Alpengold 356 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 356 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

Bis zum heutigen Tag hat die schöne Maresi, Tochter des hochverschuldeten Glockenhof-Wirts, stets alle Männer abgewiesen. Keiner war dem anspruchsvollen Dirndl gut genug, keiner konnte Maresis Herz gewinnen.
Dann aber quartiert sich im Dorfgasthof Felix Ulmer ein - attraktiv, charmant und sehr geheimnisvoll. Er gesteht dem bezaubernden Mädchen seine Liebe, und Maresis Herz steht plötzlich in Flammen. Spät erfährt sie, dass Felix ihr nicht seinen richtigen Namen genannt hat und dass er aus einem ganz bestimmten Grund in den Glockenhof gekommen ist.
Maresi ist verzweifelt. Wie soll sie den Liebesschwüren eines Mannes glauben, der mit einer Lüge in ihr Leben getreten ist?


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Inhalt

Cover

Wenn ein Mädchenherz erwacht

Vorschau

Impressum

Wenn ein Mädchenherz erwacht

Sie verliebt sich ausgerechnet in den Feind des Vaters

Von Monika Leitner

Viele Jahre ist es her, seit ihr Bruder über Nacht vom Glockenhof verschwand – und bis heute weiß Marie-Theres nicht, warum. Die Mutter wurde damals krank vor Kummer und starb bald darauf, der Vater schweigt nach wie vor hartnäckig und wird von Jahr zu Jahr verbitterter.

Marie-Theres wünscht sich nichts sehnlicher, als ihren Bruder irgendwann wiederzusehen und die Wahrheit zu erfahren. Da tauchts eines Tages ein geheimnisvoller Fremder auf dem Glockenhof auf – und mit ihm erwacht nicht nur Marie-Theres' Herz, sondern auch auf die Fragen der Vergangenheit gibt es eine erschütternde Antwort ...

Der große Saal des hübschen Hotels Schwarzwaldmädl in Hügelau war voll besetzt. Der Bürgermeister hatte zur Hochzeit seiner Tochter geladen, und es hatte keinen gegeben, der dieser Einladung nicht gefolgt wäre.

Gerold Weber, der einunddreißigjährige Wirt, hatte sich in der Welt umgeschaut und den Meistern in die Töpfe geblickt, wann immer er konnte. Nach der Lehre beim eigenen Vater hatte er in berühmten Speiselokalen im nachbarlichen Elsass gearbeitet, danach hatte er sich zwei Jahre lang als Koch auf einem noblen Kreuzfahrtschiff verdingt.

Kein Wunder, dass die in Grolsheim gelegene Hotelfachschule den jungen Meister bald zu Lehrgängen engagiert hatte. Auch in der Jury saß Gerold Weber. Unbestechlich fällte er sein Urteil und gab er seine Benotung.

Marie-Theres Ginhart hatte vor Kurzem ihre zweijährige Ausbildung mit einem hervorragenden Zeugnis abgeschlossen. Als sie dann noch bei dem halbjährlich stattfindenden Probekochen den ersten Preis davengetragen hatte und eine Urkunde von Gerold Weber bekam, war sie überaus stolz darauf.

Noch stolzer aber war sie, als er ihr dann angetragen hatte, das Hochzeitsessen für die Bürgermeisterstochter gemeinsam mit ihm zusammenzustellen und zuzubereiten.

Jetzt waren die Gäste voll des Lobes über die klare Wildkraftsuppe mit einer Einlage, die sie noch nie gegessen hatten und die Marie-Theres Ginhart erfunden hatte: Flaumige Nockerln aus Fasanenleber. Danach gab es badischen Hecht, Spanferkel-Rücken und Maultäschle, deren pikante Füllung ein Geheimnis von Gerold Weber war. Nach der deftigen Käseplatte gab es eine Süßspeise, deren von ihr erfundenes Rezept Marie-Theres nicht einmal Gerold verraten hatte. Es waren weiße Pfirsiche in schaumigem Quittengelee mit Zitronensaft und dazu hauchdünne Nussflädle.

»Für deinen Pfirsich kriegscht noch einen Extrapreis, Mädle«, rief Gerold Weber freudestrahlend aus, als er in die Küche kam, wo Marie-Theres leicht erschöpft und zerzaust am Tisch lehnte.

»So was hätte sie noch nie gegessen und ich ja auch net. Das Rezept darfst dir patentieren lassen, ich werde das dem Fachausschuss deutscher Küchenmeister vorschlagen.«

»Wirklich?«, rief Marie-Theres und wischte sich eine Strähne ihres dunkelbraunen Haares unter die Kochhaube zurück. »Das freut mich aber schon narrisch, da hat sich's Probieren und Sinnieren gelohnt.«

»Ruh dich aus und komm hinein, sie warten auf dich, Marie-Theres«, bat Gerold Weber, der braunhaarige und für seine Jahre etwas zu beleibte junge Wirt des Schwarzwaldmädl. »Sie wollen dich doch beglückwünschen zu deinen Künsten. Und mich auch.«

Marie-Theres sah ihn fragend an, und er lachte leicht verlegen. »Na ja, zu dir wollen sie mich beglückwünschen.«

Brüsk wandte sich Marie-Theres ab.

»Ich muss noch helfen, die Platten mit dem Schwäbischen Apfelkuchen und der Schwarzwälder Kirschtorte zum Kaffee herzurichten. Die anderen werden damit allein net fertig.«

Eine Unmutsfalte bildete sich auf seiner Stirn, und Marie-Theres wollte rasch gutmachen, dass sie etwas schroff gewesen war.

»Wenn sie mich loben, hab ich es dir zu verdanken, Gerold. Da hab ich viel abgeschaut und gelernt, schon in der Fachschule und erst recht hier, wo ich seit einer Weile mitmachen darf.« Lachend zog sie sich die Haube vom Kopf. »Heute Abend zeigst du mir noch einmal die ganze Kalkulation von dem Hochzeitsessen, das hast du mir versprochen, Geri. Ich muss ja so etwas wissen, wenn ich daheim den Glockenhof führen werde.«

Er runzelte die Stirn, wollte schon sagen: Ach, das wirst du nie, weil ich dich vorher heirate und dein Vater dich gar nicht daheim haben will. Aber als er ihre ernsten Augen sah, schwieg Gerold.

Draußen im Schankraum wurden streitende Stimmen laut, und der junge Wirt eilte hinaus, um die Ruhe wiederherzustellen.

Seufzend ging Marie-Theres in den kleinen Raum neben der Küche, der als Umkleide für das Küchenpersonal diente, das nicht im Haus wohnte.

Sie wusch sich das heiße, verschwitzte Gesicht und die Arme, kämmte sich und zog das dort bereitgehängte alte Kärntner Dirndlkleid an. Es hatte ihrer Urgroßmutter gehört, die einst aus dem Drautal hinauf nach Velldach gekommen war, um Jakob Ginhart zu heiraten. Sehr spät hatten die beiden ihren einzigen Sohn Lauritz bekommen.

Als sie das Kleid ansah und dann überstreifte, überfiel Marie-Theres wieder das Heimweh nach ihrem Alpental, das Heimweh nach dem Glockenhof unter den zerklüfteten Wildhörnern, das Heimweh nach dem dunklen See ihrer Kindheit, in dem sich der Weißenstein wie ein Diamant gespiegelt hatte.

Trauer lag in ihren schwarzen Kirschenaugen, als Marie-Theres den Ausschnitt des Gewandes zurechtzupfte und in den Spiegel sah. Sie wusste: Es war nicht nur diese Sehnsucht nach der Heimat, sondern stärker noch das Heimweh nach dem Vater, den sie so sehr liebte. Warum hielt er sie fern vom Velldacher Alpental, fern von sich?

Nie hatte sie heimfahren dürfen in all der Zeit, die sie nun bei der Tante im Schwarzwald war.

»Sich einmal durchbeißen und den Wünschen nicht nachgeben, das stärkt fürs ganze Leben, Maresi«, hatte der Vater gesagt. »Wenn du mit der Schul' fertig bist, dann sehen wir weiter.«

Zwei-‍, dreimal hatte er sie in Hügelau besucht, immer nur einen Tag lang, als triebe eine innere Unruhe ihn so bald schon wieder fort von ihr.

Beim letzten Mal, vor einem Dreivierteljahr, am Weihnachtstag, hatte er durchblicken lassen, dass er ihr ganz gern die Zügel vom Glockenhof in die jungen Hände legen würde.

»Schau, dass du möglichst viel profitierst von der Schule, nicht nur das Theoretische. Danach kannst du ja irgendwo eine Stellung annehmen, um in die Praxis zu kommen.«

»Eine Stellung?« Wie ein Aufschrei war es aus ihr gebrochen. »Willst du mich denn nimmer daheim haben, nimmer bei dir, Vater?«

Er hatte die Lippen zusammengepresst und war weiß geworden. Kummervoll hatte er sie angeschaut, mit einem rätselhaften Ausdruck in den Augen.

»Freilich will ich, aber ich will zugleich doch auch das Beste für dich, Dirndl«, hatte der Vater erwidert.

»Das Beste ist daheim, davon bringst du mich nicht ab, und ich denk', wenn ich schon gelernt hab, früher auf der Hauswirtschaftsschule und jetzt das Hotelfach, dann setz' ich meine Kraft doch am gescheitesten für die eigene Sache ein, oder?«

»Ja, freilich«, hatte der Vater zugegeben. »So ist es ja auch geplant, und ich tät' lügen, wenn ich verschweigen würde, dass mir deine Hilfe schon recht käm'. Ich fühl' mich arg müd' und über meine Jahre hinaus verbraucht.«

»Dann sei doch froh, dass du mich hast, Vater!«

»Das bin ich, Maresi, weiß Gott«, hatte er gerufen. Und leise hinzugesetzt: »Aber ich möchte dich vor allem Übel behüten.«

Seither zerbrach sich Marie-Theres den Kopf darüber, welches Übel im Besonderen der Vater damit wohl gemeint haben konnte.

***

Am Abend kamen Gerold und Marie-Theres nicht mehr zu den Abrechnungen. Im großen Saal ging es hoch her, denn die Musik spielte zum Tanz auf.

Natürlich absolvierte der junge Wirt alle Pflichttänze, aber so oft wie möglich holte er Marie-Theres und wirbelte mit ihr über das Parkett.

So manches Mädchen aus Hügelau und noch mehr deren Mütter sahen mit schiefem Lächeln, wie sich der Wirt um die »Auswärtige«, die hier bei ihnen doch gar nichts zu suchen hatte, bemühte.

Gerold hatte Marie-Theres die entscheidende Frage noch nicht gestellt. Sie spürte seine Wünsche jedoch schon lange, und es hätte nicht seines festen Zugriffs beim Tanz und der beredten Sprache seiner Augen bedurft, um ihr die ihren zu öffnen.

***

Der nächste Tag, an dem die Wirtschaft geschlossen war, verging mit Aufräumarbeiten nach der turbulenten Hochzeitsfeier. Nach ein paar Stunden bekam das Personal frei, es durfte nicht um den wohlverdienten Ruhetag gebracht werden.

»Jetzt reicht es aber, Marie-Theres, du hast genug geschuftet den ganzen Tag und hockst jetzt schon zwei Stunden über den Büchern«, sagte Gerold am Nachmittag.

»Ich bin nicht müde, Geri, überhaupt nicht. Mir ist es wichtig, dass ich das alles versteh', weißt du.«

Er ging zu ihr hin und setzte sich auf die Schreibtischkante.

»Wozu denn eigentlich? Du kannst dich doch nicht um alles zugleich kümmern«, meinte er leichthin.

»Ich werde doch einmal unser Haus führen, da muss ich schon alles können, was dazugehört«, behauptete Marie-Theres.

»Wir können uns die Arbeit aufteilen.«

»Wie meinst du das jetzt, ich versteh' dich nicht.«

Er räusperte sich, dann nahm er ihre Hand, die mit einem Bleistift spielte, entwand ihr den Bleistift und hielt die Hand mit festem Druck.

»Ich glaube, wir reden nicht vom selben Hotel, Mädle!«

Verwirrt strich sie sich das Haar hinter das Ohr. »Ich rede vom Glockenhof.«

Er sprang vom Schreibtisch und zog sie hoch.

»Und ich von unserem Schwarzwaldmädel. Hast du es denn immer noch nicht gemerkt, dass ich dir gut bin, Marie-Theres?«

Sie nickte. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und zwang sie, ihn anzusehen.

»Also, dann muss ich doch nicht mehr viel sagen, dann ist es also abgemachte Sache, dass du meine Frau und die Wirtin hier wirst?«

Marie-Theres trat einen Schritt zurück, da riss Gerold sie an sich und küsste sie. Zuerst zart und fast zaghaft, bittend und ein wenig unbeholfen. Doch als Marie-Theres ihn nicht von sich wies, da wurde Gerold temperamentvoller.

Marie-Theres ließ es still geschehen, ohne sich zu wehren. Sie ließ es geschehen, um selbst auf das Echo zu warten, auf die Antwort, die sie diesem sympathischen Mann doch schuldig war.

Aber nichts antwortete in ihr, da war kein Funke, der übersprang.

Gerold ließ sie erst los, als sich Schritte der Tür näherten. Als diese vorbeigingen, griff er wieder nach Marie-Theres, aber nun hob sie ihm beide Hände entgegen und hielt ihn auf Armeslänge von sich ab.

»Du«, sagte er, »du herzliebes Mädle du, machst mich ja so glücklich! Was sollen wir noch lange warten? Weihnachten soll Hochzeit sein, und zwar eine, von der nicht nur Hügelau, sondern der ganze Schwarzwald spricht!«

Marie-Theres schüttelte leicht den Kopf, und erst jetzt sah er in ihre Augen, in denen alles Licht erloschen war.

»Sag doch was, sag endlich Ja!«

»Nein, Gerold«, kam es leise über ihre Lippen.

Er packte ihr Handgelenk und sah sie an, bestürzt und fast zornig.

»Was soll das heißen, dieses Nein?«

»Ich kann nicht deine Frau werden.«

»Und warum nicht?«

Marie-Theres zuckte mit den Schultern. »Ich hab dich halt nicht lieb genug.«

Jetzt lachte der braunhaarige Mann. »Ach was, das kommt schon ganz von selbst. Wirst sehen, das kommt über Nacht, wenn du erst die Meine bist! Du bist halt noch ein unerfahrenes Dirndl, und das soll mir grad' recht sein. Wenn es weiter nichts ist, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Marie-Theresl!«

Jetzt warf sie den Kopf zurück und straffte die Schultern.

»Ich mach' mir keine Sorgen, Gerold. Aber ich bin noch nicht so weit, es bleibt bei meinem Nein, vorläufig wenigstens«, setzte sie rasch hinzu.

»Und du meinst, ich könnt' so neben dir herleben? Seit Langem hab ich es unterdrücken müssen, das übermächtige Gefühl, das mich zu dir hinzieht. Schon wegen der Schule und damit es nicht heißt, weil ich in dich verliebt bin, hätte ich dir die besten Noten gegeben. Lange genug hab ich mich also prüfen können, und für mich steht es fest: Du wirst meine Frau!«

Sanft legte sie ihm die Hand auf den Arm.

»Du sagst, es steht fest, und ich sage Nein. Zwei Meinungen, die gegeneinander stehen. So kommen wir nicht weiter. Ich meine, wir vertagen das Thema.«

»Vertagen, bis wann?«

»Bis zum Frühling. In vierzehn Tagen bin ich hier fertig, dann such' ich mir irgendwo eine Stellung, und dann sehen wir weiter. Meinst du nicht auch, das ist am klügsten?«

Er verzog das Gesicht, dann rang er sich ein Lächeln ab.

»Was bleibt mir denn anderes übrig? Stellen kriegst du mit deinen Zeugnissen mehr als genug, ich seh' bloß nicht ein, für was, wo du dich hier ins schönste gemachte Nest setzen könntest!«

»Vielleicht gerade deswegen, Geri. Ich möcht' beweisen, dass ich mir selbst ein Nest bauen kann. Und auch dem Vater.«

»Dem Vater? Der scheint ein ausgekochter Egoist zu sein, sonst hätt' er dich nicht so lange von daheim ferngehalten.«

»Darüber zu urteilen darfst du dir nicht anmaßen, Gerold. Er wird schon seinen Grund haben, der weder dich noch mich was angeht«, entgegnete Marie-Theres mit leichter Schärfe in ihrer Stimme. Dann drehte sie sich um, ging zur Tür und verließ den Raum, ohne dass er sie daran hinderte.

Draußen lehnte sie sich an die holzvertäfelte Wand. Sie kam sich unendlich einsam und verlassen vor in dem Bewusstsein, nirgendwo eine Heimat zu haben. Nicht mehr beim Vater, der sie so seltsam behandelte, und auch nicht bei Gerold Weber, dessen Herz ihr nie wirkliche Heimstatt sein konnte, wie sie überdeutlich spürte.

***

Am übernächsten Tag schon wurde der jetzt ganz gegen ihre Art reichlich verzagten Marie-Theres Ginhart die Entscheidung abgenommen.