Teddys Bärengeschichten - Martina Meier - E-Book

Teddys Bärengeschichten E-Book

Martina Meier

0,0
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Schnubbel heißt der Teddy unserer Verlegerin, ist bald 60 Jahre alt und - wie man so schön sagt - in die Jahre gekommen. Arme und Beine schlockern ein wenig und sein Fell, nun, das hat er schon vor Jahrzehnten in der Kinderbadewanne bei einem heißen Bad verloren. Dennoch ist er unersetzlich und als er eines Tages unvermutet in der Redaktion auftauchte, er hatte sich wohl bei einem Umzug einfach so eingeschlichen, beschlossen wir, ihm hier ein Ehrenplätzchen zu geben. Quasi seinen Altersruhesitz. Wie es vielen anderen Teddybären ergangen ist im Laufe ihres Bärenlebens, das erzählen die Geschichten dieses Buches ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



o

Teddys

Bärengeschichten

Martina Meier (Hrsg.)

o

Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.de

© 2024 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Bearbeitung: CAT creativ - www.cat-creativ.at

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2024.

Coverbild: © Helena Gracia - Adobe Stock lizenziert

ISBN: 978-3-99051-211-1 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-212-8 - E-Book

*

Inhalt

Wann ist ein Bär ein Bär?

Teddy Theo taucht tief

Bärchen Herrmann und der Purzelbaum

Mein Begleiter

Falsche Töne

Der Teddybär

Bauchgrummeln

Teddyreise

Hannes

Die Bärenfamilie im Urlaub

Das Wunderbärchen

Der Teddyladen

Mehr als einen Steinwurf entfernt

Ein Tag im Spielzeugland

Der Teddybär

Äffchen, Bärchen und Puppi

Teddy Bär hat einen Traum

Hat mich denn niemand lieb?

Die Bärenfamilie im Zoo

Teddys Odyssee

Knuddelbärs Waldparty

Auf Patrouille

Teddybär Pauline

Teddy im Gebrauchtwarenladen

Unfreiwilliger Schleudergang

Wie ich zum glücklichsten Teddy wurde

Teddy Brummbrumm

Ein Teddy fürs Leben

Er heißt Albärt

Teddy will zur Feuerwehr

Teddy mit Cape

Bärchen Rosalie sucht das Glück

Drei Teddybären auf der Couch

Entdecke die Welt, mein kleiner Bär!

Verlassen

Plüschplausch

Ich, Berlios

Willys und Lillys erstes Abenteuer

Auf geheimer Mission

Bär

Happy Birthday, Nicolas

Bärenglück

Der hilfreiche Teddy

Manchmal können Herzen gucken

Struppi, mein Held

Thorben und sein enger Freund

Bärchen

Erinnerungen

*

Autorinnen & Autoren

Anke Ortmann

Ann-Kathleen Lyssy

Beccy Charlatan

Bernd Watzka

Blandine Fachbach

Carmen Schmied

Carola Marion Menzel

Catamilla Bunk

Catharina Luisa Ilg

Charlie Hagist

Dominique Goreßen

Dörte Müller

ElviEra Kensche

Emma Summer Mintken

Eva Haring-Kappel

Florian Geiger

Franziska Hirschmann

Gudrun Güth

Julia Kohlbach

Juliane Barth

Karin Endler

Ladislaja Winter

Lina Sommerfeld

Lisa Dvoracek

Lisa Marie Kormann

Luna Day

Manfred Luczinski

Margit Günster

Michaela Kapsalis

Nico Haupt

Nicole Webersinn

Oliver Fahn

Priska Fiebig

Ramona Stolle

Sarah Sophie Vierheller

Sieglinde Seiler

Simone Lamolla

Stephanie Haddenga

Stephanie Hope

Susanne Ulrike Maria Albrecht

Sybille Klubkowski

Syelle Beutnagel

Ulli Krebs

Volker Liebelt

Wolfgang Rödig

*

Wann ist ein Bär ein Bär?

„Also, Mama, ich erzähle dir jetzt etwas über den Eisbären“, plappert der kleine Klugscheißer Finley beim Mittagessen munter drauflos. „Er gehört zum Stamm der Wirbeltiere, zur Klasse der Säugetiere, zur Ordnung der Raubtiere, zur Familie der Bären und der Gattung Echte Bären. Die Art ist Eisbär. Und stell dir vor, es gibt auch die Gattung Unechte Bären. Das ist dann nämlich der Teddybär.“ Grinsend schiebt er sich eine Gabel voll aufgerollter Spaghetti in den Mund, während ihm die Hälfte der Tomatensoße vom Kinn tropft.

„Und du isst heute wieder wie ein Eisbär“, kommentiere ich, wobei ich es schon toll finde, dass er in Biologie in der Schule offenbar einmal richtig gut aufgepasst hat.

„Ich habe auch einen Teddybären!“, freut sich die dreijährige Mechthild, springt von der Eckbank und holt ihr Kuscheltier. Liebevoll knuddelt und küsst sie es mit verschmiertem Soßenmund. „Mein Teddy“, erklärt sie stolz.

„Das ist kein Bär“, verbessert sie der große Bruder Elias mit vollem Mund. „Das ist ein Alien.“

„Nein, es ist ein Bär!“, kontert Mechthild und stampft zur Unterstreichung ihrer Aussage mit dem Fuß auf.

„Nein, ein Alien“, insistiert Elias.

„Nein, ein Teddybääääääär!“ Die Kleine wird ganz rot vor Wut.

„Es ist ein Teddy-Alien-Bär“, versuche ich zu schlichten. „Das Wichtigste ist doch, dass du ihn lieb hast und er sich kuscheln lässt.“ Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, dass Elias schon wieder zu einer Entgegnung ansetzen möchte, und schicke ihm einen warnenden Mama-Blick. Er klappt den Mund wieder zu und stochert weiter in seinen Spaghetti. „Kommst du jetzt bitte wieder zum Essen?“

„Nein“, sagt Mechthild entschieden. „Ich bin jetzt sauer.“ Sie zieht einen Schmollmund und bleibt trotzig stehen.

Ich seufze.

„So sieht ein Teddybär aus“, wagt Elias, doch noch weiter zu sticheln, und hebt sein Handy mit einem Foto hoch.

„Nei...ein!“, schreit Mechthild. „Lass mich jetzt in Ruhe.“

„Lass sie jetzt in Ruhe“, wiederhole ich scharf. „Und pack diese dämliche Elektronik weg. Sie hat beim Essen hier gar nichts verloren. Ein echter Teddybär ist sowieso nur der, den Neal von seinem Patenonkel zum ersten Geburtstag bekommen hat. Einer aus Giengen an der Brenz mit Knopf im Ohr.“

Fragende Blicke aller fünf am Tisch sitzenden Kinder.

Neal lallt: „Dadada“, denn er hat seinen Namen verstanden. Dann wird der Ton allerdings eine Spur fordernder und ich merke, dass er Nudelnachschub möchte.

„Woher weißt du, dass Neals Teddy aus Giengen an der Brenz kommt?“, fragt Elias.

„Weil er einen Knopf im Ohr hat. Diese Teddys kommen alle von dort.“

„Clara hat auch Knöpfe im Ohr und kommt nicht aus Ginkgo an der Brennnessel“, mault er schon wieder stichelnd, diesmal gegen die ältere Schwester.

„Sag mal?“, blafft Clara. „Kannst du heute nur alle Leute ärgern? Ist mal wieder zufällig Vollmond und der bekommt deinem Steinbocksternzeichen nicht so gut? Man nennt es Ohrringe, du Doofi, und die waren sehr teuer.“

„Das sind die Teddybären aus Giengen an der Brenz auch“, meint Papa.

„Ich mag eh nur Gummibärchen“, sagt Elias leichthin.

„Oh ja! Gummibärchen!“, ruft Mechthild plötzlich nicht mehr sauer. „Ich bin satt, Mama. Kann ich Gummibärchen haben?“

Neal klatscht in seinem Hochstuhl begeistert Beifall.

„Danke, Elias“, zische ich ein wenig angesäuert und wende mich dann wieder an Mechthild. „Erst wenn alle satt sind, gibt es Nachtisch. Und du hast noch fast nichts gegessen. Also bitte setz dich wieder zu uns an den Tisch und iss noch ein paar Löffel voll.“

„Nein“, schimpft die Dreijährige wieder in ihrem Wut-Modus. „Dann bin ich lieber wieder sauer.“

„Sie ist auch Steinbock“, erläutert Clara. „Wie ich es gesagt habe, heute stehen die Sterne in einer schlechten Konstellation für dieses Sternzeichen. Elias, was ist eigentlich mit deinem riesengroßen Teddybären passiert, auf den ich immer so neidisch war?“ Ich schlage innerlich die Hände über dem Kopf zusammen.

Der Angesprochene schaut mich fragend an: „Stimmt. Was ist eigentlich mit meinem großen Teddy passiert, Mama?“

„Der hat nach einer Session von Kopfläusen wegen der Größe nicht in die Waschmaschine gepasst und musste daher leider umziehen“, sage ich vorsichtig.

„Was?“, kreischt Elias. „Du hast ihn entsorgt?“

„Danke, Clara“, murre ich.

„Wisst ihr eigentlich, dass der Teddybär seinen Namen von einem amerikanischen Präsidenten hat?“, wechselt Papa das Thema, um die Gemüter wieder etwas abzukühlen. „Richard Steiff aus Giengen an der Brenz“, fügt er mit einem Zwinkern in Elias’ Richtung hinzu, „hat 1902 den ersten zotteligen Spielbären entworfen und ihn nach dem zu dieser Zeit amtierenden amerikanischen Präsidenten Theodore – also Teddy – Roosevelt benannt. Jetzt seid ihr wieder ein bisschen schlauer, nicht wahr? Ja, ja, was man von so einem Papa noch so alles lernen kann.“

„Deshalb heißt Donald Duck auch Donald“, kombiniert Finley. „Weil der auch nach einem amerikanischen Präsidenten benannt ist.“

Mein Mann und ich wechseln vielsagende Blicke. „Äh, nein“, verneint Papa kategorisch.

„Hatte dieser Richard auch einen Knopf im Ohr, wenn er aus Ginkgo an der Brennnessel kam?“, will Elias wissen.

Papa lacht. „Er wahrscheinlich nicht. Aber alle seine Teddybären.“

„Komische Leute kennst du.“ Elias schüttelt den Kopf.

Papa und ich schmunzeln. Er muss uns wirklich für sehr alt halten.

„Also, wir haben ja alle Teddybären“, überlegt Clara. „Auch wenn Mechthilds Teddy ein Alien ist, Elias’ Teddy wegen Läusen zur Adoption freigegeben wurde und Neal den allerteuersten hat, aber wir haben alle unseren Kuschelteddy. Hast du auch einen Teddybären, Mama?“

„Klar“, antworte ich schwärmerisch. „Mein Teddybär heißt Papa.“

Papa grinst.

Die Kinder rollen die Augen.

„Der hat aber keinen Knopf im Ohr“, kontert Elias. „Und aus Ginkgo an der Brennnessel kommt er auch nicht.“

„Das stimmt“, gebe ich ihm recht. „Aber er hat Haare, ist kuschelig, manchmal brummt er und ich kann ihn in den Arm nehmen. Er erfüllt also sämtliche Gattungsmerkmale des Beinah-Bären.“

„Mama, du bist echt peinlich“, sagt Finley, „und du hast gar nichts verstanden von dem, was ich vorhin erklärt habe.“

„Mag sein“, meine ich und bin in Gedanken schon weit fort in meiner Fantasiewelt, denn ich habe gerade beschlossen, doch bei der Ausschreibung zum Thema Teddybär mitzuwirken, nachdem mir meine Familie so viel Input dazu gegeben hat. Schließlich kommt es nicht darauf an, ob der Teddy ein echter Teddy ist, ein Alien oder gar ein Ehemann. Hauptsache, er ist kuschelig, lässt sich in den Arm nehmen und tröstet einen, wenn man es ganz besonders nötig hat.

Stephanie Hopeist Grundschullehrerin und Theaterpädagogin. Die Leidenschaft zum Schreiben begleitet sie bereits seit der Grundschulzeit. Neben Kurzgeschichten verfasst Stephanie Hope auch Thriller, Fantasyromane und ist im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur tätig. Weitere Infos und Lesematerial gibt es unter www.stephanie-hope.com.

*

Teddy Theo taucht tief

Die Sonne schien und das Wasser schwappte durch den sanften Wind in kleinen Wellen an den Strand. Die sechsjährige Ellie war mit ihren Eltern im Urlaub am Meer. Mutter und Vater lagen auf Handtüchern, weit genug vom Wasser entfernt, um nicht nass zu werden und in Ruhe lesen zu können. Ein Sonnenschirm steckte neben ihnen im Sand und spendete Schatten.

Ellie spielte etwas abseits, näher dem Wasser, mit ihrem Teddybären und baute eine große Sandburg, in die dieser einziehen sollte. Theo hieß ihr Bär und sie hatte ihn zu ihrer Geburt geschenkt bekommen. Seitdem hatte er sie stets begleitet. Nachts schlief er neben ihr im Bett, tagsüber saß er in ebendiesem und beobachtete sie bei allem, was sie tat. Ellie malte, spielte mit Bauklötzen, sang und tanzte durch ihr Zimmer und Theo hatte Freude, dabei zuzusehen.

Nun wartete er gespannt darauf, dass die Sandburg fertig wurde, damit er es sich darin für eine Weile, während sie am Strand waren, gemütlich machen konnte. Ellie schaufelte Sand mit einer großen Schippe übereinander, füllte Eimer damit, die sie umstülpte, sodass daraus Türme wurden, und grub einen tiefen Graben um die Burg herum, der sich langsam mit Wasser füllte, das vom Meer herangeschwappt kam.

Plötzlich hörte Ellie eine Glocke bimmeln. Der Eiswagen war da! Jeden Tag zur selben Zeit kam er an den Strand und auch jetzt lief Ellie eilig zu ihren Eltern. Ihre Mutter gab ihr zwei Euro, wovon sie sich zwei Kugeln kaufen würde. Erdbeere und Vanille. Das waren Ellies Lieblingssorten.

Die Schlange hinter dem Eisstand war lang, doch Ellie wartete geduldig und nachdem sie an der Reihe gewesen war, setzte sie sich neben ihren Eltern mit ihrem Eis in den Sand und leckte genüsslich daran. Nachdem sie aufgegessen hatte, lief sie zurück zu ihrer Sandburg. Doch kaum war sie dort, erschrak sie. Wo war ihr Teddy? Wie hatte sie ihn vergessen können? Hektisch schaute sie sich nach allen Seiten um und rannte dann zu ihren Eltern zurück. Noch während sie zu ihnen lief, rannen Tränen über ihre Wangen. Nachdem sie berichtet hatte, dass Theo verschwunden war, fingen sie sogleich zu dritt an, nach ihm zu suchen.

Doch Theo, der war unterdes im Meer schwimmen gegangen. Das Wasser war nah an den Strand geschwappt und eine große Welle hatte ihn schließlich mit sich gerissen. Nun tauchte er durch den Ozean. Tief unter Wasser schwamm er und betrachtete die Umgebung um sich herum. Die Sonne, die durch die Meeresoberfläche schien, ließ das Wasser türkis schimmern. Fische schwammen um ihn herum und bunte Korallen bedeckten den Meeresboden. Theo schwamm vorbei an großen Steinfelsen, tauchte durch eine dunkle Höhle, deren Ein- und Ausgang mit Seetang verhangen war und die nur durch das Licht schwimmender Glühwürmchen erhellt wurde.

Dann kam er an einen Hügel, auf dem sich viele kleine und große Meeresbewohner zu einem Fest versammelt hatten. Seepferdchen tanzten zur Musik, die von einem Orchester ausging. Muscheln sangen, indem sie auf und zu klappten. Mehrere Heringe hüpften über die Tasten eines Klaviers, sodass eine angenehme Melodie erklang. Forellen bliesen in Flöten. Schollen trommelten auf ein Schlagzeug und ein Delfin spielte eine große Harfe, die das Wasser zum Schwingen brachte. Ein Tintenfisch bewegte seine Tentakel, womit er das Orchester dirigierte, während ein anderer sich schnell im Kreis zur Musik drehte und die besonders kleinen Meeresbewohner auf seinen Tentakeln Karussell fahren ließ. Es war herrlich anzusehen und Theo war ganz begeistert von dem Schauspiel, das sich ihm bot. Er gesellte sich zu den anderen, sang und tanzte mit ihnen und vergaß dabei fast die Zeit.

Das Wasser unter der Oberfläche wurde allmählich dunkler und nach und nach verließen die Meeresbewohner das Fest, um nach Hause in ihre Höhlen und andere Verstecke zu schwimmen, in denen sie die Nacht verbringen würden. Es gefiel Theo hier, doch er musste auch an Ellie denken. Was würde sie tun, wenn er hier unten bliebe? Aber würde er den Weg zurück an den Strand überhaupt finden? Wie tief und wie weit weg war er getaucht? Noch während der Teddy nach einem Weg zurück an die Meeresoberfläche suchte, tauchte plötzlich ein Hai neben ihm auf.

„Na, brauchst du Hilfe?“, fragte er freundlich.

Entgegen Theos Erwartung war der Hai ganz und gar nicht angsteinflößend, sondern schien sehr friedlich gesinnt. „Ja“, antwortete Theo etwas atemlos und erschöpft von der langen Schwimmerei durch das Wasser. „Eine Welle hat mich vom Strand ins Meer getragen. Dann bin ich getaucht und obwohl es mir hier wirklich gut gefällt, möchte ich doch gerne wieder nach Hause. Es gibt da nämlich eine Person, die ich ganz furchtbar vermisse. Und ich glaube, sie würde mich auch sehr vermissen, wenn ich nicht zurückkäme.“

„Kein Problem“, entgegnete der Hai. „Ich zeige dir den Weg. Schwimm mir einfach hinterher!“

Theo folgte dem Hai und irgendwann gelangten sie tatsächlich in die Nähe des Strandes. „Von hier aus findest du den Weg“, sagte der Hai. „Ich werde zurückschwimmen. Wenn mich die Menschen sehen, erschrecken sie sich nur.“

Theo bedankte sich bei dem Hai und winkte ihm nach, während dieser zurück in den tiefen, inzwischen schon fast gänzlich dunklen Ozean schwamm. Dann suchte er sich seinen Weg zurück an die Meeresoberfläche und fand sogleich die Burg, die Ellie am Tag gebaut hatte. Dort legte er sich hin und wartete. Bestimmt würde sie wiederkommen.

Und tatsächlich. Nach einer Weile tauchte Ellie neben ihm auf. „Hey, Mama, Papa!“, rief sie freudig. „Hier ist er! Hier ist Theo!“ Sie hob den klatschnassen Teddybären auf und drückte ihn an sich.

„Na, so was“, sagte ihr Vater. „Vielleicht war er schwimmen, so nass, wie er jetzt ist.“

Und ihre Mutter meinte: „Ja, sieht ganz so aus, als ob er tief getaucht wäre. Aber Hauptsache ist, dass wir ihn gefunden haben. Nun lasst uns ins Hotel gehen. Es wird schon dunkel und ich habe wirklich Hunger.“

Als Ellie und ihre Eltern im Hotelzimmer waren, trockneten sie Theo ab, föhnten sein flauschiges Fell und schließlich nahm Ellie ihn mit hinunter in den Speisesaal, in dem sie ihn neben sich auf einen Stuhl setzte.

„Ich bin so froh, dass Theo wieder da ist!“, lachte Ellie dankbar und dann genossen sie und ihre Eltern gemeinsam das Essen vom Buffet, während Theo daneben saß und an sein Abenteuer unter Wasser zurückdachte. Schade, dass er Ellie nicht davon erzählen konnte. Dennoch war er froh, einfach dazusitzen und sicher und wohlbehalten zurückgekehrt zu sein. Welch ein Glück, dass Ellie so hartnäckig und bis in den Abend hinein nach ihm gesucht hatte.

Und Ellie? Die hatte ihren Teddy wieder. Sie konnte sich nur ausmalen, was er erlebt hatte, denn Theo konnte es ihr nicht erzählen. Kein Stofftier konnte einem Menschen sagen, was es erlebte oder empfand. Aber vielleicht war das auch gar nicht so wichtig. Wichtig für Ellie war jedenfalls nur, dass Teddy Theo wieder da war, sie von nun an noch besser aufeinander Acht geben und für immer zusammenbleiben würden. Sie würden weitere Abenteuer erleben, viele davon gemeinsam, manche davon aber eben auch getrennt. Am Ende des Tages waren sie jedoch zusammen. Und das war es, was zählte.

Sarah Sophie Vierhellerwurde 1996 in Darmstadt geboren. Nach dem Abitur studierte sie Deutsch und Evangelische Religion, zuerst in Flensburg, dann in Oldenburg, der Stadt, in der sie derzeit wohnt.

*

Bärchen Herrmann und der Purzelbaum

Als Anna von ihrer Mutti aus dem Kindergarten abgeholt wurde, war sie ganz aufgeregt. Sie hatte heute so viel mit den anderen Kindern zusammen gespielt, gesungen und geturnt. Spielen und Singen machten ihr großen Spaß. Die Lieder hatte sie auch schon mit ihrer Mutti zu Hause gesungen. Die kannte sie.

Aber beim Turnen verging ihr die Freude recht schnell. Erst mussten sie auf dem Fußboden im Schneidersitz Platz nehmen. Das kriegte Anna ganz leicht hin. Nach der Aufforderung von Elisabeth, das ist die Kindergärtnerin, setzten sich alle Kinder hin. Anna verschränkte sofort als Erste ihre Beine und schaute wie eine kleine Siegerin in die Runde. Sie wollte sehen, wer seine Beine nicht so übereinanderlegen konnte. Christoph war so einer, der es einfach nicht hinbekam, sein rechtes Bein anzuwinkeln und ganz dicht an seinen Körper zu ziehen und dann das linke Bein ebenfalls zum jetzt angewinkelten rechten Bein zu bewegen. Da das für Anna keine Schwierigkeiten bedeutet hatte, zeigte sie Christoph, wie er es am besten machen könne. Sie machte es langsam vor und Christoph machte es ebenso langsam nach. Und siehe da. Er konnte auch im Schneidersitz sitzen.

Dann bat Elisabeth die Kinder, aufzustehen und im Kreis zu laufen. Kein Problem. Alle liefen einen großen Kreis im Raum. Dabei sangen sie ein Wanderlied.

Schwieriger wurde es, als die Kindergärtnerin die Kinder aufforderte, rückwärts zu laufen. Oje. Einen Fuß hinter, anstatt vor den anderen zu setzen, das war schwierig. Da sie sich dabei nicht umdrehen durften, konnten sie auch nicht erkennen, ob hinter ihnen das jeweilige Kind Platz gemacht hatte oder genau auf der Stelle stand, auf die man selbst gerade zusteuerte.

Anna, die es schaffte, vier Schritte rückwärts zu gehen, ohne umzufallen, musste stehen bleiben, weil Sophie, die sich hinter ihr befand, ihre Freundin Merle umstieß. Sophie kam nicht weiter, Anna kam nicht weiter und Merle lag auf dem Boden. Merle hatte sich aber Gott sei Dank nichts getan, konnte allein wieder aufstehen und weitergehen. Rückwärts.

Aber dann kam eine Übung, die Anna einfach nicht richtig hinbekam. Sie sollten Purzelbäume schlagen. Elisabeth machte es ganz langsam vor. Hände auf dem Boden aufstützen, das Kinn an die Brust ziehen, den Kopf vorsichtig auf den Boden aufsetzen, einen runden Rücken machen und dann mit den Beinen einen kleinen Schwung geben und über den runden Rücken abrollen. Wenn man es richtig gemacht hatte, dann kam man nach der Rolle wieder zum Sitzen.

Elisabeth half zunächst jedem Kind einmal, die Rolle korrekt zu machen. Dann sollten sie es allein versuchen.

Anna bekam es einfach nicht hin. Immer wieder rollte sie über die Schulter und kullerte wie ein Sack seitlich ab. Elisabeth überlegte, wie sie es Anna noch einmal zeigen konnte. Ihr fiel ein, dass Anna heute ihr Kuscheltier Herrmann, ein Bärchen, mitgebracht hatte. Sie holte es und zeigte Anna, wie die einzelnen Übungsschritte gemacht werden. Herrmann konnte es. Und was Herrmann konnte, das konnte sie auch, dachte sich Anna. Das wäre doch gelacht. Und tatsächlich, am Ende des Kindergartentages konnten Anna und Bärchen Herrmann ganz prima Purzelbäume schlagen.

Als Anna und Bärchen Herrmann von ihrer Mutti vom Kindergarten abgeholt wurden, musste sie ihr das gleich berichten.

Und im Bettchen tuschelten Bärchen Herrmann und Anna nur noch eine kurze Zeit miteinander über die Purzelbaum-Turnstunde im Kindergarten. Bärchen Herrmann versprach, öfter mit in den Kindergarten zu kommen. Ihm hatte es heute riesigen Spaß gemacht. Und Anna fand es prima, dass ihr Bärchen Herrmann zeigen konnte, wie ein ordentlicher Purzelbaum geturnt wird. Dann gähnten beide und schliefen vor Müdigkeit ganz fix ein.

Charlie Hagistwurde 1947 in Berlin-Steglitz geboren. Nach Grund- und Oberschule absolvierte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Während seiner Tätigkeit in der Personalabteilung des Hauses bildete er sich zusätzlich zum Personalfachkaufmann (IHK) weiter. Ehrenamtlich war er als Richter am Amtsgericht Berlin-Tiergarten, am Sozialgericht Berlin und danach am Landessozialgericht Berlin tätig. Charlie Hagist ist verheiratet, hat einen Sohn.

*

Mein Begleiter

Er sitzt auf dem Bett

den ganzen Tag.

Er ist ein Wesen,

das ich sehr mag.

Augen wie Knöpfe,

struppiges Fell.

Unten ganz dunkel

und oben sehr hell.

Er ist ganz weich,

hört immer zu.

Legt sich am Abend

mit mir zur Ruh.

Er ist sehr alt,

doch das sieht man nicht.

Trägt auch ein Mützchen,

der kleine Wicht!

Wenn ich verreise,

muss ich ihn nicht missen.

Er schläft im Hotel

auf meinem Kissen.

Gut gelaunt

geht er durch den Tag.

Er ist ein Wesen,

das ich sehr mag.

Dörte Müllerschreibt und illustriert Bücher für Kinder.

*

Falsche Töne

Nach der Geigenstunde hatte Fabrizio sie überraschend zu seinem Klavierabend eingeladen. Greta war wahnsinnig stolz gewesen, als sie an seinem Arm durch den Bühneneingang das Konzerthaus betrat. Sie durfte sich in die erste Reihe setzen, auf einen reservierten Platz. So hatte sie den besten Blick auf die Bühne und fühlte sich sehr besonders.

Immer mehr Leute strömten herein und schließlich war der große Saal bis auf den letzten Platz besetzt. Ein erwartungsvolles Gemurmel erfüllte den Raum, doch als dann das Licht ausging, wurde es plötzlich ganz ruhig. Im Scheinwerferlicht betrat Fabrizio Conte im dunkelgrauen Anzug die Bühne, die schwarzen Locken ein wenig zerzaust. Er verbeugte sich kurz und setzte sich ans Klavier.

Als dann die ersten Töne erklangen, spürte sie, wie ihr Herz schlug und ihr ganz heiß wurde. Dieser Mann war einfach fantastisch! Er spielte mit einer solchen Leichtigkeit, dabei doch enorm kraftvoll, und er sah einfach umwerfend gut aus! Sie vergaß alles um sich herum und ließ sich mitreißen von der Musik und ihren Gefühlen.

Als die letzten Takte verklangen und plötzlich Stille herrschte, war es ihr, als würde sie aus einem Traum erwachen. Fabrizio trat nach vorne, verbeugte sich tief und der Applaus brauste auf.

Nach dem Konzert nahm er sie mit in seine Stammkneipe. Es waren hauptsächlich Künstler dort und alle schienen sich zu kennen. Greta hörte den Gesprächen zu und genoss es, einfach in seiner Nähe zu sein.

Schließlich verabschiedete er sich reihum und sie verließen gemeinsam die Bar. Als sie ins Auto einstiegen, fragte er sie, ob sie bei ihm noch einen Kaffee trinken wolle. Freudig überrascht nahm sie die Einladung an.

Während der Fahrt unterhielten sie sich über seinen erfolgreichen Auftritt und er erzählte ihr von seinen Plänen für weitere Konzerte. Greta war froh, dass er scheinbar nicht merkte, wie aufgeregt sie war.

Fabrizio wohnte in einem Altbau in der Innenstadt. Nachdem sie das Auto geparkt hatten, mussten sie noch ein ganzes Stück laufen. Es regnete ein wenig und sie eilten Hand in Hand durch die Nacht. Fabrizio war plötzlich sehr schweigsam geworden.

Als sie hinter ihm die altmodische Treppe hinaufstieg und er die Wohnungstür öffnete, war sie sehr gespannt darauf, wie er wohl lebte. Sie betraten einen Flur mit hohen Wänden und einem schönen alten Parkettboden. Greta stellte ihren Geigenkasten neben die Garderobe und hängte ihre nasse Jacke auf.

Fabrizio ging vor ins Wohnzimmer. Als er das Licht anknipste, standen sie in einem geräumigen, beinahe saalartigen Zimmer. Es hatte schmale Fenster bis zum Boden und eine reich verzierte Stuckdecke. Die Mitte nahm ein riesiger Flügel ein und an den Wänden standen Regale, vollgestopft mit Noten, Büchern und Schallplatten.

Er ging in die Küche und sie hörte ihn dort mit der Kaffeemaschine hantieren. Als er zurückkam, reichte er ihr abwesend eine kleine Tasse, aus der es köstlich nach Espresso duftete. Dann setzte er sich, ohne sie weiter zu beachten, an den Flügel und begann zu spielen. Greta kannte das Stück nicht, aber es war wunderschön melancholisch.

Sie stand ein wenig verloren herum und ging dann auf Zehenspitzen durch das Zimmer und betrachtete die Bücher in den Regalen. Fabrizio spielte voller Inbrunst mit geschlossenen Augen und schien ganz weit weg zu sein.

Sie nahm eines der Bücher heraus. Es war ein großformatiger Bildband über die Provence mit wunderschönen Bildern. Sie blätterte ein wenig darin und stellte das Buch dann zurück. Da fiel ihr Blick auf einen Teddybären, der auf einer Reihe von Fotoalben saß. Offensichtlich war er schon alt, denn sein Fell war abgeschabt und mit seinen schwarzen Augen, von denen eines etwas herunterhing, blickte er traurig auf sie herab. Greta nahm den Bären herunter und stieß dabei an einen Stapel Bücher, der krachend umfiel.

Fabrizio schrak zusammen und einige Dissonanzen entfuhren dem Instrument. Er drehte sich ruckartig um und blickte sie wie entgeistert an. Offenbar hatte er ihre Anwesenheit total vergessen. Es war ihr peinlich und so hielt sie ihm rasch den Teddy entgegen und fragte ihn, ob das seiner sei.

Mürrisch erwiderte er: „Ja, gefällt er dir? Du kannst ihn haben.“ Und schon flogen seine Finger wieder über die Tasten.

Ihr war, als wäre der Bär bei diesen Worten zusammengezuckt. Fassungslos blickte sie auf Fabrizios Rücken und drückte den Teddy unwillkürlich an sich. Das Stück gefiel ihr nicht mehr, es klang auf einmal düster und bedrohlich.

„Du kannst ihn haben“, hatte er gesagt. Völlig gefühllos. Die zauberhafte, unwirkliche Stimmung des Abends war dahin.

Greta strich durch das dünne Fell des alten Bären und spürte plötzlich, dass sie hier wegwollte.

Fabrizio hatte ihr seinen Teddybären geschenkt, doch sie konnte sich nicht darüber freuen. Es war keine liebevolle Geste gewesen. Es war mehr, als hätte er ihr ein Feuerzeug oder einen Platz im Bus überlassen. Wie konnte er seinen alten Kameraden aus Kindertagen nur so gleichgültig hergeben?

Ihr Idol hatte ganz plötzlich seine Anziehungskraft verloren. Greta warf noch einen letzten Blick auf die Gestalt, die versunken am Klavier saß. Dann ging sie leise hinaus, zog ihre Jacke an und klemmte sich den Teddy unter den einen und den Geigenkasten unter den anderen Arm.

Als sie die Tür leise hinter sich ins Schloss zog und die Treppe hinunterstieg, verklang die Klaviermusik langsam hinter ihr.

---ENDE DER LESEPROBE---