Alpengold 411 - Monika Leitner - E-Book

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Monika Leitner

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Beschreibung

"Keine Zeit für die Liebe!" Das ist die immer wiederkehrende Aussage bei der männlichen Dorfjugend, wenn von der hübschen Gundel Breuer die Rede ist. Die junge Hoftochter hat nie Zeit. Weder, um zum Maitanz im Dorfkrug zu gehen noch für andere Unternehmungen. Geschweige denn für einen Burschen ihres Herzens. Ein gar zu strenges Regiment führt ihr ehrgeiziger Vater auf dem Hof. Er verlangt seiner Familie von früh bis spät das Letzte ab.
Natürlich hat schon bald keiner der Burschen mehr Lust, Gundel einzuladen, da sie ja doch nur Absagen erteilt. Wenn das Dirndl jedoch abends nach der Arbeit todmüde ins Bett sinkt, stellt es sich die bange Frage, ob es wirklich kein Recht auf ein bisschen Glück hat ...


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Inhalt

Cover

Im Kummer allein

Vorschau

Impressum

Im Kummer allein

Heimatroman um einen schweren Weg ins Glück

Von Monika Leitner

»Keine Zeit für die Liebe!« Das ist die immer wiederkehrende Aussage bei der männlichen Dorfjugend, wenn von der hübschen Gundel Breuer die Rede ist. Die junge Hoftochter hat nie Zeit. Weder, um zum Maitanz im Dorfkrug zu gehen noch für andere Unternehmungen. Geschweige denn für einen Burschen ihres Herzens. Ein gar zu strenges Regiment führt ihr ehrgeiziger Vater auf dem Hof. Er verlangt seiner Familie von früh bis spät das Letzte ab.

Natürlich hat schon bald keiner der Burschen mehr Lust, Gundel einzuladen, da sie ja doch nur Absagen erteilt. Wenn das Dirndl jedoch abends nach der Arbeit todmüde ins Bett sinkt, stellt es sich die bange Frage, ob es wirklich kein Recht auf ein bisschen Glück hat ...

Marktwalden – Kreis Neukirchen stand auf dem gelben Ortsschild am Beginn des Dorfes.

Der moderne Mittelklassewagen mit Münchener Kennzeichen hielt wenige Meter hinter diesem Schild am rechten Straßenrand an. Sorgfältig vermied es der Fahrer des Wagens, mit seinen sauberen Reifen und Kotflügeln den schmutzig grauen Schneewall zu berühren, der sich an der Straße entlangzog.

Es war tiefster Winter. Die Dächer der Bauernhäuser trugen dicke Schneehauben. In den Gärten verbargen sich alle Pflanzen unter einer weißen Decke. Die Straßen waren jedoch sorgfältig gefegt und vom Schnee geräumt.

Der Anlageberater Herbert Dreisauer stieg aus. Er trug einen eleganten dunkelblauen Kamelhaarmantel. Sein gut geschnittenes sonnengebräuntes Gesicht wurde von silbernen Schläfen wirkungsvoll eingerahmt. Jetzt ging er um sein Auto herum und trat durch eine Öffnung in dem schmutzigen Schneewall auf den Bürgersteig. Dort hatte er nämlich eine alte Frau näher kommen sehen.

Es war die Finkenrieder-Anna, die Witwe eines Tagelöhners, die ihren gefüllten Einkaufskorb nach Hause trug. Sie war in der Gemischtwarenhandlung gewesen, die sich etwa zweihundert Meter weiter in der Dorfstraße befand.

»Grüß Gott«, sagte Herbert Dreisauer. »Ich suche den Breuerhof. Vielleicht können Sie mir sagen, wo er zu finden ist?«

Die Anna, ein verhutzeltes Weiblein, das nur noch sechs Zähne im Mund hatte, grinste freundlich und nickte.

»Freilich kann ich Ihnen das sagen und Ihnen den Weg zeigen. Der Breuerhof ist gar net schwer zu finden. Nehmen Sie die nächste Abzweigung rechts! Da geht es einen Hügel hinauf, und droben auf der Höhe liegt der Hof. Es ist ein großes weißes Gebäude. An der Giebelwand ist eine Lüftlmalerei. Ein Ritter in einer Rüstung mit Helm und Schild ist darauf zu sehen. Die Leute sagen, die Abbildung stellt den Helden Dietrich von Bern aus der Nibelungensage dar. Der Hoferbe heißt in diesem Haus deshalb immer mit Vornamen Dietrich.«

Wahrscheinlich hätte sie noch viel mehr erzählt, wenn der elegante Mann aus München ihr zugehört hätte. Aber er wusste ja bereits genug, bedankte sich und kehrte zu seinem Auto zurück.

Gleich darauf startete er den Motor wieder, lenkte seinen Wagen zu der nächsten Seitenstraße rechts und bog dort ein. Langsam fuhr er auf das erhöht liegende Bauernhaus am Ende dieses Weges zu.

Es war an einem grauen Februarvormittag gegen elf Uhr. In der Küche des Breuerhofes trafen die achtundfünfzigjährige Bäuerin Hertha Breuer und ihre Schwiegertochter, die Resi, die Vorbereitungen für das Mittagessen.

Der grauhaarige Bauer, der schon dreiundsechzig Jahre alt war, ein knorriges Mannsbild, stand in der Küchentür, die in den Hausflur führte, und hatte sich gerade danach erkundigt, ob noch etwas Kaffee vom Frühstück übrig wäre.

»Es kommt Besuch«, meldete die Resi, die die Kartoffeln schälte und von ihrem Stuhl aus durch das Küchenfenster hinaussehen konnte.

»Ja, ein feiner Wagen hält vor dem Gartenzaun, ein Wagen mit einer Münchener Nummer«, fügte die Bäuerin hinzu.

»Ich hab keine Ahnung, wer da kommt.« Der Bauer zuckte mit den Schultern. »Aber ich geh und mach ihm die Tür auf.« Den Kaffee, den er hatte haben wollen, hatte er offenbar vergessen.

Durch die Scheibengardine verborgen, begutachtete die Bäuerin den Besucher im Kamelhaarmantel, der einen teuer aussehenden ledernen Aktenkoffer in der linken Hand trug.

»Ich kann mir net vorstellen, was der bei uns will«, murmelte sie vor sich hin.

Der Mann aus München war inzwischen bei der Haustür angekommen, die der Bauer öffnete, ehe der andere noch hätte klingeln oder klopfen können.

»Grüß Gott, Herr Breuer«, sagte der Fremde. »Mein Name ist Dreisauer. Ich komme von der Deutschen Lottogesellschaft und bin Anlageberater. Es würde mich freuen, wenn Sie eine Viertelstunde Zeit für mich übrig hätten.«

»Aha, Sie kommen wegen des Lottogewinns.« Dietrich Breuer nickte. »Am Montag habe ich die schriftliche Bestätigung bekommen, dass ich hunderttausend Euro am Samstag gewonnen habe.«

»Ganz recht, deswegen hat man mich hergeschickt, Herr Breuer. Meine Kollegen und ich, wir sollen die Gewinner beraten, wie sie die großen Summen, die ihnen jetzt zur Verfügung stehen, am besten anlegen können.«

»Das ist in meinem Falle völlig unnötig«, belehrte ihn der Bauer. »Denn ich habe meinen Entschluss schon längst gefasst. Bevor ich die hunderttausend Euro gewonnen hab, hatte ich mir schon überlegt, was ich machen würde, wenn ich einmal so viel Glück hätte. Und nun ist es so weit, jetzt führe ich meinen Vorsatz aus.«

Der feine Herr aus München lächelte gönnerhaft.

»Sehr schön, Herr Breuer, Sie scheinen ein Mann zu sein, der genau weiß, was er will.«

»Und ob!«, antwortete der Bauer lautstark und wölbte die Brust, um sein Selbstbewusstsein deutlich zur Schau zu stellen.

»Dann kann ich ja wieder gehen. Aber ich würde doch gern wissen, was Sie sich vorgenommen haben. In meinem Beruf muss man sich unentwegt in der Beurteilung der Menschen üben. Man muss auf den ersten Blick beurteilen können, was jemand in einer bestimmten Situation tun wird.«

»Eine schwierige Kunst, Herr Dreisauer.« Der Bauer lächelte spöttisch.

»In Ihrem Falle tippe ich darauf, dass Sie Ihren Betrieb vergrößern oder etwas Neues zusätzlich beginnen werden. Sie sind genau der Mann, der sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruht, sondern in rastloser Tätigkeit nach neuen Möglichkeiten zum Geldverdienen sucht.«

»Ja mei, Sie haben es genau getroffen!«, rief der Bauer aus. »Das ist es, was ich anstrebe. Die hunderttausend Euro sollen der Grundstock für eine Neugründung sein. Dazu sind sie mir sehr willkommen. Im Übrigen werde ich von den Herren der Kreissparkasse bestens beraten, denn ich bin dort seit vielen Jahren ein sehr angesehener Kunde. Sie sehen also, wir haben nix miteinander zu bereden, Herr Dreisauer. Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, kommen Sie gut heim.«

Damit machte Dietrich Breuer dem vornehmen Besucher aus München die Haustür vor der Nase zu.

Achselzuckend kehrte der Mann im Kamelhaarmantel zurück zu seinem chromglänzenden Wagen, stieg ein und fuhr wieder davon.

Der Bauer erinnerte sich jetzt an die Tasse Kaffee, die er hatte haben wollen, und ging wieder zur Küchentür. Er öffnete sie und schob den Kopf hinein.

»Wie ist's denn nun mit einem Haferl Kaffee?«, erkundigte er sich.

»Das kannst du haben, Dietrich«, antwortete seine Frau. »Der Rest vom Frühstück ist noch warm in der Maschine. Ich schenk dir gleich ein. Aber setz dich bitte her an den Küchentisch und trink deinen Kaffee hier, denn die Resi und ich, wir möchten hören, was der feine Mann aus München gewollt hat!«

Der Bauer hatte schon vorher gewusst, dass es darauf hinauslief, denn er kannte ja seine beiden Frauenzimmer und deren Neugier.

Seine Tochter, die Gundula, war darin anders. Sie machte zurzeit im Obergeschoss in allen Kammern die Betten, lüftete und fegte den Boden. Fünf Jahre jünger war sie als die Resi, die Schwiegertochter, also gerade zwanzig geworden, aber sie hatte sich mehr in der Hand und besaß sehr viel Disziplin und Konsequenz. Nie würde sie der Neugier wegen die Arbeit im Stich lassen und nach unten gelaufen kommen, um sich zu erkundigen, was der unerwartete Besucher gewünscht hatte.

Auch sein Sohn, der Hoferbe, der jetzt dreißig Jahre alt war und der Andreas hieß und nur als zweiten Namen den Dietrich führte, weil es seinen Eltern einfach zu langweilig geworden war, immer dasselbe zu rufen, hatte die Reparatur im Kuhstall an der Verbindungstür zum Haus, mit der er gerade beschäftigt war, nicht im Stich gelassen, weil ein Fremder kam. Er war überzeugt davon, dass er schon früh genug erfahren würde, um was es sich gehandelt hatte.

Doch ehe der Bauer sich jetzt an den Küchentisch setzte, um seinen Kaffee zu trinken, schickte er die Resi in den Stall, damit sie ihren Mann, den Andreas, holte, und er selber trat noch einmal in den Hausflur hinaus.

»Gundel!«, rief er mit dröhnender Stimme nach oben. »Komm herunter in die Küche! Ich hab euch allen etwas zu sagen.«

Dann erst ließ er sich am Küchentisch nieder und schlürfte mit Behagen den heißen Kaffee, den seine Frau ihm serviert hatte. Sehr bald erklangen Gundels Schritte auf der Treppe, die von oben hinunterführte.

Und auch der Andreas kam sehr rasch aus dem Kuhstall herbei, der sich gemäß der Bauweise in diesem Landstrich unter dem gleichen Dach wie die Wohnräume befand und durch eine Tür in der neben der Küche liegenden Waschküche erreicht werden konnte.

***

Nun war also die ganze Familie versammelt, denn Gundel war noch solo, sie hatte weder Bräutigam noch Ehemann.

Die Bäuerin setzte sich an den Tisch zu ihrem Mann. Resi, die mit dem Kartoffelschälen noch nicht fertig war, rückte ihren Stuhl herum, sodass sie ihrem Schwiegervater von Zeit zu Zeit ins Gesicht sehen konnte. Gundel lehnte sich halb sitzend an die breite Fensterbank, und ihr Bruder stand mit vor der Brust verschränkten Armen an die Waschküchentür gelehnt.

Alle sahen den Bauern voller Spannung an und warteten auf das, was er ihnen nun wohl eröffnen würde.

»Der Mann, der vorhin hier war, war ein Anlageberater von der Lottogesellschaft in München«, erklärte das Familienoberhaupt. »Wegen des Gewinns ist er gekommen und wollte mir gute Tipps geben, wie ich ihn verwenden soll. Aber in meinem Falle war das unnötig, und deswegen habe ich ihn wieder fortgeschickt. Ich bin mir nämlich selbst darüber klar, was ich damit mache.«

Die Aufmerksamkeit seiner vier Zuhörer wuchs jetzt noch, und jeder dachte an die Wünsche und Hoffnungen, die er insgeheim mit diesem großen Gewinn verknüpft hatte. Alle hatten gehofft, dass sich nun an ihrem Leben etwas ändern würde, selbstverständlich zum Guten. Sie waren keineswegs unzufrieden mit ihrem Dasein, aber manches hätte doch noch verbessert werden können.

Doch was nun kam, empfanden sie alle als unangenehme Überraschung. Keiner hatte damit gerechnet, dass der Bauer auf die Idee verfallen würde, ihnen noch mehr Arbeit aufzubürden, als sie ohnehin auf diesem Hof ohne Gesinde schon leisten mussten.

Ja, das war bisher immer der Grundsatz des Bauern gewesen, auf seinem Anwesen ohne Gesinde auszukommen. Alle Familienmitglieder hatten ihren bestimmten Arbeitsbereich und waren straff eingespannt.

Nur im Sommer, von der Heuernte bis zur Unterbringung der Futterrüben in der großen Scheune, half ein Tagelöhner aus dem Dorf, der schon seit Jahren den Leuten vom Breuerhof zur Hand ging. Und das Milchvieh, sechsunddreißig Kühe an der Zahl, befand sich vom Mai bis Erntedankfest auf der Alm, wo eine Sennerin es versorgte.

»Das Geld, das die anderen Hofbesitzer für die Löhne ihrer Leute aufwenden müssen, stecken wir uns selber ein«, pflegte der Bauer, von der Richtigkeit seiner Denkweise fest überzeugt, zu sagen. »Deswegen sind wir auch noch nie in die roten Zahlen gekommen!«

Das stimmte zwar, aber er hatte sich auch noch niemals darüber Gedanken gemacht, ob sein Sohn, der Andreas, und dessen junge Frau vielleicht lieber etwas mehr vom Leben und etwas weniger Geld auf dem Konto haben wollten.

Und die Gundel, die niemals frei über ihre Zeit verfügen konnte wie andere Bauerntöchter, hätte gerne mal an diesem oder jenem Kursus teilgenommen oder wäre gerne bei gemeinsamen Unternehmungen der Dorfjugend dabei gewesen. Doch das klappte nur ganz selten und musste dann lange vorher beim Vater angemeldet und der Termin in dessen Programm berücksichtigt werden.

Die Bäuerin, die nicht ganz gesund war und ein schwaches Herz hatte, wie der Landarzt immer wieder betonte, hätte sich gern ein wenig mehr geschont. Lange schon träumte sie davon, ein Küchenmadl als Hilfe, eine Spülmaschine und einen Wäschetrockner zu haben, lauter Dinge, über die andere Bäuerinnen in ihrem Alter ganz selbstverständlich verfügten. Natürlich nahm sie jetzt an, dass der Lottogewinn ihres Mannes ihr die Erfüllung dieser Wünsche bringen würde.

Aber der Bauer erzählte ihnen etwas ganz anderes.

»Von dem Geld, das ich jetzt gewonnen habe«, sagte er, »will ich eine Hühnerfarm eröffnen. Wir haben Land genug, auf dem wir eine große Baracke aufstellen können. Dann ist noch immer genug Bodenfläche für den Auslauf da. Jawohl, eine Brathähnchenzucht will ich anfangen und an alle Gaststätten der Umgebung liefern. Du, Andreas, wirst herumfahren, Verträge mit den Kunden abschließen und die Ware liefern. Ich übernehme das Schlachten der Hähnchen, und ihr beiden Madln, Resi und Gundel, werdet sie vorher füttern und pflegen und hinterher rupfen.«

Für die landwirtschaftliche Arbeit müsse er dann zusätzlich einen Knecht einstellen, da er sich darum ja kaum noch kümmern könne, erklärte er der Familie.

»Aber dieser eine Lohn macht uns net arm, denn die Einnahmen aus dem Hähnchenverkauf bringen hohe Erträge. Ich bin überzeugt, dass mir die Kreissparkasse bei der Finanzierung hilft, da das Land ja vorhanden ist und außerdem das Grundkapital von hunderttausend Euro durch den Lottogewinn.«

Die Familienmitglieder starrten ihn alle enttäuscht an, denn keiner vermochte seine Begeisterung für dieses neue Projekt zu teilen.