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Ein Titel der Timing Serie Glenn Holloways berechenbares Leben endete an jenem Tag, als er seiner Familie gestand, dass er schwul ist. Dass er kurz darauf die Ranch, auf der er aufwuchs, verließ, um das Restaurant zu eröffnen, von dem er immer geträumt hatte, streute nur noch Salz in die Wunde. Ohne die Unterstützung seines Vaters und seines Bruders und zu stolz, um Hilfe von anderen zu akzeptieren, musste er ganz von vorne anfangen. Doch im Lauf der Zeit wendete sich das Blatt: Glenn führte sein Restaurant zum Erfolg, schuf sich ein neues Zuhause und ein Leben, auf das er stolz sein kann. Doch trotz seines Erfolges ist die Entfremdung von den Holloways eine Wunde, die nicht richtig heilen will, und als er sich gezwungen sieht, einen erwiesenen Gefallen zurückzuzahlen, findet er sich in seinem schlimmsten Albtraum wieder. Gefangen in seinem einst gegebenen Versprechen kehrt Glenn zu seinen Wurzeln zurück, um seinem Halbbruder zu helfen, Rand Holloway, und wird mit Mac Gentry konfrontiert, einem Mann, der viel zu verlockend für Glenns Seelenfrieden ist. Es könnte alles in einer Katastrophe enden – einer Katastrophe für die zarten Annäherungen an eine Wiederversöhnung mit seiner Familie und für das Verlangen, von dem Glenn nicht einmal wusste, dass es in seinem Herzen ruht.
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Seitenzahl: 200
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Von Mary Calmes
Buch 3 in der Serie – Timing
Glenn Holloways berechenbares Leben endete an jenem Tag, als er seiner Familie gestand, dass er schwul ist. Dass er kurz darauf die Ranch, auf der er aufwuchs, verließ, um das Restaurant zu eröffnen, von dem er immer geträumt hatte, streute nur noch Salz in die Wunde. Ohne die Unterstützung seines Vaters und seines Bruders und zu stolz, um Hilfe von anderen zu akzeptieren, musste er ganz von vorne anfangen. Doch im Lauf der Zeit wendete sich das Blatt: Glenn führte sein Restaurant zum Erfolg, schuf sich ein neues Zuhause und ein Leben, auf das er stolz sein kann.
Doch trotz seines Erfolges ist die Entfremdung von den Holloways eine Wunde, die nicht richtig heilen will, und als er sich gezwungen sieht, einen erwiesenen Gefallen zurückzuzahlen, findet er sich in seinem schlimmsten Albtraum wieder. Gefangen in seinem einst gegebenen Versprechen kehrt Glenn zu seinen Wurzeln zurück, um seinem Halbbruder zu helfen, Rand Holloway, und wird mit Mac Gentry konfrontiert, einem Mann, der viel zu verlockend für Glenns Seelenfrieden ist. Es könnte alles in einer Katastrophe enden – einer Katastrophe für die zarten Annäherungen an eine Wiederversöhnung mit seiner Familie und für das Verlangen, von dem Glenn nicht einmal wusste, dass es in seinem Herzen ruht.
Inhalt
Zusammenfassung
Danksagung
1
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3
4
5
6
7
8
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Biographie
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Copyright
WIE IMMER: Ein Dankeschön an Lynn und Poppy dafür, dass sie die Dinge in Ordnung gebracht haben.
„DA VORNE links, Chef.”
Ich bog wie befohlen ab, und die fünf anderen, die mit mir in meinem Pick-up saßen – drei auf der Rückbank, zwei vorne –, kreischten alle gleichzeitig, dass es das Haus auf der rechten Seite war.
Es war hell erleuchtet, und Kleidungsstücke und Kuscheltiere lagen auf dem Rasen vor dem Haus verstreut.
Mist.
Ich stieg aus und hörte, wie sich die Beifahrertür öffnete, und gleichzeitig die Geräusche von Bewegung von der Rückbank.
„Nein“, bellte ich und wirbelte herum, um einen strengen Blick ins Wageninnere zu richten.
Fünf Paar Augen im Alter zwischen achtzehn und zweiundzwanzig waren unverwandt auf mich gerichtet. Ein Viertel meiner Belegschaft hatte darauf bestanden, mit mir zu kommen, hatte gebeten und gebettelt und sich schließlich schlicht geweigert, aus meinem Truck auszusteigen, als ich losfuhr, um Josie Barnes zu holen. Der Rest der Mannschaft war alt genug, es besser zu wissen, als während der Abendessenszeit ein Restaurant zu verlassen, und war geblieben, um sich um den Ort zu kümmern, der ein Zuhause geworden war – für uns alle, nicht nur für mich.
„Ihr bleibt im Wagen“, befahl ich. „Ich will nicht, dass einer von euch verletzt wird.“
„Aber, Chef, ihr Vater und ihr Bruder sind da drin. Wir müssen mit dir kommen“, flehte Andy Tribble, einer meiner Hilfskellner. „Du hast keine Verstärkung mitgenommen.“
„Kevin wird jeden Augenblick hier sein“, erklärte ich rasch. „Er ist direkt hinter uns – er wird mit mir reingehen.“
„Ja, aber –“, setzte Shawnee Clark zum Protest an.
„Nein!“, schrie ich und machte eine Geste, die sie alle mit einschloss. „Wer aus dem Wagen aussteigt, ist seinen Job los, verstanden?“
„Aber ich war am Telefon, als sie angerufen hat“, schaltete Danny LaRue sich ein. „Ich sollte da rein, weil ich ihr ja gesagt hab, dass ich komme.“
Ich betete innerlich um Kraft. „Was waren ihre genauen Worte, Danny?“
Schweigen.
„Heute noch.“
Er räusperte sich. „Sie hat gesagt, weil du ja noch Angeln bist –“
„Weil ich ja noch Angeln bin“, wiederholte ich. „Bedeutet, dass sie, wenn ich da gewesen wäre, mich hätte sprechen wollen, richtig?“
Nichts.
„D?“
Er stieß heftig den Atem aus. „Ja, schön, okay.“
„Na dann.“
Er sah mit verzerrtem Gesicht zu mir hoch. „Du solltest da nicht allein reingehen.“
Sie alle nickten gleichzeitig ihre Zustimmung.
Ich wusste auch, warum. Es war nicht schwer zu verstehen. Ich war der Chef: Unser Restaurant, The Bronc, gehörte mir. Ich hatte es aus dem Nichts erschaffen, und sie alle hatten dort Zuflucht gefunden, auf die eine oder andere Art. Ich war das, was sie zusammenhielt. Sollte mir etwas zustoßen … Sie alle wären hilflos und verlassen, stünden auf der Straße, und während das für einige von ihnen eine vollkommen neue Erfahrung sein würde – sie waren noch zu jung, um jemals ganz allein gelebt zu haben –, würde es für die anderen bedeuten, ihren Halt und ihren Anker zu verlieren. Wieder einmal.
Von daher verstand ich gut, warum sie um mich mehr Angst hatten als um sich selbst, warum sie um meine Sicherheit besorgter waren als um ihre eigene. Ihre Reaktionen waren echt und uneigennützig. Sie wollten nicht, dass ich mich in Gefahr begab.
„Keiner von euch rührt sich“, knurrte ich, und das waren meine letzten Worte zu dem Thema.
Hastiges Kopfnicken, und sie alle blieben, wo sie waren. Ich wusste, dass es nicht die Drohung war, die sie auf ihren Sitzen festhielt, sondern der Ausdruck auf meinem Gesicht. Es war Der Strenge.
Ich hatte die Veranda vor dem Haus beinahe erreicht, als die Fliegentür aufflog und Josies Bruder, etwa zwanzig Jahre alt – sie hatte ihn immer nur Brüderchen genannt –, herausgestürmt kam, eine E-Gitarre in der Hand. Da ich von unserer Weihnachtsfeier vor acht Monaten her wusste, dass es nicht seine war, überraschte ich ihn und riss sie ihm aus der Hand.
„Was zum Teufel“, brüllte er und griff wild nach ihr. Ich hielt ihn mit einer Hand auf seinem Schlüsselbein von mir fern.
„Keinen Schritt näher“, knurrte ich ihn an. Dann schrie ich, die Augen fest auf sein Gesicht gerichtet: „Kev, hierher!”
Mein oberster Barmann, Kevin Ruiz, war ein kleines Stück größer als ich, so um die einsneunzig, und etwa doppelt so muskulös. Er war meinem Pick-up in seinem Chevy Avalanche, der meinen uralten Dodge winzig erscheinen ließ, gefolgt, und ich hatte gehört, wie er hinter mir geparkt hatte, als ich auf das Haus zugegangen war.
„Sie sollten besser von unserem Grundstück verschwinden, sonst ruf ich die Bullen“, drohte Brüderchen.
Ich rührte mich nicht, hielt lediglich das Instrument in Kevins Richtung, bis er mich erreicht und es mir aus der Hand genommen hatte. „Schau, ob du den Verstärker finden kannst.“
„Geht klar, Chef.”
„Wer zum Teufel glauben Sie eigentlich –“
„Kein Wort“, warnte ich ihn und rempelte ihn hart an, als ich an ihm vorbei die Verandastufen hinauf und ins Haus ging.
„Scheiße, was soll das?“, schrie er und rannte hinter mir her. Er holte mich ein, als ich das Wohnzimmer betrat.
Die Szene, die sich meinen Augen darbot, war entsetzlich und jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Gleichzeitig spürte ich etwas Hartes, Heißes in meinem Magen. Das Verlangen, mich auf dem Absatz umzudrehen und meine Faust in die Wand zu rammen, war beinahe überwältigend.
Josie Barnes, geboren als Joseph William Barnes – was ich nur von den Formalitäten bei ihrer Einstellung damals her wusste –, hockte vor den Füßen ihres Vaters auf dem Boden. Mr Barnes hielt eine Haarschneidemaschine in der Hand, und ihr Haar, das in dicken, kastanienbraunen Wellen über ihren Rücken gefallen war, stand nun in hässlichen, unebenen Büscheln von ihrem Kopf ab. Ihr Gesicht zeigte keine Spur des üblichen, schlichten Make-ups, und die Sommersprossen auf ihrer Nase hoben sich dunkel von ihrer blassen Haut ab. Ihr Höschen und BH lagen auf dem Boden verstreut: Sie hockte nackt da, die Beine zusammengepresst, und bedeckte mit beiden Händen ihre Brust.
Ich sah rot.
Ich warf mich förmlich durch den Raum, packte Mr Barnes‘ Nacken mit der einen Hand und den Haarschneider mit der anderen. Ich schleuderte ihn so kraftvoll von mir, dass er taumelte und aufs Sofa fiel, dann wirbelte ich herum und warf die Haarschneidemaschine mit aller Kraft gegen die Wand. Sie zerbarst in einem Schauer aus Plastik und Metall.
„Oh mein Gott, wer ist dieser Mann?“, kreischte Josies Mutter Miranda, die neben dem Kamin stand und eine Bibel umklammert hielt.
„Ich bin ihr Chef“, brüllte ich die Frau an, deren Namen ich nur deshalb kannte, weil er als Notfallkontakt auf einem Formular in meinem Büro stand. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass wir den Namen gegen einen anderen eintauschen würden, noch bevor der Tag um war.
Alle Holloway Männer sind groß und laut; so sind wir gemacht. Außerdem haben wir allesamt schwarze Haare, ein kantiges Kinn, harte Muskeln und einen Sturkopf, und unhöflich sind wir auch. Das steht nicht zur Debatte. Das sind Tatsachen. Als ich sie also aus voller Lunge heraus anbrüllte, zuckte sie zusammen, wich zurück und kauerte sich gegen die Wand.
„Sie dämlicher Idiot, Sie wissen doch, dass er ein Junge ist, oder?“, fauchte Mr Barnes, als er unsicher auf die Beine kam.
„Ich seh‘ keinen Jungen“, sagte ich ehrlich, und plötzlich spürte ich eine Hand an meiner Wade. Ich schaute hinunter und sah, dass Josie zitterte.
Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, welcher Ausdruck in meinen Augen gelegen haben musste, als ich mich an Mrs Barnes wandte. „Geben Sie mir ‘ne Decke, Ma‘am, und ich nehm‘ Ihr Kind mit, Sie werd‘n sich nie wieder belästigt fühl‘n müssen.“
Mein texanischer Akzent, ein gedehntes Näseln, war normalerweise nicht sehr stark ausgeprägt, aber wenn ich wütend war, dann klang ich wie der letzte, hinterwändlerische Kuhhirte.
„Ich weiß, wer Sie sind“, knurrte Mr Barnes und wich einen Schritt zurück. „Sie sind Joeys Chef, die Schwuchtel, der The Bronc gehört, wo er arbeitet.“
Er wusste nicht, dass ich schwul war. Er warf „Schwuchtel“ lediglich als Beleidigung in den Raum, aber was kümmerte mich das. „Jawohl, Sir, das bin ich.“
„Also werden Sie ihn jetzt mit zu sich nach Hause nehmen und ficken?“
Mir kam die Galle hoch. Es ging hier um das Kind dieses Mannes, ein Kind, das er auf dem Arm gehalten, mit dem er gespielt und dessen Hand er gehalten hatte … Es ging über jegliches Verständnis und menschliches Mitgefühl.
„Fakt ist, nein, Sir, werd‘ ich nich‘“, sagte ich heiser. Meine Stimme versagte beinahe, so wütend war ich. „Josie ist ‘n Mädchen. Ich fick‘ nur Jungs.“
Er holte aus, und ich schickte ihn zu Boden. Mrs Barnes schrie, als ich einen Augenblick später Brüderchen auf ihren Ehemann warf. Ob jetzt ein Bauerntrottel auf mich losging oder zwei, das machte keinen Unterschied. Ich war auf einer Ranch aufgewachsen; ich hatte Pferde zugeritten und Rinder getrieben und mich mit jedem gerauft, der sich mit mir hatte anlegen wollen, seit ich selbst ein Kind gewesen war. Verglichen mit Josies unsportlichem Vater und ihrem spindeldürren Bruder war ich ein Gott.
Ich nahm die Decke, die ihre Mutter mir hastig in die Hand drückte, bückte mich, wickelte Josie darin ein und hob sie in meine Arme. Augenblicklich begann sie, verzweifelt und tief verletzt zu schluchzen.
„Gibt’s in diesem Haus noch irgendwas, das du brauchst? Sag’s mir jetzt, denn du kommst hier nie wieder hin.“
Sie stieß heftig den Atem aus. „E-er-er hat meine Gitarre kaputtgemacht! Ich kann nicht –“
„Nein, nein“, beruhigte ich sie, drehte mich auf dem Absatz um und marschierte in Richtung Haustür. „Ich hab die Gitarre, es ist alles in Ordnung. Kevin hat sie. Wo ist der Verstärker?“
Im Bruchteil einer Sekunde verwandelte sich ihre Miene von Weltuntergang in strahlende Hoffnung, auch wenn ihr nach wie vor die Tränen über die Wangen liefen. „Du hast meine Gitarre gerettet?“
„Natürlich hab ich deine verdammte Gitarre gerettet“, grollte ich mit finsterer Miene. „Wo ist der Koffer?“
Sie zeigte. „Direkt neben der Tür.“
„Und dein Verstärker?“
„Auf der Arbeit. Ich hab ihn nie mit nach Hause genommen.“
Ich knurrte.
Kevin stand gleich vor der Tür auf der Veranda. Ich stieß die Fliegentür auf und drückte ihm Josie in die Arme, dann wandte ich mich um, um den Gitarrenkoffer zu nehmen – gerade rechtzeitig, um Mr Barnes mit verschwitztem, roten Gesicht und einem Baseballschläger auf mich losgehen zu sehen.
„Denken Sie da noch mal drüber nach, alter Mann“, warnte ich ihn. „Ich werd‘ Ihnen das Ding in die Kehle rammen, mitsamt all Ihren Zähnen.“
„Sie –“
„Glauben Sie denn, ich seh‘ die blauen Flecken auf ihrem Hals und in ihrem Gesicht nicht? Ihr rechtes Auge ist ganz zugeschwollen, und sie blutet an der Lippe.“
„Hören Sie gefälligst auf, sie zu sagen!“, tobte er. „Das ist ein Junge! Er ist als Junge geboren, und er wird als Junge sterben, und –“
Ich unterbrach kurzerhand seine Tirade. „Sie singt wie ‘n Engel, wissen Sie. Wird eines Tages groß rauskommen, und Sie werden‘s bereuen, wenn erst alle wissen, was Sie ihr angetan haben.“
„Wenigstens sieht er jetzt wie ein Junge aus!“
„Nee.“ Ich schüttelte den Kopf. „Sie sieht aus wie ‘n Babyvogel, den Sie unter Ihrem Stiefel zertreten wollten.“
„Sie –“
„Ich sag‘ das nur einmal“, begann ich und richtete mich auf, machte mich so groß, wie ich konnte. „Ich will keinen von Ihnen je im The Bronc sehen. Wenn Sie doch‘n Schritt durch die Tür tun, lass ich Sie wegen widerrechtlichem Eindringen verhaften.“
„Und wo soll er leben? Wer bezahlt dafür, dass er zur Uni geht, oder –“
„Geht Sie nichts mehr an, wie sie das Geld für irgendwas aufbringt“, sagte ich, drehte mich um und verpasste der Fliegentür einen Tritt, als ich hindurch ging. Während ich über die Veranda stapfte, sah ich mich um.
Ich fand eine Schminktasche, einen kaputten Haartrockner – den sie leider wohl eine Weile lang nicht mehr brauchen würde – und jede Menge Tangas, Höschen und BHs. Ich sammelte alles ein und marschierte nur einen Moment später durch den jetzt leeren Vorgarten.
Alle schrien gleichzeitig auf.
„Nein!“ Josies gebrochene Stimme war lauter als alle anderen.
Ich schaute zurück über meine Schulter und sah Mr Barnes auf der Veranda stehen, ein Gewehr in der Hand. Ich wirbelte zu ihm herum, und im Geiste ging ich alle möglichen Szenarien durch, aber alle hatten dasselbe Resultat.
Ich war tot.
Er konnte mich erschießen und es als Notwehr bezeichnen, denn schließlich stand ich auf seinem Grundstück. Meine Leute würden zusehen müssen, wie ich verblutete, und das würde ihre letzte Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit sein. Oder … ich konnte meinen letzten Trumpf ausspielen.
„Sie kennen Rand Holloway?“
Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Jeder in Hillmann kennt Rand Holloway, Sie dämlicher –“
Ich legte eine Hand über mein Herz. „Glenn Holloway.“
Es war lustig, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Rand war die Sorte Mann, mit der sich niemand anlegen wollte. Aber es war nicht so sehr Rand – mein Cousin, das heißt … eigentlich mein Halbbruder – der so furchteinflößend war, sondern seine Ranch. Sie war inzwischen fast schon eine kleine Stadt, und es gab einige Männer, die für Rand arbeiteten, Mac Gentry im Besonderen, die den Ruf hatten, gefährlich zu sein. Selbst die Polizei war keine bessere Abschreckung als die Männer, die die Red Diamond ihr Zuhause nannten.
Ich sah das Gewehr beben und machte auf dem Absatz kehrt und ging zur Seitentür meines Pick-ups.
Shawnee hielt mir eine Reisetasche hin, und ich ließ die Unterwäsche hineinfallen. Ein rascher Blick sagte mir, dass Josie wieder angezogen war, und als ich in den Wagen stieg, nahm ich meinen Stetson ab und setzte ihn ihr auf, die Krempe tief in die Stirn geschoben.
„Wir fahren bei Caffrey’s vorbei und holen dir ‘n Hut oder ‘ne Mütze für morgen zur Arbeit.”
Im nächsten Moment saß sie auf meinem Schoß und schluchzte an meinem Hals, und ich nahm an, dass wir nie von hier wegkommen würden, wenn ich sie nicht einfach ließ, wo sie war.
Wir fuhren schnell davon – nachdem ich einmal tief durchgeatmet hatte und mein Herz wieder begonnen hatte, zu schlagen.
EINE STUNDE später zurück auf der Arbeit wies ich Eric und Jamal an, sich etwas einfallen zu lassen, damit Josie duschen konnte. Sie musste die vielen feinen Härchen loswerden, die auf ihrer Haut klebten, sonst kratzte sie sich noch blutig. Kevin holte den Haarschneider, den wir im Büro hatten, und schnitt den Rest ihres Haars, sodass es einheitlich etwa zwei Zentimeter lang war. Auf dem Weg zum The Bronc hatten wir angehalten und drei lange Schals für sie gekauft, die sie sich um den Kopf wickeln konnte, einen Cowboyhut für die Arbeit, eine plissierte lila Mütze und eine blassblaue Armeekappe mit silbernen Sternen darauf. Außerdem hatten wir neonblaue Haarfarbe gekauft, sodass der verbleibende Flaum auf ihrem Kopf wenigstens eine interessante Farbe hatte.
Nach einer gründlichen Bestandsaufnahme stellte sich heraus, dass keines von Josies Besitztümern fehlte, wobei Gitarre und Verstärker die wichtigsten waren. Sie musste mir etwa neunhundert Mal gedankt haben, während ich sie aus meinem Truck trug, ihre Arme und Beine um mich geschlungen als wäre sie ein kleines Kind statt einer Siebzehnjährigen.
Die Jungen schraubten einen Schlauch am Wasserhahn des Waschbeckens auf der Angestelltentoilette fest und legten ihn nach draußen, und da viele der Mädchen sich vor der Arbeit auf der Dachterrasse sonnten, hatten sie Handtücher, die sie hochhalten konnten, sodass Josie wenigstens ein bisschen Privatsphäre hatte. Es dauerte eine Weile, aber nachdem sie geduscht und angezogen war, die Haare gefärbt und Schminke aufgetragen und etwas gegessen hatte und wieder und wieder umarmt und gedrückt worden war, hörte sie auf, zu zittern, und atmete tief durch. Mir ging auf, dass ich das nun endlich auch tun konnte.
Dann erhielt ich einen Anruf vom Hilfssheriff. Die Barnes hatten Beschwerde gegen mich eingereicht.
„Und was werden Sie jetzt tun?“, fragte ich ihn.
Er räusperte sich geräuschvoll am anderen Ende der Leitung. „Nichts“, informierte er mich, wobei er entsetzlich nervös klang. „Nur – wenn Sie einen Weg sehen würden, Rand irgendwie wissen zu lassen, dass wir die Sache fallengelassen haben … dann wäre das sehr gut.“
„Jawohl, Sir, das werd‘ ich“, erwiderte ich, Texasakzent dick in meiner Stimme. „Schätze, er wird mächtig erfreut sein, das zu hören.“
Er atmete hörbar auf.
Menschen, die in Angst vor Rand lebten – für mich war das in Ordnung.
Um elf Uhr abends döste Josie auf dem Sofa in meinem Büro, und ich saß an der Bar und sprach mit Kevin, Callie und Marco. Ich schloss früh, schon um Mitternacht statt erst um zwei Uhr morgens, und eine halbe Stunde später hatte ich die ganze Mannschaft im Pausenraum um mich herum versammelt. Sie sahen mich alle an.
Zwei Tage.
Man sollte nicht meinen, dass Dinge in nur zwei Tagen so komplett aus dem Ruder laufen konnten, aber in diesem Fall waren sie es definitiv. Ohne mich war mein Restaurant ein Ort voller Ärger und Frustration, voller Beschimpfungen und Heimtücke geworden, wo einer dem anderen in den Rücken fiel. Und obwohl ich froh war, endlich zu wissen, was eigentlich vorgefallen war, und dass alles ans Tageslicht gebracht worden war, hätte ich auf das ganze Drama verzichten können.
Ich konnte Drama nicht ausstehen.
„Wenn einer seinen Beitrag nicht leistet“, sagte ich zu meiner Belegschaft, „wird das ganze Team runtergezogen.“
Explosionsartig füllte sich der Raum mit Geräuschen. Meine Leute gingen aufeinander los, zeigten mit den Fingern aufeinander, schrien sich an, und ich unterbrach sie nicht, denn ich spürte, wie sich die Spannung im Raum allein durch die Lautstärke auflöste.
Kevin stellte sich neben mich, und nach etwa einer Minute nickte ich, und er blies kräftig in unsere Trillerpfeife, was alle erschrocken zusammenfahren ließ.
Ich richtete mich auf, hob die Hände und sagte ihnen, sie sollten verdammt noch mal die Klappe halten. Sobald Schweigen herrschte und ihre Blicke fest auf mich gerichtet waren, begann ich erneut. „Warum hat mir niemand gesagt, dass JT jede einzelne Frau gevögelt hat, die hier durch die Tür gekommen ist?“
Plötzlich konnte mir keiner in die Augen sehen.
„Er ist raus.“
Und so schnell sahen sie mich alle wieder an, plötzlich voller Hoffnung, und ich verstand warum. JT hatte mein Geld genommen und im Gegenzug dafür keinen Handschlag getan, und sie alle hatten gedacht, er hätte meinen Segen dazu, wo doch die Wahrheit so viel lächerlicher war: Ich hatte es nicht gewusst. Ich hatte geglaubt, er wäre in Ordnung, ein netter Kerl, aber es hatte sich herausgestellt, dass er faul war und grausam und ein notorischer Schürzenjäger. Als Kevin und ich ihn dabei ertappt hatten, wie er es mit einem der Hotelgäste in meinem Büro trieb, hatte ich ihn auf der Stelle entlassen. Jamal und Eric hatten es sehr genossen, ihn durch die Hintertür zu tragen. Callie Pena, meine Büroleiterin, hatte ihm seinen Gehaltsscheck unter den Scheibenwischer geklemmt, den Betrag auf den Cent genau ausgerechnet.
Sie war gründlich, das war ihre Art.
Sie warteten.
„Um ihn zu ersetzen, ist ab sofort Kevin der Restaurantmanager“, sagte ich. Dann nickte ich Bailey Kramer zu, die im hinteren Teil des Raums saß und Josies Hand hielt. „Bail, du bist seine neue Assistentin.“
Sie war geplättet, und das zaghafte, schüchterne Lächeln, das sich über ihre Lippen zog und zwei Reihen perlweißer Zähne zeigte, entlockte mir ebenfalls ein Lächeln.
„Also ist jetzt alles in Ordnung“, verkündete ich. „Marco hat den Posten als oberster Barmann übernommen.“
Es gab Applaus, als er aufstand und sich verbeugte und mir versprach, dass er mich nicht enttäuschen würde. Dies war sein Zuhause. Er hatte im Gefängnis gesessen, und viele Leute hatten es nicht gewagt, das Risiko einzugehen, ihn einzustellen. Die Tatsache, dass ich es getan hatte, bedeutete ihm und seiner Familie alles.
Das war bei vielen der Leute, die für mich arbeiteten, so. Mein Küchenchef, Javier Garza, war – angeblich – wegen Diebstahls entlassen worden, aber – in seinen Worten – nur, weil er Mexikaner war. Ihr Pech: Die Änderungen, die er zusätzlich zu den Steakplatten und Hamburgern, mit denen wir angefangen hatten, eingeführt hatte – die Rinderbrust in einer Pecannuss und Mesquite Marinade und Truthahnkeulchen für die Kinder –, hatten uns in extrem kurzer Zeit extrem erfolgreich gemacht.
Vor zwei Jahren hatte Mitch Powell, der Gründer und Eigentümer des Kings Crossing Resort und Spa, einen der vielen Gefallen, die er Rand Holloway schuldete, damit zurückgezahlt, dass er mir einen mehr schlechten als rechten Standort für mein neues Restaurant, The Bronc, auf seiner Anlage überlassen hatte. Wir lagen neben dem Golf Klubhaus und damit nicht in derselben Gegend wie die anderen Restaurants, und aus dem Grund hatten viele daran gezweifelt, dass wir Erfolg haben würden. Aber die Sache war die: Es war mein Traum, und ich hatte jahrelang Ideen ausgearbeitet und Pläne geschmiedet. Und als die Zeit gekommen war, sie in die Tat umzusetzen – tat ich genau das.
Wir überzogen den Parkplatz mit demselben Gummikunststoff, den sie auch für die Spielplätze an Schulen verwendeten, stellten Poller auf, sodass keine Autos mehr darauf fahren konnten, füllten die Fläche mit Picknicktischen und bauten einen Tresen um das gesamte Areal herum. Nur Familien war es erlaubt, an den Tischen zu sitzen. Es war traurig, wie oft Alleinerziehende oder zwei Männer oder zwei Frauen dachten, dass wir sie nicht zu den „Familien“ zählten. Wie oft schon waren Leute zu mir gekommen und hatten mir gedankt und gesagt, dass ein Mitglied der Belegschaft sie an einen Tisch geführt und ihnen erklärt hatte, dass jeder, der Kinder hatte, sich setzen und entspannen durfte. Auch wer Großeltern dabei hatte, durfte sitzen. Aber zwei Leute auf einem Date oder eine Gruppe Jungs, für sie gab es den Tresen, der gerade breit genug war, dass man einen Teller darauf abstellen konnte. Man musste sich sein Essen im Stehen in den Mund schaufeln. Aber für Menschen mit Kinderwagen, Menschen mit Teenagern gab es einen Tisch unter einem Sonnenschirm.
Die Kommentare auf Yelp, Zomato und TripAdvisor, auf unserer Facebook Seite, unserem Twitter Account sowie im Lubbock Avalanche-Journal waren allesamt großartig. Die Bedienung sei fantastisch, hieß es durch die Bank. Wem auch immer The Bronc gehörte, wusste wirklich, wie man sich um Menschen kümmerte und ihnen das Gefühl gab, willkommen zu sein. Es war ungemein befriedigend. Als dann Guy Fieri vorbeikam, um eine Folge von Diners, Drive-Ins and Dives
