So tödlich wie die Liebe - J.D. Robb - E-Book
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So tödlich wie die Liebe E-Book

J.D. Robb

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Beschreibung

Wenn Liebe tödlich wird, ist Eve Dallas nie weit entfernt ...

Der Fitnesstrainer Trey Ziegler war in bester körperlicher Verfassung –, wenn man von dem Küchenmesser in seiner schön gebräunten Brust absieht. Lieutenant Eve Dallas übernimmt die Ermittlung – und sie muss nicht lang recherchieren, bis sie auf eine ganz Reihe von Frauen aufmerksam wird, die von ihm geliebt und verlassen wurden: Trey war der Inbegriff eines Machos. Während Eve eine lange Liste an potenziellen Feinden bearbeitet, muss sie ihre Abneigung gegen das Opfer verdrängen, um das Geheimnis seines Todes zu entschlüsseln – und schließlich den kaltblütigen Mörder zu stoppen …

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Buch

Der Fitnesstrainer Trey Ziegler war in bester körperlicher Verfassung – wenn man von dem Küchenmesser in seiner schön gebräunten Brust absieht. Lieutenant Eve Dallas übernimmt die Ermittlung – und sie muss nicht lang recherchieren, bis sie auf eine ganze Reihe von Frauen aufmerksam wird, die von ihm geliebt und verlassen wurden: Trey war der Inbegriff eines Machos. Während Eve eine lange Liste an potenziellen Feinden bearbeitet, muss sie ihre Abneigung gegen das Opfer verdrängen, um das Geheimnis seines Todes zu entschlüsseln – und schließlich den kaltblütigen Mörder zu stoppen …

Autorin

J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts, einer der meistgelesenen Autorinnen der Welt. Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht sie seit Jahren erfolgreich Kriminalromane.

Liste lieferbarer Titel

Rendezvous mit einem Mörder · Tödliche Küsse · Eine ­mörderische Hochzeit · Bis in den Tod · Der Kuss des Killers · Mord ist ihre Leidenschaft · Liebesnacht mit einem Mörder · Der Tod ist mein · Ein ­feuriger Verehrer · Spiel mit dem Mörder · Sündige Rache · ­Symphonie des Todes · Das Lächeln des Killers · Einladung zum Mord · Tödliche ­Unschuld · Der Hauch des Bösen · Das Herz des Mörders · Im Tod vereint · Tanz mit dem Tod · In den Armen der Nacht · Stich ins Herz · Stirb, Schätzchen, stirb · In Liebe und Tod · Sanft kommt der Tod · Mörderische Sehnsucht · Ein sündiges Alibi · Im Namen des Todes · Tödliche Verehrung · Süßer Ruf des Todes · Sündiges Spiel · ­Mörderische Hingabe · Verrat aus Leidenschaft · In Rache entflammt · Tödlicher Ruhm · Verführerische Täuschung · Aus süßer Berechnung · Zum Tod verführt · Das Böse im Herzen · Mörderspiele. Drei Fälle für Eve Dallas · Mörderstunde. Drei Fälle für Eve Dallas

Nora Roberts ist J. D. Robb

Ein gefährliches Geschenk

J. D. Robb

So tödlich wie die Liebe

Roman

Deutsch von Uta Hege

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel

»Festive in Death« bei G. P. Putnam’s Sons,

a member of Penguin Group (USA) Inc., New York.

Dieser Roman ist im Dezember 2019 bei Weltbild erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © der Originalausgabe 2014 by Nora Roberts

Published by Arrangement with Eleanor Wilder

Dieses Werk wurde vermittelt durch die

Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Copyright © 2019 der deutschsprachigen Ausgabe

by Blanvalet Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, München

Redaktion: Regine Kirtschig

Umschlaggestaltung: www.buerosued.de

Satz: Buch-Werk­statt GmbH, Bad Aib­ling

LH ∙ Herstellung: sam

ISBN: 978-3-641-25011-9V002

www.blanvalet.de

Die Sünde verfügt über viele Werkzeuge, doch eine Lüge ist der Griff,

der zu ihnen allen passt.

OLIVER WENDELL HOLMES

Zur Weihnacht seid vergnügt

und einer ganz besonderen Freude euch gewahr,

denn Weihnacht kommt ein einzig Mal im Jahr.

THOMAS TUSSER

1

Männer, dachte Sima. Frauen konnten nicht mit ihnen leben, aber sie deshalb mit einem Neuner-Eisen totzuschlagen, ging dann doch zu weit.

Ein gewisses Maß an Rache aber wäre durchaus angemessen, und die würde sie jetzt nehmen, denn wahrscheinlich hatte niemand diese Rache – oder einen Schlag mit einem Neuner-Eisen – mehr verdient als Trey. Trey Ziegler war ein Arschloch, denn obwohl sie mindestens denselben Anspruch wie er auf die Wohnung hatte, hatte er sie einfach vor die Tür gesetzt.

Während ihres fast achtwöchigen Zusammenlebens hatte sie die halbe Miete und die Hälfte aller anderen Ausgaben bestritten, alle Einkäufe getätigt, staubgesaugt, geputzt, ihm hinterhergeräumt und einen Haufen Zeit ihres Lebens in den Blödmann investiert.

Plus jede Menge Sex.

Sie hatte gründlich nachgedacht, tiefschürfende Gespräche mit Vertrauten und mit engen Freundinnen geführt, zweimal zehn Minuten meditiert, versucht, ihr Leid in sechs Tequilas zu ertränken, und sich einen Racheplan zurechtgelegt, bei dem es um besagtes Neuner-Eisen, Juckpulver und eine Sammlung teurer Kaschmirsocken ging. Die kleine Wohnung lag über Little Mikes Tattoo- und Piercingstudio im West Village.

Die Schlösser hatte der verdammte Geizhals sicherlich nicht ausgewechselt, und da sie kurz nach ihrem Einzug für den Fall, dass sie mal ihre Schlüsselkarte in der Wohnung liegen lassen würde, einer ihrer engen Freundinnen, die gleichzeitig ihre Chefin war, eine Zweitschlüsselkarte zur Aufbewahrung übergeben hatte, käme sie jetzt bestimmt problemlos rein.

Falls er doch die Schlösser ausgewechselt hatte, kannte diese Freundin Leute, die wiederum andere Leute kannten, und ein Anruf würde reichen, damit sie auch ohne Schlüssel in die Wohnung kam.

Sima war sich nicht ganz sicher, ob sie solche Leute wirklich kennen wollte, doch sie wusste, dass sie in die Wohnung musste, ganz egal auf welchem Weg.

Weshalb sie jetzt, moralisch unterstützt von eben dieser Freundin, ihre Schlüsselkarte aus der Tasche nahm und durch den Schlitz neben der Haustür zog.

Als das Schloss mit einem leisen Klicken aufsprang, wurde ihr vom Tequila inspiriertes Grinsen noch ein bisschen breiter, sie juchzte: »Wusste ich es doch! Das Geld für eine neue Schlüsselkarte hat er sich gespart.«

»Für diese Tür jedenfalls. Wir müssen erst noch sehen, ob du mit der Karte auch in seine Wohnung kommst.« Die Freundin sah sie forschend an. »Und du bist dir völlig sicher, dass er nicht zu Hause ist?«

»Hundertpro«, sicherte Sima ihrer Spießgesellin zu. »Seine Chefin hat ihn doch zu diesem Seminar geschickt, auf das er sich bereits seit Wochen freut. Die freie ­Unterkunft, das Gratisessen und dazu die Chance, ein ganzes Wochenende lang nach Kräften anzugeben, lässt er sich ganz sicher nicht entgehen.«

Sima zog an ihren Handschuhen und wandte sich dem winzig kleinen, altersschwachen Fahrstuhl zu, doch ihre Freundin schüttelte den Kopf.

»Wir gehen zu Fuß, und lass die Handschuhe bloß an. Wir wollen schließlich nicht, dass du dort irgendwelche Spuren hinterlässt.«

»Richtig, stimmt. Aber dies ist schließlich mein erster Einbruch, da vergisst man so etwas schon mal.« Mit einem nervösen Kichern stapfte Sima auf die Treppe zu.

»Das ist kein Einbruch. Du hast einen Schlüssel, und du hast die Miete für die Bruchbude bezahlt.«

»Die halbe«, schränkte Sima ein.

»Er hat gesagt, dass es die Hälfte ist, aber hast du jemals den Mietvertrag gesehen?«

»Hm, nein, aber ich …«

»Sima, du musst endlich aufhören, dich derart rumschubsen zu lassen. Was du für diesen Schuhkarton bezahlt hast, hat wahrscheinlich alle Kosten, die er hatte, abgedeckt.«

»Ich weiß. Ich weiß.«

»Du wirst dich deutlich besser fühlen, wenn du die Zehen aus seinen Socken rausgeschnitten hast. Aber halt dich an unseren Plan – von jedem Paar nur eine Socke und vor allem nur ein kleiner Schnitt, damit er denkt, die Socken hätten sich von selber aufgelöst. Während du dich um die Strümpfe kümmerst, rühre ich das Juckpulver unter die Feuchtigkeitslotion in seinem Bad, dann tauschen wir den echten gegen unseren Spielzeugschläger aus und hauen wieder ab. Wir gehen rein und wieder raus und rühren sonst nichts in der Wohnung an.«

»Er wird nie erfahren, was das alles zu bedeuten hat. Er wird erst wieder Golf spielen, wenn jemand die Gebühr für den Indoor-Club für ihn bezahlt, was heißt, dass er die Sache mit dem Schläger ganz bestimmt nicht mit mir in Verbindung bringen wird. Wenn er die kaputten Socken bemerkt, rastet er wahrscheinlich völlig aus.«

»Und denkt, es wäre in der Reinigung passiert. Aber das hat ein Typ, der nicht mal seine Socken selber wäscht, auf jeden Fall verdient.«

»Genau. Und wenn er sein Gesicht mit der Lotion einreibt, rennt er wahrscheinlich laut schreiend zum Arzt und denkt, er hätte eine neue Allergie. Der blöde Arsch.«

»Der blöde Arsch«, pflichtete die Freundin ihr mit rechtschaffener Empörung in der Stimme bei und nickte ihr aufmunternd zu. »Auf geht’s.«

Inzwischen hatten sie den vierten Stock erreicht, und Sima atmete tief durch. Der Dezember des Jahres 2060 war so kalt und bitter wie ihr Herz, und da sie ihren Wintermantel, eine Mütze, einen Schal und dicke Stiefel trug, war sie infolge des Wegs durchs Treppenhaus etwas erhitzt.

Wieder zog sie die Schlüsselkarte aus der Tasche, drückte hoffnungsvoll den Daumen ihrer freien Hand und zog die Karte durch den Schlitz neben der Wohnungstür.

Sofort sprangen die Schlösser auf.

Sima heulte triumphierend auf, worauf die Freundin eilig ihren Zeigefinger an die Lippen hob.

»Willst du, dass die Nachbarn gucken, was hier los ist?«

»Nein, aber …« Bevor sie den Satz beenden konnte, fand sich Sima in der kleinen Wohnung wieder, und die Tür fiel leise hinter ihr ins Schloss.

»Mach das Licht an, Sima.«

»Richtig.« Sie betätigte den Schalter und stieß zischend aus: »Sieh dir nur dieses Chaos an! Ich bin seit nicht mal einer Woche weg, und schon fliegt überall etwas herum. Sieh nur.« Sie lief auf die kleine Küche zu. »Pizzakartons und jede Menge schmutziges Geschirr. Ich wette, dass es hier schon jede Menge Ungeziefer gibt. Iiiih, wahrscheinlich krabbelt schon irgendwelches ekelhaftes Viehzeug rum.«

»Was dir ja wohl total egal sein kann. Da du nicht mehr hier lebst, brauchst du nicht mehr aufzuräumen und dir auch keine Gedanken darüber zu machen, ob es irgendwelches Ungeziefer gibt.«

»Trotzdem. Im Wohnzimmer sieht es genauso aus. Überall liegen Klamotten und – was ist denn das?« Sie stapfte durch das Zimmer und hob einen scharlachroten, hochhackigen Schuh und einen gelb getupften, violetten Spitzenbüstenhalter auf.

»Ich wusste gar nicht, dass er gerne Frauenkleider trägt.«

»Weil er das auch nicht macht!«

»Ich weiß, Sima. Es ist, wie wir alle gesagt haben. Er hat dich deshalb rausgeworfen, weil er eine andere hat. Und, meine Güte, du bist erst vor einer Woche ausgezogen, also muss man davon ausgehen … fang jetzt bloß nicht an zu heulen«, wies die Freundin Sima an. »Reiß dich zusammen. Los.«

Die Freundin schnappte sich den Schuh, warf ihn wieder auf den Boden und nahm Simas Arm. »Am besten fängst du mit den Socken an.«

»Irgendwie habe ich ihn geliebt.«

»Dabei liegt die Betonung ja wohl auf dem Irgendwie. Er hat dich wie den letzten Dreck behandelt, und wenn du ihm das jetzt heimzahlst, wird die Sache für dich abgeschlossen sein, und du kannst statt zurück wieder nach vorne sehen. Glaub mir.«

Der Blick aus Simas tränenfeuchten Augen fiel erneut auf den BH. »Am liebsten würde ich etwas kaputt machen.«

»Das wirst du nicht tun. Du wirst es schlau angehen und ihn dort treffen, wo es ihn besonders schmerzt. Bei seiner Eitelkeit und seinem Geldbeutel«, rief ihr die Freundin in Erinnerung und fügte aufmunternd hinzu: »Und dann genehmigen wir uns den nächsten Schnaps.«

»Nicht einen, sondern mindestens ein halbes Dutzend.«

»Unbedingt.«

Sima straffte die Schultern, nickte, nahm die Hand der Freundin und ging weiter Richtung Schlafzimmer, das in den letzten siebeneinhalb Wochen nicht nur das von ihrem unehrlichen, oberflächlichen und knauserigen Ex-Freund, sondern auch ihr eigenes gewesen war.

»Er hat noch nicht einmal für Weihnachten geschmückt. Was hat er für ein kaltes Herz.«

Da hatte sie vollkommen recht.

Trey Ziegler lehnte aufrecht am metallenen Kopfteil seines Betts. Die langen golddurchwirkten, rötlich braunen Haare, die sein ganzer Stolz gewesen waren, hingen blutverklebt herunter, und seine erst vor Kurzem leuchtend grün getönten Augen starrten reglos geradeaus.

An dem Küchenmesser, das in seinem kalten Herz steckte, hing ein Stück Pappkarton, auf dem in großen Lettern stand:

Der Weihnachtsmann hat mir erzählt, dass du ein böser Bube warst!!!!

Ho. Ho. Ho.

Sima fing gellend an zu schreien, doch ihre Freundin presste eine Hand vor ihren Mund und zog sie aus dem Raum.

»Trey! Trey!«

»Sei leise, Sima. Halt den Mund. Mein Gott, was für ein Durcheinander.«

»Er ist tot. Er blutet. Er ist tot.«

»Das ist mir klar. Verdammt und zugenäht.«

»Wassollenwirjetzttun? Oh Gott. Wassollenwirjetzttun?«

Am liebsten wäre ihre Freundin einfach weggelaufen, aber … selbst in einem so erbärmlichen Gebäude wie diesem gab es sicher irgendeine Art Security. Vielleicht hatte irgendwer sie reinkommen sehen. Oder gehört, wie sie zusammen in der Kneipe saßen und besprochen hatten, wie am besten vorzugehen war. Oder etwas anderes in der Art.

»Du musst dich erst einmal beruhigen, fass bloß nichts an. Rühr dich am besten nicht vom Fleck. Ich muss kurz telefonieren.«

»Du willst, dass jemand seine Leiche aus dem Haus schafft?« Sima griff sich an den Hals, als würde sie von jemandem gewürgt. »Oh Gott!«

»Was redest du da für ein Blech, Sima? Ich rufe bei den Bullen an.«

Es war gerade mal zwei Uhr in einer eisigen Dezembernacht, als Eve sich aus dem warmen Bett und aus den Armen eines heißen Ehemannes rollen musste, weil es eine Leiche gab. Vielleicht aber war es auch nur ein blöder Scherz von einer Frau, die hörbar angetrunken war und sie auch nüchtern regelmäßig in den Wahnsinn trieb.

In solchen Augenblicken war es wirklich ätzend, Cop zu sein.

Aber sie war nun einmal Lieutenant der New Yorker Polizei, deshalb fuhr sie zu dem schäbigen Gebäude im West Village, schnappte ihren Untersuchungsbeutel, denn wenn es tatsächlich eine Leiche gäbe, bräuchte sie nicht extra noch einmal zurückzukommen, um das Ding zu holen, und marschierte über den vereisten Bürgersteig.

Bevor sie ihre Generalschlüsselkarte benutzen konnte, sprang die Eingangstür schon auf.

Obwohl der Fahrstuhl in dem engen, stinkenden Foyer nicht unbedingt vertrauenerweckend wirkte, stieg sie ein. Je eher sie in der verdammten Wohnung wäre, umso schneller hätte sie es hinter sich gebracht.

Da sie wieder einmal die Handschuhe vergessen hatte, schob sie ihre kalten Hände in die Taschen des langen Ledermantels und verfolgte stirnrunzelnd aus ihren bernsteinbraunen Augen, wie im Schneckentempo erst die Eins, danach die Zwei, die Drei und irgendwann die Vier auf dem verbogenen Kontrollpanel erschien.

Dann ging die Tür des Fahrstuhls endlich wieder auf, und eine hochgewachsene, schlanke Frau mit wirrem, kurzem Haar, das fast den gleichen Ton wie ihre Augen hatte, stapfte schlecht gelaunt den Korridor hinab.

Bevor sie an der Tür der Wohnung klopfen konnte, wurde ihr bereits geöffnet, und sie sah die Frau, die ihr die Haare machte – ob sie wollte oder nicht – und die sie schon des Öfteren nackt gesehen hatte – was für sie der reinste Albtraum war.

»Falls Sie mich verarschen wollen, schleife ich Sie dafür aufs Revier.«

»Hier gibt es wirklich einen Toten. Hand aufs Herz.« Trina griff sich an die Brust und zerrte Eve entschlossen durch die Tür. Noch während Eve auf ihre weihnachtlich rot-grün lackierten Fingernägel starrte, fuhr sie fort. »Sein Name ist Trey Ziegler, er sitzt auf seinem Bett.«

»Und wer ist das?«, erkundigte sich Eve und zeigte mit dem Kopf auf eine Frau, die eine schwarze Rollmütze auf den wilden, roten Locken trug und einen Golfschläger aus blauem und rotem Plastik in den Händen hielt.

»Das ist Sima. Seine Ex. Sie hat bis vor Kurzem hier gewohnt.«

»Sie wohnen hier?«

»Ja. Nein. Ich habe hier gewohnt, aber er … dann hat er … er ist … er ist … er ist …«

Sima brach in hemmungsloses Schluchzen aus, und Eve wandte sich wieder Trina zu. »Bleiben Sie hier, fassen nichts an und sorgen Sie dafür, dass auch die andere nichts berührt.«

Sie machte die fünf kurzen Schritte bis zur Tür des Schlafzimmers und sah hinein.

Okay, dort saß ein toter Mann.

Sie stellte den Untersuchungsbeutel auf den Boden, zog ihr Handy aus der Tasche, meldete den Vorfall der Zen­trale, bat um die Entsendung ihrer Partnerin und wandte sich dann wieder Sima zu. »Setzen Sie sich hin und fassen ja nichts an.«

Dann bedeutete sie Trina, dass sie näher kommen ­sollte, und fragte mit leiser Stimme: »Wie sind Sie überhaupt hier reingekommen, wenn sie hier nicht wohnt?«

»Sie hat noch ihre Schlüsselkarte. Oder die Kopie, die sie zur Vorsicht bei mir hinterlegt hat, als sie bei ihm eingezogen ist. Er hat sie erst vor einer Woche vor die Tür gesetzt.«

»Warum sind Sie beide hergekommen? Noch dazu alkoholisiert? Was nicht zu übersehen, zu überhören und überriechen ist.«

»Wir sind nur etwas angetrunken«, korrigierte Trina, der Hauch von einem Grinsen huschte über ihr Gesicht. Als Eve sie reglos ansah, trat sie unbehaglich von dem einen auf den anderen Fuß, während sie eine Wolke passend zu den Nägeln rot und grün gefärbter Haare über ihre Schulter warf.

»Okay, hören Sie zu, ich will vollkommen ehrlich sein. Trey hat meine Freundin vor die Tür gesetzt. Sie kam eines Abends von der Arbeit nach Hause, und da standen ihre Koffer vor der Tür. Er hat nur noch gesagt, er hätte keinen Bock mehr auf sie, sie sollte gucken, wo sie bleibt.«

»Die beiden hatten also Streit.«

»Oh nein. Sie hat das Rückgrat eines Wurms – das ist nicht ihre Schuld, sie ist ganz einfach so gestrickt – deswegen ist sie, ohne zu protestieren, aus der Wohnung gegangen. Dabei hat sie sogar die Miete für die Bruchbude bezahlt. Er hat gesagt, es wäre nur die Hälfe, aber ich weiß ganz genau, was man für solche Löcher zahlt und dass ihr Anteil deutlich höher als die Hälfe war. Auch für den Dezember, also diesen Monat hat sie noch bezahlt, deshalb hat sie das Recht hierherzukommen, oder etwa nicht?«

»Sprechen Sie weiter«, befahl Eve.

»Okay. Sie bricht also in Tränen aus, schnappt sich ihre Sachen und zieht aus. Zuerst ist sie ins Hotel gegangen und hat weder mir noch sonst jemandem etwas davon erzählt, weil ihr die ganze Sache furchtbar peinlich war. Aber dann ist es aus ihr herausgebrochen, und ich habe ihr gesagt, dass sie erst mal zu mir ziehen soll, bis sie etwas Neues gefunden hat.«

»Und?«

»Und?«

»Kommen wir zu heute Abend und dem toten Mann.«

»Richtig. Nun, wir waren heute Abend nach der Arbeit noch mit ein paar anderen Leuten unterwegs, haben Tequila in uns reingekippt und kamen dann auf die Idee, wie sie sich an ihm rächen kann. Er hätte eigentlich über das Wochenende nach Atlantic City fliegen sollen, also haben wir den Spielzeuggolfschläger und eine Packung Juckpulver gekauft. Wir wollten Löcher in seine verdammten Socken schneiden, seine dämliche Gesichtscreme mit dem Juckpulver versetzen, einen seiner Golfschläger gegen den Spielzeugschläger tauschen und wieder verschwinden. Das war alles. Wir sind also reingekommen, in sein Schlafzimmer gegangen, haben ihn dort sitzen sehen, ich habe Sima sofort wieder in den Flur gezogen und Sie informiert.«

»Juckpulver?«

»Das Zeug ist wirklich gut.« Trina nickte nachdrücklich. »Wenn er die Creme benutzt hätte, hätte er sich die Haut von den Knochen kratzen wollen. Das hätte er auch verdient. Sehen Sie sich die Frau doch einmal an.«

Immer noch saß Sima mit gesenktem Haupt und tränenüberströmten Wangen da.

»Mein Gott. Haben Sie den Kerl gekannt?«

»Ja, ein bisschen. Er war Trainer und Masseur in einem Fitnessstudio in der Nähe meines eigenen Salons. Er und Sima kennen sich, weil Sima für mich arbeitet und er wie beinah alle Angestellten von Buff Bodies Kunde bei mir war.«

»Hatten Sie selber auch mal was mit ihm?«

»Scheiße, nein.« Trinas Augen – weihnachtsgrün mit goldenen Sprenkeln – war der Ekel überdeutlich anzusehen. »Er war ein Arschloch, er hat mit anderen gespielt. Ich finde ganz problemlos etwas Besseres. Das würde Sima auch, nur leider hat sie offenbar gedacht, er wäre der Beste, den sie je ergattern kann. Ihr Selbstwertgefühl ist nicht besonders ausgeprägt, verstehen Sie?«

»Wem gehören die roten Schuhe und die Unterwäsche?«

»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie ganz sicher nicht von Sima sind.«

»Bleiben Sie hier.«

»He, Dallas, gehen Sie mit Sima bitte möglichst sachte um. Sie ist ein echter Schatz und einzig deshalb hier, weil sie sich von mir dazu überreden lassen hat. Ich dachte, ihm eins auszuwischen würde Sima das Gefühl geben, nicht völlig ohnmächtig zu sein. Wenn sie nicht mit mir hierhergekommen wäre, hätte jemand anderes ihn gefunden, und sie hätte dieses Bild jetzt nicht im Kopf.«

»Nach allem, was ich weiß, haben Sie beide ihn umgebracht und mich nur deshalb informiert, weil ich die Angelegenheit vertuschen soll.«

Trina lachte schnaubend auf, wurde aber angesichts des strengen Blicks, mit dem der Lieutenant sie bedachte, sofort wieder ernst. »Scheiße. Denken Sie das wirklich? Also bitte.«

»Wie gesagt, bleiben Sie hier.«

Eve marschierte zu der armen Sima, die unter einem durch das viele Weinen ausgelösten leichten Schluckauf litt.

»Erzählen Sie mir, was passiert ist.«

»Trey ist tot. Jemand hat ihn umgebracht.«

»Vorher. Wie kommt es, dass Sie und Trina hier gelandet sind?«

»Oh, okay. Nach der Arbeit sind wir alle – Trina, ich, Carlos, Vivi und Ace – ins Clooney’s«, setzte Sima schluchzend an.

»Clooney’s?«

»Das ist eine Bar. Da hängen wir manchmal nach der Arbeit ab. Die Zwiebelringe dort sind echt lecker, also haben wir uns ein paar Zwiebelringe, Käsehäppchen und Margaritas bestellt und dann ein paar Tequilas hinterher­gekippt, weil ich so traurig war, weil Trey mich fallen lassen hat. Und dann hat Ace gesagt – ich glaube, es war Ace, aber vielleicht war es auch Vivi –, dass ich mich an diesem Typ rächen soll. Dann hat jemand anderes gesagt, ich sollte in die Wohnung gehen und seine Sachen aus dem Fenster werfen, aber Trina meinte, nein, das wäre viel zu offensichtlich, und ich könnte Schwierigkeiten kriegen, wenn er mich dabei erwischt. Ich sollte lieber irgendwas Subtiles tun, bei dem er mir erst gar nicht auf die Schliche kommt. Dann sind wir losgezogen, haben den Spielzeugschläger und das Juckpulver gekauft, sind hierher in die Wohnung gegangen und … und … Trey!«

»In Ordnung.« Eve hob in der Hoffnung, einen neuen Tränenausbruch zu verhindern, eine Hand, und bat die junge Frau, Details zu nennen.

Die völlig mit dem in Einklang standen, was ihr schon berichtet worden war.

»Hat er Sie je misshandelt, Sima?«

»Was? Wer? Trey?« Simas schimmernd silber-blaue Augen wurden groß wie Untertassen. »Nein! Das hätte er niemals getan.«

»Vielleicht nicht körperlich«, erklärte Trina, die am anderen Zimmerende stand, und handelte sich dadurch einen neuerlichen strengen Blick des Lieutenants ein. »Ich mein’ ja nur. Er hat sie vielleicht nicht vermöbelt, aber psychisch hat er ihr auf alle Fälle zugesetzt. Er war nicht gut für dich«, wandte sie sich der Freundin zu.

»Manchmal schon. Am Anfang schon.«

»Hat er Sie betrogen?«, fragte Eve.

»Ich dachte, nicht, aber …« Sie wies auf den Schuh und den BH. »Das Zeug ist nicht von mir.«

»Gab es jemanden, mit dem er Ärger hatte? Frauen, auf der Arbeit, vielleicht wegen Drogen, wegen Glücksspiels oder so?«

»Nein … ich glaube, nicht. Er … er war in letzter Zeit ein bisschen distanziert und hat mehr Zeit im Fitnessstudio oder an seinem Computer zugebracht. Ich habe ihn gefragt, ob es Probleme bei der Arbeit gibt, weil er dort in der letzten Zeit immer so lange blieb, aber er meinte, nein, und dass ich mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern soll.«

»Irgendwas war da im Busch.« Als die Bemerkung Trina einen dritten strengen Blick eintrug, warf sie die Hände in die Luft. »Ich kann Sie hören, und es wäre ­dämlich, so zu tun, als könnte ich das nicht. Da war auf alle Fälle irgendwas im Busch.«

»Was zum Beispiel?«

»Keine Ahnung, ich weiß nur, dass dieser Kerl nicht sauber war. Viele meiner Angestellten und auch Kunden gehen ins Buff Bodies, ein paar von ihnen hatten Trey als Trainer oder als Masseur. Deshalb hat sich bis zu mir herumgesprochen, dass er sich in den vergangenen beiden Monaten noch seltsamer benommen hat als sonst. Er hat seinen Spind im Studio mit einem zweiten Schloss gesichert und war häufig noch spätabends dort, wenn alle anderen gegangen waren. Ein paar von meinen Kunden haben erzählt, er habe davon gesprochen, einen eigenen, exklusiven Laden aufzumachen, vielleicht auf St. Bart’s, auf Nevis oder so.«

»Davon hast du mir nie etwas erzählt!«

Achselzuckend räumte Trina ein: »Ich wollte es dir sagen, aber dann hat er dich rausgeschmissen, und vor allem war es nur ein Gerücht. Ich wollte also erst einen Beweis hier in der Wohnung finden, bevor ich dir etwas erzähle, was vielleicht nicht stimmt.«

»Hatte er irgendwelche Wertsachen?«, erkundigte sich Eve bei Sima. »Irgendwas, was sich zu stehlen lohnt?«

»Oh …«

»Da stehen ein ziemlich teurer Laptop und ein Bildschirm, der nicht gerade klein, aber auf jeden Fall noch gut zu tragen ist. Wie sieht’s mit Schmuck, mit Kunstwerken und Bargeld aus?«

»Er hat eine sehr schöne Armbanduhr, ein Sportmodell, das er vor allem bei der Arbeit trägt, und eine wirklich hübsche Taschenuhr. Und, hm, seine Ohrringe und ein paar Ringe, einer Gelb- und einer Weißgold, die er aber bei der Arbeit nie getragen hat, denn dabei hätten sie ihn nur gestört. Dazu hat er noch seine Golfschläger und andere Sachen, die man auf dem Golfplatz braucht. Ich wüsste nicht, dass er je Bargeld in der Wohnung hatte, an Bildern gab es immer nur die Fotos, die er selber aufgenommen und rahmen lassen hat.«

Sie zeigte auf die Aufnahmen, auf denen Trey in Sportkleidung zu sehen war, die seinen wohlgeformten, durchtrainierten Körper möglichst vorteilhaft zur Geltung kommen ließ. Sie hingen links und rechts eines Regals mit zwei Pokalen, auf denen ein Mann in haargenau derselben Siegerpose stand.

Noch während Eve die Fotos ansah, klopfe es vernehmlich an der Tür, sie machte auf und gab den beiden Polizisten, die dort standen, den Befehl zu bleiben, wo sie waren.

»Okay, ich brauche ein paar weitere Informationen«, sagte sie und zog die Tür wieder hinter sich zu. »Den Namen seines Arbeitgebers oder des direkten Vorgesetzten, eine Liste seiner Freunde und Kollegen und den Namen der Frau, mit der er vor Ihnen zusammen war. Ich nehme nicht an, dass Sie seine erste feste Freundin waren, Sima?«

»Nein, wahrscheinlich nicht.«

»Vor Sim hatte er was mit Alla Coburn« mischte sich die Freundin helfend ein. »Sie ist Kundin bei Buff Bodies und in meinem Salon. Ihr gehört Natural Way, ein Bioladen, der dem Fitnessstudio direkt gegenüberliegt. Und nur damit Sie’s wissen: Sie war ganz schön fertig, als er mit ihr Schluss gemacht hat. Hat zwar so getan, als ob sie froh wäre, ihn los zu sein, aber das war nur Show. Ich weiß genau, wie die Leute drauf sind, die auf meinem Stuhl sitzen. Genauso wie ich weiß, dass er mit schöner Regelmäßigkeit etwas mit Frauen aus dem Fitnessstudio angefangen hat.«

»Damit hat er aufgehört, als wir zusammenkamen.« Sima blinzelte, als Trina sie mit einem mitfühlenden Blick bedachte. »Nein? Aber … aber er hat gesagt …«

»Darüber unterhalten wir uns später, ja? Wie dem auch sei: Seine direkte Vorgesetzte heißt Lill Byers, und ich bin mir sicher, dass sie Ihnen alles mitteilen wird, was sie über ihn weiß. Was die Kollegen über ihn erzählen können, weiß ich nicht, denn außerhalb der Arbeit hatte niemand wirklich was mit ihm zu tun.«

Obwohl Eve spürte, dass das noch nicht alles war, schrieb sie sich nur die Namen auf und nickte knapp. »Einer der Beamten wird Sie jetzt nach Hause fahren.«

»Wir können einfach gehen?«, fragte Sima überrascht.

»Halten Sie sich weiter zur Verfügung. Sie wohnen vorübergehend bei Trina?«

»Nun, ich …«

»Sie wohnt so lange bei mir, bis die Sache abgeschlossen ist. Du bleibst bei mir, Sim, keine Angst.«

Wieder öffneten sich Simas Schleusen, entschlossen zeigte Eve in Richtung Tür. »Officer Cho erwartet Sie«, erklärte sie der jungen Frau. »Trina kommt sofort nach.«

Als Sima weg war, wandte Eve sich Trina zu. »Nun spucken Sie’s schon aus.«

»Okay, ich wollte nicht zu offen sein, solange Sima in der Nähe war. Er war ein Arschloch. Klar, es tut mir leid, dass er ermordet worden ist und so, aber vor allem, weil ihr das derart zu schaffen macht. Hören Sie zu, der Kerl hat Alla einfach gegen Sima eingetauscht. Er hat mit den Menschen gespielt und sie benutzt. Ein Teil des Zeugs hier in der Wohnung gehört Sima, aber sie hat nicht einmal daran gedacht zu sagen, dass es ihre Sachen sind. Sie hat die ganze Arbeit hier geleistet, wenn Sie wissen, was ich damit sagen will. Hat hinter ihm hergeräumt, den AutoChef gefüllt, Geschirr gespült und seine Sachen in die Reinigung geschleppt. Nicht mal seine verdammten Socken hat er selbst gewaschen, sondern ihr gesagt, dass sie sie wegbringen soll.«

»Sie machen Witze.«

»Nein, im Ernst. In seinem Schrank werden Sie jede Menge schicker Sachen finden, in seinem Badezimmer stehen exklusive Shampoos, Cremes und andere Sachen rum. Das Arschloch war der reinste Pfau. Ich gebe zu, er sah nicht übel aus, aber er hat die Frauen angemacht und fallen gelassen, wenn er hatte, was er wollte – und ich rede dabei auch noch über anderes als bloß Sex.«

»Wovon genau?«

»Ich gehe jede Wette ein, dass er diese Uhren und all die schicken Sachen, die in seinem Schrank hängen, nicht selbst bezahlt hat. Er hatte es vor allem auf reiche, ältere Frauen abgesehen. Die meisten waren Kundinnen. Zumindest wurde das erzählt. Wahrscheinlich hat ihm eine dieser Frauen das Messer in die Brust gerammt, aber ich weiß, dass es nicht Sima war. Sie hat den Kerl nicht umgebracht.«

»Ich weiß.«

»Sie könnte niemals … oh. Tja nun, da bin ich aber froh.«

»Wissen Sie, wem dieser Schuh und dieses gelb getupfte Ding gehören?«

»Nein, aber ich könnte es vielleicht herausfinden.«

»Das überlassen Sie am besten mir. Fahren Sie nach Hause. Und wenn Sie das nächste Mal Tequila trinken, fahren Sie danach sofort heim.«

Ermutigt zählte Trina ein paar Punkte an den weihnachtlich lackierten Fingernägeln ab. »Sie hat die Miete für das Loch bezahlt. Sie hat einen Schlüssel. Einige von ihren Sachen sind noch hier. Sie hat also eindeutig das Recht, die Wohnung zu betreten.«

»Alles klar. Wobei das Juckpulver als körperlicher Angriff, die Zerstörung seiner Socken als Zerstörung fremden Eigentums und die Mitnahme des Golfschlägers als Diebstahl hätte gelten können. Eine durchaus einfallsreiche Art, sich an dem Kerl zu rächen, aber die Gebühren, die Sie deshalb womöglich irgendwann für einen Anwalt hätten zahlen müssen, wären den Nutzen eindeutig nicht wert gewesen.«

Trina tat den Einwand achselzuckend ab. »Auf alle Fälle vielen Dank, dass Sie die Sache übernommen haben.« Sie sah Eve aus zusammengekniffenen Augen an und hatte plötzlich diesen Blick, der Eve als taffe Mordermittlerin vor Angst erstarren ließ. »Ihre Haare könnten einen neuen Schnitt vertragen, und für Ihr Gesicht habe ich eine neue Packung, die der Haut trotz trockener Heizungsluft und winterlicher Kälte Feuchtigkeit und neuen Glanz verleiht.«

»Wenn Sie so weitermachen, Trina, schleife ich Sie aufs Revier und lasse Sie in einer Zelle schmoren, bis ich weiß, wer diesen Kerl auf dem Gewissen hat.«

»Ich wollte ja nur sagen … Aber vor Ihrer großen Party bringen wir Sie auf jeden Fall auf Vordermann.« Sie ging zur Tür, blieb dort aber noch einmal stehen. »Sim ist einfach zu vertrauensselig und vor allem fürchterlich naiv. Liebeskummer überwinden manche Menschen nicht mal dann, wenn jemand sie zutiefst verwundet hat.«

Das stimmte, dachte Eve und ging zurück zu ihrem toten Mann.

Sie selbst hatte jegliche Naivität und jedes übertriebene Vertrauen schon vor vielen Jahren gegen Argwohn und Zynismus eingetauscht, was ihr bei der Arbeit durchaus eine Hilfe war.

Sie sprühte sich die Hände und die Schuhe mit dem Spray aus dem Untersuchungsbeutel ein, betrat das Schlafzimmer und nahm das auf dem Fußboden verschmierte Blut, die Spritzer an der Wand und die Hirnmasse am Sockel eines weiteren Pokals mit dem Aufnahmegerät am Aufschlag ihres Mantels auf.

Am Fußende des Betts, dem Opfer direkt gegenüber, stand ein offener Koffer, in dem neben einem Stapel sorgfältig zusammengelegter Kleider ein Toilettenbeutel lag.

»Anscheinend wollte das Opfer gerade für eine geplante Reise packen. Den Zeuginnen zufolge sollte er über das Wochenende nach Atlantic City fliegen. Zu irgendeinem Seminar. Er hat sehr viele Sachen für zwei Tage eingepackt. Was zu der Aussage der einen Zeugin passt, dass er ein Pfau gewesen ist. Ebenfalls entsprechend ihrer Aussage sind seine Kleider ausnahmslos von guter Qualität.«

Sie sah sich weiter um, bis sie ein Tütchen voller trockener Blätter fand.

»Was haben wir denn hier? Sieht aus wie … Tee.« Sie öffnete den Beutel, schnupperte daran und dachte plötzlich an das blumige Gebräu, auf das die Psychologin Dr. Mira schwor. »Und riecht wie Tee. Sieht nicht nach irgendwelchen Drogen aus, die mir schon einmal irgendwo begegnet sind, aber am besten sehen die Kollegen im Labor sich dieses Zeug noch mal genauer an. Was jedoch keine Eile hat, weil schließlich niemand unserem Toten wegen irgendwelcher Drogen an den Karren fahren will.«

Sie ging ein wenig in die Hocke, um sich die Trophäe mit dem äußerst muskulösen Sportler, der nur eine kurze Hose trug und seine Muskeln spielen ließ, genauer anzusehen. »Zwei weitere derartige Trophäen stehen im Wohnzimmer. Die graue Masse und das Blut, die am Sockel dieses Teils hier kleben, weisen darauf hin, das ihm damit der Schädel eingeschlagen worden ist.«

Sie griff nach dem Pokal und wog ihn in der Hand. »Oh ja, das Ding ist ganz schön schwer. Ein, zwei Schläge dürften reichen, wenn man jemanden aus dem Verkehr ziehen will.«

Sie stellte den Pokal an seinen Platz, stand auf, kehrte ins Wohnzimmer zurück und nahm die beiden anderen Auszeichnungen in die Hand.

Zwei saubere Kreise zeichneten sich in der dünnen Staubschicht, die auf dem Regal lag, ab.

»Die Mordwaffe stand offenbar woanders.« Abermals ging sie ins Schlafzimmer und fand auf der Kommode einen dritten sauberen Kreis.

»Die Mordwaffe stand direkt hier. Das Opfer war also mit seinem Mörder im Schlafzimmer. Da Spuren eines Einbruchs fehlen, haben die beiden sich offenbar gekannt. Genauso wenig gibt es Spuren eines Kampfs, obwohl das Opfer dreimal nacheinander Personal Trainer des Jahres und somit auf alle Fälle wehrhaft war. Es gab also keine körperliche Auseinandersetzung, aber ­vielleicht einen Streit. Der Killer schnappt sich die Trophäe und schlägt damit zu.« Sie wandte sich zum Bett.

»Dann wäre das Opfer nicht dorthin gefallen, wo es sitzt, und das ist interessant. Der Killer zerrt also die Leiche bis zum Bett, lässt eine Blutspur auf dem Fußboden zurück, hievt sie auf die Matratze und rückt sie zurecht, bis sie am Kopfteil lehnt. Danach ist er so wütend oder kaltblütig, dass er das Messer aus der Küche holt, die Nachricht schreibt und ihm das Messer mit der Nachricht, obwohl er da längst schon tot ist, in den Oberkörper rammt.«

Sie zog den Identifizierungspad und ihre Messgeräte aus dem Untersuchungsbeutel und trat auf den Toten zu.

»Bei dem Opfer handelt es sich um Trey Arthur Ziegler, einunddreißig Jahre, männlich, von gemischter Rasse, wohnhaft hier. Alleinstehend und kinderlos.«

Sie hörte, dass die Wohnungstür geöffnet wurde, wartete, bis das vertraute Stampfen ihrer Partnerin an ihre Ohren drang und rief: »Hier hinten. Sprühen Sie sich die Stiefel ein.«

Detective Peabody trat durch die Tür des Schlafzimmers. Mit ihren pinkfarbenen Cowboystiefeln, einer dick wattierten Jacke, einem kilometerlangen Schal in allen Regenbogenfarben und der leuchtend blauen Mütze mit den Ohrenklappen sah sie aus wie ein aus dem Zirkus entflohener Eskimo, fand Eve.

»Ich habe Trina unten vor der Tür getroffen«, meinte Peabody und wandte sich der Leiche zu. »Wow, ho, ho, da hat ihm aber jemand ganz schön übel mitgespielt.«

»Er wird an Weihnachten bestimmt nicht mehr nach Hause fahren.«

»Trina hat mir erzählt, dass das der Ex-Freund ihrer Freundin ist.«

»Den sie gefunden haben, als sie heimlich Juckpulver in die Gesichtscreme dieses Typs mischen wollten.«

»Eine ausgezeichnete Idee.« Peabody zerrte sich die Mütze von den dunklen Haaren, stopfte sie in die Jackentasche und sah den Lieutenant fragend an. »Sie denken doch wohl nicht, sie hätte was mit diesem Mord zu tun.«

»Ich wünschte mir, dass sie verdächtig wäre, denn wenn ich sie einsperren könnte, bräuchte ich nicht zu befürchten, dass sie mir in nächster Zeit die Haare oder sonst was macht.«

»Hmm.« Langsam wickelte sich Peabody aus dem Schal.

»Der Untersuchung nach hat es ihn gestern Abend gegen halb sieben erwischt«, erklärte Eve. »Natürlich werden wir die Alibis der beiden Frauen noch überprüfen, aber ich bin jetzt schon sicher, dass das nichts ergeben wird. Trina ist viel zu gewieft, um jemanden auf diese Weise zu ermorden, und die Freundin hätte niemals den erforderlichen Mumm gehabt.«

Eve tauschte ihre Messgeräte gegen eine Mikrobrille und fuhr fort. »Gucken Sie nach, ob’s hier Überwachungskameras gibt, rufen Sie den Pathologen und die SpuSi, und sagen Sie den Kollegen von der Trachtengruppe, dass sie sich bei den Nachbarn umhören sollen. Vielleicht hat ja jemand etwas gehört oder gesehen.«

»Die Leute werden sicher ziemlich angefressen sein, wenn wir sie aus den Betten werfen.«

»Nur so lange, bis sie hören, dass jemand ermordet worden ist. Die Menschen lieben es, wenn jemand tot ist und sie selber noch am Leben sind. Schicken Sie die Kollegen los – wenn ich mit der Leiche fertig bin, gehen wir zusammen das Apartment durch.«

Eve setzte sich die Brille auf, beugte sich vor und sah sich die zerstörte Schädelseite an. »Also, Trey«, murmelte sie. »Was hast du mir zu sagen?«

2

Der Tod zerstörte die Illusion, dass Dinge, die privat waren, es auf Dauer blieben, dachte Eve und sah sich nach der Untersuchung ihres Leichnams eingehend im Schlafzimmer des Opfers um.

Wie Trina schon behauptet hatte, bestand Treys Garderobe ausschließlich aus schicken, sexy Sportklamotten, eleganten Anzügen und hippen Outfits für Besuche irgendwelcher angesagten Clubs.

»Er hat die Socken und die Unterwäsche farblich und nach Mustern aufeinander abgestimmt«, bemerkte Eve, als Peabody das Schlafzimmer betrat. »Wer macht so etwas und warum?«

»Ich habe einen Zeitungsartikel gelesen, in dem stand, dass die Dinge, die man unter den sichtbaren Kleidern trägt, einem das Gefühl vermitteln sollen, dass man stark ist und sein Leben selber kontrolliert. Es ist das sogenannte Unter-Ich.«

»Wenn jemand, um sich stark zu fühlen, Boxershorts und Socken braucht, die zueinander passen, muss er ja wohl eigentlich ein echtes Weichei sein. In seinem Nachttisch liegen neben einer Packung mit Kondomen ein paar Pornofilme und ein bisschen langweiliges Sexspielzeug. Im Schrank bewahrt er Golfschläger und andere Golfsachen bei seinen Kleidern auf. Frauenkleider gibt’s dort nicht.«

»Haben Sie das schon überprüft?« Peabody zeigte auf das Handy, das bereits eingetütet worden war.

»Ja, ein paar Gespräche mit Klienten und Klientinnen oder mit irgendwelchen Kumpels und verschiedene Anrufe bei irgendwelchen Frauen, die noch nicht zurückgerufen haben. Eine Morddrohung war nicht dabei.«

»In der Küche steht ein Messerblock, in dem ein Messer fehlt«, erklärte Peabody. »Das Messer, das in seiner Brust steckt, war anscheinend Teil des Sets.«

»Der Schädel wurde ihm mit der Trophäe eingeschlagen, die praktischerweise in der Nähe stand. Danach wurde der Täter kreativ und hat ihm ein Küchenmesser in die Brust gerammt, das ebenfalls praktischerweise in der Wohnung war.« Eve stemmte ihre Hände in die Hüften, ging ins Wohnzimmer und blickte auf die Unordnung, entdeckte aber keine Spuren eines Kampfs. »Okay, nachdem es keine Einbruchs- und auch keine Kampfspuren gibt, hat das Opfer seinen Mörder reingelassen, ihn also gekannt. Er trägt T-Shirt und Jogginghose, hat es sich also bequem gemacht, offenbar war ihm der Mörder so vertraut, dass er ihn sogar mit ins Schlafzimmer genommen hat.«

»Vielleicht wurde er ja auch gezwungen, ins Schlafzimmer zu gehen. Vielleicht hatte der Mörder ein Messer oder eine andere Waffe dabei.«

»Warum hätte er ihm dann den Schädel mit dem dämlichen Pokal einschlagen sollen? Vor allem ist unser Opfer durchtrainiert und hätte sich, wenn es geahnt hätte, was kommt, bestimmt gewehrt. Das heißt, er wurde überrascht. Sie sind also ins Schlafzimmer gegangen? Ging es um Sex? Dem zerwühlten Bett zufolge könnte es um Sex gegangen sein.«

»Mit der Lady mit den roten Schuhen?«

»Kann sein.«

Eve betrachtete die Schuhe und den Büstenhalter, die für jeden sichtbar auf dem Fußboden liegen gelassen worden waren.

Wenn man kaltblütig genug ist, einen toten Mann aufs Bett zu hieven, in der Küche die Ecke eines Pizzakartons abzureißen, eine Botschaft darauf zu hinterlassen, dann die Pappe und ein Messer mit zurück ins Schlafzimmer zu nehmen und dem toten Mann das Messer in die Brust zu bohren, würde man doch sicher nicht vergessen, seine Schuhe und die Unterwäsche mitzunehmen, wenn man die Biege machte.

»Da wir hier bisher keinen Textmarker gefunden haben, war die Täterin, wenn wir von einer Frau ausgehen, schlau und kaltblütig genug, den Edding einzustecken, mit dem sie die Nachricht auf das Stück Karton geschrieben hat. Außerdem hat sie den Griff des Messers und den Sockel der Trophäe abgewischt, weil sie keine Fingerabdrücke auf diesen Sachen hinterlassen wollte. Aber sie hat ihren getupften Büstenhalter und die roten Schuhe einfach hier im Wohnzimmer liegen lassen. Kann das sein?«

»Okay, das ist schwer vorstellbar.«

»Vielleicht hatten sie trotzdem Sex oder wollten ihn zumindest haben. Wobei das Opfer vollständig bekleidet ist, was heißt, dass er schon wieder angezogen war oder nicht mehr dazu gekommen ist, sich auszuziehen. So oder so hat irgendjemand vor, während oder vielleicht auch nach dem Sex nach dem Pokal gegriffen und ihn mit dem Ding erst seitlich und danach noch mal am Hinterkopf erwischt. Die Person bricht nicht in Panik aus und drischt danach nicht weiter auf das Opfer ein. Das zeugt von einem hohen Maß an Selbstbeherrschung, auch wenn sie sich’s nicht verkneifen kann – ha ha – das Messer in der Wunde herumzudrehen. Sie sucht also ein Stück Pappe, schreibt die Nachricht, hievt den Mann aufs Bett, lehnt ihn gegen das Kopfteil und rammt ihm das Messer mit der Botschaft in die Brust.«

»Was meiner Meinung nach von größter Bosheit zeugt. Ja, okay, natürlich ist ein Mord der Gipfel der Gemeinheit«, meinte Peabody, als Eve sie fragend ansah. »Aber das Messer und die Botschaft sind das Salz, das ihm der Täter nachträglich noch in die Wunde streut.«

»Ein Messer in der Brust. Das Opfer hat dir fürchterlich ans Bein gepisst«, griff Eve den Faden auf. »Aber das hast du ihm heimgezahlt. Es ging dir also um Befriedigung. Ein schneller, vielleicht impulsiver Ausbruch von Gewalt, doch dann hast du die Tat kaltblütig ausgeschmückt.«

»Gehen wir theoretisch davon aus, dass es die Lady mit den roten Schuhen war.«

Peabody umrundete die Schuhe und versuchte, sich ein anders Szenario vorzustellen.

»Sie sind beide heiß, gehen ins Schlafzimmer, sie überlegt sich’s noch mal anders, als Ziegler sie bedrängt, schlägt sie vor lauter Panik zu. Oder sie haben Sex, danach führt er sich wie ein Arschloch auf. Sagt was über ihr Gewicht, ihre Technik oder was auch immer. Bash. Sie reißt sich lang genug zusammen, um ihn auf das Bett zu hieven und ihm noch das Messer in die Brust zu rammen, doch dann verebben ihre Wut und das Adrenalin, sie bricht in Panik aus und läuft davon.«

»Möglich«, stimmte Eve ihr zu, denn schließlich hatte sie bereits weit dämlichere Leute weggesperrt. »Aber jetzt schicken wir erst mal seinen Laptop aufs Revier, damit die elektronischen Ermittler ihn sich ansehen, und suchen die Lady mit den roten Schuhen.«

»Die Schuhe sind echt hübsch. Ich frage mich, was sie für eine Größe haben.«

»Meine Güte, Peabody.«

»Ich mein’ ja nur«, murmelte ihre Partnerin und lief zur Tür, um die Kollegen von der SpuSi hereinzulassen und dem Zorn des Lieutenants zu entgehen.

Es wurde hell, bis Zieglers Leiche auf einem der Stahltische im Leichenschauhaus lag und die Befragung seiner Nachbarn sowie die Durchsuchung der Wohnung abgeschlossen waren. Natürlich hatte wieder einmal niemand etwas gesehen oder gehört, und auch die Spurensicherer standen mit leeren Händen da.

»Ich tippe auf die klassische Beziehungstat«, erklärte Peabody, als sie, erneut so dick vermummt, als bräche gerade eine neue Eiszeit an, zusammen mit Eve das Haus verließ. »Bargeld, Schmuck, Kreditkarten, elektronische Geräte und die teure Sportausrüstung sind noch da, es gibt keine Spuren eines Einbruchs, und vor allem deutet alles auf ein fehlgeschlagenes Techtelmechtel hin.«

»Techtelmechtel?«, fragte Eve. »Wer denkt sich solche Wörter aus?«

»Wahrscheinlich Leute, die nie irgendwelche Techtelmechtel haben, wozu der Tote offenkundig nicht gehörte. Die SpuSi bringt das Bettzeug ins Labor und findet dort bestimmt die DNA der Frau, mit der der Kerl ­getechtelmechtelt hat.« Mit einem wehmütigen Seufzer fügte Peabody hinzu: »Ich wünschte mir, es würde schneien.«

»Wenn der Zustand seiner Wohnung und Trinas Behauptung, dass er wild herumgevögelt hat, ein Zeichen sind, findet sich an dem Bettzeug doch bestimmt die DNA von mehr als einer Frau – Moment.« Erst jetzt drang Peabodys Bemerkung zu ihr durch. »Sie wollen, dass es schneit?«

»Wenn’s schon so kalt ist, kann es wenigstens auch schneien.« Peabody stieg in Eves Wagen und lehnte sich zitternd in den Sitz. »Es ist fast Weihnachten, und dazu gehört nun mal Schnee, denn Schnee ist hübsch.«

»Und sorgt dafür, dass wir hinter den Schneepflügen herkriechen, die ihn an die Straßenränder schieben, wo er sich in schwarzen Matsch verwandelt, uns den Weg an all den anderen Fahrzeugen vorbei bahnen müssen, die ins Schlingern kommen, weil die Leute keine Ahnung haben, wie man auf den schneebedeckten Straßen Auto fährt, und gucken müssen, dass wir nicht über Leute fallen, die auf den schneebedeckten Bürgersteigen ausrutschen und nicht mehr hochkommen.«

»Sie brauchen eine ordentliche Dosis Weihnachtsstimmung.« Dankbar für die Sitzheizung, schmiegte sich Peabody an das gewärmte Leder ihres Sitzes. Glücklich war, wer einen warmen Hintern hatte, dachte sie und schlug mit hoffnungsvoller Stimme vor: »Warum gehen wir uns nicht eine heiße Schokolade holen?«

Eve starrte weiter geradeaus. »Wir fahren in das Fitnessstudio.«

»Wenn wir uns vorher eine heiße Schokolade holen würden, könnten wir die Kalorien dort wieder abtrainieren«, erklärte Peabody mit einem wehmütigen Lächeln, gab dann aber achselzuckend auf. »Dann überprüfe ich jetzt erst mal seine Chefin.«

»Unbedingt.«

Eve fuhr durch die im ersten winterlichen Morgenlicht noch herrlich ruhigen Straßen der New Yorker Innenstadt. Die Laternen gingen gerade aus, und Wolken heißen Dampfs, die aus den U-Bahn-Lüftungsschächten quollen, mischten sich mit der kalten, grauen Luft. Sie überholte einen noch halb leeren Maxibus, dessen müde Passagiere dank der flackernden Beleuchtung alle kränklich grün und hundeelend aussahen.

Bereits um diese frühe Stunde musste sie nach einem Parkplatz suchen, stellte den Wagen schließlich einen halben Häuserblock von ihrem Ziel entfernt in einer Ladezone ab und befestigte das Blaulicht auf dem Dach.

»Lill Byers«, begann Peabody und kämpfte sich zusammen mit dem Lieutenant durch den bitterkalten Wind. »Achtunddreißig Jahre alt, geschieden, Mutter eines Sohns von sieben Jahren, seit zwölf Jahren bei Buff Bodies angestellt, im Augenblick als Leiterin der Filiale, in der Ziegler Trainer war. Vor sechs Jahren wurde sie wegen Zerstörung fremden Eigentums und Ruhestörung festgenommen, nachdem sie mit einem Wagenheber auf den Wagen ihres Ex-Manns eingedroschen hatte. Ich schätze, dass die Scheidung nicht besonders freundschaftlich verlaufen ist.«

»So etwas wie eine freundschaftliche Scheidung gibt es nicht.«

Hinter der dreistöckigen Glasfassade von Buff Bodies brannte gleißend helles Licht. Im Erdgeschoss sah Eve mehrere Leute rennen, springen, klettern und Gewichte stemmen, die, anders als die Fahrgäste des Maxibusses, geradezu erschreckend wach aussahen.

»Ich hasse diese Leute«, knurrte Peabody erbost. »Sehen Sie sich die doch nur mal an. Alle perfekt verpackt in megacoole Outfits, damit man die Muskeln und die flachen Bäuche, die sie haben, auch ja sieht, mit selbstgefälligen Gesichtern, schweißglänzender Haut, jeder Menge Muskeln und nicht einem Gramm Körperfett. Das verdirbt mir jeden Spaß an meiner heißen Schokolade.«

»Die Sie gar nicht haben.«

»In Gedanken schon. Und jetzt macht mir nicht mal mehr der Gedanke daran Spaß.«

»Reißen Sie sich zusammen.« Eve öffnete die Tür und stieß im Inneren des Studios gegen eine Wand aus Lärm.

Schreie, Trampeln und vor allem ohrenbetäubende Musik zerrissen ihr beinah die Trommelfelle. Auf einem Rad in ihrer Nähe hockte eine Frau und sang, während sie strampelte, aus voller Kehle mit.

Wobei ihr Blick ein wenig irre wirkte.

Trainingsgeräte zischten oder summten, Füße klatschten auf die Laufbänder, Gewichte wurden klirrend in die Halterungen eingehängt. Auf der zweiten Ebene des offenen dreistöckigen Raums gab’s eine augenblicklich nicht besetzte Saftbar, und in einem der verglasten Trainingsräume in der oberen Etage absolvierten weitere durchtrainierte Leute einen eleganten Yoga-Sonnengruß.

»Der Schallschutz hier muss wirklich super sein«, bemerkte Eve.

Auch der Empfang, ein schimmernd weißer Tresen, war noch nicht besetzt, doch eine Frau in knappen Shorts und eng sitzendem T-Shirt mit dem Doppel-B des Studios trieb gerade einen Kunden mit Gewichten in den Händen zu Kniebeugen an.

»Nun komm schon, Zeke! Bizepse aus Stahl! Runter. Rauf. Gewichte hoch!«

»Verzeihung«, begann Eve.

»Sekunde. Weiter, Zeke. Noch fünfmal!«

»Ich hasse dich, Flora.«

Sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd. »So ist’s recht. Genau das will ich hören. Und jetzt noch vier.«

»Lill Byers?«, fragte Eve.

»Sollte hier sein, in ihrem Büro. Gib ja nicht auf, Zeke. Gib ja nicht auf. Noch drei. Runter. Rauf. Achte auf deine Haltung. Noch zweimal. Hinter der Rezeption«, fügte die junge Frau, an Eve gewandt, hinzu. »So ist’s richtig. Ja, genau. Und jetzt das letzte Mal. Geschafft!«

Eve hörte, dass der Kerl sich unter Floras Lob laut japsend auf die Matte fallen ließ.

»Dreißig Sekunden Trinkpause«, verkündete die Trainerin, als Eve in Richtung des Empfangstischs ging. »Dann sind die Crunches dran.«

»Du bist ein Monster, Flora.«

»Das ist es, was du an mir so liebst.«

»Vielleicht sollte ich mich auch mal coachen lassen«, überlegte Peabody. »Wenn ich jemanden hätte, der mir derart Feuer unterm Hintern macht, hätte ich wahrscheinlich innerhalb von ein paar Wochen das perfekte straffe, herzförmige Hinterteil.«

»Wahrscheinlich würden Sie der Frau schon in der ersten Stunde eine reinhauen«, gab Eve ihr zu bedenken.

»Ja, okay, das könnte sein.«

Durch die schmale Glasscheibe in der Bürotür sah Eve eine Frau mit einem grell orangefarbenen Bob und einem wie mit dem Skalpell geformten Leib, die an einem Computer mit zwei Monitoren saß.

Auf einem sah man eine Frau mit zwanzig, fünfundzwanzig Extrapfunden auf den Rippen, die sich mühsam erst durch Crunches, dann durch Beinlifts und am Ende durch den Crisscross kämpfte, während auf dem anderen eine Tabelle mit diversen Namen und Zahlenkolonnen abgebildet war.

Eve klopfte laut, und die Klientin auf dem Monitor setzte zu einer Reihe Streckübungen mit den Beinen an.

Eve öffnete die Tür und sagte »He!«

»Jetzt noch fünf Sit-ups«, befahl die Frau, die vor dem Bildschirm saß, und stöhnend zwang die andere ihren Oberkörper in die Luft.

Als Eve der Frau hinter dem Schreibtisch auf die Schulter tippte, schrie die leise auf, hob ruckartig den Kopf, fing an zu lachen und zog sich die Stöpsel aus den Ohren.

»Tut mir furchtbar leid, ich habe nicht gehört, dass Sie hereingekommen sind. Die erste Schicht dreht die Musik immer so laut, dass ich ohne die Dinger nicht arbeiten kann. Was kann ich für Sie tun?«

»Lill Byers?«

»Ja. Ich leite dieses Studio.«

Eve zückte ihre Dienstmarke. »Lieutenant Dallas und Detective Peabody. Können wir irgendwo reden?«

Die gesunde Farbe im Gesicht der Frau wich einem kranken Grau. »Mein Junge. Geht es meinem Jungen gut? Geht’s Evan gut?«

»Wir sind nicht Ihres Sohnes wegen hier. Es geht um einen Ihrer Angestellten.«

»Gott.« Sie fuhr sich mit der Hand über das leuchtend orangefarbene Haar. »Tut mir leid. Mein Kind ist momentan bei seinem Dad, denn über Weihnachten haut dieser blöde Arsch zusammen mit seiner neuen Schlampe nach Belize ab. Aber wie dem auch sei …« Sie atmete tief durch. »Ist was mit jemandem aus meinem Trupp?«

»Gibt’s hier einen Ort, an dem es etwas leiser ist?«

»Sicher. Den Entspannungsraum. Kommen Sie mit.« Sie ging aus dem Büro, durch den Workout-Bereich, vorbei an einer kleinen Selbstbedienungs-Saftbar, über die gewundene Treppe in den zweiten Stock und dort in einen Raum mit grauen Wänden, der mit zwei bequemen Liegen und mit einem halben Dutzend gepolsterter Schlafsessel durchaus gemütlich eingerichtet war.

Sie schob die Tür hinter sich zu, und plötzlich war es herrlich still.

»Als Ausgleich für die Arbeit, die die Kunden unten leisten, bieten wir auch einen Raum zum Meditieren an. Ying und Yang. Ist irgendwer in Schwierigkeiten?«

»Trey Ziegler.«

»Mist.« Lill ließ sich auf eine Liege fallen, forderte die beiden anderen Frauen mit einer Handbewegung auf, sich ebenfalls zu setzen, und stellte stirnrunzelnd fest: »Der Kerl hat mir versprochen, dass er sich bei diesem Seminar benehmen wird. Muss ich Kaution stellen?«

»Er ist nie in Atlantic City angekommen. Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen mitteilen, dass er nicht mehr am Leben ist.«

»Nicht mehr am Leben?« Byers richtete sich kerzengerade auf. »Was heißt, er ist nicht mehr am Leben? Wollen Sie damit sagen, er ist tot?«

»Genau.«

»Oh Gott.« Jetzt sprang sie von der Liege, hob die Hände links und rechts an ihren Kopf und stapfte durch den Raum. »Oh Gott. Hatte er einen Unfall?«

»Nein. Wir sind von der Mordkommission.«

»Sie …« Wieder ließ sich Byers auf die Liege fallen. »Mordkommission? Heißt das, dass er ermordet worden ist? Wie? Wann?«

»Er wurde gestern Abend umgebracht. Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen oder gesprochen?«

»Gestern. Gegen zwei – nein, eher gegen eins. Ich habe ihn ein bisschen früher gehen lassen, damit er noch seinen Koffer packen und rechtzeitig zur Eröffnung der Veranstaltung nach Atlantic City fliegen kann. Genau wie Gwen. Ist Gwen okay?«

»Gwen?«

»Gwen Rollins, eine unserer Trainerinnen.«

»Sollten die zwei zusammen nach Atlantic City reisen?«

»Nein, nein.« Sie rollte mit den Augen, riss sich dann aber zusammen und schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Dann kamen sie also nicht besonders miteinander aus?«

»Sagen wir so – sie kamen miteinander klar. Mein Gott, was ist mit Trey passiert?«

»Das werden wir herausfinden. Hatte jemand ein Problem mit ihm?«

»Keins, weshalb er ihn ermordet hätte, nein. Geben Sie mir einen kurzen Augenblick, okay?«

Sie presste sich die Finger vor die Augen, atmete tief durch und wandte sich erneut an Eve. »Wir haben zusammengearbeitet, deshalb haben wir uns praktisch jeden Tag gesehen. In gewisser Hinsicht wurde er dadurch zu einem Teil von meinem Leben, wenn Sie wissen, was ich damit sagen will. Außerhalb der Arbeit waren wir nicht besonders dicke, aber trotzdem war er Teil von meinem Leben. Und jetzt ist er tot.«

Sie ließ ihre Hände wieder sinken und fuhr fort. »Er ist – er war – ein guter Trainer. Er hatte ein ganz besonderes Gespür für unsere Kunden, er wusste, wie man sie am besten motivieren kann. Nur mit den Gruppen kam er nicht so gut zurecht. Er war nicht wirklich gut darin, auf jeden Einzelnen zu achten, deshalb habe ich ihn dort nur eingesetzt, wenn niemand anderes zur Verfügung stand. Aber er war ein ausgezeichneter Masseur, bei dem ich selber manchmal war.«

Wieder fuhr sie sich mit beiden Händen durch das kurze Haar und atmete vernehmlich aus. »Auch wenn er meiner Meinung nach ein Arschloch war.«

»In welcher Hinsicht?«

»In Bezug auf Frauen. Er hat sie benutzt und hatte kein Problem damit, mehrgleisig zu fahren. Er fand es toll, im Mittelpunkt zu stehen, und hat derart mit seinem Liebesleben angegeben, dass ich mehrmals zu ihm sagen musste, dass er es ein bisschen langsam angehen soll.«

»Hat er sich auch an Kundinnen herangemacht?«

»Allerdings, genau wie sich die Kundinnen an ihn herangemacht haben. Aber in der Beziehung war er vorsichtig, das heißt, er wollte es sich mit diesen Frauen nicht verscherzen. Wenn sie gekündigt hätten, hätte er kein Geld mehr mit den Frauen verdient, und Geld war ihm noch wichtiger als Sex. Weshalb er es mit diesen Frauen sehr langsam angegangen ist. In den letzten Wochen hat eine Frau bei ihm gewohnt, bevor er sie dann wieder rausgeworfen hat. Sima Murtagh – doch die würde nicht mal einer Fliege was zuleide tun. Was Besseres, als von ihm vor die Tür gesetzt zu werden, konnte ihr gar nicht passieren, denn schließlich hatte er die ganze Zeit auch weiter was mit anderen Frauen.«

»Wusste sie das?«

»Ich glaube nicht.« Lill seufzte abgrundtief. »Sie ist eine wirklich nette, junge Frau. Sie arbeitet in einem Salon hier in der Nähe. Ultra You. Ich weiß, auch während sie zusammen waren, hat er sich an ein paar Kundinnen von uns herangemacht. Er hatte eine Vorliebe für ältere, reiche Frauen, die es sich leisten konnten, mit ihm ins Hotel zu gehen, ihn zum Essen einzuladen und ihm teure Uhren oder so zu schenken, für diese Frauen war das Ganze nur ein kurzes Abenteuer, aber nie was Erns­tes. Verdammt, ich bin mir ziemlich sicher, dass auch wieder etwas zwischen ihm und Alla lief.«

»Alla Coburn?«

»Ja, genau. Sie betreibt den Bioladen, der dem Studio direkt gegenüberliegt. Die beiden waren vorher schon zusammen, dann hat, je nachdem, von wem man es erzählt bekommt, er sie oder sie ihn nicht mehr gewollt, und er hat sich an Sima rangemacht. Alla trainiert auch bei uns im Studio, erst vorgestern kam ich dazu, wie sie und Trey geknutscht haben wie die Weltmeister. Als ich ihn darauf angesprochen habe, hat er das mit einem Lachen abgetan.«

Sie starrte elend ihre Hände an. »Tja nun, er sah fantastisch aus, war, wenn er wollte, ausnehmend charmant, und muss nach allem, was man mir berichtet hat, ein Ass im Bett gewesen sein.«

»Haben Sie das jemals selbst getestet?«

Lill blickte wieder auf. »Nein, denn ich bin seine Chefin, und ich hänge sehr an meinem Job, habe ein Kind, an das ich denken muss, und habe meine diesbezügliche Lektion in vier Jahren Ehe mit einem Trey-Ziegler-Typ gelernt. Das war ein Fehler, der mir sicher nicht noch einmal unterläuft.«

»Aber Sie könnten mir doch sicher eine Liste von den Frauen geben, die mit ihm im Bett gewesen sind.«

»Ja.« Wieder presste sie sich ihre Finger vor die Augen, atmete geräuschvoll aus und nickte knapp. »Oh ja, das könnte ich. Dann ging es Ihrer Meinung nach also um Eifersucht oder um Sex? Verstehe. Ich hätte selbst nicht übel Lust gehabt, meinen verdammten Ex vor unserer Scheidung aus dem Fenster eines Hochhauses zu werfen. Selbst heute kommt der Wunsch gelegentlich noch in mir hoch.«

»Stattdessen sind Sie mit dem Wagenheber auf die Kiste Ihres Ex-Manns losgegangen.«

Lill zuckte zusammen. »Ja, das stimmt. Hören Sie, ich kam eines Nachmittags mit einem fürchterlichen Schnupfen früher von der Arbeit heim. Es stand zwischen uns schon vorher nicht zum Besten, aber schließlich hatten wir ein Kind, und ich habe mir eingeredet, dass es seinen Vater braucht. Er hätte an dem Nachmittag einen Artikel für ein Reisejournal schreiben und den Jungen hüten sollen, aber als ich heimkam, lag der Kleine schreiend und klatschnass in seinem Kinderbett, während dieses Arschloch sich mit der Nachbarin in unserem Ehebett vergnügt hat. Ich habe mir mein Kind geschnappt, bin direkt zu meiner Mutter gegangen, habe ihn dort umgezogen und ins Bett gebracht, bin dann wieder zurück und habe Evans und so viel von meinen Sachen, wie ich tragen konnte, eingepackt, während das Arschloch meinte, dass ich mich beruhigen soll. Die Nachbarin hätte ihn angemacht, ich hätte in den letzten Wochen sowieso nur rumgezickt, er hätte sich entspannen müssen, und vor allem wäre er kein gottverdammtes Kindermädchen, das den ganzen Tag allein mit einem Blag zu Hause sitzt.«

»Da hatte er echt Glück, dass Sie nur auf den Wagen losgegangen sind«, bemerkte Peabody.

»Auf jeden Fall. Ich selbst wahrscheinlich auch, aber ich habe mir gesagt, dass ich an meinen Jungen denken muss. Ich wollte den Wagen mitnehmen – verdammt, er hat schließlich zur Hälfte mir gehört – aber er schrie mir durchs Fenster hinterher, dass ich zu Fuß gehen soll, dass er den Wagen als gestohlen melden würde, wenn ich es wagen sollte, ihn zu nehmen, obwohl sein Name in den Unterlagen steht. Also bin ich ausgeflippt, habe den Wagenheber aus dem Kofferraum geholt und damit auf die Kiste eingedroschen, bis ich tatsächlich verhaftet worden bin. Aber das war es mir wert.«

»Da ist es Ihnen doch wahrscheinlich sauer aufgestoßen, dass einer von Ihren Angestellten wie Ihr Ex-Mann war.«

»Oh Gott.« Sie fuhr sich abermals mit beiden Händen durch das kurze Haar. »Okay. Allmählich werde ich etwas nervös, aber ich weiß, worum es Ihnen geht, und werde deshalb völlig ehrlich sein. Als ich mitbekommen habe, wie er anfangs unsere Trainerinnen angegraben hat, habe ich die Kolleginnen vor ihm gewarnt. Als sie darauf nur meinten, dass ich mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern soll, habe ich das getan, obwohl ein paar der Frauen dann irgendwann gegangen sind. Darauf bin ich zu Trey gegangen und habe ihm erklärt, wenn ich noch eine Frau verlieren würde, hätte auch er selber keine Zukunft mehr in diesem Studio. Das hat ihm nicht gefallen, aber verdammt noch mal, ich bin der Boss und hätte mir den Kerl vom Hals geschafft. Mit einer ganz normalen Kündigung«, erklärte sie. »Danach hat er keine der Kolleginnen mehr angebaggert, weil er wusste, dass sein Job am seidenen Faden hing. Aber was er außerhalb des Jobs gemacht hat, weiß ich nicht. Das geht mich schließlich auch nichts an.«

»Gerüchten nach hat er an die Eröffnung eines eigenen Studios gedacht.«