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Eine Prinzessin zum Verlieben Nichts verabscheut Isabella mehr, als sich dem strengen Hofprotokoll ihres Königreichs zu beugen. Vor allem die ständigen Versuche ihrer Eltern, sie mit einem adligen Mann zu verheiraten, lassen die Prinzessin alles daransetzen, jeden Heiratsanwärter zu vergraulen. Umso glücklicher ist sie, dass das College in England auf sie wartet. Doch das Königspaar stellt Isabella ein Ultimatum: Findet sie während ihres Studiums keinen Adligen zum Heiraten, wird sie enterbt. Entschlossen das College trotzdem zu genießen, lernt sie den charmanten Tom kennen, der für sie das Potenzial zum Traumprinzen hat. Doch der Student ist keineswegs von Adel, sondern leider sehr bürgerlich … //Alle Bände der romantischen Royally in Love-Reihe: -- Band 1: Princess in Disguise -- Band 2: Princess on the Run -- Band 3: Princess in Waiting (erscheint im März 2025) Alle Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden und haben ein abgeschlossenes Ende.//
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
Tauch ab und lass die Realität weit hinter dir.
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Annie Laine
Princess on the Run (WA Modern Princess 2)
**Eine Prinzessin zum Verlieben**Nichts verabscheut Isabella mehr, als sich dem strengen Hofprotokoll ihres Königreichs zu beugen. Vor allem die ständigen Versuche ihrer Eltern, sie mit einem adligen Mann zu verheiraten, lassen die Prinzessin alles daransetzen, jeden Heiratsanwärter zu vergraulen. Umso glücklicher ist sie, dass das College in England auf sie wartet. Doch das Königspaar stellt Isabella ein Ultimatum: Findet sie während ihres Studiums keinen Adligen zum Heiraten, wird sie enterbt. Entschlossen das College trotzdem zu genießen, lernt sie den charmanten Tom kennen, der für sie das Potenzial zum Traumprinzen hat. Doch der Student ist keineswegs von Adel, sondern leider sehr bürgerlich…
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Vita
Danksagung
© Studioline Photography
Annie Laine wurde im schönen Osthessen geboren. Nach dem Realschulabschluss führt sie ihr Leben zunächst in ganz verschiedene Richtungen. Sie schließt eine Ausbildung ab und arbeitet ein halbes Jahr auf der Kanareninsel Teneriffa, findet aber nicht ihre Passion darin. Das zieht sie schließlich zurück zu den Büchern. Während sie tagsüber Buchhandel/Verlagswirtschaft studiert, verbringt sie ihre Nächte mit dem Schreiben eigener Texte und betreibt einen Bücherblog.
Für Izzy,weil du einfach toll bist.
»Das war es dann wohl.«
Ein wenig wehmütig blickt meine beste Freundin auf ihr silbernes Diadem, das sie nach dem Abschlussball von ihrem Kopf genommen und in ihren Schoß gelegt hat. Gedankenverloren spielt sie daran herum, nimmt es von einer Hand in die andere, dreht es und versucht wohl, sich damit von dem Offensichtlichen abzulenken.
In ihrer Stimme schwingt der Abschiedsschmerz mit, denn all die Menschen, die wir im letzten Jahr kennengelernt und liebgewonnen haben, werden wir wohl so bald nicht wiedersehen. Viele neue Freundschaften und unvergessliche Erinnerungen werden dennoch über die Distanz hinweg bestehen bleiben. Darauf hoffe ich zumindest, denn ich werde diese wunderschöne, ruhige Kleinstadt mehr vermissen, als ich es für möglich gehalten habe.
Der Ball ist vorbei und unsere Zeit als ganz normale Schülerinnen damit gelaufen. Pünktlich um Mitternacht haben eine schwarze Limousine und ein Aufgebot an Security-Mitarbeitern uns abgeholt. Wir hatten kaum Zeit, uns zu verabschieden. Nur für ein paar flüchtige Umarmungen und Versprechen, in Kontakt zu bleiben.
Kein gewöhnliches Mädchen wird mit einem solchen Aufgebot von seinem Abschlussball nach Hause eskortiert. Dieses Privileg verdienen nur Prinzessinnen. Wie wir.
Unsere Sachen sind inzwischen gepackt und vermutlich im Kofferraum verladen, denn die Stadtgrenze von Los Lunas haben wir sicherlich schon passiert, so lange wie wir schon unterwegs sind. Das heißt wohl, wir steuern direkt den Flughafen an und von dort geht es nach Hause.
Für uns beide.
»Jup«, murmle ich.
»Und jetzt beginnt der Ernst des Lebens?«, fragt Sara weiter und sieht auf. Sie hebt ihre Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln.
Obwohl sie wegen ihrer bevorstehenden Hochzeit überglücklich sein sollte, sehe ich ihr an, dass die Zukunft etwas ist, über das sie noch nicht sprechen und über die sie noch nicht nachdenken will.
Ich verstehe sie.
Besser, als sie ahnt.
»Scheint so«, bestätige ich. »Du heiratest und wirst Königin. Und ich?«
Saras Zukunft liegt strahlend vor ihr, jeder nächste Schritt in ihrem Leben ist jetzt schon durchgeplant. Wie es sich für die zukünftige Königin von Bahía Dorada gehört.
Dahingegen gleicht mein Leben einem Scherbenhaufen. Ich habe keine Ahnung, wohin mein Weg mich führen wird und was ich dort tun werde.
»Na, du gehst wie eine normale Highschool-Absolventin aufs College. Das ist doch klar!«, ergänzt Sara und legt fragend den Kopf schief. Gut, dass sie ihr Diadem bereits abgenommen hat, sonst wäre es ihr spätestens jetzt vom Kopf gepurzelt. »Ich dachte, du freust dich darauf. Ich für meinen Teil wäre wahnsinnig glücklich, wenn ich aufs College gehen könnte, aber Papá wird mich nach den Flitterwochen in die Regierungsgeschäfte einbeziehen. Mein College besteht daraus, zu lernen, wie ich eine gute Königin werde. Sei froh, Izzy. Du hast es gut.«
Nur mit Mühe kann ich mir ein Seufzen verkneifen. »Wenn du das sagst. Bevor ich allerdings aufs College kann, haben Mom und Dad wieder unzählige Treffen mit irgendwelchen Würdenträgern organisiert. In der Hoffnung, dass mich einer von denen heiraten will«, widerspreche ich.
»Na und? Du vergraulst sie dann einfach wieder. So wie immer.«
Das bringt mich tatsächlich zum Kichern und Sara steigt gleich mit ein. Wenn ich etwas gut kann, dann ist es wohl, Männer zu verscheuchen.
»Wenn sich schon alles verändern muss, gibt es zumindest diese eine Konstante«, bestätige ich. Diese Aufmunterung habe ich wirklich gebraucht. »Und dann geht’s aufs College!«
Ja, College … Ich habe allen erzählt, dass ich mich so sehr aufs College und die nächsten drei Jahre freue und natürlich gedenke ich, die Zeit zu genießen. Doch bevor es so weit ist, liegt noch ein ganzer langer Sommer vor mir.
Ein ganzer Sommer bei meiner Familie in Mitena.
Ein ganzer Sommer voller Verpflichtungen, die ich nicht einhalten werde, voller Standpauken von meinen Eltern und sicherlich mit der einen oder anderen Enttäuschung.
Und dieses Mal kann ich nicht einfach davonlaufen.
»Si quiero«, hallt Saras Stimme durch die Kapelle, bevor sie etwas leiser und auf Englisch »Ja, ich will« flüstert. Leos Lächeln wird daraufhin noch breiter, als es ohnehin schon ist, und auch meine beste Freundin kann und will ihre unbändige Freude nicht verbergen. Ich habe sie noch nie so glücklich erlebt.
Wir alle halten den Atem an, als die Trauung ihren Höhepunkt erreicht. Danach legt sich Stille über die Reihen der Gäste. Sara achtet gar nicht auf die unzähligen Menschen, die ihr an diesem besonderen Tag zur Seite stehen, sondern schaut ihren Fast-Ehemann mit einem liebevollen Lächeln an. Sie stehen einander gegenüber, als könnten sie es kaum noch erwarten, sich in die Arme zu fallen, halten sich an den Händen und es scheint ein wenig, als würde der Rest der Welt und die fast zweihundert Gäste in dieser Kapelle, die eigentlich nicht für so viele Menschen gemacht ist, für sie nicht mehr existieren. Als wären sie in ihrer ganz eigenen Welt. Und nach so viel Drama gönne ich es beiden von Herzen.
Meine Finger schließen sich fester um den kleinen Strauß weißer Rosen und ich verdrücke mir eine Träne. Als Brautjungfer hatte ich mir vorgenommen, nicht während der Zeremonie loszuheulen, und bisher ist mir das gelungen. Trotzdem fällt es mir schwerer und schwerer, wenn ich nur daran denke, wie lang dieser Weg war, den die beiden gegangen sind und der sie schließlich hierhergeführt hat.
Sie waren zwar ziemlich stur – alle beide! –, aber die Liebe findet einfach immer ihren Weg und der meiner besten Freundin führt eben über den Traualtar. Sie hat es verdient, einen Mann wie Leo zu bekommen, der sie genauso liebt wie sie ihn.
Das Brautpaar tauscht mit vor Aufregung zittrigen Händen die goldenen Ringe und Sara kann sich dabei ein leises Kichern nicht verkneifen. Hach, sie sind so süß zusammen. Der Priester lächelt sie ebenso versonnen an, bevor er mit dem letzten Teil der Eheschließungszeremonie beginnt.
»Hiermit erkläre ich Euch Kraft meines vom Königreich Bahía Dorada verliehenen Amtes zu Ehemann und Ehefrau.« Dann wendet er sich an Leo. »Ihr dürft die Braut nun küssen.«
Leo, der offenbar nur auf diesen einen Satz gewartet hat, zögert nicht eine Sekunde. Ehe Sara reagieren kann, liegen seine Lippen auf ihren, während er sie in eine innige Umarmung zieht. Sichtlich überrumpelt erwidert sie den Kuss und legt auch ihre Arme um ihren Ehemann.
Applaus bricht auf den Bänken aus und auch ich lasse es mir nicht nehmen, meine Freude zum Ausdruck zu bringen. Ich vollführe einen kleinen Freudenhüpfer und jubele aus voller Kehle, was mir ein paar leicht irritierte Blicke der anderen Gäste und des Pfarrers einbringt. Aus der ersten Reihe funkelt mich die Königin von Bahía Dorada wütend an und schüttelt missbilligend den Kopf. Vermutlich bereut sie es, den Wünschen ihrer Tochter nachgegeben und mich zur Brautjungfer gemacht zu haben, aber was kümmert mich das? Meine beste Freundin heiratet heute! Da darf ich mich freuen! Auch wenn Sara das gar nicht mitbekommt, weil sie auf Wolke sieben schwebt.
Doch auf einmal schießt mir ein einziger Gedanke durch den Kopf, der mich auf der Stelle wieder ruhig werden lässt:
Meine beste Freundin ist verheiratet.
Verheiratet!
Mit gerade einmal achtzehn Jahren!
Wir haben doch erst ihren Geburtstag gefeiert und nun findet bereits ihre Hochzeit statt. Und natürlich ist das ganze Land deshalb in Feierstimmung. In Bahía Dorada freuen sich die Bewohner des ganzen Reiches über diese Vermählung, denn ihre Kronprinzessin ist nun bereit, eine Königin zu werden. Natürlich erst, wenn sie von ihrem Vater gelernt hat, worauf es bei den Regierungsgeschäften ankommt, und das wird locker noch ein paar Jahre dauern. So ganz habe ich nicht mitbekommen, was hinter den Kulissen der königlichen Familie passiert ist, aber nachdem Saras Bruder Christiano den Thron abgelehnt hat, ist nun meine beste Freundin zur Kronprinzessin aufgestiegen. Sie hat zwar noch etwas Zeit, um alles zu lernen, aber es wird nicht einmal annähernd reichen, um sie gebührend auf den Thron vorzubereiten.
Ich glaube, dass sie eines Tages eine gute und rechtschaffene Königin sein wird, aber aktuell habe ich noch so meine Probleme damit, in meiner besten Freundin die zukünftige Regentin eines ganzen Landes, so klein es auch sein mag, zu sehen. Ich vermute, dass es daran liegt, dass ich vor gerade einmal ein paar Wochen noch mit ihr zusammen die Schulbank gedrückt und Scherze gemacht habe und einfach nur ein gewöhnlicher Teenager war. Es kommt mir vor, als wären seither Jahre vergangen. Jetzt, nach unserem Abschluss, sind wir keine gewöhnlichen Mädchen mehr, deren größte Sorge die Wahl des richtigen Colleges ist, sondern der königliche Nachwuchs unserer jeweiligen Reiche.
Ich werde wahrscheinlich mein ganzes Leben lang nicht über den Prinzessinnenstatus hinauskommen, aber das will ich auch gar nicht. Ich bin glücklich, nur eine Prinzessin zu sein, und komme gut damit klar. Eine Königin? Dazu wäre ich niemals geeignet, aber das weiß ich selbst und mein Bruder Martin ist ohnehin der perfekte Thronerbe und zukünftige König. Ich will mir gar nicht vorstellen, was wäre, wenn er den Thron ausschlagen und ich ihn an seiner Stelle erben müsste! Nein, diesen Schuh möchte ich mir nicht anziehen, aber Sara wird das sicherlich meistern. In dieser Hinsicht war sie schon immer die Vernünftigere von uns beiden.
Sie ist jedenfalls glücklich, wie sich die Dinge entwickelt haben. Das halbe Jahr, in dem Leo und sie kaum miteinander gesprochen haben, war in dem Moment vergessen, in dem er ihr einen erneuten Heiratsantrag gemacht hat. Und als ich Sara heute Morgen vor der Trauung gesehen habe, hat sie mir erzählt, wie sehr sie es bereut, ihm nicht sofort verziehen zu haben. Die Zeit, die sie in Los Lunas als gewöhnliches Paar gehabt hätten, werden sie wohl nicht zurückbekommen. Dafür erwartet sie nun ein ganzes Leben als Königspaar von Bahía Dorada. Sara hat sich damit arrangiert, dass es normal und gewöhnlich für sie nicht mehr geben wird, und ich werde mich hoffentlich auch bald daran gewöhnen, dass ich meine beste Freundin bald noch seltener sehen werde, als es ohnehin schon der Fall ist.
Als ich meinen Blick durch die Sitzreihen wandern lasse, entdecke ich Celine, unsere Klassenkameradin und Freundin aus der Highschool in Los Lunas, die die Eindrücke, die der Palast und nun diese prunkvolle Kirche ihr bieten, noch nicht ganz verarbeitet hat, und neben ihr tupft sich Patty regelmäßig Tränchen aus den Augen. Sie muss Sara sehr liebgewonnen haben. Allein, dass sie und ihre Familie die lange Reise auf sich genommen haben, zeugt von einer tiefen Zuneigung.
Meine Gasteltern aus dem Austausch mögen mich zwar, aber ich glaube nicht, dass sie auch nur eine grobe Ahnung davon haben, wo ich herkomme. Ob sie zu meiner Hochzeit kommen würden, steht ebenfalls in den Sternen.
Ich werde es wohl nie erfahren. Aber wenn ich ehrlich bin, ist mir das auch nicht so wichtig.
Sara und Leo liegen sich immer noch in den Armen, als mein Blick wieder zu ihnen gleitet. Als könnten sie gar nicht mehr ohne einander. Mit jeder Sekunde, die verstreicht, wird mein Herz schwerer. Meine Freude weicht einem anderen, etwas weniger guten Gefühl, das sich jetzt in meiner Magengrube ausbreitet. Obwohl der Großteil von mir sich für die beiden freut, gibt es da diesen winzigen Teil, der sich genau dieses Glück wünscht, das die beiden miteinander gefunden haben.
Nie, nie, niemals würde ich irgendjemandem das anvertrauen, aber auch ich wünsche mir nichts sehnlicher als eine richtige Märchenhochzeit mit einem Prinzen. Oder einem anderen Adelsmann. Aber wer wünscht sich das nicht? Man muss dafür nun wirklich keine Prinzessin sein. Dass ich eine bin, hat mir in dieser Hinsicht aber schon das eine oder andere Tor geöffnet. Viele habe ich direkt wieder verschlossen oder eher zugeschlagen, doch dann … dann kam er und hat das nicht zugelassen. Wie ein Wirbelsturm hat er mein Leben in den letzten zwei Wochen auf den Kopf gestellt.
Der junge Baron Alexej aus dem benachbarten Avelonia, der mich unbedingt kennenlernen wollte.
Erst war ich skeptisch, aber nach unserem ersten Date habe ich auch endlich Schmetterlinge im Bauch gespürt. Ich habe diese Gefühle noch nie empfunden, weil ich noch nie so richtig verliebt war. Immer sollte ich die Söhne wohlhabender Familien kennenlernen und mit diesen verwöhnten Schnöseln konnte ich noch nie etwas anfangen. Aber Alex … ist anders. Charmant und lieb, noch dazu gebildet. Und er bringt mich zum Lachen. Bei ihm fühle ich mich wohl. Wir können uns stundenlang anschweigen, während wir im Garten des Palastes spazieren gehen, und doch ist es nicht unangenehm. Wenn ich bei ihm bin, durchströmt mich so etwas wie tiefe Zufriedenheit. Bei ihm bin ich einfach glücklich.
Als ich Sara von ihm erzählt habe, hat sie bloß geseufzt und mich um eine Hochzeitseinladung gebeten, wenn es so weit ist. Ich habe ihr natürlich versprochen, sie zu meiner Brautjungfer zu machen. Da ist mir dieser Wunsch tief in mir drin zum ersten Mal richtig aufgefallen, und auch der Gedanke, dass ich mir eine Hochzeit mit Alexej vorstellen könnte.
Ich seufze. Eine schöne Vorstellung, mit der ich mich anfreunden könnte. Und wer weiß, vielleicht ist Alex ja wirklich derjenige, der zu mir passt, mich ergänzt und mit dem ich auch auf Dauer glücklich werden könnte.
Wir könnten etwas werden.
Etwas Großes und Gutes und Wunderbares.
Ich weiß wieder, wieso ich Hochzeiten gleichzeitig liebe und hasse, auch wenn das eigentlich ein Widerspruch in sich ist.
Ich liebe die wunderbare Atmosphäre. Menschen kommen zusammen, um zu feiern, dass zwei von ihnen sich lieben und für immer zusammenbleiben möchten. Während einer Hochzeitsfeier sind alle Sorgen, alle Zweifel und alle Ängste unfassbar weit weg, weil man sich amüsiert, tanzt und sich so sehr für das Brautpaar freut, dass nichts einem die Stimmung verderben kann.
Aber ich hasse, wie man nach einer Hochzeitsfeier brutal auf den Boden der Realität zurückgezogen wird. Es ist nur ein kleiner Augenblick, aber er reicht, um einem den Tag nachhaltig zu vermiesen, denn es ist der Moment, in dem einem klar wird, dass es besagte Ängste und Sorgen doch noch gibt und nicht einfach so verschwinden, nur weil zwei Menschen sich lieben.
Sara und Leo mögen zwar noch immer auf ihrer Wolke schweben, aber der Rest des Palastes ist zum Tagesgeschäft übergegangen, nachdem die Feier vorbei war. Sie war erst gestern und doch fühlt es sich für mich ein wenig so an, als wäre sie letztes Jahr gewesen. Die adeligen Gäste aus den anderen Ländern sind heute im Laufe des Tages abgereist, sonst sind nur noch die Callaghans auf der Insel. Und ich natürlich.
Während Saras ehemalige Gastfamilie den heutigen Tag genutzt hat, um die Insel zu erkunden – und Pattys alte Freunde zu besuchen –, bin ich im Palast geblieben, habe mir ein paar Bücher aus der königlichen Bibliothek geholt, um mir die Langeweile zu vertreiben, und darauf gewartet, dass meine beste Freundin etwas Zeit für mich hat. Sie hatte heute keine Termine, das weiß ich, aber mit ihrem neuen Ehemann hat sie auch alle Hände voll zu tun.
Heute habe ich sie nicht einmal zu den gemeinsamen Mahlzeiten im Speisesaal gesehen und musste stattdessen mit König und Königin allein essen. Die beiden können mich nicht ausstehen und das habe ich deutlich zu spüren bekommen. Wir haben uns die ganze Zeit angeschwiegen. Oder sie haben miteinander gesprochen und mich dabei voll und ganz ignoriert. Ich hätte genauso gut nicht anwesend sein können, es hätte für sie keinen Unterschied gemacht.
Inzwischen ist es Abend und obwohl ich sauer sein sollte, weil Sara mich einfach links liegen gelassen hat, kann ich es nicht. Sie ist schließlich frisch verheiratet und muss eine Menge verlorene Zeit mit ihrem Mann wiedergutmachen. Ich werde es einfach morgen noch einmal versuchen und mich gleich ins Bett legen. Oder vielleicht …
Ich nehme meinen Laptop und öffne Facebook. Seitdem ich die USA verlassen habe, bin ich selten in dem sozialen Netzwerk unterwegs, aber ich sollte mich mal wieder bei meinen Freunden melden.
Hey, Cel. :-) Bist du heil zu Hause angekommen? Melde dich mal, okay?
Erst als ich diese Nachricht abgeschickt habe, checke ich den Rest der Mitteilungen, die ich bekommen habe, und traue meinen Augen kaum.
»Wie jetzt?«
Ich lese den Text dreimal, bevor er langsam, aber sicher zu mir durchdringt, Satz für Satz, Wort für Wort und Buchstabe für Buchstabe. Ich zweifle nicht daran, dass ich alles richtig verstanden habe. Trotzdem kann und will ich nicht glauben, was da steht.
Das kann er doch nicht mit mir machen! Nicht, nachdem ich zum ersten Mal seit Jahren wieder so richtig glücklich war. Und überhaupt, er hat das Ganze angefangen, nicht ich!
»Das ist nicht sein Ernst?!«, fauche ich meinen Laptop an und schlage ihn wütend zu, aber es macht keinen Unterschied. Die Worte haben sich schon in mein Gehirn eingebrannt und ich werde sie sicher nicht so schnell vergessen.
Liebe Isabella,
ich hoffe, du hast eine schöne Zeit auf der Hochzeit von deiner Freundin. Allerdings schreibe ich dir aus einem nicht ganz so erfreulichen Grund und ich will, dass du weißt, es liegt nicht an dir, sondern an mir. Ich bin ein Mann, der die Traditionen meiner Familie wahrt und auch meine Eltern erwarten von mir, dass meine zukünftige Braut diese Grundsätze versteht und einhält. Doch du bist nicht im Mindesten so, wie meine Eltern und ich uns meine zukünftige Frau vorstellen. Du bist keine Prinzessin, wie eine Prinzessin hier in Avelonia sein sollte. Weder brav noch wohl erzogen und für das höfische Leben gerüstet. Von Kindern sprichst du, als wären sie in weiter Ferne, dabei bist du schon erwachsen. Es gibt noch weitere Gründe, aber ich denke, diese werden reichen, damit du verstehst, dass ich deine moderne Art zwar schätze, jedoch nicht auf Dauer eine Beziehung mit dir führen kann.Verzeih mir bitte, dass ich es dir auf diesem Weg mitteilen muss, aber du bist leider nicht in der näheren Umgebung und bereits morgen fliege ich auf Staatsbesuch nach Asien. Wann ich zurückkehre, steht noch nicht fest.Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft. Eines Tages wirst du sicher jemanden finden, der dich ehrt und liebt, wie du bist.
Herzlichst,Alexej
Und mit einem Mal bricht meine Welt zusammen. Habe ich nicht gestern noch daran gedacht, dass ich durch ihn erkannt habe, wie gern ich heiraten möchte? Wie gern ich ihn heiraten möchte? Und ich habe geglaubt, dass er meine Gefühle zumindest ein wenig erwidern würde.
Wie habe ich mich nur so verdammt täuschen können?
»Zur Hölle, es liegt nicht an mir, du Idiot«, murmele ich, während die Wut immer mehr in mir aufsteigt. Am liebsten würde ich meinen Laptop stellvertretend für Alexej gegen die nächste Wand pfeffern, aber bevor es so weit ist, beschließe ich, dass er nichts damit zu tun und meine Wut nicht verdient hat. Außerdem brauche ich ihn noch, also bleibt er besser heil.
Nein, Baron Alexej und niemand anderer sollte das Ziel meiner Rache sein! Und Rache ist süß, so heißt es doch.
Ich mag verletzt sein, doch niemand – wirklich niemand! – bricht mir ungestraft das Herz. Ich könnte mich jetzt mit einem Fünf-Liter-Eimer Eiscreme in mein Bett begeben und mir die Augen aus dem Kopf heulen, aber das ist nun wirklich nicht meine Art. Stattdessen lasse ich meiner Wut freien Lauf.
»Natürlich liegt es nicht an mir! Was kann ich dafür, dass du ein braves Frauchen willst, das sich damit zufriedengibt, Kinder zu kriegen und Ehefrau zu sein.«
Noch einige Minuten fluche ich schlimmer als jeder Kesselflicker, dann ist es vollends um mich geschehen. Die Schmetterlinge sind fort, ausgeflogen, gestorben oder sonst was. Es ist auch egal. Dieser Mistkerl hat mich verlassen, und zwar auf eine Art und Weise, die selbst für normale Männer absolut unter aller Sau ist.
Das wird er mir büßen! Ich lasse ihn nicht ungeschoren davonkommen. Nein, ich werde ihm zeigen, dass man sich nicht mit Prinzessin Isabella Delilah Ruby Westshire von Mitena anlegt. Es hat einen Grund, wieso meine Eltern mir alles durchgehen lassen, auch wenn ich dadurch als unerzogenste Prinzessin gelte, die das Land je hatte.
Langsam stehe ich vom Bett auf, stelle meinen Laptop auf der Bettdecke ab und verlasse die Gemächer, in denen ich während meines Aufenthaltes auf Bahía Dorada schlafe. Es ist mir egal, dass mich das Palastpersonal in meinem rosa Pyjama mit dem Einhornaufdruck sieht, und auch, dass Leo mich nach dieser Aktion vielleicht hassen wird. Okay, nicht vielleicht. Er wird mich ganz sicher hassen und verabscheuen und mir niemals verzeihen, aber ich muss jetzt auf der Stelle mit meiner besten Freundin reden!
Auf meinen flauschigen Kuschelsocken gleite ich über die glatten Marmorböden den breiten Gang entlang, bis ich an ihrem Zimmer ankomme. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, hämmere ich wie wild an die Tür!
»Sarafina Estella Romero Vazquez-Dearing, oder wie auch immer dein Nachname jetzt lautet, ich weiß, dass du da drin bist. Mach deine verdammte Tür auf! Deine beste Freundin hat eine Krise!«, rufe ich und hoffe, dass meine Worte durch die dicke Holztür zu ihr durchdringen.
Es dauert nicht lange, da öffnet sich die Tür und ein sehr, sehr, SEHR wütender Leo schaut mich an. »Was ist denn?«, mault er, obwohl es sich in meinen Ohren eher anhört wie ›Was fällt dir ein, meine frischgebackene Ehefrau und mich einen verdammten Tag nach unserer Hochzeit zu stören? Ist dir nicht klar, dass wir allein sein wollen?‹.
Würde mich das interessieren, wäre mir das vielleicht sogar peinlich, aber es ist mir egal. Sara liebt ihn, er wird noch oft genug zum Zug kommen, da soll er sich mal nicht so anstellen.
Meine beste Freundin klettert in einem sehr kurzen, sehr durchsichtigen Negligé aus dem Bett und greift nach einem dünnen Morgenmantel, der über ihrem Schreibtischstuhl hängt. »Was ist denn, Izzy?«, fragt sie, während sie sich diesen überstreift, und klingt nicht halb so genervt wie ihr Mann.
Offenbar habe ich die beiden nicht bei etwas Wichtigem gestört.
Als ich nichts sage, wirft sie Leo einen Blick zu und lächelt entschuldigend. »Ist es für dich in Ordnung, uns etwas Privatsphäre zu gönnen?«, bittet sie ihn, woraufhin er mich ansieht, als wollte er mich genau das Gleiche fragen. Aber er sagt nichts, sondern geht einfach. Vermutlich weil er begriffen hat, dass er diese Diskussion sowieso nicht gewinnen würde.
Sobald er weg ist, platzt es aus mir raus. »Alexej hat mich abserviert!« Wild gestikuliere ich mit den Händen über dem Kopf, damit Sara die Tragweite meiner Aussage versteht.
Tut sie.
Auf der Stelle entgleiten ihr die Gesichtszüge und sie zieht erschrocken die Luft ein. »Das ist doch der Baron, der so einen Narren an dir gefressen hatte, oder?«, fragt sie, während sie zu mir eilt und mich in die Arme zieht, als bräuchte ich eine Schulter zum Ausweinen.
Dem ist aber nicht so.
Ich brauche keinen Trost. Ich brauche eine Komplizin, die mir ein Alibi gibt, wenn der Baron irgendwann – vielleicht schon in naher Zukunft! – tot in seinem protzigen Swimmingpool in seinem Sommerpalast auf den Malediven aufgefunden wird!
»Und der Mistkerl, der über Facebook mit mir Schluss gemacht hat! Über Facebook! Stell dir das mal vor! Bin ich wirklich jemand, den man über ein soziales Netzwerk einfach so abschieben kann?«, wüte ich und sorge damit dafür, dass meine beste Freundin vor mir zurückweicht. Die Arme erhoben, versucht sie, mich zu beruhigen.
»Nein, Izzy, ganz und gar nicht. Du bist definitiv die coolste Prinzessin weit und breit und jemand wie Alexej hat dich überhaupt nicht verdient!«
»Genau!«, stimme ich ihr zu und werfe die Arme in die Luft. »Ich bin viel zu gut für jemanden wie ihn, aber offenbar hält er sich für was Besseres. Willst du wissen, wieso er Schluss gemacht hat?«
Da hat man einmal kurz das Gefühl, sich wieder zu beruhigen, schon flammt die Wut ein weiteres Mal auf. Aber wer kann es mir verübeln?
Ich bin sauer! Wütender als je zuvor.
»Oh, tengo miedo«, murmelt Sara auf Spanisch. Ich verstehe zwar nicht, was genau das heißt, aber ihrem ängstlichen Tonfall nach zu urteilen, muss es so etwas wie ›Ich habe Angst‹ bedeuten.
»Weil ich nicht dieselben Traditionen ehre wie er«, platzt es aus mir heraus. Und dann kann ich nicht mehr aufhören. »Er sagt, er braucht eine Frau, die genau so ist wie er, und dass seine Eltern ja auch gegen mich wären, weil ich … weil ich …«
»… weil du keine Frau bist, die nur davon träumt, Ehefrau zu sein?«
»Genau das habe ich gemeint! Danke. In seiner Vorstellung sollte ich wohl den ganzen Tag als braves Prinzesschen in meinem Palast bleiben, mit niemandem sprechen, wenn ich nicht angesprochen werde, stets den Kopf gesenkt halten und den Boden küssen, auf dem er geht«, rege ich mich weiter auf. Plötzlich kann ich nicht mehr verstehen, wie ich überhaupt einmal etwas für Alexej habe empfinden können. Er ist der sexistischste Arsch, den man sich vorstellen kann, und seine Weltanschauung ist irgendwann im Mittelalter hängen geblieben. Oder weit davor. In der Steinzeit.
Neandertaler, schießt es mir durch den Kopf. Er ist nichts weiter als ein Neandertaler, den man in teure Armani-Anzüge gesteckt und einen Adelstitel verliehen hat. Als das Bild von Fred Feuerstein in Alexejs Lieblingsanzug in meinem Kopf aufpoppt, muss ich beinahe grinsen, aber ich kann mich gerade noch so davon abhalten.
»Hey, Izzy, hey. Ich weiß, der Kerl ist ein Arsch. Ich konnte eh nicht verstehen, was du an ihm gefunden hast.«
Sara hat Alexej bisher nur auf Fotos gesehen und noch nie mit ihm gesprochen, aber ich danke ihr dafür, dass sie sich ohne zu zögern auf meine Seite stellt. Vermutlich wollte sie einfach nur solidarisch sein, als ich ihr von ihm erzählt habe. So etwas tun beste Freundinnen eben. Ist eine von ihnen verliebt, findet die andere den Kerl automatisch auch super und wedelt zufrieden mit ihrem Ship-Fähnchen, während die beiden sich daten. Ist es aus, hasst sie den Kerl natürlich auf der Stelle abgrundtief und hilft ihrer besten Freundin dabei, Fotos und andere Erinnerungsstücke im Garten in Flammen aufgehen zu lassen.
»Er war echt nett und charmant«, schreie ich förmlich heraus, aber glauben kann ich es mittlerweile nicht mehr. Vielleicht war er nur deshalb so nett zu mir, um mich rumzukriegen.
Auch wenn ich nicht seine Vorstellungen erfülle, bin ich dennoch eine Prinzessin und damit höhergestellt als er. Eine Hochzeit zwischen uns hätte im unwahrscheinlichen Fall, dass meinem Bruder etwas passiert oder er aus irgendwelchen anderen Gründen den Thron nicht übernehmen kann, dafür gesorgt, dass Alexej dort an meiner Seite Platz nimmt.
Ich bin bei Weitem keine schlechte Partie.
Sara hebt eine Braue und kommt langsam näher. Behutsam legt sie ihre Hände an meine Schultern und schiebt mich zu ihrem Himmelbett. Als ich sitze, nimmt sie ihr Smartphone vom Nachttisch und ruft das Facebook-Profil meines Ex-Freundes auf. Kurz darauf hält sie mir genau das vor die Nase.
»Nett und charmant ist aber alles, was du an ihm gefunden haben kannst. Ich meine, schau ihn dir doch mal an.«
Und das tue ich. Ich sehe mir sein Profilbild an und verstehe, was sie meint. Alex’ schmieriges, arrogantes Lächeln ist auf einmal gar nicht mehr so liebenswert und sein ganzes Gesicht … Wie habe ich mich je in ihn vergucken können? War ich blind?
»Sieht aus wie ein Blobfisch.« Ich verziehe das Gesicht, während meine beste Freundin angesichts meines Vergleichs in schallendes Gelächter ausbricht und vor Lachen beinahe vom Bett fällt.
»¡Tienes derecho! Du hast recht! So weit habe ich nie gedacht, aber du hast so recht. Jetzt sehe ich es auch. Die Ähnlichkeit ist verblüffend.«
Und damit ist die Stimmung gelockert. Ich ärgere mich nicht mehr – okay, doch, ich ärgere mich, aber nur noch ein bisschen und auch nicht mehr darüber, dass dieser Arsch die Beziehung beendet hat, sondern über mich, weil ich mich auf ihn eingelassen habe.
»Sie könnten Brüder sein«, lache ich und umarme meine beste Freundin, weil sie mal wieder einfach die beste beste Freundin ist, die man sich nur wünschen kann.
»Aber der Blobfisch ist der hübschere Bruder«, ergänzt Sara lachend.
Eine halbe Ewigkeit sitzen wir so da, umarmen uns und lachen, bis wir weinen müssen. Meine Probleme sind vergessen und meine Rache kann ich immer noch morgen planen.
Da fällt mir wieder ein, dass Leo mich vermutlich umbringen wird, wenn ich seine Frau noch länger in Beschlag nehme.
»Leo hasst mich jetzt bestimmt.«
»Er findet sich damit ab«, verspricht Sara mir. »Außerdem habe ich in den letzten sieben Stunden über seinen Namen gelästert und du hast ihn nur … Okay, ja, das, was du getan hast, war schlimmer.«
Ich kann mir ein Kichern dennoch nicht verkneifen. »Sieben Stunden lang? Was habt ihr getan?«, will ich wissen, obwohl ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass sie den ersten – und vermutlich erst mal letzten – entspannten Tag nach ihrer Hochzeit mit dem verbracht haben, was ich gerade vermute.
»Wir haben Game of Thrones geschaut, was dachtest du denn? Nachdem ich Leo gesagt habe, dass ich mich von ihm scheiden lassen muss, wenn mich auch nur einmal jemand dazu zwingt, ihn als meinen Ehemann Joffrey Leonard den dritten vorzustellen, hat sich herausgestellt, dass er die Serie nie gesehen hat. Kannst du das glauben?«
Okay, haben sie doch.
Ich stoße ein amüsiertes Lachen aus. »Also, wenn ich frisch mit der Liebe meines Lebens verheiratet wäre, würden mir ganz andere Dinge einfallen, die ich mit ihr tun würde«, lasse ich sie wissen, was sie in Sekundenbruchteilen so rot anlaufen lässt, dass sie locker einer Tomate Konkurrenz machen könnte.
»Wir … ähm … haben noch nicht …«, stammelt sie unbeholfen und kratzt sich verlegen am Hinterkopf, während sie den Blick von mir abwendet.
Ich kann nicht glauben, was ich da höre.
»Okay, dann würden mir auf jeden Fall bessere Dinge einfallen, als Game of Thrones zu schauen! Ich dachte …«
»Die Hochzeit war anstrengend. Wir waren beide erschöpft«, rechtfertigt sie sich. »Und heute Morgen zwischen Aufwachen und Frühstück war nicht wirklich die passende Atmosphäre. Danach haben wir angefangen, GoT zu schauen, und ja, als wir das nächste Mal auf die Uhr geschaut haben, war es sieben Stunden später.« Immer noch verlegen, kichert sie.
»Und dann?«, will ich wissen.
»Dann …« Sara zögert, als würde sie nach den passenden Worten suchen. Die Röte aus ihren Wangen wird dabei sogar noch intensiver. »… hat Leo den Fernseher ausgeschaltet und wir wollten gerade … du weißt schon.«
»Aber …?«
Wieso muss ich meiner besten Freundin alles aus der Nase ziehen? Ich hätte nicht gedacht, dass sie so ein unsicheres Gänseblümchen wird, wenn es um Sex geht. Obwohl ich vermutlich nicht anders reagieren würde …
»Aber dann hat jemand an die Tür geklopft.«
Oh.
»O verdammt. Sorry.«
Ich schlage mir die Hände vor den Mund. Kein Wunder, dass Leo so wütend auf mich ist. Offenbar habe ich sie doch bei etwas Wichtigem gestört. Es würde mich nicht wundern, wenn er nie wieder ein Wort mit mir spricht.
»No problema, Izzy. Er wird es verkraften. Aber es ist spät und du solltest langsam schlafen gehen.«
Demonstrativ gähnt sie und streckt die Glieder, als wäre sie todmüde. Ist sie aber nicht. Sie ist hellwach.
»Ich bin deine beste Freundin. Du kannst mir sagen, wenn du mit deinem Mann allein sein willst«, tadele ich sie und stehe vom Bett auf. Es ist wirklich schon fast Mitternacht in dieser Zeitzone und wenn ich nicht vorhin kurz in meinen Facebook-Account geschaut hätte, würde ich auch schon lange schlafen.
»Okay. Dann will ich mit meinem Mann allein sein. Habe ich schon erwähnt, wie unglaublich und wundervoll es ist, verheiratet zu sein?«
Ich kichere. »Nur ein paar Mal.« Dann seufze ich. »Gestern dachte ich auch noch, dass das zwischen Alexej und mir ganz wundervoll ist.«
»Vergiss ihn!«, rät meine beste Freundin mir und lächelt mich aufmunternd an. »Sei froh, dass es jetzt passiert ist und nicht erst in einem Jahr, wenn du vielleicht wirklich schon mit ihm verheiratet gewesen wärst!«
»Hm«, murmle ich, denn obwohl ich wütend bin, bekomme ich gerade doch das Gefühl, dass ich mir gleich den Fünf-Liter-Eimer Erdbeereis aus der Küche klauen muss, wenn ich durch die Nacht kommen will. Alexej hat trotz alledem mein Herz berührt. Er hat mir das Gefühl gegeben, dass ich mehr bin als nur die Schande meines Reiches und dass ich mich nicht verstellen muss, um jemandem wirklich zu gefallen. Ich habe ihm mein Herz mit Freude geschenkt.
Wie naiv ich doch war. Denn so habe ich ihm die Macht über mich gegeben und er hat sie genutzt, um mein Herz mit einer einzigen Nachricht in tausend Teile zu zerbrechen, die ich nun erst einmal wieder zusammenpuzzeln muss.
Doch wie sehr mich das alles trifft, lasse ich mir nicht anmerken. Sara ist gerade so glücklich, da will ich nicht, dass sie sich um meinen Liebeskummer sorgen muss.
»Lass uns nicht weiter darüber sprechen. Ich bin schließlich auch allein wundervoll«, wechsele ich das Thema und grinse. »Und allein bin ich sogar noch viel besser darin!«
Nur zwei weitere Tage seit Alexejs Schlussmach-Facebook-Nachricht und meinem Racheschwur ist meine Zeit auf Bahía Dorada abgelaufen. Die Hochzeit ist Schnee von gestern und ich habe leider keinen weiteren Grund, länger bei meiner besten Freundin zu bleiben.
Dazu kommt, dass besagte Freundin mir übel in den Rücken fällt, aber so richtig! Ich verstehe sie manchmal einfach nicht. Dieses Gerede von wegen, ich müsste auch mal wieder nach Hause und sie würde sowieso am nächsten Tag ebenfalls abreisen. Ich meine, ich könnte doch einfach mit ihr und Leo in die Flitterwochen fliegen!
Paris kann man sich auch super allein angucken. Als Single. Man kann auch in der Stadt der Liebe Spaß haben, wenn man keinen Freund hat. Blöderweise will Sara mich trotzdem nicht dabeihaben. Ich verstehe gar nicht, wieso, aber sie hat zumindest freundlicher darauf reagiert als Leo. Der hat mich einfach aus dem Zimmer geschoben und die Tür hinter mir zugeknallt. Ich hätte sie zwar auch allein gefunden und gehen kann ich auch noch selbst, aber er wollte wohl auf Nummer sicher gehen.
Pff, da helfe ich ihm, die Frau seiner Träume zu erobern, und so dankt er es mir? Er sollte froh sein, dass ich sie auf ihre Hochzeitsreise begleiten will. Für den Fall, dass er mal wieder ins Fettnäpfchen tritt und meine Hilfe braucht. Jawohl!
»Kann ich nicht doch lieber bei euch bleiben?«, bitte ich Sara, die mir ein entschuldigendes Lächeln zuwirft, und ziehe einen Schmollmund.
Der hilft leider auch nicht mehr. Keine Chance.
»Ach Izzy, du kannst das Treffen mit deinen Eltern nicht ewig hinauszögern, also bring es doch einfach hinter dich«, schlägt meine beste Freundin vor, als wäre so ein Gespräch nicht das Ende der Welt.
Vielleicht ist es das auch nicht, aber selbstverständlich werde ich mir eine Standpauke anhören dürfen, wie ich es schon wieder geschafft habe, einen Würdenträger zu vergraulen, der Interesse an mir gezeigt hat. Normalerweise würde mich das nicht stören, aber in all den Fällen zuvor habe ich es ja auch darauf angelegt, dass die Typen mich nie wiedersehen wollten. Was es dieses Mal so viel schwieriger macht, ist die Tatsache, dass ich es bei Alexej nicht darauf angelegt habe, sondern dass ich ihn wirklich mochte. Dass ich sogar ein wenig in ihn verliebt war und … Himmel, ich habe mir für einen kurzen Moment ausgemalt, wie es wäre, ihn zu heiraten!
Dieses Mal ist alles anders und ich habe jetzt schon Angst vor der Reaktion meiner Mutter. Sicherlich wird sie meinen neuen Beziehungsstatus bereits mitbekommen haben und mich in der Luft zerreißen, wenn sie mich sieht.
»Wehe, du kommst nicht zu meiner Beerdigung. Dann bleibe ich als Geist auf der Erde und suche dich heim. Jede Nacht. Für den Rest deines Lebens!«, lasse ich meine beste Freundin wissen, die den Ernst hinter meinen Worten jedoch nicht versteht, sondern schallend loslacht.
»Comprendo, hermana. Ich verstehe schon, Schwester. Aber mach dir bitte nicht allzu viele Gedanken. Alles wird gut. Außerdem hast du es achtzehn Jahre lang in dem Palast deiner Eltern ausgehalten«, versucht sie mich aufzumuntern.
»Aber das war, bevor ich wusste, wie toll es ist, eine beste Freundin zu haben, die nicht eine Milliarde Meilen weit weg wohnt«, quengle ich und es ist mir einfach so egal, dass ich mich wie ein Kleinkind aufführe, weil ich Sara gar nicht mehr loslassen möchte.
Ich will nicht nach Hause. Ich will hierbleiben!
Erst als Leo mich behutsam von ihr wegzieht, löse ich meine Arme von ihrem Hals und bringe etwas Distanz zwischen uns.
»Du übertreibst! Außerdem bin ich bald Königin und ich habe ein paar Pläne, die ein Handelsabkommen mit Mitena betreffen. Es wird viele Staatsbesuche geben.« Sara zwinkert mir verschwörerisch zu, während ihr Mann seufzt. »Ach komm schon, Leo. Wir waren uns doch einig, dass ein Abkommen mit Mitena auch aus wirtschaftlichen Gründen toll wäre und nicht nur, weil Izzy und ich nun mal die besten Freundinnen der Welt sind«, sagt sie nun zu ihm.
»Ja, ich weiß«, räumt Leo ein, klingt aber nicht wirklich überzeugt. »Ich habe auch nie behauptet, dass es keinen Sinn macht, aber wir waren uns auch einig, dass wir in dieser Richtung wirklich etwas aufbauen wollen und die Staatsbesuche nicht nur dazu da sind, dass ihr zusammen Freundinnensachen tun könnt«, ergänzt er und schaut uns beide tadelnd an, als wüsste er, was gerade in unseren Köpfen vorgeht.
Sara gibt ihm daraufhin einen schnellen Kuss auf die Wange. »Ich denke, wir werden Zeit für beides haben, aber darüber machen wir uns erst nach den Flitterwochen Gedanken. Die nächsten drei Wochen gehören nur uns, Cariño.«
Ein weiterer Kuss folgt, dieses Mal auf den Mund, und ich drehe den Kopf weg.
»Ich schätze, ich gehe dann mal«, murmle ich niedergeschlagen und drehe mich um, wobei das hübsche rote Petticoat-Kleid mit den weißen Punkten luftig um meine Beine schwingt. Die beiden bemerken gar nicht, dass ich verschwunden bin, bis die Tür des Flugzeugs hinter mir geschlossen wird und ich noch ein leises »Gute Reise« von Sara höre.
***
Nach einer langen, aber ereignislosen Reise lande ich um die Mittagszeit in Mitena. Zwei Angestellte des Königshauses holen mich ab, nehmen meine Koffer und flankieren mich auf dem Weg durch den kleinen Flughafen unserer Insel bis zu der Limousine, die mich zurück in den Palast bringen wird.
Ich schaue durch die getönten Scheiben und bemerke, wie einige Menschen auf der Straße anhalten und sogar winken, als sie den schwarzen Wagen bemerken. Sie können mich nicht sehen und vermuten sicher, dass sich mein Bruder, der gefeierte Kronprinz, an meiner Stelle befindet. Wüssten sie, dass nur ich es bin, würden sie nicht winken, sicher noch nicht einmal stehen bleiben oder auch nur einen Gedanken an mich verschwenden.
Daran, dass mein Bruder im Rampenlicht steht, habe ich mich schon gewöhnt, aber als ich letzten Sommer mit meinem Leibwächter eine Schule besucht habe und mich dort ein kleines Mädchen gefragt hat, wer ich bin, hat mir das zu denken gegeben. Und dieses Mädchen hat nur das laut ausgesprochen, was alle in seiner Klasse gedacht haben.
Wer ist das?
Als würden sie ihre eigene Prinzessin nicht kennen.
Weil es genauso ist.