trauzeugin, wofür braucht sie mich denn noch?
Ich versuche wieder, mich auf meine Lektüre zu konzentrieren, doch ständig driften meine Gedanken in eine andere Richtung. Eine, die noch weniger angemessen ist, als das zukünftige Brautpaar vor meinen Augen zu beneiden. Dass die beiden glücklich sind, freut mich ungemein, und ja, vielleicht beneide ich sie. Aber in einem positiven Sinne, denn das, was sie haben, das will ich auch. Und mein Herz hat schon vor so langer Zeit entschieden, wen es möchte, um an dieses Ziel zu gelangen.
Jede Nacht, in jedem meiner Träume sehe ich ihn. Sehe seine blauen Augen, die strahlen, wann auch immer er mich anschaut. Sein blondes Haar, das ihm verstrubbelt so viel besser steht als diese vornehme, zurückgegelte Frisur, die er meist auf königlichen Veranstaltungen trägt. Und ich sehe seine Hand, die sich um meine schließt, obwohl das noch nie geschehen ist und sicherlich auch nie passieren wird.
Wenn ich dann am nächsten Morgen aufwache, dauert es einen Moment, ehe die Euphorie nachlässt und ich realisiere, dass alles nur ein Traum gewesen ist. Dass ich nicht die ganze Nacht mit dem Prinzen getanzt und mich wie Cinderella höchstpersönlich gefühlt habe.
Obwohl ich weiß, dass der zukünftige König von Mitena für mich immer ein Tabu bleiben wird und mit Sicherheit eh nichts für mich – das Bauernmädchen aus Kinnella, das es irgendwie zur Zofe der Prinzessin gebracht hat – empfindet, kann ich mich einfach nicht davon abbringen, von ihm zu schwärmen.
Liebe ist auch schon einmal einfacher gewesen. Damals. Als Beziehungen noch durch ein Kreuzchen an der richtigen Stelle besiegelt wurden. Aber das ist schon lange her.
Ich sollte ihn mir endlich aus dem Kopf schlagen, doch wenn das so einfach wäre, hätte ich das sicherlich schon längst geschafft. Dass es nicht so ist, beweist, dass es mich echt übel erwischt hat, und die Tatsache, dass ich ihm fast jeden Tag während meiner Arbeit über den Weg laufe, ist dabei nicht sonderlich förderlich. Wir wohnen quasi im selben Haus, auch wenn es kein Haus ist, sondern ein Palast, und er in einer riesigen Suite lebt und ich in einem kleinen Angestelltenzimmer mit angeschlossenem Bad.
»Du siehst irgendwie traurig aus«, werde ich erneut aus meinen Gedanken geholt und könnte Isabella dafür um den Hals fallen, denn eigentlich möchte ich nicht über Martin und die Tatsache nachdenken, dass das mit uns nie etwas werden wird.
»Nur melancholisch. Es ist so lange her, dass ich so eine lange Strecke geflogen bin«, lüge ich und stelle fest, dass ich, seitdem ich für die Königsfamilie von Mitena arbeite, tatsächlich nie länger als ein oder zwei Stunden geflogen bin.
»Musstest du an deinem alten Arbeitsplatz nie fliegen?« Isabella runzelt die Stirn.
Wir kennen uns so lange, aber das Thema ist bisher nie aufgekommen.
»Nein, ich bin immer drumherum gekommen. Prinzessin Anna wurde von anderen Zofen begleitet.«
»Die Frau von Leos großem Bruder?«, wirft die Prinzessin ein und hebt eine Braue. Es wundert mich nicht, dass sie das so genau weiß. Die Royals kennen sich fast alle untereinander.
»Genau.«
»Ach cool! Ich wusste gar nicht, dass du Leo kennst. Wieso hast du das nicht mal erwähnt?«
Ich habe ihn lange Zeit fast jeden Tag gesehen und es fällt mir immer noch schwer, ihn mir als jemand anderen als Prinz Joffrey den Dritten vorzustellen. Ihn einfach nur ›Leo‹ zu nennen, wie Isabella oder sogar seine Frau Sarafina es tun, könnte ich nicht. Als Izzy ihn das erste Mal so genannt hat, wusste ich nicht einmal, wen sie meint.
»Ich hielt es nicht für relevant, aber … ja, wir kennen uns. Sehr gut sogar. Er war immer sehr nett zu mir, dabei habe ich mich am Anfang eher ungeschickt angestellt, bis ich den Dreh raushatte«, erzähle ich.
Noch heute glaube ich, dass es nicht nur ein Zufall sein kann, dass Isabella Sarafina – und damit irgendwie auch Joffrey – in die USA gefolgt ist und wir uns vier Jahre später auf ihrer Hochzeit alle wiedersehen. Sicher ist da das Schicksal – ja, ich glaube an das Schicksal! – involviert.
»Die Welt ist klein«, lautet Izzys Erwiderung darauf. »Aber ich bin froh, dass du jetzt bei mir bist. Beste Zofe, die ich je hatte, und neben Sara definitiv eine meiner besten Freundinnen«, verkündet sie und ich werde beinahe etwas rot. Zumindest glaube ich das, weil meine Wangen zu glühen beginnen.
»Danke, das bedeutet mir viel.«
»Du weißt aber schon, dass du hier nicht so höflich sein musst wie zu Hause? Mom und Dad können dich nicht kontrollieren«, lässt sie mich wissen und zwinkert verschwörerisch.
»Ich weiß, aber ich … ich kann es nicht abschalten. Ich bin einfach so«, erkläre ich und lächle unsicher. Ich bin schon immer so gewesen – ruhig, besonnen, höflich. Das ist nichts, was ich mir erst nach meiner ersten Stelle im Palast angeeignet habe.
»Hm. Okay. Auch gut. Tut uns übrigens leid, dass wir dich so außen vorgelassen haben. Und das Buch scheint ja auch nicht sonderlich spannend zu sein.«
Izzy wirft ihrem Verlobten einen kurzen Blick zu, woraufhin auch der sich bei mir entschuldigt.
»Oh, keine Sorge. Ich komme schon klar. Ihr heiratet morgen, ihr dürft verliebt sein. Ich vertreibe mir meine Zeit mit Amanda und … ich glaube, er heißt Jorge. Oder nein, Jorge ist der Schornsteinfeger, mit dem sie schon rumgemacht hat, aber eigentlich steht sie auf Ramón, den Bänker von nebenan. Ach, keine Ahnung.« Ich gebe zu, ich verstehe dieses Buch nicht, aber zumindest muss ich dadurch lachen und stecke die beiden damit an.
Die Stimmung ist danach sichtlich aufgelockert. Wir scherzen und lachen zusammen und wie so oft, wenn wir viel Zeit miteinander verbringen, vergesse ich, dass wir in der Gesellschaft an so verschiedenen Punkten stehen.
Kurz bevor wir landen, steht Isabella auf und beginnt, in ihrem Handgepäck zu kramen. »Ehe ich es vergesse«, beginnt sie und zieht einen Stoffbeutel hervor. »Die Sachen habe ich heute Morgen aus der Wäscherei mitgehen lassen. Ich dachte mir, du willst vielleicht nicht in deiner Uniform durch Las Vegas laufen.«
Im nächsten Moment fliegt das Teil in meine Richtung. Ich fange ihn auf und sehe hinein. Ordentlich zusammengefaltet befinden sich eine Hose, ein Top und ein langes Oberteil darin. Mehr kann ich nicht erkennen, aber ich sehe, dass die Sachen definitiv in meinen Kleiderschrank gehören.
»Danke.«
»Nicht dafür. Los, zieh dich um, wir landen in zwanzig Minuten.«
Ich verschwinde auf die Bord-Toilette und wechsle meine Kleidung. Es fühlt sich ein wenig seltsam an, tatsächlich Jeans und einen Pullover zu tragen und nicht mein schwarzes Kleid mit der weißen Rüschenschürze, die Izzy so süß findet, die mich aber immer daran erinnert, dass ich quasi rund um die Uhr im Dienst bin. Danach nehme ich mein weißes Häubchen ab und packe es zu meiner Uniform, bevor ich meinen Dutt löse und meine brustlangen dunkelbraunen, fast schon schwarzen Haare mit den Händen in eine vernünftige Frisur zaubere.
So trete ich wenig später aus der Kabine und packe meine Uniform in den Stoffbeutel, während Izzy mich dabei beobachtet und zufrieden nickt.
»Viel besser. Dann können wir ja heute Abend um die Häuser ziehen!«
Was? Vom Ausgehen hat niemand etwas gesagt. Weiß Isabella eigentlich, wann ich heute Morgen mit der Arbeit begonnen habe?
»Nichts für ungut, aber ich bin seit vier auf den Beinen und möchte eigentlich nur noch in mein Bett«, erkläre ich ihr, was ihr ein Kichern entlockt.
»Das war doch nur ein Scherz. Ich kenne deinen Dienstplan genau und ich weiß auch, dass du dich nie an ihn hältst. Wer auch immer es zu verantworten hat, dass du so früh aufgestanden bist, mit dem sollte ich ein ernstes Wörtchen wechseln. Also meinetwegen kannst du ausschlafen.«
Ich kichere. Wie sehr liebe ich es, wenn Isabella sich in Rage redet und dabei voll und ganz vergisst, worum es eigentlich geht.
»Schon gut, schon gut«, beruhige ich sie. »Ich habe heute Morgen nur in der Küche mitgeholfen, weil Steffan krank ist. Sonst stehe ich auch nicht ganz so früh auf, aber ich wusste ja nicht, dass wir heute noch nach Vegas fliegen.«
Sofort atmet die Prinzessin tief durch. »Oh, gut. Ich will ja nicht, dass du mir bei der Arbeit einschläfst.«
Verschwörerisch zwinkert sie mir zu. Wohl, um mir mitzuteilen, dass sie mich vermutlich auch schlafen lassen würde, wenn ich sie darum bäte.
»Jedenfalls geht es für uns nachher nur noch ins Hotel. Morgen früh heiraten wir und dann fliegen wir schon wieder zurück. Ich meine, wir machen das ja nur …«
»… um deine Eltern dazu zu bringen, euch eine richtige riesige königliche Hochzeit zu organisieren«, beende ich ihren Satz und irritiere sie damit kurz.
»Ja. Woher weißt du das?«
»Nur so ein Gedanke.«
Isabella schreitet in ihrem bodenlangen, bauschigen Brautkleid den mit Rosenblüten ausgelegten Gang in der Little White Chapel entlang, als hätte sie das stundenlang geprobt. In der Hand hält sie einen Rosenstrauß. Ein gigantischer – und natürlich auch selbst genähter – Schleier liegt über ihrem blauen Haar und das Highlight bildet Izzys silbernes Diadem. Eine Strähne hat sich aus der komplizierten Hochsteckfrisur gelöst, die Sarafina ihr heute Morgen gezaubert hat, und lockt sich nun an ihrer Stirn, was ihrem Outfit etwas Verwegenes verleiht.
Als Tom sie erblickt, strahlt er förmlich und sie grinst auch bis über beide Ohren, nachdem sie ihren Fast-Ehemann in dem schicken Anzug und der farblich zu ihren Haaren passenden Krawatte gesehen hat. Zweifelsohne bilden die beiden ein wunderschönes Paar.
Sarafina, Joffrey und ich erheben uns von unseren Plätzen in der ersten Reihe, als der Hochzeitsmarsch aus den Lautsprechern erklingt. Ich streiche das Kleid glatt, das Isabella mir besorgt hat, und schaue mich um. Die Kapelle ist sehr hübsch und macht ihrem Namen alle Ehre. Sie ist klein und besitzt einige schlichte weiße Sitzbänke. Die Fenster sind aus Buntglas, wodurch sehr schönes, gedimmtes Licht in den Raum und auf die gigantischen Blumengestecke neben dem Altar fällt.
Prinzessinnen sollten anderes gewohnt sein – Größeres, Prunkvolleres –, was Hochzeiten angeht, aber Isabella ist mehr als glücklich, dass die Feier in einem kleinen Rahmen stattfindet und nicht im Beisein »unendlich vieler Menschen, von denen sie vielleicht zwei oder drei kennt«, wie sie vorhin gesagt hat. Noch dazu ist das hier einer der berühmtesten Orte weltweit, um zu heiraten.
Auch für den Priester muss das eine außergewöhnliche Erfahrung sein. Eine königliche Hochzeit mit pompösem Brautkleid und echten Kronjuwelen als Accessoires hatte er sicherlich auch noch nicht. Wenn ich diese Kapelle einschätzen müsste, würde ich eher sagen, dass sich betrunkene, feierwütige Studenten im Springbreak hier mitten in der Nacht trauen lassen, um am nächsten Morgen mit Erschrecken festzustellen, dass das Ganze nicht nur Spaß gewesen ist und sie tatsächlich verheiratet sind.
Aber Izzy und Tom sind beide komplett nüchtern – na ja, bis auf das Glas Sekt, mit dem Isabella, Sarafina und ich heute schon angestoßen haben – und sie sind sich absolut sicher, dass sie hier den Bund der Ehe schließen wollen. Ich sehe es an den verstohlenen Blicken, die sie einander zuwerfen, während der Priester mit seiner Predigt beginnt.
Auch ich kann mir ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Isabella hat es verdient, nun endlich ihre Traumhochzeit zu bekommen, nachdem ihre erste Hochzeit zum Glück kurzfristig abgeblasen wurde.
Der Unterschied zwischen damals und heute ist wahrlich enorm. War die Prinzessin damals nur noch ein Schatten ihrer selbst, gebrochen und ohne Hoffnung, dass jemand sie vor dem Leben, das auf sie gewartet hat, bewahrt, ist sie heute glücklich und voller Vorfreude auf alles, was noch kommen mag.
Ungefähr eine halbe Stunde später haben Isabella und Tom ihre Ehegelübde vorgetragen – Izzy hat Tom als das Nutella auf ihrem Toast bezeichnet und wenn man nicht wüsste, wie sehr sie Nutella liebt, könnte man das ziemlich absurd finden – und die Trauung endet mit dem Kuss des Brautpaares. Obwohl das Bild, das sich vor meinen Augen zeigt, eher einer übertrieben kitschigen Szene gleicht, in der Tom seine Frau an der Taille festhält und sie im Kreis dreht, ehe ihre Lippen miteinander verschmelzen.
Also DAS haben sie definitiv vorher geprobt.
Prinzessin Sarafina springt von ihrem Platz auf und jubelt und applaudiert, so laut sie kann, und überhaupt nicht so, wie es sich für eine zukünftige Königin gehört. Aber ich schätze, hier sind die Verhaltensregeln des Adels außer Kraft gesetzt.
Joffrey steigt in den Jubel ein und ich tue es ihnen gleich, bis Izzy und Tom voneinander ablassen und uns selig angrinsen.
Sie sind jetzt verheiratet. Und was macht eine Prinzessin direkt nach ihrer Hochzeit? Nicht etwa fröhlich in die Kamera lächeln und für Fotos für die Presse und andere Medien posieren. Nein, das würden vielleicht andere Prinzessinnen tun, aber nicht Prinzessin Isabella, denn die hat von vornherein dafür gesorgt, dass weder Presse anwesend ist noch ein Medienrummel veranstaltet wird. Als Erinnerung an diesen ehrwürdigen Tag schnappt sie sich ihre beste Freundin und schießt mit ihr ein Selfie, auf dem die Eheringe der beiden Frauen deutlich zu sehen sind.
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen und sehe Tom und Joffrey an, dass es ihnen nicht anders geht, aber eines ist uns allen klar: Das ist wahre Freundschaft.