Ausgeschabt - Thomas Reich - E-Book

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Thomas Reich

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Beschreibung

Prall ist der Bauch und bereit zum Schlachtfest. Ungeniert lebt Dr. Engelmacher seine Gier nach schwangeren Frauen aus. Bestialischer ist selten ein Embryo aus dem Mutterleib gerissen worden! Nicht immer hält er sich dabei ans Lehrbuch. Fürchte sein Skalpell wie seine Faust. Und bete zu einem finsteren Gott, dass er die Hose anbehält. Aus dem Keller seiner Privatklinik gibt es kein Entrinnen. Höchstens als Fleischabfall. Denn auch die Schwestern sind in das dunkle Treiben eingeweiht.MENS INSANA IN CORPORE SANODer Knauf aber war mit Embryonenleder bezogen. Für größere Flächen taugte dieses Material nicht. Doktor Engelmacher war kein Kürschner, der aus Chinchillas einen Mantel schneidern konnte. So ein kleines Lebewesen, da war doch nichts dran. Weder Haut noch Fleisch. Der blutige Amateur glaubt vielleicht, man könne einen Fötus schälen wie eine reife Frucht, zum Beispiel eine Orange. Südfrüchte hatten eine dicke Schale, die man leicht mit dem Messer lösen konnte. Bei einem Embryo musste man erst Arme, Kopf und Beinchen abtrennen. Dann konnte man den Rumpf filetieren. Dazu brauchte es Stunden mit zitternden Fingern. Und Kopfschmerzen von der Binokular-Lupe. Man hatte die Hände zum Arbeiten frei, doch um welchen Preis? Später dann das Einlegen der Häute in Aluminiumsalze, auch als Alaun bekannt. Dadurch wurde das Leder steif und hart. Zur weiteren Verarbeitung musste es rückgefettet werden. Übertrieb man es, bekam man ein flattriges Ziegenleder. Gewiss anschmiegsam und für eine Eichelkappe zum Schlafengehen geeignet. Mach das Licht aus, wenn du kommst. Engelmacher aber wollte ein festes Leder. So wie er es vom Armaturenbrett seines Wagens gewohnt war. Dazu hätte ein nahezu ausgebrüteter Säugling die Haut lassen müssen. Derart exquisite Stücke waren selten, und erzielten unter Sammlern Höchstpreise. Doktor Engelmacher betrieb einen regen Handel im Darknet. Aus Nabelschnüren machten sie Gürtel und Hosenträger. Hirnschalen taugten als Aschenbecher oder Pfeifenständer. Man konnte sie mit Bonbons füllen und aus ihnen naschen.

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Thomas Reich

Ausgeschabt

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Ausgeschabt

Ausgeschabt

 

 

 

 

 

Thomas Reich

 

Text 2016 © von Thomas Reich

 

Coverphoto © https://www.flickr.com/photos/dachis/14988707849/

+ https://pixabay.com/de/kleiderb%C3%BCgel-kleiderschrank-kleidung-148398/ mit Änderungen

 

Impressum: Thomas Reich

Bachenstr. 14

78054 Villingen-Schwenningen

 

Über das Buch:

 

Prall ist der Bauch und bereit zum Schlachtfest. Ungeniert lebt Dr. Engelmacher seine Gier nach schwangeren Frauen aus. Bestialischer ist selten ein Embryo aus dem Mutterleib gerissen worden! Nicht immer hält er sich dabei ans Lehrbuch. Fürchte das Skalpell wie seine Faust. Und bete zu einem finsteren Gott, dass er die Hose anbehält. Aus dem Keller seiner Privatklinik gibt es kein Entrinnen. Höchstens als Fleischabfall. Denn auch die Schwestern sind in das dunkle Treiben eingeweiht.

„MENS INSANA IN CORPORE SANO.“

In einem gesunden Körper haust ein kranker Geist.

 

(frei nach einem Kurpfuscher)

Lachse laichen stromaufwärts

Gedämpftes Sonnenlicht drang durch die Gardinen in Doktor Engelmachers Büro im zweiten Stock. Eine sanfte Brise tanzte in den Pappeln, und entlockte ihren Zweigen geflüsterte Worte der Verschwörung. Der Geruch von Frühling lag in der Luft wie ein Neugeborenes. Als Arzt dachte er an seinen vor langer Zeit abgeleisteten hippokratischen Eid. Schon damals kreuzte er die Finger hinter dem Rücken. Als Mensch sah er feucht glänzende Nabelschnüre. Die er wie eine Wurstpelle abband, und als Taschenmuschi verwendete. Im Mutterkuchen würde er seinen Schwanz ausdrücken wie eine Zigarette im Sandkübel. Schmetterlinge flatterten über die Blumenwiese. Mit ihren pudrigen Flügeln waren sie die schwächsten Wesen der Natur. Man musste auf sie aufpassen, damit sie keine Dummheiten begingen. Doktor Engelmachers Privatklinik für werdende Mütter lag an den waldigen Ufern des Tegernsee zwischen Strandpromenade und Bootsverleih. Seine eigene Jacht pflockte am Steg, und wartete sehnsüchtig auf einen Ausflug. Ob zum Fischen oder Schwimmen kümmerte sein Boot herzlich wenig. Hauptsache raus aus dem blutigen Tagesgeschäft! Auf seinem Schreibtisch lag ein Rohrschachtest. Großzügig schenkte Schwester Doris ihm Kaffee ein. Auch an Gebäck hatte sie gedacht. Ihr Pferdeschwanz wippte bei jedem ihrer Worte. Der süße Vogel Jugend war zum offenen Fenster hereingeschwirrt. Sie trug keinen Ring am Finger. Ein Mann würde sie schwängern, und ihr Bauch anschwellen von seinem Gift. Dann landete sie im Keller. Doktor Engelmacher wurde traurig, wenn er an die logischen Konsequenzen dachte. Er musste ihr kein Arbeitszeugnis ausstellen. Niemand überlebte den Keller.

„Das stammt von ihrer letzten Patientin.“

„Nur zum Teil.“

„Wie?“

„Ich sehe die Patientinnen Gump und Stoehr darin.“

„Was Sie alles erkennen können...“

„Deswegen bin ich auch der Doktor, und Sie nur eine meiner Schwestern.“

„Wir verehren Sie für das, was Sie tun.“

„Alles eine Frage der Kompetenz.“

„Eher der Grausamkeit.“

Dr. Engelmacher zeigte auf das Bild. Es hatte seine Patientin große Überwindung gekostet. Gerade nach dem Verlust der Zwillinge.

„Woran denken Sie?“

„Sieht wie eine Girlande aus. Sehr dekorativ. Ähnliches hatten wir neulich im Bastelkurs.“

Zweimal die Woche trafen sich die Frauen unter Aufsicht der Krankenschwestern. Es wurden Kränze geflochten aus Moos und Zweigen. Servietten bedruckt mit selbstgebastelten Stempeln aus rohen Kartoffeln. Untersetzer aus buntem Garn gehäkelt. Die meisten Frauen waren hier aufgrund einer problematischen Schwangerschaft. Um fair zu bleiben: Leonard stellte Diagnosen, die seiner Geschäftstätigkeit als Arzt entgegenkamen.

„Hübsch, nicht wahr? Könnte man glatt als Tischläufer im Frühstücksraum auslegen.“

„Und was sagt es über die Patientin aus?“

„Dies unterliegt meiner Schweigepflicht.“

Fröhlich tunkte er das Gebäck in seine Tasse, und biss eine Ecke ab.

„Oh, Sie Schlingel!“

„Was steht heute auf dem Programm?“

„Zeit für die morgendliche Visite, Herr Doktor.“

„Na dann los. Das Frischfleisch wartet.“

Die rote Farbe war keine Tinte. Auch waren die kindlich anmutenden Figuren nicht von einem Künstler gemalt, oder für einen Psychologen gedacht. Acht Wochen lang reiften die Föten im Mutterleib, bis sie wie Herbstblätter zwischen zwei Buchseiten gepresst wurden. Doktor Engelmacher steckte das Buch in Schraubzwingen, um ihnen den letzten Saft auszupressen. Beim Trocknen wurden sie zu Dörrobst, und verschmolzen endgültig mit dem Papier. Es sah aus, als würden sie Händchen halten; eingetragen ins Stammzellenbuch.

*

Er leerte seinen Kaffee mit einem Schluck. Kekskrümel gerieten Engelmacher in die Kehle und brachten ihn zum Husten. Schwester Doris klopfte ihm auf den Rücken, doch Leonard wehrte sich vehement gegen so viel Fürsorglichkeit.

„Geht schon wieder. Hab mich nur verschluckt.“

Engelmacher glitt in seine schnellen Schuhe mit dem Korkfußbett. Bereit die Welt in seiner Faust zu zerquetschen, und den liebevollen Doktor mit sanften Rehaugen zu spielen. Sein Scheitel war akkurat gezogen wie der eines Schwiegersohns auf Lebenszeit. Lediglich an den Schläfen wurde sein dichtes Kopfhaar zunehmend meliert. Er war ein stattlicher Mann von einiger Lebenserfahrung, dem auch der Tod nicht unbekannt war. Wenn er sprach, hatte seine Stimme den zarten Schmelz von Vollmilchschokolade. Als promovierter Gynäkologe war er das fleischgewordene Vertrauen. Und es begab sich, dass der Herr seine eigene Stimme aus einem Brunnenschacht hören wollte, und er sprach seine Gebete hinein ins feuchte Loch.

„Haben wir Neuzugänge?“

„Frau Fischer, Zimmer drei. Und Frau Ramazan auf der zwei.“

„Wunderbar. Damit fangen wir an.“

Engelmachers Privatklinik war ein Burschenheim für Lehrlinge gewesen. Er hatte es der Stadt günstig abgekauft und kernsaniert. Nichts sollte mehr an die dunklen Gänge erinnern und die Ausdünstungen pubertierender Jugendlichen. Eine Mischung aus Schweiß, Chipstüten, ausgedrückten Pickeln, und in Langeweile entstandener zwanghaften Masturbation. Engelmacher hatte gründlich durchgelüftet, und alles rausreißen lassen. Holzdecken, Einbauschränke, Sanitäranlagen. Er wollte nicht, dass es wie ein Krankenhaus aussah. Die Frauen sollten sich wohlfühlen. Hellgrau gestrichene Wände. Ahorn für den Empfangstresen und die Büroregale. Glastüren auf den Korridoren. Der Boden aus Feinstein mit spezieller Hygienefuge für den Klinikbedarf, leicht aufzuwischen. Was sollten die Frauen denken, wenn das Blut ihrer Vorgängerin am Boden klebt? Einen Frosch kocht man, indem man das Wasser ganz langsam im Topf erhitzt. Dann schöpft das Tier keinen Verdacht. Doktor Engelmacher studierte das auswechselbare Türschild. Frau Fischer hieß mit Vornamen Janine. Leonard klopfte kurz, und trat ein. Ihre Figur konnte er unter der Decke nur ahnen. Darüber war ein blonder Lockenschopf von dreißig Jahren. Sie trug eine randlose Brille mit kupferfarbenen Bügeln. Ihre Augen funkelten bernsteinfarben wie die einer Katze.

„Guten Morgen, Janine. Was macht der Bauch?“

„Spannt ziemlich.“

„Lass mal sehen.“

Frau Fischer rückte die Bettdecke zur Seite, und schob ihr Nachthemd hoch. Engelmacher hatte striktes Liegen ab der 30sten Woche verordnet. Nun war sie prall und reif wie ein Kürbis. Er drückte den Ärmel gegen den Mund. Der weiße Baumwollstoff saugte seinen Sabber auf wie ein Schwamm.

„Sie bekommen Dehnungsstreifen.“

„Kann man da was dagegen machen?“

„Ich werde ihnen eine Salbe einreiben. Das sollte ihre Beschwerden lindern.“

In seinem Köfferchen aus Schweinsleder, welches er bei einem Spezialisten für medizinische Antiquitäten in Garmisch gekauft hatte, bewahrte er einen Notfalltiegel auf. Engelmacher schmierte einen fettigen Batzen auf Mittel- und Zeigefinger. In kreisrunden Bewegungen verteilte er die Salbe auf ihrem Bauch.

„Kalt!“

„Das gibt sich gleich.“

Der Arztkittel verbarg seine Erektion. Nichts auf der Welt war erotischer als der dicke Bauch einer Schwangeren. Zu gerne hätte Leonard ihn ausgeweidet. Janines treusorgender Ehemann und ihre ältere Schwester besuchten sie jede Woche. Dieser lästige Umstand rettete ihr das Leben. Weil es Menschen gab, die sie liebten und vermissten. Und die dumme Pute wusste es nicht einmal zu schätzen.

„Ich komme in Zukunft täglich, um Sie zu reiben.“

„Das ist lieb, Herr Doktor.“

Mit Liebe hatte es nichts zu tun. Leonard wollte sich an ihrer Fleischkugel aufgeilen. Vielleicht würde er in die Salbe wichsen. Es vermischen, und auf ihrem Bauch verteilen. Allein der Gedanke bereitete ihm ein diebisches Vergnügen. Und schmerzhaft harte Hoden.

*

Die Frau im nächsten Zimmer war eine seidig schimmernde Orientperle mit atemberaubend dunklen Haaren. Ihr süßer Schmollmund bedeutet sexuelle Freuden aus tausendundeiner Nacht. Ihre Jungfräulichkeit war einem persischen Prinzen versprochen ab dem Sandkasten. Genau diese Freizügigkeit hatte Shania in missliche Lage gebracht.

„Wie geht es uns denn heute morgen?“

„Meine Eltern haben mich verstoßen, weil ich sie entehrt habe.“

„Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht. Wer hat dich denn eingeliefert?“

„Mein deutscher Freund.“

„Siehst du? Dann ist ja alles nicht so schlimm.“

„Was wissen Sie denn schon? Er hat Angst vor meiner Familie, die Blutrache an ihm üben möchte wie an mir.“

„Er kommt dich bestimmt besuchen. Wenn es ein Kind der Liebe ist.“

„Der Feigling ist stiften gegangen. Ich habe nur seine Handynummer, und da geht niemand ran.“

„Das ist traurig. Und möchtest du dein Kind austragen?“

„Es ist das einzige, was mich an Jan erinnert.“

„Ein billiger Ersatz für eine gescheiterte Beziehung. Viele Frauen begehen diesen Fehler. Du suchst Liebe und Anerkennung? Schaff dir einen Hund an, der ist auf Dauer billiger. Treu, anschmiegsam, und wackelt mit dem Schwanz. Was möchtest du wirklich?“

„Ich weiß es doch auch nicht!“

Shania brach in Tränen aus. Ihr Bauch war eine sinnliche Andeutung. Leicht hätte er mit wenigen Stichen ihre Jungfräulichkeit wiederhergestellt. Wenn er sie zunähte wie eine Bauchrednerpuppe. Würde ihr die Geburt den Fensterrahmen aus dem Mauerwerk schlagen.

„Schwester, notieren Sie bei Frau Ramadan eine Spezialbehandlung. Ich werde mich später persönlich darum kümmern.“

„Sehr wohl, Herr Doktor.“

Doktor Engelmacher beugte sich über das Krankenbett, und streichelte ihre schwach ausgeformten Rundungen.

„Nicht weinen, Kindchen. Nun bist du in meinen Händen.“

„Wollen Sie mir ein Vater sein?“

„Mehr als das. Deine beschwerliche Reise ist zu Ende.“

Überraschend küsste er sie auf die Stirn, um ein Kainsmal zu setzen. Gottes kleines Opfer war markiert.

„Und meine Familie wird mich nicht mehr terrorisieren?“

„Versprochen.“

„Ich bin ihnen ja so dankbar, Herr Doktor.“

Er fühlte ihre Hände und streichelte das weiche Fleisch. Ärzte waren die Stützen der Gesellschaft. Wie Polizisten, Feuerwehrmänner und Lehrer. Ungefragt schluckte sie jede Tablette. Ein Rezept würde er nicht ausfüllen, ihre Narkose ging aufs Spesenkonto. Das Leben hatte Shania zu ihm geführt. Im Keller würde es enden.

*

Seine Schwestern erledigten die Drecksarbeit, und vertrauten ihm blind. Um für Doktor Engelmacher zu arbeiten, musste man eine Reihe strenger Prüfungen durchlaufen:

Das richtige Alter. Mit fünfunddreißig Jahren war das Ende der Fahnenstange erreicht. Danach wucherte die Cellulite am Gesäß wie Rost an einer Stoßstange. Das wollte niemand mehr stoßen.

Das äußere Erscheinungsbild. Dezent geschminkt und hübsch frisiert waren sie eine respektable Augenweide. Überragten ihre Haare die Schulter, setzte Engelmacher die Schere an. Auch mussten ihre Finger sorgfältig manikürt sein. Leonard akzeptierte Nagellack in gedeckten Farben. Niemand sollte seine Angestellten für primitive Huren halten.

Absolute Loyalität war eine unbedingte Tugend. Doktor Engelmacher führte sein Team wie ein Pilot seine Stewardessen.

Sexuelle Belästigung gehörte in der Klinik zum guten Tonfall. Ungefragt bot er Abstriche an oder machte eindeutige Handzeichen, die zu versauten Spielereien aller Art einluden. Zwei Finger breit die Möse steht, wenn der Schlüpfer geht. Natürlich lachten sie über die albernen Scherze vom Chef. Doch mit dieser Taktik hatte er so manchen Finger versenkt. Weil es die jungen Pflaumen juckte. Ärzte wie Zahnbürsten kamen an schwer erreichbare Stellen, und kratzten alle Reste aus den Zwischenräumen.

„Wir müssen einen Abort durchführen.“

„Das finde ich sehr schade. Gerade bei einem so jungem Mädchen.“

„Es ist medizinisch nicht anders zu vertreten.“

„Wenn Sie es sagen. Ich werde den Transfer vorbereiten.“

„Nehmen Sie ihr das Bewusstsein, ich nehme ihr den Rest.“

„Möchten Sie vorher noch einmal mit ihr sprechen?“

„Das lasse ich mir nicht nehmen. Nach der Spritze.“

„Wie weit wünschen Sie ihre physischen Fähigkeiten eingeschränkt?“

„Sie soll komplett die Kontrolle über ihren Körper verlieren.“

„Ich würde Propofol vorschlagen.“

„Negativ. Ich will vorher mit ihr reden.“

„Dann schlage ich Botox vor. Intravenös.“

„Es wird doch nicht ihre Atmung beeinträchtigen?“

„Wir können das ganz gut steuern. Sie ist weder Prince, noch Michael Jackson.“

„Gebt mir einfach Bescheid, wenn sie bewegungsunfähig ist.“

*

Vor den Keller hatte der Herr strenge Prüfungen gesetzt. Einen wimmernden Wurm in dein Fleisch gepflanzt, wie ein Apfel so faul. Doktor Engelmacher würde den Schädling mit einer langen Zange entfernen, wie es sich für eine medizinisch korrekte Abtreibung gehörte. Oder ausschaben. Leider hielt er sich nicht ans Lehrbuch, sondern seine eigene Vorstellung vom Glück. Die Kellerräume waren fensterlos. Niemand hätte dort unten etwas vermutet, und das war auch gut so. Renoviert wurde hier schon lange nicht mehr. Rote und braune Striche zierten das Linoleum wie eine Sporthalle. Es war staubig und roch nach Kampfer. Blutspritzer an den Wänden, alt und getrocknet. Verirrte sie sich durch dummen Zufall eine Putzfrau, kam sie lebend nicht wieder heraus. Die mopschwingenden Eimerhexen waren externe Kräfte einer Leihagentur, und nicht in seine dunklen Betriebsgeheimnisse eingeweiht. Nur den Krankenschwestern konnte Leonard vertrauen. Es war eine grausame Welt. In der es den Menschen an Toleranz mangelte und Verständnis. Niemand wurde gerne Mutter. Frauen aus allen sozialen Schichten gingen zum Abort, um den Fleischabfall loszuwerden. Da war das gehobene Bürgertum genauso vertreten wie das prekäre Hartz4-Mädchen ohne Schulabschluss. Vereint wurden sie durch ihren gemeinsamen Fehltritt. Einen Moment gefreut, im nächsten bereut. Familienplanung als Planspiel. Leonard spielte mit ihnen. Er spielte FUCHS DU HAST DIE GANS GEGESSEN SPUCK SIE WIEDER AUS. Shania lag auf der Bahre in Behandlungsraum U1. Ihre Lider flatterten im Takt der defekten Neonröhre. Der Rest ihres Körpers blieb stumm wie eine Marionette mit erschlafften Fäden. Wer würde das Spiel wieder aufnehmen? Wer würde sie tanzen machen? Wer mit ihren zarten Fingern dem Publikum der abgetriebenen Föten zuwinken?

„Wo bin ich?“

„Im Keller. Dort wo alle Dinge einmal enden.“

„Aber mir ging es doch gut?“

„Es geht um dein Kind. Du wirst es verlieren.“

Die Angst kam in ihrem Kleinhirn an, Doktor Engelmacher sah es am Zittern. Zu mehr war sie nicht fähig. Am liebsten hätte sie sich vor Schock im Bett aufgerichtet.

„Wie du schon gemerkt haben solltest, ist deine Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt.“

„Herr Doktor, bleibe ich für immer gelähmt?“

„Bis die Wirkung der Spritze nachlässt. Es ist ein sehr starkes Nervengift.“

„Was haben Sie mit mir gemacht?“

„Dich fixiert. Vorfreude ist die schönste Freude. Wenn man nicht weiß, was einen erwartet.“