Professor Zamorra 1192 - Thilo Schwichtenberg - E-Book

Professor Zamorra 1192 E-Book

Thilo Schwichtenberg

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Beschreibung

Die Blumenwiese duftete nach Mohn und Kornblumen, nach Kamille und, tief atmete er durch die Nase ein, nach Hagebutte und Rose. Über allem lag milde Wärme.
Er sah sich staunend um, widerstand dem Drang, sich einfach fallen zu lassen. Oder noch besser: einfach über die Wiese zu tollen.
Sollte das Gras nicht verdorrt und alles Leben gewichen sein?
Er schloss die Augen, lauschte mit den inneren Sinnen. Das Gegenteil war der Fall! Die Wiese und ihre Bewohner schienen ... beseelt.

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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Appetit des Bösen

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Björn Craig

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9405-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Appetit des Bösen

von Thilo Schwichtenberg

»Wir haben doch die Route verlassen, oder?« Sheila sah wieder nach vorn. »Die Straße nach Machu Picchu müsste doch noch etwas besser sein als dieser Pfad.«

»Sheila hat recht«, sagte Tyson und grinste. Seine Zähne waren jetzt wieder spitz. »Wir nehmen eine Abkürzung. Außerdem eignet sich das Terrain meines Erachtens viel besser für die Jagd.«

»Für welche Jagd?« Larry sah erst Sheila an und blickte dann verständnislos nach vorn. »Wen oder was wollen wir denn jagen?« Er schluckte. »Doch nicht verbotene Tiere?«

Tyson grinste. »Lasst euch überraschen.«

Die Blumenwiese duftete nach Mohn und Kornblumen, nach Kamille und, tief atmete er durch die Nase ein, nach Hagebutte und Rose.

Über allem lag milde Wärme.

Tagpfauenaugen, Zitronenfalter und Hummeln summten und flatterten von Blüte zu Blüte.

Er sah sich staunend um, widerstand dem Drang, sich einfach fallen zu lassen. Oder noch besser: einfach über die Wiese zu tollen.

Sollte das Gras nicht verdorrt und alles Leben gewichen sein?

Er schloss die Augen, lauschte mit den inneren Sinnen. Das Gegenteil war der Fall! Die Wiese und ihre Bewohner schienen … beseelt.

Wie war das möglich?

Vor sich hörte er leises Plätschern.

Jetzt setzte er sich doch in Bewegung.

Tatsächlich. Ein kühles Nass schlängelte sich über die bunte und duftende Alm.

Das konnte nicht sein! Er war nicht hier. Er war … weit, weit entfernt!

Ein kurzer Pfiff riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah auf, sah die schroffen Felswände, die die Wiese vor den Blicken der Welt schützten. Ein wahrhaft majestätisches Rund.

Ein Murmeltier schaute in seine Richtung. Dann pfiff es noch einmal und verschwand. Ein Schatten huschte über ihn hinweg. Ein Steinadler!

Im nächsten Moment spürte er, wie sich etwas an seinem rechten Bein rieb. Er schaute überrascht zur Seite.

Ein Panther schnurrte behaglich um seine Beine, und da, auf einem kleinen Felsen spielte der namenlose Faun auf seiner Panflöte! Doch dem nicht genug, war das Lied ganz und gar seiner weiblichen Gespielin gewidmet!

Seit wann war der namenlose Faun nicht mehr allein?

»Seitdem ich das Reich erneuert habe.«

Aldebaran blinzelte gegen die Sonne. Eine kleine Gestalt zeichnete sich im Gleißen des Lichtes ab.

Es klirrte leicht.

Überrascht drehte er sich um. Hinter ihm, im Halbrund, standen die Alben. Seine Brüder!

Nein! Nein. Er versuchte sich von diesem Anblick loszureißen. Das war nur ein Traum. Er besaß keine Brüder mehr. Das hatte er verwirkt. Er gehörte nicht mehr zum Volk der Alben.

Er war ein Auserwählter, diente nun einer höheren Macht. Und mit der würde er seine ehemaligen Brüder jetzt hinwegfegen!

Erschrocken griff er sich an die Brust.

Das Amulett! Es war nicht da!

Er suchte es in seinen Taschen, zwischen den Rosen. Sein Blick streifte die stummen Brüder, die ihn nur ansahen. Warum schnappten sie ihn nicht? Jetzt, wo er wehrlos ihnen ausgeliefert war. Jetzt konnten sie sich rächen. Rächen für den Tod des Königs, für die Ermordung der Brüder, für den Verfall des Rosengartens.

Schritt für Schritt ging Aldebaran rückwärts, rief nach seinem Amulett, doch es antwortete nicht. War er etwa … frei?

Panik stieg in ihm auf und … Erleichterung?

Die Alben folgten ihm nicht.

Seine Nackenhärchen richteten sich auf. Er spürte die Präsenz.

Aldebaran drehte sich um.

Vor ihm stand – »Nein.« Er schüttelte heftig den Kopf, sodass ihm die langen schwarzen Haare ins Gesicht fielen. »Nein. Das ist alles nur ein Traum. Du bist tot! Ich, ich habe dich vernichtet. Du kannst jetzt nicht vor mir stehen. Hier, in einem neu erblühten Rosengarten.«

»Und doch sprechen wir miteinander.« Ein Albe, so groß wie Aldebaran, aber mit einer übermächtigen Aura und dem Gesicht eines Engels, stand klar und deutlich vor ihm.

Im Reflex wollte Aldebaran auf die Knie sinken. Im letzten Moment besann er sich. »Nein! Das ist ein Albtraum. Ich bin in Peru, ich bin nicht im Rosengarten!«

Oder war Laurins Macht nun so groß geworden, dass er ihn einfach zu sich holen konnte? Nein. Er war tot. Das alles war nicht real!

»Aldebaran. Komm zu dir. Noch ist es nicht zu spät. Versuche das Amulett an einen Dämon loszuwerden. Suche dir einen mächtigeren Gegner, für den dich das Amulett verlässt.«

»Niemals!« Aldebaran schrie dem Totgeglaubten mitten in das schöne Gesicht. »Ich gebe das Amulett nie wieder her.« Übergangslos begann er zu schluchzen. »Ich kann es doch nicht, nach all dem, was ich Schlimmes getan habe.«

Neue Kraft durchströmte ihn. Aldebaran streckte die Hände anklagend gegen Laurin. »Verschwinde! Das alles ist nicht wirklich!«

Der Herr der Dolomiten wurde durchscheinend. Auch die Alben verblassten. Die Wiese verlor ihre Farben und die Bewohner ihre Seelen. Alles löste sich auf.

»Sollte ich mich so in dir getäuscht haben?«, hallte die Stimme des Königs in ihm nach.

Mit einem Schrei erwachte Aldebaran. Sein Herz raste. Er griff sich an die Brust.

Und spürte das Amulett. Es leuchtete violett.

Er war nicht im Rosengarten gewesen. Er hatte die ganze Zeit hier im Bett gelegen. Hier in Cusco, in Peru.

Caermardhin, Wales

Saal des Wissens

»Quak.«

Quakten Kröten in ihrer natürlichen Umgebung überhaupt? Sara Moon sah auf Kühlwalda herab. Ihr Onkel und Vorgänger im Amt des Dieners des Wächters der Schicksalswaage, Asmodis, hatte die Kröte vor vielen Jahren mit auf die Burg gebracht. Ursprünglich als Gesprächspartner für die Einsamkeit, hatte die Kröte bald schon ein gewisses Eigenleben entwickelt. Sie schien, obwohl sie auf den ersten Blick gar nicht danach aussah, über Anzeichen von Intelligenz zu verfügen.

War sie also weit mehr als nur eine einfache Kröte?

Merlins Tochter zuckte unbewusst mit der Schulter. Sie würde es hier und jetzt nicht klären können. Stattdessen erwiderte sie: »Du hast recht. Es fühlt sich durchaus gut an, wieder einmal zu Hause zu sein.«

Sie lachte auf.

Zu Hause …

Sie hatte den Posten als Herrin von Caermardhin nicht freiwillig angetreten. Sara war Asmodis ins Amt gefolgt, dem ehemaligen Fürsten der Finsternis, der wiederum nach dem Tod seines Bruders Merlin die Stellung hatte übernehmen müssen. Doch ihr Onkel besaß eigene Pläne, die nicht immer mit denen des Wächters übereinstimmten. Kurz – er hatte Amtsmissbrauch betrieben und wurde durch den Boten des Wächters aus Caermardhin entfernt. So fiel der Fokus auf Merlins Tochter.

»Quak«, machte Kühlwalda.

»Ich stimme dir durchaus zu«, pflichtete ihr die Frau mit den silberblonden, glatten und schulterlangen Haaren bei. Ja, sie war ein Machtwesen!

Als sie noch unter dem Einfluss des Bösen stand, hatte sie sich zur ERHABENEN der DYNASTIE DER EWIGEN aufgeschwungen, war Herrin über viele Welten geworden. Hatte die Bewohner geknechtet und unterdrückt.

Doch das war Geschichte.

Obwohl sie ursprünglich vom Boten des Wächters der Schicksalswaage auf den Posten gezwungen wurde, hatte sie sich hier verdammt gut eingelebt. Im Grunde erfüllte es sie mit Stolz, wieder Herrin verschiedener Welten zu sein. Darauf zu achten, dass sich die Schicksalswaage in diesem Teil des Multiversums nicht auf eine Seite, des Guten oder des Bösen, neigte. Denn das Multiversum musste sich im Gleichgewicht befinden! Sonst kippte das ganze System, und Chaos und Vernichtung wären vorprogrammiert.

Sara konzentrierte sich. Da sie in den letzten Monaten viel auf anderen Welten unterwegs gewesen war, hatte sie die Erde etwas vernachlässigt. Das wollte die Druidin jetzt endlich wieder in Ordnung bringen.

Aus dem Grund stand die kleine Frau mit der mächtigen Ausstrahlung nun im Saal des Wissens vor der Bildkugel, die über einem Sockel frei schwebte und die ihr das aktuelle Geschehen auf diesem Planeten präsentierte. Sie konnte damit jeden Ort und so gut wie jede Person, die sich auf der Erde befand, zwar beobachten, aber nicht hören.

»Also gut, dann wollen wir mal.« Sie vertiefte sich in die Bilder und brachte sich auf den neuesten Stand. Selbst Kühlwalda ließ sie nun in Ruhe.

Die Bildkugel beherrschte ein zentrales Thema. Doch nicht die Politik der Menschen war es, die Sara in den Bann zog. Das sollten diese Kleingeistigen gefälligst unter sich ausmachen. Nein, es war eine magische Bedrohung, die der Erde in den letzten Monaten und Jahren erwachsen war.

Die Bildkugel präsentierte ihr nämlich jede Menge Amulett-Kopien von Merlins Stern, samt ihren Trägern!

Wo kamen die auf einmal alle her?

Sie betrachtete die Datenkristalle, die an den Wänden pulsierend aufleuchteten. So als hätten sie in ihrem Inneren einen Energiespeicher oder gar ein organisches Herz. Doch sie leuchteten nicht unisono, sondern im stetigen Wechsel. Wie Windradkolonien auf der Erde. Dieses versetzte Auf- und Abglimmen besaß durchaus etwas Beruhigendes.

»Quak«, machte Kühlwalda neben einem der Speicherkristalle.

»Also gut«, Sara Moon bückte sich und pflückte ihn vorsichtig. Er steckte in einer Vertiefung, in die sie ihn später wieder zurückgeben musste.

Sie gab ihn in eine weitere Vertiefung. Diesmal im Sockel der Bildkugel. Sogleich brandeten ihr die gewünschten Daten entgegen.

Nach und nach betrachtete sie die Aufzeichnungen aus weiteren Kristallen, zu denen sich Kühlwalda während des Ansehens bereits begeben hatte. Merlins Tochter lächelte kurz. »Wie es aussieht, bist du mein externes Zusatzgedächtnis.« Dann wurde sie wieder ernst.

Drei Truhen mit mehreren Hundert Amuletten waren also geöffnet worden. Die erste in Port-au-Prince von Zamorra höchstpersönlich. Die zweite wurde im Harz geöffnet. Auch hier war Merlins Schützling mit von der Partie gewesen. Verblüfft nahm sie zur Kenntnis, dass die dritte Truhe in der Nähe von Zamorras Schloss geöffnet worden war. Und zwar unterhalb der Kirche des Dorfes. Ähnelten die Gänge nicht auch denen des Schlosses? Waren sie sogar miteinander verbunden?

Merlins Tochter zuckte mit der Schulter. Das war nicht relevant.

Schade war nur, dass die Bildkugel, im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin, keinen Ton mehr übertrug. So musste sie sich einiges zusammenreimen.

Der Öffner der Truhe, wer mochte das sein? Sara hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Er hatte die Seelen der Bewohner des Dorfes als Schlüssel für das Schloss des Behälters benötigt. Zamorra und Nicole hatten das zu verhindern versucht. Sie waren zwar gescheitert, doch durch die freigesetzten Energien, die sich teils überlagerten, teils aufhoben, vermischten und verstärkten war das Unmögliche passiert: Die Dorfbewohner hatten ihre Seelen zurückerhalten.

Einzig Nicoles Dhyarra war in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Stein schien ausgebrannt.

Merlins Tochter stockte. War das der Moment, um ein kleines Experiment zu wagen?

Ein Machtkristall war in der Lage, niedere Kristalle zu zerstören, ausglühen zu lassen. Das wusste sie aus ihrer Zeit als ERHABENE der DYNASTIE DER EWIGEN.

Und trotzdem hatte sie sich schon damals gefragt, ob es umgekehrt auch klappen könne. Einem ausgezehrten Kristall seine ursprüngliche Kraft wiederzugeben.

Damals hatte sie in solchen Spielereien keinen Nutzen gesehen. Gegner mussten vernichtet und nicht rehabilitiert werden. Doch heute war das anders.

Sie nahm den Machtkristall aus einer Tasche ihres Gewandes und konzentrierte sich. Energien aus der Tiefe des Raums flossen, wurden vom Machtkristall eingesogen und weitergeleitet. Sie lenkte und spürte, dass die Energien ankamen. Sie stellte sich vor und spürte zugleich, dass sich der totgeglaubte Sternenstein wieder auflud. Zu alter Stärke der achten Ordnung zurückfand.

Sollte sie ihn gleich aufstocken? War Nicole in der Lage, auch die neunte Ordnung zu beherrschen? Sara nahm es an, denn Nicole war eine Meisterin im Umgang mit den Dhyarras.

Sie entschied sich dagegen. Die Gefahr, dass der Sternenstein bei erstmaliger Benutzung ihren Geist ausbrannte, war nicht zu unterschätzen. Es stand nicht zu einhundert Prozent fest, dass Nicole damit klarkommen würde. Bei Zamorra war sie sich sicher, dass er die höhere Ordnung nicht anwenden konnte, da seine Hauptwaffe im Kampf gegen die Mächte der Finsternis das Amulett war. Dazu kam die Verwechslungsgefahr, denn Nicole wie auch Zamorra besaßen einen Sternenstein der achten Ordnung. Dafür hatte damals der Gott Thor aus der Straße der Götter gesorgt.

Also gut. Die Aufstockung mussten sie später einmal in Ruhe ausprobieren …

Geschafft. Sie gestattete sich ein flüchtiges Lächeln. Mochte Nicole rätseln, wie der Sternenstein zu alter Macht gekommen war.

Die Druidin schaute sich weitere Datenkristalle an und wurde Zeugin, wie Zamorra und Nicole einen Amulett tragenden Golem durch Prag jagten und wie später ein weiterer Träger ihnen durch ein Weltentor entwischte. Vor mehr als zwei Jahren Jahr kam eine Amulett-Kopie sogar bis in das Dorf unterhalb des Châteaus und brachte sehr viel Schnee mit. Auch dessen Träger konnte von Zamorra nicht dingfest gemacht werden.

Ein Albe aus Laurins Gefolge hatte sich ein Amulett von einer sterbenden Hexe gegriffen. Oder, Sara Moon begann zu grübeln, suchten sich die Amulette ihre Träger etwa aus? Das musste sie genauer beobachten!

In einem weiteren Fall, in Schottland, hatte Zamorra zwar den Träger besiegt, aber das Amulett übersehen. Sogar eine entartete Scheibe gab es, die in polnischen Gefilden eine Verbindung mit den dunklen Mächten eines Waldes eingegangen war.

Je mehr sich Sara in die Amulett-Sache vertiefte, umso deutlicher wurde, dass die freigesetzten Amulette sich gezielt Träger suchten. Vornehmlich Wesen, die zum Bösen tendierten. Natürlich bestätigten Ausnahmen die Regel. Außerdem schien eine Handvoll Amulette bereits durch die Zeit existiert zu haben. Nicht alle waren also weggeschlossen gewesen.

Fakt war, dass die Dinger einen enormen Einfluss auf ihre Träger ausübten, ja, sie regelrecht beeinflussten, lenkten. Jedoch nur bis zu dem Augenblick, an dem ein höherwertiger Träger in den Machtbereich der Scheibe geriet.

»Quak«, machte Kühlwalde, und Sara nickte.

»Es bleibt die Frage, wer die Amulette einst geschaffen hat. Und warum er sie in Umlauf gebracht hat. Was bezweckte die Person damit?«

Doch die Kröte bewegte sich nicht. Aus großen Glubschaugen starrte Kühlwalda die silberhaarige Herrin an.

»Du meinst, es existieren keine Aufzeichnungen darüber? Das kann ich kaum glauben. Es sei denn …«

»Quak«, machte Kühlwalda.

»Sollte dem großen Merlin ihre Geburt etwa entgangen sein?«

Die Kröte glotzte nur.

»Sollte Vater wieder eine seiner kritischen Phasen gehabt haben, in denen er sich, total geschwächt, in seine Regenerationskammer zurückziehen musste? War er angeschlagen? Wusste das der Amulett-Schöpfer oder …«

»Quak.«

»… war er gar der Auslöser?« Merlins Tochter seufzte. »Gab es damals also einen großen Plan, und die Amulette wurden am Herrn von Caermardhin vorbeigeschleust?«

Die Kröte blieb still.

»Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser«, zitierte Sara einen Mann namens Lenin und forschte nun mit Hilfe der Datenkristalle selbst nach.

O ja. Es gab Aufzeichnungen über die sechs Vorgängermodelle von Merlins Stern und sogar über ein achtes, von Asmodis erschaffenes Amulett. Jedoch nichts über den Ursprung dieser aktuellen Amulett-Schwemme!

Nur eines war fast immer gleich. In viele Aktionen war stets der Meister des Übersinnlichen verwickelt gewesen.

Sara atmete tief durch. Dann sah sie auf Kühlwalda hinab. »Da sich der Bote des Wächters der Schicksalswaage bisher nicht zu dem Thema bei mir gemeldet hat, scheint das Gleichgewicht der Kräfte auf der Erde noch in Ordnung zu sein.« Sie sah auf die Bildkugel. »Das Ganze sollte auch weiterhin überwacht werden. Ich denke, die Amulett-Problematik ist bei Zamorra in den besten Händen. Also werde ich mit ihm reden, was er über die Sache weiß und denkt und vor allem: was er gedenkt, künftig dahingehend zu unter-«

»Quak!«, schnitt ihr Kühlwalda fast schon freudig das Wort ab.

Und Sara Moon schaute überrascht auf.

Laurins Rosengarten,

Gemächer des Nithart

Vorsichtig zog er den alten Folianten ein Stück heraus und blies darüber hinweg.

Dann zählte er bis sieben, beobachtete den Staub beim Niederrieseln und schob die alte Schwarte etwas deutlicher wieder hinein.

Das nächste Buch. Das war vergeudete Zeit! Pegasus, der junge Archivar, Meister der Schriften sowie Schüler und selbsternannter Altenpfleger des ehemaligen Erzkanzlers Nithart, sortierte in der großen Bibliothek Bücher ein. Na gut. Er tat nur so. Denn das Wissen daraus, das hatte er sich längst einverleibt.

Wieder sah er verstohlen nach rechts.

Der ehemalige und blinde Erzkanzler versuchte nämlich schon seit geraumer Zeit, persönlich auf eine Leiter zu steigen. Gerade schob er sie weiter an der Regalreihe entlang. Doch bald schon musste er fündig werden. Pegasus sah das Buch schon hoch droben leuchten. Und dann würde der Alte tatsächlich klettern …

Pegasus wusste, dass der Albe keine Hilfe wollte. Und trotzdem! Erneut schob Pegasus ein Buch zurück – und erschrak über den metallischen Klang, den es abgab, als es an die Regalwand knallte. Musste denn der Einband unbedingt aus Gold sein?

Der alte Zwerg war blind. Und alt. Und störrisch! Der ließ sich einfach nichts von Pegasus sagen, obwohl er es doch gut mit dem Altkanzler meinte. Nithart war nicht nur sein Lehrmeister, sondern auch sein Retter gewesen. Ohne den Altkanzler wäre er nicht – Da! Nithart hatte tatsächlich die erste Sprosse erklommen! Schon setzte er den Fuß auf die zweite Querstrebe und versuchte sich zitternd weiter hochzuziehen!

Pegasus musste seinen Körper im Zaum halten. Wie gern hätte er den Alten gestützt. Oder noch besser: Er selbst wäre die Leiter empor gestiegen. Aber das wollte Nithart nicht.



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