Steinzeitland 2 - Axel Schade - E-Book

Steinzeitland 2 E-Book

Axel Schade

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Beschreibung

Steinzeitland 2 ist die Fortsetzung der Abenteuer des 13 Jahre alten Adam König. Nach einem Virusausbruch ist die Menschheit ausgelöscht. Die letzten Erdbewohner sind 30 immune, sogenannte H-Kinder. Adam und der Roboter Willi machen sich auf die Suche nach diesen Überlebenden. Sie begegnen der 14-jährigen Eva, die von einer geheimnisvollen Beobachtung berichtet. Bei Nachforschungen entdecken sie drei weitere Teenager. Die bestätigen Evas Sichtung eines Raumschiffs und dass unheimliche, dürre Wesen H-Kinder entführen. Adam und der Maschinenmann finden einen Unterschlupf, wo Aliens Experimente an Gefangenen durchführen. Um die Entführten zu befreien, holen sie aus STEINZEITLAND Neandertaler Klone zu Hilfe. Mit einer zusammengewürfelten Streitmacht ziehen sie in den Kampf gegen die Außerirdischen.

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Inhaltsverzeichnis

Was bisher geschah.6

Aufbruch.7

Geisterstadt.12

GALERIA.18

Im Feuerturm.24

Es gibt Erbsensuppe.28

Denkt nicht, ich sei ballaballa.37

Eine beängstigende Theorie.44

Streifzug nach Arnika.52

Drei Überlebende.58

Dürre Gestalten.67

Geburtstag.75

Alien Unterschlupf.78

Fahrt nach STEINZEITLAND.91

Bei den Neandertalern.96

Kampf!108

Die H-Kinder.114

Er ist in meinem Kopf!118

So ist es.129

Es gibt viel zu tun.134

Im Hafenviertel.138

Überlistet.149

Im Baumarkt.161

Das Rudel.171

Eingeschneit.175

Im Autohaus.179

Blechbüchsen.183

Weihnachten.189

Nachtrag.193

STEINZEITLAND 2

Von Axel Schade

1. Auflage, 2023

© Alle Rechte vorbehalten.

Buchbeschreibung:

STEINZEITLAND 2 ist die Fortsetzung der Abenteuer des 13 Jahre alten Adam König.

In Teil 1 erwacht er eines Morgens im Freizeitpark STEINZEITLAND auf einem Baum und stellt fest, dass sich alle Menschen in Luft auflösten.

Adam kämpft sich durch die Gefahren der urzeitlichen Wildnis. Er begegnet Wollnashörnern, Mammuts, Säbelzahntigern und Neandertalern.

In einem unterirdischen Schutzraum trifft er den 85 Jahre alten Professor Kuchen. Der erkennt in Adam einen, durch ein verbotenes Experiment entstandenen Menschen, ein sogenanntes H-Kind. Er ist gegen Viren resistent, darum überlebte Adam die globale Pandemie.

Kurz darauf stirbt der Professor und hinterlässt Adam den Roboter Willi. Gemeinsam kämpfen sie gegen die Riesenschlange Titanoboa.

Adam und Willi begeben sich in die Stadt, um H-Kinder zu suchen und lernen Eva kennen. Die Drei entdecken unheimliche Invasoren und müssen kämpfen, um das Weiterbestehen der Menschheit zu sichern.

Über den Autor:

Axel Schade wurde 1959 in Siegen geboren.

Als staatlich anerkannter Erzieher arbeitete er in der Kinder- und Jugendhilfe!

30 Jahre sang er in Rockbands, textete, komponierte und veröffentlichte CDs.

Als Mitbegründer eines Mitmachtheaters für Kinder trat er erfolgreich auf.

Seine erste Buchveröffentlichung erfolgte 1994. Er schrieb Science Fiction Parodien, Kriminal- und Abenteuerromane, eine Betrachtung der 1970er Jahre und Tiergeschichten. Alle Titel sind im Buchhandel erhältlich. Online auch als Ebook.

Was bisher geschah.

Laborarbeiten an einem fossilen Knochen setzen im Jahr 2122 ein aus der Urzeit stammendes Virus frei. Binnen 24 Stunden löscht der Krankheitserreger die Erdbevölkerung aus. Menschen zerfallen in ihre atomaren Bestandteile, lösen sich in Luft auf, verschwinden im Nichts. Tiere und 30 sogenannte H-Kinder sind von der Auflösung nicht betroffen.

Adam König, 13 Jahre alt, ist ein H-Kind. Er lebt mit Eltern und zwei Schwestern (beide keine H-Kinder) zusammen.

Vor den Toren ihrer Stadt entsteht der Erlebnispark STEINZEITLAND, mit geklonten lebenden Tieren der Urzeit.

Zum Zeitpunkt der Auflösung besucht Adam den Park und erwacht auf einem Baum. Er ist der einzige Überlebende und tritt eine abenteuerliche Reise durch den Dschungel zu einem unterirdischen Bunker an. An diesem Ort trifft er Professor Dr. Wilhelm Kuchen und dessen Roboter Willi.

Nach dem Tod des Wissenschaftlers begeben sich Adam und der Maschinenmann auf die Suche nach H-Kindern.

Aufbruch.

Zum Abschied umarmt Adam den Neandertaler G-Rrr. Der geklonte Urmensch erwidert die Geste und zerquetscht den Jungen um ein Haar. Nach Luft schnappend, stöhnt er: „Lass los!“

Der Höhlenmann erkennt, dass seine Liebkosung übertrieben ausfiel, und löst den Klammergriff. „G-Rrr sagen Schuldigung!“, brabbelt er und tätschelt dem Jungen verschämt übers Haar. Die schwielige Hand fühlt sich an, wie eine gusseiserne Bratpfanne.

„Schon gut. Ist nichts passiert“, beruhigt ihn Adam und schiebt die Pranke weg.

Willi, der Maschinenmann, steht daneben und sieht sich das Ganze an. Nach dem Abschied steigen er und Adam in den Unimog und fahren los. Der Roboter fragt schelmisch: „Sind das diese zwischenmenschlichen Beziehungen, von denen ich hörte?“

„Was meinst Du?“

„Eure Umarmung.“

„Ha ha, sehr witzig!“

Bisweilen erkannte Adam Willis Scherze nicht. Es dauerte, bis er dahinterkam, dass Professor Kuchen den Maschinenmann mit Humor ausstatte. Oft versteckt er Späße geschickt und trägt sie mit unbewegter Miene seines Bildschirms vor.

Der Roboter spricht mit Wilhelm Kuchens Stimme. Das ist sympathisch. Adams Gefühl sagt, im Maschinenmann stecken eine Reihe von Wesensmerkmalen des Professors.

Anfangs hielt er Willi für einen Haushaltsroboter und dachte, er kann nur kochen, putzen, bügeln und dergleichen. Abfällig nannte er ihn Blechheini. Inzwischen änderte sich seine Meinung zu Professor Kuchens Lebenswerk. Adam tituliert den Roboter nicht weiter als Putzlumpenxpress oder Schrottpresse.

Dass der Maschinenmann über mehr Fähigkeiten verfügt, wie den Haushalt zu versorgen, lernte Adam während ihres Zusammenseins. Mehrmals überraschte der Roboter durch eigenständige, logische Handlungen. Beispielsweise manipulierte er das elektronische Schloss der Fahrzeughalle im Hauptquartier der Wildhüter in STEINZEITLAND. Ohne diese Leistung wären sie nicht im Besitz des Unimogs, mit dem sie jetzt unterwegs sind. Der Begriff Multifunktionswerkzeug sprang Adam bezüglich der handwerklichen Fähigkeiten des Roboters an. Er vergleicht Willi mit Schweizer Taschenmessern, die so enorm vielseitig sind, wobei der Maschinenmann um ein Vielfaches besser ist!

Nicht nur, weil er reden und denken kann. Er ist lernfähig! Man muss sich darüber klar sein, der Roboter war 60 Jahre lang ausschließlich mit seinem Erfinder Professor Kuchen zusammen. Adam ist der erste andere Mensch, dem er begegnete.

Die nächsten menschlichen Wesen, die in Willis Roboterleben kamen, sind G-Rrr und die geklonte Neandertalersippe.

Was Zwischenmenschliches betrifft, fehlen Willi praktische Erfahrungen. Auf seiner Festplatte ist zwar das gesamte Wissen der Menschheit gespeichert, dies ersetzt jedoch nicht die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Was menschliche Emotionen, wie Freude, Trauer, Liebe, Angst und dergleichen betrifft, hat er Nachholbedarf.

60 Jahre Entwicklung stecken in Willi und das merkt man! Er ist ein wahres Wunder an Wissen und kräftiger als ein Bagger mit Abrissbirne! Obendrein imitiert er die Geräusche von Fürzen! Darin ist er erstklassig!

Adam sieht im Maschinenmann einen Freund! Ähnlich wie im Neandertaler G-Rrr, der ihm in STEINZEITLAND mehrmals das Leben rettete. Sicher, Willi ist kein Lebewesen aus Fleisch und Blut, dennoch verfügt er über menschliche Züge. Jedenfalls ist festzuhalten, der Roboter passt auf ihn auf, unterrichtet ihn und ist witzig.

Sogar das Tragen einer Waffe gestattet er! „Weil die Umstände es erfordern, stimme ich zu“, sagte er, „Unter der Bedingung, dass ich Dich einer Prüfung und eingehenden Belehrung unterziehe.“ So geschah es. Zum guten Schluss genehmigte er Adam, eine automatische Pistole in einem Holster am Gürtel zu tragen. Das ist ein enormer Vertrauensbeweis für einen 13 Jahre alten Jungen!

Die Waffe leistete bereits einen guten Dienst, im Konflikt mit der Riesenschlange Titanoboa. Das 13 Meter lange Mistvieh erkor sich Adam zum Appetithäppchen. Er schoss ihr ins Auge, um sie abzuwehren. Es rettete ihm sein Leben.

Ihretwegen begaben sie sich zur Höhle der Neandertaler. Adam fühlte sich verantwortlich, die Gruppe geklonter Frühmenschen vor Titanoboa zu warnen. Jedoch kam er zu spät. Sippenchef G-Rrr wusste längst, dass sie in der Umgebung ist. Ein Späher entdeckte das Untier und berichtete von der Begegnung. Eine Malerei an der Höhlenwand bezeugt es.

Mit Händen, Füßen und Worten macht Adam G-Rrr begreiflich, was er in den beiden Monaten, seit ihrem letzten Zusammensein, erlebte. Er erklärt, wer oder was Willi darstellt und erzählt, dass der „Sitzende Mann“ gestorben ist. G-Rrr bezeichnete Professor Kuchen mit diesen Worten, weil er ihn im Rollstuhl sah. Der 85 Jahre alte Professor Doktor Wilhelm Kuchen hielt sich zum Zeitpunkt der Auflösung in einem unterirdischen Schutzraum auf, weshalb er das Virus überlebte.

Den geklonten Neandertalern konnte es nichts anhaben und Adam blieb aus einem Grund am Leben, den er kennenlernte, als er dem Professor begegnete.

Dass das Verschwinden der Menschen bei den Klonen Verwirrung stiftete, liegt auf der Hand. Sippenchef G-Rrr fragt: „Wo Menschen?“

Es bereitet Adam Schwierigkeiten, dem Höhlenmann die Auflösung begreiflich zu machen. Wie erklärt man einem eingeschränkten Geist das Verschwinden aller Menschen durch einen Virusausbruch? In seinem begrenzten Weltbild fehlt G-Rrr die Vorstellung von der Größe der Erde und von all jenem, was nicht sein direktes Lebensumfeld betrifft.

Adam stellte es möglichst elementar dar. Mit beiden Handflächen klopfte er auf die Brust. Dabei sagte er „Mann“. Daraufhin hob er die Hände gen Himmel, wobei er Luft ausblies, als entweiche sie einem defekten Fahrradreifen. Gleiches wiederholte er mit „Frau“ und „Kind“. Die Darstellungen genügten. G-Rrr wurde die Auflösung der Menschen klar.

Warum er selbst überlebte, verschwieg Adam dem Neandertaler. Wie hätte G-Rrr begreifen sollen, was ein H-Kind ist? Mit diesem Begriff bezeichnete der Professor immune Überlebende. 30 an der Zahl seien es, vermutete er. Adam ist einer davon. Das Ergebnis eines Experiments und dennoch leibliches Kind seiner Eltern. Sie wussten nicht, dass sie Opfer einer Manipulation durch den Gynäkologen Dr. Stein wurden. Der Facharzt für Frauenheilkunde behandelte Patientinnen ohne deren Wissen mit einem von ihm entwickelten Präparat. Es wirkte gesundheitsfördernd auf die Embryos. Es immunisierte sie gegen Infekte und machte unempfänglicher für Krankheiten. Verletzungen heilten geschwinder. Unter normalen Umständen wäre es nicht verwerflich, doch die Art und Weise, wie Dr. Stein das Medikament einsetzte, war gesetzwidrig. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, wo er im sechsten Monat seiner Haft verstarb. Das Geheimnis der Zusammensetzung des Präparates nahm er mit ins Grab.

Geisterstadt.

Als Professor Kuchen verstirbt, hinterlässt er ein Video, in dem er Adam beauftragt, H-Kinder zu suchen, um eine neue Gesellschaft zu gründen und das Überleben der Menschheit zu sichern. Darum fahren sie in Adams Heimatstadt.

Willi stupst ihn gegen den Oberarm. „Wir sind gleich da!“

Verschlafen öffnet er die Augen. „Bin ich eingenickt?“

„Selig schlummernd, lagst Du in Morpheus Armen.“

„Hä? Morphium? Wer ist das?“

„Morpheus heißt der Mann!“, verbessert Willi, „Er ist der Gott der Träume in der griechischen Mythologie und ein Sohn des Hypnos ....“

„Stopp!“, ruft Adam, „Zu viel Text! Lass mich erst wach werden.“ Er rekelt sich. Reibt Schlaf aus den Augen. „Wo sind wir?“, gähnt er.

„Fast da. Ich sehe das Ortseingangsschild.“

Adam schaut aus der Windschutzscheibe auf die schnurgerade Landstraße. Links und rechts ist Wüste. Ein Ortsschild sieht er nicht. „Wo?“

„Zwei Kilometer voraus.“

„Blödmann! Ich habe keine Fernglasaugen wie Du!“

„Tut mir leid für Dich! Trotzdem steht es dort.“

„Gab es was Auffälliges während der Fahrt?“

„Ein paar PKW am Straßenrand. Nur Kleidung drin.“

„Die traurigen Reste der Aufgelösten!“, seufzt Adam und denkt an den ersten Kleidungshaufen, den er fand. Der lag auf einem Trampelpfad im urzeitlichen Dschungel von STEINZEITLAND. Die Kleidung gehörte seiner älteren Schwester Carola, was ihn wunderte, da Nudismus eindeutig nicht zu ihren Hobbys zählte! Er fragte sich, weshalb sie nackt im Urwald umherlief. Zwei Meter weiter traf er auf Kleidungshaufen der jüngeren Schwester Svenja und seiner Mutter. Vaters Kleider und die des Wildhüters Dominik Goldmann fand er als Nächstes. Adam rätselte, wo sie steckten. Carolas Sneaker standen einen Schritt auseinander. Er schloss daraus, dass ihr Verschwinden beim Gehen geschah. Bei den anderen Kleidern fand er das gleiche Bild vor. Unverkennbar entsprach die Entfernung der Schuhe voneinander ihrer Schrittlänge. Er vermutete, sie lösten sich während des Gehens in Luft auf. Adam bezeichnet das Ereignis seitdem als „die Auflösung“.

„Jetzt sehe ich das Ortseingangsschild.“ In der Sonne glänzend, steht es am Fahrbahnrand. Adam wird klar, dass er weit und breit der einzige Mensch ist, dem der Hinweis dient.

„Wo müssen wir hin?“, fragt Willi.

„Falkstraße 69“, antwortet er maulfaul.

Der Maschinenmann gibt die Adresse im Navigationsgerät ein. „Sie erreichen das Ziel in 17 Kilometern. Fahren Sie weiter geradeaus. Halten Sie sich rechts“, säuselt eine Frauenstimme.

Der Stadtteil, auf den sie zufahren, heißt Arnika. Adam kennt sich in diesem Vorstadtbezirk aus. Sein Klassenkamerad Samuel wohnt hier. Was wohl aus ihm wurde? Sicher hat er sich aufgelöst. Es sei denn, er ist ein H-Kind. Dann besteht die Chance, ihn wiederzusehen.

Adam lässt die Seitenscheibe herunter und schaut auf Hausfassaden. Niemand sieht aus einem Fenster. Bürgersteige sind menschenleer. Hier und dort liegen Kleiderhaufen und erinnern an Personen, die unterwegs waren, um Einkäufe zu erledigen. Streunende Hunde sind die einzigen Lebewesen, die Adam zu Gesicht bekommt. „Komisch, dass sich Tiere nicht auflösten“, sagt er mehr zu sich.

„Noch ein ungelöstes Mysterium!“, antwortet Willi.

Der Unimog rollt in mäßigem Tempo auf der Jürgenstraße, der vierspurigen Hauptverkehrsader von Arnika. Auf der Fahrspur herumstehende Autos hindern zügiges Vorankommen. Sie hielten nach der Auflösung ihrer Fahrer an. Manch eines steht quer auf dem Bürgersteig, zwei knallten gegen Hauswände.

Die Ampeln sind ausgefallen. Es gibt keinen Strom. Werbeschilder leuchten nicht. Schaufenster sind unbeleuchtet.

An einem Gebäude erkennt Adam Brandschäden. Die Fassade ist rußgeschwärzt. Bestimmt löste ein Küchenbrand das Feuer aus. Die Auflösung geschah an einem Samstag zwischen 13 und 14 Uhr. Viele kochten ihr Mittagsmahl. Niemand stellte den Herd ab, es führte zum Hausbrand.

Die typische Geräuschkulisse fehlt. Eine befremdliche Stille herrscht, sieht man vom Motorengeräusch des Unimogs ab. Ist nichts in Bewegung, bietet sich ein sonderbarer Anblick. Eine Geisterstadt!

Willi muss langsam fahren. Ein LKW steht quer auf der Jürgenstraße. Er umkurvt ihn. Vor einer Kreuzung stehen viele PKW hintereinander auf beiden Fahrspuren. Der Roboter weicht auf die Gegenfahrbahn aus. „Jede Wette, die Ampel stand auf Rot, als das Virus die Insassen befiel“, erklärt Willi.

„Danach sieht es aus“, bestätigt Adam und wirft beim Überqueren der Kreuzung einen Blick in die Annenstraße, in der Samuel wohnt. Adam fällt ein Geschäftshaus auf, aus dem eine Rauchschwade aufsteigt. „Halt an!“, ruft er, „Da brennt es! Das sehen wir uns an!“

Willi stoppt den Unimog. Sie gehen hin und stehen vor dem Gebäude. Der Bürgersteig ist übersät mit Scherben, Holzbalken, Dämmwolle und Steinen. Zerborstene Dachziegel flogen bis auf die Straße. Das Modehaus STORCH wurde Raub der Flammen. Der Hauptbrand ist vorüber. Vereinzelt steigen dünne Rauchsäulen aus Glühnestern empor. Das Hausdach ist eingestürzt. Schutt liegt im Verkaufsraum. Aus dem Schaufenster des Ladenlokals ragt ein Autoheck. Das linke Hinterrad steht auf dem Boden, das rechte schwebt in der Luft.

„Das Virus erwischte den Fahrer während der Fahrt und sein Wagen raste durch die Schaufensterscheibe ins Geschäft“, behauptet Willi, gleichzeitig wundert er sich: „Seltsam! Weshalb brach Feuer aus? Es ist ein Futura 3000 Elektro von BRENDUS.“

„Batteriebrand vielleicht? So was kommt vor“, weiß Adam.

„Bei älteren Modellen in der Tat. Nicht bei diesem. Der ist absolut sicher.“

„Woher beziehst Du Deine Weisheiten?“

„Ich kenne alle Testberichte.“

„Logisch. Warum frage ich überhaupt?“

„Der BRENDUS Futura 3000 ist ein Mittelklassefahrzeug der neuesten Generation. Sein leicht austauschbares Batteriesystem ist innovativ. Es zeichnet sich durch Langlebigkeit, rasche Ladezeit, enorme Reichweite und höchste Sicherheit aus“, teilt Willi mit.

„Du klingst wie eine Fernsehwerbung.“

„Ich zitiere aus dem Prospekt“, erklärt der Maschinenmann beiläufig.

„Soso ...“, murmelt Adam abwesend.

„Was ist?“, erkundigt sich Willi.

„Hier stimmt was nicht!“

„Was denn? Lass mich teilhaben“, bittet der Roboter.

„Wie lange ist der Virusausbruch her?“

„73 Tage“, lautet die blitzschnelle Antwort.

„Aha! Und? Was fällt Dir auf?“, fragt Adam.

Der Roboter scannt die Umgebung ohne Ergebnis. „Was soll mir bitteschön auffallen?“

„Das Haus brennt noch.“

Willi erkennt nicht, worauf sein menschlicher Freund anspielt. „Was meinst Du?“, fragt er ahnungslos.

„Ich bin sicher, dieser Wagen steht erst seit Kurzem in der Auslage!“

„Wie kommst Du auf den Gedanken?“

„Glaubst Du im Ernst, das Modehaus STORCH brennt seit 73 Tagen?“

„Oh!“

Bevor der überraschte Willi es verhindern kann, klettert Adam über Trümmer, in das Ladenlokal. Schleunig folgt der Maschinenmann. Es stinkt nach verbranntem Gummi, Textilien, Holz und geschmolzener Dachpappe.

„Hier ist es gefährlich! Was, wenn Dachpfannen herunterfallen?“, fragt der Roboter besorgt.

Adam kümmert sich nicht um dessen Bedenken. „Der Fahrzeugführer lebt“, behauptet er, „die Fahrertür steht offen. Daraus schließe ich, er oder sie verließ das Fahrzeug, bevor Feuer ausbrach. Ich bin überzeugt, ein H-Kind saß am Steuer. Anders ist es nicht zu erklären! Wer es wohl war?“

GALERIA.

Adam ist bester Laune. Die Übernachtung im eigenen Bett setzte frische Kräfte frei. Hungrig, wie ein Wolf, sitzt er in der Küche vor einer Tasse Kaffee und wartet aufs Frühstück. Willi serviert Bratkartoffeln, Würstchen, Rührei und gebackene Banane.

Der Roboter trägt Kochmütze und Schürze. Adam sagt nichts zu der drolligen Kostümierung. Innerlich lacht er sich jedoch schief. Der Maschinenmann zeigt einen Hang zu modisch extravaganter Erscheinung. Willis Kleiderwahl trifft nicht annähernd Adams Geschmack. Seine Outfits fallen beständig aus dem Rahmen, worüber er sich köstlich amüsiert. Täglich wartet er gespannt, welche schräge Kreation Willi präsentiert.

„Deine Eltern waren vorausschauend, was die Energieversorgung betrifft“, beginnt der Maschinenmann ein Gespräch, „Euer Haus wird mit Strom aus Sonnenenergie und Erdwärme versorgt. Beim derzeitigen Stromausfall ist das Gold wert“, lobt Willi.

„Mein Vater handelte mit derartigen Artikeln. Er verwendete sie persönlich, bevor er sie Kunden anbot. Er testete erst, ob sie was taugen. Sonst verkaufte er sie nicht. Nur Qualität überzeugt. Das hält uns langfristig auf dem Markt, sagte er immer!“

„Klingt vernünftig!“, gibt Willi zu und fragt: „Funktioniert eure Wasserversorgung auch in Eigenregie?“

„Wir haben ein Sammelbecken für Regenwasser im Garten. Das versorgt alle Bäder, die Küche und unseren Swimmingpool.“

„Tolle Sache!“, bestätigt Willi.

Adam wechselt das Thema. „Wie findet man eine Nudel im Reishaufen?“, albert er vollmundig und schaufelt eine Ladung Bratkartoffeln in den Mund.

„Du meinst, wo beginnt man die Suche nach H-Kindern, stimmts?“, fragt Willi.

„Ja, Du Blitzmerker! Also, was ist? Ich habe keine Idee! Du vielleicht?“

„Wo ist der höchste Punkt der Stadt?“

„Mal nachdenken“, schmatzt Adam, „Es gibt mehrere.“ Er beißt in ein Würstchen und spricht kauend weiter, „Die GALERIA am Hauptbahnhof ist hoch. Dann der Feuerturm im alten Rathaus.“ Er überlegt. „Die Aussicht vom sogenannten Hexenplätzchen im Stadtteil Geisenau ist prima.“

Der Roboter nickt. „Ich schlage vor, wir besuchen die genannten Orte. Auf diese Weise verschaffen wir uns einen Überblick und mir käme es entgegen, um die Stadt kennenzulernen, da ich nie hier war.“

„Klar. Warum nicht? Machen wir es so. Ist noch ein Würstchen da?“

45 Minuten später treffen sie vor dem Einkaufszentrum GALERIA ein. Willi parkt den Unimog vor der Haupteingangstür und klettert aus dem Führerhaus. Er schaut an der sieben Stockwerke hohen Fassade hinauf. Am obersten Rand ist ein blaues Schild mit weißer Schrift angebracht.

PARKDECK GALERIA – 1600 Stellplätze

„Wieso sind wir nicht reingefahren?“

„Weil der Unimog zu hoch und breit ist. Nur PKW passen durch die engen Gänge.“

Vor dem Gebäude treiben sich Hunde herum. Misstrauisch beäugen sie die Ankömmlinge. Zwei fletschen ihre Zähne und knurren bedrohlich. Willi brüllt mit furchteinflößenden Tönen zurück! Dabei geht er einen Schritt auf sie zu. Eingeschüchtert suchen die Hunde mit eingeklemmten Schwänzen ihr Heil in der Flucht.

„Die Tiere verwildern und bilden Rudel. In nicht allzu ferner Zukunft wird es zum Problem!“, prophezeit er, „Wir sollten in Betracht ziehen, uns zum eigenen Schutz, wehrhafte Hunde zuzulegen.“

„Lass uns später darüber nachdenken“, bittet Adam, „Sag mir erst, was das für ein entsetzliches Knurren war, das aus Dir kam?“

„Bengalischer Tiger!“

„Woher hast Du den Klang?“

„Auf meiner Festplatte sind sämtliche Tiergeräusche der Welt gespeichert“, erklärt der Maschinenmann und trompetet zur Demonstration wie ein Elefant.

„Alles klar!“, lacht Adam und geht auf den Eingang zu, „Benjamin Blümchen, folge mir.“

In der GALERIA sind in ober- und unterirdischen Stockwerken vierhundert Geschäfte untergebracht. Es gibt kleine Ladenlokale, die von einer Person betrieben werden und Kaufhallen von der Größe einer Sportarena. Da die Stromversorgung nicht funktioniert, ist es in der GALERIA schummrig. Willi schaltet einen Scheinwerfer ein.

„Pfui Teufel, stinkt das!“ Adam bedeckt Mund und Nase mit einem Halstuch.

„Es kommt von dort aus dem Laden“, zeigt Willi.

WURST + FLEISCH + FISCH

BEI MEISTER PUMPE IMMER FRISCH!

Das Versprechen auf dem Plakat stimmt nicht mit dem überein, was in der Verkaufstheke liegt. Maden und anderes Ungeziefer tummeln sich dort. Die Warenauslage ist mit Kot, fetten schwarzen Fliegen und Schimmel bedeckt. Ratten und Mäuse laufen herum.

„Ist das ekelhaft!“, würgt Adam, „Ich werde Vegetarier. Komm weg hier.“

Ein paar Shops weiter ist die Luft nicht besser. Farbenfrohe Werbung verweist auf eine Eisdiele. Wie in der Metzgerei übernahm Ungeziefer den Laden.

Adam bewegt sich zielstrebig zur Rolltreppe. Die steht mangels Strom still, ist aber der einfachste Weg in die nächste Etage. Seit Betreten des Gebäudes ging er Schlangenlinien, um auf keinen Kleiderhaufen zu treten. Jeder gehörte einst einem Menschen. Aus Respekt lief er um sie herum. Beim Erklimmen der Rolltreppe ist es nicht zu vermeiden. Am Samstag, als das Virus zuschlug, war die GALERIA stark frequentiert, was anhand der großen Menge an Kleiderhaufen unschwer zu erkennen ist.

Eine Etage höher ist die Luftqualität besser. Adam löst das Halstuch und steigt die nächste Rolltreppe hinauf. Auf der obersten Ebene angekommen, benötigt er eine Verschnaufpause. Willi schaut sich zwei Parkscheinautomaten an.

„Verwandtschaft von Dir?“, schnauft Adam grinsend und klopft mit einem Fingerknöchel dagegen.

„Darf ich vorstellen, Tante Berta!“, grinst der Maschinenmann und erkundigt sich: „Du bist guter Stimmung, Adam, nicht wahr?“

„Gut erkannt. Es liegt an der Chance, andere Menschen zu finden.“

„Verstehe. Dann benötigst Du die Gesellschaft einer 60 Jahre alten Blechbüchse nicht mehr!“, jammert Willi mit gesenktem Kopf und vernehmbar schluchzend.

„So war das nicht gemeint! Ich bin gerne mit Dir unterwegs!“, bemüht sich Adam um höflichen Respekt.

„Haha. Erwischt“, lacht der Maschinenmann und klatscht sich wie ein Mensch mit einer Hand auf den Oberschenkel. „Angeschmiert“, jauchzt er jubelnd, „Ich besitze gar keine Gefühle. Ätsch!“ Freudestrahlend darüber, dass ihm ein, (nach seiner Ansicht), famoser Ulk gelang, tanzt er einen Schuhplattler, untermalt von Blasmusik!

Ob er will, oder nicht, Adam lacht sich schlapp. Der Roboter ist zum Schreien ulkig. Sein äußeres Erscheinungsbild unterstützt das alberne Tanzen. Willi vergriff sich wieder in der Klamottenkiste. Heute trägt er eine bayerische kurze Lederhose, Wadenwärmer, Wanderstiefel und ein grün-weiß kariertes Holzfällerhemd. Als Glanzpunkt thront eine übergroße Schildkappe auf dem Roboterschädel. Sie hat die Aufschrift:

Bayern, des samma mia,

Bayern und des bayerische Bier!

„Du bist ein Komiker! Man muss Dich einfach mögen!“, applaudiert er und tätschelt Willis rechte Stahlschulter. Dabei fällt ihm ein Detail auf, welches er bisher nicht entdeckte. Eine Klappe verbirgt sich dort. Sie ist so fein verarbeitet, dass sie ihm einzig aus dem Grund auffällt, weil er mit einem Fingernagel über den Rand kratzt. Wozu dient sie? Soll er fragen oder sich überraschen lassen?

„Bist Du wieder fit, Adam? Gehen wir zum Parkdeck?“, fragt Willi und verschiebt unwissentlich die Aufklärung auf einen späteren Zeitpunkt.

„Ja. Dort entlang, bitte“, zeigt er auf eine Glastür. Ihre beiden Flügel öffnen automatisch, wenn Strom vorhanden ist. Jetzt ist sie geschlossen.

„Soll ich sie mit Energie versorgen oder bevorzugst Du sofortige Öffnung?“, erkundigt sich Willi.

„Letzteres bitte.“

„Dann Augen zu und durch“, spricht der Roboter und drischt mit einer Faust gegen die Scheibe. Der Schlag entspricht der Energie eines Eseltritts und zerbricht das Glas in tausend Stücke. Ein kühler Luftzug begrüßt sie.

Vom Parkdeck kontrollieren sie die Umgebung in alle Himmelsrichtungen, ohne die geringste Regung zu entdecken. Sie schauen auf Häuser und leere Straßen. Adam erkennt eine Reihe abgebrannter Gebäude. Sein Gedanke, zur Zeit der Auflösung stand Essen zum Kochen auf dem Herd, was Feuer auslöste, kommt ihm erneut in den Sinn. Die Ruinen bezeugen seine Theorie. „Keine Menschenseele zu entdecken in diesem Stadtteil“, bedauert er und senkt das Fernglas. „Versuchen wir unser Glück woanders.“

Im Feuerturm.