Alpengold 423 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 423 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

In dem kleinen Bergdorf Hinterbichl sind die Modei und ihre Enkelin verrufen. Der alten Frau macht der Hass der Dörfler nichts mehr aus, aber die blutjunge Burgl leidet sehr darunter - vor allem, weil sie nicht weiß, was die Leute gegen sie haben.
Mit allen Mitteln versucht sie darum, in die Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden.
Die Burschen sind dem bildhübschen Madel gar nicht abgeneigt und umwerben es schon bald mit den heißesten Liebesschwüren. Burgl ist zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich - und übersieht, dass Leidenschaft nicht wahre Liebe ist ...


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Seitenzahl: 110

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Inhalt

Cover

Freiwild

Vorschau

Impressum

Freiwild

Was ein viel zu schönes Mädchen mit den Männern erlebte

Von Monika Leitner

Die Mitterer-Modei und ihre bildhübsche Enkelin Burgl sind in dem kleinen Bergdorf Hinterbichl verrufen. Modei und ihre in jungen Jahren verstorbene Tochter Lena, Burgls Mutter, brachten beide vaterlose Kinder zur Welt. Obwohl Burgl einen untadeligen Lebenswandel führt, steht für die Burschen in dem Ort fest, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt und dem Madl das gleiche Los bevorsteht wie der Mutter und Großmutter. Und so stellen sie der armen Burgl in finsterster Absicht nach, und bald gelingt es einem, sie im einsamen Wald zu überwältigen.

Doch ehe es zum Äußersten kommt, naht in Gestalt des reichen Sägemüllers in letzter Sekunde ein Retter in der Not. Und dieser Mann, der schon ihrer Mutter zum Schicksal wurde, führt auch in Burgls Leben eine entscheidende Wende herbei ...

Zwischen dem Zirbenhäusl unter dem Rabenstein und der einsamen Kapelle »Maria im Schnee« lag ein beschwerlicher Abstieg von einer guten halben Stunde. Die Mitterer-Burgl hatte ihn an diesem späten Sommerabend in der Hälfte der Zeit geschafft!

Hastig atmend erreichte sie die Waldlichtung in dem abgelegenen Tannengrund. Das Mondlicht fiel auf das weiß getünchte Gemäuer der kleinen Wallfahrtskapelle und auf die schmale Steinbank neben dem altersgrauen Portal.

Der Xaver war noch nicht da!

Burgl setzte sich auf die Bank, zog die dicken Zöpfe nach vorn und lehnte den Rücken gegen das abendkühle Gestein.

Der Wind spielte in den Tannenkronen, der Wildbach rauschte durch sein felsiges Bett, weiter drunten in den Erlen sang eine Nachtigall.

Lächelnd griff Burgl nach einem ihrer Zöpfe. Verspielt begann sie, das Haar aufzuflechten und es zu ordnen, bis es weich und wellig über das dunkelrote Samtmieder fiel. Nein, der Xaver sollte nicht noch einmal sagen, mit ihren Zöpfen sähe sie aus wie ein Schulmadl.

Die Mitterer-Burgl lehnte sich wieder zurück und träumte in den Abend hinein. Nach dem Busserl hatte der Xaver zwar ganz anders geredet. Und ungestüm war er geworden, richtig ungestüm, aber lieb.

Die Zeit verrann, Burgl wurde es kaum bewusst. Erst beim Stundenschlag der Kirchenglocke drunten im Dorf schreckte sie auf. Um Viertel vor acht hatte er da sein wollen.

Minuten später erhob sie sich und ging auf die Lichtung bis zum Bachufer. Eine Weile stand sie unschlüssig auf dem ausgetretenen Pfad, und schließlich ging sie zögernd talwärts.

Gewiss hatte das alte Motorrad gestreikt. Dann musste Xaver den langen Weg zu Fuß machen und war sicher froh, wenn sie ihm bis zur Sägemühle entgegenkam.

Nahe der Sägemühle verengte sich das Tal. Der Weg führte aus dem feuchter werdenden Bachgrund zu den jungen Hangfichten hinauf und schlängelte sich durch das dichte Gezweig auf den großen Holzstapelplatz des Sägemüllers zu.

Schon in der ersten Biegung zuckte Burgl zusammen. Wenige Schritte vor sich sah sie die dunklen Konturen eines auf dem Weg abgestellten Motorrads. Gleichzeitig hörte sie die Stimme vom Xaver und ein unterdrücktes Mädchenlachen.

Dicht neben dem Motorrad mussten die zwei zwischen den Fichten liegen.

Wie erstarrt stand die junge Mitterer-Burgl auf dem schmalen Weg.

»Nun hab dich doch net so, Vronerl«, hörte sie den Xaver sagen. »Bist ja sonst net so spröd.«

»Ich hab mich ja net, Xaver«, gurrte das Madl. »Vorher möcht ich nur einmal reden mit dir.«

»Und über was?«

»Am Nachmittag ist der Hagleitner heraußen gewesen. Jetzt wird's ernst, Xaverl.«

»Dass du seinen Hias einmal nehmen musst, weißt du schon seit Ostern. Wir zwei haben seitdem net weniger Spaß miteinander gehabt. Also, zier dich net länger, Schatzl!«

Burgls Hände verkrampften sich, doch sie war unfähig, sich zu rühren.

Drüben raschelten die Zweige. Die Tochter des Sägemüllers stöhnte auf.

»Lass mich aus, Xaver. Sonst schrei ich, so laut ich kann.«

»Ich glaub's net«, brummte der Haindl-Xaver. »Hätt ich das gewusst, wär ich weitergefahren, als du drunten neben dem Holzstapel gestanden bist.«

»Und hätt ich dich net schon ganz anders kennengelernt, tät ich glauben, du hättest ein Herz aus Stein«, erwiderte Vroni. »Aber ich weiß ja, wie du sein kannst. Drum will ich den Hagleitner-Hias net. Ich möcht dich, Xaver! Net so wie bisher. Ich möcht dich im Ehebett.«

»Willst du mich verulken, Vronerl?«

»Ich mein's ernst, Xaverl. Ohne dich könnt ich nimmer leben nach allem, was du schon mit mir angestellt hast.«

Der blutjungen Mitterer-Burgl krampfte sich das Herz zusammen. Sie wollte sich abwenden und konnte es nicht.

»Ein Witz ist das«, brummte der Haindl-Xaver zwischen den Fichten. »Dein großkopferter Alter mit seinen Millionen wird dich einem Holzknecht geben!«

»Ich müsst ihn vor vollendete Tatsachen stellen können, Xaverl. Ich müsst ihm sagen können, dass sein Enkelkind unterwegs wär.«

Wieder blieb es drüben eine Weile still.

»Das besorgen wir schon heut, Vronerl!«, sagte der Xaver plötzlich laut. »Das besorgen wir auf der Stelle! Heut mach ich mein Glück! Ich kann Sägemüller werden! Herrgott!«

»Komm, Xaverl, komm.«

Laut hätte Burgl aufstöhnen mögen, aber die Kehle war ihr wie zugeschnürt.

Endlich schaffte sie es, sich abzuwenden. Ein paar leise Schritte auf dem grasweichen Weg, dann rannte sie wie gehetzt davon.

***

Der Fels des Rabensteins schimmerte im frühen Licht. Das Tal drunten war noch nebelverhüllt.

Ein Morgenraunen ging durch den Wald, ein Flüstern durch die Farne und Gräser. Der Schritt des Madls war leiser.

Das Weidenkörbl an sich pressend, schritt Burgl barfuß über das taunasse Moos. Der von den weichen grünen Kissen überwachsene Waldsteig führte gemächlich bergan zum Wildboden hinauf, in dem zwischen Gestein und Sträuchern die üppigen Erdbeerbüsche standen.

Ihr glänzendes Haar hatte Burgl straff zurückgekämmt und zu einem dicken Zopf geflochten. Sie trug einen kurzen, verwaschenen roten Rock und ein enges, verblichenes Leibchen. Einer der schmalen Träger war ihr über die braunen Schultern gerutscht.

An diesem frühen Morgen lag ein trauriger Zug auf Burgls Gesicht, und die silbernen Pünktchen in ihren dunklen Augen, die von der kühlen Luft rosa angehauchten Wangen und der weich geschwungene rote Mund konnten ihn nicht mildern.

Er war schlecht, der Haindl-Xaver, und noch gestern Abend, noch als sie aus dem feuchten Bachgrund zu den jungen Fichten hinaufgegangen war, hatte sie geglaubt, ihn über alles lieben und sich selber dabei vergessen zu können.

Vor einem dunklen Eibenstrauch inmitten des schattigen Laubwalds blieb Burgl stehen und schaute auf die wegnahen Farne. Die langen grünen Wedel waren noch niedergedrückt – einen Körper lang, zwei Körper breit.

Einen Herzschlag lang war es ihr so, als spüre sie Xavers Hände auf ihrer Haut und seine Lippen auf ihrem Mund, dann aber war das andere wieder da, das kichernde Lachen und dumpfe Stöhnen der Tochter des Sägemüllers drunten zwischen den Fichten.

Burgl wandte sich ab und hetzte weiter, bis sie dorthin kam, wo sie die Erdbeerbüsche noch nicht leer gepflückt hatte.

Das Körbl zwischen den Knien, kauerte sie zwischen den Sträuchern und sammelte emsig mit beiden Händen die dicken, überreifen Beeren. Eine Stunde, und das runde Weidenkörbl war randvoll.

Das Madl richtete den Oberkörper auf und reckte den schmerzenden Rücken, da hörte sie hinter sich ein Geräusch.

Noch auf den Knien rutschte sie herum und sprang hoch.

Fünf Schritte vor ihr stand der Haindl-Xaver, die Beine gespreizt, die schwere Holzeraxt in der Hand.

»Hab ich mir doch gedacht, dass ich dich in der Früh da erwisch!« Lachend kam er heran.

»Komm mir net zu nah«, zischte Burgl ihn an, ließ das Körbl stehen und wich zurück.

»Was ist denn, Schatzl?«

»Ich bin dein Schatzl net.«

»Ja, ich glaub mich auszukennen. Du bist eine von denen, die über Nacht vergessen, was am Tag geschehen ist. Wart, ich helf ein bisserl nach, damit du dich wieder an das erinnerst, was du kürzlich in den Farnen drunten an meinem Ohrwaschl geflüstert hast.« Lüstern starrte er auf ihr enges Leibchen, dessen beide Träger ihr beim Aufspringen weit über die Schultern geglitten waren.

»Bleib, wo du bist!«, drohte Burgl.

Der hochgewachsene Bursch mit dem hübschen Gesicht hielt es für geboten, seine Taktik zu ändern.

»Wenn du wirklich auf mich gewartet hast bei der Kapelle drunten, dann hör auf zu granteln, Burgl. Ich bin ja unterwegs gewesen zu dir. Aber plötzlich hat mein Motorrad gestreikt und keinen Muckser nimmer getan. Bis nach Mitternacht hab ich in den Fichten drunten gebraucht, um es wieder flottzumachen.« Treuherzig schaute er zu ihr herauf.

»Ich weiß. Die Sägemüller-Vroni hat dir dabei geholfen!«

»Oha!« Der Haindl-Xaver senkte den Blick. Als er wieder aufschaute, hatte ein unflätiges Grinsen sein Gesicht entstellt. »Das hast du dann nur ganz aus der Nähe spannen können. Und so eine wie dich, die muss es erst recht auf den Appetit gebracht haben. Ich probiere es jetzt aus.«

»Heda! Was geht hier vor?«

Der Haindl-Xaver schnellte auf dem Absatz herum. Am Waldrand stand der Sägemüller in seiner Jagdmontur, die doppelläufige Büchse in der Hand. Verfluchtes Pech – ausgerechnet der!

Markus Feuchtwanger, der Besitzer des größten Hofs und des gewinnbringenden Sägewerks von Hinterbichl, hatte Xavers letzte Worte noch gehört und kam langsam näher.

»Verschwinde, Bürschl, sonst hast du gleich die Schrotladung im Hintern!«

»Hab mir ja nur einen harmlosen Scherz machen wollen mit der jungen Hexe«, murmelte der Haindl-Xaver und trollte mit eingezogenen Schultern davon. Hoffentlich redete der Alte daheim nicht mit der Vroni über die Geschichte, sonst war es zappenduster.

»Komm, Madl.«

Zögernd wollte Burgl an dem Sägemüller vorbei zu ihrem Körbl.

Markus Feuchtwanger griff nach ihrem Arm.

»Madl, Madl, wenn du allweil halb nackert da heroben im Wald herumstreifst, darfst du dich net wundern, dass die jungen Burschen glauben, sie hätten leichtes Spiel bei dir.«

»Außer meinem Sonntagsdirndl hab ich nix anderes«, murmelte Burgl und streifte sich die Träger hoch. »Wenigstens nix, aus dem ich net herausgewachsen bin.«

»Kein Wunder. Die Modei sollte dich endlich zu einem Bauern drunten in Dienst geben.«

»Mich nimmt keiner.«

»Zu mir könntest du jederzeit kommen.«

Burgl bückte sich zu ihrem Körbl hinunter. Als sie sich wieder aufrichtete, hatte der Sägemüller zwei große Scheine in der Hand.

»Da nimm! Kauf dir ein anständiges Gewand.«

»Ich mag dein Geld net!« Mit hochrotem Kopf hastete sie zum Wildboden hinauf.

Markus Feuchtwanger schaute ihr sinnierend nach.

***

Burgl kam erst wieder zu sich, als sie sich dem Eibenstrauch näherte. Diesmal schaute sie nicht zu den Farnen hinüber. Sie schluchzte auf und hastete weiter. Im Ohr hatte sie immer noch Xavers Worte und vor den Augen sein von einem unflätigen Grinsen entstelltes Gesicht.

Wie hatte sie nur glauben können, er sei anders als die anderen Burschen, die schon so oft versucht hatten, sie mit Gewalt gefügig zu machen?

Am Waldrand drunten setzte sie sich ins Gras und gab sich die Antwort. Ja, weil sie es sich gewünscht hatte. Den ganzen Sommer hatte sie es sich gewünscht, am Tag, wenn sie mit den Geißen droben herumgestreift war, und an den Abenden in ihrer Kammer. Immer hatte sie sein Gesicht vor sich gesehen, immer hatte sie von ihm geträumt. Und dann hatte es nur seiner wenigen Worte bedurft, und sie war ihm gefolgt.

Gut, dass sie in den Farnen so schnell zur Besinnung gekommen war, dass sie ihren Wünschen nach seiner Zärtlichkeit nicht länger nachgegeben hatte. Aber mit welchen Wünschen war sie am Abend zur Kapelle hinuntergegangen ...

Nun wusste sie es, die Burschen waren alle gleich. Nie wieder würde sie sich mit einem einlassen. Nie wieder.

Burgl schaute über den mit spärlichen Gräsern und ein paar verkrüppelten Föhren bewachsenen Hang zu dem winzigen Plateau unter der fast senkrechten Wand des Rabensteins hinüber. Das alte Häusl unter den beiden mächtigen Zirben stand wie verlassen da. Die Läden waren geschlossen, kein Rauch kräuselte aus dem Kamin.

Die Großmutter war noch nicht aufgestanden. Gott sei Dank!

Eine Weile brauchte Burgl noch, dann hatte sie sich gefangen. Sie erhob sich, strich den Rock glatt und griff nach ihrem Körbl.

Als sie drunten die Tür aufzog, sah sie den krummen Gehstock der Großmutter an der Tischkante lehnen. Dann war sie doch schon auf.

»Burgele, wo bist du gewesen?«

Erschrocken horchte Burgl zur spaltbreit geöffneten Kammertür hinüber. So kläglich hatte die Stimme der kranken Großmutter noch nie geklungen. Schon war sie bei der Tür und zog sie auf.

Um Gottes willen! Das verrunzelte Gesicht in den Kissen war unnatürlich gerötet, die Augen glänzten.

»Du hast ja Fieber, Großmutter!«

»Ja, ein bisserl hat es mich gestern Abend schon gepackt. Sonst hätt ich mich ja net so früh niedergelegt.« Das Gemurmel war kaum verständlich.

Die Hand auf der heißen Stirn ihrer Großmutter, stand Burgl vor dem kargen Lager. Zur Sorge kam das schlechte Gewissen. Mein Gott, und sie hatte sich gestern noch über das frühe Zubettgehen gefreut und sich durchs Dachstüblfenster heimlich davongemacht.

»Warum hast du mich vorhin denn net angerufen, als ich fortgegangen bin?«

»Ich hab geglaubt, du wärst nur zum Brunnen hinaus, um dich zu waschen. Erst als du net zurückgekommen bist, hab ich gerufen und später nachgeschaut. Wo bist du denn gewesen?«

»Ich hab geschwind ein Körbl voll Erdbeeren gepflückt.«

»In aller Herrgottsfrühe schon? Sonst bringst du sie doch allweil mit, wenn du mit den Geißen zurückkommst.«

»Ich möcht heut net mit den Geißen fort, weil du schon gestern so geklagt hast.« Burgl schaute zur Decke hoch. Heute hatte sie ja nur deshalb nicht mit den Geißen auf den Berg gewollt, um dem Haindl-Xaver nicht zu begegnen. Und nun war es doch geschehen.