Wenn die niemand glauben will … - Toni Waidacher - E-Book

Wenn die niemand glauben will … E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. Der fünfundzwanzigjährige Marcel Hambacher verließ die gut besuchte Weinstube im 1. Wiener Bezirk und atmete tief durch. Sofort wurde ihm schwindelig. Der Wein war ihm anscheinend ein wenig in den Kopf gestiegen, stellte er grinsend fest. Nun, kein Wunder, so gut wie der Weißwein nun einmal schmeckte, war es nicht bei einem Viertel geblieben. Er hatte an der Geburtstagsfeier eines Freundes teilgenommen, die Stimmung war ausgelassen, und Marcel hatte fröhlich mitgefeiert, ohne daran zu denken, dass er sonst nur wenig trank. Nun bereute er seine Sorglosigkeit, denn er merkte den ­ungewohnten Alkohol bei jedem Schritt. Es ging auf Mitternacht zu. Nur gut, dass seine Wohnung nicht allzu weit entfernt lag. Die frische Luft schien ihn noch taumeliger werden zu lassen. Mit weichen Knien und leicht schwankend marschierte er in die dunkle Gasse hinein. Weit vorne sah er die Lichter der Geschäfte und Restaurants am ›Graben‹, der bekannten Flaniermeile in der Wiener Innenstadt. Vorsichtig setzte Marcel einen Fuß vor den anderen, bemüht, nicht allzu sehr zu taumeln. Es war kühl. Die Tage waren zwar schon warm, in den Nächten aber spürte man es noch, dass der Sommer noch nicht Einzug gehalten hatte. In der Dunkelheit der schmalen Gasse überlief ihn ein Frösteln. Es war schon spät, er musste ins Bett … Manchmal streifte er mit der Schulter die Hauswand zu seiner Linken. ›Reiß dich zusammen! ‹, ermahnte er sich selbst. ›Da vorn sind Passanten.

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Der Bergpfarrer Extra – 8 –

Wenn die niemand glauben will …

Kann der Bergpfarrer Marcel noch helfen?

Toni Waidacher

Der fünfundzwanzigjährige Marcel Hambacher verließ die gut besuchte Weinstube im 1. Wiener Bezirk und atmete tief durch. Sofort wurde ihm schwindelig. Der Wein war ihm anscheinend ein wenig in den Kopf gestiegen, stellte er grinsend fest. Nun, kein Wunder, so gut wie der Weißwein nun einmal schmeckte, war es nicht bei einem Viertel geblieben.

Er hatte an der Geburtstagsfeier eines Freundes teilgenommen, die Stimmung war ausgelassen, und Marcel hatte fröhlich mitgefeiert, ohne daran zu denken, dass er sonst nur wenig trank. Nun bereute er seine Sorglosigkeit, denn er merkte den ­ungewohnten Alkohol bei jedem Schritt.

Es ging auf Mitternacht zu. Nur gut, dass seine Wohnung nicht allzu weit entfernt lag. Die frische Luft schien ihn noch taumeliger werden zu lassen. Mit weichen Knien und leicht schwankend marschierte er in die dunkle Gasse hinein. Weit vorne sah er die Lichter der Geschäfte und Restaurants am ›Graben‹, der bekannten Flaniermeile in der Wiener Innenstadt.

Vorsichtig setzte Marcel einen Fuß vor den anderen, bemüht, nicht allzu sehr zu taumeln. Es war kühl. Die Tage waren zwar schon warm, in den Nächten aber spürte man es noch, dass der Sommer noch nicht Einzug gehalten hatte. In der Dunkelheit der schmalen Gasse überlief ihn ein Frösteln. Es war schon spät, er musste ins Bett … Manchmal streifte er mit der Schulter die Hauswand zu seiner Linken. ›Reiß dich zusammen!‹, ermahnte er sich selbst. ›Da vorn sind Passanten. Die müssen nicht merken, dass du einen Rausch hast.‹ Dennoch leicht taumelnd, ging er weiter.

Plötzlich hielt er an. Hatte ihm sein trunkenes Hirn etwas vorgegaukelt, oder hatte er tatsächlich ein Röcheln vernommen? Er hielt an, schwankte leicht, und drehte sich lauschend in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Er schaute auf eine finstere Hofeinfahrt, die zu einem Restaurant gehörte, und deren Tor weit offen stand.

Er hatte sich nicht getäuscht! Jetzt war das Stöhnen erneut zu hören. Er näherte sich vorsichtig dem Tor und schaute angestrengt ins Dunkle. Schließlich konnte er am Boden eine schemenhafte Gestalt erkennen.

Da lag ein Mensch! Der helle Fleck musste sein Gesicht sein. Er atmete rasselnd und manchmal stieg ein röchelnder, erstickter Laut aus seiner Kehle.

Marcel kniete sich bei dem am Boden Liegenden nieder, seine Hände tasteten über ihn hinweg, er fühlte den groben Stoff einer Jacke, Haut, Haare und etwas Feuchtes, Klebriges. »Hallo, Sie, was ist …«

Plötzlich bäumte sich der Mann am Boden auf, ein Keuchen kam aus seinem Mund, dann brüllte er: »Hilfe! Helft mir! Überfall! Hiiilfe!«

Marcel begriff und war mit einem Schlag nüchtern. Der Mann war niedergeschlagen, vielleicht sogar ausgeraubt worden, und jetzt beschuldigte er ihn, der bei ihm kniete.

»Hilfe!«, brüllte der Mann wieder. »Haltet den Kerl fest! Hilfe!«

»Bist du übergeschnappt, Mann?«, zischte er. »Ich hab’ dir doch nichts …«

»Hilft mir denn niemand! Der Kerl bringt mich noch um!«

Jetzt war es mit seiner Beherrschung vorbei. Er sprang auf, ging zurück in die Gasse und wollte in Richtung des ›Grabens‹ fliehen, aber von dort näherte sich eine kleine Gruppe von Männern und Frauen. Deutlich hoben sich ihre Gestalten vor der Kulisse der beleuchteten Einkaufsstraße ab.

»Hilfe! Überfall! Ich verblute …«, gellte die Stimme des Mannes in der Einfahrt.

Marcels Nerven lagen blank. Er machte kehrt, rannte den Weg zurück, den er gekommen war, bog nach etwa hundert Metern in eine kreuzende Gasse ab, folgte ihr, bog ein weiteres Mal ab und gelangte auf diesem Umweg zum ›Graben‹.

Gehetzt und völlig außer Atem hielt er an und schaute über die Schulter nach hinten. Dann warf er einen Blick nach links und nach rechts, und kam zu dem Schluss, dass er nicht verfolgt wurde. Er atmete auf, hob seine rechte Hand und sah, dass sie mit Blut besudelt war. Unwillkürlich schaute er an sich hinunter und bemerkte auch die dunklen Flecken auf seinem hellgrauen Anorak.

Einige Leute, die vorbeizogen, musterten ihn argwöhnisch. Oder kam ihm das nur so vor? Seine Atmung und sein Herzschlag nahmen langsam wieder den normalen Rhythmus auf, und er eilte in Richtung Kohlmarkt weiter.

Nach und nach legte sich seine Anspannung und er bekam den Aufruhr in seinem Innern etwas mehr unter Kontrolle. Er sagte sich immer wieder, dass er sich keine Gedanken machen müsse, da er sich ja nichts vorzuwerfen habe. Er ging weiter.

Nach etwa einem Kilometer erreichte er in einer Nebenstraße seine Wohnung. Sie lag im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses. Als er im Flur das Licht anmachte und sich im Spiegel der Garderobe sah, erschrak er. Die Flecken! Dort, wo er beim Laufen seinen Anorak berührt hatte, war er blutbesudelt. Es war das Blut des Mannes, der in der Einfahrt gelegen hatte! Sofort kamen ihm Begriffe wie Spurensicherung und DNA-Analyse in den Sinn.

Er nahm seine Geldbörse aus dem Anorak, zog ihn aus, trug ihn ins Badezimmer und warf ihn in die Badewanne, deren Abfluss er schloss. Dann ließ er Wasser einlaufen, bis das Kleidungsstück vollkommen bedeckt war. In dem Wasser wusch er sich auch das Blut des Überfallenen von der Hand.

Schlaf fand er in dieser Nacht nicht. Doch als der Morgen anbrach, war er sich sicher, dass ihn die kleine Gruppe von Leuten, die in die Gasse gekommen war, in der Dunkelheit gar nicht richtig gesehen haben konnte. Und er sagte sich, dass es nichts als Einbildung gewesen war, als er glaubte, von den Passanten argwöhnisch angeschaut zu werden, als er am ›Graben‹ anlangte und in der Gassenmündung verschnaufte.

Er fühlte sich wie gerädert. Gott sei dank musste er nicht zur Arbeit, denn es war Samstag und der Betrieb, in dem er tätig war, hatte geschlossen.

*

Am Sonntagabend, es war zwanzig Uhr vorbei, läutete sein Telefon. Es war seine Mutter.

Grußlos und vollkommen aufgelöst stieß sie hervor: »Was hast du dir bloß dabei gedacht, Marcel? Welcher Teufel hat dich geritten, als du den Mann niedergeschlagen und ausgeraubt hast? Reicht dir denn das Geld net, das du mit deiner Arbeit verdienst?«

Siedendheiß durchfuhr Marcel der Schreck, der Magen krampfte sich ihm zusammen, er war wie gelähmt. ›Woher weiß sie davon?‹, durchzuckte es ihn. Er war sprachlos vor Entsetzen.

Da erklang schon wieder die aufgeregte Stimme seiner Mutter: »Im Fernsehen lief ein Fahndungsaufruf, dabei wurden die Bilder einer Überwachungskamera ausgestrahlt. Sie zeigen dich, wie du aus einer Seitenstraße zum Graben kommst, schwer atmend dastehst und erst deine Hand betrachtest und dann an dir hinunterblickst. Einige Leute haben jemand von dort, wo der Überfallene gelegen hat, weglaufen sehen. Sie haben ihn zwar net beschreiben können, aber die Polizei vermutet, dass es sich um den gleichen Mann handelt, der wenig später ein paar Seitenstraßen weiter am Graben aufgetaucht ist – also um dich. Dein Gesicht ist ganz deutlich zu erkennen. Die Polizei hat bestimmt in der Zwischenzeit deinen Namen herausbekommen.«

Marcel hatte das Gefühl, als würde ihm jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Doch dann fand er seine Sprache wieder und stammelte: »Ich – ich hab’ den Mann gefunden, Mama. Er hat geröchelt und so bin ich auf ihn aufmerksam geworden. Er hat in einer dunklen Einfahrt gelegen. Ich hab’ ihn abgetastet, weil ich net gewusst hab’, was mit ihm los ist. Er hätt’ ja auch nur betrunken sein können. Plötzlich hat er losgebrüllt. Hilfe, Überfall, jemand solle ihm helfen, man solle mich festhalten …« Für einen Moment versagte Marcel die Stimme. »Ich war auf der Geburtstagsfeier von Patrick und bin gegen Mitternacht heimgegangen, obwohl ich etwas betrunken war, wollt’ ich helfen. Als der Mann losgebrüllt hat, hab’ ich die Nerven verloren und die Flucht ergriffen. Ich wollt’ doch in nix hineingezogen werden.«

»Wenn du mir sagst, dass du dem Mann nix getan hast, dann bin ich schon beruhigt, Marcel. Ich glaub’ dir das auch.« Tatsächlich klang die Stimme seiner Mutter nicht mehr so panisch. »Am besten wär’s, du tätst dich sofort bei der Polizei melden und denen erzählen, was tatsächlich passiert ist. Du hättest gleich net weglaufen sollen. Aber ich kann dich schon verstehen. Dich hat die Panik ergriffen, als der Mann um Hilfe gerufen hat. Ich hätt’ wahrscheinlich genauso kopflos gehandelt. Es war ein Fehler, Bub, aber wenn du zur Polizei gehst und erzählst, dass du den Mann nur gefunden hast, werden sie dir das glauben. Du hast doch einen guten Leumund.«

»Die werden mich doch auf der Stelle festnehmen, Mama. An meinem Anorak ist Blut von dem Mann. Es lässt sich net so richtig auswaschen. Ich hab’s versucht, aber man sieht die Flecken immer noch. Wenn du sagst, ich bin von einer Überwachungskamera gefilmt worden, dann weiß die Polizei, dass ich den Anorak getragen hab’. Alles spricht doch gegen mich.«

»Geh’ zur Polizei, Bub, und erzähl’ dort deine Geschichte. Dann werden sie auch nach dem wirklichen Täten fahnden. Da du unschuldig bist, hast du nix zu befürchten.«

»Okay, Mama. Danke dafür, dass du mich informiert hast.«

»Ruf’ mich an und sag’ mir, was herausgekommen ist, wenn du bei der Polizei warst.«

»Mach’ ich, Mama.« Marcel legte das Telefon weg. Seine Gedanken wirbelten. Er war nicht in der Lage, sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Das Wissen, als Straßenräuber von der Polizei gesucht zu werden, erschütterte ihn. ›Sie werden sich gar net anhören, was du zu sagen hast, und dich erstmal einkassieren!‹, zuckte es durch seinen Kopf. ›Nein, Marcel, nein, du gehst net ins Gefängnis – für etwas, das du net getan hast!‹ Er war kurz davor vor Panik durchzudrehen.

Unwillkürlich ging er zum Fenster und schaute auf die Straße hinunter. Rückte die Polizei vielleicht schon an, um ihn zu verhaften? Er atmete auf. Nein, von Polizei war nichts zu sehen.

Bemüht, Ruhe in sein Denken zu zwingen, fasste Marcel einen Entschluss. Er holte seinen Rucksack aus dem Kleiderschrank und ging damit ins Badezimmer, wo der Anorak über der Wanne an der Dusche hing. Er war noch feucht. Ungeachtet dessen packte ihn Marcel ihn ein. Dann holte er eine kleine Reisetasche aus dem Schrank, stopfte Unterwäsche, Socken, einige Hemden und T-Shirts sowie eine Hose hinein, schließlich zog er seine Jacke und die Schuhe an und verließ mit dem Gepäck seine Wohnung.

Wie ein Dieb schlich er sich aus dem Haus, erreichte unbehelligt sein Auto, das ein Stück von dem Gebäude entfernt am Fahrbahnrand geparkt war, warf Reisetasche und Rucksack in den Kofferraum und fuhr gleich darauf weg.

›… du gehst net ins Gefängnis für etwas, das du net getan hast!‹

Nur dieser Gedanke bestimmte sein Handeln. An die Konsequenzen dachte er nicht. Die Angst, unschuldig verurteilt zu werden, war der Motor, der ihn vorantrieb. Immer wieder hatte er von Justizirrtümern gehört. Oft waren sie erst nach vielen Jahren bekannt geworden. Und einige würden wohl nie aufgedeckt werden. Die unschuldig Verurteilten verbüßten Strafen für Taten, die jemand anderes begangen hatte, dazu wollte er, Marcel Hambacher, nicht gehören!

*

Eine Woche war vergangen. Es war ein sonniger Tag Anfang Mai. In dem beschaulichen Bergdorf St. Johann im Wachnertal fand ein kleines Frühlingsfest statt.

Am Ortsrand war ein großes Bierzelt aufgestellt worden, es gab sowohl in dem Zelt als auch im Freien ein Podium für die Musikkapelle, darüber hinaus sorgten einige Stände für das leibliche Wohl der Festbesucher. Es wurden Bratwürste und Steaks vom Grill angeboten, gebratene Renken, aber auch Eis und Süßes – also alles, was das Herz von Jung und Alt begehrte.

Außerdem war für die ganz Kleinen ein Karussell aufgestellt worden und für die Erwachsenen gab es eine Schießbude. So mancher verliebte Bursche schoss an diesem Tag seiner Herzdame eine Rose, die dankend und mit strahlenden Augen angenommen wurde.

Schon seit zwei Uhr nachmittags spielten die fünf Musikanten auf dem Podium außerhalb des Festzelts zum Tanz auf.

Sämtliche Tische waren besetzt. Meistens handelte es sich um Einheimische, doch die ersten Touristen hatten sich schon unter sie gemischt. Alle waren guter Laune, unterhielten sich und lachten. Die Sonne schien warm, das Bier floss, und die Stimmung wurde immer ausgelassener.

Auch Pfarrer Trenker, Sophie Tappert, Max Trenker mit Familie, Severin Kaltenecker, der pensionierte Arzt aus Passau, und eine Reihe weiterer guter Freunde und Bekannte hatten sich auf dem Frühjahrsfest eingefunden. Soeben spielte die Band einen Zwiefachen, und Sebastian bat seine Schwägerin Claudia um diesen Tanz.

Sebastian war ein ausgezeichneter Tänzer und Claudia, die als Reporterin beim ›Kurier‹ in Garmisch-Partenkirchen tätig war, überließ es ihm, sie zu führen. Federleicht schwebte sie in seinen Armen über die gemähte Wiese, die den Tanzboden ersetzte.

Um sie herum drehten sich eifrig die anderen Paare. Manches Mal kam es vor lauter Überschwang zu leichten Zusammenstößen. Lachend entschuldigte man sich, tanzte ein wenig auseinander und ließ sich treiben, bis die Kapelle nach drei Tänzen eine kurze Pause machte. Die Tänzer und Tänzerinnen konnten kurz verschnaufen und einen Schluck trinken oder auch den Tanzpartner wechseln. »Ein Glück«, sagte Claudia, als Sebastian sie zum Tisch zurückbrachte, »dass heut’ so ein herrlicher Tag ist. Wahrscheinlich hast du wieder mal deine guten Beziehungen nach da oben …«, sie wies zum strahlend blauen Himmel, »… spielen lassen.«

»Ich weiß net, ob da oben einer Bestellungen fürs Wetter aufnimmt«, erwiderte Sebastian lachend. »Unabhängig davon: Es ist in der Tat ein Tag wie aus dem Bilderbuch.«

Von der Seite erklang es: »Habe die Ehre, Hochwürden! Sie sind ja heut’ wieder ganz gut drauf und tanzen wie der Lump am Stecken.«

Es war Bürgermeister Markus Bruckner, der zusammen mit seiner Gattin vor wenigen Minuten auf dem Festplatz eingetroffen war und eine Weile die Tanzenden beobachtet hatte. Bei ihm waren sein Bruder Karl mit Gattin Kreszenz, ihre Söhne Willi und Jakob sowie Deborah Pfisterer, die mit Willi verlobt war. Debby winkte lachend in die Runde.

»Ah, der Markus mit Familie!«, rief Sebastian. »Seid herzlich gegrüßt, alle miteinander. Kommt zu unseren Tischen. Wenn wir alle ein wenig zusammenrücken, finden wir schon noch Platz für euch.«

Sie brachten es tatsächlich fertig, an Sebastians Tisch und am Tisch daneben, an dem der gesamte Deininger-Clan saß, Platz für den Bürgermeister und seine Familie zu schaffen.

Die Kapelle spielte zum nächsten Tanz auf. Sofort bevölkerten die Paare wieder die Wiese und drehten sich im Takt der Musik.

Jetzt tanzte der Bergpfarrer mit Katrin Moser, der sympathischen Verlobten von Jürgen Deininger. Neben ihm drehten sich Sophie Tappert und Severin im Walzertakt. Und auch Ria Stubler tanzte mit ihrem Lebensgefährten Florian Hoffmann, dem siebenundfünfzigjährigen Holzschnitzer, der der Liebe wegen von Beilngries nach St. Johann umgezogen war.

Man schaute nur in lachende Gesichter, nichts schien die Freude der Menschen zu trüben.

Drei Tänze, dann ein Tusch, dem der Applaus der Tanzpaare folgte, dann führten die Herren ihre Tänzerinnen zurück an die Tische.

In dem Moment, in dem sich Sebastian bei Katrin für die Tänze bedankte, läutete in seiner Jackentasche das Smartphone. Er fischte es heraus und nahm das Gespräch an. »Trenker«, meldete er sich. »Grüaß di, Annette. Lang’ nix gehört von dir.«

»Hallo, Sebastian. Hast du ein paar Minuten Zeit für mich?«