Alpengold 339 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 339 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

Schon vor langer Zeit hat Baron Ferdinand von Windegg erkannt, dass sich Ingo, sein einziger Sohn, zum Taugenichts entwickelt hat. Seitdem gehört die ganze Liebe des schwer kranken Mannes seiner Tochter Felicitas, einem bildhübschen, heimatverbundenen Madl, das dem Bauernsohn Florian Mauthner so gut wie versprochen ist. Sie soll später einmal das Erbe der Windeggs antreten.
Doch noch bevor der alte Baron sein Testament ändern kann, stirbt er. Wenig später kehrt Ingo in die Heimat zurück, scheinbar geläutert und entschlossen, das Gut nach den Vorstellungen des Vaters weiterzuführen.
Felicitas ist glücklich und grenzenlos erleichtert. Aber dann kommt der Tag, an dem sie erkennen muss, dass ihr Bruder sie getäuscht hat - denn es geschieht etwas, das für sie und ihren Liebsten zur Katastrophe werden soll ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Die schwarze Nacht vom Mauthnerhof

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0633-9

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Die schwarze Nacht vom Mauthnerhof

Felicitas kann die Katastrophe nicht verhindern

Von Monika Leitner

Schon vor langer Zeit hat Baron Ferdinand von Windegg erkannt, dass sich Ingo, sein einziger Sohn, zum Taugenichts entwickelt hat. Seitdem gehört die ganze Liebe des schwer kranken Mannes seiner Tochter Felicitas, einem bildhübschen, heimatverbundenen Madl, das dem Bauernsohn Florian Mauthner so gut wie versprochen ist. Sie soll später einmal das Erbe der Windeggs antreten.

Doch noch bevor der alte Baron sein Testament ändern kann, stirbt er. Wenig später kehrt Ingo in die Heimat zurück, scheinbar geläutert und entschlossen, das Gut nach den Vorstellungen des Vaters weiterzuführen.

Felicitas ist glücklich und grenzenlos erleichtert. Aber dann kommt der Tag, an dem sie erkennen muss, dass ihr Bruder sie getäuscht hat – denn es geschieht etwas, das für sie und ihren Liebsten zur Katastrophe werden soll ...

Die dunkelblauen Schatten über dem Wieshorn und den Drei Nonnen wurden tiefer. Schwefelgelbe Bänder zerrissen den glasigen Himmel, eine ausgefächerte, tintenschwarze Wolke schob sich vor den glühenden Sonnenball.

Die Menschen hofften auf Regen.

Der außergewöhnlichen Dürre des Vorjahres war nur spärlicher Schnee gefolgt. Schon im Februar war alles wieder trocken, und die Schmelzwasser versickerten dürftig, ohne den mangelnden Grundwasserspiegel erhöht zu haben.

Salweiden, Hochmoor-Birken und die frühen Buchen hatten überschnell ausgetrieben, die Wintersaat war geschossen in der trügerischen, frühen Wärme.

Bald erschlaffte der Taumel, die Erde wurde rissig, das zwischen den Bergen wie in einem Kessel eingebettete Kaysertal schien auszudörren.

Viel geschah in jenen Wochen in St. Arbogast, Unerwartetes und Schlimmes.

Der Dorfarzt Dr. Perlmoser hatte Mühe, seine alten Kranken daran zu hindern, ihrer unendlichen Müdigkeit nachzugeben und die Augen schon für immer zu schließen.

In seinem harten Leben als Landarzt im Gebirge gönnte sich Dr. Perlmoser, inzwischen an die sechzig, kaum Ruhe.

Doch jetzt, als man ihm auf dem Schlossgut Windegg eine kräftige Jause anbot, konnte er nicht widerstehen.

»Eigentlich müsste ich erst auf die Schafleit'n hinauf zum Einöder, der kriegt seine Injektion und wird schon warten«, sagte der stattliche Mann zur jungen Felicitas von Windegg.

»Dass du dich da so abrackerst, Onkel Ander. Der Einöder gehört doch längst in ein Spital, das weiß man doch«, sagte Felicitas.

»Ja und nein«, gab Dr. Perlmoser zu. »Manch einer hätte hier in seiner vertrauten Umgebung noch ein paar Jahre leben können und ist dagegen bald weggestorben, nachdem er ins Krankenhaus gekommen ist. Sie sind's nicht gewöhnt, unsere Bergmenschen hier, sie scheuen vor so was zurück wie ein Tier vor einem fremden Stall. Und schon gar vor den vielen Apparaturen und Geräten. Solange ich ihnen die ersparen kann, tu ich's. Es sei denn, ich könnte es nicht verantworten. In solchen Fällen sprech' ich schon ein energisches Wort.«

Ein Lächeln ging über die aparten Züge der jungen Felicitas. »Wenn ich nicht ein so eingefleischtes Bauernweib wär', Onkel Ander, dann hätte ich mich ausbilden lassen und würde dir helfen. Ich kenne doch jeden Weg und jeden Steg, und die Bauern hätten schon Vertrauen zu mir, da sie mich seit meiner Geburt kennen.«

Nachdenklich sah Dr. Perlmoser das blonde Mädchen an.

»Als Bauernweib kann man dich ja gerade nicht bezeichnen, Felicitas. Aber es ist schon wahr, du scheinst hier hereingeboren und verwurzelt zu sein und das Land zu lieben. Bist eben ganz nach deinem Vater geraten. Der Ferdinand war auch von klein auf so. Windegg hat ihm alles bedeutet. Wo er nur bleibt?«

»Ich habe ihn schon zu Mittag zurückerwartet. Vorgestern ist er zum Gamskogel hinauf in die Jagdhütte, von gestern auf heute wollte er im Malerhäusl übernachten und spätestens zu Mittag daheim sein.«

»Ist er allein auf Tour?« Dr. Perlmoser sah besorgt aus.

Felicitas runzelte die Stirn. »Ja, freilich, mit der Schalli, sonst braucht er doch niemanden dabei.«

Ärgerlich schüttelte der Arzt den Kopf. Dann riss er sich zusammen. Felicitas brauchte nicht zu wissen, wie es um den Vater stand.

»Die Schalli Nummer drei, oder?«, fragte er leichthin. »Sheila hieß der edle Jagdhund zuerst, und weil du das damals nicht aussprechen konntest, ist für alle Zeit eine Schalli draus geworden. So, Kind, jetzt mache ich mich auf die Socken und schau zum Einöder hinauf.«

»Onkel Ander, was ist mit dem Vater? Irgendetwas stimmt doch nicht, und du hast nicht grundlos eben so bestürzt ausgeschaut. Ich weiß ja selbst, dass er manches Mal über seine Jahre hinaus müde ist.« Felicitas sah den Arzt besorgt an.

Er legte dem schlanken Mädchen den Arm um die Schultern und zog es leicht an sich.

»Kein akuter Grund zur Besorgnis, Felicitas. Aber du weißt ja selbst, seit dein Bruder Ingo damals auf und davon ist und dann deine Mutter starb, war der Vater nicht mehr ganz der Alte.« Er zögerte, überlegte, ob er dem Mädchen mehr, sagen konnte und entschloss sich dann zu einer halben Wahrheit. »Das ganze Uhrwerk, nach dem wir funktionieren, ist beim Ferdinand etwas durcheinander geraten.«

Felicitas sah den Arzt mit großen Augen, in denen deutlich Angst stand, unverwandt an.

»Das Herz?«

»Der Kreislauf im Ganzen. Deswegen mache ich mir Gedanken. Das narrische Wetter, wie es seit Monaten bei uns herrscht, ist für viele meiner Patienten Gift. Aber mach dir jetzt keine Gedanken, Felicitas. Ruf mich an, wenn der Vater heimkommt, und hinterlass mir Nachricht, ja?«

Felicitas nickte. »Eines versteh' ich nicht, Onkel Ander. Vater nimmt doch überhaupt keine Medikamente. Wenn du etwas festgestellt hast, müsstest du ihn doch behandeln.«

»Ich war mit ihm in der Klinik in der Stadt. Zweimal sogar. Man hat ihn meiner ärztlichen Obhut anvertraut und nicht veranlasst, ihn dort einer Behandlung zu unterziehen. Doch, Felicitas, dein Vater nimmt ständig ein Herz- und Kreislaufmittel. Es sind kleine weiße Tabletten, die er immer in seinem Pfefferminz-Schächtelchen bei sich hat.«

Dr. Perlmoser ließ sich nicht anmerken, dass es für jede weitere Behandlung längst zu spät war. Ferdinand von Windegg selbst war darauf vorbereitet, dass jeder Tag der letzte sein konnte.

Felicitas begleitete den Arzt an die Tür. Dort stießen sie auf die Haushälterin Leni, die zornig durch die Diele zum Eingang wies.

»Herr Doktor, der Postler-Jörgl sucht Sie, aber er ist so dreckig, den kann ich nicht hereinlassen.«

Der so Geschmähte machte vom Eingang her wilde Zeichen. Dr. Perlmoser ging auf ihn zu. Felicitas folgte ihm.

»Was gibt es denn so Dringendes, Jörgl?«, fragte der Arzt den strohblonden Mann.

»Rasch zum Malerhäusl, Doktor, da stimmt was net.«

»Was ist dir aufgefallen, wieso hast du ein ungutes Gefühl, Jörgl?«

»Nun, als ich am Vormittag auf meinem Postweg beim Malerhäusl vorbeigekommen bin, ist da Rauch aufgestiegen. Wird halt einer dort sein, hab ich mir gedacht.«

»Richtig«, lobte ihn Dr. Perlmoser. »Und weiter?«

»Als ich zurück bin, hat es gestunken, und der Hund, die Schalli, ist wie eine Narrische ums Haus gelaufen, immer rundum.« Er machte eine Pause und atmete schwer.

»Wonach hat es denn gestunken?«

»Nach verbranntem Essen. Ich hab mich nicht hingetraut, weil mich die Schalli zweimal in die Wade gebissen hat. Da hab ich laut gerufen, wenn jemand im Malerhäusl ist, soll er mir Antwort geben. Aber es ist keine Antwort gekommen. Und aus dem Kuchlfenster ist Rauch herausgequollen und der Gestank von Angebranntem. Also bin ich hierher aufs Schlossgut gefahren, und da hab ich Ihren Wagen draußen stehen sehen.«

Ohne eine weitere Sekunde zu verlieren, stürzte Dr. Perlmoser an allen vorbei zum großen Eingangsportal hinaus und warf sich bald darauf auch schon in seinen geländegängigen Spezialwagen.

Felicitas stand da wie erstarrt. Die Leni wies den Briefboten an, sich in der Küche eine Brotzeit geben zu lassen.

***

Dr. Perlmoser raste derweil zum Malerhäusl, das auf einer leichten Anhöhe mitten im Wald lag. Nur der schmale Karrenweg zu den Oberhöfen führte in der Nähe daran vorbei.

Unterwegs hielt der Arzt, um vom Rafflerhof, der dem Malerhäusl am nächsten lag, einen der Söhne zur eventuellen Hilfe mitzunehmen.

Es war alles ruhig rund um das kleine Haus aus rohem Naturstein. Das Wasser tropfte dünn in den Brunnentrog, auch hier war die Quelle so gut wie versiegt. Der Geruch von Verbranntem lag in der Luft, da hatte der Postler-Jörgl schon richtig gerochen.

Von der Hündin war nichts zu sehen und zu hören. Die Tür war angelehnt.

»Warte hier im Wagen! Die Schalli ist eine Wilde, ich muss sie erst an die Leine nehmen«, sagte Dr. Perlmoser zum Raffler-Schorsch. »Schalli, komm her, so komm doch«, lockte er dann den Hund, der auch schon aus der Tür gestürzt kam und winselnd an ihm hochsprang.

Dr. Perlmoser tätschelte den Kopf des schönen Tieres, das aus einer Kreuzung seiner vornehmen englischen Ahnfrau und einem braven Gebirgsschweißhund entstanden war.

»Was ist denn passiert, Schalli? Schaust mich ja gar so an«, meinte Dr. Perlmoser und stellte wieder einmal fest, wie viel mehr an Wissen und Gefühlen doch oft in einem Paar Hundeaugen liegen als in denen von Menschen, denen das Empfinden abhandengekommen ist.

Schalli lief voran ins Haus, und der Arzt folgte ihr.

In der Küche lag Ferdinand von Windegg auf dem Boden. Auf dem Herd, der mit Holz geheizt wurde, lag eine umgestoßene Kanne Milch.

Dr. Perlmoser öffnete seine Arzttasche, kniete neben dem alten Freund nieder und horchte ihn ab. Dann zog er das Lid über den geschlossenen Augen ein wenig in die Höhe, fühlte den Puls und öffnete den Hemdkragen des Kranken. Gleich darauf riss er die Fensterflügel auf, damit frische Luft hereinkam.

Danach zog der Arzt eine Spritze auf, band den Arm ab und injizierte dann langsam ein kreislaufstärkendes Mittel. Bald ging der kaum wahrnehmbar gewesene Atem des Kranken stärker, in die wachsbleichen Wangen des schmalen Gesichtes stieg leichte Farbe; der Puls, den Dr. Perlmoser kontrollierte, steigerte sich regelmäßig.

Nachdem der Arzt Schalli mit ihrer Leine am Tischbein festgebunden hatte, ging er hinaus zu seinem Wagen, an dem der Raffler-Sohn lehnte.

Sie nahmen die zusammenklappbare Trage aus dem Kastenwagen und gingen ins Haus.

Vorsichtig wurde Ferdinand von Windegg auf die Trage gehoben. Schalli sah mit großen Augen zu, sie knurrte den Fremden nicht an. Sie begriff, dass er ihrem Herrn half, und wedelte freundlich.

Die beiden Männer schoben die Trage in den Wagen.

»Fahr du, Schorsch, aber nicht so rasch, schön langsam. Ich bleib' hinten beim Baron und der Schalli.«

So behutsam wie möglich fuhr der Raffler-Schorsch den Karrenweg durch den Wald.

Der Schweiß rann dem jungen Burschen über das Gesicht.

Auch Dr. Perlmoser hatte sein Hemd weit geöffnet und fächelte sich Luft zu. Es war immer noch drückend heiß, obwohl die Sonne gleich untergehen würde.

Schalli saß so nah wie möglich neben ihrem Herrn, auch sie hechelte unter der Hitze.

Die Hand des Freundes, die Dr. Perlmoser mit dem Finger am Puls kontrollierend festhielt, zuckte jetzt ein wenig. Dann öffnete Ferdinand von Windegg die Augen.

»Da schau her, ich bin ja noch da!« Er stöhnte tief.

»Grad noch«, gab Dr. Perlmoser brummig zurück. »Was machst du denn auch gegen meine ausdrücklichen Weisungen bei dem giftigen Wetter solche Touren!«

In den Augen des Barons stieg ein Leuchten.

»Es war so schön, Ander, meine ganze Welt, meine geliebte, hab ich gesehen da heroben.«

»Dafür wirst du dich in den nächsten Wochen mit dem Anblick von einem Spitalzimmer begnügen müssen, du unverbesserlicher Dickschädel!«

Ferdinand von Windegg versuchte, sich aufzurichten. Sanft drückte ihn Dr. Perlmoser zurück.

»Nicht ins Spital, Ander, ich bitt' dich! Versprich mir, dass du mich daheim lässt, meinetwegen mit einer Pflegerin, wenn es schon sein muss. Mehr als du können die im besten Krankenhaus für mich doch sowieso nicht tun, oder?« Klar sahen die Augen den Freund an. Mit der linken Hand berührte der Baron Schalli, die freudig über diese so geliebte Hand leckte.

»Nein, das können sie nicht«, gab Dr. Perlmoser leise zu.

»Pass auf, ich rappele mich schon wieder in die Höhe. Ich muss es ja wegen der Feli, und außerdem bist du mir noch eine Revanche von der letzten Schachpartie her schuldig.«

Der Arzt versuchte ein beruhigendes Grinsen.

»Die verlierst du doch wieder haushoch, Ferdi! Und jetzt sei ein bisserl stad, damit sich inwendig wieder alles einpendelt und du in Ordnung kommst.«

Baron von Windegg tastete nach seinem Herzen.

»Jetzt sind die Schmerzen, die mich so heimtückisch überfallen haben, wie weggeblasen.«

Kein Wunder nach dem Medikament, das ich ihm verpasst habe, dachte Dr. Perlmoser.

Die Hand des Kranken klammerte sich jetzt an ihn.

»Ander, es ist also versprochen, dass du mich nicht ins Krankenhaus steckst und daheim auf Windegg lässt? Hier bin ich geboren, hier will ich ...« Er unterbrach sich, sprach nicht aus, was er dachte. »Hier gehöre ich her«, setzte er dann mit erstaunlich fester Stimme hinzu.

»Mein Wort drauf, Ferdi«, versprach der Arzt.

***

Felicitas und die Wirtschafterin Leni ließen sich nicht anmerken, wie sehr sie um den Kranken bangten.

Seltsam früh schon hatte Felicitas gelernt, Beherrschung zu üben. Es war, als wäre sie nach den Schicksalsschlägen, die den geliebten Vater getroffen hatten, in Windeseile gereift, um ihm eine gute Kameradin sein zu können.

Zuerst war die Baronin, eine überaus lebenslustige Dame mit erst zweiundvierzig Jahren auf einer ihrer Reisen plötzlich gestorben.