Professor Zamorra 1149 - Thilo Schwichtenberg - E-Book

Professor Zamorra 1149 E-Book

Thilo Schwichtenberg

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Beschreibung

Lisura starrte auf den Thron. Sie hatte Angst.
"Was ist? Nur zu. Setz dich und hab keine Scheu." Ihr Herr sah sie auffordernd an.
"Aber es ist der Thron der Fürstin der Finsternis", wagte sie ein letztes Mal aufzubegehren. "Er steht mir in keiner Weise zu."
"Kind." Der Herr spielte mit ihrem langen roten Haar. Dann griff er fest hinein. "Setz. Dich. Hin." Sie bekam einen Schubs und torkelte vorwärts.

Lisura tat nun, wie ihr geheißen.
Die kindliche Dämonin schluckte. Es fühlte sich falsch an. Warum tat ihr Herr das alles nur mit ihr?
Dass der Thron plötzlich explodierte, bekam Lisura nur am Rande mit. Zu schnell war ihr Geist in den ORONTHOS, in die Hölle der Dämonen, gefahren ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Beste Freunde

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: e71lena / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6655-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Beste Freunde

von Thilo Schwichtenberg

Lisura starrte auf den Thron. Sie hatte Angst.

»Was ist? Nur zu. Setz dich und hab keine Scheu.« Ihr Herr sah sie auffordernd an.

»Aber es ist der Thron der Fürstin der Finsternis«, wagte sie ein letztes Mal aufzubegehren. »Er steht mir in keiner Weise zu.«

»Kind.« Der Herr spielte mit ihrem langen roten Haar. Dann griff er fest hinein. »Setz. Dich. Hin.« Sie bekam einen Schubs und torkelte vorwärts.

Leicht schwankend schritt Lisura die Stufen nach oben und nahm Platz.

Die kindliche Dämonin schluckte. Es fühlte sich falsch an. Sie war keine Fürstin der Finsternis. Sie war nur eine rangniedere Dämonin.

Dass der Thron plötzlich explodierte, bekam Lisura nur am Rande mit. Zu schnell war ihr Geist in den ORONTHOS, in die Hölle der Dämonen, gefahren …

HölleGefängnishöhlen der Fürstin der FinsternisVor einiger Zeit

Chardon schnaubte abfällig. Das Häuflein Elend vor ihm behauptete nicht nur, dass er ein Erzdämon, sondern zusätzlich auch noch der einzig wahre Fürst der Finsternis sei.

Lächerlich.

Dieser Dämon war eine Schande für die Schwarze Familie. Fast bewegungslos lag er auf der stinkenden Bettstatt aus niederen Dämonenfellen und brabbelte leise vor sich hin.

Mit den Fußpranken schob der Urdämon die Schale mit Ghoulbrei durch die magisch aufgeladenen Tropfsteine, die die Gefängnishöhle vom Gang abtrennte.

»Willst du ihn nicht füttern? Du siehst doch, dass er nicht bei Kräften ist.«

Plötzlich stand Kronar, Liliths Günstling, neben ihm.

Nicht den Urdämonen, sondern ihm hatte die Fürstin der Finsternis die Oberhoheit über diesen Jammerlappen zugewiesen. Chardon konnte es recht sein. Was ihm allerdings überhaupt nicht schmeckte, war, dass Urdämonen und Kriegerinnen im Wechsel den Wachdienst für diesen halbtoten Dämon übernehmen mussten.

»Wird Zeit, dass der endlich verreckt«, schnaubte er missmutig und rieb dabei über seine mächtigen Hauer.

»Soll ich der Fürstin bei ihrer Rückkehr melden, dass er euch unter den Pranken weggestorben ist? Was meint ihr wohl, was passiert, wenn er vor Liliths Befragung in den ORONTHOS fährt?«

»Tja.« Chardon sah auf die Schüssel mit Ghoulbrei. Musste er sich jetzt tatsächlich wieder bücken? Seine riesige Gestalt war für diese Gänge überhaupt nicht geschaffen. Er fand, dass hier nur Kriegerinnen ihren Dienst zu versehen hatten.

»Ich mach das.« Kronar, der bedeutend kleiner als der Urdämon war, bückte sich und nahm die Schüssel an sich.

Chardon nickte. Lilith hatte Kronar die Aufsicht übertragen. Sollte er auch dafür sorgen, dass der Geflügelte bis zur Befragung am Leben blieb.

Grunzend entfernte er sich.

***

Irrte sich Chardon, oder lag der Dämon jetzt noch matter da? Egal. Hauptverantwortlicher blieb Kronar. Was jetzt zählte, war die Wachablösung. Der Urdämon freue sich schon darauf, endlich Jagd auf die Lengurieden machen zu können, deren fettes Fleisch ihm besonders gut schmeckte. Es blieb ihm nach wie vor ein Rätsel, wie diese gewaltigen Brocken so schnell sein konnten. Aber war es denn ein Wunder? Sie besaßen keine Beine, sondern einen kegelförmigen Körper, der bei der Flucht unmittelbar über dem Boden schwebte. Für die Urdämonen waren sie eine relativ leichte Herausforderung, gerade richtig für den Feierabend.

Wohlig grunzend durchquerte er die Höhlen und Gänge.

»Halt!« Die wachablösende Kriegerin stand plötzlich vor ihm. »Was soll das? Die Übergabe erfolgt am Objekt.«

Chardon verdrehte die Augen, sodass die fünf Pupillen kreisförmig rotierten. Viel lieber hätte er das Weib in eine der unbesetzten Zellen gedrückt und sich mit ihr vergnügt.

»Hast du mir überhaupt zugehört?« Die Kriegerin stampfte wütend auf, sodass ihre festen Brüste ein klein wenig mitschwangen. Seine Gestalt schien sie nicht im Mindesten zu beeindrucken. »Los. Mitkommen.« Schon zwängte sie sich an ihm vorbei.

Chardon spürte ihren weichen Körper, als dieser sich an seinem borstigen Fell entlang schabte. »Du bist spät dran«, knurrte der Urdämon und folgte ihr widerwillig.

Wie groß wurden allerdings seine Augen, als die beiden die Zelle des Gefangenen leer vorfanden.

Die anschließende, großangelegte Suchaktion blieb erfolglos.

Wer hatte dieses verdorrte Stück Lederhaut entführt? Wer konnte an dem mehr toten als lebenden Dämon ein Interesse haben?

***

HölleRefugium des Kronar

Sein Gegenüber hing schlaff und unappetitlich in den magischen Fesseln.

Die ledrig braune Haut durchzogen gleichermaßen frische Schnittwunden wie eiternde Löcher. Innere Organe drängten teilweise nach draußen. Dunkler Schorf ließ den Balg teilweise wie den Krater eines erloschenen Vulkans wirken. Auch die Selbstheilung der mächtigen und zur Hälfte abgebrochenen Hörner geriet immer wieder ins Stocken. Die Flügel, ausgefranst und mehr Gerippe denn Schwingen, hingen kraftlos wie der einst stolze und jetzt zerfetzte Schweif herab. Die Schienbeine waren mehrmals gebrochen, die Zehen der Krallenfüße herausgezogen. Selbst die Arme schienen seltsam verdreht. Eigentlich musste dieser Dämon längst seinen Wunden erlegen sein. Unmöglich, dass der Körper alle Stellen gleichzeitig durch Selbstheilung erneuern konnte.

Doch dieser Teufel, gebunden seit Tagen an das mit Dornen versehene, x-förmige Kreuz, dachte nicht ein einziges Mal daran, den Wunden zu erliegen. Er lebte, wenn auch schwach, und verstrahlte, trotz des äußerst geschundenen Körpers und der durch das Gift unterdrückten Magie, noch immer eine uralte Aura der Macht.

Konnte man seinen unter der Folter hervorgebrachten Worten wirklich Glauben schenken? War sein Gegenüber, wie Lilith behauptete, ein Idiot, oder sprach er tatsächlich die Wahrheit?

Kronar wendete sich ab und begab sich an den Rand des basaltenen Vorsprungs. Das Spiel der Farben musste jetzt unbedingt seine beruhigende Wirkung entfalten!

Vor ihm erstreckten sich die Lavaberge des vierten Kreises der Hölle. Schwarz und massig schoben sich ihre schorfigen Leiber aus dem Untergrund. Cholerisch glühten ihre Krater in Rot und Orange. Sie spien das Magma in hohen Fontänen in den auberginefarbenen Himmel, der als feister Gegenpol wiederum über der Landschaft hockte, ähnlich einem Riesenalb. Hin und wieder zuckten violette Blitze aus dem aufgedunsenen Körper und stießen scheinbar willkürlich in die Hänge der Vulkane. Sofort quoll Lava hervor und rann als giftiger Speichel zu Boden. Es dampfte und brodelte gelbgrünen Nebel.

Dem nicht genug, erstreckte sich weit unter Kronar ein gigantischer See aus labendem Quecksilber. Metallisch schimmerte seine Oberfläche, aus der hin und wieder zerfetzte Schwanzflossen schlugen, die träge Wellen zackenförmig ans Ufer drückten.

Wie gern hätte er jetzt die Flügel ausgebreitet, wäre über den See geglitten, über die Vulkane, durch Dampf und Nebel hindurch, hätte höher und höher seine Kreise geschlagen, um sich dann wie ein plumper Stein einfach in den See fallen zu lassen. Den Nervenkitzel genießend, um den mächtigen Waal’dohrnen zu entkommen.

Kronar breitete die Schwingen aus. Es war so einfach. Er musste sich nur fallen lassen.

Im nächsten Augenblick faltete er die Lederhäute wieder an den Körper. Er musste sich zügeln, sich zurückhalten, galt es doch eine Frage zu beantworten, die ihm schon seit geraumer Zeit im kahlen Schädel herumspukte und nicht beantwortet werden wollte und konnte.

Was stimmte mit der Hölle nicht?

Nun, auf den ersten und zweiten Blick war selbstverständlich alles in Ordnung. Wie immer in all den Äonen, in denen Kronar nun schon im Orkus weilte. Lilith, selbsternannte Fürstin der Finsternis, versuchte wie eh und je die gesamte Hölle unter ihre Kontrolle zu bringen, was ihr jedoch in all den Jahrhunderttausenden noch immer nicht gelungen war. Weder ließen sich die mächtige Berith noch der Zauberer Grulfin und schon gar nicht der Spinnendämon Melmoth III. unter ihren Herrschaftsanspruch zwingen.

Vielen seiner Art reichte das tägliche Gerangel um die Macht aus. Sie paktierten mal mit diesem, mal mit jenem, immer auf der Suche nach dem eigenen Vorteil im richtigen Lager. Doch Kronar wollte nicht im richtigen Lager stehen. Für ihn gab es nicht das richtige Lager. Für ihn gab es nur ein Lager. Nämlich seins.

Bis dahin würde allerdings noch das eine oder andere Äon durch den Orkus wabern.

Kronar hatte sich in die obersten Kreise der Hölle emporgearbeitet. Ohne fremde Hilfe und ohne eigene Truppen. Das hatte er sicher in erster Linie seinem Körper zu verdanken. Doch nicht nur. Sein wacher Geist besaß ebenfalls einen nicht geringen Anteil daran.

Derzeit war er Günstling, aber vielleicht konnte er eines Tages sogar in den Rang eines Erzdämons aufsteigen. Dann würde er über Legionen gebieten und dann …

Der Dämon schloss kurz die Augenlider. Im Hintergrund hörte er für einen Moment ein Knistern, Summen und Brummen, dann war es wieder still.

Das instabile Weltentor. Wo mochte es hinführen? Es zeigte seltsame Bilder, die ihm – stakkatoartig – eine fremde Welt präsentierten.

Kronar sah merkwürdige Behausungen oder Müllhaufen oder Sammelhaufen, wie es sie in der Hölle nicht gab. Und manchmal auch ein oder zwei Wesen, die irgendwie recht glatt wirkten. Sie besaßen keine Hörner, keine Hufe, Flügel oder einen Schweif. Sie besaßen keine Hornplatten oder Schuppen oder Federn. Sie trugen seltsame Kleidung, aber ihr Körper war unspektakulär. Es befand sich nichts Markantes daran.

Das Weltentor besaß nicht den Anschein, in den nächsten Äonen zu funktionieren. Außerdem konnten die Wesen anscheinend ihren Übergang nicht sehen, was vielleicht daran lag, dass er sich in einem dieser Müllhaufen befinden musste.

Was sollte es. Der Dämon widmete sich einmal mehr seinem Gesprächspartner.

Der schien weiterhin bewusstlos.

Kronar war sich ziemlich sicher, die Gefilde der Hölle in seinem äonenwährenden Leben sehr genau verinnerlicht zu haben. Es gab so gut wie nichts, was sich seiner Kenntnis auf Dauer entzog. Überall hatte er seine kleinen Späher und Beobachter positioniert.

Neben Lilith kämpften auch die geheimnisvolle Berith, der Zauberer Grulfin und besagter Melmoth III. um die Vormachtstellung im Orkus. Einst hatten sogar der Spinnendämon Melmoth I., der große Zaahr und der Bargor im Kampf um den Thron des Fürsten der Finsternis mitgemischt, doch waren Letztere bereits auf der Abfallhalde der Geschichte gelandet, allenfalls noch interessant für die Höllischen Archivare.

Alles wäre so beherrschbar wie immer gewesen, wenn nicht dieses Prachtexemplar von einem Dämon vor nicht allzu langer Zeit aufgetaucht wäre.

Dieser hier nannte sich Zarkahr und behauptete allen Ernstes, selbst unter Folter, nicht nur ein Erzdämon, sondern auch noch der wahre Fürst der Finsternis zu sein.

War er jemand, der sich völlig überschätzte? War er also tatsächlich der Idiot, für den ihn Lilith ausgegeben hatte?

So wie er sich selbst unter der Folter gebärdete, musste man es einfach annehmen. Doch Kronar spürte, wenn er ehrlich zu sich war, dass sein Gegenüber uralt sein musste. Da war die Aura, die ihm anhaftete, die Patina von gelebter Zeit. Der pure Machtwille, die Willensstärke.

Obwohl Zarkahr nun schwach und entkräftet vor Kronar in den magischen Fesseln hing, war da etwas, das Kronar sagte, dass Zarkahr die Wahrheit sprach.

Doch dann musste es Aufzeichnungen geben, Legenden – die es jedoch einfach nicht gab! Er hatte höchstpersönlich einen der höher gestellten Höllischen Archivare damit beauftragt, in den Geschichtsbüchern nach Zarkahr zu suchen. Nichts! Kein Sterbenswörtchen.

Seltsam war zudem, dass auch Lilith keine allzu große Vergangenheit zu haben schien. Kronar konnte sich nur an ihren ewig währenden Kampf mit den Rivalen um den Thron des Fürsten der Finsternis erinnern, dass sie in Dauerfehde mit dem großen Zaahr gelegen hatte und letztendlich den Kampf für sich entscheiden konnte. Paradoxerweise schien auch Lilith sehr alt, während er, Kronar, wenn er ehrlich in sich hineinhörte, sich trotz seiner äonenwährenden Existenz recht jung anfühlte.

Ein weiteres Geheimnis, das sich um Lilith rankte, war, dass sie sich von ihren Priesterinnen nicht mit Fürstin, sondern mit Herrin ansprechen ließ. Und waren die Priesterinnen einmal unter sich, dann sprachen sie von der Herrin vom See und von Avalon, das wiederum ein besonderes Stück Hölle sein musste.

Etwas war hier also ganz und gar nicht in Ordnung. Was verschwieg ihnen Lilith?

Während die Fürstin der Finsternis Zarkahr ohne weiteren Kommentar einfach weggesperrt und sich der Jagd nach Kedlin gewidmet hatte, hatte Kronar seinen Rang am Hofe sowie die Gunst der Stunde genutzt und den Dämon einfach entführt. Nun hing Zarkahr schon eine geraume Weile hier am Kreuz und beantwortete entgegen aller ihm zugefügten Schmerzen nicht wirklich Kronars Fragen, sondern zeigte sich herrisch und störrisch bis in die mittlerweile herausgerissenen Krallennägel.

Kronar spürte, dass er einer Antwort sehr nahe war. Der Schlüssel zur Lösung hing vor ihm. Dumm nur, dass dieser Schlüssel in kein Schloss zu passen schien.

Einmal mehr zog er eine Phiole aus seiner Hose, öffnete sie und flößte die magieunterdrückende Flüssigkeit seinem Gegenüber ein.

***

Hölle.Herrschaftsgebiet der Königin Berith.

Baykoks!

»Du bist unbefugt in das Land der Königin Berith eingedrungen, fremder Dämon«, grollte einer mit tiefer Stimme. »Wir nehmen dich gefangen und führen dich der Königin vor. Sie wird entscheiden, was mit dir geschehen soll.«

Agares grinste breit. »Ach ja? Dann holt mich doch, wenn ihr könnt, ihr Engelsgezücht.« Er wollte sich nicht auf eine Auseinandersetzung mit den Baykoks einlassen und drehte sich um seine Längsachse. Bereits bei der zweiten Drehung erschien ein schwarzes feinmaschiges Netz aus dem Nichts, schmiegte sich um ihn und nagelte ihn auf der Stelle fest. Er schaffte es nicht mehr, sich weiter zu drehen.

Der Erzdämon schrie zornig auf. Sein Körper begann grell zu leuchten. Die Feuermagie begann das schwarze Netz zu zerstören. Drei weitere Netze erschienen aus dem Nichts und fixierten ihn stärker. Gegen die geballte Magie war Agares machtlos. Voller Zorn musste er es über sich ergehen lassen, dass ihn die Baykoks aufnahmen und zwischen sich durch die Luft zum Lavafall transportierten.

Zügle deine Wut, ermahnte sich Agares einmal mehr. Denk nach. Sein Blick streifte den gigantischen Lavafall. Er mochte tausend Meter breit sein und aus einer ebensolchen Höhe stürzen. Wo die Lava in den See fiel, spritzte sie Hunderte von Metern hoch.

Befand sich dort oder vielleicht auch dahinter der Palast dieser ominösen Königin?

Hatte er sich gerade noch an dem Anblick erfreut, so hing er mittlerweile wie eine überreife Birne in einem Einkaufsnetz. In einem vierfachen Einkaufsnetz, verbesserte er sich in einem Anflug von Galgenhumor.

So hatte er sich das Wiedersehen mit der Hölle wahrlich nicht vorgestellt.

Plötzlich ertönte ein disharmonisch angenehmer Laut. Kratzend, knarzend. Langgezogen. Agares versuchte den Ursprung zu erkennen, doch er konnte sich in den verdammten Netzen nicht wirklich bewegen! Außerdem entzogen sie ihm viel zu viel Kraft.

»Ein Orkada!«, schrie einer der Baykoks.

»Hat er uns schon entdeckt?«, fragte ein anderer.

»Das ist eine Provokation an unsere Königin!« Das klang nach der Stimme des ersten.

»Er hat uns entdeckt!« Die Stimme des dritten hörte sich panisch an.

»Mit der Beute schaffen wir das nicht«, rief der vierte.

»Ich habe eine Idee«, mischte sich der zweite Baykok wieder ein. »Lassen wir die Beute fallen. Der Orkada ist eh hinter ihr her.«

»Und unsere Belohnung?«, begehrte der erste Sprecher noch einmal auf.

»Belohnung oder Leben«, rief der zweite.

»Der Orkada!«

»Beute fallen lassen!«

Und Agares fiel. Noch immer konnte er sich nicht aus den magischen Netzen befreien. Erneut mobilisierte er alle Kräfte – und versagte! Er war zu schwach. Wo gab es denn so etwas? Verengelte Hölle nochmal!

Aus den Augenwinkeln sah er den mächtigen Schatten. Dann stülpte sich etwas über ihn und schluckte ihn hinunter. Während Agares eine organische Röhre abwärtsrauschte, öffnete sich plötzlich eine Klappe, und Agares fuhr einen Nebengang weiter hinab.

Er landete in einer Art weichem Sack. Um ihn herum schwappte violette Flüssigkeit, die nun ebenfalls an seinen Kräften zehrte und seine Magie unterdrückte!

Jetzt war er nicht nur in ein vierfaches Netz gewickelt, sondern steckte auch noch in einem großen Etwas fest.

Sollte es das jetzt wirklich gewesen sein? Endete sein bedeutsames und äonenlanges Leben einfach so? Hier, an dieser absolut wertlosen Stelle?

Es sah ganz danach aus. Er verendete tatsächlich wie ein Irrwisch im Kleberachen einer fleischfressenden Klandera.

Nun, wenigstens verlor er sein Leben in der Heimat.

Trotz aller Pein lachte Agares freudlos auf. Das war nicht seine Heimat. Nicht mehr. Nein, korrigierte er sich, sie war es nie gewesen! Diese Dimension war nicht die Hölle, die er kannte. Hier war alles so gefährlich, alles so neu und er so … unbedeutend.

Agares schnaubte kraftlos. Seine überstürzte Flucht von der Erde war ihm zum Verhängnis geworden. Sein scharfer Verstand hatte ausgesetzt. Weil du zu menschlich denkst, flüsterte eine böse Stimme in ihm.

Was war nur aus ihm, aus dem stolzen Erzdämon, dem Anführer gewaltiger Legionen, geworden?

Sein derzeitiges Dilemma begann, als er vor Kedlin, der goldenen Elfe, in den Orkus geflüchtet war.

Natürlich hatte er Sehnsucht nach der Hölle gehabt. Sehnsucht, die er immer wieder zügeln musste, weil er kein Hintergrundwissen über diese Dimension besaß. Die alte Hölle schien es, warum auch immer, nicht mehr zu geben. Also musste er mit der unbekannten Welt vorsichtig umgehen. Deswegen hatte er Zarkahr vorgeschickt. Der sollte erst einmal die Lage prüfen.

Doch DER CORR war nicht mehr aufgetaucht, was ja eigentlich zu befürchten gewesen war. Dieser mächtige Trampel konnte keine Sache wohlüberlegt angehen. Nein, er musste immer mit dem Kopf durch die Wand, was ihm dank seiner Stärke meistens auch gelang. Doch dieses Mal?

Kedlin war mittlerweile verschwunden, er schien sie abgeschüttelt zu haben. Wenigstens etwas.

Agares fühlte sich plötzlich nicht mehr wohl.

Diese Dimension, diese Welt, fühlte sich taub an, wie ein eingeschlafener Arm. Hier gab es nichts, an das er sich erinnern konnte.

Oh ja, die Landschaft sah durchaus wie ehedem aus. Doch waren es Nuancen, die zusammengenommen den fremdartigen Eindruck ergaben. So war seine Sehnsucht nach der Hölle innerhalb kürzester Zeit einer Enttäuschung gewichen.

Wenn er jemals freikommen würde, würde er sich schweren Herzens wohl dafür entscheiden, wieder auf die Erde zu wechseln. Er wollte in Ruhe darüber nachdenken, ob er sich nicht doch auf der Welt der Menschen ein neues Refugium aufbauen sollte.

Vielleicht war Astaroths Ansatz doch nicht so verkehrt gewesen.

Verrückt! Jetzt war es schon so weit mit ihm gekommen, dass ihm die Erde mehr Heimat schien als die Hölle.

Warum nur hatte LUZIFER die Dämonen auf der Erde alleine gelassen? Warum hatte er sie nicht in diese Dimension, in diese Hölle geholt oder wenigstens hineingelassen?

Wollte sie der HÖLLENKAISER für etwas bestrafen?

Agares lachte freudlos auf. Er würde wohl nie Antworten auf diese Fragen erhalten. Bald würde er im ORONTHOS landen, ausgelacht von den dortigen Dämonen, dass er weder im Kampf für die Hölle noch im Kampf gegen Professor Zamorra gefallen war.

Am Ende war es egal. Er war müde. Agares fühlte sich matt. So mussten sich wohl die Menschen nach einem langen und widerlich erfüllten Leben fühlen.

Dann dämmerte er hinüber.

***

Da war etwas.

Agares versuchte seine Gedanken zu ordnen.

Da war eine Präsenz. Eine mächtige Präsenz.

Er hob die Augenlider und sah, verschwommen, eine Gestalt. Irrte er sich, oder war sie weiblich?

Sein Gegenüber lachte. »Selbst in diesem Zustand merkst du, dass ich eine Dämonin bin. Interessant.«

»Und eine ziemlich starke noch dazu«, hauchte Agares. Reiß dich zusammen, schalt er sich.