Alpengold 354 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 354 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

Wann immer sich die bildhübsche Johanna im Dorf blicken lässt, folgen ihr die Blicke aller Dorfbewohner. Bewundernd und anerkennend die der Mannsleut‘, denn Johanna ist, wie gesagt, ein ausnehmend hübsches Dirndl, voller Neid und Missgunst die der Frauen, denn sie ist außerdem überaus tüchtig, flink und immer fröhlich bei der Arbeit.
»Wer die einmal zur Frau nimmt, hat einen guten Griff getan!« Dies ist die einhellige Meinung der männlichen Dorfbewohner. Doch niemand von den jungen Burschen wagt sich so recht an das junge Mädchen heran, denn Johanna ist arm wie eine Kirchenmaus, wie alle glauben. Wer um sie freit, muss sie schon recht von Herzen und um ihrer selbst willen lieben ...


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Inhalt

Cover

Die Glockenalm war ihr Heiratsgut

Vorschau

Impressum

Die Glockenalm war ihr Heiratsgut

Heimatroman um eine außergewöhnliche Mitgift

Von Monika Leitner

Wann immer die bildhübsche Johanna im Dorf auftaucht, folgen ihr die Blicke aller Dorfbewohner. Bewundernd und anerkennend die der Mannsleut', denn Johanna ist, wie gesagt, ein ausnehmend hübsches Dirndl, voller Neid und Missgunst die der Frauen, denn sie ist außerdem überaus tüchtig, flink und immer fröhlich bei der Arbeit.

»Wer die einmal zur Frau nimmt, hat einen guten Griff getan!« Dies ist die einhellige Meinung der männlichen Dorfbewohner. Doch niemand von den jungen Burschen wagt sich so recht an das junge Mädchen heran, denn Johanna ist arm wie eine Kirchenmaus, wie alle glauben. Wer um sie freit, muss sie schon recht von Herzen und um ihrer selbst willen lieben ...

Das kleine Anwesen des Sebald Schattenkirchner mit dem Wohnhaus unter dem tiefgezogenen Schindeldach, dem angebauten Stall und dem hochragenden Getreidekasten daneben, lag monatelang im Schatten, in der Dunkelheit, oft auch vom ungebändigten Wildbach kniehoch überflutet.

Fünf Monate lang erlaubte der gebuckelt vor dem Wetterhorn liegende Greinerberg der Sonne, kaum mehr als eine armselige Stunde lang ihre segnenden Strahlen zum Schattenkirchner zu schicken.

In einer schlichten Kammer über dem Pferdestall hauste ein weitläufiger Verwandter von Sebald Schattenkirchner, der alte Loisl. Für den Schattenkirchner wäre der Loisl durchs Feuer gegangen. Denn dieser hatte ihn, ohne viel zu fragen, nach einer langen Haftstrafe aufgenommen, und das vergaß der Loisl dem Sebald nie.

Es war für beide ein guter Handel. Denn weder eine Magd noch ein Knecht blieben im feuchten Schattengrund länger als von Lichtmess bis nach der Ernte. Nun bewirtschafteten die zwei Männer das kleine Anwesen allein.

Freilich tuschelte man unten im Dorf St. Andrä häufig über die beiden, weil Außenseiter dem Durchschnitt mit seinen engstirnigen Scheuklappen nie behagten, aber das kümmerte die zwei fleißigen Männer nicht die Spur.

Bloß für ein junges Mädchen wie Sebalds Tochter Johanna waren sie wohl auf die Dauer nicht die richtige und dazu noch einzige Gesellschaft. So hatte Petronella Lachner, die Wirtin vom »Goldenen Rössl« und Patin von Johanna, energisch dafür gesorgt, dass das Mädchen jetzt ganz zu ihr in den Gastbetrieb kam.

Am frühen Morgen trat Johanna zur Tür hinaus. Der Wind peitschte ihr hart ins Gesicht. Sie lief über den Hof zum Stall, in dem schon lange kein Pferd mehr stand. Dafür machte sich der Muli Benni mit einem langgezogenen »I-a« wiehernd bemerkbar, als er sie kommen hörte.

Johanna stieß die Tür zu seinem Stall auf, und gleich schmiegte der samtgraue Maulesel seinen Kopf an ihre Schulter. Sie ging in die Futterkammer und kam mit einer Schwinge Hafer zurück, die sie dem braven Grauen vorschüttete, der ausdauernd und zäh wie der Loisl war.

»Eine Extraportion, bevor ich ins Dorf gehe, Benni«, sagte das Mädchen liebevoll und fügte hinzu: »Ist mir eh nicht ganz leicht, die beiden Mannsbilder allein da heroben zu lassen. Aber du wirst schon aufpassen, oder?«

Johanna fand ein Stück Würfelzucker in der Schürzentasche und schob es unter die weiche Schnauze des Grautieres, dann ging sie hinaus.

Sie rief zum Fenster über dem Stall hinauf: »Zeit zum Aufstehen, Loisl, die Kaffeesupp'n ist fertig, beeil dich!«

Nichts schien sich hinter dem mit dicken Eiskrusten überzogenen, niedrigen Fenster zu rühren, und so versuchte sie es noch einmal.

Doch abermals blieb alles still. Johanna runzelte in leichter Besorgnis die Stirn, dann hörte sie undeutlich ein Tappen, bevor eine vermummte Gestalt im diffusen Licht hinter dem Getreidestadel auftauchte. In der Morgendämmerung erkannte sie den Loisl, der in seinem verwitterten Schafspelz, der ihm bis fast zu den Fersen reichte, recht abenteuerlich aussah.

»Ja, wo kommst denn du nachher schon her?«, wunderte sich Johanna.

Der Alte mit seiner rotgefrorenen Nase und den kohlschwarzen Augen blinzelte ihr listig zu.

»Mich hat es nimmer in der Bettstatt gelitten. Der Sturm hat mich hinausgetrieben. Eine Neuigkeit hab ich auch erfahren, eine wichtige.«

»Die kannst du erzählen, wenn wir in der warmen Kuchl sind, mich friert«, sagte Johanna.

***

Sebald Schattenkirchner hatte schon alles hergerichtet. Nun sprach er ein kurzes Gebet und brach das Brot.

In dem Schweigen, das sich über die karge, aber blitzsaubere Kuchl legte, dachten alle drei an den bevorstehenden Abschied Johannas. Rollo hatte seinen schweren Kopf auf ihre Füße gelegt, als könne er sie damit hindern, fortzugehen.

Johanna sah sich ein wenig wehmütig um. Es fiel ihr nicht leicht, den Schattengrund zu verlassen. Als hätte der Vater ihre Gedanken erraten, legte er seine schwielige Hand auf ihren Arm und sah sie an.

»Hanni, musst dich um uns net sorgen, der Loisl und ich kommen schon zurecht miteinander, wie all die Jahre auch, wo du bei der Großtante in der Stadt warst.«

»An meinen freien Tagen komm' ich herauf, aber beruhigter ginge ich fort, wenn ich eine ordnende, fleißige Frauenhand hier auf dem Höfl wüsste.«

Der Bauer presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.

»Eine Wirtschafterin tragt's keine, und ein Weib nehm' ich mir nimmer.«

»Du bist dazu noch net zu alt.«

»Mein Herz ist alt oder gar nimmer da. Es ist mit deiner Mutter gestorben, ich halte ihr die Treue übers Grab hinaus«, erwiderte der Vater. »Das will net heißen, dass ich dich nicht gern hab und unser Stückl Land. Aber für eine andere Frau reicht's nimmer aus.«

Johannas warmgraue Augen wurden feucht.

Der Vater stand auf und ging über den Fletz, den Hausgang, hinüber in die Stube.

Wenig später kam er mit einem großen Briefumschlag zurück, den er vor Johanna auf den Tisch legte.

»Für mich?«, fragte sie mit erstaunten Augen.

»Ich war beim Notar in der Stadt, hab unser ganzes Sachl auf dich überschreiben lassen und den Glockenhügel dazu, Hanni. Man weiß nie, was kommt, und du sollst wissen, was einmal dein ist. Unser Schattengrund ist kaum was wert, vor allem, weil's rundum keine Baugenehmigung gibt. Trotzdem bitt' ich dich: Halt alles fest! Wer weiß, vielleicht ändern sich die Vorschriften einmal und du kannst vergrößern und mehr herauswirtschaften.«

»Schon geschehen!«, rief da der Loisl und lachte triumphierend auf.

Der Bauer runzelte die Stirn. »Was meinst du?«

»Ich hab der Hanni schon draußen gesagt, dass ich eine wichtige Neuigkeit hab«, flüsterte der Alte jetzt.

»War kein Zufall, dass ich heut Nacht unterwegs war«, gestand der schlohweiße Mann. »Seit Längerem beobachte ich den Baldauf-Toni mit einem mir unbekannten Mann so mittleren Alters, die sich am Glockenhügel herumtreiben. Mit abgeblendeten Lampen sind sie herumgeschlichen. Erst hab ich gedacht, es sind Wilderer oder Schmuggler. Vor einer Woche hab ich dann die Stimme vom Toni erkannt.«

»Dem wär' beides zuzutrauen, bloß nichts Gescheites und Ehrenvolles«, rief Johanna, die gespannt zuhörte.

»Aber das war's net. Vermessen haben sie, heimlich und mühsam, Schritt für Schritt und sich Zahlen zugerufen. Die haben es auf den Glockenhügel und den Schattengrund abgesehen.«

»Für was denn? Damit kann doch keiner was anfangen. Der Hof liegt so ungünstig, nix wie saure Wiesen rundum, und um den Glockenhügel hat sich noch nie jemand geschert.«

»Da täuschst du dich, Sebald, wenn du denkst, dass deine Sach' nichts wert ist. Gold ist sie wert, nicht mehr und nicht weniger!«

»Spinnst denn du gar, Loisl?«, rief der Schattenkirchner.

»Net die Spur! Alsdann, hört's zu: Wie ich da auf der Lauer gelegen bin in meinem Versteck, weil ich gewusst hab, dass die zwei gerade in einer solchen Nacht, wo keiner unterwegs ist, kommen werden, da bin ich belohnt worden. Der Toni hat gesagt: ›Jetzt gilt es nur noch, dem Schattenkirchner seine Sach‹ für ein lumpiges Fünferl abzuluchsen.' Jawohl, das hat er gesagt, wortwörtlich, der Baldauf-Toni.«

»Ja, aber für was denn, was will er denn damit?«

»Abwarten bis die Baugenehmigung perfekt wird und sich dann die Hände über seinem vollen Bauch reiben«, sagte der Loisl giftig.

»Baugenehmigung gibt's keine, das haben die Großkopferten drinnen in der Stadt abgelehnt, ist grad neulich im Gemeinderat verkündet worden. Auch für die Regulierung vom Wildbach machen sie keinen Euro locker. Es tät' sich nicht lohnen, in unserer gottverlassenen Gegend was zu investieren. Das hat der Baldauf-Franz, der Bürgermeister, verlesen.«

»Nichts auf den Baldauf-Franz, der ist ein Ehrenmann. Aber ein depperter und von seinem flotten zweiten Eheweib gehörnter und um den Finger gewickelter«, erklärte der Loisl. »Ihr Ein und Alles ist ihr lediger Sohn, der Toni, den der Franz Baldauf adoptiert hat. Für den Toni tät' sie ihr Leben verpfänden, diese Einbrecherin.«

Jetzt fuhr der Schattenkirchner auf: »Was du da zusammenspinnst, Loisl! Einbrecherin!«

Ernst schüttelte der weißhaarige alte Mann den Kopf und sah den jüngeren Verwandten verweisend an.

»Nie tät' ich so eine Anschuldigung in den Mund nehmen, wenn sie nicht Hand und Fuß hätt'. Zu viel ist mir selbst Unrecht getan worden, als dass ich leichtfertig mit solcher Rederei umging. Aber der Toni hat es ja selbst verraten, als er sich seinem Kumpanen leichtsinnig anvertraut hat.«

»Was hat er denn dem gesagt?« Voll Spannung sprang Johanna auf, und Rollo jaulte, weil sie ihn dabei unversehens getreten hatte.

»Mit einem Nachschlüssel ist sie in den Kasten vom Bürgermeisteramt eingebrochen, in dem die wichtigsten Akten unter Verschluss sind. Der Toni war noch mords stolz auf diese Heldentat seiner Mutter, die sie ausgeführt hat, bevor der Baldauf-Franz die Unterlagen am nächsten Tag wieder mit in die Stadt hat nehmen müssen.«

»Was ist denn nachher dringestanden, in den Akten?«, fragte Sebald Schattenkirchner mit leichter Erregung.

»Pläne waren's, für eine projektierte Straße hinter dem Schattengrund, seitwärts dem Glockenhügel entlang bis zum Greinerberg. Wo es Straßen gibt, wird hingebaut, der Grund wird kostbar werden. Ist alles nur eine Frage der Zeit, aber einmal wird sich da was rühren.«

Sebald Schattenkirchner und seine Tochter waren sichtlich beeindruckt.

Sebald sagte zu seiner Tochter: »Im Glockenhügel steckt das Glück, Hanni, hat dein Mutterl mir oft zugeflüstert. Sie hat die Zeit gemeint, wenn der Hügel über und über voll war von wilden, duftenden Narzissen, in die sie sich wie ein Kind hineingeworfen hat. Aber kaufen hab ich ihr den Hügel net können. Mit dem Geld von ihrer Unfallversicherung erst, im Andenken an sie«, sagte er voll Trauer. »Aber dir wird er vielleicht einmal zum Glück ausschlagen.«

Der Bauer senkte den Kopf, dann riss er sich zusammen und sah seiner Tochter geradewegs in die Augen.

»Jetzt bist du kein armes Ding mehr, Hanni, sondern bringst was mit in eine Ehe, wenn der Grund etwas wert wird. Jetzt kannst du eine ordentliche Partie machen!«

Johanna schüttelte den Kopf.

»Einer, der mich nur nimmt, weil ich was hab, den will ich net! Er soll nicht aufs Geld schauen und auf die Sach', sondern nur auf mich. Außerdem ist's ja noch gar nicht sicher, dass das mit unserem Grund alles stimmt. Ich will jedenfalls von alldem nix wissen, und von euch soll auch niemand ein Sterbenswörtl erfahren!«

Die beiden Männer nickten und gaben dem Mädchen recht. Johanna reichte dem Vater die Hand, der Loisl legte seine darauf, stumm besiegelten sie ihren Pakt des Schweigens.

»Der Bilfinger-Wenzel steigt dir doch nach, Hanni, für den wär' der Glockenhügel grad recht, da könnt' er ein Ausflugslokal einrichten«, überlegte Sebald Schattenkirchner.

Johannas Stirn zog sich in Unmutsfalten zusammen. »Der soll mir nachsteigen so viel er will, kriegen wird er mich nie!«

Der Loisl grinste breit. »Wenn eine mit solcher Entschiedenheit einen gestandenen Freier abweist, dann steckt ein anderer dahinter, oder?«

Johanna wollte etwas erwidern, doch dann zuckte sie nur leicht mit den Schultern. In ihre beredeten grauen Augen aber stieg ein flüchtiger, zärtlicher Schimmer, und in ihrem Herzen wurde das Bild des Einen lebendig, der sie vor sechs Jahren einmal im Arm gehalten hatte; die Erinnerung an den kurzen, flammenden Kuss.

Als sie die fragenden Blicke auf sich gerichtet fühlte, schüttelte sie die Bewegtheit ab.

»Was stehen wir denn da eigentlich herum, statt uns ums Vieh zu kümmern. Selbst wenn wir schieres Gold statt Legschindeln auf unserem Dach hätten, müsste es gefüttert werden!«

»Sappradi, bist du aber vielleicht eine Energische«, lachte der Loisl. »Ich sorg' schon fürs Vieh, der Vater wird ja mit dir ins Dorf hinuntergehen.«

»Ja, wir laden das Gepäck auf den Schlitten, und ich nehm' dann gleich Verschiedenes, was nötig ist, mit herauf aus St. Andrä. Aber vorher möcht' ich mich noch umziehen.«

»Umziehen, Vater?«

Der Bauer nickte. »Ich leg' das Sonntagsgewand an und geh' mit dir zur Kerzenweihe, die üblich ist am Lichtmesstag. Du sollst einen guten Einstand drunten im Dorf und die Leut' nichts zum Tuscheln haben.« Er drehte sich rasch um und verließ die Kuchl.

»Ein Wunder ist geschehen! Der Vater hat aufgehört, mit Gott zu hadern, der ihm sein Weib genommen hat, er setzt seinen Fuß wieder in die Kirche«, flüsterte Johanna. »Ein gutes Omen am Anfang meines neuen Lebensabschnitts! Mit diesem Licht auf dem Weg geh' ich leichter fort von daheim.«

Als Sebald Schattenkirchner mit seiner Tochter und Rollo das kleine Anwesen verließ, stieg die blasse Wintersonne über den Saum der östlichen Berge und pinselte wässriges Gold an den fahlen Morgenhimmel.

Der Loisl, der mit der Mistgabel am Stall lehnte, stieß einen Jauchzer aus.

»Sonn' am Lichtmesstag bedeutet ein gutes Jahr, gleich kriegt das Vieh eine Draufgabe!«