Adorno in 60 Minuten - Walther Ziegler - E-Book

Adorno in 60 Minuten E-Book

Walther Ziegler

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Beschreibung

Adorno ist einer der intellektuellsten und charismatischsten Denker der Philosophiegeschichte. Der kahlköpfige Professor mit der Hornbrille stellte unserer modernen Zivilisation eine fatale Diagnose aus - vielleicht die fatalste Diagnose, die überhaupt möglich ist: Wir haben uns zwar durch die Wissenschaft, den Kapitalismus und die staatliche Verwaltung zu Herren über die Natur aufgeschwungen und diese komplett unter Kontrolle gebracht, uns damit aber gleichzeitig selbst versklavt. Wir sind am Ende manipulierte Opfer der von uns geschaffenen Massen- und Konsumgesellschaft. Unser ganzes Leben vollzieht sich nur noch in Trugbildern, ohne dass wir deren Hülle durchstoßen können. "Es gibt kein richtiges Leben im falschen." Dieser berühmt gewordene und viel zitierte Satz von Adorno steht bis heute für die Verunsicherung und Widersprüchlichkeit des modernen Menschen. Einerseits genießen wir in der westlichen Zivilisation wie nie zuvor die medizinischen und technischen Segnungen des Kapitalismus, andererseits spüren wir, dass wir uns verlieren und zu Knechten werden. Viele Menschen verkaufen tagsüber ihre Arbeitskraft als Ware und verbringen den Abend vor dem Fernsehapparat, der ihnen eine konfektioniert fröhliche und abenteuerliche Welt suggeriert, die sie längst verloren haben. Selbst seine Kritiker gestehen Adorno zu, dass er mit seiner Fundamentalkritik am modernen Kapitalismus etwas erkannt hat, das bis heute nur wenig von seiner Schärfe verloren hat. Führen wir tatsächlich ein falsches Leben? Sind wir alle komplett manipuliert? Und wenn ja - woher weiß Adorno selbst, dass es so ist? Ist das Projekt der Aufklärung, die Menschheit durch Vernunft und Wissenschaft vom Aberglauben zu befreien, tatsächlich in sein Gegenteil umgeschlagen, wie Adorno behauptet? Hat er Recht - und am Ende führt gerade die heute so gefeierte Wissenschaft in die Gefahr einer neuen Barbarei? Adorno gibt höchst spannende und eigenwillige Antworten. Das Buch "Adorno in 60 Minuten" erklärt seine Hauptwerke, die "Dialektik der Aufklärung", die "Minima Moralia" und die "Negative Dialektik" Schritt für Schritt anhand von über 50 zentralen Zitaten und vielen griffigen Beispielen. Im Kapitel "Was nutzt uns die Entdeckung von Adorno heute?" wird dann die brandaktuelle Bedeutung seiner kritischen Theorie für unser persönliches Leben und unsere Gesellschaft aufgezeigt. Das Buch ist in der beliebten Reihe "Große Denker in 60 Minuten" erschienen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 50

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Dank an Rudolf Aichner für seine unermüdliche und kritische Redigierung,

Silke Ruthenberg für die feine Grafik, Angela Schumitz, Lydia Pointvogl, Eva Amberger,

Christiane Hüttner, Dr. Martin Engler für das Lektorat

und Dank an Prof. Guntram Knapp, der mich für die Philosophie begeistert hat.

Inhalt

Adornos große Entdeckung

Adornos Kerngedanke

Die Dialektik der Aufklärung

Die Selbstunterdrückung durch die Vernunft am Beispiel des Odysseus

Die Philosophie von Marquis de Sade als Ergebnis der Aufklärung

Die Vereinnahmung des Individuums durch die Kulturindustrie

Negative Dialektik – Die Überwindung der Sprache und Befreiung von der Diktatur des Begriffs

Was nutzt uns Adornos Entdeckung heute?

Wahrheit jenseits aller Worte – Kann man mit Begriffen gegen Begriffe andenken?

Mündet Aufklärung und Wissenschaft tatsächlich im Totalitarismus?

Das Ganze ist nicht falsifizierbar – Adornos Kritik an Popper und am Positivismus

Gibt es doch noch ein richtiges Leben im falschen?

Die Kraft des negativen Denkens – Negation ohne in Position überzugehen!

Zitatverzeichnis

Adornos große Entdeckung

Theordor W. Adorno (1903 – 1969) ist bis heute einer der intellektuellsten und charismatischsten Denker der Philosophiegeschichte. Er hatte bereits zu Lebzeiten großen Einfluss auf die heranwachsende Studentengeneration und das geistige Klima der jungen Bundesrepublik. Kein anderer deutscher Intellektueller hielt in der Zeit von 1959 bis 1969 mehr Vorträge in Radio und Fernsehen als er.

Wie Sartre in Frankreich wurde Adorno in Deutschland zur charismatischen Leitfigur der studentischen Jugend und aller politisch linksgerichteten Kräfte. Und genau wie Sartre war er klein, etwas untersetzt, hatte eine dicke Hornbrille und zahlreiche Affären mit attraktiven Frauen. Seine Vorlesungen, zu denen Studierende aus Amerika und vielen europäischen Staaten von weit her anreisten, waren völlig überfüllt – und dies, obwohl nur die wenigsten Teilnehmer hinterher behaupten konnten, alles verstanden zu haben. Die hochkomplexe Gedankenführung des kahlköpfigen Professors gilt bis heute als eine große Herausforderung, ebenso wie sein abstraktes Spätwerk mit dem Titel Negative Dialektik.

Mit seiner Systemkritik am Kapitalismus war Adorno ein Wegbereiter der 68er Revolte in Europa. Zweifellos hat er den geistigen Nährboden für die 68er Unruhen geschaffen, auch wenn ihm seine eigene Wirkung schließlich selbst unheimlich wurde und er sich 1968 nicht, wie dies seine Anhänger von ihm erwarteten, an die Spitze der Protestbewegung stellte.

Adornos Kerngedanke ist verblüffend und provokativ zugleich: Die moderne kapitalistische Gesellschaft befindet sich in ihrer Gesamtheit auf Abwegen. Die Individuen genießen zwar wie niemals zuvor die Vorzüge von Mobilität, Technik, Medizin und Wohlstand, haben aber gleichzeitig das verloren, was ihr Dasein lebenswert macht, nämlich den Sinn für die Natur, für die eigene innere Natur und am Ende sogar ihre Liebesfähigkeit:

Dieser Verlust der Liebesfähigkeit des modernen Menschen ist nach Adorno eine direkte Folge der Waren- und Konsumgesellschaft. Der Mensch wird berechnend und berechenbar, denn in der Tauschgesellschaft hat alles seinen definierten Preis. Jede Ware, auch die eigene Arbeitskraft, wird für Geld zu Markte getragen und verkauft. Dies führt zu einer Verdinglichung der zwischenmenschlichen Beziehungen. In einer Gesellschaft, in der nichts ohne Bezahlung getan wird, verschwindet nach und nach die natürliche Anteilnahme am Schicksal der anderen. Jeder kämpft für sich allein. Die Ich-AG wird zum Symbol der Moderne.

Dabei kritisiert Adorno nicht nur die Tatsache, dass in der Marktwirtschaft alles nach Angebot und Nachfrage taxiert wird, sondern auch, dass beim Konsumenten immer neue künstliche Bedürfnisse geweckt und Waren zu Fetischen werden, denen eine quasireligiöse Verehrung zuteil wird.

Für viele Menschen ist beispielsweise das Auto weitaus mehr als ein Fortbewegungsmittel. Sie identifizieren sich mit dem toten Gegenstand und beziehen aus ihm ihren Wert als Mensch. Der Kapitalismus macht die Individuen abhängig und überformt ihren Charakter, was Adorno zu der radikalen Schlussfolgerung veranlasst:

Mit seinem Generalverdacht wurde Adorno zum wichtigsten Vertreter der sogenannten Kritischen Theorie, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die gesamte kapitalistische Gesellschaft zu analysieren und zu kritisieren. Da alle Vertreter dieser Denkrichtung in den 50er und 60er Jahren am legendären Institut für Sozialforschung an der Universität Frankfurt lehrten, spricht man auch von der Frankfurter Schule.

Dazu gehörten neben Adorno so bekannte Denker wie Max Horkheimer, Herbert Marcuse und der Psychoanalytiker Erich Fromm. Sie alle kritisierten aufs Schärfste die verkrusteten Strukturen der jungen Bundesrepublik. Dabei beriefen sie sich zwar noch auf Marx und bezeichneten sich selbst als Materialisten, doch hielten sie unter dem Eindruck der Terrorherrschaft Stalins und der zunehmenden Konsumorientierung der Arbeiter eine kommunistische Weltrevolution für unrealistisch. An die Stelle der Zwangsläufigkeit der Revolutionstheorie und der baldigen Verwirklichung der klassenlosen Gesellschaft setzten sie die Forderung nach einer permanenten Gesellschaftskritik. Daher die Bezeichnung Kritische Theorie.

Mit seinem Freund Horkheimer, den Adorno schon seit Studienzeiten kannte, verfasste er bereits im amerikanischen Exil das Hauptwerk der Kritischen Theorie, die berühmte Dialektik der Aufklärung. Neben Adorno und Horkheimer mussten auch Marcuse und Fromm aufgrund ihrer jüdischen Herkunft vor dem Nationalsozialismus nach Amerika fliehen. Die dort entstandene Dialektik der Aufklärung ist bis heute eines der wichtigsten Standardwerke der Soziologie und Sozialphilosophie.

Schon bei seinem Erscheinen war das Buch spektakulär, weil es erstmals eine Kritik der Kritik zum Inhalt hatte. Die Aufklärung war mit Geistesgrößen wie Rousseau, Voltaire, Diderot, Kant, Hume, Locke und vielen anderen Denkern selbst ein immens kritisches Unterfangen. So kritisierten die Aufklärer den Feudalismus, das Gottesgnadentum, die Religion, den Aberglauben und wollten die Menschen ein für alle Mal von den überkommenen mittelalterlichen und irrationalen Zwängen befreien. „Wer soll das Volk regieren, wenn nicht das Volk“, lautete eine ihrer fortschrittlichen Parolen. Die Aufklärung war also die ganz große Epoche des kritischen Denkens.

Und dann kamen Adorno und Horkheimer aus dem amerikanischen Exil zurück und hatten im Gepäck ihren großen Verdacht. Die gesamte kritisch emanzipatorische Bewegung der Aufklärung, so Adorno und Horkheimer, bedeutet für Europa keineswegs nur einen begrüßenswerten Aufbruch, sondern zugleich auch ein Verhängnis und muss selbst einer scharfen Kritik unterzogen werden. Zwar wurden in der Epoche der Aufklärung durchaus Fortschritte auf politischem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet gemacht, doch all diese Verbesserungen hatten am Ende eine fatale Kehrseite. Bereits der allererste Satz der Dialektik der Aufklärung lautet: