Royally in Love: Die royale Romance-Trilogie in einer E-Box! - Annie Laine - E-Book

Royally in Love: Die royale Romance-Trilogie in einer E-Box! E-Book

Annie Laine

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Beschreibung

NIEDRIGER EINFÜHRUNGSPREIS NUR FÜR KURZE ZEIT! **Royals zum Verlieben** Princess in Disguise Die 17-jährige Prinzessin Sarafina ist es leid, das Leben einer Royal zu führen. Die hübschen Kleider, die königlichen Bälle, all das würde sie nur zu gern gegen ein normales Leben eintauschen. Als ihre Eltern jedoch beschließen sie mit einem Prinzen zu verloben, scheinen ihre Träume in weite Ferne zu rücken. Um wenigstens noch ein bisschen ihr Leben genießen zu können, nimmt die Prinzessin kurz entschlossen an einem Schüleraustausch in den USA teil. Doch so leicht, wie sie sich die Highschool vorgestellt hat, ist sie dann doch nicht, und das Inkognito-Leben erweist sich als höchst kompliziert. Sarafinas einziger Lichtblick ist Leo, der sie mit seinen intensiv grünen Augen von Beginn an verzaubert. Wie dumm, dass sie vor ihm verbergen muss, wer sie wirklich ist… Princess on the Run Nichts verabscheut Isabella mehr, als sich dem strengen Hofprotokoll ihres Königreichs zu beugen. Vor allem die ständigen Versuche ihrer Eltern, sie mit einem adligen Mann zu verheiraten, lassen die Prinzessin alles daransetzen, jeden Heiratsanwärter zu vergraulen. Umso glücklicher ist sie, dass das College in England auf sie wartet. Doch das Königspaar stellt Isabella ein Ultimatum: Findet sie während ihres Studiums keinen Adligen zum Heiraten, wird sie enterbt. Entschlossen das College trotzdem zu genießen, lernt sie den charmanten Tom kennen, der für sie das Potenzial zum Traumprinzen hat. Doch der Student ist keineswegs von Adel, sondern leider sehr bürgerlich … Princess in Waiting Für Caroline gibt es nichts Schöneres, als im königlichen Palast von Mitena zu leben. Schließlich hat sie schon als Kind von nichts anderem geträumt. Als Zofe von Prinzessin Isabella geht sie völlig in ihrer Arbeit auf, zumal diese nicht nur eine Royal ist, sondern auch ihre beste Freundin. Alles könnte also perfekt sein, wäre da nicht Martin, der große Bruder von Isabella und der zukünftige König von Mitena. Obwohl sie weiß, dass seine Braut eine Adlige sein muss, kann Caroline nichts gegen ihr Herzklopfen tun, sobald sie dem attraktiven Kronprinzen auch nur begegnet. Und als dann auch noch beschlossen wird, dass sie als Zofe für Martin tätig sein soll, scheint ihre ganze Welt kopfzustehen … //Diese E-Box enthält alle Teile der romantischen »Royally in Love«-Reihe:.  -- Band 1: Princess in Disguise -- Band 2: Princess on the Run -- Band 3: Princess in Waiting.// Alle Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden und haben ein abgeschlossenes Ende.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impress Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH, Völckersstraße 14-20, 22765 Hamburg © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2025 Text © Annie Laine, 2018; 2019; 2025 Coverbild: shutterstock.com / © BenChaYaPa / © Lana Brow / © Sunward Art Covergestaltung: Emily Bähr ISBN 978-3-646-61226-4www.impressbooks.de

© Studioline Photography

Annie Laine wurde im schönen Osthessen geboren. Nach dem Realschulabschluss führt sie ihr Leben zunächst in ganz verschiedene Richtungen. Sie schließt eine Ausbildung ab und arbeitet ein halbes Jahr auf der Kanareninsel Teneriffa, findet aber nicht ihre Passion darin. Das zieht sie schließlich zurück zu den Büchern. Während sie tagsüber Buchhandel/Verlagswirtschaft studiert, verbringt sie ihre Nächte mit dem Schreiben eigener Texte und betreibt einen Bücherblog.

Wohin soll es gehen?

Vita

Band 1: Princess in Disguise

Band 2: Princess on the Run

Band 3: Princess in Waiting

Impress

Die Macht der Gefühle

Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.

Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.

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Annie Laine

Princess in Disguise (Royally in Love-Reihe)

**Wenn eine Prinzessin keine mehr sein will**

Die 17-jährige Prinzessin Sarafina ist es leid, das Leben einer Royal zu führen. Die hübschen Kleider, die königlichen Bälle, all das würde sie nur zu gern gegen ein normales Leben eintauschen. Als ihre Eltern jedoch beschließen sie mit einem Prinzen zu verloben, scheinen ihre Träume in weite Ferne zu rücken. Um wenigstens noch ein bisschen ihr Leben genießen zu können, nimmt die Prinzessin kurz entschlossen an einem Schüleraustausch in den USA teil. Doch so leicht, wie sie sich die Highschool vorgestellt hat, ist sie dann doch nicht, und das Inkognito-Leben erweist sich als höchst kompliziert. Sarafinas einziger Lichtblick ist Leo, der sie mit seinen intensiv grünen Augen von Beginn an verzaubert. Wie dumm, dass sie vor ihm verbergen muss, wer sie wirklich ist…

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Danksagung

Für alle Mädchen, die davon träumen, eine Prinzessin zu sein, und für alle Prinzessinnen, die lieber keine wären.

Prolog

Ich schätze, jedes Mädchen wünscht sich, eine Prinzessin zu sein. Mit all den Privilegien, die ein solches Leben mit sich bringt. Den wenigsten ist bewusst, dass es nicht leicht ist, in einem Königshaus aufzuwachsen. Deshalb glaube ich, dass es Zeit ist, mit diesen verdammten Klischees aufzuräumen und den Mädchen endlich die Augen zu öffnen. Aber beginnen wir von vorn.

Jedes Mädchen will Prinzessin sein.

Ich bin eine und kann bezeugen: Prinzessin zu sein, wird vollkommen überbewertet. Man hat auch nicht mehr Freiheiten als andere Mädchen. Im Gegenteil: Unterricht von früh bis spät in die Nacht – eine Prinzessin muss klug und gebildet sein – und man wird auf Schritt und Tritt verfolgt, wenn man es wagen sollte, den Palast zu verlassen. Immer muss man höflich und freundlich sein. Für Prinzessinnen heißt es, stets gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wir können nicht einfach mal einen schlechten Tag haben, denn wenn wir mies drauf sind, fällt das nicht nur auf uns, sondern auf unser Land zurück.

Jedes Mädchen möchte hübsche Kleider tragen.

Sie vergessen, dass Reifröcke absolut unerlässlich sind, um die Kleider so bauschig und voluminös wirken zu lassen, wie es in Disney-Filmen gern dargestellt wird. Sie haben noch nie versucht, sich in einem solchen Teil hinzusetzen, und wissen nicht, wie abartig nervig das ist. Man muss echt höllisch aufpassen, dass einem dabei nicht der Reifrock entgegenspringt, sodass man nicht nur den weiten Rock ins Gesicht bekommt, sondern auch allen Anwesenden seine Unterwäsche zeigt.

Diese Teile sind echt nicht zum Sitzen gemacht!

Und dann diese Korsagen. So eng, dass man kaum atmen kann. Sobald man eine trägt, war es das mit dem Essen. Man wird sofort auf eine unfreiwillige Nulldiät gesetzt. Und wer die eindrucksvollen Büfetts im Palast gesehen hat – das einzig Gute hier –, der kann verstehen, wieso mir das nicht gefällt. Von Kanapees über Hauptspeisen bis hin zum Dessert ist dort stets alles vertreten. Und dieser Duft! Wie soll einem da nicht das Wasser im Mund zusammenlaufen? Nun, in einer Korsage kann der Magen noch so sehr knurren, da ist echt nichts zu machen.

Dabei könnte ich mich allein von den leckeren Törtchen ernähren, die unsere Köchin immer extra für mich macht. Und Crème brûlée! Ich liebe Crème brûlée so sehr, wie ich Korsagen hasse!

Außerdem müssen wir Prinzessinnen uns immer adrett und gut aussehend präsentieren. Einfach mal einen ganzen Tag in Jogginghose auf dem Sofa rumzugammeln oder im Sommer in Hotpants und T-Shirt nach draußen zu gehen, muss wohl ein Traum bleiben. Als Royal wird man rund um die Uhr von der Presse belagert, sodass man sich keine Fehler erlauben darf, wenn man nicht am Folgetag die Titelseiten aller Klatschzeitschriften zieren will.

Jedes Mädchen möchte auf einen königlichen Ball gehen.

Glaubt mir, wollt ihr nicht. Wenn ich schon höre, dass es Menschen gibt, die sich das freiwillig antun, frage ich mich, ob die sonst keine Hobbys haben.

Bälle sind langweilig, nervig und Spaß haben sie mir noch nie gemacht. Leider werde ich oft damit gequält. Zuletzt an meinem siebzehnten Geburtstag vor einer Woche. Es war die Hölle und ich werde euch die Einzelheiten ersparen. Damit ihr euch ein grobes Bild machen könnt:

Es waren viele Mitglieder des Hochadels anwesend, die mal mehr, mal weniger schöne Kleider trugen und um die Wette ihre Nasen in die Höhe gereckt haben. Alle taten so, als würden sie einander kennen – oder mich, den Grund für die Feier. Ich selbst konnte die wenigsten Gesichter zuordnen.

Es war nicht der erste Ball anlässlich meines Geburtstages, aber wenn ich vorher geglaubt habe, meine Eltern wüssten, wie man einen Ehrentag kaputt machen kann, haben sie sich in diesem Jahr wahrlich selbst übertroffen. Das Schlimmste folgt nämlich erst noch.

Jedes Mädchen möchte einen Prinzen heiraten.

Sie leiden ganz klar unter Realitätsverlust. Nicht alle Prinzen sind knackige, gut aussehende junge Kerle wie Prinz Charming oder Prinz Eric aus den bekannten Disney-Klassikern. Und die wenigsten Prinzessinnen haben Einfluss auf die Wahl ihres Gatten. In meinem Königreich übernehmen das meine Eltern und wie es aussieht, werde ich bald Prinz Joffrey heiraten. Und damit meine ich, sobald ich achtzehn und damit heiratsfähig bin. Das ist schon in einem Jahr!

Mal ganz davon abgesehen, dass er wie das unausstehliche, verabscheuungswürdige Balg aus Game of Thrones heißt, ist er nicht mein Typ. Das merke ich schon allein daran, dass er mir Briefe schreibt. Ja, Briefe. Keine SMS, E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten. Er schreibt Briefe. Mit der Hand. Wie old-school ist das denn?

Ich habe noch nie ein Wort mit ihm gewechselt. Das werde ich erst auf dem Verlobungsball in …

Wie meine Eltern mein Leben ruinieren

»… in sechs Monaten«, sagt meine Mutter mit Blick in ihren königlichen Terminkalender, als ich sie nach dem Termin für den Ball frage.

»Was?« In sechs Monaten schon? Das ist doch viel zu früh! Bin ich erst mal mit dem Sohn irgendeines Königs von weit her verlobt, ist es nur noch ein Wimpernschlag bis zur Hochzeit. Und dann wird Prinz Joffrey mich mit in sein Reich nehmen. Was ich dazu zu sagen habe, interessiert mal wieder niemanden.

»Der Verlobungsball ist einem halben Jahr«, wiederholt sie. »Und jetzt sieh mich nicht so an. Halte dich gerade und sprich, wie es sich für eine Prinzessin gehört.«

Mamá kann eigentlich ganz nett sein, aber Königin Wilhelmina ist einfach nur streng.

»Wieso sollte ich mich wie eine Prinzessin benehmen, wenn ihr mich wie eine Sklavin verschachern wollt?«

Das ist das Erste, was mir eingefallen ist, aber nicht einmal ansatzweise das, was ich hätte sagen sollen. Es wird nicht von mir erwartet, eine eigene Meinung zu haben. Ich bin doch nur das süße kleine Prinzesschen, das meine Eltern als Aushängeschild für unser Land benutzen können.

Dabei wissen nur die wenigsten, dass sich im Mittelmeer, gar nicht weit entfernt von Spanien, unser kleines Reich befindet. Bahía Dorada ist einfach zu klein, um auf handelsüblichen Karten verzeichnet zu sein. Trotzdem legt Mamá höchsten Wert darauf, dass ich mich in der Öffentlichkeit gut benehme. Innerhalb der Palastmauern achtet sie nicht so streng auf meine Ausdrucksweise, aber heute habe ich wohl den Vogel abgeschossen.

»Hüte deine Zunge, junge Dame! Du kennst die höfischen Traditionen und wusstest, dass du bald heiraten wirst«, erklärt sie ruhig, aber dafür mit Nachdruck.

»Ja, ich wusste, dass ich bald heiraten muss. Nicht, dass es schon kurz nach meinem achtzehnten Geburtstag so weit sein wird. Mamá, bitte, ich will das nicht«, flehe ich in der Hoffnung, dass sie noch einmal mit sich reden lässt. Aber das wäre natürlich viel zu einfach.

»Aber warum nicht? Prinz Joffrey schien deinem Vater und mir die richtige Wahl zu sein.«

Ja, ihnen! Mich hat niemand gefragt.

»Habt ihr auch nur einen von seinen Briefen gelesen?«, fahre ich sie an und kümmere mich nicht darum, dass die höfische Netiquette es nicht vorsieht, die Stimme zu erheben.

»Als würden wir in deine Privatsphäre eingreifen, Sarafina.«

Mamá schnaubt, als könne sie nicht glauben, dass ich ihr so etwas vorwerfe.

Ich fasse es nicht!

»Und die Wahl meines Ehemannes greift nicht in meine Privatsphäre ein?«, werfe ich ihr vor.

»Nun beruhige dich …«

»Nein, ich werde mich nicht beruhigen. Nicht, bis ihr diesen Irrsinn stoppt, bevor es zu spät ist.«

Theatralisch wende ich mich um und lege den wohl perfekten Abgang hin.

In meinen Gemächern angekommen, schäle ich mich aus dem viel zu engen und alles andere als bequemen Kleid und mache es mir in meinem kuscheligen rosa Pyjama auf dem Sofa gemütlich. Solange ich in meinem Zimmer bleibe, ist das … sagen wir, akzeptabel. Es gefällt meinen Eltern zwar nicht, dass die Palastangestellten mich so sehen könnten, aber es sind immer noch meine Gemächer und hier gelten meine Regeln!

Es ist zwar erst drei Uhr nachmittags, aber ich habe nicht vor, mein Zimmer heute noch einmal zu verlassen. Wozu auch? Hier habe ich alles, was ich brauche: ein gemütliches Himmelbett, einen begehbaren Kleiderschrank, in dessen Untiefen ich meinen Süßigkeiten-Vorrat vor meinen Eltern und den Zofen verstecke, und natürlich meinen Fernseher. Wenn heute noch jemand hereinkommt und etwas gegen mein Outfit hat, soll er sich damit abfinden.

Ich kuschele mit einem flauschigen Sofakissen und starte einen Skype-Anruf über den riesigen Flachbildfernseher an der Wand. Der Anruf geht einmal um die halbe Welt, landet in dem fernen Königreich Mitena und auf einmal erscheint ein bekanntes Gesicht auf dem Bildschirm.

Meine beste Freundin Izzy hat strahlendrote Pumuckl-Haare, die sie sich regelmäßig färben lässt. Das ist ihr Akt der stummen Rebellion gegen ihre Eltern und sie stehen ihr wirklich gut, obwohl sie etwas zerzaust sind. Vermutlich ist sie gerade aufgestanden. Die Zeitverschiebung ist schon eine dumme Sache.

»Sara, was gibt’s denn Wichtiges?«, gähnt sie in die Kamera. »Weißt du nicht, wie spät es hier ist? Lass mich schlafen!«

Sie lehnt sich zurück und ich sehe, dass sie tatsächlich noch in ihrem Bett liegt. So verschwindet sie schnell in einem Meer aus großen und kleinen Kissen.

Auch Izzy ist eine Königstochter – wir haben uns vor zehn Jahren auf einem Ball im Palast meiner Familie kennengelernt –, aber ihre etwas verrückte Ader hält sie davon ab, sich so perfekt zu verhalten, wie ihre Eltern es gern hätten.

»Du kannst nachher weiterschlafen«, erkläre ich lächelnd.

Sie nimmt mir das nicht übel, hat mich auch schon oft aus dem Bett geholt. So sind beste Freundinnen eben. Sie sind da, wenn man sie braucht. Egal, wo auf dem Planeten man steckt und wie spät es gerade ist.

»Guten Morgen, Isabella.«

Sofort sitzt sie kerzengerade in ihrem Bett.

»Du hast mich Isabella genannt. Also ist es wirklich, wirklich, wirklich wichtig. Was ist los, Schwester?«, will sie wissen und streicht sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht.

Ich drücke mein Flauschekissen fester an mich und erzähle ihr in der Kurzfassung, was ich heute erfahren musste.

»Also noch mal: Deine Eltern wollen dich verheiraten, sobald du achtzehn bist? Denen ist klar, dass sie das nicht tun können, oder?« Izzy schnaubt verächtlich. Dass sie meine Eltern und ihre Strenge nicht gutheißt, ist kein Geheimnis, aber eine Zwangsheirat geht selbst für sie zu weit. Da stimme ich gern zu.

»Anscheinend können sie es«, murmele ich und senke den Blick. Ich habe mich darauf gefreut, endlich kein Kind mehr zu sein, aber der Übergang vom Kind zur Ehefrau ist dann doch etwas zu abrupt.

»Sind die denn verrückt geworden? Boah, die können froh sein, dass ich auf der anderen Seite der Erde bin, sonst würde ich ihnen aufs Dach steigen«, wütet Izzy und schmeißt ein paar ihrer Kissen durch den Raum. Eins davon trifft die Kamera, die verhängnisvoll wackelt.

»Weiß ich doch, Liebes. Und was machst du, wenn ich dir sage, dass der Verlobungsball in sechs Monaten stattfindet?«

»WAS?! Das reicht! Ich sage James, er soll den Privatjet startklar machen.« Umständlich befreit sie sich aus den Decken, die sie im Bett halten, und stapft in ihrem grünen Nachthemd aus dem Bild.

Ein schwaches Lächeln kann ich mir nicht verkneifen. Für ihre ungehaltene, direkte Art liebe ich sie einfach. Sie denkt nicht über ihr Verhalten nach. Sie handelt einfach. Sie kümmert sich nicht darum, was man über sie denkt. Sie tut das, was sie für richtig hält.

»Warte! Izzy, warte, bevor du das ganze Reich in Aufruhr versetzt«, rufe ich und hoffe, dass die Lautsprecher meine Stimme noch bis zu ihr tragen.

»Aber das geht nicht. Du bist meine beste Freundin. Die können dich nicht einfach verheiraten«, beharrt sie, als hätte sie einen Einfluss auf die Entscheidungen meiner Eltern. Als sie wieder im Bild auftaucht, ist ihr die Wut anzusehen. Ihre Wangen sind gerötet, als hätte sie eine gehörige Portion Rouge aufgelegt, und auf ihrer Stirn hat sich eine Zornesfalte gebildet.

»Theoretisch können sie es …«, muss ich ihr den Wind aus den Segeln nehmen. Ich denke an die königliche Tradition und seufze. Doch, ja, es ist dem Königspaar erlaubt, passende Partner für ihre Kinder auszuwählen. Ich habe nicht einmal ein Veto-Recht, weil meine Eltern doch viel besser wissen, was gut für mich ist. Sie kennen die Königreiche, die sich für Allianzen eignen, und natürlich wissen auch nur sie, an wessen Seite ich die perfekte Königin abgebe.

Was passiert, wenn ich mich vor der Hochzeit drücke, weiß ich nicht, aber es muss schrecklich sein, denn vor mir hat es noch nie eine Prinzessin unseres Reiches gewagt, den ihr versprochenen Prinzen nicht zu ehelichen.

»Sie sind echt scheiße, wenn sie das durchziehen. Du hattest schon keine vernünftige Kindheit, Sara. Denk doch nur an deine unzähligen Privatlehrer, die dich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang getriezt haben. Literatur, Sprachen, Naturwissenschaften. Bis du auf jedem Gebiet ein Ass warst. Denk an die unzähligen Musik- und Tanzstunden und die Bälle, Galas und Empfänge, auf die sie dich geschleift haben! Warst du als Kind auch nur einmal wie eine Bürgerliche auf einem Spielplatz und hast Spaß daran gehabt, Sandburgen zu bauen? Bist du je so schnell Karussell gefahren, dass dir schlecht geworden ist, oder hast du dir beim Abspringen von einer Schaukel die Knie aufgeschlagen?«

Ich brauche nicht darauf zu antworten, denn Isabella weiß, dass sie recht hat. Ich habe nichts davon je erlebt. Wie auch? Ich hatte doch nie so etwas wie Freizeit. Habe nie die Dinge getan, die nicht-königliche Kinder fast jeden Tag erleben dürfen. Und mit jeder Minute, die verstrichen ist, habe ich mein Leben hinter den Palastmauern mehr verflucht.

»Siehst du?«, triumphiert meine beste Freundin. »Und jetzt, wo du fast erwachsen bist, wollen sie dich schon wieder unter jemandes Fittiche setzen. Das geht nicht. Wann hast du denn dann bitte gelebt?«, beschwert sie sich. Dabei fuchtelt sie so wild und aufgebracht mit den Armen in der Luft herum, dass die Web-Cam nicht schnell genug mitkommt, um mir all ihre Bewegungen anzuzeigen.

»Das ist das Los einer Princesa de la Bahía Dorada«, murmele ich leise, aber Izzy versteht dennoch jedes Wort. Sie seufzt und nimmt die Arme runter. Sie weiß, wenn ich meinen vollen Titel benutze und ihn auch noch auf Spanisch, unsere Amtssprache, ausspreche, ist es ernst.

»Aber das ist nicht das Wahre. Du musst doch auch mal leben und erfahren, was es heißt, ein Teenager zu sein«, behauptet sie dennoch.

»Wie denn?«

»So wie ich vielleicht? Was glaubst du, wie oft Mom und Dad schon daran gescheitert sind, mich zu einer wahren Prinzessin zu erziehen? Sara, gib nichts auf das, was deine Eltern dir eintrichtern wollen, sondern lebe!«

»Ich habe nur noch ein Jahr …«

»Ein Jahr ist nicht viel, aber genug, um zumindest ein paar Erfahrungen zu machen«, beschließt Izzy an meiner Stelle. Beinahe muss ich über ihre Entschlossenheit kichern.

»Erfahrungen? Welche denn? Wo denn? Auf Bahía Dorada gibt es keinen Ort, um Erfahrungen zu machen. Es sei denn, du meinst den Parkplatz hinter der Highschool. Dort war ich einmal und auf solche Erfahrungen kann ich getrost verzichten.« Ich rümpfe die Nase, um meinen Ekel zu untermauern. Was ich an diesem Tag gesehen habe, reicht, um mich auf ewig zu verstören.

»Nicht auf BD natürlich. Schon mal auf die Idee gekommen, euer Inselkaff zu verlassen?«, fragt meine beste Freundin und verschwindet aus dem Bild. Bevor ich befürchten muss, dass sie nun doch James Bescheid gibt, den Privatjet startklar zu machen, kommt sie mit einer Tüte Chips in den Händen zurück, die sie geräuschvoll öffnet. »Frühstück«, lautet ihre Erklärung.

»Ich soll die Insel …«

»… verlassen. Genau, Schwester.«

Es hört sich leicht an, eine Insel zu verlassen, aber ich bin bisher nicht in den Genuss gekommen. Okay, das stimmt nicht ganz. Einmal, als ich noch ein Kleinkind war, haben meine Eltern mich auf einen Staatsbesuch in Dänemark mitgenommen, aber nachdem ich dort ein unsagbares Chaos angerichtet habe, hielten sie es für das Beste, mich künftig nicht mehr mitzunehmen. Ich erinnere mich nur noch dunkel daran, aber ich weiß, dass ein Schokoladenbrunnen und jede Menge Schlagsahne involviert waren.

»Sag deinen Eltern einfach, wenn sie wollen, dass du diesen Psychopathen aus Game of Thrones heiratest, sollen sie dich ein Jahr in ein Austauschprogramm stecken. Die gibt es doch wie Sand am Meer und die Schulen reißen sich bestimmt darum, eine Prinzessin aufzunehmen. Die paartausend Dollar, die der Austausch kostet, sind für deine Eltern doch Peanuts. Du könntest ein normaler Teenager sein«, schlägt Izzy vor und diese Vorstellung klingt gar nicht mal so schrecklich.

Ich habe bereits von ranghohen Adelskindern gehört, die einen Austausch in Anspruch genommen haben, um einmal in ihrem Leben nichts Besonderes zu sein. Und als Prinzessin von Bahía Dorada bin ich in anderen Ländern unbekannt, sodass ich keine Probleme haben sollte, als gewöhnliche junge Frau durchzugehen.

Wenn meine Eltern mich denn lassen würden.

»Soll ich wirklich?«

»Ja, sollst du«, bestätigt meine beste Freundin und greift beherzt in die Chipstüte. Wie man mit einer solchen Ernährung gertenschlank bleiben kann, habe ich noch nie verstanden, aber mittlerweile stelle ich keine Fragen mehr.

»Danke, Izzy. Du bist echt die Größte.«

Und wieder einmal hat sie mich aufgeheitert. Ich hätte zwar nicht gedacht, dass unser Gespräch eine Wendung wie diese nehmen würde, aber ich bin froh, dass es so gekommen ist.

»Weiß ich doch.« Sie setzt ein schelmisches Grinsen auf. »Ich werde jetzt unter die Dusche verschwinden und versuchen, wach zu werden. Schlafen kann ich eh nicht mehr. Wir sprechen uns.«

»Klar. Wie immer.«

»Halt die Ohren steif, Schwester.«

Das werde ich, aber vorher muss ich mir überlegen, wie ich das Gespräch mit meinen Eltern suche.

Prinzessin mit Fernweh

Mein Plan nimmt Gestalt an. Den restlichen Nachmittag habe ich damit verbracht, mir zu überlegen, wie ich es am besten bewerkstellige, meine Eltern zu überzeugen.

Bis auf dieses eine Mal habe ich Bahía Dorada noch nie verlassen, kenne nichts von der Welt und bin des Palastes schon lange überdrüssig. Meine Eltern sind sich dessen bewusst, aber meinem Flehen, mich die Welt entdecken zu lassen, haben sie nie nachgegeben.

Ganz anders bei meinem Bruder Christiano. Er ist nur zwei Jahre älter als ich und alles andere als der Muster-Prinz. Er ist intelligent, das schon, doch diese Insel war ihm schon immer zu klein. Sein Leben hier zu verbringen, ist für ihn eine Horrorvorstellung. Aber er ist nun einmal der Kronprinz und wenn meine Eltern abdanken, wird er der König unseres Mini-Staates sein.

Aber bis es so weit ist, hat er beschlossen, auf seine ganz eigene Art und Weise normal zu sein. Er hat das Land verlassen, um zu studieren. An der University of St. Andrews in Großbritannien, die auch Prinz William besucht hat. Und offensichtlich fühlt er sich an dieser piekfeinen Universität wohl. Trotz des BWL-Studiums. Er ist nicht einmal zu Weihnachten nach Hause gekommen. Bis zu seinem Abschluss in frühestens drei Jahren sehen wir ihn sicher auch nicht wieder.

Und wenn er das darf, könnte das meine Chance sein, nicht nur die Welt zu sehen, sondern auch erst mal meiner Hochzeit zu entkommen.

Bin ich eine schlechte Prinzessin, weil ich meine Insel verlassen und einmal keine Adelige sein will? Hm. Nein. Ich bin sogar eine sehr gute Prinzessin, weil ich meinen Horizont erweitern will.

Ich beschließe, das Gespräch mit meinen Eltern nicht länger aufzuschieben, und obwohl ich lieber eine einfache Jeans und ein hübsches Trägertop – zwei der wenigen normalen Kleidungsstücke in meinem Schrank und mit Abstand die, die ich am liebsten trage – anziehen würde, entscheide ich mich für ein blassrotes Kleid. Es ist recht schlicht, ohne Stickereien oder Verzierungen, der Ausschnitt vernünftig und der Glockenrock schwingt luftig um meine Beine. Meine Eltern sehen es gern, wenn ich adrett und königlich aussehe, und da ich etwas von ihnen will, passt das Kleid perfekt. Den Kompromiss aus königlich und bequem runde ich mit einem Paar Ballerinas ab und binde meine hüftlangen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz.

Ha! Es soll sich bitte niemand über mein Aussehen beschweren.

***

Meine Mutter sitzt in ihrem Arbeitszimmer und ist mit Schreiben beschäftigt, deren Bedeutung mir schleierhaft ist.

»¿Mamá?«

»Was gibt es, Sarafina?« Sie sieht von ihrer Arbeit auf, rückt ihre Brille zurecht, bevor sie die Mundwinkel nach oben zieht und mir ein schwaches Lächeln schenkt. Das ist ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass sie gerade nicht ganz die strenge Königin ist, sondern ich vielleicht die Chance habe, von Tochter zu Mutter mit ihr zu sprechen.

Ich fasse mir ein Herz. »Ich habe mit Iz… Prinzessin Isabella gesprochen.« Dann muss ich mich schon unterbrechen, weil meine Mutter genervt aufstöhnt.

»Dieser Bauerntrampel«, sagt sie unzufrieden. »Wann wirst du endlich verstehen, dass dieses Mädchen nur Flausen im Kopf hat?«

Mittlerweile ist es nichts Neues mehr, wenn sie sich über meine beste Freundin beschwert, deshalb nehme ich es mit Fassung.

»Sie ist meine beste Freundin, Mamá, und ich habe sie sehr gern. Aber das ist nicht, was ich dir sagen will. Es … es ist wichtig, also … kann ich weitermachen?«

Sie seufzt ein weiteres Mal, nickt aber und meine Hoffnung, dass dieses Gespräch nicht ganz so schlimm wird, ist noch nicht verloren.

»Wo ist Papá? Es wäre schön, wenn er auch dabei wäre.«

»Er hat einen wichtigen Termin und wird erst zum Abendessen wieder hier sein. Was ist so wichtig, dass du uns beide dafür brauchst?«

Nun hebt sie fragend eine Braue und ich denke, sie sieht mir meine Aufregung an. Auch wenn ich insgeheim so viele Wünsche habe, ich bin noch nie gut darin gewesen, mich gegen meine Eltern aufzulehnen. Bei mir hat ihre strenge Erziehung durchaus Früchte getragen.

»Ich … ich habe mich mit ihr unterhalten. Also mit Izzy. Über die Hochzeit …«

Dass ich das H-Wort ausspreche, ist genug, um meine Mutter wieder in meine Königin zu verwandeln. Ich hätte es nicht versuchen sollen. Was für eine doofe Idee!

Mamás Blicke durchbohren mich regelrecht. Was auch immer ich im Begriff bin, zu sagen, verpufft. Meine Mutter wird es ohnehin nicht gutheißen.

»Was willst du sagen?«, fragt sie durch zusammengepresste Lippen und starrt mich unnachgiebig an.

»Ich war immer nur hier, Mamá. Ich war immer hier und habe gelernt, wie man die perfekte Prinzessin ist, und jetzt habe ich noch ein Jahr und dann bin ich eine Ehefrau. Ich … ich würde gern … für das eine Jahr, das mir noch bleibt … etwas anderes sehen als königliche Pflichten. Ich möchte etwas Neues ausprobieren. So wie Chris.«

So holprig habe ich mir das nicht vorgestellt, aber ich bin froh, dass überhaupt Worte aus meinem Mund gekommen sind.

»Du willst dein Land im Stich lassen, so wie dein Bruder es getan hat, nicht wahr?«, unterstellt sie mir.

»Nein!«, widerspreche ich auf der Stelle und schüttele den Kopf, um meinen Ernst zu untermauern. »Das könnte ich nie! Ich liebe mein Land. Und ich liebe meine Familie. Ich habe euch schrecklich lieb und bei dem Gedanken, von hier wegzugehen, bekomme ich Gänsehaut.«

Ich rede zu schnell, meine Stimme überschlägt sich förmlich, aber … es scheint zu wirken. Meine Mutter erhebt sich von ihrem Schreibtischstuhl und kommt zu mir. Auf einmal ist die Barriere zwischen uns weg und ich fühle mich besser, als Mamá mich anlächelt und die Arme nach mir ausstreckt, als würde sie mich umarmen wollen. Sie ist eigentlich nicht der Typ dafür, weshalb ich leicht irritiert bin, als sie mich an sich zieht.

»Was ist los, mein Kind?«, fragt sie leise und drückt mich an ihre Brust.

Langsam schaffe ich es, mich zu entspannen. Diese seltenen Momente müssen schließlich ausgekostet werden und lange wird dieser sowieso nicht anhalten.

»Wenn es nur wegen der Hochzeit ist«, fährt Mamá fort, »wird die Aufregung verfliegen und in einem Jahr wirst du nicht mit einem Fremden vor den Traualtar treten, sondern mit einem deiner besten Freunde.«

Ich weiß, dass auch die Ehe meiner Eltern arrangiert wurde, aber mittlerweile kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass die beiden nicht schon immer ein Paar gewesen sind. Sie sind so vertraut miteinander, und das, obwohl diese Heirat nicht ihre Entscheidung war. Die Liebe muss wohl später dazugekommen sein.

Ob das bei Joffrey und mir irgendwann auch so sein wird? Ich weiß es nicht und bin nicht sicher, ob ich es wissen will.

»Ich möchte an einem Austauschprogramm teilnehmen und für ein Jahr an einer normalen Schule lernen, meinen Abschluss machen und erfahren, was es heißt, keine Prinzessin zu sein«, platzt es aus mir heraus, als hätten die Worte es nicht eine Sekunde länger ertragen, unausgesprochen zu bleiben.

Augenblicklich löst sich meine Mutter von mir und schaut mich mit vor Schreck geweiteten Augen an. Ein gehauchtes »Was?« dringt an meine Ohren, doch ich rede einfach weiter, kann nicht anders.

»Wenn ihr mich mit einem Prinzen verheiratet, muss ich irgendwann selbst regieren. Das ist doch die Chance, um zu lernen, wie die Menschen außerhalb des Palastes denken und was ihnen wichtig ist. Du weißt schon, ich könnte das gemeine Volk kennenlernen.«

»Bist du dir da sicher?«, fragt sie sanft, als sie ihre Fassung wiedergefunden hat.

»Ja, bin ich, Mamá«, entgegne ich genauso ruhig.

Es fühlt sich an, als würde eine Ewigkeit vergehen, bevor sie den Blick von mir abwendet und wieder auf die Arbeit schaut, die sich auf ihrem Schreibtisch stapelt.

»Ich werde mit deinem Vater darüber sprechen«, gibt sie schließlich nach und innerlich beginne ich, mich zu freuen, während ich äußerlich die Fassung bewahre. »Heute Abend teilen wir dir mit, wie wir uns entschieden haben.«

Und bis dahin würde ich einfach schon mal anfangen, zu packen.

***

Als es Zeit fürs Abendessen ist, quillt mein Koffer nur so über. Obwohl ich noch nicht weiß, ob ich gehen darf, habe ich bereits wahllos Kleider, die wenigen Jeans und feschen T-Shirts, die ich besitze, zusammen mit eleganten Schuhen und abgelaufenen Sneakers in meinen Koffer geworfen.

Ich bin gerade fertig damit, als es an meiner Tür klopft.

»Princesa Sarafina, der König und die Königin erwarten Euch im Speisesaal.«

Es ist Marina. Sie ist meine liebste Angestellte, die mich zwar förmlich, aber nicht zu förmlich behandelt, und die Einzige, die ich auch ein wenig als meine Freundin sehen kann. Außer Izzy habe ich davon nämlich leider keine. Das Leben als Prinzessin ist ziemlich einsam.

»Muchas gracias«, rufe ich zurück, aber ihre Schritte entfernen sich bereits. Tja, letztendlich ist sie eben doch bloß eine Angestellte und … das ist es auch schon.

Ich seufze. Man muss nehmen, was man bekommt.

Schnell mache ich mich auf den Weg. Durch die prunkvollen, mit reichlich Stuck verzierten und mit Gemälden früherer Regenten behangenen Gänge und eine breite Treppe nach unten, finde ich meinen Weg in den noch größeren, noch prunkvolleren Speisesaal im Erdgeschoss. An einer langen Tafel aus dunklem Ebenholz sitzen bereits meine Eltern. Ich nehme den Platz vor dem dritten und letzten Gedeck ein.

»Mamá, Papá«, begrüße ich beide mit dieser gewissen königlichen Attitüde, die sich bei mir eher gekünstelt als natürlich anhört.

»Hija«, erwidert mein Vater mit einem kleinen Lächeln. Auch er weiß, dass ich es nicht mag, mich … königlich zu verhalten. Anstatt mit Princesa spricht er mich stets mit hija, also Tochter, an. Das gefällt mir besser als irgendein Adelstitel. »Deine Mutter und ich hatten ein interessantes Gespräch.«

»Ja?«, hake ich nach und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

»Du möchtest das Land verlassen? Am besten schon in den nächsten sechs Wochen, wenn ich das richtig verstanden habe?«

Den Zeitraum habe ich nicht genannt, aber ja, es wäre schön, diesen Austausch mit Start des neuen Schuljahres zu beginnen, also nicke ich eifrig. Der Koffer ist zwar schon gepackt, aber ich habe noch genug Kleider im Schrank.

»Ja, das möchte ich!«

Mein Vater legt daraufhin ein leicht amüsiertes Schmunzeln auf und ich wage, zu hoffen. Das kann nur ein gutes Zeichen sein. Dann erzählt er mir alles, was er und Mamá beredet haben, doch ich höre gar nicht mehr richtig zu, nachdem die Worte »Erlaubnis«, »gehen« und »in die Wege leiten« über seine Lippen gekommen sind.

»Aber …«, ergänzt meine Mutter schließlich.

Es ist mir egal, was für eine Bedingung sie noch an meine erste und einzige Chance auf Freiheit knüpft.

»Ja«, rufe ich, »ich mach’s. Egal, was es ist!«

»Gut. Dein Verlobungsball findet wie geplant statt. Du wirst dort Prinz Joffrey kennenlernen, bevor ihr vor den Traualtar tretet. Der Termin für die Hochzeit wird nicht verschoben. Direkt nach deinem Abschluss wirst du zurückkommen. Für beide Termine werden wir dir den königlichen Privatjet zur Verfügung stellen.«

Bevor die Worte wirklich bei mir angekommen sind, nicke ich bereits, denn mal ehrlich: Was habe ich erwartet? Dass sie wegen meines Austauschjahres alle Pläne canceln? Es wäre zwar schön gewesen, aber dafür kenne ich meine Eltern zu gut.

»Das ist alles?«, versichere ich mich, aber meine Mutter schüttelt den Kopf. Dann zählt sie mir auf, an welche Vorschriften ich mich zu halten habe, während ich in den USA bin – denn dorthin geht die Reise für mich. Sie haben sich für die Staaten entschieden, weil niemand mich so weit weg von zu Hause und noch dazu an der öffentlichen Highschool einer amerikanischen Kleinstadt vermuten würde.

Ich sollte mich freuen, aber nach dieser langen Liste, die ich mir niemals werde merken können, ist alles, was ich denken kann: Shit!

Aufbruchstimmung

»Ich werde auf eine richtige, echte Highschool gehen und eine richtige, echte Schülerin sein, die ihren richtigen, echten Abschluss macht«, fasse ich am Abend meine Vorfreude im Skype-Chat mit Izzy zusammen.

Sie sitzt dabei auf ihrem Bett und nascht gleichzeitig Kekse, Schokolade und Kartoffelchips, sodass man annehmen könnte, sie bekäme weder Frühstück noch Mittag- oder Abendessen im Palast. Hin und wieder knistert sie mit der Chipstüte, während sie mir gespannt zuhört.

»Toll, Sara. Ich hab doch gesagt, dass es das Beste ist. Und die Hochzeit?«, will sie wissen.

Ich seufze. »Die steht weiterhin. Der Verlobungsball wird auch nicht verschoben. Meine Eltern werden mich dafür einfliegen lassen, aber ansonsten bin ich ein Jahr lang komplett frei. Das heißt, solange ich mich nicht als Prinzessin oute, über mein Land spreche oder sonst irgendwie gegen die Regeln verstoße. Denn dann bekomme ich einen Bodyguard an die Seite, der mich nicht mehr aus den Augen lässt, oder werde direkt zurückgeholt. Und dann hat es sich mit der Freiheit.«

Ich versuche, mich auf das Positive zu konzentrieren, obwohl ich niemals wirklich frei sein werde. Das weiß ich schon lange und habe es akzeptiert. Rede ich mir zumindest ein.

»Ist ja doof. Sie haben Regeln aufgestellt?«

»Jep. Eine ganze Liste, die ich auch in einem Jahr noch nicht auswendig können werde. Aber der Großteil bezieht sich darauf, inkognito zu bleiben. Oh, und ich darf mich nicht verlieben, aber das steht auch in der Broschüre von dem Austauschprogramm, in das meine Eltern mich irgendwie reinbekommen haben. Ich bin froh, dass sie einverstanden sind und alles so schnell arrangieren konnten. Und was die Regeln angeht: Alles machbar. Das Jahr wird super!«

Izzy scheine ich ebenfalls mit meiner Euphorie angesteckt zu haben, denn sie bietet mir einen virtuellen Keks an und ich nehme ein physisches Äquivalent aus der Packung neben mir.

»Ich komme dich auf jeden Fall besuchen, während du dort bist«, verspricht sie mir. Ich kann die Entschlossenheit in ihrer Stimme über die Distanz hinweg hören und freue mich bereits jetzt auf ihren Besuch. »Weißt du denn schon, wo es dich hin verschlägt? Die USA ist ja viel größer als eure Insel.«

Izzy stellt die Dinge gern so dar, als wäre unsere Insel ein Kuhdorf. Und ehrlich, viel größer ist sie nicht.

»New Mexico. Ich werde in einer Kleinstadt nahe Albuquerque leben. Es wird mit Sicherheit großartig«, erkläre ich ihr, nachdem mir der Name der Stadt wieder eingefallen ist. Bis ich mir die Aussprache und vor allem die Schreibweise gemerkt habe, ist das Jahr sicher schon wieder fast vorbei.

Da lacht sie. »Mexico?«

»New Mexico. Das liegt im Südwesten und grenzt an … Mexico. Aber es befindet sich noch in den Staaten.« Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, so ist es ja nicht.

»Verstehe schon. Gib mir deine Adresse durch, wenn du da bist, damit ich planen kann«, bittet sie mich und ich weiß, dass sie es ernst meint. Ihre Flugstrecke wird um einiges kürzer sein als meine. Auch sie ist eine Inselprinzessin, aber ihr Königreich liegt im Pazifik, ganz in der Nähe der USA.

»Mache ich.«

»Und wie sieht’s mit deinem Prinzen aus?«, fragt sie nun und kommt damit auf unser leidiges Thema zurück.

Ich verziehe das Gesicht. Ich habe ihr schon ein paar der Briefe vorgelesen, die Prinz Joffrey mir geschrieben hat, und natürlich wartet sie nur darauf, neuen Input zu bekommen.

»Sein neuster Brief ist zu kitschig, um ihn vorzulesen, Izzy, also vergiss es. Ich will nicht daran denken«, murre ich und habe das hochwertige Blüten-Briefpapier vor Augen, auf dem er mich in einem einseitigen, vor Kitsch nur so sprühenden Brief mit einer wunderschönen Blume verglichen hat. Hat dieser Kerl kein Leben?

»Oh, jetzt bin ich noch viel neugieriger. Lass hören, Schwester! Ich will mit dir lachen«, verlangt sie und bietet mir im Gegenzug ihren Jahresvorrat Kekse. Allein die Art, wie sie versucht, mich damit zu überzeugen, bringt mich zum Lachen, aber vorlesen werde ich diesen Kitsch trotzdem nicht.

»Och, komm schon«, bettelt meine beste Freundin, aber ich bleibe hart. Säße sie mir jetzt gegenüber, hätte ich ihr das sicher nicht ausschlagen können, aber mit der Webcam zwischen uns schaffe ich es, nicht nachzugeben.

»Nein. Ich möchte einfach nicht an ihn denken, okay? Schlimm genug, dass er mir immer noch schreibt und es ihn wohl nicht interessiert, dass ich ihn ignoriere.«

Ich seufze. Joffrey schreibt mir seit einem halben Jahr, aber in der ganzen Zeit habe ich noch nicht einmal eine Antwort verfasst, weil ich es nicht einsehe, meine Zeit an ihn zu verschwenden.

»Da hast du wohl recht.« Izzy legt nachdenklich die Stirn in Falten. »Was weißt du mittlerweile über den Kerl?«

»Außer seinem Namen, nichts.«

Ich habe mich – zu seiner Verteidigung – aber auch nie näher mit ihm befasst, sondern seine Existenz verdrängt.

»Vielleicht sollte ich mal ein paar Nachforschungen anstellen …«

»Nein!«, unterbreche ich sie. »Izzy, lass es einfach, okay? Ich will nicht darüber nachdenken. Zumindest nicht jetzt. Erst einmal freue ich mich auf das Austauschjahr. Über Joffrey kann ich mir später immer noch Gedanken machen, in Ordnung?«

Nun seufzt sie, stimmt aber zu: »Okay, aber nur weil du es bist. Trotzdem will ich wissen, was er dir geschrieben hat! Erzähl es mir. Biiiitteeeeeeee!«, bettelt sie, aber ich bleibe weiterhin standhaft.

Schnell werfe ich einen Blick auf die Uhr, die schon nach Mitternacht zeigt. »Gute Nacht, Izzy.« Ich beschließe, dass es das Beste ist, die Skype-Session zu beenden. Sonst bekommt sie mich womöglich doch noch dazu, diese oberpeinlichen Verse vorzulesen, und dann schaffen wir beide es heute Nacht nicht mehr ins Bett.

»Was? Nein! Du kannst jetzt noch nicht gehen. Es ist doch erst Mittag!«, beschwert sie sich lautstark und wirft so übertrieben die Arme in die Luft, dass ihr ein paar Chips aus der Hand fliegen und sich in ihren Gemächern verteilen.

»Hier ist es schon spät und ich habe morgen wieder einen vollen Terminkalender. Schlaf gut, Süße. Ich melde mich, wenn ich eine freie Minute habe.« Und ehe sie noch weiter protestieren kann, klinke ich mich aus und fahre den Rechner herunter. Sie wird jetzt noch eine Weile schmollen und ihre Schokolade aufessen, aber lange kann sie mir nie böse sein.

So wie ich nie sauer auf sie sein kann.

***

»Was darf’s denn sein, Princesa?«, fragt Sergé mit einem prüfenden Blick auf mein Haar. Er ist der königliche Friseur und sicherlich der Beste seines Fachs. Die Führung der Schere liegt ihm einfach ganz besonders. Dazu sieht er in den engen Jeans und einfarbigen Hemden, die er nie bis oben zuknöpft, immer stylish aus. Kurzum: Er ist der Klischee-Szenefriseur und ich habe das Privileg, dass er regelmäßig meine Haare schneidet. Sein letzter Besuch bei mir ist noch nicht lange her, aber meine Haare haben die nervige Angewohnheit, wie Unkraut zu wachsen. Mittlerweile reichen sie wieder fast bis zu meinem Hintern.

»Schneid sie ab, Sergé«, lautet das Urteil meiner Mutter, die neben mir steht und die ganze Prozedur beobachtet. Ich habe befürchtet, dass sie das sagt, aber ich werde mich natürlich nicht dagegen wehren.

Meine Eltern haben nur unter der Bedingung zugesagt, mich ohne meinen Bodyguard, der mich immer zu öffentlichen Terminen begleitet, gehen zu lassen, wenn ich mich einer Typveränderung unterziehe. Und dazu gehört leider auch, dass ich mich von meinem Markenzeichen, dem ellenlangen Rapunzel-Zopf, verabschiede. Aber das nehme ich gern in Kauf, denn bürgerliche Mädchen haben nur in den seltensten Fällen Begleitschutz und wenn ich als Bürgerliche durchgehen will, muss ich da halt durch. Diesen Termin habe ich anderthalb Monate vor mir hergeschoben, aber jetzt muss es sein, denn schon morgen geht mein Flug in die USA.

»Ist das für Euch de acuerdo, Princesa?«, fragt Sergé mich mit gerunzelter Stirn und streicht der Länge nach über meine Mähne. »Ihr liebt doch Euer Haar.«

Ja, das tue ich in der Tat, aber es wird wachsen. So wie es das immer tut.

»Schneid sie ab, Sergé«, wiederhole ich daher die Worte meiner Mutter und ermahne mich zur Ruhe, während er die Schere ansetzt.

Zuvor hat er den Spiegel auf meinen Wunsch hin abgedeckt, damit ich nicht in Panik gerate, während er mich um über die Hälfte meiner Haarlänge erleichtert. Hin und wieder spüre ich die Schere an meinem Hals, was mir eine grobe Vorstellung davon gibt, wie viel er abgeschnitten hat, aber die meiste Zeit verbringe ich damit, auszurechnen, wie lange es wohl dauern wird, bis meine Haare wieder bis zum Hintern reichen.

»Und fertig, Princesa«, verkündet Sergé nach endlosen Minuten zufrieden.

Erleichtert atme ich aus, aber dieser Zustand hält nicht lange an. Ein wenig bewege ich den Kopf, spüre das fehlende Gewicht, die Spitzen, wie sie an meinen Schulterblättern kitzeln, und will am liebsten weinen. Aber natürlich tue ich das nicht. Eine Prinzessin weint nicht. Erst recht nicht vor ihrem Friseur.

»Wie findet Ihr es?«, will Sergé wissen und enthüllt endlich den Spiegel.

Mir gegenüber sitzt eine junge Frau mit kurzen blonden Haaren, die stufig geschnitten und zu den Spitzen hin ausgedünnt wurden. Außerdem habe ich nun einen Pony, der mir über das rechte Auge fällt und sich in die seitlichen Strähnen eingliedert. Auch wenn die Kürze ungewohnt ist, glaube ich, dass ich mich daran gewöhnen kann. Hübsch ist es auf jeden Fall.

»Es ist schön geworden. Danke, Sergé. Ich fühle mich gleich … weniger königlich.«

Tatsächlich fällt mir aus dem Stehgreif keine Prinzessin ein, deren Haare über ihre Augen fallen. Vor Kurzem hätte meine Mutter diese Frisur als Zumutung und Verrat an unserem Land betrachtet. Ich glaube, deswegen gefällt sie mir noch mehr.

Sergé wirft Mamá einen fragenden Blick zu, der so viel ausdrückt wie »War das Sinn der Sache?«, und meine Mutter nickt bestätigend. Oh, und wie das geplant war.

Zufrieden grinsend verabschiede ich mich von Sergé und umarme ihn, ehe ich seinen Salon verlasse. Es gibt noch viel zu tun und nichts steht mehr zwischen mir und einem Jahr voller Erfahrungen. Ich werde herausfinden, was es heißt, normal zu sein, und ich kann nicht behaupten, dass ich meine Entscheidung anzweifle. Nein, im Gegenteil. Ich kann es gar nicht mehr abwarten, bis mein Flug morgen geht.

Gepackt habe ich schon. Zu dem Koffer mit den Kleidungsstücken gesellt sich ein weiterer mit allerlei anderen Dingen, die ich in den Staaten brauchen werde: Kosmetika, Schuhe, Utensilien für die Schule und, und, und.

Anstatt den Privatjet unseres Reiches zu nehmen, habe ich darauf bestanden, Linie zu fliegen, um kein Aufsehen zu erregen. Widerwillig haben meine Eltern mir ein Flugticket gebucht. Morgen früh um drei Uhr geht es los in das Land unbegrenzter Möglichkeiten, in dem man vom Tellerwäscher zum Milliardär aufsteigen kann und wo Träume noch wahr werden. Ich bin noch nie in den USA gewesen, aber das ist es doch, was man über die Vereinigten Staaten sagt, oder?

Odyssee in mein neues Zuhause (auf Zeit)

Der fette Kerl links neben mir schnarcht mir schon seit drei Stunden die Ohren voll und hätte mir, wenn ich ihn nicht davon abgehalten hätte, auch noch das Oberteil vollgesabbert. Inzwischen ist sein Schnarchen zu einem kontinuierlichen Dröhnen in meinem Kopf geworden.

Und nicht nur das: Auf der anderen Seite neben mir sitzt ein verzweifelter Familienvater, der über den Flugzeuggang hinweg versucht, seinen Sohn soweit aufzuheitern, dass dieser nicht länger weint.

Ich muss dem Jungen eins lassen. Durchhaltevermögen hat er. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, er ist noch nicht mal ein Jahr alt, aber dafür schreit er schon seit mindestens einer halben Stunde wie am Spieß. Weder Vater noch Mutter können ihn davon abbringen. Sehr zum Leidwesen der anderen Passagiere. Inklusive mir.

Für einen winzigen Moment wünschte ich, ich hätte auf einem Privatflieger bestanden, so wie es einer Prinzessin würdig ist. Aber dann erinnere ich mich daran, wieso ich mich für eine Linienmaschine entschieden habe. Niemand vermutet, dass eine Prinzessin in Jeans und T-Shirt Linie fliegt. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich normal sein und ich freue mich riesig darauf, das zu erleben, was Jugendliche mit nicht-königlichem Blut ihren Alltag nennen.

Aber bevor es so weit ist, muss ich die nächsten zwei Stunden überleben, ohne einen Tobsuchtsanfall zu erleiden, und an meinem malträtierten Trommelfell hänge ich darüber hinaus auch.

Je mehr Zeit ich eingepfercht auf meinem Sitz verbringe, desto schwerer fällt es mir, Ruhe zu bewahren. Aber wenn es schon nicht der Mann oder das Kleinkind können, muss es doch jemand tun. Und dieser Jemand bin ich.

Trotzdem bin ich mehr als froh, als die Stewardess herumgeht und Ohrstöpsel verteilt, damit die Passagiere aufhören, sich zu beschweren. Schnell stecke ich meine ein und kann mich endlich entspannt zurücklehnen. Nun beginnt der einfache Teil meiner Reise. Nach dem Flug mit dem lebensgefährlichen Doppeldecker zum nächsten großen Flughafen, zweimal umsteigen und drei Stunden Geschnarche in den Ohren, habe ich mir das aber auch redlich verdient.

So vergehen die verbleibenden Stunden wortwörtlich wie im Flug und kaum, dass ich die Augen nach einem kurzen Schläfchen wieder öffne, werden alle Passagiere aufgefordert, ihre Tische hochzuklappen und ihre Sitze in eine aufrechte Position zu bringen. Wir beginnen den Landeanflug auf den Albuquerque International Sunport. Dort wird mich die Familie abholen, bei der ich ein Jahr lang leben werde.

Der Landeanflug verläuft problemlos und nachdem ich ausgestiegen bin, dauert es nicht lange, bis ich meine beiden Koffer wieder bei mir habe. Nun gilt es, die Menschen zu finden, bei denen ich ab sofort wohnen soll.

In der Ankunftshalle ist eine Menge los. Vor meinen Augen kommt es zu Familienzusammenkünften und Freunde fallen sich aufgeregt in die Arme. Urlaubserlebnisse werden ausgetauscht und Männer in dunklen Anzügen halten Schilder in die Höhe. Chauffeure, die auf ihre Kunden warten.

Inmitten all dieser Menschen sehe ich es. Meine Gastmutter hält ebenfalls ein Schild in der Hand. Zumindest im weitesten Sinne, denn genau genommen hat es eher das Format eines Kopfkissenbezuges, auf dem in einer krakeligen, aber noch leserlichen Schrift mein Name geschrieben steht: Sarafina Estella Romero Vazquez de la Bahía Dorada.

Das schulterlange dunkelbraune Haar legt sich in sanften Wellen um ihr rundliches Gesicht, das sie sehr sympathisch wirken lässt. Sie trägt eine dunkle Hose aus leichtem Stoff und eine helle Bluse, die ihre etwas korpulente Figur kaschiert. Als ich auf sie zugehe, beginnt sie zu lächeln und kommt mir entgegen. Dabei breitet sie die Arme aus, als würden wir uns schon ewig kennen. Mrs Callaghan – ihr Nachname ist das Einzige, was ich von ihr weiß – umarmt mich zur Begrüßung.

»Bienvenida a los Estados Unidos, Sarafina«, sagt sie auf Spanisch und überrascht mich damit. Obwohl wir uns in New Mexico befinden, habe ich nicht erwartet, dass die erste Person, der ich begegne, meine Muttersprache beherrscht.

»Muchas gracias, Señora Callaghan. Encantada«, begrüße ich sie freundlich und wechsele auf Englisch. »Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen.«

»Es ist uns eine Ehre, Euch beherbergen zu dürfen, Eure Hoheit.«

Ich kichere, um meine Unsicherheit zu überspielen. Meine Eltern haben mir verboten, meinen Titel auch nur zu erwähnen, und sie erzählen wildfremden Menschen davon, wer ich bin? Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.

»Sara reicht völlig. Ich bin hier, um einmal keine Prinzessin zu sein. Sie können mich also guten Gewissens duzen«, erkläre ich und werde gleich noch heftiger umarmt.

»Dann möchte ich ›Mrs Callaghan‹ aber auch nie wieder aus deinem Mund hören, junge Dame. Ich bin Patricia, aber du kannst mich Patty nennen.« Sie betont ihren Namen spanisch und mir wird klar, dass wir unsere Herkunft teilen.

»In Ordnung … Patty.«

»¡Qué guay!« Sie lässt mich los und klatscht in die Hände. »Hast du alles? Wollen wir uns auf den Heimweg machen?«

Ich lasse mich von ihrer Fröhlichkeit anstecken und nicke freudig, kann es kaum erwarten, mein Zuhause auf Zeit zu sehen. Bisher weiß ich nur, dass die Familie neben Patty und ihrem Mann auch aus drei Kindern besteht, und ich bin gespannt, sie endlich kennenzulernen.

Patty führt mich aus dem Flughafengebäude auf die weitläufige Parkfläche. Ich habe keine Ahnung, wie sie auf Anhieb ihren Wagen wiederfindet, aber sie tut es. Für den Weg hat sie mir einen Koffer abgenommen, sodass wir beide je einen hinter uns herziehen. Diese verlädt sie in den Kofferraum, kaum dass wir den Familienwagen erreichen. Das Auto ist riesig, fast schon ein Bus. Die marineblaue Farbe gefällt mir gut und ich sehe Patty an, wie sehr sie ihren Wagen liebt. Bevor sie einsteigt, streicht sie beinahe liebevoll über die Fahrertür und begrüßt ihren »Azulito«. Ich glaube, das ist der Name des Wagens. Blau ist es ja, aber klein? Ich zähle die Plätze. Sieben. Definitiv nicht klein.

Die Fahrt dauert nicht lange. Eine halbe Stunde ungefähr, dann erreichen wir die Kleinstadt Los Lunas. Laut Patty leben hier circa zehntausend Menschen. Damit ist die Stadt nur minimal größer als Bahía Dorada. Und das ist ein ganzes Königreich!

In dem Moment, als ich die breiten Straßen und niedlichen Kleinstadt-Häuschen zum ersten Mal sehe, fühle ich mich bereits zu Hause. Links und rechts von mir erstrecken sie sich, wie ich es bisher nur in Filmen gesehen habe. Fast alle sind in hellen und gedeckten Farben gehalten. Himmelblau, Mintgrün oder ein blasser Rotton.

Es wird mir hier sehr gut gefallen! Definitiv!

»Oh, schau. Da ist die Highschool, die du ab Montag besuchen wirst. Meine Älteste, Joanna, wird dich begleiten. Ihr seid im gleichen Alter.« Sie lacht. »Nur bist du um einiges besser erzogen.«

Ich sehe das als Kompliment, auch wenn ich nicht ganz verstehe, wieso sie ihre eigene Erziehung kritisiert. Ich verkneife mir die Frage danach, denn da biegen wir auch schon in eine Auffahrt, wo Patty den Wagen abstellt und wir aussteigen.

Das Haus der Callaghans gefällt mir auf der Stelle. Es ist in einem blassen Rotton gestrichen und verfügt über eine einladende Veranda mit weißem Holzgeländer, das mit Blumenkästen mit wunderschönen Geranien behangen ist. Eine Hollywood-Schaukel steht darauf und ich habe sofort Lust, sie auszuprobieren.

Nur mit Mühe kann ich mich zügeln und Patty über die Veranda ins Haus folgen. Dabei verfolgt mich der liebliche Duft der Blumen bis ins Foyer. Dort ziehe ich mir die Schuhe aus, wie meine Gastmutter es mir vormacht, und gehe hinter ihr her in einen breiten Flur, von dem einige Zimmer abgehen. Außerdem entdecke ich eine Treppe ins Obergeschoss.

Kurze Zeit bleibt es still, sodass ich mich umsehen kann, aber nicht lange genug, dass ich es auch nur erwägen könnte, zu fragen, wo ich schlafen werde.

»Moooooooom!«, ruft jemand. Die Stimme gehört zu einem Mädchen und klingt nicht glücklich. Kurz darauf ertönen Schritte auf der Treppe und ich sehe meine Gastschwester zum ersten Mal. Sie mich ebenfalls, aber während ich ihr mit einem Lächeln begegne, bekomme ich von ihr nur hasserfüllte Blicke.

»Ach, ist das Prinzesschen hier? Na großartig.«

Prinzessin gegen Gastschwester

Joanna ist das krasse Gegenteil von mir, wie ich im Laufe des Tages feststelle. Ich verstehe jetzt, wieso Patty meint, ich sei besser erzogen. Meine Gastschwester ist launisch, schnell genervt und kann mich augenblicklich nicht leiden.

Besonders deutlich merke ich das, als ich meine Sachen in den Kleiderschrank in meinem Zimmer einräume. Es ist eigentlich das Gästezimmer. Dementsprechend ist es eingerichtet. Ein kuscheliges Bett steht in der Mitte des Raumes, links und rechts daneben ein leeres Bücherregal, ein Kleiderschrank und eine Kommode. Das ist alles, aber mehr brauche ich auch nicht. Es ist kein Vergleich zu meinen Gemächern im Palast, aber ich fühle mich direkt heimisch.

Während ich den Schrank einräume, summe ich vergnügt vor mich hin und lasse mich nicht stören. Zumindest bis ich höre, wie sich Schritte nähern. Als sich die Tür zu meinem Zimmer öffnet, drehe ich mich mit einem Lächeln um, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass sie es ist.

Joanna lehnt lässig mit dem Rücken im Türrahmen und hält die Arme vor der Brust verschränkt. Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie fühle ich mich von ihr bedroht. Sie versucht, mich einzuschüchtern, aber das lasse ich nicht mit mir machen.

»Oh, hallo, Joanna«, begrüße ich sie freundlich. »Was gibt es?«

»Komm mir nicht so!«, zischt sie und funkelt mich an. Ich kann es nur in einem Auge sehen, weil das andere von ihrem seitlichen Pony verdeckt wird. Während sie ins Zimmer kommt, streicht sie ihre kurzen schwarzen Haare zurück und starrt mich weiterhin in Grund und Boden.

»Ich … ich verstehe nicht.«

»O bitte, Princesa! Wenn du überhaupt eine Prinzessin bist und Mom uns nicht belogen hat. Du bist doch nur hier, weil sie sich immer eine wohlerzogene Tochter gewünscht hat und ich die leider nicht geworden bin. Tja, da holt sie sich eben ein Prinzesschen ins Haus. Wieso auch nicht?«, fährt sie mich an und ich weiche zurück. Sie steht inzwischen nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt und diese Anschuldigung erschüttert mich.

Aber sie weiß nicht, mit wem sie sich anlegt!

Stolz recke ich das Kinn in die Höhe und halte ihrem Blick stand. »Ja, ich bin eine Prinzessin. Princesa Sarafina Estella Romero Vazquez de la Bahía Dorada, wenn du es genau wissen willst. Und mir ist verdammt noch mal egal, wieso ausgerechnet deine Mutter mich hierhaben will. Ich weiß, wieso ich hier sein will, und das ist es, was für mich zählt«, entgegne ich scharf und wende mich von ihr ab. Mein Koffer ist immer noch nicht komplett ausgeräumt und ich habe ja noch einen zweiten. »Lass mich allein. Ich habe fertig auszupacken.«

Ich hätte es zwar nicht geglaubt, aber sie geht wirklich. Selbst ihre Schritte klingen wütend, aber ich habe diese erste Runde wohl gewonnen.

Prinzessin eins, Gastschwester null.

***

Runde zwei folgt beim Abendessen. Ich betrete das Esszimmer und bereite mich mental darauf vor, den Rest der Familie kennenzulernen. Ein wenig fürchte ich, dass Joannas Geschwister genauso drauf sind wie sie, aber schnell stelle ich fest, dass diese Furcht unbegründet ist.

Ein kleines Mädchen mit schwarzen Locken, die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hat, läuft grinsend auf mich zu. Ihre Kleidung ist komplett pink. Hausschuhe, Hose und auch ihr T-Shirt tragen diese Farbe und es bringt mich zum Lachen, dass sie darüber hinaus eine Spielzeugkrone auf dem Kopf trägt.

»Bienvenida, Princesa«, begrüßt mich das kleine Mädchen breit grinsend. Ihr fehlt ein Schneidezahn, sodass sie eine niedliche Zahnlücke präsentiert. Wie alt ist die Kleine wohl? Ich schätze sie auf sieben oder acht Jahre.

Ich kichere und gehe in die Knie. Nun sind wir auf Augenhöhe. »Muchas gracias, Princesita pequeñita.«

Eigentlich will ich mich vorstellen, aber da beginnt das Mädchen, aufgeregt zu kreischen. Sie rennt zu ihrer Mutter, die gerade mit einem dampfenden Topf aus der Küche kommt.

»Mamí, Mamí, ¿has escuchado? Hast du gehört? Sie ist eine Prinzessin und hat gesagt, dass ich eine Prinzessin bin, und wenn sie das sagt, dann stimmt es, also bin ich eine. Oder? Oder? Oder?«

Es ist himmlisch, wie sie sich freut, und auch ihre Mutter kann nicht anders, als darüber zu kichern und ihr recht zu geben.

»Aber natürlich, Cari. Hast du dich unserem Gast denn schon vorgestellt?«

Da fällt ihr ein, dass sie das vergessen hat. Peinlich berührt dreht sie sich wieder zu mir um.

»Yo …« Erneut will sie Spanisch mit mir sprechen, aber obwohl es mich rührt, dass sie sich um meine Gunst bemüht, unterbreche ich sie.

»Du kannst auch Englisch mit mir reden … Cari?«, erkläre ich ihr, woraufhin sie kichert. Nun bin ich verwirrt. Ich habe wohl etwas nicht mitbekommen.

»Cari ist nicht mein Name. Nur Mamí nennt mich so«, erklärt sie mir und ich kann nicht anders, als ebenfalls zu kichern. Aber natürlich. Cari, die Abkürzung von Cariño, was so viel wie »Schatz« oder »Liebling« bedeutet. Darauf hätte ich eigentlich auch gleich kommen können.

»Und wie heißt du dann, Chiquita?« Da ich ihren Namen nicht kenne und sie ungern Cari nennen möchte – ich kenne sie schließlich kaum –, entscheide ich mich für das weniger verfängliche »Chiquita«, was »Kleines Mädchen« bedeutet und sich niedlich anhört.

»Ich bin Mari. Wie ein Schmetterling«, stellt sie sich vor und grinst mich noch einmal breit an.

Ich verstehe und lächle. Mari kommt wohl von ›Mariposa‹, dem spanischen Wort für Schmetterling. Es passt zu ihr.

»Encantada, Mari. Du kannst mich Sara nennen. Das ist etwas kürzer als mein ganzer Name.« Ich zwinkere ihr zu und habe das Gefühl, dass sie jeden Moment ohnmächtig wird. Anscheinend bin ich ihr Idol. Ich bin noch nie jemandes Vorbild gewesen, außer vielleicht das der Kinder auf der Insel. Aber außerhalb von Bahía Dorada bin ich fast noch unbekannter als diese Möchtegern-Internetstars auf Videoplattformen.

Patty stellt derweil den Topf auf dem Esstisch ab und geht erneut in die Küche, um den Salat zu holen. Ich biete ihr an, zu helfen, aber mit der Begründung, ich sei Gast, lässt sie das nicht zu. Stattdessen soll ich mich weiter mit Mari beschäftigen. Die kleine Prinzessin hat einige Fragen an mich.

»Ich dachte, Prinzessinnen tragen nur Kleider?«

»Ein weitverbreitetes Vorurteil, aber tatsächlich tragen wir auch Hosen. Ich trage beides gern«, stelle ich klar, komme danach auf Traditionen zu sprechen und darauf, dass ich keine Krone trage. »Weißt du, Chiquita, ich habe eine Krone, aber ich steige nicht aus dem Bett und setze sie sofort auf wie eine Brille. Eigentlich trage ich sie nur zu wichtigen Anlässen.«

Es scheint ihr unbegreiflich, wie sehr die Last einer Krone im Alltag behindern kann. Mari ist wie jedes kleine Mädchen, das gern eine Prinzessin wäre, ohne zu wissen, welche Verpflichtungen mit dem königlichen Blut einhergehen. Ich würde es ihr gern erklären, aber da kommen Patty und Joanna herein.

»So wie es aussieht, hängen George und Julian im Feierabendverkehr fest. Wir sollen ohne sie anfangen. Du triffst sie dann später, Sara.«

Sie setzt sich auf den Platz neben Mari, während Joanna mich immer noch skeptisch beäugt. Ich erwidere ihren Blick mit einem Lächeln und nachdem Patty sich genommen hat, lade auch ich mir etwas zu essen auf den Teller.

»Paella?«, beschwert sich meine Gastschwester und stöhnt genervt. »Mom, du weißt, dass ich Paella nicht mag.«

»Du magst vieles nicht, mi corazon«, erwidert Patty ungerührt und wendet sich danach mir zu. Ich nehme an, ich bin der Grund für das heutige Abendessen. Schließlich ist Paella das Nationalgericht Spaniens und obwohl wir nicht offiziell dazugehören, wird es bei uns auch gern gegessen. »Ich hoffe, es schmeckt dir, Sara.«

»Vielen Dank.« So köstlich, wie die Paella aussieht und – ¡Dios mío! – duftet, erwarte ich nichts anderes, als dass es wunderbar schmecken wird.

Ich führe den Löffel in den Mund und spüre sogleich die Geschmacksexplosion auf meiner Zunge. Nicht einmal die königliche Köchin bekommt einen so intensiven, würzigen Geschmack hin. Obwohl Patty die Meeresfrüchte weggelassen hat, die für den typischen Paella-Geschmack beinahe unerlässlich sind – wofür ich aber sehr dankbar bin, ich mag nämlich keine Meeresfrüchte! –, kann ich ganz deutlich den Safran herausschmecken. Dazu hat sie Hühnerschenkel angebraten und gewürzt und eine bunte Palette an Gemüse hinzugegeben. Paprika, Zwiebeln, etwas Knoblauch und Erbsen. Das alles zusammen ist einfach …

»¡Muy delicioso!«

Meiner Gastmutter ist anzusehen, wie sehr es sie freut, dass mir ihr Essen schmeckt. Aber was hat sie sich eigentlich für Sorgen gemacht? Sie ist eine herausragende Köchin.

Während ich aufesse und mir einen Nachschlag gönne – nur einen, schließlich wollen noch zwei weitere Familienmitglieder satt werden –, stochert Joanna lustlos und regelrecht angeekelt in ihrem kleinen Häufchen Paella herum. Das heißt, wenn sie mir nicht gerade Blicke zuwirft, bei denen ich mich freue, dass sie nicht töten können.

Nur gut, dass ich mich nicht provozieren lasse.

Prinzessin zwei, Gastschwester null.

***

Nach dem Abendessen kann ich Patty überzeugen, ihr beim Abwasch behilflich zu sein. Sie spült, ich trockne ab. So arbeiten wir effektiv und ich habe nicht vollends das Gefühl, nur Gast in diesem Haus zu sein.

»Und? Wie gefällt es dir hier bisher?«, fragt Patty vergnügt, während sie mir einen weiteren Teller reicht, den ich akribisch trocken rubbele.

»Es ist sehr schön bei euch. Das Haus, das Zimmer … Und Mari ist so süß. Ich habe sie direkt ins Herz geschlossen«, erzähle ich und nehme den nächsten Teller an.

»Das freut mich. Und natürlich entschuldige ich mich für das Verhalten von Joanna. Sie ist gerade in einer schwierigen Phase.« Patty kichert, als wäre es etwas ganz Normales, und wenn ich ehrlich bin, kann ich es nachvollziehen. Ich bin zwar keine unsensible, beleidigende Ziege geworden, aber auch ich befinde mich streng genommen in meiner Trotzphase. Schließlich habe ich das Land verlassen, um nicht täglich an die Hochzeit mit einem vollkommen fremden Mann denken zu müssen. Davon weiß Patty allerdings nichts.

»Das ist schon in Ordnung. Man kann es nicht jedem recht machen. Ich wüsste nur gern, was ich ihr getan habe. Dann könnte ich mich entschuldigen …«

»Du wirst dich nicht bei ihr entschuldigen, Sara. Sie ist einfach ein Sturkopf und beruhigt sich schon wieder«, winkt Patty ab und fragt mich stattdessen unverfänglichere Dinge. Ob ich mich auf die Schule freue. Ob ich das WLAN-Passwort brauche. Wie mein Leben zu Hause aussieht.

Auch nach dem Abwasch unterhalten wir uns weiter und ich erfahre einige interessante Dinge, die ich nicht erwartet hätte. Dazu setzen wir uns auf zwei der Stühle am Küchentisch.